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OLG Hamm: Gesellschaft Bürgerlichen Rechts muss Rechtsform nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG angeben

OLG Hamm
Urteil vom 18.02.2020
4 U 66/19


Das OLG Hamm hat entschieden, dass auch eine Gesellschaft Bürgerlichen Rechts die Rechtsform nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG angeben muss.

Aus den Entscheidungsgründen:

II. Begründetheit der Klage

Die Klage ist in vollem Umfang begründet.

1. Unterlassungsanspruch

Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch findet seine Grundlage in § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG.

a) Die Veröffentlichung der streitgegenständlichen Werbeanzeige stellt eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

b) Diese geschäftliche Handlung war nach § 5a Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG unlauter. Nach § 5a Abs. 2 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und deren Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

aa) In der streitgegenständlichen Werbeanzeige fehlt es an einer wesentlichen Information. Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann („Aufforderung zum Kauf“), gelten nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG Informationen über die Identität und Anschrift des Unternehmers als wesentlich.

(1) Die streitgegenständliche Werbeanzeige stellt eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG dar. Sie enthält die Preise für Sommerreifen in sechs verschiedenen Ausführungen, die jeweils durch die Angabe der Reifengröße, der Reifenbauweise und der Geschwindigkeitskategorie näher beschrieben sind. Dass die Werbeanzeige keine Angaben zu den Herstellern der angebotenen Reifen enthält, ist unschädlich. Die Anwendbarkeit des § 5a Abs. 3 UWG setzt nicht voraus, dass alle wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung angegeben sind; dies folgt denknotwendig bereits aus der Existenz der Regelung in § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2017 – I ZR 84/16 – [Kraftfahrzeugwerbung] , Rdnr. 16; Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 81). Erforderlich ist lediglich, dass der Verbraucher sich eine Meinung über die Beschaffenheit und die Merkmale des Produkts bilden kann, um eine geschäftliche Entscheidung treffen zu können (Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 81 m.w.N.). Diesen Anforderungen genügen die Produktbeschreibungen in der streitgegenständlichen Werbeanzeige. Für einen nicht unerheblichen Teil der von der Werbeanzeige angesprochenen Verbraucher sind beim Erwerb von neuen Kfz-Reifen die Reifengröße und der Preis ohnehin die wesentlichen Gesichtspunkte für eine Kaufentscheidung. Nicht erforderlich ist, dass das Angebot selbst bereits – wie z.B. ein Produktangebot in einem Online-Shop – die Möglichkeit zum Vertragsschluss bietet (Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 83).

(2) Die Werbeanzeige enthält keine vollständigen Informationen über die Identität des Anbieters.

(a) Zur Identität des Unternehmers gehört jedenfalls dessen Name (Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 101 ff.). Hierin erschöpft sich indes der Begriff der „Identität“ nicht. Zur Identität gehört ebenfalls – sogar mehr noch als der Name – die Rechtsform des Unternehmers. Während Namen nämlich nur „Schall und Rauch“ (Goethe, Faust I, Vers 3457), mithin lediglich ein oberflächliches Merkmal zur Identitätsbestimmung sind, berührt die Frage nach der Rechtsform das innere Wesen oder – anders ausgedrückt – den Kern der Identität des Unternehmers. Damit ist auch die Rechtsform des Unternehmers Bestandteil seiner Identität, über die nach § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG zu informieren ist. Dieses Verständnis des Begriffes der Identität steht auch im Einklang mit dem Sinn und Zweck der Regelung in § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG: Der Verbraucher soll in die Lage versetzt werden, den Ruf des Unternehmers sowie seine wirtschaftliche Bonität und Haftung einzuschätzen (BGH, Urteil vom 18.10.2017 – I ZR 84/16 – [Kraftfahrzeugwerbung] , Rdnr. 18). Jedenfalls die beiden letztgenannten Umstände können von der Rechtsform des Unternehmens abhängen (vgl. BGH, Urteil vom 18.10.2017 – I ZR 84/16 – [Kraftfahrzeugwerbung] , Rdnr. 18 a.E.). Der Verbraucher soll erfahren, was für ein rechtliches Gebilde bzw. was für ein Rechtssubjekt ihm in der „Aufforderung zum Kauf“ gegenübertritt.

(b) Im Falle von Einzelkaufleuten, den im Handelsgesetzbuch (HGB) aufgeführten Personengesellschaften, Partnerschafts- und Kapitalgesellschaften sowie Genossenschaften erfolgt die erforderliche Information des Verbrauchers über die Rechtsform in der Regel bereits dadurch, dass diese gesetzlich dazu verpflichtet sind, in ihren Namen (ihre Firma) einen Rechtsformzusatz als Namensbestandteil (Firmenbestandteil) mitaufzunehmen (vgl. § 19 Abs. 1 HGB, § 2 Abs. 1 Satz 1 PartGG, § 4 Satz 1 GmbHG, § 4 AktG, § 3 Satz 1 GenG), und § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG die Angabe des vollständigen Namens (der vollständigen Firma) verlangt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. [2020], § 5a Rdnr. 4.33 a.E.).

(c) Gesellschaften bürgerlichen Rechts dürfen ebenfalls einen eigenen Namen führen (Palandt/Sprau, BGB, 79. Aufl. [2020], § 705 Rdnr. 25). Es ist dabei allerdings umstritten, ob die Gesellschaft – gesellschaftsrechtlich – dazu verpflichtet ist, in einen solchen Namen auch einen Rechtsformzusatz mitaufzunehmen (vgl. zum Streitstand: MüKoBGB/Schäfer, 7. Aufl. [2017], § 705 Rdnr. 274). Einer Beantwortung dieser gesellschaftsrechtlichen Frage bedarf es hier nicht. Sollte es Gesellschaften bürgerlichen Rechts gesellschaftsrechtlich erlaubt sein, einen Namen ohne Rechtsformzusatz zu führen, und führt eine Gesellschaft einen solchen Namen ohne Rechtsformzusatz, ist sie jedenfalls lauterkeitsrechtlich dazu verpflichtet, in den Fällen des § 5a Abs. 3 UWG – also im Falle einer „Aufforderung zum Kauf“ – zusätzlich zu ihrem Namen auch in geeigneter Form auf ihre Rechtsform hinzuweisen.

(d) Die streitgegenständliche Werbeanzeige enthält keine Angaben zur Rechtsform der „S T & U“. Die Rechtsform ergibt sich auch nicht (im Sinne des § 5a Abs. 3 UWG) „unmittelbar aus den Umständen“. Der Auffassung des Beklagten, der angesprochene Verkehr könne aus der vorerwähnten Bezeichnung ableiten, dass es sich bei dem Anbieter um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handele (handeln müsse), vermag der Senat nicht zu folgen. Die Auffassung des Beklagten setzt voraus, dass der Verkehr bei einer Bezeichnung wie der hier vorliegenden vom Bestehen eines – zunächst einmal wie auch immer gearteten – Gesellschaftsverhältnisses ausgeht, dass der Verkehr in rechtlicher Hinsicht davon ausgeht, dass eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts anders als alle sonstigen Gesellschaftsformen nicht zur Aufnahme eines Rechtsformzusatzes in ihren Namen verpflichtet ist, und dass der Verkehr schließlich davon ausgeht, dass Gesellschaften aller anderen Gesellschaftsformen stets ihrer Verpflichtung zur Angabe ihrer Rechtsform nachkommen. Ein derartiges – von komplexen Vorüberlegungen zur Rechtslage und Rechtswirklichkeit getragenes – Verkehrsverständnis existiert nicht.

bb) Die Information über die Rechtsform wird dem Verbraucher auch vorenthalten. Es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass die streitgegenständliche Werbeanzeige keinen ausreichenden Platz bot, um einen Hinweis auf die Rechtsform des Anbieters anzubringen (vgl. § 5a Abs. 5 Nr. 1 UWG).

cc) Das Vorenthalten der Information ist auch geschäftlich relevant im Sinne des § 5a Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 und 2 UWG. Wird dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten, ist regelmäßig vom Vorliegen der geschäftlichen Relevanz auszugehen (Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 72). Den Unternehmer, der geltend machen will, dass das Vorenthalten ausnahmsweise nicht geschäftlich relevant ist, trifft eine sekundäre Darlegungslast (Büscher, UWG, 1. Aufl. [2019], § 5a Rdnr. 72). Umstände, die hier gegen die geschäftliche Relevanz sprechen könnten, sind vom Beklagten weder nachvollziehbar dargelegt worden noch sonst ersichtlich.

c) Der Beklagte haftet für den begangenen Wettbewerbsverstoß. Nach dem Erhalt der Abmahnung des Klägers hat sich nicht die Gesellschaft als solche, sondern der Beklagte persönlich bei dem Kläger gemeldet. Dieser Umstand ist ein bedeutendes Indiz dafür, dass der Beklagte innerhalb der Gesellschaft für die streitgegenständliche Werbeanzeige persönlich verantwortlich war. Da eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts nur dann vorliegt, wenn das Unternehmen nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb nicht erfordert (anderenfalls wäre die Gesellschaft kraft Gesetzes auch ohne Handelsregistereintragung – automatisch – eine offene Handelsgesellschaft, vgl. § 1 Abs. 2, § 105 Abs. 1 HGB), spricht ohnehin viel dafür, dass das Unternehmen nur über eine sehr einfache Organisationsstruktur verfügt, in der die im Unternehmen mitarbeitenden Gesellschafter auch Einzelfallentscheidungen des laufenden Geschäftsbetriebs selbst treffen. Umstände, die gegen die persönliche Verantwortlichkeit des Beklagten für die streitgegenständliche Werbeanzeige sprechen könnten, sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich.

d) Umstände, die geeignet wären, die aufgrund des begangenen Wettbewerbsverstoßes tatsächlich zu vermutende Wiederholungsgefahr auszuräumen, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hat der Beklagte nicht abgegeben. Die – nicht strafbewehrte – vorgerichtliche Zusage, zukünftig in der Werbung auf die Rechtsform hinzuweisen, lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen.

2. Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten

Der Anspruch findet seine Grundlage in § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG. Bedenken gegen die Höhe der geforderten Abmahnkostenpauschale bestehen nicht.

Der Zinsanspruch beruht auf § 291, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Klageschrift ist dem Beklagten am 26.01.2019 zugestellt worden (Zustellungsurkunde Blatt 31 der Gerichtsakte). Zinsbeginn ist damit der 27.01.2019.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




AG München: FC Bayern München wird nicht aus dem Vereinsregister wegen Rechtsformverfehlung gelöscht

Das Amtsgericht München wird den FC Bayern München nicht aus dem Vereinsregister wegen Rechtsformverfehlung löschen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Registersache FC Bayern München

Das Amtsgericht München, Registergericht, hat einer Anfang August 2016 eingegangenen Anregung, den Fußball-Club Bayern, München eingetragener Verein „wegen Rechtsformverfehlung“ aus dem Vereinsregister zu löschen, nicht entsprochen.
Hintergrund der Anregung ist, dass nur nichtwirtschaftliche Vereine i.S.v. § 21 BGB, deren Zweck im Gegensatz zu wirtschaftlichen Vereinen nach § 22 BGB nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, im Vereinsregister einzutragen sind und hierdurch Rechtsfähigkeit erlangen.
In der Anregung wird behauptet, der Fußball-Club betätige sich in einem Maße wirtschaftlich, dass seine ideelle Betätigung demgegenüber untergeordnet sei.

In der amtsgerichtlichen Entscheidung wird ausgeführt, dass bereits der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 29.09.1982 (I ZR 88/80) eine Auslagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten von Vereinen auf Kapitalgesellschaften grundsätzlich für zulässig erachtet hat (sog. „Nebenzweckprivileg“). Die konkreten Verhältnisse bei dem Fußball-Club Bayern, München wurden geprüft. Es besteht eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, der FC Bayern München AG. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände dieser Beteiligung hat das Amtsgericht München im Rahmen der Einzelfallprüfung die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens hier abgelehnt. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung gibt es nicht.

OLG Hamm: Möbelhaus muss im Werbeprospekt die volle Anschrift und Rechtsform angegeben - Angabe der Webseite reicht nicht aus

OLG Hamm
Beschluss vom 13.10.2011
I-4 W 84/11


Das OLG Hamm hat entschieden, dass ein Möbelhaus im Werbeprospekt die volle Anschrift und die Rechtsform angeben muss. Es reicht nicht aus, wenn im Werbeprospekt lediglich auf die Webseite des Herausgebers verwiesen wird. Dies gilt natürlich auch für andere Herausgeber von Werbeprospekten.

Die Pressemitteilung des OLG Hamm finden Sie hier:

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