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LG Bonn: Gesundheitsportal des Bundes gesund.bund.de verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse

LG Bonn
Urteil vom 28.06.2023
1 O 79/21


Das LG Bonn hat entschieden, dass das Gesundheitsportal des Bundes gesund.bund.de gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Denn der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus §§ 8 Abs. 1, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m. dem aus Art. 5 Abs. 1 S.2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zu.

Gemäß § 8 Abs. 1 UWG kann, wer eine nach § 3 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Unzulässig sind unlautere geschäftliche Handlungen (§ 3 Abs. 1 UWG). Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und wenn der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen (§ 3a UWG).

a. Die Ansprüche aus § 8 Abs. 1 UWG stehen der Klägerin als Mitbewerberin der Beklagten zu.

Die Eigenschaft als Mitbewerberin gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG erfordert ein konkretes Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG. Ein solches ist anzunehmen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen und daher das Wettbewerbsverhalten der einen die andere beeinträchtigen, das heißt im Absatz behindern oder stören kann. Auch wenn die Parteien keine gleichartigen Waren oder Dienstleistungen abzusetzen versuchen, besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen sucht, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleidet, eine Wechselwirkung in dem Sinne besteht, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden kann und die von den Parteien angebotenen Waren oder Dienstleistungen einen wettbewerblichen Bezug zueinander aufweisen (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2018 - I ZR 112/17, GRUR 2019, 317 - Crailsheimer Stadtblatt II, Urteil vom 26.012017 - I ZR 217/15, GRUR 2017, 918 - Wettbewerbsbezug, mwN). Für die Mitbewerber-Eigenschaft der Beklagten im Fall „WarnWetter-App“ hat der BGH es ausreichen lassen, dass „beide Parteien Wetter-Apps anbieten“. Sie seien

„daher Mitbewerber im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG, die in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen“ (BGH, Urteil vom 12.03.2020 – I ZR 126/18 – WarnWetter-App, Rn. 43). Genauso liegt es hier, denn sowohl die Klägerin als auch die Beklagte bieten digitale Gesundheitsportale mit ähnlichen Inhalten in ähnlicher Aufmachung an.

b. Das Betreiben des ausdrücklich werbe- und anzeigenfreien NGP stellt auch eine „geschäftliche Handlung“ i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG dar.

Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Der BGH hat zu der Frage, wann eine „geschäftliche Handlung“ des Staates anzunehmen ist, in der Entscheidung WarnWetter-App (BGH, Urteil vom 12.03.2020 – I ZR 126/18, Rn. 48 ff.) die bis dahin gängigen Abgrenzungsformeln zwischen erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit einerseits und hoheitlicher Tätigkeit andererseits präzisiert und ausgeführt:

„Für die Frage, ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung vornimmt, muss zunächst zwischen erwerbswirtschaftlichen Tätigkeiten einerseits und hoheitlichen Tätigkeiten andererseits unterschieden werden (BGH, Urteil vom 27.07.2017 – I ZR 162/15, GRUR 2018, 196 Rn. 23 = WRP 2018, 186 – Eigenbetrieb Friedhöfe; Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 Rn. 55 = WRP 2019, 317 – Crailsheimer Stadtblatt II = GewArch 2019, 108), wobei eine hoheitliche Tätigkeit in diesem Sinne vorliegt, wenn die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe tätig wird (vgl. BGH, GRUR 2019, 741 Rn. 14 – Durchleitungssystem). Eine erwerbswirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand ist auch dann als geschäftliche Handlung anzusehen, wenn öffentliche Zwecke mitverfolgt werden. Bei einer Tätigkeit zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist weiter danach zu unterscheiden, ob die öffentliche Hand aufgrund gesetzlicher Ermächtigung tätig wird. Ist dies der Fall, ist ihre Betätigung einer Überprüfung anhand des Wettbewerbsrechts entzogen, solange sich das Handeln innerhalb der Ermächtigungsgrundlage bewegt, die insoweit den Handlungsspielraum vorgibt (BGH, GRUR 2018, 196 Rn. 23 – Eigenbetrieb Friedhöfe; GRUR 2019, 189 Rn. 55 – Crailsheimer Stadtblatt II, mwN = GewArch 2019, 108). Nimmt die öffentliche Hand öffentliche Aufgaben wahr, bewegt sie sich dabei jedoch außerhalb des ihr durch eine Ermächtigungsgrundlage zugewiesenen öffentlichrechtlichen Aufgabenbereichs, ist ihr Handeln als geschäftliche Handlung anzusehen mit der Folge, dass sie sich an den Regeln des Wettbewerbsrechts messen lassen muss (vgl. BGH, GRUR 2019,189 Rn. 56 – Crailsheimer Stadtblatt II = GewArch 2019, 108) und – wenn die weiteren Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 UWG vorliegen – zur Unterlassung verpflichtet ist. Handelt die öffentliche Hand zur Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe und wird sie dabei ohne ausdrückliche gesetzliche Ermächtigung tätig, ist eine geschäftliche Handlung nicht ausgeschlossen. Sie ist allerdings auch nicht ohne weiteres zu vermuten, sondern anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls besonders festzustellen (BGH, GRUR 2018, 196 Rn. 23 – Eigenbetrieb Friedhöfe, mwN).“

Diese Abgrenzungskriterien hat der BGH in nachfolgenden Entscheidungen, insbesondere der Entscheidung dortmund.de weder aufgegeben noch geändert. Vielmehr hat er in der Entscheidung dortmund.de keine Ausführungen dazu gemacht, ob er in Ansehung des Betriebes des Stadtportals von einer geschäftlichen Handlung im Sinne des UWG ausgeht. Denn er hat die Klage bereits mangels Verstoßes gegen eine Marktverhaltensregelung i.S.v. § 3a UWG abgewiesen (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – I ZR 97/21 –, dortmund.de, Rn. 20 ff. juris) und die Frage, ob zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis besteht und eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1, § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vorliegt, ausdrücklich offengelassen (BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – I ZR 97/21 –, Rn. 66, juris, dortmund.de).

(1) Gemessen an den so entwickelten Abgrenzungskriterien liegt mit dem Betrieb des NGP in der Gestaltung von Februar 2021 eine geschäftliche Handlung i.S.d. UWG vor, da das NGP die Grenzen der Ermächtigungsgrundlage überschreitet. Diese hat der Gesetzgeber erst nach Erstellung des NGP durch das DVPMG mit § 395 SGB V geschaffen. Zwar bewegt sich das NGP rein formal innerhalb der Vorgaben des § 395 SGB V. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Vorschrift ihrem Wortlaut nach überhaupt keine inhaltlichen oder sonst einschränkenden Vorgaben mit Bezug auf die Ausgestaltung des NGP macht. Er ermächtigt das BMG lediglich zur Errichtung und zum Betrieb eines lediglich seiner allgemeinen Art nach beschriebenen „elektronischen, über allgemein zugängliche Netze (...) aufrufbaren Informationsportals, das gesundheits- und pflegebezogene Informationen barrierefrei in allgemein verständlicher Sprache zur Verfügung stellt” und bezeichnet dieses als „Nationales Gesundheitsportal“.
(2) Die Vorschrift ist jedoch – wie jede andere einfachgesetzliche Norm – im Einklang mit der Verfassung auszulegen. Hieraus folgt, dass § 395 SGB V nur den Betrieb eines
solchen Portals zulässt und hierzu ermächtigt, welches sich in den Grenzen von Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG hält und dessen verfassungsrechtliche Garantien nicht verletzt. Diese – durch verfassungskonforme Auslegung zu ermittelnden – Grenzen von § 395 SGB V hält das NGP in seiner hier maßgeblichen Gestaltung vom Februar 2021 jedoch nicht ein. Denn es verletzt in dieser Ausgestaltung die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Darin liegt zugleich eine unzulässige geschäftliche Handlung i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG, da es sich bei dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse nach ständiger Rechtsprechung des BGH um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG handelt (vgl. stellvertretend für viele BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – I ZR 97/21 –, Rn. 20 f., juris, dortmund.de).

(3) Das für den Staat bestehende, aus der objektiv-rechtlichen Komponente der Pressefreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG (auch "Institut der freien Presse", vgl. Grabenwarter in Dürig/Herzog/Scholz, GG, 82. Ergänzungslieferung Januar 2018, Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 Rn. 353; Bonner Kommentar/Degenhart, 185. Lieferung Juli 2017, Art. 5 Abs. 1 und 2 GG Rn. 40) abgeleitete Gebot, sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse zu betätigen, regelt die Frage, wie sich Hoheitsträger und von Hoheitsträgern beherrschte Unternehmen im Falle ihrer Teilnahme am Wettbewerbsgeschehen auf dem Gebiet der Presse zu verhalten haben. Dieses Gebot ist im Sinne des § 3a UWG zumindest auch dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Das Gebot der Staatsferne der Presse setzt der am Markt tätigen öffentlichen Hand zugunsten der anderen Marktteilnehmer – insbesondere der institutionell geschützten Presse, aber auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger an einer unabhängigen Information und Meinungsbildung – enge Grenzen. Es soll nicht bestimmte Anbieter von bestimmten Märkten fernhalten, sondern lässt zu, dass private und staatliche Stellen sich in einem überschneidenden Bereich auf dem Markt begegnen (vgl. BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II - juris, Rn. 19 und BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn.21).

Unerheblich ist insoweit, dass sich das hier in Frage stehende staatliche Handeln, zu dem § 395 SGB V ermächtigt, nicht auf ein Druckerzeugnis bezieht, sondern auf ein digitales sog. „Telemedien-Angebot“. Denn das verfassungsrechtliche Gebot der Staatsferne der Presse bezieht sich „auf ein ausuferndes Informationshandeln des Staates, gleich in welcher Form, das die Kommunikationsprozesse der freien Presse als Verbindungs- und Kontrollorgan zwischen dem Volk und seiner gewählten

Vertretung und damit die Meinungsbildung von unten nach oben gefährdet“ (BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 37 m.w.N.). Unerheblich ist auch, dass die Beklagte mit dem NGP nur eine bestimmte Sparte der Informationsbranche bedient, nämlich die Gesundheitspresse.

Ob staatliches Informationshandeln durch Betreiben von Portalen oder anderen Diensten in bzw. über das Internet (oder allgemein: „Telemedien“) das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt, hatten in den vergangenen Jahren die OLG Hamm und München sowie der BGH zu entscheiden. Streitgegenständlich waren in den Entscheidungen der Oberlandesgerichte Hamm und München sowie in der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.07.2022 die im Internet zugänglichen „Stadtportale“ der Städte München und Dortmund. Darüber hinaus hatte der BGH im Jahr 2020 über die sog. WarnWetter-App des Deutschen Wetterdienstes zu entscheiden (Urteil vom 12.03.202 – I ZR 126/18 – WarnWetter-App). Der Bundesgerichtshof hat in den genannten Urteilen die bereits in der Entscheidung Crailsheimer Stadtblatt II“ entwickelten Grundsätze für staatliches Informationshandeln fortgeführt und näher ausgestaltet. Danach sind für die konkrete Beurteilung staatlicher Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse „Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 35 bis 39] - Crailsheimer Stadtblatt II). Dabei begründen einzelne, die Grenzen zulässiger staatlicher Öffentlichkeitsarbeit überschreitende Artikel allein keine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Notwendig ist vielmehr eine wertende Betrachtung der Publikation insgesamt, bei der sich jede schematische Betrachtungsweise verbietet“ (BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40 f.] - Crailsheimer Stadtblatt II; BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 40 m.w.N.). Im Rahmen dieser wertenden Gesamtbetrachtung legen bestimmte Indizien eine Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse nahe. So ist „bei der erforderlichen wertenden Betrachtung der Publikation insgesamt (…) neben den inhaltlichen Kriterien insbesondere zu berücksichtigen, wie die Informationen den angesprochenen Gemeindemitgliedern präsentiert werden. Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher sind die Institutsgarantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt. Keinesfalls darf die kommunale Publikation den Lesern eine Fülle von Informationen bieten, die den Erwerb einer Zeitung – jedenfalls subjektiv – entbehrlich macht. Je deutlicher - in Quantität und Qualität – eine kommunale Publikation Themen besetzt, derentwegen Zeitungen gekauft werden, desto wahrscheinlicher ist der Leserverlust bei der privaten Presse und eine damit einhergehende, dem Institut der freien Presse zuwiderlaufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten“ (vgl. BGH, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 40] - Crailsheimer Stadtblatt II, mwN; BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 52).

Bei der Beurteilung des Gesamtcharakters der Publikation sind auch ihre optische Gestaltung, redaktionelle Elemente der meinungsbildenden Presse, wie Glossen, Kommentare oder Interviews, und die Frequenz des Vertriebs zu berücksichtigen. Allein die Verwendung pressemäßiger Darstellungselemente und eine regelmäßige Erscheinungsweise führen zwar nicht automatisch zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse. Die Grenze wird aber überschritten, wenn das Druckwerk nicht mehr als staatliche Publikation erkennbar ist. Erfolgt die Verteilung kostenlos, erhöht sich die Gefahr einer Substitution privater Presse (BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 53, juris m.w.N.).

Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Daher kann für die Gesamtbetrachtung bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne der Presse verletzenden Beiträge besonderes Gewicht haben und das Gesamtangebot prägen. Dafür können Verlinkungen auf diese Beiträge sprechen – zum Beispiel von der Startseite des Informationsangebots – oder der Umstand, dass sie zu den meistgelesenen Beiträgen zählen.

Es ist dabei Aufgabe des jeweiligen Klägers, alle anspruchsbegründenden Tatsachen für einen Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse darzulegen und zu beweisen. Hierzu gehören neben substantiiertem Vortrag zu einzelnen unzulässigen redaktionellen Beiträgen auch substantiierter Vortrag dazu, dass die wertende Gesamtbetrachtung der Publikation zu einer Verletzung des Gebots der Staatsferne der Presse führt (BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 58, juris). Nicht ausreichend ist pauschaler Vortrag, das Informationshandeln verstoße gegen Art. 5 GG. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, das bemängelte Portal ohne weiteren konkreten Vortrag in allen Einzelheiten auf mögliche Verstöße hin zu untersuchen (BGH a.a.O. Rn. 57).

In der an diesen Grundsätzen orientierten Gesamtschau verstößt das NGP gegen Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 GG i.V.m. § 3a UWG.

(aa) Zwar sind die Inhalte des Portals schon aufgrund des Domainnamens „gesund.bund.de“ und des am Ende der jeweiligen Seiten aufgebrachten Bundesadlers als staatliche Publikation erkennbar. Die Erkennbarkeit als staatliche Publikation führt allerdings für sich genommen noch nicht dazu, dass das Portal in der streitgegenständlichen Form in jedem Fall zulässig wäre (vgl. auch OLG München, Urteil vom 30. September 2021 – 6 U 6754/20 –, Rn. 120, juris). Die Grenzen der Zulässigkeit sind dann überschritten, wenn eine Publikation nicht mehr als staatliche erkennbar ist. Ein Umkehrschluss ist aber nicht zulässig: Die Erkennbarkeit als staatliche Publikation führt nicht zur automatischen Zulässigkeit des Informationshandelns (vgl. hierzu OLG München, Urteil vom 30. September 2021 – 6 U 6754/20 –, Rn. 121 f., juris).

(bb) Auch der Umstand, dass das NGP sich in der Verwendung der Gestaltungsmittel an anderen Internet-Publikationen orientiert bzw. diesen gleicht – etwa durch die Verbindung von Text, Bild und graphischen Darstellungen – genügt für sich allein genommen nicht zur Annahme einer unzulässigen Publikation. Vielmehr ist die Aufmachung als „internettypisch“ einzustufen.

(cc) Allerdings überschreitet die große Mehrheit der in den Rubriken „Krankheiten A-Z“ und „Gesund leben“ eingestellten Artikel die Grenzen zulässigen staatlichen Informationshandelns. Für beide Rubriken besteht schon keine Kompetenz der Beklagten, sich in derart weitgehendem Maße und Umfang ohne jeglichen konkreten Anlass informierend zu betätigen.

Zwar ist dem Staat und seinen Einheiten die Teilhabe an öffentlicher Kommunikation durch Öffentlichkeitsarbeit und Informationstätigkeit nicht grundsätzlich verboten. Legitim und im Einzelfall sogar geboten ist Öffentlichkeitsarbeit im Sinne einer Selbstdarstellung des Staates. In der demokratischen Ordnung des Grundgesetzes ist es legitim und notwendig, dass Regierungen und gesetzgebende Körperschaften ihre Politik in der Öffentlichkeit darstellen sowie künftig zu lösende Fragen darlegen und erläutern. Es ist ihr Recht und auch ihre Aufgabe, Politik verständlich zu machen, die Bevölkerung über Politik und Recht im jeweiligen Aufgabenkreis zu informieren und staatliche Tätigkeit transparent zu gestalten. Derartiges Informationshandeln ist auch in presseähnlicher Form und auch im Internet zulässig (BGH GRUR 2019, 189 Rn. 37 – Crailsheimer Stadtblatt II). Darüber hinaus ist auch eine situationsbedingte Informationstätigkeit in besonderen Gefahrenlagen und in aktuellen Krisen zulässig und im Einzelfall sogar geboten (BGH GRUR 2019, 139 Rn. 39 – Crailsheimer Stadtblatt II). Es ist ggf. Aufgabe des Staates, zum Ausgleich aktueller Informationsdefizite in akuten Angelegenheiten, insbesondere zur Abwehr von Gefahren informierend tätig zu werden (vgl. hierzu BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2002 – 1 BvR 558/91 –, BVerfGE 105, 252-279).

Die weit überwiegende Mehrzahl der Artikel in den Rubriken „Krankheiten A-Z“ und

„Gesund leben“ lässt sich aber keiner dieser Kategorien zulässigen staatlichen Informationshandelns zuordnen. Es geht (von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen) weder um gefahrenbezogene Information der Bürger zur Abwehr konkreter akuter Gefahrensituationen, noch um die Erklärung und Darstellung von Regierungspolitik. Vielmehr handelt es sich bei der Rubrik „Krankheiten A-Z“ um eine Art „Gesundheitslexikon“, in welchem die Beklagte Informationen allgemeinster Natur internettypisch aufbereitet und zur Verfügung stellt. Ähnlich verhält es sich bei der Rubrik „Gesund leben“, in welcher die Beklagte in den unterschiedlichsten Lebensbereichen Tipps und Ratschläge für „gesundes Leben“ gibt.

Es genügt auch nicht, dass mit Blick auf die behandelten Themen ein Bezug zu dem Aufgabenspektrum des Gesundheitsministeriums besteht. Ein allgemein thematischer Aufgabenbezug kann für sich allein genommen das Informationshandeln staatlicher Stellen bereits deshalb nicht rechtfertigen, weil die einzelnen Fachressorts auf Bundes- und Landesebene nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche abdecken. Ließe man den bloßen thematischen Bezug zu den Aufgabenbereichen der Fachressorts ausreichen, würde dies die verfassungsrechtlichen Schranken für staatliche Öffentlichkeitsarbeit weitgehend aufheben. Etwas anderes lässt sich auch nicht aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 14.07.2022 dortmund.de herleiten. Denn der Bundesgerichtshof hat die breit angelegte Informationskompetenz der Kommune dort ausdrücklich aus dem Recht zur kommunalen Selbstverwaltung hergeleitet, welchem Verfassungsrang zukommt. Auf eine ähnlich verfassungsrechtlich geschützte Position kann die Beklagte sich aber schon nicht berufen. Sie ist weder Grundrechtsträgerin noch kann sie ähnlich einer Kommune für sich das Recht in Anspruch nehmen, aus Gründen des (Stadt-)Marketings eine Fülle von Informationen

der unterschiedlichsten Sparten (Rubriken) in aktualisierter Version dauerhaft vorhalten zu müssen. Bei den Rubriken „Krankheiten A-Z“ und „Gesund leben“ geht es nicht um eine werbende informative Darstellung des Ministeriums, seiner Aufgabenbereiche und angestoßener politischer Projekte. Ebenso wenig genügt es, dass die Beklagte von einem Informationsdefizit der Bevölkerung in Sachen

„Gesundheit“ bzw. von einer mangelnden „Gesundheitskompetenz“ ausgeht. Insoweit hat der Bundesgerichtshof betont, dass die Grenzen (kommunaler) Öffentlichkeitsarbeit es verbieten, auch bei einer vermeintlich unzureichenden Versorgung mit Informationen über das örtliche Geschehen durch die private Presse, eine solche angeblich vorhandene Informationslücke durch eine eigene, von amtlichen Bezügen losgelöste Informationstätigkeit zu schließen (BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 39 m.w.N.). Diese Wertung ist auf die Öffentlichkeitsarbeit einer obersten Bundesbehörde wie der Beklagten ohne weiteres zu übertragen.

Die Inhalte des NGP führen zudem in den angesprochenen Rubriken „Krankheiten A- Z“ und „Gesund leben“ zu einem Substitutionseffekt zu Lasten der privaten Anbieter ähnlicher Formate wie beispielsweise der Klägerin. Die Artikel des NGP sind in diesen Bereichen derart ähnlich aufbereitet – sie sind nahezu identisch strukturiert und weisen auch im Hinblick auf ihre grafische Gestaltung und Illustrationen eine frappierende Ähnlichkeit auf – und verfolgen dieselbe Zielsetzung, dass der private Leser sie als funktionales Äquivalent zu den Angeboten privater Akteure begreift. Anschaulich hat die Klägerin dies etwa für die Artikel „Generalisierte Angststörung“,

„Aphten“ und „Brustkrebs“ aus der Rubrik „Krankheiten A-Z“ sowie „Wie funktioniert gesunde Ernährung?“ aus der Rubrik „Gesund leben“ dargestellt. Insoweit wird auf die Ausführungen der Klägerin in der Anlage K70, Bl 2283 ff. d.A. Bezug genommen. Hierin begründet liegt die Gefahr eines Leserverlustes bei den privaten Anbietern ähnlicher Portale wie etwa der Klägerin. Denn die Beklagte bietet eine Fülle von Informationen, wegen derer Leser im Netz gerade die Seiten der Klägerin oder ihrer privaten Konkurrenten aufrufen. Damit macht sie das Angebot der privaten Anbieter jedenfalls aus subjektiver Hinsicht eines Lesers entbehrlich. Auf einen solchen

„Substitutionseffekt“ scheint das Angebot der Beklagten auch angelegt zu sein, denn die Beklagte nimmt für sich in Anspruch, den Nutzern eine neutrale und besonders zuverlässige Information anzubieten und hat ihr Portal in der Öffentlichkeit damit auch beworben. Außerdem solle – nach den Worten des damaligen Gesundheitsministers Spahn – „wer Gesundheit googelt, (…) künftig auf dem Nationalen Gesundheitsportal landen“. Diese Aussage kann nur dahingehend

verstanden werden, dass die Beklagte ihr Angebot an die Stelle der für unzureichend empfundenen Angebote konkurrierender privater Akteure setzen möchte.

(dd) In der Rubrik „Pflege“ informiert die Beklagte über Leistungen des Staates bzw. der Pflegeversicherung als eines Systems der sozialen Sicherung. Sie kann für sich betrachtet dem Bereich staatlicher Öffentlichkeitsarbeit als Information über staatliche Einrichtungen und Leistungen angesehen werden.

(ee) In der Rubrik „Gesundheit Digital“ verletzt die Beklagte die Pflicht des Staates zu neutralem und sachlichen Informationshandeln. Die Beiträge zum e-Rezept und zum elektronischen Impfpass lassen eine differenzierte Darstellung vermissen. Kritisch zu beurteilende Aspekte werden nicht dargestellt, sondern ausschließlich die Vorteile und Chancen der digitalen Errungenschaften.

(ff) In der Gesamtschau überwiegen qualitativ die Rubriken und Artikel, mit denen die Beklagte die Grenzen des staatlichen Informationshandelns überschreitet und das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt. Denn der inhaltliche Schwerpunkt des NGP liegt auf den Rubriken „Krankheiten A-Z” und „Gesund leben“. Dahinter treten die anderen Rubriken zurück. Mit dem Gros der Artikel in den Hauptkategorien überschreitet die Beklagte – wie dargestellt – ihre Kompetenz zu staatlichem Informationshandeln. Dies führt im Wege der wertenden Gesamtbetrachtung zur Unzulässigkeit des Portals insgesamt. Auch belegt nicht zuletzt der Vergleich des Inhalts des NGP bei Klageerhebung (Anl. K1) und im Dezember 2022 (Anl. K71), dass mit dem NGP die Möglichkeit zu einem immer weiter ausufernden Informationshandeln geschaffen wurde, von der kontinuierlich Gebrauch gemacht wird. Dabei werden gerade die Rubriken ihrem Inhalt und Umfang nach stark ausgeweitet, die vor dem Hintergrund des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unzulässig sind.

Die Beklagte geht fehl in der Annahme, ein Unterlassungsanspruch sei schon deshalb nicht begründet, da die Klägerin eine konkrete Gefährdung bzw. Beeinträchtigung ihrer eigenen Geschäftstätigkeit etwa durch einen Leserverlust nicht dargelegt habe. Darauf kommt es nicht an. Weder im Rahmen von § 3a UWG noch auf Ebene des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ist erforderlich, dass eine konkrete Gefährdung der Presse dargetan wird (BGH, Urteil vom 14.07.2022 – I ZR 97/21 – dortmund.de, Rn. 59, juris). Vielmehr genügt eine abstrakte Gefährdung der Presse. Diese liegt im vorliegenden Fall insbesondere in der funktionellen Austauschbarkeit des Angebots der Beklagten im Vergleich zum Angebot der Klägerin und anderer privater Akteure begründet.

Auch eine Abwägung mit den Belangen der Beklagten führt nicht dazu, im Ergebnis von einem zulässigen staatlichen Informationshandeln auszugehen. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 14.07.2022 (dortmund.de) hervorgehoben, dass es bei der Frage der Zulässigkeit einer kommunalen Publikation um einen Konflikt zwischen staatlicher Kompetenz einerseits und grundrechtlicher Freiheit andererseits geht und die beiden genannten Verfassungsnormen mit Rücksicht auf die Einheit der Verfassung und die von ihr geschützte gesamte Wertordnung zu einem sachgerechten Ausgleich zu bringen sind (vgl. Winkler, JZ 2019, 367, 368 mwN; Schröder, WRP 2020, 1278 Rn. 7 bis 10). Im Ergebnis müsse dabei jedoch die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG größtmögliche Wirksamkeit erhalten, während die Gemeinde lediglich in der Lage sein muss, ihre Aufgaben zu erfüllen (BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 – I ZR 97/21 –, Rn. 38, juris). Im vorliegenden Fall kann die Beklagte in einem solchen Abwägungsprozess bereits keine der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie ähnlichen Belange einstellen. Sie bedarf – anders als etwa eine Kommune mit Blick auf ein Stadtportal – nicht des NGP in seiner Gestaltung vom Februar 2021, um ihre Aufgaben sachgerecht zu erfüllen.

c. Eine Wiederholungsgefahr i.S.v. § 8 Abs. 1 S. 1 UWG liegt vor. Diese wird einerseits durch den bereits erfolgten Wettbewerbsverstoß vermutet (vgl. OLG München, Urteil vom 30. September 2021 – 6 U 6754/20 –, Rn. 246, juris), liegt aber auch in dem fortgesetzten Betrieb des NGP durch die Beklagte begründet.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Zur Zulässigkeit des offiziellen Stadtportals der Stadt München muenchen.de unter dem Gesichtspunkt der Staatsferne der Presse

BGH
Urteil vom 13.07.2023
I ZR 152/21
muenchen.de
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 2 Satz 1; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Zulässigkeit des offiziellen Stadtportals der Stadt München muenchen.de unter dem Gesichtspunkt der Staatsferne der Presse befasst. Die Sache wurde an das OLG München zurückverwiesen.

Leitsätze des BGH:
a) Zu der mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse zulässigen Öffentlichkeitsarbeit der Kommune gehören grundsätzlich auch das Stadtmarketing und die Tourismusförderung.

b) Eine Anzeigenwerbung ist in einer kommunalen Publikation nur als fiskalisch motivierte Randnutzung zulässig. Für die Bestimmung einer zulässigen Randnutzung ist auf den Umfang der Anzeigenschaltung abzustellen. Die Randnutzung muss als Annextätigkeit eine untergeordnete, quantitativ nachgeordnete Tätigkeit in innerem Zusammenhang mit der Hauptnutzung bleiben (Fortführung von BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 [juris Rn. 41] - Crailsheimer Stadtblatt II).

c) Nach allgemeinen Regeln unzulässige geschäftliche Handlungen der öffentlichen Hand sind bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Gebot der Staatsferne der Presse nicht in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. Wettbewerbsverstöße dieser Art sind nach den allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Regelungen, wie zum Beispiel § 4 Nr. 4, §§ 4a, 5 Abs. 1 oder § 5a Abs. 4 Satz 1 UWG, zu beurteilen; sie können zudem nur zu einem Verbot des jeweils konkret angegriffenen Beitrags, nicht aber der kommunalen Publikation in der konkreten Verletzungsform insgesamt führen.

BGH, Urteil vom 13. Juli 2023 - I ZR 152/21 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH: Stadtportal einer Kommune mit Informationen über Geschehen in der Stadt zulässig wenn Institutsgarantie der freien Presse nicht gefährdet wird

BGH
Urteil vom 14.07.2022
I ZR 97/21
dortmund.de
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 2 Satz 1; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1 Satz 1; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Stadtportal einer Kommune mit Informationen über Geschehen in der Stadt zulässig wenn nach Gesamteindruck Institutsgarantie der freien Presse nicht gefährdet wird über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Die Bezugnahme im Klageantrag auf ein zu den Akten gereichtes digitales Speichermedium, auf dem ein Telemedienangebot als konkrete Verletzungsform dokumentiert ist, kann zur Konkretisierung eines Unterlassungsantrags gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ausreichen.

b) Die Marktverhaltensregelung des aus der Institutsgarantie der Presse gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Gebots der Staatsferne der Presse schützt auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann.

c) Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen für die erforderliche wertende Gesamtbetrachtung der Publikation regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung kann deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägen (Weiterführung von BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17, GRUR 2019, 189 - Crailsheimer Stadtblatt II).

BGH, Urteil vom 14. Juli 2022 - I ZR 97/21 - OLG Hamm - LG Dortmund

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Stadtportal einer Kommune mit Informationen über Geschehen in der Stadt zulässig wenn nach Gesamteindruck Institutsgarantie der freien Presse nicht gefährdet wird

BGH
Urteil vom 14.07.2022
I ZR 97/21


Der BGH hat entschieden, dass ein Stadtportal einer Kommune im Internet mit Informationen über das Geschehen in der Stadt zulässig ist, wenn nach dem Gesamteindruck die Institutsgarantie der freien Presse nicht gefährdet wird.

Die Pressemitteilung des BGH:
Zu den wettbewerbsrechtlichen Grenzen des Betriebs eines kommunalen Internetportals

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das Internetangebot einer Kommune in Form eines Stadtportals, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch Informationen über das Geschehen in der Stadt abrufbar sind, das Gebot der "Staatsferne der Presse" nicht verletzt, wenn der Gesamtcharakter des Internetangebots nicht geeignet ist, die Institutsgarantie der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein Verlag, der neben Tageszeitungen in Form von Printmedien auch digitale Medien anbietet, darunter ein Nachrichtenportal. Die beklagte Stadt betreibt ein Internetportal, in dem nicht nur amtliche Mitteilungen, sondern auch redaktionelle Inhalte veröffentlicht werden. Nach der über das Internetportal abrufbaren Eigenwerbung soll es umfassend und aktuell über das Geschehen in der Stadt informieren.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie ist der Auffassung, das Internetportal überschreite die Grenzen der zulässigen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit und sei deshalb nach § 3a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse wettbewerbswidrig.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Nach einer Gesamtschau der Beiträge in dem Internetportal überschritten die vorgehaltenen Inhalte die Grenzen einer zulässigen kommunalen Berichterstattung. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil sich bei der gebotenen wertenden Betrachtung nicht feststellen lasse, dass der Gesamtcharakter des Portals geeignet sei, die Institutsgarantie der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Das Internetportal der beklagten Stadt verstößt in der von der Klägerin beanstandeten Fassung nicht gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse.

Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse sind bei gemeindlichen Publikationen unter Berücksichtigung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und der daraus folgenden gemeindlichen Kompetenzen einerseits sowie der Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits zu bestimmen.

Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, insbesondere in der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Die darin liegende Ermächtigung zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt den Kommunen allerdings nicht jegliche pressemäßige Äußerung mit Bezug zur örtlichen Gemeinschaft. Kommunale Pressearbeit findet ihre Grenze in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, welche die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt garantiert. Diese ist unabhängig davon einschlägig, dass die Klägerin nicht ein Druckerzeugnis der Beklagten, sondern deren Internetauftritt und damit ein Telemedienangebot beanstandet. Das Gebot der Staatsferne der Presse schützt auch vor Substitutionseffekten kommunaler Online-Informationsangebote, die dazu führen, dass die private Presse ihre besondere Aufgabe im demokratischen Gemeinwesen nicht mehr erfüllen kann.

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen sind deren Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Dabei ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Bei Online-Informationsangeboten, die nach ihren technischen Gegebenheiten nicht den für Druckerzeugnisse bestehenden Kapazitätsbeschränkungen unterliegen, ist das quantitative Verhältnis zwischen zulässigen und unzulässigen Beiträgen regelmäßig weniger aussagekräftig als bei Printmedien. Für die Gesamtbetrachtung kann deshalb bedeutsam sein, ob gerade die das Gebot der Staatsferne verletzenden Beiträge das Gesamtangebot prägen.

Die vom Berufungsgericht nach diesen Maßstäben vorgenommene Beurteilung des Internetportals der beklagten Stadt hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet.

Vorinstanzen:

LG Dortmund - Urteil vom 8. November 2019 - 3 O 262/17

OLG Hamm - Urteil vom 10. Juni 2021 - I-4 U 1/20

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG

Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.



OLG München: Offizielles Stadtportal der Stadt München muenchen.de verstößt gegen Grundsatz der Staatsferne der Presse - kommerzielle Gestaltung unzulässig

OLG München
Urteil vom 30.09.2021
6 U 6754/20


Das OLG München hat entschieden, dass das offizielle Stadtportal der Stadt München muenchen.de gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse verstößt. Das OLG München kommt zu dem Ergebnis, dass das Portal eine zu kommerzielle Gestaltung aufweist. Rubriken wie "Shopping" oder "Restaurants" sowie das Veranstaltungs- und Kinoprogramm seien unzulässig und begründen einen zu kommerziellen Charakter. Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen.


OLG Hamm: Website der Stadt Dortmund mit presseähnliche Informationen im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung kein Verstoß gegen Gebot der Staatsferne der Presse

OLG Hamm
Urteil vom 10.06.2021
4 U 1/20

Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Website der Stadt Dortmund mit presseähnliche Informationen im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung nicht gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Oberlandesgericht Hamm: Ergebnis der Verhandlung über das Internetportal einer Stadt

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat mit seinem am Ende der heutigen mündlichen Verhandlung verkündeten Urteil auf die Berufung der beklagten Stadt die Klage eines Verlags aus Dortmund, der von der beklagten Stadt verlangt hat, ihr Telemedienangebot im Rahmen der kommunalen Öffentlichkeitsarbeit auf die redaktionelle Darstellung der eigenen Aktivitäten zu beschränken, abgewiesen. Der klagende Verlag trägt die Kosten des Rechtsstreits, die Revision zum Bundesgerichtshof ist zugelassen.

Die zur Entscheidung anstehenden Sach- und Rechtsfragen hat der Senat in der heutigen mündlichen Verhandlung mit den anwesenden Parteien und ihren Anwälten ausführlich erörtert. Dabei hat der Senat zu erkennen gegeben, dass bei Vornahme einer wertenden Gesamtbetrachtung eine Verletzung des aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz folgenden Gebots der Staatsferne der Presse nicht feststellbar sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass das Internetportal der Stadt in unzulässiger Weise die private Presse substituiere. Im Hinblick auf den Umfang des Internetportals einschließlich der großen Anzahl an Haupt- und Unterseiten könne nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb des Stadtportals in der streitgegenständlichen Form ein Leseverlust bei der privaten Presse und eine damit dem Institut der freien Presse zuwider laufende Meinungsbildung durch den Staat von oben nach unten eintrete. Zwar würden einzelne Artikel gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstoßen. Diese würden aber aufgrund der abrufbaren Fülle an Informationen „untergehen“.

Einzelheiten der Begründung der Senatsentscheidung ergeben sich aus dem noch abzusetzenden Urteil, das nach der Zustellung an die Parteien auch zur Veröffentlichung vorgesehen ist. [...]

Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 10.06.2021 (Az. 4 U 1/20, OLG Hamm), nicht rechtskräftig


LG München: Offizielles Stadtportal der Stadt München muenchen.de verstößt gegen Grundsatz der Staatsferne der Presse

LG München
Urteil vom 17.11.2020
33 O 16274/19


Das LG München hat entschieden, dass das offizielle Stadtportal der Stadt München muenchen.de gegen den Grundsatz der Staatsferne der Presse. Es enthält zu viele redaktionelle Inhalte.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Online-Stadtportal verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse

Heute hat die unter anderem auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I der Klage einiger Münchner Zeitungsverlage gegen das Stadtportal der Landeshauptstadt München, www.muenchen.de, stattgegeben (33 O 16274/19).

Der Internetauftritt www.muenchen.de ist das im Jahr 2004 in der heute abrufbaren Form aufgeschaltete offizielle Stadtportal für die Landeshauptstadt München. Er ist mit bis zu rund 2,9 Millionen Besuchen und 12 Millionen Seitenaufrufen im Monat nach der Selbstpräsentation das mit Abstand meistbesuchte Münchner Serviceportal und gleichzeitig eines der erfolgreichsten deutschen Stadtportale. Das Portal umfasst mehr als 173.000 Seiten.

Zur Überzeugung der Kammer ist das Angebot von muenchen.de in der konkret beanstandeten Form mit dem verfassungsrechtlichen Gebot der „Staatsferne der Presse“ gemäß Artikel 5 des Grundgesetzes unvereinbar und deshalb wettbewerbswidrig.

In ihrem Urteil nahm die 33. Zivilkammer eine umfassende Interessenabwägung zwischen der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, und der Garantie des Instituts der freien Presse, Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG, andererseits vor. Für ihre Entscheidung zog die Kammer hierbei vor allem jene Beurteilungsmaßstäbe heran, die der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung Crailsheimer Stadtblatt II (Urteil vom 20.12.2018, I ZR 112/17) aufgestellt hat. Diese Entscheidung ist zwar zu einem zeitungsmäßig aufgemachten Druckwerk ergangen. Die Kammer hielt sie aber für übertragbar auf das in Streit stehende Internetportal.

Da im Internet aber andere Nutzergewohnheiten gelten als bei einem Printmedium, sieht das Gericht die Grenzen des Zulässigen im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung etwas weiter, als dies bei einem klassischen Presseprodukt geboten wäre.

Den zulässigen Bereich der Berichterstattung überschreitet das Portal www.muenchen.de jedoch in einer Gesamtschau aus folgenden Gründen deutlich:

Der Internetauftritt des Portals biete in der zur Entscheidung gestellten Ausgestaltung den Lesern eine Fülle von Informationen, die den Erwerb einer Zeitung oder Zeitschrift – jedenfalls subjektiv – entbehrlich mache. Es werden in Quantität und Qualität deutlich Themen besetzt, deretwegen Zeitungen und Zeitschriften gekauft werden. Die Beklagte beschränke sich hier nicht auf Sachinformationen. In zahlreichen Beiträgen werde über das gesellschaftliche Leben in München berichtet, sie beträfen sämtlich keine gemeindlichen Aufgaben oder zumindest Aktivitäten und bewegten sich nicht mehr innerhalb der zulässigen Themenbereiche, so das Gericht. Auch im Layout bediene sich www.muenchen.de einer derart (boulevard-) pressemäßigen Illustration mit Überschriften, Zwischenüberschriften, Bildern, Zitaten und unterhaltsamem Text, dass die verfassungsmäßigen Zulässigkeitsgrenzen überschritten seien.

Es sei vielmehr insgesamt nicht mehr erkennbar, dass das Stadtportal eine staatliche Publikation darstelle, so die Kammer.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Klarstellender Hinweis:

Das Landgericht München I hatte über www.muenchen.de in der ihm zur Entscheidung gestellten konkreten Ausgestaltung zu urteilen, nicht über das Stadtportal per se.



LG Dortmund: Wettbewerbsverstoß wenn auf Website der Stadt Dortmund presseähnliche Informationen vorgehalten werden - Meisterfeier von Borussia Dortmund

LG Dortmund
Urteil vom 08.11.2019
3 O 262/17


Das LG Dormund hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn auf der Website der Stadt Dortmund presseähnliche Informationen veröffentlicht werden. Vorliegend ging es u.a. um einen Bericht über die Meisterfeier von Borussia Dortmund.

OLG Stuttgart: Keine Unterlassungsansprüche eines privaten Verlagsunternehmens gegen Berichterstattung in Amtsblatt der Stadt Crailsheim

OLG Stuttgart
Urteil vom 29.05.2019
4 U 180/17


Das OLG Stuttgart hat in dem hier entschiedenen Fall Unterlassungsansprüche eines privaten Verlagsunternehmens gegen die Berichterstattung im Amtsblatt der Stadt Crailsheim abgelehnt. Die konkret gerügte Berichterstattung sei nicht als Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse anzusehen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

OLG Stuttgart lehnt Unterlassungsansprüche eines privaten Verlagsunternehmens gegen das Amtsblatt der Stadt Crailsheim ab

Kurzbeschreibung:

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Matthias Haag hat mit seinem heutigen Urteil erneut über die Zulässigkeit und den Umfang der Berichterstattung in einem kostenfreien Stadtblatt- im Untertitel Amtsblatt der Großen Kreisstadt Crailsheim- entschieden. Dabei hat der Senat – anders als im Verfahren 4 U 160/16 zwischen den gleichen Parteien- die Unterlassungsklage des privaten Verlagsunternehmens, das u.a. die Tageszeitung Hohenloher Tagblatt herausgibt, zurückgewiesen.

Dem liegt zugrunde, dass die Klägerin wiederum geltend macht, verschiedene Artikel in drei beanstandeten Ausgaben des Stadtblattes aus dem Jahr 2016 würden gegen das als Marktverhaltensregelung zu bewertende Gebot der Staatsferne der Presse verstoßen. Das Landgericht Ellwangen hatte der Unterlassungsklage überwiegend stattgegeben und nur ein Verbot der Veröffentlichung der Kirchen- und Vereinsnachrichten im Crailsheimer Amtsblatt abgelehnt. Letzteres Verbot verfolgt das Verlagsunternehmen mit seiner Berufung weiter, dagegen will die beklagte Große Kreisstadt Crailsheim zweitinstanzlich die vollumfängliche Klagabweisung erreichen.

Das Berufungsgericht hat der Stadt Recht gegeben, da die beanstandeten Ausgaben des Stadtblattes Nr. 8-10/2016 nur an einigen wenigen Stellen -Artikeln und Terminsankündigungen- den vom Bundesgerichtshof (BGH) in seinem Urteil vom 20.12.2018 (I ZR 112/17) dargelegten Kriterien für eine zulässige staatliche Öffentlichkeitsarbeit nicht entsprächen. Nach der BGH-Rechtsprechung dürfen kommunale Medien zwar Inhalte transportieren, die die gemeindliche Verwaltungstätigkeit thematisieren. Diese dürfen aber in Aufmachung und Gestaltung nicht presseähnlich sein. Nach dem BGH kommt es dabei auf eine wertende Gesamtbetrachtung an. Somit begründen einzelne, die Grenzen des Gebots der Staatsferne überschreitende, Artikel noch keinen Unterlassungsanspruch. Vielmehr komme es entscheidend darauf an, ob die kommunale Berichterstattung in ihrer Gesamtbetrachtung als „funktionales Äquivalent“ zu einer privaten Zeitung und damit pressesubstituierend wirke.

Dies hat der Berufungssenat –anders als das Landgericht- verneint und die kritisierten Artikel u.a. zur Flüchtlingssituation im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mit weiteren Artikeln z.B. zur Städtepartnerschaft, zu Veranstaltungen der Volkshochschule sowie den Kirchen- und Vereinsnachrichten, nicht als Verstoß gegen das Gebot der Staatsferne der Presse angesehen. Daher habe das Verlagsunternehmen auch keinen Unterlassungsanspruch gegen die Stadt Crailsheim.

Gegen die Entscheidung ist die Nichtzulassungsbeschwerde möglich, da der Senat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen hat.

Aktenzeichen:
LG Ellwangen 10 O 19/17 - Urteil vom 25.08.2017
OLG Stuttgart: - 4 U 180/17 - Urteil vom 29.05.2019


OLG Hamm: Für Streitigkeit zwischen Verlag und Stadt um Internetauftritt nebst Online-Marktplatz und Online-Werbung ist Zivilrechtsweg eröffnet

OLG Hamm
Beschluss vom 14.02.2019
4 W 87/18

Das OLG Hamm hat entschieden, dass für eine Streitigkeit zwischen einem Verlag und einer Stadt um einen Internetauftritt nebst Online-Marktplatz und Online-Werbung der Zivilrechtsweg eröffnet ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die nach § 17a Abs. 4 S. 3 GVG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die hier zu beurteilende Streitigkeit als Zivilrechtsstreit zu qualifizieren. Damit war der angefochtene Beschluss aufzuheben und nach § 17a Abs. 3 S. 1 GVG die Zulässigkeit des Zivilrechtsweges auszusprechen.

1. Ob eine Streitigkeit öffentlich- oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dabei kommt es regelmäßig darauf an, ob die an der Streitigkeit Beteiligten zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und ob sich der Träger der hoheitlichen Gewalt der besonderen, ihm zugeordneten Rechtssätze des öffentlichen Rechts bedient, oder ob er sich den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterstellt (so schon der Gemeinsame Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmS OBG) NJW 1986, 2359; vgl. auch GBH NJW 2011, 1365, Wittschier in: Musielak/Voit, 15. Auflage § 13 GVG Rn. 5 m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung der Frage, ob eine bürgerlich-rechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, ist im Regelfall die Rechtsnatur des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs, wie er sich aus dem Klageantrag in Verbindung mit den vom Kläger zur Begründung vorgetragenen Tatsachenbehauptungen ergibt, wobei es auf die Rechtsauffassungen der Parteien nicht ankommt (GmS OBG JNW 2009, 1968; BGH NJW 1976, 1941, Wittschier a.a.O. Rn. 6 m.w.N.). Es ist nicht erforderlich, dass ein zivilrechtlicher Klageanspruch schlüssig dargetan ist. Maßgebend ist vielmehr, dass der Parteivortrag – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen ergibt, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Das gilt insbesondere auch dann, wenn die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen (BGH NJW 1996, 3012, Wittschier a.a.O. Rn. 6).

Unter Beachtung dieser Grundsätze liegt eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit vor.

2. Die Klägerin begehrt mit dem Hauptantrag, es der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, das Telemedienangebot „e.de“ vom 15.05.2017 zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem „USB-Stick“ Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben. Hilfsweise begehrt sie, es der Beklagten zu untersagen, die als Anlage K 2 – 20 einzeln aufgeführten Beiträge zu verbreiten/verbreiten zu lassen und oder öffentlich zugänglich zu machen/machen zu lassen, wenn dies geschieht, wie auf dem „USB-Stick“ Anlage K 1 zur Klageschrift wiedergegeben.

Aus dem zur Begründung der Klage vorgebrachten Sachvortrag der Klägerin ergibt sich zudem eindeutig, dass damit keinesfalls ein generelles Verbot des Telemedienangebots „e.de“ erwirkt werden soll. Vielmehr geht es der Klägerin – die dies mehrfach ausdrücklich betont hat - darum, die im Einzelnen beanstandeten redaktionellen Beiträge auf der Internetseite zu unterbinden, weil die Beklagte nach ihrer Auffassung das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt hat. Zu beurteilen ist die Rechtsnatur des klägerischen Begehrens, wie es sich nach dem Antrag und dem Sachvortrag darstellt. Damit stellt aber unzweifelhaft ein generelles Verbot des Telemedienangebots „e.de“ nicht den Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits dar.

3. Der klägerische Sachvortrag ergibt – seine Richtigkeit unterstellt – Rechtsbeziehungen oder Rechtsfolgen, für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht. Der streitgegenständliche Unterlassungsanspruch ist nach § 8 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 3 a UWG in Verbindung mit dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Gebot der Staatsferne der Presse zu beurteilen. Bei dem aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 17 ff).

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichen Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 35ff). Ob die öffentliche Hand eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG vornimmt, ist anhand einer umfassenden Würdigung der relevanten Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 55f; BGH GRUR 2013, 301 Rn. 20 f – Solariniative). Die Klägerin beruft sich ausdrücklich darauf, dass die Beklagte gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt und sich damit erkennbar außerhalb des ihr zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt. Damit ist für die vorliegende Entscheidung nach dem klägerischen Vortrag auch eine geschäftliche Handlung der Beklagten zu unterstellen. Soweit die Parteien kostenlose Pressebeiträge mit Werbeanzeigen herausgeben, versuchen sie nach dem Klagevorbringen auch, gleichartige Waren innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen und stehen damit in einem Wettbewerbsverhältnis (vgl. BGH, Urteil vom 20.12.2018 – I ZR 112/17 – Crailsheimer Stadtblatt II – dort Rn. 59f). Insgesamt stützt die Klägerin ihr Begehren daher auf zivilrechtliche Normen.

4. Für die vorliegende Entscheidung kann aus den dargelegten Gründen offen bleiben, ob der Anspruch schlüssig dargelegt ist. Das gilt insbesondere, weil vorliegend die zuständigkeits- und die anspruchsbegründenden Tatsachen zusammenfallen (BGH NJW 1996, 3012, Wittschier a.a.O. Rn. 6). Ausreichend ist, dass sich unter Beachtung der jüngeren BGH-Rechtsprechung Rechtsbeziehungen zwischen den Parteien, die zivilrechtlich zu beurteilen sind und für die die Zuständigkeit der Zivilgerichte besteht.

Die materielle Begründetheit des streitgegenständlichen Anspruchs hat der Senat nicht zu überprüfen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH: Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse - Kein kostenloses Amtsblatt einer Stadt das presseähnlich aufgemacht ist und redaktionelle Beiträge enthält

BGH
Urteil vom 20.12.2018
I ZR 112/17
Crailsheimer Stadtblatt II
GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 28 Abs. 2 Satz 1; UWG § 3 Abs. 1, §§ 3a, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Kein kostenloses Amtsblatt einer Stadt das presseähnlich aufgemacht ist und redaktionelle Beiträge enthält über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Bei dem aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitenden Gebot der Staatsferne der Presse handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG (Fortführung von BGH, Urteil vom 15. Dezember 2011 - I ZR 129/10, GRUR 2012, 728 Rn. 9 und 11 - Einkauf Aktuell).

b) Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse bestimmen sich bei gemeindlichen Publikationen unter Berücksichtigung der aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden gemeindlichen Kompetenzen einerseits und der Garantie des Instituts der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits.

c) Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen mit Blick auf das Gebot der Staatsferne der Presse sind Art und Inhalt der veröffentlichten Beiträge auf ihre Neutralität sowie Zugehörigkeit zum Aufgabenbereich der Gemeinde zu untersuchen und ist unter Einbeziehung des äußeren Erscheinungsbilds eine wertende Gesamtbetrachtung vorzunehmen.

d) Je stärker eine kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen - auch optisch - als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher ist die Garantie des Instituts der freien Presse aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gefährdet und die daraus abgeleitete Marktverhaltensregelung des Gebots der Staatsferne der Presse verletzt.

BGH, Urteil vom 20. Dezember 2018 - I ZR 112/17 - OLG Stuttgart - LG Ellwangen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Kein kostenloses Amtsblatt einer Stadt das presseähnlich aufgemacht ist und redaktionelle Beiträge enthält

BGH
Urteil vom 20.12.2018
I ZR 112/17


Der BGH hat entschieden, dass die kostenlosen Verteilung eines Amtsblatt einer Stadt, das presseähnlich aufgemacht ist und redaktionelle Beiträge enthält, unzulässig ist. Die kostenlose Verteilung verstößt gegen das Gebot der Staatsferne der Presse verstößt.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zum Anspruch auf Unterlassung der kostenlosen Verteilung eines kommunalen "Stadtblatts"

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass eine Kommune nicht berechtigt ist, ein kommunales Amtsblatt kostenlos im gesamten Stadtgebiet verteilen zu lassen, wenn dieses presseähnlich aufgemacht ist und redaktionelle Beiträge enthält, die das Gebot der "Staatsferne der Presse" verletzen.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist ein privates Verlagsunternehmen. Die Beklagte ist eine städtische Gebietskörperschaft. Die Klägerin gibt unter anderem eine kostenpflichtige Tageszeitung und ein kostenloses Anzeigenblatt heraus. Beide Publikationen erscheinen auch im Stadtgebiet der Beklagten. Die Beklagte veröffentlicht seit dem Jahr 1968 unter dem Titel "Stadtblatt" ein kommunales Amtsblatt, das aus einem amtlichen, einem redaktionellen und einem Anzeigenteil besteht. Der wöchentliche Vertrieb erfolgte zunächst kostenpflichtig im Abonnement sowie im Einzelhandel. Seit dem 1. Januar 2016 lässt die Beklagte das "Stadtblatt" kostenlos verteilen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch. Das Landgericht hat der Beklagten untersagt, das "Stadtblatt" in seiner konkreten Gestaltung wöchentlich gratis an alle Haushalte der Gebietskörperschaft der Beklagten zu verteilen oder verteilen zu lassen. Das Berufungsgericht hat die Berufung im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, im Hinblick auf das Gebot der Staatsferne der Presse dürfe in einem kommunalen Amtsblatt im Grundsatz ausschließlich über das eigene (hoheitliche) Verwaltungshandeln der betreffenden Gemeinde berichtet werden.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen.

Die Beklagte ist zur Unterlassung verpflichtet, weil sie mit der kostenlosen Verteilung des "Stadtblatts" gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG folgende Gebot der Staatsferne der Presse verstößt. Bei diesem Gebot handelt es sich um eine Marktverhaltensregelung. Die Verletzung einer solchen Regelung ist wettbewerbswidrig und begründet Unterlassungsansprüche von Mitbewerbern.

Umfang und Grenzen des Gebots der Staatsferne der Presse sind bei gemeindlichen Publikationen unter Berücksichtigung der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und der daraus folgenden gemeindlichen Kompetenzen einerseits sowie der Garantie des Instituts der freien Presse des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG andererseits zu bestimmen.

Äußerungs- und Informationsrechte der Gemeinden finden ihre Legitimation in der staatlichen Kompetenzordnung, insbesondere in der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Die darin liegende Ermächtigung zur Information der Bürgerinnen und Bürger erlaubt den Kommunen allerdings nicht jegliche pressemäßige Äußerung mit Bezug zur örtlichen Gemeinschaft. Kommunale Pressearbeit findet ihre Grenze in der institutionellen Garantie des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Diese Verfassungsbestimmung garantiert als objektive Grundsatznorm die Freiheitlichkeit des Pressewesens insgesamt.

Für die konkrete Beurteilung kommunaler Publikationen sind deren Art und Inhalt sowie eine wertende Gesamtbetrachtung maßgeblich. Danach müssen staatliche Publikationen eindeutig - auch hinsichtlich Illustration und Layout - als solche erkennbar sein und sich auf Sachinformationen beschränken. Inhaltlich auf jeden Fall zulässig sind die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen sowie die Unterrichtung über Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats. Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates. Bei der erforderlichen wertenden Gesamtbetrachtung ist entscheidend, ob der Gesamtcharakter des Presseerzeugnisses geeignet ist, die Institutsgarantie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu gefährden. Je stärker die kommunale Publikation den Bereich der ohne weiteres zulässigen Berichterstattung überschreitet und bei den angesprochenen Verkehrskreisen - auch optisch - als funktionales Äquivalent zu einer privaten Zeitung wirkt, desto eher ist das Gebot der Staatsferne der Presse verletzt.

Das "Stadtblatt" der Beklagten geht mit seinen redaktionellen Beiträgen über ein danach zulässiges staatliches Informationshandeln hinaus. Die Publikation weist nicht nur ein presseähnliches Layout auf, eine Vielzahl von Artikeln überschreitet auch den gemeindlichen Zuständigkeitsbereich, sei es in sachlicher oder in örtlicher Hinsicht.

Vorinstanzen:

LG Ellwangen - Urteil vom 28. Juli 2016 - 10 O 17/16

OLG Stuttgart - Urteil vom 3. Mai 2017 - 4 U 160/16

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG

Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet.

Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG

Den Gemeinden muss das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.