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OLG Frankfurt: Sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO trotz Sequestrationsantrag im markenrechtlichen Eilverfahren - Zur Entbehrlichkeit einer Abmahnung im Markenrecht und Wettbewerbsrecht

OLG Frankfurt
Beschluss vom 16.03.2021
6 W 102/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein sofortiges Anerkenntnis gemäß § 93 ZPO trotz Sequestrationsantrag im markenrechtlichen Eilverfahren möglich ist. Zudem hat sich das Gericht mit der Frage der Entbehrlichkeit einer vorherigen Abmahnung im Markenrecht und Wettbewerbsrecht in Ausnahmefällen befasst.

Aus den Entscheidungsgründen:
Nach § 93 ZPO fallen die Kosten einer Klage dem Kläger zur Last, wenn der Beklagte nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Nach diesem Rechtsgedanken, der auch auf das Eilverfahren angewandt werden kann (Zöller/Herget ZPO, 33. Auflage, § 93 Rn 2), müssen die Antragstellerinnen die Verfahrenskosten nach dem sofortigen Anerkenntnis der Antragsgegnerin im Schriftsatz vom 12.7.2019 dann tragen, wenn diese durch ihr Verhalten keine Veranlassung gegeben hat, eine einstweilige Verfügung zu beantragen, ohne die Antragsgegnerin zuvor wegen des beanstandeten Verhaltens abzumahnen.

Insoweit ist den Antragstellerinnen zuzugeben, dass die unter dem 8.1.2021 erfolgten Hinweise des Senats zu kurz greifen. Der Senat hält nach erneuter Beratung an seiner von den Antragstellerinnen aufgezeigten bisherigen Rechtsprechung (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.4.2020 - 6 W 31/20 = WRP 2020, 914) - auch in Ansehung der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur Notwendigkeit einer vorherigen Anhörung des Gegners im Eilverfahren - im Grundsatz fest. Gleichwohl kann die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Die Beantragung einer einstweiligen Verfügung ohne vorherige Abmahnung kann in Wettbewerbs- oder Kennzeichensachen gerechtfertigt sein, wenn sie aufgrund besonderer Umstände für den Antragsteller unzumutbar ist. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin bleibt bei dieser Sachlage trotz der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zur prozessualen Waffengleichheit im Eilverfahren (BVerfG, Beschluss vom 11.1.2021 - 1 BvR 2681/20; BVerfG, Beschluss vom 22.12.2020 - 1 BvR 2740/20 = GRUR 2021, 518; BVerfG, Beschluss vom 17.6.2020 - 1 BvR 1380/20 = WRP 2020, 1177; BVerfG, Beschluss vom 3.6.2020 - 1 BvR 1246/20 - Personalratswahl bei der Bundespolizei = GRUR 2020, 773 = WRP 2020, 847; BVerfG, Beschluss vom 30.9.2018 - 1 BvR 1783/17 - Die F.-Tonbänder = GRUR 2018, 1288 = WRP 2018, 1448) auch bei fehlender Abmahnung weiterhin eine Entscheidung über den Eilantrag ohne vorherige Anhörung der Antragsgegnerin möglich. Das Bundesverfassungsgericht selbst zeigt Konstellationen auf, in denen eine vorherige Anhörung ausnahmsweise entbehrlich ist, nämlich, wenn diese den Zweck des einstweiligen Verfügungsverfahrens vereiteln würde (BVerfG, Beschluss vom 20.9.2018 - 1 BvR 1783/17 - Die F.-Tonbänder, juris Rn 15 = GRUR 2018, 1288 = WRP 2018, 1448; BVerfG, Beschluss vom 3.6.2020 - 1 BvR 1246/20 - Personalratswahl bei der Bundespolizei, juris Rn 16 = GRUR 2020, 773 = WRP 2020, 847; Ringer/Wiedeman GRUR-Prax 2020, 359 unter Ziffer II.; Löffel WRP 2019, 8, 9; Bornkamm GRUR 2020, 715, 223; jeweils mit weiteren Nachweisen). Hierzu können die Fälle gehören, in denen - wie hier - mit der einstweiligen Verfügung gleichzeitig eine Sequestration beantragt wird, denn dabei kommt es häufig darauf an, dass der Antragsgegner durch die Abmahnung nicht vorher gewarnt wird und Vorkehrungen treffen kann, die geeignet sind, die Sequestration zu vereiteln.

Wird dem Eilantrag durch Beschlussverfügung ohne Anhörung des Antragsgegners entsprochen, ist dies zwangsläufig mit einer Kostenentscheidung zu Lasten des Antragsgegners verbunden; ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne von § 93 ZPO ist bei dieser Verfahrensweise faktisch ausgeschlossen.

Hier hat das Landgericht der Antragsgegnerin allerdings vor seiner Entscheidung die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, was diese sodann zu einem Anerkenntnis veranlasst hat. Die Frage, ob die Anwendung von § 93 ZPO zugunsten der Antragsgegnerin in Betracht kommt, fokussiert sich demnach darauf, ob das Landgericht von einer Anhörung der Antragsgegnerin wegen des im Eilantrag enthaltenen Sequestrationsantrages hätte absehen müssen. Insoweit kann kein anderer Maßstab gelten als für die Fälle, in denen auf eine Abmahnung verzichtet werden kann.

Die Antragstellerinnen machen geltend, eine Abmahnung der Antragsgegnerin sei wegen des gleichzeitig gestellten Sequestrationsantrages entbehrlich gewesen.

Wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14.4.2020 (6 W 31/20 = WRP 2020, 914) ausgeführt hat, setzt die Sequestration im Eilverfahren das Bestehen eines Vernichtungsanspruchs sowie ein hinreichendes Sicherungsbedürfnis des Verletzten voraus. Entscheidend ist, wie hoch nach den Gesamtumständen die Gefahr einzuschätzen ist, dass der Verletzer nach einem Hinweis auf die Entdeckung der Verletzungshandlung versuchen wird, die Verletzungsgegenstände beiseitezuschaffen und sich dadurch dem Vernichtungsanspruch zu entziehen (so schon OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 25.1.2010 - 6 W 4/10). Maßgeblich ist dabei, ob die Umstände des konkreten Einzelfalls geeignet sind, bei dem Verletzten die ernste Besorgnis zu begründen, dass der Unterlassungsschuldner sich bei einer vorherigen Abmahnung um eine schnelle Beseitigung eines etwa vorhandenen Warenbestandes bemühen werde. Diese Besorgnis ist grundsätzlich berechtigt, wenn es sich um einen Fall der Weiterverbreitung schutzrechtverletzender Ware handelt. In diesen Fällen darf der Gläubiger regelmäßig davon ausgehen, dass der Verletzer die Sequestration zu vereiteln versucht, um die sich aus einer Sequestrationsanordnung ergebenden wirtschaftlichen Nachteile zu vermeiden (LG Hamburg, Urteil vom 19.3.2004 - 308 O 58/04 = GRUR-RR 2004, 191). Auch ohne konkrete Verdachtsmomente besteht bei dieser Sachlage von vornherein die ernste Besorgnis, der Schuldner werde versuchen, die fragliche Ware bei Seite zu schaffen. Nur wenn diese Gefahr ausnahmsweise ausgeschlossen erscheint, ist dem Gläubiger eine Abmahnung zuzumuten. Um der Gefahr einer missbräuchlichen Geltendmachung des Sequestrationsanspruchs zu begegnen bzw. die Beantragung der Sequestration nur zum Zweck der Umgehung des Abmahnungserfordernisses auszuschließen, kann im Einzelfall eine Prüfung notwendig sein, ob ein schützenswertes Sicherungsinteresse für die Sequestration tatsächlich bestand.

Trotz des Umstandes, dass sich die Antragsgegnerin vorwerfen lassen muss, dass sie schutzrechtsverletzende Ware verbreitet hat, war in dem hier zu beurteilenden Einzelfall auch aus der maßgeblichen Sicht der Antragstellerinnen als Gläubigerinnen (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 37. Auflage, § 12 Rn 1.56) nach den Gesamtumständen nicht davon auszugehen, dass eine Abmahnung entbehrlich war, weil die Antragstellerinnen keinen Anhaltspunkt dafür hatten, dass die Antragsgegnerin die Durchsetzung des Sequestrationsanspruchs vereiteln würde. Es handelte sich nicht um vorsätzlich nachgeahmte Zubehörteile oder Produktpiraterieware, sondern um Originalteile, an denen die Markenrechte der Antragstellerinnen nicht erschöpft waren. Die Antragstellerinnen hatten auch Anlass zu der Annahme, dass die Antragsgegnerin gutgläubig davon ausgegangen ist, die Originalteile würden zulässigerweise in Europa vertrieben. Insoweit tragen die Antragstellerinnen in der Antragsschrift selbst vor, dass sich die streitgegenständlichen, ausschließlich für den koreanischen Markt bestimmten Waren nur dadurch von Exportware unterscheiden lassen, dass letztere nicht mit einem Hologramm und koreanischen Schriftzeichen versehen sind.

Soweit der Senat in der von den Antragstellerinnen aufgegriffenen Entscheidung (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14.4.2020 - 6 W 31/20 = WRP 2020, 914) ausgeführt hat, die sachliche Berechtigung der Sequestrationsanordnung können nicht mehr überprüft werden, wenn die einstweilige Verfügung mit Sequestrationsanordnung erlassen wurde und die Antragsgegnerin statt eines Widerspruchs lediglich Kostenwiderspruch einlegt, ist die Sachlage vorliegend eine andere.

Die Antragsgegnerin hat die mit der einstweiligen Verfügung geltend gemachten Ansprüche im Rahmen ihrer Anhörung anerkannt, noch bevor das Landgericht einen Beschluss erlassen hatte. Aus ihren Ausführungen im Schriftsatz vom 12.7.2019 (Bl. 143 ff. d.A.) ergibt sich, dass sie gegen die damit einhergehende Anordnung der Sequestration lediglich deshalb keine Einwände hatte, weil sie die streitbefangenen Waren nicht im Besitz und deshalb nichts herauszugeben hatte. Da die Antragsgegnerin schon zu diesem frühen Zeitpunkt auch gegen die Kostenlast protestierte, kann - anders als im Fall des Erlasses einer Beschlussverfügung und anschließendem auf die Kosten beschränktem Widerspruch - gerade nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin anerkannt hat, dass dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung mitsamt der Sequestrationsanordnung auch ohne vorherige Abmahnung oder Anhörung hätte sattgeben werden dürfen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie
hier:

KG Berlin: Kein Anlass zur Klage nach § 93 ZPO wenn wegen Wettbewerbsverstoßes Abgemahnter zunächst Vorlage einer Vollmacht verlangt und Unterlassungserklärung in Aussicht stellt

KG Berlin
Beschluss vom 30.11.2020
5 W 1120/20


Das KG Berlin hat entschieden, dass ein wegen eines Wettbewerbsverstoßes Abgemahnter keinen Anlass zur Klage gemäß § 93 ZPO gibt, wenn er zunächst die Vorlage einer Vollmacht verlangt und eine Unterlassungserklärung in Aussicht stellt

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Nach § 93 ZPO fallen dem Kläger die Prozesskosten zur Last, wenn 2 Voraussetzungen (kumulativ) gegeben sind. Der Beklagte muss den Anspruch sofort anerkennen und er darf nicht durch sein Verhalten zur Erhebung der Klage Veranlassung gegeben haben.

a. Bei einem Anerkenntnis im Rahmen eines schriftlichen Vorverfahrens ist anerkannt, dass eine Verteidigungsanzeige noch unschädlich ist und ein Anerkenntnis des Beklagten noch innerhalb der Klageerwiderungsfrist als sofortiges anzusehen ist, wenn mit der Verteidigungsanzeige nicht bereits ein uneingeschränkter Klageabweisungsantrag angekündigt wird oder dem Anspruch in sonstiger Weise entgegengetreten wird (BGH, Urteil vom 31.03.2019 – IX ZB 54/18NJW 2019, 1525, Ls. und Rdnr. 7 nach juris; Herget in Zöller, a. a. O., § 93 Rdnr. 4).

b. aa. Zur Klageerhebung hat der Beklagte Veranlassung gegeben, wenn sein Verhalten vor Prozessbeginn gegenüber dem Kläger so war, dass dieser bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme hatte, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Auf die Frage der Schlüssigkeit und Begründetheit der Klage kommt es dabei nicht an (Herget, a. a. O., § 93 Rdnr. 3 m. w. N.; BGH, Beschluss vom 16.01.2020 – V ZB 93/18NJW 2020, 1442, Ls. 1 und Rdnrn. 14 ff. nach juris; OLG Bremen, Beschluss vom 29.05.2018 – 1 W 11/18 – Rdnrn. 9 ff. nach juris auch zum Streitstand betreffend die Frage, ob es auf ein Verschulden ankommt).

bb. Im Wettbewerbsrecht – und insbesondere bei Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs – ist grundsätzlich eine Abmahnung des Gläubigers erforderlich, um dem Schuldner den Einwand fehlender Klageveranlassung zu nehmen (Herget, a. a. O., § 93 Rdnr. 6.59; Jaspersen in Vorwerk/Wolf, BeckOK, ZPO, 38. Edition, Stand 01.09.2020, § 93 Rdnrn. 33, 50; Bornkamm in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl. 2020, § 12 Rdnr. 1.8; vgl. auch BGH, Beschluss vom 21.12.2006 – I ZB 17/06 – Zugang des Abmahnschreibens, MDR 2007, 1162, Rdnrn. 7 ff. nach juris). Die Abmahnung bedarf grundsätzlich keiner bestimmten Form (Jaspersen, a. a. O., § 93 Rdnr. 55; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rdnr. 1.26). Das Abmahnerfordernis stellt insoweit eine Anforderung an das Verhalten des Gläubigers und späteren Klägers dar.

Davon zu unterscheiden ist das Verhalten des Schuldners und späteren Beklagten. Insoweit kommt es, wie bereits ausgeführt, darauf an, ob das Verhalten des Schuldners vor Prozessbeginn so war, dass der Kläger bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme hatte, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Insofern gilt, dass der Schuldner in der Regel dann Anlass zur Klage gibt, wenn er den Gläubiger auf – ordnungsgemäße – Aufforderung hin nicht klaglos stellt (Jaspersen, a. a. O., § 93 Rdnr. 34; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rdnr. 1.53; OLG Bremen – 1 W 11/18 – a. a. O., Rdnr. 9 ff. nach juris).

cc. Umstritten ist die Frage der Anwendbarkeit des § 174 Satz 1 BGB, wonach ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, unwirksam ist, wenn der Bevollmächtigte keine Vollmachtsurkunde vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist, auf Abmahnungen (vgl. zum Streitstand BGH, Urteil vom 19.05.2010 – I ZR 140/08 – Vollmachtsnachweis, GRUR 2010, 1120, Rdnr. 13 nach juris; Bornkamm, a. a. O., § 12 Rdnrn. 1.30 ff.).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist § 174 Satz 1 BGB auf eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht anwendbar, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist. Denn bereits in der Abmahnung kann ein Vertragsangebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrags liegen, wenn es von einem Rechtsbindungswillen getragen und hinreichend bestimmt ist. Auf die Abgabe eines Vertragsangebots ist § 174 BGB weder direkt noch analog anwendbar. Es besteht auch keine Veranlassung, die einheitliche Erklärung des Gläubigers in eine geschäftsähnliche Handlung (Abmahnung) und ein Vertragsangebot (Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrags) aufzuspalten und auf erstere die Bestimmung des § 174 Satz 1 BGB anzuwenden. Nur bei einem einseitigen Rechtsgeschäft ist die ohne Vertretungsmacht abgegebene Erklärung des Vertreters nach § 180 Satz 1 BGB unwirksam. Dem trägt § 174 Satz 1 BGB dadurch Rechnung, dass der Erklärungsempfänger die Ungewissheit über die Wirksamkeit eines von einem Vertreter ohne Vollmachtsvorlage vorgenommenen einseitigen Rechtsgeschäfts durch dessen Zurückweisung beseitigen kann. Eine vergleichbare Interessenlage besteht im Falle eines mit einer Abmahnung verbundenen Angebots auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrags nicht. Die Abmahnung dient dazu, dem Schuldner die Möglichkeit einzuräumen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Der Zweck der Abmahnung wird erreicht, weil der Schuldner das Angebot zum Abschluss des Unterwerfungsvertrags annehmen kann, wenn er die Abmahnung in der Sache als berechtigt ansieht. In diesem Fall kommt der Unterwerfungsvertrag mit dem Gläubiger zustande, wenn der Vertreter über Vertretungsmacht verfügte. Fehlt die Vertretungsmacht, kann der Schuldner den Gläubiger gemäß § 177 Abs. 2 Satz 1 BGB zur Erklärung über die Genehmigung auffordern. In Fällen, in denen der Schuldner Zweifel an der Vertretungsmacht des Vertreters hat, kann der Schuldner die Unterwerfungserklärung von der Vorlage einer Vollmachtsurkunde abhängig machen (BGH – I ZR 140/08 – Vollmachtsnachweis, a. a. O., Rdnr. 15 nach juris).

Die Abgabe eines Angebots auf Abschluss eines Unterlassungs-Vertrages erfordert dabei ein hinreichend konkretes, nämlich vorformuliertes Vertragsangebot (BGH – I ZR 140/08 – Vollmachtsnachweis, a. a. O., Rdnr. 15 nach juris m. H. a. BGH, Urteil vom 17.09.2009 – I ZR 217/07 – Testfundstelle, GRUR 2010, 355, Rdnr. 18 nach juris; vgl. auch Hess in jurisPR-WettbR 11/2010 Anm. 2 unter C., D.).

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19.05.2010 ist indes ergangen im Rahmen einer Klage auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG und der dort zu beantwortenden Frage, ob die in Rede stehende Abmahnung – aufgrund welcher der dortige Beklagte eine (von ihm neu gefasste) strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben hatte – wirksam und berechtigt war (vgl. BGH – I ZR 140/08 – Vollmachtsnachweis, a. a. O., Rdnrn. 3, 10 nach juris). Für das vorliegende Verfahren und die hier zu beantwortende Frage, ob die hiesige Beklagte Veranlassung zur Klageerhebung durch den Kläger gegeben hatte, lässt sich dem genannten Urteil des Bundesgerichtshofs unmittelbar nichts entnehmen. Allerdings erscheint dem Senat die Erwägung des Bundesgerichtshofs, in Fällen, in denen der Schuldner Zweifel an der Vertretungsmacht des Vertreters hat, könne der Schuldner die Unterwerfungserklärung von der Vorlage einer Vollmachtsurkunde abhängig machen, richtig und für den vorliegenden Fall von Bedeutung. Denn im Rahmen der Prüfung des § 93 ZPO ist zwar im Hinblick auf das Verhalten des Gläubigers von Relevanz, ob die Abmahnung als rechtsgeschäftsähnliche Handlung mangels Vollmachtsnachweis zurückgewiesen werden kann oder nicht (und gegebenenfalls, ob sie sonst ordnungsgemäß war). Demgegenüber ist im Hinblick auf das Verhalten des Schuldners von Bedeutung, ob der Abgemahnte trotz Zurückweisung der Abmahnung nach § 174 Satz 1 BGB erkennen lässt, ob er bereit ist, bei Vorlage einer Vollmachtsurkunde eine Unterlassungserklärung abzugeben und damit die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Bereits wenn letzteres der Fall ist, hat der Schuldner nicht zur Klage Anlass geboten. Insoweit kommt es also darauf an, ob der Abgemahnte die Zurückweisung lediglich auf Zweifel hinsichtlich der Vertretungsmacht stützt, oder ob er die Abmahnung auch in der Sache bekämpft. Weist der Abgemahnte die Abmahnung lediglich aufgrund von Zweifeln hinsichtlich der Vertretungsmacht zurück, ist es dem Gläubiger regelmäßig zuzumuten, „nachzufassen“, nämlich seiner Obliegenheit nach § 174 BGB – etwa durch Vorlage einer Vollmachtsurkunde gegenüber dem Abgemahnten – nachzukommen. Macht er dies nicht und klagt er gleichwohl, fehlt es an einer Veranlassung zur Klageerhebung im Verhalten des Schuldners (so auch Höppner in jurisPR-ITR 1/2011 Anm. 4 unter C.; Hess in jurisPR-WettbR 11/2010 Anm. 2 unter C.). Zusammenfassend kann also gesagt werden: Weist ein wettbewerbsrechtlich Abgemahnter die Abmahnung nicht in der Sache zurück, sondern lediglich wegen – nicht erkennbar vorgeschobener – Bedenken hinsichtlich der Vertretungsmacht des die Abmahnung Aussprechenden, und lässt er erkennen, dass er bei Behebung dieser Bedenken bereit ist, eine die Wiederholungsgefahr auszuräumende Unterlassungserklärung abzugeben, gibt er regelmäßig nicht Anlass zur Erhebung der Klage im Sinne von § 93 ZPO.

III. Bei Anwendung der vorstehenden rechtlichen Grundsätze auf den vorliegenden Sachverhalt hat das Rechtsmittel der Beklagten Erfolg.

Die gemäß §§ 99 Abs. 2 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist begründet, weil dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz nach § 93 ZPO aufzuerlegen sind, nicht aber der Beklagten nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

1. Rechtliches Gehör ist dem Kläger bereits vom Landgericht in dem von diesem durchgeführten Abhilfeverfahren (vgl. hierzu allerdings oben II 1. b.) unter Übersendung der Beschwerdeschrift gewährt worden. Auch der Senat hat – unabhängig davon, ob dies erforderlich war – nochmals rechtliches Gehör gewährt, indem er mit Verfügung vom 04.11.2020 den Parteien mitgeteilt hat, dass die Sache nunmehr beim Senat anhängig ist.

2.a. Die Beklagte hat die Klageforderung sofort im Sinne des § 93 ZPO anerkannt. Denn sie hat (sogar) noch innerhalb der ihr gesetzten Frist zur Erklärung der Verteidigungsbereitschaft die Anerkenntniserklärung gegenüber dem Landgericht abgegeben.

b. Die Beklagte hat durch ihr Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben.

aa. Dahinstehen kann, ob die – im Rahmen einer Klage auf Erstattung von Abmahnkosten aus § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ergangene – Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH – I ZR 140/08 – Vollmachtsnachweis, a. a. O., Ls. 1 und Rdnrn. 14, 15 nach juris), wonach § 174 Satz 1 BGB auf die wettbewerbsrechtliche Abmahnung nicht anwendbar ist, wenn die Abmahnung mit einem Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden ist, auf den vorliegenden Fall übertragbar ist. Vorliegend ist unklar, ob mit der Abmahnung des Klägers ein Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden war. Gegen die Annahme des letzteren Umstandes spricht die Formulierung in der Abmahnung vom 27.04.2020, wonach die Beklagte „eine geeignete“ Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben habe, sowie die entsprechende Formulierung im Schreiben vom 12.05.2020 des Klägers, dass eine letzte Nachfrist zur Abgabe „einer geeigneten“ Unterlassungserklärung gesetzt werde. Ferner spricht gegen diese Annahme, dass ein vom Kläger formulierter Unterlassungs-Vertragsentwurf nicht eingereicht worden ist und den beiden – einen solchen Vertragsentwurf nicht enthaltenden – Schreiben vom 27.04.2020 und 12.05.2020 auch nicht zu entnehmen ist, dass ihnen eine Anlage beigelegen hätte. Andererseits hat die Beklagte in ihrem vorprozessualen Erwiderungsschreiben vom 11.05.2020 erklärt, bei Nachweis der Vertretungsbefugnis wäre eine Unterlassungserklärung „wie vorgeschlagen“ vorstellbar und hat die Beklagte in der Beschwerdeschrift (dort S. 2 = Bl. 34 d. A.) erklärt, ihre nur im Hinblick auf die fehlende Vollmacht erfolgte Zurückweisung habe sich auf „die mit einer Unterlassungserklärung verbundene Abmahnung“ bezogen. Ob mit der Abmahnung des Klägers ein Angebot auf Abschluss eines Unterwerfungsvertrages verbunden war, brauchte indes nicht aufgeklärt zu werden.

bb. Auch wenn – was das Verhalten des Gläubigers und späteren Klägers betrifft – keine derartige Verbindung bestand und wenn die vorstehend zu aa., Satz 1, zitierte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar sein sollte, bleibt es dabei, dass – was das Verhalten der Schuldnerin und späteren Beklagten betrifft – bei schuldnerseitigen Zweifeln an der Vertretungsmacht des Vertreters die Unterwerfungserklärung von der Vorlage einer Vollmachtsurkunde abhängig gemacht werden kann. Vorliegend aber konnte der Kläger aus der Erklärung der Beklagten entnehmen, dass sie bereit war, bei Vorlage einer Vollmachtsurkunde für denjenigen, der die Abmahnung ausgesprochen hatte, eine Unterlassungserklärung abzugeben und damit die Wiederholungsgefahr auszuräumen. Dass die Beklagte vorprozessual zusätzlich die fehlende Unterschrift gerügt hatte, führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn dies stellt lediglich eine Vorstufe des verlangten Nachweises der Vertretungsmacht dar. Die Beklagte hat insoweit lediglich verlangt, dass eine konkrete Person, die die Abmahnung ausgesprochen hat, durch Unterschriftsleistung individualisiert wird; für diese Person sollte sodann der Vollmachtsnachweis beigebracht werden. Vor diesem Hintergrund war das Verhalten der Beklagten vor Prozessbeginn nicht so, dass der Kläger bei vernünftiger Betrachtung hinreichenden Anlass für die Annahme hatte, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Der Kläger hätte lediglich die bei Erklärung der Abmahnung handelnde Person benennen (und unterzeichnen lassen) müssen und für diese einen Vertretungsnachweis beibringen müssen. Dies war ihm zuzumuten. Umgekehrt war es der Beklagten nicht zuzumuten, gewissermaßen „blanko“ eine Unterwerfungserklärung abzugeben. Auch wenn die Verpflichtung zur Unterlassung eines Wettbewerbsverstoßes anerkannt wird, ist es einsehbar, dass der Verletzer eine strafbewehrte Verpflichtungserklärung nicht jedem Beliebigen in die Hand geben will (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 11.03.1982 – 3 W 17/82 – WRP 1982, 478, rechte Spalte).

Hiergegen kann auch nicht mit Erfolg eingewandt werden, dass die Beklagte die von ihr verlangte Abmahnkostenpauschale in Höhe von 243,95 Euro bezahlt hat. Dies gilt bereits unabhängig davon, dass sie ausdrücklich erklärt hat, die Zahlung erfolge aus Kulanz und ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht. Selbst wenn man das Verhalten der Beklagten, nämlich einerseits die Abmahnung zurückzuweisen und andererseits die Abmahnkostenpauschale zu zahlen, als widersprüchlich ansehen will, könnte dieser Widerspruch nicht dazu führen, dass der Beklagten eine Kostenentscheidung nach § 93 ZPO zu versagen wäre. Diese Norm fragt danach, ob die Beklagte Anlass zur Klage geboten hat. In der von der Beklagten geleisteten Zahlung auf die Abmahnkosten kann (allenfalls eine Bereitschaft zum Einlenken, jedenfalls aber) kein derartiger Anlass gesehen werden. Dies gilt gerade vor dem Hintergrund der im Schreiben vom 11.05.2020 erklärten Bereitschaft zur Unterwerfung.

cc. Die Streitfrage, ob es für einen beklagtenseits gesetzten Anlass zur Klageerhebung auf ein Verschulden ankommt, kann vorliegend dahinstehen.

dd. Lediglich vorsorglich wird noch darauf hingewiesen, dass es auf die Frage eines „ordnungsgemäßen Briefkopfes“ der Abmahnung nicht ankommt und dass auch nicht entscheidend ist, dass eine Abmahnung keiner bestimmten Form bedarf. Denn maßgeblich für die Annahme fehlender Klageveranlassung auf Seiten der Beklagten ist vorliegend (bereits) das Verhalten der Beklagten, nämlich deren aus dem Schreiben vom 11.05.2020 zu erkennende Bereitschaft, eine Unterlassungserklärung abzugeben, wenn der Kläger – wie ihm zumutbar – für den die Abmahnung Aussprechenden eine Vollmacht vorlegt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Frankfurt: Inkenntnissetzung ersetzt keine Abmahnung - Kostenfolge des § 93 ZPO bei sofortigem Anerkenntnis im einstweiligen Verfügungsverfahren

LG Frankfurt am Main
Urteil vom 06.02.2019
2-03 O 414/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass die Inkenntnissetzung eines Bewertungsportalbetreibers über eine rechtswidrige Bewertung keine Abmahnung ersetzt, so dass die Kostenfolge des § 93 ZPO bei sofortigem Anerkenntnis im einstweiligen Verfügungsverfahren eintritt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Kosten des Eilverfahrens fallen gemäß § 93 ZPO dem Antragsteller zur Last. Grundsätzlich sind gemäß § 93 ZPO, der auch auf das einstweilige Verfügungsverfahren Anwendung findet (BeckOK-ZPO/Jaspersen, 31. Ed. 2018, § 93 Rn. 8 m.w.N.), die Kosten einer einstweiligen Verfügung dem Antragsteller aufzuerlegen, wenn der Antragsgegner zur Beantragung der einstweiligen Verfügung keinen Anlass gegeben hat, wenn also bei vernünftiger Würdigung des Verhaltens des Antragsgegners der Antragsteller zu dem Schluss berechtigt ist, er werde ohne Einleiten eines gerichtlichen Verfahrens nicht zu seinem Recht gelangen, § 93 ZPO (BGH NJW-RR 2005, 1005. 1006; Musielak/Voit-Flockenhaus, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 93 Rn. 2). Hiervon ist in der Regel - auch in äußerungsrechtlichen Streitigkeiten - aber nicht auszugehen, wenn der Antragsgegner zuvor nicht abgemahnt wurde (OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 24.03.2014 - 16 W 15/14; OLG München NJW-RR 2001, 42; vgl. auch (für Wettbewerbssachen) OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 14.02.2018 - 6 W 6/18, BeckRS 2018, 9083 m.w.N.). Von dem Erfordernis, den Schuldner vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens abzumahnen, kann unter bestimmten Voraussetzungen abgesehen werden. Entscheidend ist das vorprozessuale Verhalten des Beklagten. Dem nachfolgenden Gebaren kann allerdings indizielle Bedeutung zukommen (Musielak/Voit-Flockenhaus, a.a.O., § 93 Rn. 2 m.w.N.).

Die Voraussetzungen des § 93 ZPO liegt hier vor. Der Antragsteller beruft sich insbesondere darauf, dass er gegenüber dem Bewertungsportal Jameda tätig geworden sei. Dieses habe die Antragsgegnerin angeschrieben, die Antragsgegnerin habe die streitgegenständlichen Bewertungen jedoch nicht entfernt. Aus diesem Verhalten der Antragsgegnerin lässt sich jedoch nicht hinreichend sicher der Schluss ziehen, dass die Antragsgegnerin auf eine Abmahnung hin nicht anders reagiert hätte.

Insoweit verkennt der Antragsteller, dass er gegenüber Jameda Ansprüche nicht auf Unterlassung, sondern auf Entfernung gestellt hat. Ein Anspruch auf Unterlassung gegenüber der Antragsgegnerin selbst stand insoweit noch nicht im Raum. Der Antragsteller konnte auch vor Durchführung der Anhörung im hiesigen gerichtlichen Verfahren nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass der Antragsgegnerin seine Zuschriften an Jameda in vollem Umfang mitgeteilt würden, was zwischen den Parteien streitig ist.

Es stellt zudem durchaus einen Unterschied dar, wenn der Äußernde einerseits von einer Plattform wegen einer Beschwerde zu seiner Äußerung angeschrieben wird oder er andererseits vom Betroffenen unmittelbar durch anwaltliche Abmahnung zur Unterlassung einer Äußerung für die Zukunft verpflichtet wird. Insoweit misst die Kammer der Reaktion der Antragsgegnerin auf die gerichtliche Anhörung auch eine gewisse indizielle Bedeutung bei. Es lässt sich daher gerade nicht feststellen, dass eine Abmahnung im hiesigen Fall entbehrlich gewesen wäre.

Darüber hinaus begehrt der Antragsteller mit seinen Anträgen zu 1. und 2. die Unterlassung wegen Äußerungen nicht bei Jameda, sondern bei Google, so dass es insoweit auf die Anfrage von Jameda bei der Antragsgegnerin ohnehin nicht ankam.

Nach alledem hat die Antragsgegnerin für die Beantragung einer einstweiligen Verfügung keinen hinreichenden Anlass gegeben, so dass dem Antragsteller die Kosten für das Verfahren aufzuerlegen waren.

Die Entscheidung erfolgte in Form eines Anerkenntnisurteils, bei der gemäß § 307 S. 2 ZPO die mündliche Verhandlung entbehrlich ist. § 307 ZPO findet auch auf das Eilverfahren Anwendung (Zöller/Feskorn, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 307 Rn. 2; BeckOK-ZPO/Elzer, a.a.O., § 307 Rn. 4). Zwar scheidet grundsätzlich das Anerkenntnis vor Rechtshängigkeit aus (Zöller/Feskorn, a.a.O., § 307 Rn. 3), im einstweiligen Verfügungsverfahren wird die Rechtshängigkeit jedoch schon mit Einreichung des Antrags bei Gericht begründet (Zöller/G.Vollkommer, a.a.O., vor § 916 Rn. 5b; Teplitzky/Feddersen, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 12. Aufl. 2019, Kap. 55 Rn. 1 m.w.N.; a.A. (erst bei tatsächlicher Beteiligung) Mertins, JuS 2008, 692, 694). Dementsprechend ist der Anspruchsgegner jedenfalls mit der Einreichung einer Schutzschrift am Verfahren beteiligt (Zöller/G.Vollkommer, a.a.O., vor § 916 Rn. 5b), gleiches gilt für die hier durch das Gericht erfolgte Anhörung und die - auch § 78 ZPO genügende - Reaktion der Antragsgegnerin.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Unbeantwortete Bitte um Fristverlängerung auf Abmahnung hin - Abgemahnter muss bei sofortigem Anerkenntnis dennoch Kosten für gerichtliche Schritte tragen

OLG Frankfurt am Main
10.11.2016
6 W 101/16


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die unbeantwortete Bitte um Fristverlängerung auf eine Abmahnung hin nicht dazu führt, dass bei Einleitung gerichtlicher Schritte durch den Abmahner und Abgabe eines sofortigen Anerkenntnisses die Kosten gerichtlicher Schritte tragen. § 93 ZPO greift nicht ein, wenn in der Abmahnung eine angemessene Frist gesetzt wurde.

Die Entscheidung:

Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert entspricht dem Kosteninteresse des Beklagten.

Gründe
I.

Die Klägerin hat den Beklagten mit Schreiben vom 15.6.2016 wegen irreführender Werbeangaben im Rahmen eines Internetangebots unter Fristsetzung zum 22.6.2016 abgemahnt. Für die Begleichung der Abmahnkosten setzte die Klägerin eine Frist bis zum 28.6.2016 (Anlage FN15). Die Abmahnung ist dem Beklagten am 15.6.2016 per Fax und am 17.6.2016 per Post zugegangen. Am 21.6. und am 22.6.2016 versuchte der Beklagtenvertreter mehrfach erfolglos, den Klägervertreter telefonisch zu erreichen. Mit Schreiben vom 21.6.2016, zugegangen am gleichen Tag, bat er um Fristverlängerung bis zum 28.6.2016 (Anlage B2).

Die Klägerin hat am 23.6.2016 eine Unterlassungsklage beim Landgericht eingereicht. Der Beklagte hat die Ansprüche mit Schriftsatz vom 15.7.2016 anerkannt. Mit Schriftsatz vom 1.8.2016, zugestellt am 8.8.2016, hat die Klägerin die Klage auf Erstattung von Abmahnkosten erweitert. Diesen Antrag hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 30.8.2016 anerkannt.

Das Landgericht hat mit Anerkenntnisurteil vom 8.9.2016 die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt. Gegen diese Beurteilung wendet sich der Beklagte mit der sofortigen Beschwerde.

Der Beklagte beantragt,

das Anerkenntnisurteil abzuändern und der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Die Klägerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Das Landgericht hat zu Recht dem Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Die Voraussetzungen eines sofortigen Anerkenntnisses nach § 93 ZPO lagen nicht vor. Der Beklagte hat Anlass zur Klageerhebung gegeben. Die Klägerin ist ihrer Abmahnobliegenheit nach § 12 I S. 1 UWG nachgekommen. Die gesetzte Frist war - trotz der zahlreichen Verbotsansprüche - nicht unangemessen kurz. Die Klägerin war auch nicht verpflichtet, dem einen Tag vor Fristablauf erklärten Verlängerungsersuchen nachzukommen. Auf eine Fristverlängerung muss sich der Gläubiger nur einlassen, wenn nachvollziehbare Gründe mitgeteilt werden (Bornkamm in Köhler/Bornkamm, 34. Aufl., § 12 Rn. 1.19). In dem Schreiben des Beklagtenvertreters vom 21.6.2016 wird lediglich auf eine noch erforderliche Rücksprache mit dem Schuldner verwiesen. Dies ist aus den vom Landgericht genannten Gründen nicht ausreichend.

Nichts anderes ergibt sich aus dem Umstand, dass der Mitarbeiterin des Beklagtenvertreters am Tag des Fristablaufs auf telefonische Anfrage mitgeteilt wurde, der Klägervertreter sei in einer Besprechung, werde sich aber telefonisch zurückmelden. Dieser Sachverhalt war entgegen der Ansicht des Landgerichts erstinstanzlich unstreitig. Der Beklagtenvertreter konnte aus Gründen der Höflichkeit einen solchen Rückruf erwarten, nachdem er bereits am Vortag vergeblich versucht hatte, den Klägervertreter zu erreichen. Das Inaussichtstellen des Rückrufs bedeutete jedoch nicht, dass sich der Beklagte auf die erbetene Fristverlängerung verlassen durfte. Er musste vielmehr in Betracht ziehen, dass der Klägervertreter die Fristverlängerung ablehnen wird. Die Klägerin war aus den genannten Gründen nicht verpflichtet, dem Fristverlängerungsersuchen zu entsprechen. Nachdem der angekündigte Rückruf ausblieb, hätte der Beklagte deshalb noch innerhalb der Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben müssen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.

Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

LG Düsseldorf: Anspruch auf Freigabe einer Domain und Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung

LG Düsseldorf
Urteil vom 11.02.11
2a O 371/10
Abmahnung im Domainrecht



Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass es bei Geltendmachung eines Anspruchs auf Freigabe einer Domain nicht zwingend erforderlich ist, den Domaininhaber vorab zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufzufordern. Es genügt danach, um die Kostenfolge bei sofortigem Anerkenntnis nach § 93 ZPO zu vermeiden, den Domaininhaber unter Fristsetzung zur Freigabe aufzufordern. Allerdings müssen dem Anspruchsgegner im Aufforderungsschreiben gerichtliche Schritte angedroht werden (siehe dazu auch LG Hamburg, Urteil vom 16.11.2010 - 312 O 469/10).

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Tatsache, dass die Klägerin den Beklagten in diesen Schreiben nicht zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat, ist unschädlich. Denn die Klägerin begehrte von dem Beklagten in erster Linie eine Leistung und kein Unterlassen, nämlich die Freigabe der Domain durch eine Verzichtserklärung gegenüber der DENIC."