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VG Köln: Erste Entscheidung der Bundesnetzagentur über Entgelte die ein Unternehmen von einem Mitbewerber für den Zugang zum Glasfasernetz erheben darf rechtswidrig

VG Köln
Beschluss vom 15.03.2024
1 L 2288/23


Das VG Köln hat entschieden, dass die erste Entscheidung der Bundesnetzagentur über Entgelte, die ein Unternehmen von einem Mitbewerber für den Zugang zum Glasfasernetz erheben darf, rechtswidrig ist.

Die Pressemitteilung des VG Köln:
VG Köln: Erste Entscheidung der BNetzA über Entgelte für den Zugang zu einem öffentlich geförderten Glasfasernetz rechtswidrig

Die erste Entscheidung der Bundesnetzagentur über Entgelte, die ein Unternehmen von einem Mitbewerber für den Zugang zu seinem öffentlich geförderten Glasfasernetz erheben darf, ist rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln mit einem nunmehr den Beteiligten zugestellten Beschluss vom 15.03.2024 entschieden und damit einem Eilantrag der Vodafone GmbH stattgegeben.

Betreiber öffentlich geförderter Glasfasernetze müssen anderen Telekommunikationsunternehmen Zugang zu diesem Netz gewähren. Durch diese Verpflichtung soll der Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt gefördert werden. Einigen sich beide Unternehmen nicht über die vertraglichen Bedingungen des Zugangs, legt die Bundesnetzagentur diese auf Antrag in einem Streitbeilegungsverfahren fest. Einer solchen Entscheidung wird Bedeutung auch für künftige vergleichbare Verfahren beigemessen.

Mit Beschluss vom 31.10.2023 legte die BNetzA in einem Streitbeilegungsverfahren (BK11-23-003) zwischen der Vodafone GmbH und der M-net Telekommunikations GmbH monatliche Entgelte je Endkundenanschluss für den Zugang zu einem von der Vodafone GmbH betriebenen öffentlich geförderten Glasfasernetz im Main-Kinzig-Kreis fest. Dazu hatte sie Durchschnittspreise aus derzeit in nicht geförderten Gebieten Deutschlands zwischen Unternehmen vereinbarten monatlichen Entgelten für die Mitnutzung von Glasfasernetzen errechnet. Gegen den Beschluss der BNetzA erhob die Vodafone GmbH einen Eilantrag. Diesem gab das Gericht nunmehr statt.

Zur Begründung führt das Gericht im Wesentlichen aus: Der Beschluss ist bereits formell rechtswidrig, da die BNetzA den Beteiligten nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt hat. Nach der Auswertung einer Marktabfrage durch die BNetzA hatten die Beteiligten keine Möglichkeit, zu der Frage Stellung zu nehmen, wie auf der Grundlage dieser Daten Entgelte für den Netzzugang zu errechnen sind. Inhaltlich hätte sich die BNetzA nicht auf die Festlegung von monatlichen Überlassungsentgelten beschränken dürfen. Nach dem Gesetz ist sie verpflichtet, faire und diskriminierungsfreie Bedingungen einschließlich der Entgelte festzulegen. Da weitere Vertragsbedingungen wie etwa die Frage, ob eine Mindestabnahmemenge besteht oder ob es zusätzlich zum monatlichen Betrag Einmalentgelte gibt, Einfluss auf die Kalkulation haben, hätten diese nicht ungeregelt bleiben dürfen. Des Weiteren ist die Durchschnittspreisbildung fehlerhaft, da u.a. Preise aus unterschiedlichen Geschäftsmodellen mit variierender Risikoverteilung miteinander vermengt worden sind. Darüber hinaus ging die BNetzA fehlerhaft davon aus, dass im Zeitpunkt ihrer Entscheidung veröffentlichte Preise im Sinne der zu beachtenden europäischen Beihilferegelungen vorlagen.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Aktenzeichen: 1 L 2288/23



BGH: Sollen dem Internet entnommene Tatsachen als offenkundig im Sinne des § 291 ZPO dem Urteil zugrunde gelegt werden ist Hinweis und Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben

BGH
Beschluss vom 27.01,2022
III ZR 195/20
ZPO § 139, § 291; GG Art. 103 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass wenn dem Internet entnommene Tatsachen als offenkundig im Sinne des § 291 ZPO dem Urteil zugrunde gelegt werden sollen, den Parteien ein Hinweis und die Möglichkeit zur Stellungnahme zu geben ist.

Leitsatz des BGH:
Möchte ein Gericht von ihm dem Internet entnommene Tatsachen als offenkundig im Sinne des § 291 ZPO seinem Urteil zugrunde legen, muss es den Parteien durch einen Hinweis die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Ein Hinweis kann nur dann unterbleiben, wenn es sich um Umstände handelt, die den Parteien ohne Weiteres gegenwärtig sind und von deren Entscheidungserheblichkeit sie wissen (Fortführung von BGH, Urteile vom 8. Oktober 1959 - VII ZR 87/58, BGHZ 31, 43, 45 und vom 6. Mai 1993 - I ZR 84/91, NJW-RR 1993, 1122, 1123; Beschluss vom 7. Mai 2020 - IX ZB 84/19, NJW-RR 2020,
868 Rn. 15).

BGH, Beschluss vom 27. Januar 2022 - III ZR 195/20 - OLG Zweibrücken - LG Frankenthal

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Übergeht das Gericht wesentlichen entscheidungserheblichen Vortrag und dazugehörige Beweisantritte liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor

BGH,
Beschluss vom 23. August 2016
VIII ZR 178/15
GG Art. 103 Abs. 1


Der BGH musste in dieser Entscheidung eine Selbstverständlichkeit klarstellen: Übergeht ein Gericht wesentlichen entscheidungserheblichen Vortrag und die dazugehörigen Beweisantritte, so liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor

Leitsatz des BGH:
Unterstellt ein Gericht nur einen unwesentlichen Teil eines zusammenhängenden Vortrags einer Partei als wahr, während es den wesentlichen, entscheidungserheblichen Vortrag und den hierzu erfolgten Beweisantritt übergeht, liegt darin eine Gehörsverletzung.

BGH, Beschluss vom 23. August 2016 - VIII ZR 178/15 - LG Karlsruhe - AG Karlsruhe

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: