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LG Berlin: Darlegungs- und Beweislast für Bestehen einer in der Werbung benutzten unverbindlichen Preisempfehlung trägt Werbender

LG Berlin
Urteil vom 01.06.2021
103 O 12/20


Das LG Berlin hat entschieden, dass der Werbende die Darlegungs- und Beweislast für Bestehen einer in der Werbung benutzten unverbindlichen Preisempfehlung bei einer Preisgegenüberstellung trägt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Kläger ist nach Maßgabe von § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG klagebefugt. Anwendbar ist gemäß § 15a UWG die Regelung in der bis zum 02.12.2020 geltenden Fassung.

Die Prozessführungsbefugnis des Klägers als Verband ist im Wege des Freibeweisverfahrens gemäß § 56 ZPO von Amts wegen festzustellen (BGH GRUR 2001, 846, 847). Danach ist die Kammer ist zunächst überzeugt davon, dass dem Kläger eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden angehört, die Waren gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte vertreiben.

Es müssen dafür lediglich Unternehmen aus dem Kreis der Mitbewerber auf dem relevanten Markt (BGH GRUR 1998, 170 – Händlervereinigung) nach Anzahl und/oder Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht in der Weise repräsentativ vertreten sein, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbandes ausgeschlossen werden kann (stRspr; vgl. BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V; BGH GRUR 2007, 809 Rn. 15 – Krankenhauswerbung; OLG Nürnberg WRP 2014, 239 Rn. 30; OLG Frankfurt WRP 2019, 908). In Zweifelsfällen ist darauf abzustellen, ob die Zahl und wirtschaftliche Bedeutung der branchenzugehörigen Verbandsmitglieder den Schluss darauf zulässt, dass nicht lediglich Individualinteressen Einzelner, sondern objektiv gemeinsame („kollektive“) gewerbliche Interessen der Wettbewerber wahrgenommen werden. Dies kann auch bei einer geringen Zahl entsprechend tätiger Mitglieder anzunehmen sein (BGH GRUR 2007, 610 Rn. 18 – Sammelmitgliedschaft V). Daher ist nicht erforderlich, dass die Verbandsmitglieder nach ihrer Zahl und ihrem wirtschaftlichen Gewicht im Verhältnis zu allen anderen auf dem Markt tätigen Unternehmen repräsentativ sind (BGH GRUR 2007, 809 Rn. 10 – Krankenhauswerbung; BGH GRUR 2009, 692 Rn. 12 – Sammelmitgliedschaft VI). Dementsprechend braucht der Kläger im Prozess nicht im Einzelnen zur Bedeutung und zum genauen Umsatz seiner (unmittelbaren und mittelbaren) Mitglieder vorzutragen; vielmehr reicht es aus, wenn sich im Wege des Freibeweises feststellen lässt, dass es dem Verband nach der Struktur der Mitglieder um die ernsthafte kollektive Wahrnehmung der Mitgliederinteressen geht (BGH GRUR 2009, 692 Rn. 12 – Sammelmitgliedschaft VI; BGH GRUR 2015, 1140 Rn. 13 ff. – Bohnengewächsextrakt; vgl. auch BGH GRUR 2015, 1240 Rn. 15 – Der Zauber des Nordens; KG WRP 2012, 102 Rn. 27). Im Einzelfall, nämlich bei engen Oligopolen, kann die Mitgliedschaft sogar nur eines Unternehmens ausreichen (OLG Nürnberg WRP 1995, 338 (339): Zeitungen; OLG Stuttgart NJWE-WettbR 1999, 30 (31) – Automobilclubs; iErg auch GRUR WRP 2009, 692 Rn. 12 – Sammelmitgliedschaft VI; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler/Feddersen, 38. Aufl. 2020, UWG § 8 Rn. 342, beck-online).

Daraus ergibt sich hier Folgendes:

Die Kammer geht zunächst davon aus, dass die vom Kläger angegebenen Unternehmen seine Mitglieder sind. Dass die eingereichte Mitgliederliste durch die Verfahrensdauer zwischenzeitlich nicht mehr aktuell sein mag ändert daran nichts (vgl. BGH GRUR 2015, 1140). Entscheidend ist, dass der Kläger durch die Mitgliederliste hinreichend überprüfbare Angaben zu den ihm angehörenden Unternehmen gemacht hat, die die Beklagte hätte ihrerseits substantiiert bestreiten müssen. Die Anforderungen an den substantiierten Vortrag des Klägers zur Mitgliedschaft dürfen dagegen nicht überspannt werden. Zweifel an der Richtigkeit der Mitgliederliste ergeben sich auch nicht deshalb, weil ein in der Mitgliederliste aufgenommenes Unternehmen, nämlich die Triway Internet Service GmbH zwischenzeitlich insolvent ist und damit als Mitbewerber möglicherweise nicht mehr in Erscheinung tritt. Denn ebenso möglich wäre, dass der Geschäftsbetrieb dennoch fortgeführt wird, was sich auch erst einige Zeit nach Insolvenzeröffnung entscheiden kann.

Die vom Kläger benannten Mitglieder sind ferner als Mitbewerber im Bereich der Erotikprodukte auch dergestalt repräsentativ, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Klägers gegen die Beklagten ausgeschlossen werden kann. Dafür genügt es, dass einerseits zumindest drei der allgemeinen Online-Händler als Mitglieder des Klägers Erotikartikel in nicht völlig unwesentlicher Anzahl im Sortiment hat und damit auch nennenswerte Umsätze erzielt. Andererseits gehören dem Kläger mit der pjur group Luxembourg S.A, der Triple A Sales GmbH, der Triple A Marketing GmbH und der EIS GmbH spezielle Online-Händler für Erotikprodukte an. Jedenfalls die EIS GmbH stellt nach den Erkenntnissen der Kammer ein äußerst marktstarkes Unternehmen dar, so dass es nicht entscheidend darauf ankommt, ob die Triple A Marketing GmbH faktisch und wirtschaftlich von der EIS GmbH unabhängig. Es kommt hier wiederum nicht darauf an, in welchem genauen Umfang die pjur group Luxembourg S.A. und die Triple A Sales GmbH Umsätze erzielt. Es genügt, dass sie am Markt tätig ist und hier somit eigene gewerbliche Interessen vertritt.

Randnummer33
Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten des Klägers kann festgestellt werden, wobei hier angesichts der in der Vergangenheit liegenden Klageerhebung § 8 Abs. 4 UWG in der alten Fassung Anwendung findet. Soweit die Beklagte einen Rechtsmissbrauch damit begründen will, dass der Kläger lediglich passive Mitglieder ohne Stimmrechte in seinen Vereinsgremien habe, so ist dieser Vortrag unsubstantiiert. Der Kläger hat dies im Übrigen auch bestritten. Soweit die Beklagte ferner behauptet, der Kläger schone eigene Mitglieder bei der Abmahnung von Wettbewerbsverstößen, so ist auch diese Behauptung unsubstantiiert und deshalb unerheblich. Der Umstand, dass der Kläger möglicherweise bestimmte Rechtsverstöße gegenüber Dritten verfolgte, während dies gegenüber bestimmten eigenen Mitgliedern nicht der Fall war, genügt nicht, so dass dies zugunsten der Beklagten unterstellt werden mag. Denn die Inanspruchnahme oder Nichtinanspruchnahme kann bei der Vielzahl der vom Kläger ausgesprochenen Abmahnungen vielfältige Gründe haben. Der Vorwurf des „Verschonens“ setzt dagegen ein planvolles und bewusstes Verhalten voraus, wofür die Beklagte aber keine hinreichenden Anhaltspunkte benennt. Äußerungen des dortigen Prozessbevollmächtigten des Klägers in einem Schriftsatz eines Parallelverfahrens genügen dafür jedenfalls nicht. Missbräuchlich handelt der Kläger schließlich auch nicht etwa deshalb, weil er den Beschwerdeführer in Bezug auf den streitgegenständlichen Rechtsverstoß nicht nenne und insofern davon auszugehen sei, dass er in unzulässiger, rechtsmissbräuchlicher Weise die Rechtsverstöße selbst ermittele. Die Kammer sieht grundsätzlich schon keine Verpflichtung bzw. Obliegenheit des Klägers, dem Rechtsverletzer gegenüber anzugeben, wodurch er auf dessen Rechtsverstoß aufmerksam geworden ist. Die Frage des Rechtsmissbrauchs stellt sich schon aus diesem Grunde nicht.

In der Sache hat der Kläger gegen die Beklagte den geltend gemachten Unterlassungsanspruch gemäß §§ 3, 5, 8 Abs. 1 UWG.

Die angegriffene Preiswerbung der Beklagten war irreführend, weil die als „UVP“ bezeichneten Preise keine Preisempfehlungen des jeweiligen Herstellers war und damit die Preisgegenüberstellung eine unzutreffende Preisersparnis suggerierte. Der Kläger substantiiert dargelegt, dass – und warum – die dortige UVP-Angabe der Beklagten unrichtig war. Dies hat die Beklagte ihrerseits nicht wirksam bestritten, sie ist dem nämlich nicht in substantiierter Form entgegengetreten. In Bezug auf Preisgegenüberstellungen und Werbung mit besonders niedrigen Preisen ist ohnehin grundsätzlich der Unterlassungsschuldner zur Darlegung der Berechtigung seiner Preiswerbung verpflichtet (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 37. Aufl.; § 12, Rn. 2.92; BGH WRP 2004, 343 - Mondpreise).

Dem genügt die Beklagte vorliegend nicht. Ihr Bestreiten stellt sich insgesamt als unsubstantiiert dar. Zunächst hatte sich das Bestreiten allein auf die vom Kläger eingereichten Listen mit den vermeintlich zutreffenden UVP der Hersteller bezogen. Damit ergab nach dem Vortrag der Beklagten umgekehrt auch nicht, dass die von ihr selbst angegebenen UVP-Angaben zutreffend waren. Auf den diesbezüglichen Hinweis des Gerichts in der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte sodann lediglich einfach „bestritten“, dass die eigenen Angaben zum UVP unrichtig gewesen seien. Das wiederum genügt angesichts des substantiierten Vortrags des Klägers zur Unrichtigkeit dieser Angaben nicht. Vielmehr hätte die Beklagte im Sinne eines substantiierten Bestreitens darlegen müssen, woher ihre abweichenden Herstellerangaben stammen und warum diese – im Gegensatz zu den Angaben des Klägers – tatsächlich zutreffend sein sollten. Dass die Beklagte hier offenbar auch unter Berücksichtigung der prozessualen Wahrheitspflicht bewusst nicht konkreter vorgetragen hat, mag sich aus dem Umstand, dass sie vorgerichtlich auf die Abmahnung des Klägers noch konkretere Angaben gemacht hatte, die sie aber – nachdem der Kläger hierzu bereits vorgerichtlich Stellung genommen hatte – im vorliegenden Prozess nicht mehr wiederholt hat. Daraus ergibt sich, dass die Beklagte offenbar selbst nicht mehr davon ausgeht, dass ihre Referenzpreise auf einer Empfehlung des Herstellers beruhen.

Der Anspruch auf Kostenerstattung ergibt sich aus §§ 12 Abs. 1 S. 2 UWG, der darauf geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus § 291 BGB. Der Kläger hat substantiiert zu den ihm für seine Abmahntätigkeit entstandenen Kosten vorgetragen. Diese Angaben stellen jedenfalls für das Gericht eine taugliche Schätzgrundlage der Kosten gemäß § 287 Abs. 1 ZPO dar. Die angefallenen Kosten hat die Beklagte auch nicht substantiiert bestritten. Ein einfaches Bestreiten bestimmter Positionen mag dann ausreichen, wenn diese unplausibel erscheinen, was hier allerdings nicht der Fall ist. Die Rechnung der Kläger erscheint vielmehr stimmig und nachvollziehbar. Schließlich findet die Regelung des § 13 Abs. 3 UWG (n.F.) für den hier vorliegenden „Altfall“ keine Anwendung, da die Abmahnung vor dem Inkrafttreten der Neuregelung ausgesprochen wurde."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Köln: Unzulässige Klausel in Bedingungen eines selektiven Vertriebssystems - Verbot von durchgestrichener UVP und Werbung mit Sparpreisen

LG Köln Urteil
11.07.2018
26 O 128/17


Das LG Köln hat entschieden, dass eine Klausel in den Bedingungen eines selektiven Vertriebssystems, die Vertriebspartnern die Preisgegenüberstellung mit durchgestrichener UVP oder der Werbung mit Begriffen wie "Sparpreise" verbieten, unzulässig sind. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Hersteller von Schulranzen und Rucksäcken.


EuGH: Vergleichende Werbung die Preise zwischen Geschäften unterschiedlicher Art und Größe vergleicht kann irreführend sein

EuGH
Urteil vom 08.02.2017
C-562/15
Carrefour Hypermarchés gegen ITM Alimentaire International SASU


Der EuGH hat entschieden, dass vergleichende Werbung, die Preise zwischen Geschäften unterschiedlicher Art und Größe vergleich, írreführend sein kann. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn in der Werbung nicht ausreichend auf diese Umstände hingewiesen wird.

Tenor der Entscheidung:

Art. 4 Buchst. a und c der Richtlinie 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über irreführende und vergleichende Werbung in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass eine Werbung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in der die Preise von Waren verglichen werden, die in Geschäften unterschiedlicher Größe oder Art vertrieben werden, unzulässig im Sinne der erstgenannten Vorschrift sein kann, wenn diese Geschäfte zu Handelsgruppen gehören, die jeweils über eine Reihe von Geschäften unterschiedlicher Größe und Art verfügen, und der Werbende die Preise, die in den Geschäften größeren Umfangs oder größerer Art seiner Handelsgruppe verlangt werden, mit den Preisen vergleicht, die in Geschäften kleineren Umfangs oder kleinerer Art konkurrierender Handelsgruppen ermittelt wurden; etwas anderes gilt, wenn die Verbraucher auf klare Weise und in der Werbebotschaft selbst darüber informiert werden, dass der Vergleich zwischen den Preisen, die in den Geschäften größeren Umfangs oder größerer Art der Handelsgruppe des Werbenden verlangt werden, und den Preisen stattgefunden hat, die in Geschäften kleineren Umfangs oder kleinerer Art konkurrierender Handelsgruppen ermittelt wurden.

Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zur Beurteilung der Zulässigkeit einer solchen Werbung zu prüfen, ob im Ausgangsverfahren die in Rede stehende Werbung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls gegen das Gebot der Objektivität des Vergleichs verstößt und/oder irreführend ist; dabei hat es zu berücksichtigen, wie der normal informierte und angemessen aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher die betreffenden Waren wahrnimmt, und es hat die in dieser Werbung enthaltenen Angaben, insbesondere die Angaben zu den Geschäften der Handelsgruppe des Werbenden sowie zu denen der konkurrierenden Handelsgruppen, deren Preise dem Vergleich unterlagen, und allgemein alle Bestandteile der Werbung einzubeziehen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Werbung, die Preise zwischen Geschäften unterschiedlicher Art und Größe vergleicht, ist unter bestimmten Umständen nicht zulässig.

Eine solche Werbung kann zudem irreführend sein, wenn der Verbraucher nicht in der Werbung selbst auf klare Weise von den Unterschieden in Art und Größe der verglichenen Geschäfte informiert wird

Im Dezember 2012 lancierte Carrefour eine Fernsehwerbekampagne mit dem Titel „Tiefstpreisgarantie Carrefour“. Darin wurden die in den Carrefour-Geschäften verlangten Preise für 500 Waren großer Marken mit denen in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen (darunter Intermarché-Geschäften) verglichen. Den Verbrauchern wurde angeboten, ihnen die zweifache Preisdifferenz zu erstatten, falls sie die Waren anderswo günstiger fänden. Ab dem zweiten Fernsehwerbespot waren die für den Vergleich ausgewählten Intermarché-Geschäfte ausnahmslos Supermärkte, während die Carrefour-Geschäfte sämtlich Hypermärkte waren. Diese Information erschien nur in kleinerer Schrift unterhalb des Namens „Intermarché“.

ITM, ein für die Strategie und Geschäftspolitik der Geschäfte der Intermarché-Handelsgruppe zuständiges Unternehmen, klagt bei den französischen Gerichten auf Unterlassung dieser Werbung sowie auf Schadensersatz wegen irreführender Werbung.

Die mit der Rechtssache befasste Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris, Frankreich) möchte vom Gerichtshof wissen, ob eine solche Werbung, in der die Preise für in Geschäften unterschiedlicher Größe oder Art vertriebenen Waren verglichen werden, nach der Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung zulässig ist. Das vorlegende Gericht möchte weiter wissen, ob der Umstand, dass die betreffenden Geschäfte unterschiedlicher Größe und Art sind, eine wesentliche Information ist, die gemäß der Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken2 notwendigerweise den Verbrauchern zur Kenntnis zu bringen ist.

Mit seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass nach der Richtlinie 2006/114 jede vergleichende Werbung die Preise objektiv vergleichen muss und nicht irreführend sein darf. Gehören aber sowohl der Werbende als auch die Mitbewerber zu Handelsgruppen, die jeweils über eine Reihe von Geschäften unterschiedlicher Größe und Art verfügen, und bezieht sich der Vergleich nicht auf die gleiche Größe und Art, kann die Objektivität des Vergleichs durch diesen Umstand verfälscht werden, wenn dieser Unterschied nicht in der Werbung erwähnt wird. Die Preise gängiger Verbrauchsgüter können nämlich je nach der Art oder Größe des Geschäfts variieren, so dass ein asymmetrischer Vergleich bewirken könnte, dass der Preisunterschied zwischen dem Werbenden und den Mitbewerbern künstlich erzeugt oder vergrößert wird, je nachdem, welche Geschäfte für den Vergleich herangezogen werden.

Eine Werbung ist zudem irreführend, wenn sie wesentliche Informationen vorenthält, die der durchschnittliche Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, oder die solche Informationen verheimlicht oder auf unklare, unverständliche, zweideutige Weise oder nicht rechtzeitig bereitstellt und daher den Durchschnittsverbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlassen kann, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Eine Werbung wie die vorliegend in Rede stehende kann das wirtschaftliche Verhalten des Verbrauchers beeinflussen, indem sie ihn dazu veranlasst, eine Entscheidung in dem irrigen Glauben zu treffen, dass er in den Genuss der in der Werbung hervorgehobenen Preisersparnis kommt, wenn er die jeweiligen Waren in allen Geschäften der Handelsgruppe des Werbenden statt in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen erwirbt. Eine solche Werbung wird jedoch nur dann irreführend sein, wenn der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass der Vergleich zwischen den Preisen, die in den Geschäften größeren Umfangs oder größerer Art der Handelsgruppe des Werbenden verlangt werden, und den Preisen stattfindet, die in Geschäften kleineren Umfangs oder kleinerer Art konkurrierender Handelsgruppen ermittelt wurden. Diese Information muss dabei nicht nur auf klare Weise bereitgestellt werden, sondern auch in der Werbebotschaft selbst enthalten sein. Es wird Sache der Cour d’appel de Paris (Berufungsgericht Paris) sein, zu prüfen, ob diese Voraussetzung im vorliegenden Fall erfüllt ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Zur Darlegungs- und Beweislast bei Werbung mit Preisvergleich - Kostenvergleich bei Honorarfactoring

BGH
Urteil vom 20.02.2013
I ZR 175/11
Kostenvergleich bei Honorarfactoring
UWG § 5 Abs. 1

Leitsätze des BGH:

a) Wendet sich ein Unternehmer dagegen, dass ein von ihm an einen bestimmten Kunden gerichtetes Angebot für einen Preisvergleich verwendet wird, trägt er jedenfalls im Bereich standardisierter Dienstleistungen (hier: Factoring ärztlicher Honorarforderungen) grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der für ihn im Preisvergleich genannte Preis nicht sein in entsprechenden Fällen regelmäßig verlangter Preis ist.

b) Die Darlegungspflicht ist dabei begrenzt auf die Offenlegung repräsentativer Beispiele für die Preisbildung, die sich auf dieselben Leistungsmerkmale wie der Preisvergleich beziehen.

BGH, Urteil vom 20. Februar 2013 - I ZR 175/11 - OLG Saarbrücken -LG Saarbrücken

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Osnabrück: Wettbewerbswidrige Preisgegenüberstellung eines Gebrauchtwagenpreises mit "ehem. NP"

LG Osnabrück
Urteil vom 09.07.2012
16 O 37/12


Wie die Wettbewerbszentrale berichtet, hat das LG Osnabrück entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 UWG (Irreführende Preisgegenüberstellung) vorliegt, wenn ein Gebrauchtwagenhändler wie folgt wirbt:

"ehem. NP 92.500,-- €, nur € 56.899,-- €"
und
"ehem. NP 51.000,-- nur 29.899,-- €"

Das Gericht rügt, dass der Verbraucher nicht erkennen kann, was der Händler mit der Abkürzung NP genau meint. So könne es sich um die unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers, den eigenen Neuwagenpreis oder den Neuwagenpreis eines anderen Händlers handeln.

Auch diese Entscheidung zeigt wieder einmal, dass bei der Werbung mit Preisgegenüberstellungen große Vorsicht geboten ist.

Die Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier: