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VG Köln: Bundesnetzagentur darf in Pressemitteilung über Bußgeldbescheid das betroffene Unternehmen nicht namentlich nennen

VG Köln
Urteil vom 17.11.2023
1 K 3664/21


Das VG Köln hat entschieden, dass die Bundesnetzagentur in einer Pressemitteilung über einen Bußgeldbescheid das betroffene Unternehmen nicht namentlich nennen darf.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Bundesnetzagentur darf keine Pressemitteilung veröffentlichen, in der sie unter namentlicher Nennung des betroffenen Unternehmens über den Erlass eines Bußgeldbescheides unterrichtet
Die Bundesnetzagentur darf keine Pressemitteilung veröffentlichen, in der sie unter namentlicher Nennung des betroffenen Unternehmens über den Erlass eines Bußgeldbescheides unterrichtet. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit Urteil vom 17. November 2023 entschieden, das den Beteiligten heute zugestellt wurde.

Die Klägerin betreibt Telemarketing. Wegen des Verdachts unerlaubter Telefonwerbung leitete die Bundesnetzagentur ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Klägerin ein und erließ Ende 2020 einen Bußgeldbescheid. Der Bußgeldbescheid ist noch nicht rechtskräftig. Kurze Zeit später veröffentlichte die Bundesnetzagentur eine Pressemitteilung, in der sie über die verhängte Geldbuße und die vorgeworfenen Rechtsverstöße berichtete. Die Klägerin wurde in der Pressemitteilung mehrfach namentlich genannt. Hiergegen beantragte die Klägerin zunächst einstweiligen Rechtsschutz. Im Eilverfahren untersagte das Oberverwaltungsgericht NRW der Bundesnetzagentur mit Beschluss vom 17. Mai 2021 (Az.: 13 B 331/21) vorläufig, die Pressemitteilung zu verbreiten. Mit der vorliegenden Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren zwecks endgültiger Klärung weiter.

Das Verwaltungsgericht Köln hat der Klage stattgegeben und der Bundesnetzagentur die Verbreitung einer derartigen Pressemitteilung untersagt. Zur Begründung hat das Gericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Pressemitteilung greift in die durch Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes geschützte Berufsfreiheit der Klägerin ein. Dieser Eingriff ist rechtswidrig, weil es an einer gesetzlichen Grundlage für ein solches Vorgehen fehlt. Die Bundesnetzagentur kann sich nicht darauf stützen, im Zusammenhang mit den ihr zugewiesenen Aufgaben allgemein Presse-, Öffentlichkeits- und Informationsarbeit betreiben zu dürfen. Die hier streitige Pressemitteilung dient nicht bloß der Information über die Tätigkeit der Bundesnetzagentur, sondern hat aufgrund ihrer konkreten Gestaltung eine anprangernde Wirkung, die den Sanktionscharakter des Bußgeldes verstärkt, wenn nicht übertrifft. Soweit die Bundesnetzagentur geltend macht, die Pressemitteilung diene der Warnung der Verbraucher vor unerlaubten Werbeanrufen, kommt dem im Text der Pressemitteilung und ausweislich eines behördeninternen Aktenvermerks nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Die Bundesnetzagentur kann sich auch nicht auf die Informationspraxis der Kartellbehörden stützen. Diese sind durch Gesetz zur Veröffentlichung ihrer Bußgeldentscheidung unter namentlicher Nennung der sanktionierten Unternehmen ermächtigt. Für eine entsprechende Anwendung dieser Rechtsgrundlage auf die Bundesnetzagentur fehlt es an einer Vergleichbarkeit der jeweils wahrzunehmenden Aufgaben.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache für die Behördenpraxis der Bundesnetzagentur hat das Gericht die Berufung und die Sprungrevision zugelassen. Über die Berufung würde das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden, über die Sprungrevision das Bundesverwaltungsgericht.


OVG Münster: Gericht durfte Christoph Metzelder in Pressemitteilung über Anklageerhebung unter Hinweis auf Unschuldsvermutung namentlich nennen aber keine Details aus Anklageschrift verbreiten

OVG Münster
Beschluss vom 04.02.2021
4 B 1380/20


Das OVG Münster hat entschieden, dass das Amtsgericht Düsseldorf den ehemaligen Profifußballer Christoph Metzelder in einer Pressemitteilung über eine Anklageerhebung unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung namentlich nennen aber keine Details aus Anklageschrift verbreiten drufte.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OVG untersagt Amtsgericht Pressemitteilung mit Details aus Anklageschrift

Das Amtsgericht Düsseldorf war und ist nicht berechtigt, Details aus einer bei ihm eingegangenen Anklage gegen einen ehemaligen Profifußballspieler per Pressemitteilung öffentlich bekannt zu machen. Es war und ist dem Amtsgericht im konkreten Fall aber erlaubt, Medienvertreter wahrheitsgemäß unter Namensnennung über die Anklageerhebung und den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung zu unterrichten. Dies hat das Oberverwaltungsgericht heute in einem Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes entschieden und den vorausgegangenen Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf teilweise geändert.

Kurz nachdem die Staatsanwaltschaft per Pressemitteilung über die Anklageerhebung in anonymisierter Form und ohne Nennung des Strafvorwurfs informiert hatte, gab das Amtsgericht wegen zahlreicher Medienberichte und -anfragen ebenfalls hierüber eine Pressemitteilung heraus, die auch im Internet veröffentlicht wurde. Sie enthielt den Namen des Angeschuldigten und offenbarte Details der Anklage, die zuvor nicht öffentlich bekannt waren. Der daraufhin vom Antragsteller beim Verwaltungsgericht Düsseldorf gestellte Eilantrag blieb erfolglos. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte nun teilweise Erfolg.

Zur Begründung seines Beschlusses hat der 4. Senat des Oberverwaltungsgerichts ausgeführt: Entgegen der Einschätzung des Verwaltungsgerichts verletze die Pressemitteilung das Recht des Antragstellers auf ein faires Verfahren und sein allgemeines Persönlichkeitsrecht. Die öffentliche Berichterstattung über den Strafvorwurf greife erheblich in das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers ein. Medieninformationen der Pressestelle des Amtsgerichts über das Strafverfahren, denen amtliche Authentizität zukomme, müssten mit Blick auf die Unschuldsvermutung und die Auswirkungen auf das Strafverfahren gerade zu seinem Beginn mit der gebotenen Sachlichkeit, Objektivität und Zurückhaltung erfolgen. Die Pressemitteilung des Amtsgerichts in diesem frühen Verfahrensstadium hätte danach nicht ohne vorherige Anhörung des Antragstellers erfolgen dürfen und gehe über den zulässigen Inhalt hinaus. Außerdem habe die in Rechte des Antragstellers eingreifende Pressemitteilung nicht für die Allgemeinheit im Internet zugänglich gemacht werden dürfen, weil es dafür keine Ermächtigungsgrundlage gebe.

Der Antragsteller müsse es aber wegen der Besonderheiten des Einzelfalles hinnehmen, wenn das Amtsgericht die Medien, die sich auf die Pressefreiheit berufen könnten, durch sorgfältig formulierte Informationen wahrheitsgemäß und unter Namensnennung über den Tatvorwurf in abstrakter Form unter Hinweis auf die Unschuldsvermutung unterrichte. Für eine solche Information liege der erforderliche Mindestbestand an Beweistatsachen vor. Dabei sei nach vorheriger Anhörung des Antragstellers gegebenenfalls knapp und ohne nähere Einzelheiten mitzuteilen, dass dieser den Vorwürfen entgegen trete.

In Bezug auf das weitergehende Begehren, dem Amtsgericht bestimmte Vorgaben für seine künftige Pressearbeit zu dem Strafverfahren zu machen, blieb die Beschwerde erfolglos. Der Antragsteller könne hier keinen - nur ausnahmsweise zulässigen - vorbeugenden Rechtsschutz beanspruchen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 4 B 1380/20 (I. Instanz: VG Düsseldorf 20 L 1781/20)



VG Düsseldorf: Amtsgericht Düsseldorf durfte Christoph Metzelder in Pressemitteilung über Anklageerhebung namentlich nennen

VG Düsseldorf
Beschluss vom 14.09.2020
20 L 1781/20


Das VG Düsseldorf hat entschieden, dass das Amtsgericht Düsseldorf Christoph Metzelder in einer Pressemitteilung über Anklageerhebung namentlich nennen durfte.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Pressemitteilung des Amtsgerichts Düsseldorf vom 4.9.2020 darf weiter verbreitet werden

Die durch das Amtsgericht Düsseldorf veröffentlichte Pressemitteilung vom 4.9.2020 über die Anklageerhebung gegen einen ehemaligen Fußballnationalspieler darf weiter verbreitet werden. Auch entsprechende mündliche Erklärungen gegenüber Medienvertretern dürfen abgegeben werden. Das hat die 20. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf mit Beschluss vom heutigen Tag, der den Beteiligten bekannt gegeben worden ist, entschieden und damit einen Eilantrag des früheren Nationalspielers abgelehnt. Dieser wollte im Wege der einstweiligen Anordnung erreichen, dass dem Amtsgericht untersagt wird, im Rahmen von Presseinformationen – insbesondere mit der Pressemitteilung vom 4.9.2020 – Auskünfte zu der Anklageerhebung durch die Staatsanwaltschaft Düsseldorf zu erteilen.

Ausgehend von § 4 des Landespressegesetzes hatte das Gericht eine Abwägung der widerstreitenden Interessen der Informationsfreiheit der Presse auf der einen und des Persönlichkeitsschutzes des Betroffenen auf der anderen Seite vorzunehmen. Bei einer umfassenden Würdigung aller Umstände des vorliegenden Falles verdient das öffentliche Interesse an der durch das Amtsgericht erteilten Information den Vorrang gegenüber dem privaten Interesse, weder namentlich noch mit den angeklagten Straftatbeständen und Tathandlungen genannt zu werden, so die Kammer. Unsachliche Formulierungen enthält der Text der Pressemitteilung ebenso wenig wie eine unzulässige Vorverurteilung.

Das weitere Begehren, dem Amtsgericht eine vergleichbare Information der Öffentlichkeit zu untersagen, wenn die Entscheidung über die Eröffnung des Hauptverfahrens gefallen ist, ist ebenfalls erfolglos geblieben. Auch insoweit hat die Kammer entschieden, dass das Amtsgericht zur Unterrichtung der Medien unter Namensnennung und Darlegung etwaiger Tatvorwürfe berechtigt ist.

Gegen den Beschluss kann der Antragsteller Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster einlegen.

Aktenzeichen: 20 L 1781/20


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:





VGH München: Staatsanwaltschaft muss bei Pressearbeit den Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigten bzw. das Recht auf ein faires Verfahren beachten

VGH München
Beschluss vom 20.08.2020
7 ZB 19.1999


Der VGH München hat entschieden, dass die Staatsanwaltschaft bei ihrer Pressearbeit den Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigten bzw. das Recht auf ein faires Verfahren beachten muss.

Leitsätze des Gerichts:

1. Der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigten, der sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ergibt, ist auch außerhalb des Strafprozesses im Rahmen der Pressearbeit der Staatsanwaltschaft zu berücksichtigen.

2. Will die Staatsanwaltschaft die Presse kurz nach Zuleitung der Anklageschrift an das Gericht über die Anklageerhebung unterrichten, muss sie dem Beschuldigten zuvor die vollständige Anklageschrift übermitteln und ihm zeitlich die Möglichkeit einräumen, angemessen auf das behördliche Informationshandeln reagieren zu können. Die hierfür erforderliche Zeitspanne hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: