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OLG Frankfurt: Schiedsspruch über Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Fernsehverwertungsvertrags wegen coronoabedingter Unterbrechung des Bundesligaspielbetriebs nicht aufzuheben

OLG Frankfurt
Urteil vom 03.03.2022
26 Sch 2/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Schiedsspruch über die Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Fernsehverwertungsvertrags wegen coronoabedingter Unterbrechung des Spielbetriebs der Bundesliga nicht aufzuheben ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Aufhebung eines Schiedsspruchs über Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung eines Fernsehverwertungsvertrags wegen Corona-bedingter Unterbrechung des Spielbetriebs der Bundesliga

Nach den Feststellungen des Schiedsgerichts begründet die Unterbrechung des Spielbetriebs der Bundesliga und der 2. Bundesliga infolge der Corona-Pandemie kein außerordentliches Kündigungsrecht für einen medialen Verwertungsvertrag über die Übertragung dieser Spiele. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung den Antrag auf Aufhebung dieses Schiedsspruchs, mit dem die Unwirksamkeit der Kündigung und die Schadensersatzpflicht festgestellt worden waren, zurückgewiesen.

Die Antragstellerin zu 1 ist ein französisches auf Sportberichterstattung spezialisiertes Unternehmen; die mit ihr verbundene Antragstellerin zu 2 ist u.a. für den Erwerb von Verwertungsrechten zuständig. Der Antragsgegner ist ein in Frankfurt am Main ansässiger Verein, in dem die Vereine und Kapitalgesellschaften der Fußballbundesliga und der 2. Fußballbundesliga zusammengeschlossen sind. Neben der Organisation des Spielbetriebs vermarktet er die Medienrechte an den Bundesligaspielen.

Die Antragstellerin zu 1 schloss mit dem Antragsgegner einen Vertrag über näher umrissene mediale Verwertungsrechte der Spielzeiten 2017/2018 bis 2020/2021 für das

Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gegen Zahlung einer jährlichen Servicepauschale sowie pro Spielzeit fälliger Vergütung. Die Antragstellerin zu 2 übernahm diesen Vertrag nachfolgend und übertrug später Rechte an die Antragstellerin zu 1 zurück.

Infolge der Corona-Epidemie stellte der Antragsgegner den gesamten Spielbetrieb ab dem 13.3.2020 ohne Bestimmung von Ersatzterminen ein. Nach gescheiterten Gesprächen kündigten die Antragstellerinnen den Vertrag Ende April 2020. Der Spielbetrieb wurde Mitte Mai 2020 wiederaufgenommen.

Der Antragsgegner widersprach der Kündigung und erhob am 11.5.2020 Schiedsklage. Das Schiedsgericht stellte mit Schiedsspruch vom 12.11.2020 u.a. die Unwirksamkeit der Kündigungen und eine daran anknüpfende Schadensersatzverpflichtung der Antragstellerin zu 1 fest. Es habe kein Leistungshindernis, sondern nur eine Leistungserschwernis für den Antragsgegner vorgelegen. Die Wiederaufnahme der Spiele sei zum Kündigungszeitpunkt bereits vorhersehbar gewesen. Der Antragsgegner habe unter Nutzung der ihm eingeräumten Freiheiten bei der Spielplanfestlegung seine vertraglichen Pflichten erfüllen können.

Ohne Erfolg haben die Antragstellerinnen vor dem OLG die Aufhebung dieses Schiedsspruches begehrt. Das OLG stellte fest, dass kein Aufhebungsgrund (§ 1059 Abs. 2 ZPO) vorliegt.

Das Schiedsgericht habe insbesondere nicht den Anspruch der Antragstellerinnen auf rechtliches Gehör verletzt. Die zahlreichen von den Antragstellerinnen erhobenen Einwände begründeten im Ergebnis in keinem Fall eine Gehörsverletzung. Das Schiedsgericht habe vielmehr den aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Vortrag in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht hinreichend gewürdigt.

Das Ergebnis des Schiedsspruchs halte auch einer kartellrechtlichen Kontrolle stand, wobei zur Wahrung der Anerkennung der Schiedsfähigkeit kartellrechtlicher Streitigkeiten nur eine auf das Ergebnis des Schiedsspruchs bezogene eingeschränkte Kontrolle erfolge. Angesichts der baldigen Wiederaufnahme des Spielbetriebs und der im Hinblick auf die Dauer des Vertrags nur geringen Dauer der Unterbrechung sei die weitere Bindung an den Vertrag zumutbar.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
[...]
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 03.03.2022, Az. 26 Sch 2/21

Erläuterungen:

§ 1059 ZPO Aufhebungsantrag

(1) Gegen einen Schiedsspruch kann nur der Antrag auf gerichtliche Aufhebung nach den Absätzen 2 und 3 gestellt werden.

(2) Ein Schiedsspruch kann nur aufgehoben werden,

wenn der Antragsteller begründet geltend macht, dass
a) eine der Parteien, die eine Schiedsvereinbarung nach den §§ ZPO § 1029, ZPO § 1031 geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, hierzu nicht fähig war, oder dass die Schiedsvereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach deutschem Recht ungültig ist oder
b) er von der Bestellung eines Schiedsrichters oder von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist oder dass er aus einem anderen Grund seine Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können oder
c) der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt, oder dass er Entscheidungen enthält, welche die Grenzen der Schiedsvereinbarung überschreiten; kann jedoch der Teil des Schiedsspruchs, der sich auf Streitpunkte bezieht, die dem schiedsrichterlichen Verfahren unterworfen waren, von dem Teil, der Streitpunkte betrifft, die ihm nicht unterworfen waren, getrennt werden, so kann nur der letztgenannte Teil des Schiedsspruchs aufgehoben werden; oder
d) die Bildung des Schiedsgerichts oder das schiedsrichterliche Verfahren einer Bestimmung dieses Buches oder einer zulässigen Vereinbarung der Parteien nicht entsprochen hat und anzunehmen ist, dass sich dies auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat; oder
wenn das Gericht feststellt, dass
a) der Gegenstand des Streites nach deutschem Recht nicht schiedsfähig ist oder
b) die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht.




OLG Frankfurt: Schiedsgericht kann Schiedsspruch auch auf eigene Internetrecherchen stützen

OLG Frankfurt
Beschluss vom 25.03.2021
26 Sch 18/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Schiedsgericht seinen Schiedsspruch auch auf eigene Internetrecherchen stützen kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Eigene Internetrecherchen des Schiedsgerichts im Schiedsspruch verwertbar

Im Schiedsverfahren kann das Schiedsgericht dem Schiedsspruch auch Ergebnisse eigener Internetrecherchen zugrunde legen. Ob das Schiedsgericht verspäteten Vortrag zu Recht berücksichtigt hat, ist im Rahmen des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht zu prüfen. Das Erforschen der materiellen Wahrheit geht insoweit dem Interesse an dem Einhalten von Verspätungsvorschriften vor. Das OLG erklärte mit heute veröffentlichter Entscheidung einen Schiedsspruch zwischen zwei Pharmaunternehmen über gut 140 Mio. € für vollstreckbar.

Die Antragstellerin ist eine österreichische pharmazeutische Gesellschaft, die auf Arzneimittel für seltene Krankheiten spezialisiert ist. Die taiwanesische Antragsgegnerin ist eine Biotechnologie-Gesellschaft und Inhaberin aller Rechte an einem Alpha-Interferon. Die Zusammenarbeit der Parteien betraf die kommerzielle Nutzung dieses Wirkstoffes zur Entwicklung eines Medikaments u.a. gegen seltene Blutkrebsarten. Die Parteien schlossen einen Lizenz- und Herstellungsvertrag. Darin verpflichtete sich die Antragsgegnerin u.a. dazu, der Antragstellerin die Lizenz zur Nutzung in klinischen Studien zu erteilen, während die Antragstellerin die für eine Zulassung in Europa erforderlichen klinischen Studien bezahlt. Die Parteien vereinbarten zudem eine Schiedsklausel. Nachdem es zu Verzögerungen bei den Studien gekommen war, kündigte die Antragsgegnerin wegen behaupteter Pflichtverletzungen die Lizenzvereinbarung.

Die Antragstellerin erhob daraufhin eine Schiedsklage, mit der sie zuletzt die Zahlung ihres entgangenen Gewinns wegen der Verzögerung der Zulassung des gemeinsam entwickelten Medikaments und des daraus resultierenden verspäteten Markteintritts fordert. Das Schiedsgericht hatte daraufhin die Antragsgegnerin zur Zahlung von gut 140 Mio. € verurteilt und festgestellt, dass die Lizenz- und Herstellungsvereinbarungen weiterhin gültig seien.

Die Antragstellerin beantragt nunmehr vor dem OLG, diesen Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin verlangt dagegen dessen Aufhebung.

Das OLG ist dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs nachgekommen. Es stellte fest, dass dem Antrag keine Versagungs- oder Aufhebungsgründe entgegenstünden.

Die Antragsgegnerin rüge insbesondere ohne Erfolg, dass das Schiedsgericht eigene Recherchen im Internet angestellt und den Schiedsspruch darauf gestützt habe. Dem Schiedsgericht habe es freigestanden, die „ihm angemessen erscheinenden Internet-Recherchen vorzunehmen“. Zudem habe die Antragsgegnerin selbst auf die berücksichtigte Internetseite hingewiesen. Darüber hinaus gelte im Schiedsverfahren auch nicht der zivilprozessuale Grundsatz, dass die Parteien den Streitstoff selbst beibringen müssten. Das Schiedsgericht könne vielmehr den Sachverhalt auch von Amts wegen ermitteln.

Ohne Erfolg rüge die Antragsgegnerin zudem, dass das Schiedsgericht ein neues Beweisangebot der Antragstellerin in deren letzten Schriftsatz noch zugelassen habe. Im Zivilprozess sei grundsätzlich vom Rechtsmittelgericht nicht zu prüfen, ob das Ausgangsgericht Vorbringen zu Recht oder zu Unrecht zugelassen habe. Hintergrund hierfür sei, dass die Zulassung des verspäteten Vorbringens der Wahrheitsfindung diene. Das Interesse an einer materiell richtigen Entscheidung sei höher zu bewerten als das Interesse an einer prozessual richtigen Behandlung der Verspätungsvorschriften. Es sei nicht ersichtlich, warum dieser zivilprozessuale Grundsatz nicht auch im Verhältnis zwischen dem schiedsgerichtlichen Verfahren einerseits und dem Vollstreckbarerklärungs- und Aufhebungsverfahren vor dem OLG andererseits gelten sollte. Demnach komme es nicht darauf an, ob das Schiedsgericht zu Recht oder Unrecht das Beweisangebot berücksichtigt habe.

Gegen den Beschluss kann Rechtsbeschwerde zum BGH eingelegt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.03.2021, Az. 26 Sch 18/20


BGH: Grundsatz der prozessualer Waffengleichheit gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public - für Schiedsverfahren auch in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt

BGH
Beschluss vom 23.07.2020
I ZB 88/19
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, § 1042 Abs. 1 Satz 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3


Der BGH hat entschieden, dass der Grundsatz der prozessualer Waffengleichheit zum verfahrensrechtlichen ordre public-gehört und für Schiedsverfahren einfachrechtlich auch in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist.

Leitsatz des BGH:

Der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public.

BGH, Beschluss vom 23. Juli 2020 - I ZB 88/19 - Kammergericht

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Deutsches Skatgericht und Verbandsgericht des Deutschen Skatverbands e.V. sind keine Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO.

BGH
Beschluss vom 09.05.2018
I ZB 53/17
Skatgericht
ZPO § 1032 Abs. 2, §§ 1025 ff.


Der BGH hat entschieden, dass das Deutsche Skatgericht und das Verbandsgericht des Deutschen Skatverbands e.V. keine Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO sind.

Leitsätze des BGH:

a) Bei ständigen Schiedsgerichten kommt es für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht auf die Bildung des Schiedsgerichts an, sondern darauf, ob sich das Schiedsgericht bereits mit der Sache befasst hat.

b) Ein Antrag nach § 1032 Abs. 2 ZPO ist nicht unzulässig, wenn zum Zeitpunkt der Antragstellung beim Oberlandesgericht bereits ein Hauptsacheverfahren anhängig ist. Das gilt auch dann, wenn die Einrede des Schiedsverfahrens bereits im ordentlichen Verfahren erhoben worden ist.

c) Das Deutsche Skatgericht und das Verbandsgericht des Deutschen Skatverbands e.V. sind keine Schiedsgerichte im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO.

BGH, Beschluss vom 9. Mai 2018 - I ZB 53/17 - OLG Jena

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Frankfurt: Rechtmäßigkeitsprüfung einer Dopingsperre auf CAS beschränkbar wenn sich Berufssportler hierzu verpflichtet - Verknüpfung von Lizenzerteilung und Verpflichtungserklärung zulässig

OLG Frankfurt
Urteil vom 21.12.2017
11 U 26/17 (Kart)


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Beschränkung der Rechtmäßigkeitsprüfung einer Dopingsperre auf die CAS durch Verpflichtungserklärung des jeweiligen Berufssportler zulässig ist. Die Verknüpfung von Lizenzerteilung und Verpflichtungserklärung ist - so das Gericht - zulässig und kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung des jeweiligen Verbandes.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main: Rechtmäßigkeitsprüfung einer Dopingsperre auf CAS beschränkbar

Ein Berufssportler kann sich nicht auf die Rechtswidrigkeit einer Dopingsperre berufen, wenn er sich verpflichtet hat, den internationalen Sportschiedsgerichtshof (CAS) als einzige Berufungsinstanz anzuerkennen und eine Überprüfung durch den CAS unterlassen hat, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Urteil. Die Verknüpfung zwischen Lizenzerteilung und Verpflichtungserklärung beinhalte auch keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, betonte das OLG.

Der Kläger ist Berufsradrennfahrer. Er begehrt vom Beklagten Schadensersatz wegen einer gegen ihn vom Bundessport- und Schiedsgericht (BSSG) verhängten Dopingsperre. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Dachverband des deutschen olympisch organisierten Radsports. Der Beklagte ist Mitglied des Weltradsportverbandes „Union Cycliste Internationale“ (UCI) und erteilt Sportlern die erforderliche Lizenz zur Teilnahme am Radsport. Das BSSG ist ein Organ des beklagten Verbandes.

Der Kläger erhielt in der Vergangenheit Lizenzen und verpflichtete sich mit Antragstellung, die Reglements des UCI anzuerkennen. Insbesondere erklärte er, sich den Strafen zu unterziehen, die ihm gegenüber ausgesprochen werden und Berufungen den im Reglement vorgesehenen Instanzen vorzutragen. Ausdrücklich unterzeichnete er folgende Verpflichtung: „Ich akzeptiere das TAS/CAS als einzig kompetente Berufungsinstanz (…). Ich akzeptiere, dass das TAS/CAS als letzte Instanz entscheidet und dass seine Beschlüsse endgültig und ohne Anspruch auf Berufung sind.“

Der Kläger gehörte dem Testpool der am häufigsten kontrollierten Sportler an und unterlag u.a. strengen Meldeauflagen. Die Nationale Anti-Doping-Agentur Deutschland informierte den Beklagten über drei Meldepflicht- und Kontrollversäumnisse des Klägers. Das BSSG verhängte daraufhin gegen den Kläger eine 12-monatige Sperre. Diesen Beschluss ließ der Kläger nicht vom CAS überprüfen.

Er begehrt nunmehr vom Beklagten Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und meint, die Sperre sei rechtswidrig ausgesprochen worden.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG keinen Erfolg. Der Kläger könne sich nicht auf die behauptete Unrichtigkeit des Beschlusses des BSSG berufen, meint das OLG. Er habe sich hinsichtlich der Frage etwaiger Dopingverstöße der Verbandsgerichtsbarkeit des Beklagten und der Anerkennung des CAS als einziger Berufungsinstanz unterworfen. Trotz der ihm erteilten Rechtsbehelfsbelehrung habe er keine Berufung zum CAS eingelegt.

Das Verlangen der Unterwerfungserklärung stelle bei Abwägung der beiderseitigen Interessen auch keinen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch den Beklagten dar. Der Beklagte habe zwar auf dem Markt der Zulassung von Sportlern zur Teilnahme an Radsportveran-staltungen eine Monopolstellung. Bei der Erteilung von Lizenzen handele es sich auch um eine gewerbliche Leistung im geschäftlichen Verkehr.

Die verlangte Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit und Anerkennung des CAS als einziger Berufungsinstanz beinhalte jedoch keinen Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung. Es entspreche „dem wohlverstandenen Interesse nicht nur des Beklagten als Fachverband des Deutschen Radsports …, sondern auch der den Radsport ausübenden Athleten“, dass zunächst über das Vorliegen von Dopingverstößen das BSSG entscheide. So könnten „Entscheidungen über Dopingverstöße deutschlandweit einheitlich durch ein fachlich kompetentes Gremium zeitnah getroffen werden“, begründet das OLG. Soweit das BSSG kein unabhängiges Schiedsgericht, sondern ein Organ des Beklagten sei, führe auch dies nicht zur Unwirksamkeit der Unterwerfung. Dem Kläger habe eine Berufung zum CAS offen gestanden. Der CAS stelle nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 07.06.2016, KZR 6/15 - Pechstein) eine „unabhängige und neutrale Instanz“ dar.

Die Beschränkung der Überprüfung einer Sperre auf den CAS unter Ausschluss ordentlicher Gerichte stelle sich auch nicht aus sonstigen Gründen als rechtsmissbräuchlich dar. Den Grund-rechten des Klägers auf Justizgewährung sowie auf freie Berufsausübung stehe die gleichfalls verfassungsrechtlich gewährleistete Verbandsautonomie des Beklagten gegenüber. „Der Bedeu-tung einheitlicher und effektiver Anti-Doping-Richtlinien sowohl im internationalen wie im nationalen Kontext (…) wird am besten ein einheitliches Schiedsgericht gerecht“, betont das OLG. Schließlich können „Sportschiedsgerichte (…) am ehesten die Chancengleichheit der Sportlerinnen und Sportler bei der Teilnahme am organisierten Sport (…) durchsetzen (…) und verfügen durch die ständige Befassung mit sportspezifische Streitigkeiten über das notwendige Spezialwissen“.

Soweit der Kläger geltend mache, dass die Anrufung des CAS aus finanziellen Gründen unzumutbar sei, seien diese Ausführungen nicht hinreichend substantiiert.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.12.2017, Az. 11 U 26/17 (Kart)
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 23.04.2015, Az. 2/13 O 4/14)

Das Urteil kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof angegriffen werden. Es ist in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Erläuterung:
„CAS“ steht für „court of arbitration für sport“; gleichbedeutend ist „TAS“, d.h. „Tribunal Arbitral du Sport“






BGH: Verstoß gegen Treu und Glauben wenn Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands bestritten und in anderem Verfahren Einwand der Schiedseinrede erhoben wird

BGH
Beschluss vom 16.03.2017
I ZB 49/16
BGB § 242

Leitsatz des BGH:


Ein Verstoß gegen Treu und Glauben wegen widersprüchlichen Verhaltens kann gegeben sein, wenn sich eine Partei im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs auf das Fehlen der Schiedsfähigkeit des Streitgegenstands beruft, nachdem sie in einem Parallelprozess einer anderen Partei vor den ordentlichen Gerichten die Schiedseinrede erhoben und damit erreicht hat, dass die Klage zurückgenommen wurde.

BGH, Beschluss vom 16. März 2017 - I ZB 49/16 - OLG München

BGH: Durch einvernehmliche Anrufung eines staatlichen Gerichts wollen Parteien einer Schiedsvereinbarung diese nur für den betreffenden Streitgegenstand aufheben

BGH
Beschluss vom 07.07.2016
I ZV 45/15
ZPO § 1062 Abs. 1 Nr. 2

Leitsätze des BGH:


a) Durch einvernehmliche Anrufung eines staatlichen Gerichts wollen die Parteien einer Schiedsvereinbarung deren Geltung regelmäßig allein für den betreffenden Streitgegenstand aufheben.

b) Jedenfalls dann, wenn das staatliche Gericht in einer Streitigkeit zwischen einem ausgeschiedenen Gesellschafter und der Gesellschaft, die sich aus einer separaten Ausscheidensvereinbarung ergibt, einvernehmlich angerufen wird, folgt daraus regelmäßig kein Indiz, die Schiedsklausel eines Gesellschaftsvertrags dahin auszulegen, sie solle allgemein keine Anwendung auf nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters aus der Gesellschaft entstandene Streitigkeiten finden.
BGH, Beschluss vom 7. Juli 2016 - I ZB 45/15 - OLG Hamm

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH-Entscheidung im Rechtsstreit Claudia Pechstein gegen International Skating Union liegt vor - Einrede der Schiedsvereinbarung

BGH
Urteil vom 07.06.2016
KZR 6/15
Pechstein ./. International Skating Union
ZPO § 1025 Abs. 2, § 1032 Abs. 1; GWB § 19 Abs. 1; GG Art. 12; EMRK Art. 6 Abs. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Schadensersatzklage von Claudia Pechstein wegen der gegen sie verhängten Dopingsperre vor den deutschen Gerichten unzulässig - Einrede der Schiedsvereinbarung über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Der Court of Arbitration for Sports (CAS) in Lausanne ist ein Schiedsgericht im Sinne von § 1025 Abs. 2, § 1032 Abs. 1 ZPO.

b) Ein nach dem "Ein-Platz-Prinzip" organisierter internationaler Sportverband ist hinsichtlich der Zulassung der Athleten zu den von ihm organisierten Sportwettbewerben marktbeherrschend.

c) Es stellt keinen Missbrauch der Marktmacht des Sportverbands dar, wenn er die Teilnahme eines Athleten an einem Sportwettkampf von der Unterzeichnung einer Schiedsvereinbarung abhängig macht, in der gemäß den Anti-Doping-Regeln der CAS als Schiedsgericht vorgesehen ist. Die Verfahrensordnung des CAS enthält ausreichende Garantien für die Wahrung der Rechte der Athleten, und die Schiedssprüche des CAS unterliegen einer Kontrolle durch das schweizerische Bundesgericht.

d) Der Verfahrensordnung des CAS mangelt es auch nicht deshalb an ausreichenden Garantien für die Wahrung der Rechte der Athleten, weil die Schiedsrichter von den Verfahrensbeteiligten aus einer geschlossenen Liste auszuwählen sind, die von einem Gremium aufgestellt wird, das mehrheitlich mit Vertretern des Internationalen Olympischen Komitees, der nationalen Olympischen Komitees und der internationalen Sportverbände besetzt ist. Sportverbände und Athleten stehen sich bei der Bekämpfung des Dopings grundsätzlich nicht als von gegensätzlichen Interessen geleitete "Lager" gegenüber.

e) Unter diesen Umständen ist die Schiedsvereinbarung auch nicht im Hinblick auf den Justizgewährungsanspruch aus Art. 2 Abs. 1 GG, das Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG oder das Recht auf ein faires Verfahren nach Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention unwirksam.

BGH, Urteil vom 7. Juni 2016 - KZR 6/15 - OLG München - LG München I

BGH: Schadensersatzklage von Claudia Pechstein wegen der gegen sie verhängten Dopingsperre vor den deutschen Gerichten unzulässig - Einrede der Schiedsvereinbarung

BGH
Urteil vom 07.06.2016
KZR 6/15


Der BGH hat entschieden, dass die Schadensersatzklage von Claudia Pechstein wegen der gegen sie verhängten Dopingsperre vor den deutschen Gerichten unzulässig ist. Aufgrund der von der Sportlerin unterzeichneten Schiedsgerichtsvereinbarung ist ausschließlich das Court of Arbitration for Sport (CAS) in Lausanne zuständig.

Die Pressemitteilung des BGH:

Schadensersatzklage von Claudia Pechstein wegen Dopingsperre vor den deutschen Gerichten unzulässig

Die Klägerin, Claudia Pechstein, eine international erfolgreiche Eisschnellläuferin, verlangt von der beklagten International Skating Union (ISU), dem internationalen Fachverband für Eisschnelllauf, Schadensersatz, weil sie – nach ihrer Auffassung zu Unrecht – zwei Jahre lang wegen Dopings gesperrt war. Im Revisionsverfahren geht es im Wesentlichen um die Frage, ob eine von der Klägerin unterzeichnete Schiedsvereinbarung wirksam ist, die unter anderem die ausschließliche Zuständigkeit des Court of Arbitration for Sport (CAS) in Lausanne vorsieht.

Die Beklagte ist monopolistisch nach dem "Ein-Platz-Prinzip" organisiert, d.h. es gibt - wie auch auf nationaler Ebene - nur einen einzigen internationalen Verband, der Wettkämpfe im Eisschnelllauf auf internationaler Ebene veranstaltet. Vor der Eisschnelllauf-Weltmeisterschaft in Hamar (Norwegen) im Februar 2009 unterzeichnete die Klägerin eine von der Beklagten vorformulierte Wettkampfmeldung. Ohne Unterzeichnung dieser Meldung wäre sie zum Wettkampf nicht zugelassen worden. In der Wettkampfmeldung verpflichtete sie sich unter anderem zur Einhaltung der Anti-Doping-Regeln der Beklagten. Außerdem enthielt die Wettkampfmeldung die Vereinbarung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens vor dem CAS unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs. Bei der Weltmeisterschaft in Hamar wurden der Klägerin Blutproben entnommen, die erhöhte Retikulozytenwerte aufwiesen. Die Beklagte sah dies als Beleg für Doping an. Ihre Disziplinarkommission verhängte gegen die Klägerin unter anderem eine zweijährige Sperre. Die hiergegen eingelegte Berufung zum CAS war erfolglos. Auch eine Beschwerde und eine Revision zum schweizerischen Bundesgericht blieben in der Sache ohne Erfolg.

Die Klägerin hat daraufhin Klage zum Landgericht München I erhoben. Sie verlangt Ersatz ihres materiellen Schadens und ein Schmerzensgeld. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht München hat dagegen durch Teilurteil festgestellt, dass die Schiedsvereinbarung unwirksam und die Klage zulässig sei.

Die Revision der ISU bekämpft diese Bewertung. Die Klägerin meint hingegen mit dem Oberlandesgericht, die Schiedsvereinbarung sei nach § 19 GWB unwirksam. Die ISU habe durch den Zwang, entweder die (alleinige) Zuständigkeit des CAS als Schiedsgericht zu vereinbaren oder an der Weltmeisterschaft nicht teilzunehmen, ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausgenutzt. Die Schiedsrichterliste des CAS, aus der die Parteien jeweils einen Schiedsrichter auswählen müssen, sei nicht unparteiisch aufgestellt worden, weil die Sportverbände und olympischen Komitees bei der Erstellung der Liste ein deutliches Übergewicht hätten.

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs ist dieser Argumentation der Klägerin nicht gefolgt. Er hat entschieden, dass die Klage unzulässig ist, weil ihr die Einrede der Schiedsvereinbarung entgegensteht.

Die Beklagte ist zwar bei der Veranstaltung von internationalen Eisschnelllaufwettbewerben marktbeherrschend. Ob das Verlangen nach Abschluss einer Schiedsabrede, die die ausschließliche Zuständigkeit des CAS vorsieht, einen Missbrauch dieser marktbeherrschenden Stellung darstellt, ergibt sich aber erst aus einer umfassenden Abwägung der beiderseitigen Interessen. Bei dieser Abwägung hat der Kartellsenat kein missbräuchliches Verhalten der Beklagten feststellen können.

Der CAS ist ein "echtes" Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO. Weder der CAS selbst noch das konkrete Schiedsgericht sind wie ein Verbands- oder Vereinsgericht in eine Organisation eingegliedert. Dem steht nicht entgegen, dass die Schiedsrichter aus einer geschlossenen Liste ausgewählt werden müssen und dass diese Liste von einem Gremium erstellt wird, dem überwiegend Vertreter der internationalen Sportverbände und der Olympischen Komitees angehören. Diese Regelung begründet kein strukturelles Ungleichgewicht bei der Besetzung des konkreten Schiedsgerichts. Denn die Verbände und die Athleten stehen sich nicht als von grundsätzlich gegensätzlichen Interessen geleitete Lager gegenüber. Vielmehr entspricht die weltweite Bekämpfung des Dopings sowohl den Interessen der Verbände als auch denen der Athleten.

Die mit einer einheitlichen internationalen Sportsgerichtsbarkeit verbundenen Vorteile, wie etwa einheitliche Maßstäbe und die Schnelligkeit der Entscheidung, gelten nicht nur für die Verbände, sondern auch für die Sportler. Ein dennoch verbleibendes Übergewicht der Verbände wird ausgeglichen durch die Verfahrensordnung des CAS, die eine hinreichende individuelle Unabhängigkeit und Neutralität der Schiedsrichter gewährleistet. Der konkret an dem Verfahren vor dem CAS beteiligte Sportverband - hier die ISU - und der Athlet müssen je einen Schiedsrichter aus der mehr als 200 Personen umfassenden Liste auswählen. Diese Schiedsrichter bestimmen gemeinsam den Obmann des Schiedsgerichts. Ist ein Schiedsrichter befangen, kann er abgelehnt werden. Die unterliegende Partei hat die Möglichkeit, bei dem zuständigen schweizerischen Bundesgericht um staatlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Das schweizerische Bundesgericht kann den Schiedsspruch des CAS in bestimmtem Umfang überprüfen und gegebenenfalls aufheben.

Die Klägerin hat die Schiedsvereinbarung freiwillig unterzeichnet. Dass sie dabei fremdbestimmt gehandelt hat, da sie andernfalls nicht hätte antreten können, führt nicht zur Unwirksamkeit der Vereinbarung. Denn auch insoweit ergibt die Abwägung der beiderseitigen Interessen am Maßstab des § 19 GWB eine sachliche Rechtfertigung der Verwendung der Schiedsklausel, die nicht gegen gesetzliche Wertentscheidungen verstößt. Dem Justizgewährungsanspruch der Klägerin sowie ihrem Recht auf freie Berufsausübung steht die Verbandsautonomie der Beklagten gegenüber. Schließlich ist der Klägerin im Anschluss an das Schiedsgerichtsverfahren Zugang zu den nach internationalem Recht zuständigen schweizerischen Gerichten möglich. Ein Anspruch gerade auf Zugang zu den deutschen Gerichten besteht danach nicht.

§ 19 GWB aF Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung

(1)Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.

(…)

(4)Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen

1.(…)

2.Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;

(…)

Vorinstanz:

OLG München - Urteil vom 15. Januar 2015 – U 1110/14 Kart (WuW/E DE-R 4543)

LG München I - Urteil vom 26. Februar 2014 – 37 O 28331/12 (SchiedsVZ 2014, 100)

OLG München: Schiedsvereinbarung zwischen Eisschnelllaufverband und Claudia Pechstein kartellrechtswidrig - Schiedsspruch des CAS nicht anerkennungsfähig - Weg zur Zivilgerichtsbarkeit eröffnet

OLG München
Urteil vom 15.01.2015
U 1110/14 Kart


Das OLG München hat entschieden, dass die Schiedsgerichtsvereinbarung zwischen dem Fachverband für Eisschnelllauf (ISU) und Claudia Pechstein kartellrechtswidrig und somit unwirksam ist. Der Schiedsspruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) ist nicht anerkennungsfähig. Vielmehr kann die Sportlerin den Zivilrechtsweg beschreiten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der BGH wird sich mit der Sache befassen.

Die Pressemitteilung des OLG München:

"Oberlandesgericht München erklärt die zwischen Claudia P. und dem Internationalen Fachverband für Eisschnelllauf (ISU) 2009 getroffene Schiedsvereinbarung für unwirksam und erkennt den Spruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) nicht an.

In seinem am 15.01.2015 verkündeten Zwischenurteil teilt das Oberlandesgericht München die Auffassung der Vorinstanz, dass die zwischen der Athletin und dem ISU im Januar 2009 getroffenen Schiedsvereinbarung wegen Verstoßes gegen zwingendes Kartellrecht unwirksam ist.

Die vor dem deutschen Zivilgericht erhobene Klage ist damit zulässig.

Anders als vom Landgericht noch angenommen, ist aber der Spruch des Court of Arbitration for Sports (CAS) nicht anerkennungsfähig. Die deutschen Gerichte sind deshalb in der für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche vorgreiflichen Feststellung, ob die Dopingsperre zu Unrecht verhängt wurde, nicht an den Spruch gebunden.
Bevor der noch nicht zur Endentscheidung reife Rechtsstreit weitergeht, wartet das Oberlandesgericht, das die Revision gegen sein Zwischenurteil zugelassen hat, ggf. eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab.
In dem bei dem Kartellsenat des Oberlandesgerichts München anhängigen Berufungsverfahren wendet sich die Klägerin, eine international erfolgreiche Eisschnellläuferin, gegen die Rechtmäßigkeit einer im Jahr 2009 verhängten Dopingsperre und macht gegen die Beklagte ISU, den internationalen Fachverband für Eisschnelllauf mit Sitz in der Schweiz, Schadensersatz wegen der ihr daraus erwachsenen Schäden geltend.

Das Landgericht München I hatte in 1. Instanz den von der Beklagten erhobenen Einwand, der Zulässigkeit der Klage stehe eine zwischen der Klägerin und ihr am 2. Januar 2009 in einer von der Beklagten vorformulierten Wettkampfmeldung für die Eisschnelllauf-Mehrkampfweltmeisterschaften enthaltene Schiedsvereinbarung entgegen, wonach für Streitigkeiten zwischen den Wettkampfteilnehmern und der Beklagten unter vollständigem Ausschluss der ordentlichen Gerichtsbarkeit der Court of Arbitration for Sports (CAS) in Lausanne zuständig sei, als nicht durchgreifend erachtet. Die Klage hatte das Landgericht aber dennoch im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, es sei an die nach Anrufung des CAS durch die Klägerin erfolgte Bestätigung der Dopingsperre gebunden.

Mit Zwischenurteil vom 15.01.2015 hat nun auch der Kartellsenat des Oberlandesgerichts München entschieden, dass die Schadensersatzklage zulässig ist. Entgegen dem Vorbringen der Beklagten steht die zwischen der Klägerin und der Beklagten getroffene Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 dem Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten nicht entgegen. An die Entscheidung des CAS, die Dopingsperre sei zurecht verhängt worden, sind die deutschen Gerichte jedoch nicht gebunden. Über die Frage des Dopings ist noch nicht entschieden.

Im Einzelnen hat das Oberlandesgericht hierzu ausgeführt:

1) Die Schiedsvereinbarung ist im Streitfall unwirksam, weil sie gegen zwingendes Kartellrecht verstößt.
Auf dem Markt des Angebots von Weltmeisterschaften im Eisschnelllaufsport ist die Beklagte wegen des Ein-Platz-Prinzips der einzige Anbieter und daher mangels Wettbewerber als Monopolistin im Sinne des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) marktbeherrschend.
Sachlich relevant im Sinne des GWB ist im Streitfall der Markt des Angebots der Durchführung von Weltmeisterschaften im Eisschnelllauf. Die Teilnahme daran kann wegen des überragenden weltweiten Interesses und der damit verbundenen Verwertungsmöglichkeiten für Athleten, die dort Erfolge erzielen wollen, nicht durch die Teilnahme an nationalen Wettkämpfen ersetzt werden.
Einem marktbeherrschenden Unternehmen ist es nach den relevanten Vorschriften des GWB verboten, Geschäftsbedingungen zu fordern, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden. Danach durfte die Beklagte von der Klägerin die Schiedsvereinbarung vom 2. Januar 2009 nicht verlangen.
Zwar stellt das Verlangen einer Schiedsvereinbarung durch den Ausrichter von internationalen Sportwettkämpfen nicht schlechthin einen Missbrauch von Marktmacht dar. Vielmehr bestehen gewichtige sachgerechte Gründe dafür, Streitigkeiten zwischen Athleten und Sportverbänden im Zusammenhang mit internationalen Wettkämpfen nicht den verschiedenen in Betracht kommenden staatlichen Gerichten zu überlassen, sondern einem einheitlichen Sportgericht zuzuweisen. Insbesondere kann auf diese Weise durch einheitliche Zuständigkeit und Verfahrensgestaltung verhindert werden, dass in gleichgelagerten Fällen divergierende Entscheidungen getroffen werden, was der Gewährleistung der Chancengleichheit der Athleten bei der Wettkampfteilnahme dient.
Im konkreten Fall stellt es jedoch einen Missbrauch von Marktmacht dar, dass die Beklagte von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung zugunsten des CAS verlangt hat.
Nach den im Zeitpunkt der Schiedsvereinbarung gültigen Verfahrensregeln haben die daran beteiligten Verbände (die Internationalen Sportverbände, das Nationale und das Internationale Olympische Komitee) bestimmenden Einfluss auf die Auswahl der Personen, die als Schiedsrichter in Betracht kommen.
Infolge der vom Kartellsenat festgestellten einseitigen Ausgestaltung der Schiedsrichterbestellung zugunsten der daran beteiligten Verbände für Streitigkeiten mit Athleten wird den Verbänden ein Übergewicht bei der Zusammensetzung des Schiedsgerichts verliehen, das von den Athleten nur hingenommen wird, weil sie keine andere Möglichkeit haben, an internationalen Sportveranstaltungen teilzunehmen.
Durch die Vorgaben für die Wahl der im Rahmen der Schiedsvereinbarung in Betracht kommenden Schiedsrichter erhalten die Verbände bei Streitigkeiten mit Athleten ein strukturelles Übergewicht, das die Neutralität des CAS grundlegend in Frage stellt.
Darüber hinaus wird ein strukturelles Ungleichgewicht zugunsten der Verbände dadurch begründet, dass in den Berufungsverfahren vor dem CAS der Vorsitzende des für die konkrete Streitigkeit zuständigen Kollegiums vom Präsidenten der Berufungsabteilung des CAS bestimmt wird, wenn sich die Streitparteien insoweit nicht einigen können, und der Präsident der Berufungsabteilung seinerseits durch die einfache Mehrheit eines Gremiums gewählt wird, das strukturell von den Verbänden abhängt. Damit können letztlich die Verbände zusätzlichen mittelbaren Einfluss auf das dritte Mitglied des für eine konkrete Streitigkeit zuständigen Kollegiums haben. Das Vertrauen des Rechtsuchenden in die Unparteilichkeit und Sachlichkeit eines Schiedsgerichts nimmt Schaden, wenn er befürchten muss, sich einem Richter gegenüberzusehen, der mit Blick auf seinen Fall und seine Person bestellt worden ist; insoweit gilt es, Vorkehrungen schon gegen die bloße Möglichkeit und den Verdacht einer Manipulation der Richterbesetzung zu treffen.
Bei wirksamem Wettbewerb, der angesichts der Monopolstellung der Beklagten nicht stattfindet, wäre die Klägerin nicht gezwungen gewesen, zur Ermöglichung ihrer Teilnahme an den Weltmeisterschaften die im vorliegenden Fall relevante Schiedsklausel hinzunehmen.
Die Abweichung von Schiedsklauseln, die bei wirksamen Wettbewerb zustande kämen, hat zur Folge, dass der Klägerin die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Rechte auf Zugang zu den staatlichen Gerichten und auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) entzogen werden, denen Verfassungsrang zukommt. Sie überschreitet daher die für die Annahme eines Missbrauchs von Marktmacht erforderliche Erheblichkeitsschwelle.

2) Mangels Anerkennungsfähigkeit des Spruchs des CAS sind die deutschen Gerichte in der für die geltend gemachten Schadensersatzansprüche vorgreiflichen Feststellung, ob die Dopingsperre zu Unrecht verhängt wurde, nicht an den Spruch gebunden.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann die Klage insoweit nicht wegen der Rechtskraftwirkung der Entscheidung des CAS als unbegründet angesehen werden.

Die Anerkennung des Spruchs des CAS, mit dem die Dopingsperre bestätigt wurde, widerspräche der öffentlichen Ordnung; er ist deshalb gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 2 lit. b) des Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche vom 10. Juni 1958 nicht anerkennungsfähig.

Zu der für die Anerkennung ausländischer Schiedssprüche maßgeblichen öffentlichen Ordnung (ordre public) zählt auch die Einhaltung der grundlegenden Bestimmungen des Kartellrechts. Danach kommt eine Anerkennung des CAS-Spruchs nicht in Betracht.

Im Streitfall war der Beklagten kartellrechtlich verboten, von der Klägerin die Zustimmung zu der Schiedsvereinbarung zu verlangen. Durch die inzidente Anerkennung des auf der Grundlage der kartellrechtswidrigen Vereinbarung ergangenen Spruchs würde der Missbrauch der Monopolstellung der Beklagten perpetuiert, was dem Zweck des kartellrechtlichen Missbrauchsverbots zuwiderliefe. Zudem führte der Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung durch die Beklagte im Falle der Anerkennung des Spruchs dazu, dass der Klägerin die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Rechte auf Zugang zu den staatlichen Gerichten und auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes) entzogen würden.

3) Soweit zulässig, ist die Klage allerdings noch nicht zur Endentscheidung reif.
Aus Gründen der Prozessökonomie hat es der Kartellsenat als angezeigt erachtet, über die Zulässigkeit der im Berufungsverfahren weiterverfolgen Klageanträge durch Zwischenurteil gesondert zu entscheiden und wegen der über den Einzelfall hinausgehenden Auswirkungen der Entscheidung auf die Zulässigkeit von Schiedsabreden im internationalen Sport insoweit die Revision zuzulassen."