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Bayerischer VGH: Fahrtenbuchauflage wegen Verkehrsverstößen verstößt nicht gegen DSGVO

Bayerischer VGH
Beschluss vom 30.11.2022
11 CS 22.1813


Der Bayerische VGH hat entschieden, dass eine Fahrtenbuchauflage wegen Verkehrsverstößen nicht gegen die DSGVO verstößt.

Aus den Entscheidungsgründen:

2.) Wenn die Antragstellerin dagegen einwendet, es verstoße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), ein Fahrtenbuch auf unbestimmte Zeit führen zu lassen, geht dies daher bereits von unzutreffenden Voraussetzungen aus.

(3) Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, weshalb es, wie sie darüber hinaus in den Raum stellt, mit der Datenschutzgrundverordnung unvereinbar sein sollte, dass die Antragstellerin für neun Monate ein Fahrtenbuch zu führen, dieses Polizeibeamten sowie Vertretern des Landratsamts auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen und mindestens sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es zu führen ist, aufzubewahren hat. Nach der Rechtsprechung des Senats ist - ungeachtet der Eröffnung des sachlichen Anwendungsbereichs der DSGVO (zweifelnd VG Regensburg, U.v. 17.4.2019 - RN 3 K 19.267 - juris Rn. 24 ff.) - im Falle des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31a StVZO eine Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DSGVO zur Wahrung der berechtigten Interessen von Behörden und Gerichten, die insoweit Dritte im Sinn des Art. 4 Nr. 10 DSGVO sind, bei Abwägung mit den Interessen des Fahrzeugführers zulässig. Behörden und Gerichte haben ein berechtigtes Interesse daran, die ihnen im öffentlichen Interesse obliegenden Aufgaben zu erfüllen, zu denen die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten sowie Straftaten gehört (vgl. BayVGH, B.v. 22.7.2022 - 11 ZB 22.895 - ZfSch 2022, 595 = juris Rn. 18).

Anders als die Beschwerde meint, setzt die Verfolgungsverjährungsfrist, die unter Umständen nur drei Monate beträgt (§ 26 Abs. 3 Satz 1 StVG), insoweit keine beachtliche Grenze. Nach Art. 17 Abs. 1 Buchst. a DSGVO, auf den das Vorbringen der Sache nach abzielt, sind personenbezogene Daten zwar zu löschen, wenn sie für die Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr notwendig sind. Insoweit geht die Antragstellerin jedoch von einem zu engen Erhebungszweck aus. Wie der Antragsgegner zutreffend ausführt, zielt die Verpflichtung zur Führung eines Fahrtenbuchs auch darauf ab, ggf. eine Verfolgung von Verkehrsstraftaten zu ermöglichen (vgl. BVerwG, U.v. 28.2.1964 - VII C 91.61 - BVerwGE 18, 107/108 f.). Insoweit gelten aber weitaus längere Verjährungsfristen (vgl. §§ 78 ff. StGB). Zudem kann die Fahrtenbuchauflage ihren Zweck, künftig die Feststellung des Fahrzeugführers nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften ohne Schwierigkeiten zu ermöglichen und dies zugleich den betroffenen Fahrern zur Verhinderung weiterer Zuwiderhandlungen im Vorfeld vor Augen zu führen (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 - BVerwGE 152, 180 Rn. 19), nur erfüllen, wenn die ordnungsgemäße Führung kontrolliert werden kann. Dies muss zur Sicherstellung eines rationellen Einsatzes der vorhandenen Mittel auch unabhängig vom Ablauf etwaiger Verjährungsfristen zum Ende der Maßnahme und in einem angemessenen Zeitraum danach möglich sein. Deshalb ist es nicht zu beanstanden, wenn § 31a Abs. 3 StVZO eine Pflicht zur Aufbewahrung des Fahrtenbuchs für sechs Monate nach Ablauf der Zeit, für die es geführt werden muss, vorsieht. Damit bedarf auch keiner Erörterung, ob hier ein Ausnahmetatbestand gemäß Art. 17 Abs. 3 DSGVO vorliegen könnte.

(4) Schließlich ist nicht zu erkennen, dass die Fahrtenbuchanordnung zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats mit Blick auf die seit Erlass des sofort vollziehbaren Bescheids verstrichene Zeit von sechs Monaten unverhältnismäßig geworden wäre. Die Erwägungen des Landratsamts, es handle sich hier um einen gravierenden Verkehrsverstoß, an deren Aufklärung die Antragstellerin nicht mitgewirkt habe, ist nicht zu beanstanden. Die konkreten Umstände des Einzelfalls musste es, entgegen der Ansicht der Beschwerde, insoweit nicht berücksichtigen. Denn das Gewicht der Zuwiderhandlung ergibt sich, wie ausgeführt, aus ihrer generellen Gefährlichkeit für die Sicherheit des Verkehrs. Wenn das Landratsamt eine Aufhebung der Verpflichtung nach neun Monaten in Aussicht gestellt hat, bewegt sich dies ersichtlich in dem Rahmen, den die Rechtsprechung für vergleichbare bzw. mit einem Punkt im Fahrerlaubnisregister bewertete Verstöße gebilligt hat (vgl. BVerwG, U.v. 28.5.2015 - 3 C 13.14 - BVerwGE 152, 180 Rn. 20 ff.; OVG NW, B.v. 13.1.2016 - 8 A 1030/15 - NJW 2016, 968 = juris Rn. 15; VGH BW, B.v. 4.12.2013 - 10 S 1162/13 - DAR 2014, 103 = juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 15.10.2018 - 11 CS 18.1240 - juris Rn. 19; B.v. 31.1.2022 - 11 CS 21.3019 - juris Rn. 13).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: