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BVerwG: Unzulässige Schleichwerbung durch Pokersendung bei Sport1

BVerwG
Urteil vom 22.06.2016
6 C 9.15

Das Bundesverwaltgungsgericht hat bestätigt, dass beim Fernsehsender Sport1 unzulässige Schleichwerbung im Form einer Pokersendung ausgestrahlt wurde.

Schleichwerbung bei Sport 1 zu Recht beanstandet

Ein Rundfunkveranstalter verstößt gegen das Schleichwerbungsverbot des Rundfunkstaatsvertrags, wenn in einer von ihm ausgestrahlten Sendung nicht als solche gekennzeichnete Werbung enthalten ist und hierfür keine Rechtfertigung durch den Zweck der Sendung besteht. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.

Die Klägerin verbreitet das Fernsehprogramm Sport 1. Sie strahlte eine Sendung aus, in der professionelle Pokerspieler Tipps und Tricks preisgaben. Es handelte sich um einen ursprünglich für den amerikanischen Markt hergestellten, von der Klägerin in Lizenz erworbenen und mit einer deutschen Tonspur versehenen Titel. In der Sendung war das Logo eines Anbieters von Poker im Internet in nahezu jeder Einstellung zu sehen, zum Beispiel auf einem großen Bildschirm zwischen zwei das Spielgeschehen kommentierenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in erklärenden Animationen, auf Spielkartenrückseiten und auf Tafeln der Studiodekoration. Die beklagte Bayerische Landeszentrale für neue Medien beanstandete die Sendung wegen Verstoßes gegen das Schleichwerbungsverbot. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage gegen den Beanstandungsbescheid abgewiesen, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Durch die in die Sendung integrierten Darstellungen des Logos wurde in objektiv werbegeeigneter Weise auf die Dienstleistungen des Pokeranbieters hingewiesen. Die Klägerin hat die Sendung auch absichtlich zu Werbezwecken ausgestrahlt. Auf die Werbeabsicht als subjektives Tatbestandsmerkmal der Schleichwerbung kann bei einem Rundfunkveranstalter dann geschlossen werden, wenn die werbegeeigneten Darstellungen in einer von ihm ausgestrahlten Sendung nicht durch programmlich-redaktionelle Erfordernisse gerechtfertigt sind. Ob dies der Fall ist, muss im Einzelfall im Wege einer wertenden Gesamtbetrachtung festgestellt werden. Diese Abwägung hat das durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützte redaktionelle Konzept des Rundfunkveranstalters in den Blick zu nehmen und an dem vom Gesetzgeber mit dem Schleichwerbungsverbot bezweckten Schutz der Zuschauer vor Irreführung über die Bedeutung des Sendegeschehens zu messen. Nach diesem Maßstab bestand kein redaktionell gerechtfertigtes Bedürfnis dafür, in die von der Klägerin ausgestrahlte Inszenierung mit Tipps zur Vervollkommnung des Pokerspiels werbende Aussagen in der vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Intensität aufzunehmen. Wegen ihrer nicht gekennzeichneten Integration in die Sendung waren diese werbenden Aussagen zur Irreführung der Zuschauer über den Zweck der Sendung geeignet.

BVerwG 6 C 9.15 - Urteil vom 22. Juni 2016

Vorinstanzen:
VGH München 7 B 14.1605 - Urteil vom 09. März 2015
VG München M 17 K 11.6090 - Urteil vom 13. Juni 2013

VGH Bayern: Unzulässige Schleichwerbung bei ständiger Einblendung des Logos "Fulltiltpoker.net" bei einer Pokersendung ohne Hinweis auf Dauerwerbesendung

Bayerischer VGH
Urteil vom 09.03.2015
7 B 14/1605
Fulltiltpoker


Der VGH Bayern hat entschieden, dass eine unzulässige Schleichwerbung vorliegt, wenn der Fernsehsender (hier Sport1 ) bei einer Pokersendung ständig das Logo eines Pokeranbieters (hier: Fulltiltpoker.net ) einblendet und dabei kein Hinweis auf eine Dauerwerbesendung erfolgt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klägerin verbreitet als privater Rundfunkanbieter bundesweit das Fernsehprogramm „Sport 1“, ein Spartenprogramm, das im wesentlichen Sportsendungen zum Gegenstand hat. Sie wendet sich gegen die mit Bescheid der Beklagten vom 23. November 2011 nach einem entsprechenden Beschluss der Kommission für Zulassung und Aufsicht (ZAK) ausgesprochene Beanstandung, die am 12. April 2010 um etwa 5.55 Uhr ausgestrahlte Sendung „Learn from the Pros“ verstoße gegen das Schleichwerbeverbot des § 7 Abs. 7 Satz 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) in Verbindung mit Ziffer 4 der Werberichtlinien (WRL).

Die Sendung ist eine US-amerikanische Produktion, der eine deutschsprachige Tonspur hinzugefügt worden ist. In der Sendung gaben professionelle Pokerspieler Tipps und Tricks preis. Sie begann mit einem Vorspann, in dem die teilnehmende Spielerin und die teilnehmenden Spieler vorgestellt worden sind. Der Vorspann endete mit dem optischen und akustischen Hinweis, dass die Sendung von „Fulltiltpoker.net“ gesponsert wurde. Das Logo von „Fulltiltpoker.net“ war in nahezu jeder Einstellung – oft mehrfach – zu sehen, z.B. auf einem großen Bildschirm zwischen zwei miteinander redenden Personen, auf animierten und tatsächlichen Spielchips, in den Bauchbinden, in erklärenden Animationen, auf Spielkartenrückseiten und auf Tafeln der Studiodekoration. Am Ende der Sendung wurde zum Besuch der Homepage von „Fulltiltpoker.net“ aufgefordert: „Wenn ihr zu Hause eine Herausforderung sucht, loggt euch bei fulltiltpoker.net ein. Phil, Logan und Howard warten auf euch“. Die Sendung wurde von zwei Werbeblöcken und einem Einzelspot für das von Fulltiltpoker.net ausgerichtete Pokerturnier „Heads Up – das Pokerduell“, der auch in einem der Werbeblöcke gelaufen ist, unterbrochen.

[...]

Die beschriebene Darstellung des Logos „Fulltiltpoker.net“ ist Schleichwerbung im Sinn der Legaldefinition in § 2 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 RStV.

Das Logo weist auf die unter der Marke „Fulltiltpoker“ angebotenen Dienstleistungen im Internet hin. Unter der Marke wurden Dienstleistungen um das Pokerspiel angeboten. Im Zeitpunkt der Produktion der Sendung und ihrer Ausstrahlung wurde mit der Internetseite „www.Fulltiltpoker.net“ ein kostenloses Angebot für Pokerspieler eröffnet, das ausschließlich der Unterhaltung diente und Übungsmöglichkeiten sowie eine Plattform für den Erfahrungsaustausch geboten hat.

Die Klägerin hatte auch die Absicht, mit der Darstellung für die Dienstleistungen von „Fulltiltpoker“ zu werben, womit die Darstellung die Voraussetzungen der Schleichwerbung im Sinne der Legaldefinition erfüllt.

[...]

Angesichts der vorliegenden Indizien für eine eigene Werbeabsicht der Klägerin kann dahinstehen, ob sich zusätzlich aus einer Gesamtbetrachtung der Sendung ein solches Indiz ergeben kann. Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass irreführende Schleichwerbung auch dann vorliegt, wenn die Werbeabsicht bei nicht als Werbung gekennzeichneter Darstellung von Waren oder Dienstleistungen im redaktionellen Programm aufgrund von deren Intensität und Massierung nicht mehr verborgen bleibt. Allein aufgrund der fehlenden Kennzeichnung als Werbung wird die Eignung, über den Zweck der Darstellung zu täuschen, begründet (OVG RhPf B.v. 17.12.2008 – 2 A 10327/08ZUM 2009,507-513 = juris Rn. 56 und U.v. 29.4.2014 – 2 A 10894/13 – juris Rn. 67 f.). Es wäre ein merkwürdiges Ergebnis, müsste der Verstoß gegen den Trennungsgrundsatz allein wegen seiner Offenkundigkeit folgenlos bleiben."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: