Skip to content

EuGH-Generalanwältin: Geldbuße von 2,4 Mrd EURO der EU-Kommission gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung angemessen - Preisvergleichsdienste / Google Shopping

EuGH-Generalanwältin
Schlussanträge vom 11.01.2024
C-48/22 P
Google und Alphabet / Kommission (Google Shopping)


Die EuGH-Generalanwältin kommt in ihren Schlussanträgen zu dem Ergebnis, dass die Geldbuße von 2,4 Mrd EURO der EU-Kommission gegen Google / Alphabet wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung im Zusammenhang mit Google-Shopping bzw. Preisvergleichsdiensten rechtlich nicht zu beanstanden ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Generalanwältin Kokott schlägt dem Gerichtshof vor, die gegen Google wegen Bevorzugung des eigenen Preisvergleichsdienstes verhängte Geldbuße von 2,4 Mrd. Euro zu bestätigen

Google habe, wie von der Kommission festgestellt und vom Gericht bestätigt, seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Suchdienste als Hebel eingesetzt, um seinen eigenen Preisvergleichsdienst – durch die bevorzugte Anzeige seiner Ergebnisse – zu begünstigen.

Mit Beschluss vom 27. Juni 20171 stellte die Kommission fest, dass Google auf seiner Seite für allgemeine Suchergebnisse die Ergebnisse seines eigenen Preisvergleichsdienstes gegenüber jenen konkurrierender Preisvergleichsdienste bevorzugt habe. Google präsentierte nämlich die Suchergebnisse seines Preisvergleichsdienstes an oberster Stelle und – mit attraktiven Bild- und Textinformationen versehen – hervorgehoben in sog. Shopping Units. Die Suchergebnisse konkurrierender Preisvergleichsdienste erschienen dagegen nur an nachrangiger Stelle als blauer Link.

Dies hatte zur Folge, dass die Nutzer die Ergebnisse von Googles Preisvergleichsdienst häufiger anklickten als jene der Konkurrenten. Die damit einhergehende Umleitung des von Googles allgemeiner Ergebnisseite ausgehenden Datenverkehrs beruhte nicht auf einer besseren Qualität von Googles Preisvergleichsdienst. Sie resultierte vielmehr aus der Selbstbevorzugung und Hebelwirkung über Googles allgemeine Ergebnisseite, also der Ausnutzung von Googles beherrschender Stellung auf dem Markt für allgemeine Internetsuchdienste . Die konkurrierenden Preisvergleichsdienste waren aber auf den von Googles allgemeiner Ergebnisseite ausgehenden Datenverkehr angewiesen, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein und auf dem Markt für spezielle Warensuchdienste verbleiben zu können.

Die Kommission kam zu dem Ergebnis, dass Google seine beherrschende Stellung auf den Märkten für allgemeine Internetsuchdienste und für spezielle Warensuchdienste missbraucht habe und verhängte deswegen gegen Google eine Geldbuße in Höhe von 2.424.495.000 Euro, für die Alphabet als Googles Alleingesellschafterin in Höhe von 523.518.000 Euro gesamtschuldnerisch haftet.

Google und Alphabet haben den Kommissionsbeschluss vor dem Gericht der Europäischen Union angefochten. Mit Urteil vom 10. November 20213 wies das das Gericht die Klage im Wesentlichen ab und bestätigte insbesondere die Geldbuße. Das Gericht hielt es dagegen nicht für erwiesen, dass das Verhalten von Google auch nur potenzielle wettbewerbswidrige Auswirkungen auf den Markt für allgemeine Suchdienste hatte. Daher erklärte es den Beschluss für nichtig, soweit die Kommission darin auch in Bezug auf diesen Markt eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung festgestellt hatte.

Google und Alphabet haben daraufhin ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt, mit dem sie beantragen, das Urteil des Gerichts aufzuheben, soweit es ihre Klage abgewiesen hatte, und den Kommissionsbeschluss für nichtig zu erklären.

Generalanwältin Juliane Kokott schlägt dem Gerichtshof vor, das Rechtsmittel zurückzuweisen und somit die gegen Google verhängte Geldbuße zu bestätigen. Bei der Google vorgeworfenen Selbstbevorzugung handele es sich um eine eigenständige Form des Missbrauchs durch Anwendung unangemessener Zugangsbedingungen für konkurrierende Preisvergleichsdienste, vorausgesetzt, dass sie zumindest potentielle wettbewerbswidrige Auswirkungen hat (wie sie die Kommission im vorliegenden Fall in Form einer Verdrängungswirkung auf dem Markt für spezielle Warensuchdienste festgestellt habe). Auf eine solche Form des Missbrauchs seien die strengen Kriterien für die Anerkennung eines Missbrauchs durch die Verweigerung des Zugangs zu einer „wesentlichen Einrichtung“ (sog. Bronner-Kriterien) nicht anwendbar.

Die Kommission und das Gericht hätten zutreffend ausgeführt, dass die Ungleichbehandlung von Konkurrenten durch Selbstbevorzugung unter Einsatz einer Hebelwirkung erfolgte, die darin bestand, dass Google seine beherrschende Stellung auf dem Markt für allgemeine Internetsuchdienste ausnutzte, um sich auf dem nachgelagerten Markt für spezielle Warensuchdienste Wettbewerbsvorteile zu verschaffen, auf dem sie (noch) keine solche Stellung innehatte.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:


EuG: Geldbuße von 2,42 Mrd EURO der EU-Kommission gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung im Zusammenhang mit Google Shopping bestätigt

EuG
Urteil vom 10.11.2021
T-612/17
Google and Alphabet v Commission (Google Shopping)

Das Europäische Gericht (EuG) hat die Geldbuße von 2,42 Mrd. EURO der EU-Kommission gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung im Zusammenhang mit Google Shopping bestätigt (siehe auch zum Thema Materialien der EU-Kommission: Geldbuße von 2,42 Mrd EURO gegen Google wegen Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung - Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes).

Die Pressemitteilung des EuG:

The General Court largely dismisses Google’s action against the decision of the Commission finding that Google abused its dominant position by favouring its own comparison shopping service over competing comparison shopping services

The General Court upholds the fine of €2.42 billion imposed on Google.

By decision of 27 June 2017, the Commission found that Google had abused its dominant position on the market for online general search services in 13 countries in the European Economic Area, by favouring its own comparison shopping service, a specialised search service, over competing comparison shopping services. The Commission found that the results of product searches made using Google’s general search engine were positioned and displayed in a more eye-catching manner when the results came from Google’s own comparison shopping service than when they came from competing comparison shopping services. Moreover, the latter results, which appeared as simple generic results (displayed in the form of blue links), were accordingly, unlike results from Google’s comparison shopping service, prone to being demoted by adjustment algorithms in
Google’s general results pages.

In respect of that infringement, the Commission imposed a pecuniary penalty on Google of €2 424 495 000, of which €523 518 000 jointly and severally with Alphabet, its parent company. Google and Alphabet brought an action against the Commission’s decision before the General Court of the European Union. By its judgment today, the General Court dismisses for the most part the action brought by the two companies, and upholds the fine imposed by the Commission.

I. The General Court recognises the anticompetitive nature of the practice at issue First of all, the General Court considers that an undertaking’s dominant position alone, even one on the scale of Google’s, is not a ground of criticism of the undertaking concerned, even if it is planning to expand into a neighbouring market. However, the General Court finds that, by favouring its own comparison shopping service on its general results pages through more favourable display and positioning, while relegating the results from competing comparison services in those pages by means of ranking algorithms, Google departed from competition on the merits. On account of three specific circumstances, namely (i) the importance of the traffic generated by Google’s general search engine for comparison shopping services; (ii) the behaviour of users, who typically concentrate on the first few results; and (iii) the large proportion of ‘diverted’ traffic in the traffic of comparison shopping services and the fact that it cannot be effectively replaced, the practice at issue was liable to lead to a weakening of competition on the market.

The General Court also notes that, given the universal vocation of Google’s general search engine, which is designed to index results containing any possible content, the promotion on Google’s results pages of only one type of specialised result, namely its own, involves a certain form of abnormality. A general search engine is infrastructure that is, in principle, open, the rationale and value of which lie in its capacity to be open to results from external (third-party) sources and to display those sources, which enrich and enhance the credibility of the search engine.

Next, the General Court considers that the present case relates to the conditions of supply by Google of its general search service by means of access to general results pages for competing comparison shopping services. It states, in that respect, that the general results page has characteristics akin to those of an essential facility inasmuch as there is currently no actual or
potential substitute available that would enable it to be replaced in an economically viable manner on the market. However, the General Court confirms that not every practice relating to access to such a facility necessarily means that it must be assessed in the light of the conditions applicable to the refusal to supply set out in the judgment in Bronner, on which Google relied in support of its arguments. In that context, the General Court considers that the practice at issue is based not on a refusal to supply but on a difference in treatment by Google for the sole benefit of its own comparison service, and therefore that the judgment in Bronner is not applicable in this case.

Lastly, the General Court finds that Google’s differentiated treatment is based on the origin of the results, that is, whether they come from its own comparison shopping service or from competing services. The General Court thus rules that, in reality, Google favours its own comparison shopping service over competing services, rather than a better result over another result.
The General Court notes that even if the results from competing comparison shopping services were more relevant, they could never receive the same treatment as results from Google’s comparison shopping service in terms of their positioning or their display. While Google did subsequently enable competing comparison shopping services to enhance the quality of the display of their results by appearing in its ‘boxes’ in return for payment, the General Court notes that that service depended on the comparison shopping services changing their business model and ceasing to be Google’s direct competitors, becoming its customers instead.

II. The Commission correctly found harmful effects on competition

The General Court rejects the arguments put forward by Google in challenging the passages of the contested decision relating to the consequences of the practice at issue for traffic. The General Court points out that those arguments take account only of the impact of the display of results from Google’s comparison shopping service, without taking into account the impact of the poor placement of results from competing comparison shopping services in the generic results. Yet the Commission had called into question the combined effects of those two aspects, relying in that respect on numerous factors, including specific traffic data and the correlation between the visibility of a result and the traffic to the website from which that result comes, to establish the link between Google’s conduct and the overall decrease in traffic from its general results pages to competing comparison shopping services and the significant increase in traffic for its own comparison shopping service.

As regards the effects of the practice at issue on competition, the General Court recalls that an abuse of a dominant position exists where the dominant undertaking, through recourse to methods different from those governing normal competition, hinders the maintenance of the degree of competition in the market or the growth of that competition, and that that may be established
merely by demonstrating that its conduct is capable of restricting competition. Accordingly, while the Commission was required to analyse all the relevant circumstances, including Google’s arguments in relation to the actual evolution of the markets, it was not required to identify actual exclusionary effects on the markets. In that context the General Court notes that, in this case, after
having measured the actual effects of the conduct concerned on comparison shopping services’ traffic from Google’s general results pages, the Commission had a sufficient basis for showing as it did that that traffic accounted for a large share of their total traffic, that that share could not be effectively replaced by other sources of traffic, such as advertising (AdWords) or mobile
applications, and that the potential outcome was the disappearance of comparison shopping services, less innovation on their market and less choice for consumers, characteristic features of a weakening of competition.

The General Court also rejects Google’s argument that competition on the market for comparison shopping services remains strong because of the presence of merchant platforms on that market. The General Court confirms the Commission’s assessment that those platforms are not on the same market. Although both categories of website offer product search functions, they do not do so under the same conditions, and users, whether internet users or online sellers, do not use them in the same way but do so, if at all, on a complementary basis. The General Court therefore endorses the Commission’s view that there is little competitive pressure on Google from merchant platforms. It makes clear that even if merchant platforms had been in the same market as comparison shopping services, the anticompetitive effect identified would have been sufficient for Google’s conduct to be characterised as abusive because, in all the countries concerned, a not insignificant share of that market, that of comparison shopping services, would have been affected.

The General Court therefore confirms the Commission’s analysis in respect of the market for specialised search services for comparison shopping.

However, the General Court considers that the Commission did not establish that Google’s conduct had had – even potential – anticompetitive effects on the market for general search services and therefore annuls the finding of an infringement in respect of that market alone.

III. The General Court rules out any objective justifications for Google’s conduct

In further disputing that its conduct was abusive, Google relied, first, on the allegedly procompetitive characteristics of its conduct, in the sense that it is said to have improved the quality of its search service and counterbalanced the exclusionary effect linked to the practice at issue, and, secondly, on technical constraints preventing Google from providing the equal treatment sought by the Commission.

The General Court rejects those arguments. It finds, first, that while the algorithms for the ranking of generic results or the criteria for the positioning and display of Google’s specialised product results may, as such, represent pro-competitive service improvements, that does not justify the practice at issue, namely, the unequal treatment of results from Google’s comparison shopping service and results from competing comparison shopping services. The General Court considers, secondly, that Google has not demonstrated efficiency gains linked to that practice that would counteract its negative effects on competition.

IV. Following a fresh assessment of the infringement, the General Court confirms the amount of the penalty

Finally, the General Court rejects Google’s arguments that no penalty should have been imposed on it. In particular, the imposition of a penalty on Google was precluded neither by the fact that the type of conduct in question had been analysed for the first time by the Commission in the light of competition rules, nor by the fact that the Commission had, at one stage in the procedure, indicated that it could not require Google to make certain modifications to its practices or that it had been willing to try to resolve the case by means of commitments to be given by Google. Furthermore, having made its own assessment of the facts with a view to determining the level of the penalty, the General Court finds, first, that the annulment in part of the contested decision, limited to the market for general search services, has no impact on the amount of the fine, since the Commission did not take the value of sales on that market into consideration in order to determine the basic amount of the fine. Secondly, the General Court emphasises the particularly serious nature of the infringement and, while it takes account of the fact that the abuse has not been demonstrated on the market for general search services, it also takes into consideration the fact that the conduct in question was adopted intentionally, not negligently. The General Court concludes its analysis by finding that the amount of the pecuniary penalty imposed on Google must be confirmed.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH: Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens durch Amazon bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern zulässig

BGH
Urteil vom 15.02.2017
I ZR 201/16
goFit
MarkenG § 15 Abs. 2 und 4

Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: goFit - Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens durch Amazon bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern zulässig über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Einem Firmenbestandteil kann nicht bereits deshalb der Schutz als Firmenschlagwort versagt werden, weil er kennzeichnungsschwach ist. Entscheidend ist, ob er im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet ist, sich als Teil des Unternehmenskennzeichens im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen.

b) Der Betreiber einer plattforminternen Suchmaschine, die nach Eingabe eines mit einem Unternehmenskennzeichen ähnlichen oder identischen Suchworts automatisch Vorschläge zu einer Suchwortergänzung anzeigt, die auf einer Auswertung früherer Suchanfragen basieren, benutzt das Zeichen selbst (Anschluss an BGH, Urteil vom 14. Mai 2013 - VI ZR 269/12, BGHZ 197, 213 Rn. 17 - AutocompleteFunktion).

c) Die Verwendung eines Unternehmenskennzeichens als Schlüsselwort für die Anzeige automatischer Suchwortergänzungen erfolgt nicht unbefugt, wenn dadurch den Internetnutzern lediglich eine Alternative zu den Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens vorgeschlagen werden soll und die Funktion des Unternehmenskennzeichens nicht beeinträchtigt wird, als Hinweis auf das Unternehmen zu dienen.

BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 201/16 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH: Markenrechtsverletzung durch Amazon wenn bei Suche nach Marke Trefferliste generiert wird und nicht erkennbar ist ob Produkte von Dritten oder Markeninhaber stammen

BGH
Urteil vom 15.02.2018
I ZR 138/16
ORTLIEB
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Ortlieb - Markenrechtsverletzung durch Amazon wenn nach Eingabe der Marke Trefferliste generiert wird und nicht erkennbar ist ob Produkte von Dritten oder Markeninhaber stammen" über die Entscheidung berichtet

Leitsätze des BGH:

a) Derjenige, der eine Internetseite technisch betreibt und für die dort vorgehaltene seiteninterne Suchmaschine verantwortlich ist, benutzt Marken als Schlüsselwörter im Rahmen seiner eigenen kommerziellen Kommunikation, wenn er die Auswahl der in einer Trefferliste angezeigten Suchergebnisse aufgrund einer automatisierten Auswertung des Kundenverhaltens veranlasst und die Anbieter der in den Ergebnislisten angezeigten Waren auf den Inhalt der Trefferliste keinen Einfluss nehmen können.

b) Kann ein normal informierter und angemessen aufmerksamer Internetnutzer bei einer Trefferliste, die von einer seiteninternen Suchmaschine nach Eingabe eines mit einer Marke identischen Zeichens als Suchwort erzeugt wird, nicht oder nur schwer erkennen, ob die dort beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Inhaber der Marke oder von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen oder vielmehr von einem Dritten stammen, ist die herkunftshinweisende Funktion der Marke beeinträchtigt.

BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 138/16 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Frankfurt: Keine Funktionsbeeinträchtigung und keine Markenrechtsverletzung wenn Amazon bei Produktsuche nach Birkenstock auch Birki -Produkte vom selben Hersteller anzeigt

OLG Frankfurt am Main
Beschluss vom 11.04.2018
6 W 11/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden keine Funktionsbeeinträchtigung und keine Markenrechtsverletzung vorliegt, wenn Amazon bei Produktsuche nach "Birkenstock" auch "Birki"-Produkte vom selben Hersteller anzeigt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Die deutschen Gerichte sind nach Art. 125 UMV international zuständig. Die Antragsgegnerin zu 2 verfügt über eine Niederlassung in Deutschland (Art. 125 I UMV). Im Hinblick auf die Antragsgegnerin zu 1 ergibt sich die Zuständigkeit jedenfalls aus Art. 125 Abs. 4 Buchst. b UMV. Die Antragsgegnerinnen haben in ihrem Verteidigungsvorbringen die mangelnde internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht geltend gemacht (vgl. BGH GRUR 2018, 84 [BGH 09.11.2017 - I ZR 164/16] Rn. 22 - Parfummarken).

2. Der Antragstellerin steht jedoch kein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch zu (Art. 9 II a, 129 I, 130 I UMV). Sie wendet sich im Kern dagegen, dass die Antragsgegnerinnen auf ihrer Handelsplattform unter dem Suchwort "Birki" Schuhwaren der Antragstellerin anbieten, die von dieser nicht unter der Marke "Birki", sondern unter der Bezeichnung "Birkenstock" in den Verkehr gebracht wurden.

a) Es besteht Doppelidentität. Die Antragsgegnerinnen haben im Quelltext ihres Angebots von "Birkenstock Classic-Schuhen" den Begriff "Birki" angegeben (; Anlage AS11). Hierbei handelt es sich um eine mit der Unionsmarke der Antragstellerin identische Bezeichnung. Sie wird für identische Waren (Schuhwaren) eingesetzt, für die die Marke Schutz genießt.

b) Der Markeninhaber kann einer Benutzung des mit der Marke identischen Zeichens auch im Fall der Doppelidentität nur widersprechen, wenn dadurch eine der Funktionen der Marke beeinträchtigt werden kann (EuGH, GRUR 2009, 756Rn. 60 - L'Oréal/Bellure; GRUR 2010, 445 [EuGH 23.03.2010 - Rs. C-236/08; Rs. C-237/08; Rs. C-238/08] Rn. 76- Google France).

aa) Die Herkunftsfunktion als Hauptfunktion der Marke wird grundsätzlich bereits dann beeinträchtigt, wenn die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- und Leistungsabsatzes zur Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen verwendet wird. Bei Zeichenverwendungen, die das Auswahlverfahren von Internet-Suchmaschinen beeinflussen, gelten jedoch besondere Regeln. Eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion ist insoweit gegeben, wenn ein als Suchwort verwendetes Zeichen dazu benutzt wird, das Ergebnis des Auswahlverfahrens in der Trefferliste einer Internetsuchmaschine zu beeinflussen und den Nutzer auf diese Weise zu einer Internetseite des Verwenders zu führen (BGH GRUR 2010, 835 [BGH 04.02.2010 - I ZR 51/08] Rn. 43 - Power Ball). Nichts anderes gilt, wenn der Betreiber einer Internet-Handelsplattform seine interne Suchmaschine so programmiert, dass bei Eingabe der geschützten Marke Konkurrenzprodukte Dritter oder solche des Plattformbetreibers in der Trefferliste erscheinen (Senat, GRUR 2016, 620 Rn. 20 - Fatboy; Hacker in Ströbele/Hacker, 12. Aufl., § 14, Rn. 272). Hinzukommen muss bei dieser Benutzungsart allerdings, dass für den Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen ist, ob die Ware vom Markeninhaber oder von Dritten stammt (vgl. Presseerklärung des BGH in der Sache I ZR 138/16; BGH GRUR 2011, 828Rn. 23 - Bananabay II). Eine Beeinträchtigung soll also nur dann vorliegen, wenn mit der Trefferanzeige suggeriert wird, dass es sich um Waren des Markeninhabers oder eines mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmens handelt.

bb) Mit seinem vom Landgericht zurückgewiesenen Antrag zu b) möchte die Antragstellerin das Erscheinen von solchen Angeboten unterbinden, die zwar Originalwaren aus dem Haus der Antragstellerin betreffen, die jedoch von der Antragstellerin nicht mit der Verfügungsmarke, sondern mit der Marke "Birkenstock" gekennzeichnet werden. Insoweit kann - wie das Landgericht zu Recht angenommen hat - eine Verletzung der Herkunftsfunktion nicht angenommen werden. Es kann dahinstehen, ob die beanstandete Verwendung der Marke als Metatag im Rechtssinne einzustufen ist oder als sog. Keyword. Nach Maßgabe der oben wiedergegeben Rechtsprechung kommt es darauf an, ob die angezeigten Treffer den unzutreffenden Eindruck erwecken können, die Ware stammt vom Markeninhaber. Ein solcher unzutreffender Eindruck entsteht im Streitfall schon deshalb nicht, weil auch die mit der Marke "Birkenstock" gekennzeichneten Schuhe von der Antragstellerin stammen.

cc) Ohne Erfolg beruft sich die Antragstellerin für ihre abweichende Auffassung darauf, es komme bei dem Tatbestand der Doppelidentität nicht auf die "betriebliche Herkunft" der Ware an, sondern auf den Eingriff in die Verfügungsmacht des Markeninhabers. Insoweit zieht sie eine Parallele zur Rechtslage bei der Erschöpfung. Die Einrede der Erschöpfung wäre ihrer Ansicht nach überflüssig, wenn der Vertrieb von Originalware durch einen Händler schon nicht die Herkunftsfunktion der Marke beeinträchtigen würde und es damit an einer markenmäßigen Benutzung fehlen würde. Tatsächlich ist in dem typischen Fall der Erschöpfung, also dem Vertrieb von Originalware durch einen Händler, ein Fall der Doppelidentität gegeben (Thiering in Ströbele/Hacker, 12. Aufl., § 24 Rn. 1). Die markenmäßige Benutzung leitet sich in diesen Fällen unmittelbar aus § 14 III Nr. 2 MarkenG ab. Danach ist es Dritten grundsätzlich untersagt, unter der geschützten Marke Waren anzubieten und in den Verkehr zu bringen. Eine Ausnahme bildet die Erschöpfung. Der Anspruch besteht nicht, wenn die gekennzeichnete Ware erstmalig durch den Markeninhaber oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht wurde. Der Zweck der Erschöpfung besteht gerade darin, Ansprüche auszuschließen, wenn keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion gegeben ist. Darüber hinaus gibt es jedoch auch andere Fälle, in denen die Herkunftsfunktion der Marke nicht beeinträchtigt wird. Insoweit ist erneut auf die oben zitierte Rechtsprechung zu den keyword-Fällen zu verweisen.

dd) Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, dass die angegriffene Art der Benutzung die Werbefunktion nicht beeinträchtigt, auch wenn sie sich darauf auswirken mag. Nach der Rechtsprechung des EuGH wird selbst durch die Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens als "Keyword" für Konkurrenzprodukte im Rahmen einer Internetsuchmaschine die Werbefunktion nicht beeinträchtigt. Zwar könne eine solche Benutzung Auswirkungen auf die Möglichkeit haben, die Marke in der Werbung einzusetzen und zu einer Erhöhung des Werbeaufwands führen, um ihre Sichtbarkeit für den Verbraucher zu verbessern. Dieser Umstand lasse aber nicht ohne weiteres auf eine Beeinträchtigung der Werbefunktion schließen. Denn die Marke solle ihren Inhaber nicht vor Praktiken schützen, die zum Wettbewerb gehören (EuGH GRUR 2011, 1124Rn. 55-57 - Interflora m.w.N.). Nichts anderes kann gelten, wenn die Marke im Quelltext einer Internet-Handelsplattform so verwendet wird, dass bei Eingabe der geschützten Marke in die interne Suchfunktion Waren der Markeninhaberin oder verbundener Unternehmen in der Trefferliste erscheinen, die von dieser mit abweichenden Marken gekennzeichnet wurden.

ee) Auch die Garantiefunktion der Marke wird nicht beeinträchtigt. Die Qualitäts- oder Garantiefunktion wird typischer Weise durch das Inverkehrbringen veränderter oder verschlechterter Originalware beeinträchtigt (vgl. (BGH, Urt. v. 6.10.2011 - I ZR 6/10, Rn. 19 - Echtheitszertifikat; BGH GRUR 2005, 160, 161 - SIM-Lock). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Zwar kann die Qualitätsfunktion grundsätzlich auch in anderer Weise beeinträchtigt werden, etwa dadurch, dass die Qualität einer Markenware in der Werbung falsch dargestellt wird (Hacker in Ströbele/Hacker/Thiering, 12. Aufl., Einl. Rn. 43). Im Streitfall kann auch dies nicht angenommen werden. Für eine abweichende Güte oder Qualität der Waren ist nichts ersichtlich. Die Antragstellerin hat lediglich dargelegt, dass ihre Produkte unter der Marke "Birki" eine andere Zielgruppe ansprechen als ihre unter der Marke "Birkenstock" in den Verkehr gebrachten Produkte.

ff) Auch eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion ist nicht gegeben. Mit der "Investitionsfunktion" ist gemeint, dass eine Marke von ihrem Inhaber dazu eingesetzt werden kann, einen Ruf zu erwerben oder zu wahren, der geeignet ist, Verbraucher anzuziehen und zu binden (EuGH GRUR 2011, 1124 Rn. 60 - Interflora). Sie ist von der Werbefunktion zu unterscheiden. Es sollen die Aufwendungen geschützt werden, die notwendig waren, um für die Marke einen Ruf zu erwerben (Hacker in Ströbele/Hacker, aaO, Rn. 45). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Marke Bekanntheit genießt. Es genügt, dass sie bereits mit der Zielsetzung, Verbraucher zu binden, in Benutzung genommen wurde. Eine Beeinträchtigung der Investitionsfunktion wäre daher zu erwägen, wenn die Markeninhaberin mit der Marke "Birki" ein bestimmtes Markenimage aufbauen möchte, das sich von dem Image anderer Markenprodukte ihres Hauses deutlich abhebt, und so eine spezielle Zielgruppe ansprechen möchte. Die Antragstellerin hat vorgetragen, dass sie mit der Marke "Birki" - im Unterschied zu ihrer Bezeichnung "Birkenstock Classic" - Produkte kennzeichnet und vertreibt, die sich an eine jüngere Zielgruppe wenden (Anlage AS4). Diese Zielsetzung werde unterlaufen, wenn Händler die Marke zur Kennzeichnung von Angeboten verwenden, die gerade nicht auf diese Zielgruppe zugeschnitten sind. Die Antragstellerin hat jedoch den Aufbau eines speziellen, von der Marke "Birkenstock" abweichendes Markenimage nicht hinreichend dargelegt und glaubhaft gemacht. Die Antragsgegnerinnen haben demgegenüber dargelegt, dass die "Birki"-Produkte auf der Website "birkenstock.com" angeboten und vertrieben werden. Bei Eingabe der Domain "birki.de" wird man - wie der Senat auch selbst feststellen konnte - auf die Seite "birkenstock.com" weitergeleitet. Dort ist auf der Startseite keine eigene Rubrik "Birki" erkennbar. Die Antragstellerin stellt ihre "Birki"-Produkte also selbst in Zusammenhang mit "Birkenstock".

3. Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, dass der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 I, 3, 5 I, II UWG zusteht. Selbst wenn man annehmen wollte, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Fehlvorstellung besteht, bei Eingabe des Suchworts "Birki" werde nur das Erscheinen von "Birki"-Produkten ausgelöst, würde damit keine geschäftliche Entscheidung der Verbraucher veranlasst. Denn bei näherer Befassung mit dem angegriffenen Angebot erkennt der Verkehr, dass es sich bei dem angegriffenen Angebot um "Birkenstock Classic"-Schuhe handelt. Es kann auch nicht angenommen werden, dass die geschäftliche Entscheidung bereits darin besteht, dass der Verbraucher - angelockt durch die Trefferliste - sich überhaupt näher mit dem Angebot der "Birkenstock Classic"-Schuhe befasst. Diese Argumentation wäre allenfalls dann stichhaltig, wenn die "Birkenstock"-Schuhe ein völlig anderes Produkt beträfen, das für einen anderen Bedarf gedacht ist. Dies ist nicht ersichtlich. Die Antragstellerin vertreibt ihre Birki-Produkte selbst auf einer "Birkenstock"-Website, ohne eine strikte Trennung der Produkte durchzuführen."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Ortlieb - Markenrechtsverletzung durch Amazon wenn nach Eingabe der Marke Trefferliste generiert wird und nicht erkennbar ist ob Produkte von Dritten oder Markeninhaber stammen

BGH
Urteil vom 15.02.2018
I ZR 138/16:
Ortlieb


Der BGH hat entschieden, dass eine Markenrechtsverletzung durch Amazon vorliegt, wenn nach Eingabe der Marke Trefferliste generiert wird und nicht erkennbar ist, ob Produkte von Dritten oder Markeninhaber stammen. Der BGH hat die Sache an das OLG zurückverwiesen, da insoweit keine Feststellungen getroffen wurden.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

Zur Frage der Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Unternehmenskennzeichen innerhalb einer in
eine Internethandelsplattform eingebetteten Suchfunktion

Der unter anderem für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2018 in zwei Verfahren zur Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Unternehmenskennzeichen in der Suchfunktion einer Internethandelsplattform entschieden.

Das Verfahren I ZR 138/16:

Die Klägerin ist exklusive Lizenznehmerin der Marke "ORTLIEB". Sie vertreibt unter dieser Marke wasserdichte Taschen und Transportbehälter.

Die Beklagten sind Gesellschaften des Amazon-Konzerns. Die Beklagte zu 3 ist technische Betreiberin der Internetseite "amazon.de". Die Beklagte zu 2 betreibt die unter dieser Internetseite aufrufbare Plattform "Amazon Marketplace", auf der Dritte ihre Waren anbieten können. Die Beklagte zu 1 ist für die Angebote von Waren verantwortlich, die mit dem Hinweis "Verkauf und Versand durch Amazon" versehen sind.

Die Klägerin bietet ihre Produkte nicht über die Plattform "amazon.de" an, sondern vermarktet diese über ein selektives Vertriebssystem. Sie wendet sich dagegen, dass nach einer Eingabe des Suchbegriffs "Ortlieb" in die plattforminterne Suchmaschine in der Trefferliste auch Angebote von Produkten anderer Hersteller erscheinen, und zwar sowohl Angebote der Beklagten zu 1 als auch Angebote von Drittanbietern. Sie sieht in den angezeigten Treffern eine Verletzung des Rechts an der Marke "ORTLIEB" und nimmt die Beklagten auf Unterlassung in Anspruch.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision der Beklagten das Urteil des Berufungsgerichts aufgehoben und die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Beklagte zu 3 benutzt die Marke "ORTLIEB" in der eigenen kommerziellen Kommunikation, weil sie die Suchmaschine so programmiert hat, dass bei Eingabe der Marke eine Trefferliste zu dem Zweck generiert wird, den Internetnutzern Produkte zum Erwerb anzubieten. Die Beklagte zu 3 wird dabei als Beauftragte der Beklagten zu 1 und 2 tätig. Diese Nutzung der Marke kann die Klägerin nur untersagen, wenn nach Eingabe der Marke als Suchwort in der Ergebnisliste Angebote von Produkten gezeigt werden, bei denen der Internetnutzer nicht oder nur schwer erkennen kann, ob sie von dem Markeninhaber oder von einem Dritten stammen. Da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hatte, wie der Internetnutzer die im Verfahren vorgelegte und von der Klägerin beanstandete Trefferliste versteht, hat der Bundesgerichtshof die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit diese Feststellungen nachgeholt werden.

Vorinstanzen:

LG München - Urteil vom 18. August 2015 - 33 O 22637/14

OLG München - Urteil vom 12. Mai 2016 - 29 U 3500/15

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

§ 14 Abs. 1 und 2 Nr. 1, Abs. 5 MarkenG

(1) Der Erwerb des Markenschutzes nach § 4 gewährt dem Inhaber der Marke ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr

1. ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie Schutz genießt, (…)

(5) Wer ein Zeichen entgegen den Absätzen 2 bis 4 benutzt, kann von dem Inhaber der Marke bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch besteht auch dann, wenn eine Zuwiderhandlung erstmalig droht.

[...]




BGH: goFit - Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens durch Amazon bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern zulässig

BGH
Urteil vom 15.02.2017
I ZR 201/16
goFit


Der BGH hat entschieden, dass die Verwendung eines fremden Unternehmenskennzeichens bzw. einer Produktbezeichnung durch Amazon bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern zulässig ist. Der BGH verneint eine Beeinträchtigung der Funktion des Zeichens, auf das Unternehmen Kennzeichenrechtsinhaberin hinzuweisen. Auch ein Wettbewerbsverstoß scheidet - so der BGH - aus.

Aus der Pressemitteilung des BGH:

Zur Frage der Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Unternehmenskennzeichen innerhalb einer in
eine Internethandelsplattform eingebetteten Suchfunktion

Der unter anderem für das Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. Februar 2018 in zwei Verfahren zur Zulässigkeit der Verwendung von Marken und Unternehmenskennzeichen in der Suchfunktion einer Internethandelsplattform entschieden.
[...]
Das Verfahren I ZR 201/16:

Die Klägerin, die goFit Gesundheit GmbH, ist in Österreich geschäftsansässig und vertreibt unter der Bezeichnung "goFit Gesundheitsmatte" in Deutschland eine Fußreflexzonenmassagematte, die wie ein Kieselstrand gestaltet ist.

Die Beklagte betreibt die Internetseite www.amazon.de, über die sowohl Produkte des Amazon-Konzerns als auch Produkte von Drittanbietern vertrieben werden. Die Fußreflexzonenmassagematte der Klägerin wird auf der Internetseite www.amazon.de nicht angeboten.

Am 18. August 2014 stellte die Klägerin fest, dass bei Eingabe des Suchbegriffs "goFit" oder "gofit" in die Suchmaske der Internetseite www.amazon.de automatisch in einem Drop-Down-Menü unter anderem die Suchwortvorschläge "gofit matte", "gofit gesundheitsmatte" oder "gofit Fußreflexzonenmassagematte" erscheinen.

Die Klägerin hat in den automatischen Suchwortvorschlägen in erster Linie eine Verletzung ihres Firmenschlagworts "goFit", hilfsweise eine wettbewerbswidrige Irreführung der Verbraucher gesehen. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Das Landgericht hat der auf eine Verletzung des Unternehmenskennzeichens gestützten Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die Unternehmensbezeichnung der Klägerin "goFit" in Deutschland geschützt ist. Die Beklagte benutzt dieses Zeichen als Betreiberin der Internetseite www.amazon.de, in die die Suchfunktion eingebettet ist, selbst in ihrer kommerziellen Kommunikation. Jedoch liegt in der Verwendung des Unternehmenskennzeichens in der automatischen Suchwortvervollständigung keine Beeinträchtigung der Funktion des Zeichens, auf das Unternehmen der Klägerin hinzuweisen. Die Frage, ob die nach Auswahl einer der Suchwortvorschläge angezeigte Trefferliste zu beanstanden ist, war in diesem Verfahren nicht zu entscheiden, weil sich die Klägerin ausschließlich gegen die Suchwortvorschläge und nicht gegen die Ausgestaltung der Trefferliste gewandt hat.

Die Verwendung des Unternehmenskennzeichens der Klägerin bei der automatischen Vervollständigung von Suchwörtern ist auch wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die angezeigten Suchwortvorschläge beim Internetnutzer nicht den - unzutreffenden - Eindruck hervorrufen, dass er das betreffende Produkt auf der Internethandelsplattform finden wird.

Vorinstanzen:

LG Köln - Urteil vom 24. Juni 2016 - 84 O 13/15

OLG Köln - Urteil vom 12. August 2016 - 6 U 110/15

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 5 Abs. 1 und 2 MarkenG

(1) Als geschäftliche Bezeichnung werden Unternehmenskennzeichen und Werktitel geschützt.

(2) Unternehmenskennzeichen sind Zeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name, als Firma oder als besondere Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs oder eines Unternehmens benutzt werden. Der besonderen Bezeichnung eines Geschäftsbetriebs stehen solche Geschäftsabzeichen und sonstige zur Unterscheidung des Geschäftsbetriebs von anderen Geschäftsbetrieben bestimmte Zeichen gleich, die innerhalb beteiligter Verkehrskreise als Kennzeichen des Geschäftsbetriebs gelten.

§ 15 Abs. 1 und 2 MarkenG

(1) Der Erwerb des Schutzes einer geschäftlichen Bezeichnung gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht.

(2) Dritten ist es untersagt, die geschäftliche Bezeichnung oder ein ähnliches Zeichen im geschäftlichen Verkehr unbefugt in einer Weise zu benutzen, die geeignet ist, Verwechslungen mit der geschützten Bezeichnung hervorzurufen.

§ 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1, Abs. 2 UWG

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:

1. die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung (…)

(2) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.



Materialien der EU-Kommission: Geldbuße von 2,42 Mrd EURO gegen Google wegen Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung - Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes

Die EU-Kommission hat gegen den Suchmaschinenbetreiber Google eine Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd EURO wegen des Missbrauchs der marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine verhängt. Dabei geht es in diesem Verfahren um die Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienstes in den Suchergebnissen / in der Produktsuche.

Weitere Materialien zu diesem Verfahren finden Sie hier:

Pressemitteilung der EU-Kommission:

Kartellrecht: Kommission verhängt Geldbuße in Höhe von 2,42 Mrd. EUR gegen Google wegen Missbrauchs seiner marktbeherrschenden Stellung als Suchmaschine durch unzulässige Vorzugsbehandlung des eigenen Preisvergleichsdienst

Die Europäische Kommission hat eine Geldbuße von 2,42 Mrd. EUR gegen Google verhängt, da das Unternehmen gegen das EU-Kartellrecht verstoßen hat. Google hat seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es einem anderen Google-Produkt – seinem Preisvergleichsdienst – einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat.

Das Unternehmen muss dieses Verhalten nun innerhalb von 90 Tagen abstellen. Ansonsten muss es Zwangsgelder von bis zu 5% des durchschnittlichen weltweiten Tagesumsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet zahlen.
Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: „Google hat viele innovative Produkte und Dienstleistungen entwickelt, die unser Leben verändert haben. Das ist eine gute Sache. Aber die Strategie von Google für seinen Preisvergleichsdienst bestand nicht nur darin, Kunden zu gewinnen, indem es ein besseres Produkt anbietet als seine Wettbewerber. Google hat vielmehr seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschinenbetreiber missbraucht, indem es seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben platziert und Vergleichsdienste der Konkurrenz herabgestuft hat.
Googles Verhalten ist nach den EU-Kartellvorschriften unzulässig. Google hat anderen Unternehmen die Möglichkeit genommen, im Wettbewerb durch Leistung zu überzeugen. Vor allem aber hat es verhindert, dass die europäischen Verbraucher wirklich zwischen verschiedenen Diensten wählen und die Vorteile der Innovation voll nutzen können.“

Die Strategie von Google für seinen Preisvergleichsdienst
Das bekannteste Produkt von Google ist seine Suchmaschine. Die Nutzer zahlen für die Suchergebnisse mit ihren Daten. Fast 90 % der Einnahmen von Google stammen aus Werbung, so z. B. aus den Werbeanzeigen, die nach einer Suchanfrage angezeigt werden.
Im Jahr 2004 trat Google mit „Froogle“ in Europa in den getrennten Markt der Preisvergleichsdienste ein. 2008 wurde dieser Dienst in „Google Product Search“ und 2013 in „Google Shopping“ umbenannt. Dieser Dienst ermöglicht es den Verbrauchern, Produkte und Preise online zu vergleichen und verschafft ihnen einen Überblick über die Angebote von Online-Einzelhändlern (z. B. von Online-Shops der Hersteller, von Plattformen wie Amazon und eBay) und anderen Händlern).
Als Google mit seinem Dienst Froogle in den Preisvergleichsmarkt eintrat, waren dort bereits einige etablierte Anbieter tätig. Unterlagen aus jener Zeit belegen, dass Google sich bewusst war, dass Froogle sich auf dem Markt nur schlecht behauptete (in einem internen Dokument von 2006 hieß es, "Froogle simply doesn't work", also "Froogle läuft einfach nicht").
Die Wettbewerbsfähigkeit der Preisvergleichsdienste ist stark von der Anzahl der Zugriffe auf ihre Website abhängig. Je öfter die Website aufgerufen wird, desto mehr Klicks werden generiert und desto höher ist der Umsatz. Mit der Zahl der Aufrufe steigt auch das Interesse der Einzelhändler daran, ihre Produkte bei den entsprechenden Preisvergleichsdiensten anzuzeigen. Angesichts der marktbeherrschenden Stellung von Google bei der allgemeinen Internetsuche spielt seine Suchmaschine eine wichtige Rolle für den Zugriff von Nutzern auf die Preisvergleichsdienste.
Ab 2008 begann Google, seine Strategie auf den europäischen Märkten grundlegend zu ändern, um seinen Preisvergleichsdienst nach vorne zu bringen. Diese Strategie stützte sich auf die marktbeherrschende Stellung von Google im Bereich der allgemeinen Internetsuche statt auf einen Leistungswettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten:
Google hat seinen eigenen Preisvergleichsdienst systematisch am besten platziert: Wenn ein Verbraucher einen Suchbegriff in die Suchmaschine von Google eingibt, werden die Ergebnisse des Preisvergleichsdiensts von Google ganz oder sehr weit oben auf der Suchergebnisliste angezeigt.
Google hat konkurrierende Preisvergleichsdienste in seinen Suchergebnissen benachteiligt: Konkurrierende Preisvergleichsdienste werden in den Suchergebnissen von Google auf der Grundlage der generischen Suchalgorithmen des Unternehmens platziert. Google hat in diesen Algorithmen eine Reihe von Kriterien berücksichtigt, aufgrund derer konkurrierende Preisvergleichsdienste schlechter platziert werden. Es ist nachgewiesen, dass der am besten platzierte Wettbewerber im Durchschnitt erst auf Seite vier der Suchergebnisse von Google angezeigt werden und andere Anbieter sogar noch weiter unten platziert sind. Auf Googles eigenen Preisvergleichsdienst werden diese generischen Suchalgorithmen und dadurch berechnete schlechtere Platzierungen nicht angewendet.
Infolgedessen ist der Preisvergleichsdienst von Google für die Verbraucher in den Suchergebnissen von Google wesentlich sichtbarer als andere Preisvergleichsdienste.
Verbraucher klicken nachweislich wesentlich öfter auf die sichtbareren Ergebnisse, d. h. die Ergebnisse, die nach einer Google-Suche weiter oben erscheinen. Selbst auf einem Desktop-Computer entfallen auf die zehn höchstplatzierten generischen Suchergebnisse auf Seite 1 insgesamt etwa 95 % aller Klicks (bei dem ersten Suchergebnis sind es rund 35 % aller Klicks). Auf das erste Ergebnis auf Seite 2 der generischen Suchergebnisse von Google entfällt nur rund 1 % aller Klicks. Dies lässt sich nicht allein dadurch erklären, dass das oberste Ergebnis relevanter ist, da festgestellt wurde, dass sich die Zahl der Klicks um rund 50 % verringert, wenn das erste Ergebnis an dritte Stelle gerückt wird. Dieser Effekt ist bei mobilen Geräten sogar noch ausgeprägter, da das Display kleiner ist.
Somit verschafft Google seinem eigenen Preisvergleichsdienst durch dessen Platzierung ganz oben in den Suchergebnissen und durch die schlechtere Platzierung seiner Wettbewerber einen erheblichen Vorteil gegenüber konkurrierenden Diensten.

Verstoß gegen das EU-Kartellrecht
Das Verhalten von Google stellt eine missbräuchliche Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung in der allgemeinen Internetsuche dar, da es den Wettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten beeinträchtigt.
Eine marktbeherrschende Stellung an sich ist nach den EU-Kartellvorschriften nicht verboten. Allerdings tragen marktbeherrschende Unternehmen eine besondere Verantwortung, denn sie dürfen ihre starke Marktstellung nicht missbrauchen, indem sie den Wettbewerb auf dem Markt, auf dem sie die beherrschende Stellung innehaben, oder auf anderen Märkten einschränken.
In dem heutigen Beschluss kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass Google auf den Märkten für allgemeine Internetsuche im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), d. h. in allen 31 EWR-Staaten, eine beherrschende Stellung innehat. Google hält diese beherrschende Stellung in den EWR-Staaten seit 2008. Nur in der Tschechischen Republik hat es diese Position erst 2011 erreicht. Diese Bewertung stützt sich auf die Tatsache, dass auf die Google-Suche in allen EWR-Staaten sehr hohe Marktanteile (in den meisten Ländern von mehr als 90 %) entfallen. Das Unternehmen konnte diese Position seit mindestens 2008, d. h. seit Beginn des Untersuchungszeitraums, halten. Auf diesen Märkten sind ferner die Markteintrittsschranken, u. a. aufgrund von Netzwerkeffekten, sehr hoch: Je mehr Verbraucher eine Suchmaschine verwenden, desto attraktiver wird sie für werbende Unternehmen. Die erzielten Gewinne können dann dazu genutzt werden, noch mehr Verbraucher anzuziehen. Gleichzeitig können die von der Suchmaschine über die Verbraucher gesammelten Daten dazu verwendet werden, die Suchergebnisse weiter zu optimieren.
Google hat seine marktbeherrschende Stellung missbraucht, indem es seinem eigenen Preisvergleichsdienst einen unrechtmäßigen Vorteil verschafft hat. Google platzierte seinen eigenen Preisvergleichsdienst in seinen Suchergebnissen ganz oben, während es konkurrierende Dienste weiter unten anzeigte. Auf diese Weise behinderte das Unternehmen den Wettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten.
Google wendet dieses Platzierungsverfahren in allen 13 EWR-Staaten an, in denen das Unternehmen seinen Preisvergleichsdienst anbietet: seit Januar 2008 in Deutschland und dem Vereinigten Königreich, seit Oktober 2010 in Frankreich, seit Mai 2011 in Italien, den Niederlanden und Spanien, seit Februar 2013 in der Tschechischen Republik und seit November 2013 in Belgien, Dänemark, Norwegen, Österreich, Polen und Schweden.
image DE

Die Auswirkungen der unzulässigen Verhaltensweisen von Google
Die rechtswidrigen Verhaltensweisen von Google haben erhebliche Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen dem Preisvergleichsdienst von Google und entsprechenden Diensten anderer Anbieter. Sie haben dazu geführt, dass der Preisvergleichsdienst von Google sehr viele Nutzer hinzugewonnen hat, was zu Lasten seiner Wettbewerber und der europäischen Verbraucher ging.
Angesichts der marktbeherrschenden Stellung von Google bei der allgemeinen Internetsuche spielt seine Suchmaschine eine wichtige Rolle für die Lenkung des Internetverkehrs.Als Folge der rechtswidrigen Verhaltensweisen stiegen die Nutzerzahlen des Preisvergleichsdiensts von Google deutlich an, während Googles Wettbewerber dauerhaft starke Einbußen zu verzeichnen hatten.
Seit Beginn der Zuwiderhandlung haben die Zugriffe auf den Preisvergleichsdienst von Google im Vereinigten Königreich um das 45-fache zugenommen, in Deutschland um das 35-fache, in Frankreich um das 19-fache, in den Niederlanden um das 29-fache, in Spanien um das 17-fache und in Italien um das 14-fache.
Aufgrund der von Google vorgenommenen schlechteren Platzierungen konkurrierender Preisvergleichsdienste wurden deutlich weniger Nutzer zu deren Websites geleitet. Beispielsweise fand die Kommission konkrete Beweise dafür, dass die Anzahl der Aufrufe von konkurrierenden Websites im Vereinigten Königreich um 85 %, in Deutschland um 92 % und in Frankreich um 80 % zurückging. Diese plötzlichen Rückgänge lassen sich nicht durch andere Faktoren erklären. Einige Wettbewerber haben sich angepasst und einen Teil der Nutzer zurückgewonnen. Keiner hat es jedoch geschafft, sich ganz zu erholen.
Zusammen mit den anderen Feststellungen der Kommission zeigt dies, dass die Verhaltensweisen von Google den Leistungswettbewerb auf den Preisvergleichsmärkten beeinträchtigt und die europäischen Verbraucher daran gehindert haben, tatsächlich zwischen verschiedenen Dienstleistungen wählen und die Vorteile der Innovation voll nutzen zu können.

Gesammelte Beweise
Im Laufe des Verfahrens hat die Kommission zahlreiche Beweismittel zusammengetragen und umfassend ausgewertet, darunter:
1) aktuelle Dokumente von Google und anderen Marktteilnehmern,
2) sehr große reale Datenmengen, darunter 5,2 Terabyte an tatsächlichen Suchergebnissen von Google (rund 1,7 Milliarden Suchanfragen),
3) Versuche und Umfragen, anhand derer insbesondere die Auswirkungen der Sichtbarkeit in den Suchergebnissen auf das Verbraucherverhalten und die Klickrate untersucht wurden,
4) Finanz- und Internetverkehrsdaten, die Aufschluss über die kommerzielle Bedeutung der Sichtbarkeit in den Suchergebnissen von Google und über die Auswirkungen einer schlechteren Platzierung geben sowie
5) eine umfassende Marktuntersuchung durch Befragung von Kunden und Wettbewerbern auf den betroffenen Märkten (in deren Rahmen die Kommission Fragebögen an mehrere hundert Unternehmen richtete).

Folgen des Beschlusses
Die Kommission berücksichtigte bei der Festlegung der Geldbuße auf 2 424 495 000 EUR die Dauer und die Schwere der Zuwiderhandlung. Im Einklang mit den Leitlinien der Kommission zur Festsetzung von Geldbußen aus dem Jahr 2006 (siehe Pressemitteilung und MEMO) wurde die Geldbuße auf der Grundlage der Umsätze von Google mit seinem Preisvergleichsdienst in den betreffenden 13 EWR-Staaten errechnet.
Google muss nun sein rechtswidriges Verhalten binnen 90 Tagen nach Erlass des Beschlusses abstellen und von allen Maßnahmen absehen, die denselben oder einen ähnlichen Zweck bzw. dieselbe oder eine ähnliche Wirkung haben. Insbesondere muss das Unternehmen den Grundsatz der Gleichbehandlung auf konkurrierende Preisvergleichsdienste und seinen Dienst anwenden.
Konkret bedeutet dies, dass Google für die Platzierung und Anzeige konkurrierender Preisvergleichsdienste auf seinen Suchergebnisseiten dieselben Verfahren und Methoden wie bei seinem eigenen Dienst anwenden muss.
Google ist für die Einhaltung dieser Vorgaben verantwortlich und muss darlegen, wie es sie umzusetzen beabsichtigt. Unabhängig davon, für welche Option Google sich entscheidet, wird die Kommission die Einhaltung genau überwachen, und Google muss die Kommission laufend über seine Maßnahmen unterrichten (zunächst innerhalb von 60 Tagen nach Erlass des Beschlusses, dann in regelmäßigen Abständen).
Falls Google dem Beschluss der Kommission nicht nachkommt, muss das Unternehmen Zahlungen von bis zu 5 % des durchschnittlichen täglichen weltweiten Umsatzes seiner Muttergesellschaft Alphabet leisten. Die Kommission müsste einen solchen Verstoß in einem gesonderten Beschluss feststellen. Dann wären entsprechende Zahlungen rückwirkend ab Beginn der Nichterfüllung der Vorgaben zu leisten.
Außerdem drohen Google zivilrechtliche Schadenersatzklagen, die von seinem wettbewerbswidrigen Verhalten betroffene Personen oder Unternehmen vor den Gerichten der Mitgliedstaaten einlegen könnten. Die neue EU-Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Kartellrechtsverstößen macht es für die Opfer von Kartellrechtsverstößen einfacher, Schadensersatz zu erhalten.

Weitere Untersuchungen zu Google
Die Kommission ist bereits bei zwei anderen, noch laufenden Verfahren zu dem vorläufigen Schluss gelangt, dass Google eine beherrschende Stellung missbraucht hat:
1) Im Zusammenhang mit dem Betriebssystem Android hat die Kommission die Sorge, dass Google bei einer Reihe von Anwendungen und Diensten für mobile Geräte im Rahmen einer allgemeinen Strategie die Auswahl verringert und Innovationen verhindert, um seine beherrschende Stellung im Bereich der allgemeinen Internetsuche zu schützen und auszubauen.
2) Über AdSense könnte Google nach der vorläufigen Auffassung der Kommission eine Verringerung der Auswahl bewirken, indem es verhindert, dass Websites von Dritten auf Suchmaschinenwerbung von seinen Wettbewerbern zugreifen.
Die Kommission wird zudem der Frage weiter nachgehen, wie Google andere spezialisierte Google-Suchdienste auf seinen Suchergebnisseiten behandelt. Der heutige Beschluss ist ein Präzedenzfall, der den Rahmen für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit solcher Verhaltensweisen absteckt. Gleichwohl ist er kein Ersatz für eine fallspezifische Prüfung, da nur diese die Möglichkeit bietet, die spezifischen Merkmale der einzelnen Märkte zu berücksichtigen.

Hintergrund
Siehe auch unser Factsheet.
Der heutige Beschluss ist an Google Inc. und seine Muttergesellschaft Alphabet Inc. gerichtet.
Artikel 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und Artikel 54 des EWR-Abkommens verbieten die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung. Der heutige Beschluss folgt auf zwei Mitteilungen der Beschwerdepunkte, die Google im April 2015 bzw. im Juli 2016übermittelt wurden.