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LG Dortmund: Rechtsmissbrauch durch überhöhte Abmahnkosten aufgrund zu hohen Streitwerts nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG führt auch zum Verlust des Unterlassungsanspruchs

LG Dortmund
Beschluss vom 16.02.2021
10 O 10/21


Das LG Dortmund hat entschieden, dass Rechtsmissbrauch durch überhöhte Abmahnkosten aufgrund zu hohen Streitwerts nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG auch zum Verlust des Unterlassungsanspruchs führt.

Die Entscheidungsgründe:

"Der Antragsteller begehrt eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, aus der Antragsschrift vom 08.02.2021. Er nimmt den Antragsgegner, welcher als Privatperson auf der Internetplattform W3 neue Haushaltsartikel anbietet und verkauft, wegen fehlender Pflichtangaben gemäß § 5 TMG, fehlender Widerrufsbelehrung und fehlender Information/Verlinkung zur OS-Plattform im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2021 mahnte der Kläger den Beklagten ab. Die Kosten der Inanspruchnahme wurden in diesem Schreiben unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 30.000,00 € mit 1.501,19 € beziffert. Zugleich wurde der Antragsgegner zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches § 8c UWG n.F. entgegensteht.

1. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 und damit auch § 8c UWG n.F. ist bereits am 02.12.2020 und damit sowohl vor Eingang des Verfügungsantrages als auch vor der Kenntnis des Antragstellers von den geltend gemachten Verstößen in Kraft getreten.

2. Nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG n.F. ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel schon dann anzunehmen, wenn ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt. Dies muss erst recht dann gelten, wenn nicht durch die überhöhte Ansetzung eines Gegenstandswertes überhöhte Gebühren in Ansatz gebracht, sondern sogar Gebühren gefordert werden, die schon dem Grunde nach nicht geschuldet werden. So liegt es hier, denn mit dem Abmahnschreiben vom 27.01.2021 werden Gebühren geltend gemacht, obwohl dies vorliegend gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. (in Kraft getreten vor Fertigung des Abmahnschreibens, s. o.) ausgeschlossen ist. Nach dieser Norm konnte der Antragsteller keinen Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil es um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten ging.

Im Übrigen dürfte auch schon dieses missbräuchliche Vorgehen bei der Abmahnung auf den nachfolgenden Verfügungsantrag durchschlagen (Köhler/Bornkamm, UWG, 39. Aufl., § 8c, Rn. 7)

3. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn man eine weitergehende Gesamtbetrachtung (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 12) anstellt. So handelt es sich bei den verfolgten Rechtsverstößen um solche, die sich mit technischen Mitteln recht einfach ermitteln lassen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 15). Hinzu kommt hier noch, dass der Antragsteller eine strafbewehrte Vertragsstrafe forderte, obwohl ihm auch dies nach der neuen Gesetzeslage, § 13a Abs. 2 UWG n.F. i.V.m. § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F., verwehrt war. Dass der Antragsgegner etwa in der Regel 100 oder mehr Mitarbeiter beschäftigte, war nach Lage der Dinge ersichtlich ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.


OLG Frankfurt: 3.000 EURO Streitwert für wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag wegen Verstoßes gegen die Lebensmittel-Informationsverordnung

OLG Frankfurt
Beschluss vom 07.01.2021
6 W 131/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Streitwert von 3.000 EURO für einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag wegen eines Verstoßes gegen die Lebensmittel-Informationsverordnung ausreichend sein kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der angefochtene Beschluss wird teilweise abgeändert.

Der Streitwert wird auf 3.000,- € festgesetzt.

[...]

1. Nach § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen bestimmt wird (BGH GRUR 2017, 212 - Finanzsanierung).

2. Gegenstand des Unterlassungsantrags ist ein Verstoß gegen Art. 9 Abs. 1 lit. h, 14 Abs. 1 lit. a LMIV. Danach sind im Fernabsatz verpflichtende Informationen über Name bzw. Firma und Anschrift des Lebensmittelunternehmers vorzusehen. Nach dem Vortrag der Klägerin hat die Beklagte im Internet einen Brotaufstrich angeboten, der diesen Anforderungen nicht genügte. Das Landgericht hat den Streitwert entsprechend der Anregung des Klägers auf 10.000,- € festgesetzt. Dies erscheint übersetzt.

a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass bei Verbänden nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG, § 4 UKlaG für die Streitwertfestsetzung auf das satzungsgemäß wahrgenommene Interesse der Verbraucher abzustellen ist. Dieses Interesse kann erheblich höher liegen als das eines einzelnen Mitbewerbers (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.1.2020 - 6 W 119/19 = WRP 2020, 632 m.w.N.). Für ein nicht unerhebliches Verbraucherinteresse spricht im Streitfall, dass die verletzte Informationspflicht die Lebensmittelsicherheit betrifft. Verbraucher sollen wissen, an wen sie sich wenden können, um zum Beispiel Inhaltsstoffe und Lebensmittelunverträglichkeiten abzuklären. Nach Ansicht des Senats wiegt der Verstoß jedoch deshalb nicht schwer, weil aus dem Internetauftritt zumindest das Unternehmensschlagwort des Lebensmittelunternehmers hervorging. Auf der in dem beanstandeten Angebot fotografisch abgebildeten Produktverpackung ist der Name „A“ deutlich erkennbar. Interessierte Verbraucher konnten anhand dieser Angabe den Lebensmittelunternehmer nebst Adresse mit geringem Aufwand selbst ermitteln. Auch handelt es sich nur um einen einzelnen Verstoß. Ein systematisches Missachten der Informationspflichten der LMIV wird der Beklagten nicht vorgeworfen. Die Gefährlichkeit der zu unterbindenden Handlung war daher gering.

b) Eine weitergehende Reduzierung auf 1.000,- € kam unter Berücksichtigung der dargelegten Umstände nicht in Betracht. Die Bestimmung des § 13 a Abs. 3 UWG n.F. kommt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht zur Anwendung. Die Abmahnung wurde noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs ausgesprochen. Außerdem betrifft die genannte Bestimmung nicht den Streitwert, sondern die Höhe der Vertragsstrafe.


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OLG Frankfurt: Kein Streitwert-Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren wenn Abgemahnter auf Abmahnung hin erklärt einstweilige Verfügung als endgültige Regelung zu akzeptieren

OLG Frankfurt
Beschluss vom 22.07.2019
6 W 52/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Streitwert-Abschlag im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgt, wenn der Abgemahnte auf die Abmahnung hin erklärt, die drohende einstweilige Verfügung als endgültige Regelung zu akzeptieren, da in einem solchen Fall von einer endgültigen Befriedung des Unterlassungsanspruchs auszugehen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Streitwertbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Das Interesse des Antragstellers an der Erwirkung der Unterlassungsverfügung erscheint mit dem festgesetzten und bereits in der Antragsschrift beantragten Wert von 30.000,- € angemessen berücksichtigt.

Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. WRP 2017, 719) kommt den eigenen Streitwertangaben des Unterlassungsgläubigers zu Beginn des Verfahrens in der Regel indizielle Bedeutung für das verfolgte Interesse zu; etwas anderes gilt dann, wenn diese Angaben nach den Gesamtumständen offensichtlich übersetzt erscheinen. Von letzterem kann im vorliegenden Fall nicht ausgegangen werden. Die Informationen über den Energieausweis in der Immobilienwerbung sind für den angesprochenen Verkehr von erheblicher Bedeutung. Das Interesse des antragstellenden Verbandes an der Beachtung dieser Informationspflicht kann ebenfalls als hoch eingeschätzt werden. Dies rechtfertigt den vom Antragsteller beantragten Streitwert von 30.000,- €.

Obwohl der Antragsteller in der Antragsschrift selbst den Wert von 30.000,- € als Hauptsachestreitwert bezeichnet hat, ist für das vorliegende Eilverfahren ein Abschlag von diesem Hauptsachestreitwert ausnahmsweise nicht geboten. Eine Ermäßigung des Streitwerts für das Eilverfahren gegenüber dem Wert der Hauptsache ist nach § 51 IV GKG lediglich „in der Regel“ vorzunehmen. Eine Ausnahme von dieser Regel ist hier deshalb gerechtfertigt, weil die Antragsgegnerin - vertreten durch einen von ihr beauftragten Verband - auf die Abmahnung hin sich gegen den Vorwurf eines Wettbewerbsverstoßes nicht in der Sache verteidigt, sondern „ausdrücklich und rechtsverbindlich“ erklärt hat, eine etwaige auf Antrag des Antragstellers ergehende einstweilige Verfügung als endgültige, rechtsverbindliche Regelung anzuerkennen und auch die weiteren für eine Abschlusserklärung erforderlichen Erklärungen abzugeben. Damit konnte der Antragsteller bereits bei Stellung des Eilantrages davon ausgehen, dass die beantragte einstweilige Verfügung im Falle ihres Erlasses zu einer endgültigen Befriedigung seines Unterlassungsanspruchs führen würde. Unter diesen Umständen besteht ausnahmsweise kein Anlass, den Streitwert für das Eilverfahren im Hinblick auf den in der Regel vorläufigen Charakter einer Unterlassungsverfügung geringer zu bewerten als das Hauptsacheinteresse.

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BGH: 2.500 EURO Regelstreitwert pro AGB-Klausel bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4a UKlaG auch wenn Kläger Wirtschaftsverband ist

BGH
Beschluss vom 17.11.2020
X ZR 3/19
UKlaG-Streitwert
UKlaG § 1, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 4a; ZPO § 3


Der BGH hat entschieden, dass ein Regelstreitwert von 2.500 EURO pro AGB-Klausel bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4a UKlaG auch dann anzusetzen ist, wenn der Kläger ein Wirtschaftsverband ist

Leitsatz des BGH:

Bei einer auf § 1 oder § 4a UKlaG gestützten Klage sind Gebührenstreitwert und Beschwer grundsätzlich auch dann allein nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der angegriffenen Klauseln zu bemessen, wenn der Kläger ein Wirtschaftsverband im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 UKlaG ist.

BGH, Beschluss vom 17. November 2020 - X ZR 3/19 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

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BGH: Streitwert und Beschwer bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4 UKlaG - Regelbeschwerdewert 2500 EURO pro AGB-Klausel

BGH
Beschluss vom 13.10.2020
ZPO § 3; UKlaG § 1


Der BGH hat sich zu Streitwert und Beschwer bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4 UKlaG geäußert. Der Regelbeschwerdewert / Regelstreitwert liegt bei 2500 EURO pro Klausel in AGB.

Leitsätze des BGH:

a) Da sich bei Verbandsprozessen nach §§ 1, 4 UKlaG der Streitwert und die Beschwer der Parteien regelmäßig nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der beanstandeten AGB-Bestimmung richtet, kommt weder der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselwerks oder der betroffenen Klauseln ein maßgebliches Gewicht zu noch dem Zugang zum Revisionsgericht (im Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 26. September 2012 - IV ZR 208/11, NJW 2013, 875 Rn. 20; vom 24. März 2020 - XI ZR 516/18, NJW-RR 2020,
1055 Rn. 5).

b) Eine von dem Regelbeschwerdewert (2.500 € pro beanstandeter Klausel) abweichende Bemessung der Beschwer folgt daher nicht schon daraus, dass ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird, der - wäre die Nichtzulassungsbeschwerde zulässig - zu der Zulassung der Revision führen könnte.

BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2020 - VIII ZR 25/19 - KG Berlin - LG Berlin

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BGH: Streitwert in einem Designnichtigkeitsverfahren beträgt im Regelfall 50.000 EURO

BGH
Beschluss vom 28.05.2020
I ZB 25/18
DesignG § 34a Abs. 5 Satz 2; RVG § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1, § 33 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass der Streitwert in einem Designnichtigkeitsverfahren im Regelfall 50.000 EURO beträgt.

Leitsätze des BGH:

a) Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit ist gemäß § 34a Abs. 5 Satz 2 DesignG in Verbindung mit § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 1 und § 33 Abs. 1 RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen.

b) Maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswerts im Designnichtigkeitsverfahren ist das wirtschaftliche Interesse des Designinhabers an der Aufrechterhaltung seines Designs.

c) Im designrechtlichen Nichtigkeitsverfahren entspricht die Festsetzung des Gegenstandswerts auf 50.000 € im Regelfall billigem Ermessen.

BGH, Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZB 25/18 - Bundespatentgericht

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BGH: Im Regelfall 50.000 EURO Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit

BGH
Beschluss vom 16.04.2020
I ZB 97/19


Der BGH hat entschieden, dass im Regelfall ein Streitwert in Höhe von 50.000 EURO für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit anzusetzen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Auf den Antrag des Prozessbevollmächtigten der Rechtsbeschwerdeführerin ist der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde gemäß § 33 Abs. 1 RVG festzusetzen.

Maßgeblich für die Festsetzung des Gegenstandswerts der Rechtsbeschwerde im Markenlöschungsstreit ist das wirtschaftliche Interesse der Markeninhaberin an der Aufrechterhaltung ihrer Marke. Nach der Rechtsprechung
des Senats entspricht eine Festsetzung des Gegenstandswerts auf 50.000 € für das Rechtsbeschwerdeverfahren in einem Markenlöschungsstreit im Regelfall billigem Ermessen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Dezember 2017 - I ZB 45/16, WRP 2018, 349 Rn. 1 mwN). Mangels abweichender Anhaltspunkte ist hiervon im Streitfall auszugehen.

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BGH: Streitwert einer negativen Feststellungsklage zur Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags bemisst sich nach Wert der Leistungspflicht - Gegenleistung nicht streitwerterhöhend

BGH
Beschluss vom 12.03.2020
V ZR 160/19
ZPO § 3


Der BGH hat entschieden, dass sich der Streitwert einer negativen Feststellungsklage zur Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags nach dem Wert der streitgegenständlichen Leistungspflicht bemisst. Der Wert der Gegenleistung ist nicht streitwerterhöhend.

Leitsatz des BGH:
Der Streitwert eines Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags
bemisst sich nach dem Wert der Leistungspflicht, von der der Kläger freigestellt werden will bzw. nach dem Wert der Leistung, die ihm zurückgewährt werden soll; die Gegenleistung bleibt außer Betracht.

BGH, Beschluss vom 12. März 2020 - V ZR 160/19 - OLG Nürnberg - LG Nürnberg-Fürth

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OLG Frankfurt: Streitwert von 700.000 EURO bei unbefugter Verwendung von Clublogos der Vereine der 1. und 2. Fußballbundesliga auf Website für Sportwetten angemessen

OLG Frankfurt
Beschluss vom 20.04.2020
6 W 37/20


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Streitwert von 700.000 EURO bei unbefugter Verwendung von Clublogos der Vereine der 1. und 2. Fußballbundesliga auf einer Website für Sportwetten angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Gegenstand des Eilverfahrens ist ein auf die Verletzung von Marken-, Unternehmenskennzeichen- und Bildrechten gestützter Unterlassungsanspruch. Das Landgericht hat den Streitwert mit Beschluss vom 5.11.2019 auf 500.000,00 € festgesetzt. Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde, mit der sie eine Herabsetzung auf 100.000,00 € anstrebt.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache nur zu einem kleinen Teil Erfolg.

1. Nach § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert entsprechend der sich aus dem Antrag des Klägers bzw. Antragstellers ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen das Interesse des Klägers bzw. Antragstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, das maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für die Träger der maßgeblichen Interessen, bestimmt wird (BGH, Beschluss vom 15.9.2016, I ZR 24/16 - Finanzsanierung = GRUR 2017, 212 ). Bei marken- und kennzeichenrechtlichen Unterlassungsansprüchen hängt dieses Interesse zum einen vom Wert der Marke und zum andern vom sogenannten Angriffsfaktor, also der Frage ab, in welcher Weise die Marke durch die beanstandete Verletzungshandlung beeinträchtigt wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Beschluss vom 3.11.2011 - 6 W 65/10) kommt der Streitwertangabe des Anspruchsstellers zu Beginn des Verfahrens eine indizielle Bedeutung für das tatsächlich verfolgte Interesse zu.

2. Die Antragstellerin hat in der Antragsschrift einen Hauptsachestreitwert in Höhe von 700.000,00 € angegeben. Nach Abzug der gemäß § 51 Abs. 4 GKG vorgeschriebene Ermäßigung ergibt sich für das Eilverfahren ein Streitwert von 467.000,00 €. Der Senat bemisst den „Eilabschlag“ in ständiger Rechtsprechung mit 1/3. Lediglich insoweit war der Beschluss des Landgerichts abzuändern, der von einem leicht höheren Wert ausging. Anhaltspunkte dafür, dass die Angabe des Hauptsachestreitwerts in der Antragsschrift übersetzt sein könnte, bestehen nicht.

a) Die Antragstellerin wendet sich mit ihrem Eilantrag unter anderem gegen die Verletzung von 36 selbstständigen Unternehmenskennzeichen, namentlich der Clublogos der Vereine der ersten und zweiten Bundesliga. Es kann ohne weiteres angenommen werden, dass diesen Kennzeichen ein sehr hoher wirtschaftlicher Wert zukommt. Es handelt sich um bekannte Kennzeichen. Dies gilt erst recht für das ebenfalls beanspruchte „Bundesliga“-Logo, das seit 2010 als eingetragene Marke geschützt ist. Auch bei dem Bildnis des bekannten Lizenz-Fußballspielers A, dessen Verletzung vorliegend in Rede steht, ist ein hoher Wert anzunehmen. Insgesamt ist bei der Summe der Schutzrechte, deren Verletzung mit dem vorliegenden Verfahren unterbunden werden sollte, von einem ungewöhnlich hohen Wert auszugehen.

b) Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist auch von einem erheblichen Angriffsfaktor auszugehen. Die Antragsgegnerin bot nach dem glaubhaft gemachten Vortrag der Antragstellerin über das Internet Sportwetten auf Bundesligaspiele an, die sich bestimmungsgemäß an deutsche Verbraucher richteten. Ohne Erfolg macht die Antragsgegnerin geltend, in Wahrheit richte sich das Angebot nur an Personen mit Wohnsitz in Griechenland. Dieser Einwand betrifft die Zulässigkeit des Eilantrags und die Begründetheit des Verfügungsanspruchs. Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach dem mit der Antragsschrift verfolgten Begehren. Der Verfügungsantrag bezog sich auf das Angebot von Sportwetten in Deutschland."


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BVerfG: Verfassungsbeschwerde eines Abmahnvereins gegen Beschlüsse des OLG Dresden bzgl. Verlinkung auf OS-Plattform durch Amazon-Marketplace-Händler nicht zur Entscheidung angenommen

BVerfG
Beschluss vom 20.11.2019
1 BvR 2400/17

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines Abmahnvereins gegen Beschlüsse des OLG Dresden bzgl. der Notwendigkeit der Verlinkung auf die OS-Plattform durch Amazon-Marketplace-Händler nicht zur Entscheidung angenommen.

Aus den Entscheidungsgründen:

2. Ausgehend davon hat der Beschwerdeführer eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes nicht hinreichend aufgezeigt. Eine sachlich nicht zu rechtfertigende und damit objektiv willkürliche Anwendung des § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist nicht dargetan. Soweit sich der Beschwerdeführer ausweislich der Beschwerdebegründung maßgeblich darauf stützt, dass ein von ihm im Ausgangsverfahren vorgelegter, von der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Dresden abweichender Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Hamm vom 3. August 2017 - 4 U 50/17 - keine Berücksichtigung gefunden habe, trägt dies schon nicht die Annahme eines Falles divergierender Rechtsprechung.

a) Divergenz ist gegeben, wenn die anzufechtende Entscheidung von der Entscheidung eines höher- oder gleichrangigen Gerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung in diesem Sinne liegt nur vor, wenn die anzufechtende Entscheidung ein und dieselbe Rechtsfrage anders beantwortet als die Vergleichsentscheidung, mithin einen Rechtssatz aufstellt, der sich mit einem in der Vergleichsentscheidung aufgestellten und diese tragenden Rechtssatz nicht deckt (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 23. April 2014 - 1 BvR 2851/13 -, Rn. 34).

b) Zunächst kommt einem bloßen Hinweisbeschluss schon kein Entscheidungscharakter zu und dieser vermag keine Rechtssätze aufzustellen, da lediglich eine vorläufige Bewertung der Sach- und Rechtslage zugrundeliegt. Ein Abweichen von einer Vorentscheidung setzt begriffsnotwendig voraus, dass bereits eine anderslautende Entscheidung existent ist (vgl. BGH, Beschluss vom 8. April 2003 - XI ZR 193/02 -, NJW 2003, S. 2319 <2320>). Dies ist bei einem Hinweisbeschluss im Rahmen eines laufenden Verfahrens aber gerade nicht der Fall, solange die Endentscheidung nicht auf den Hinweisbeschluss verweist.

Auch ergibt sich aus dem Hinweisbeschluss nicht der vom Beschwerdeführer insinuierte Inhalt. Ihm lässt sich nicht eindeutig entnehmen, dass nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm neben der Verlinkung auf die OS-Plattform durch den Plattformbetreiber zusätzlich eine Verlinkung bei den einzelnen Marketplaceangeboten erforderlich sei. Das Oberlandesgericht Hamm führt lediglich aus, dass die Verpflichtung zur Einstellung des Links zur OS-Plattform auch für Angebote auf der Internetplattform „ebay“ bestehe. Das steht dem Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden nicht entgegen, wonach eine einzige gemeinsame Verlinkung auf der Internetseite des Plattformbetreibers genügt.

c) Soweit der Beschwerdeführer auf eine vermeintlich divergierende Entscheidung des Oberlandesgerichts Koblenz rekurriert, legt er diese nicht vor und stellt sie auch ihrem Inhalt nach nicht in einer Weise spezifiziert dar, die eine verfassungsrechtliche Überprüfung zuließe. Gleiches gilt für die weiteren vom Beschwerdeführer genannten Entscheidungen des Oberlandesgerichts München und des Oberlandesgerichts Karlsruhe, die ebenfalls nicht vorgelegt werden. Der nachträglich, außerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG mit Schriftsatz vom 10. August 2019 vorgelegte Beschluss des Oberlandesgerichts Celle vom 14. November 2017 - 13 W 63/17 - ändert an dieser Einschätzung nichts. Denn dieser Beschluss erging jedenfalls erst nach Erlass der angegriffenen Entscheidungen und konnte daher dort keine Berücksichtigung finden.


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LAG Baden-Württemberg: Streitwert 500 EURO für Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO wenn Anspruch nur allgemeine Ausführungen zu Grunde liegen

LAG Baden-Württemberg
Beschluss vom 23.01.2020
5 Ta 123/19


Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein Streitwert von 500 EURO für einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO angemessen ist, wenn dem Anspruch nur allgemeine Ausführungen zu Grunde liegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"2. Auch die Bemessung des Streitwerts für den Auskunftsantrag gemäß Art. 15 DS-GVO mit 500,00 EUR ist nicht zu beanstanden.

a) Der Auskunftsantrag der Klägerin ist nichtvermögensrechtlicher Natur.

aa) Vermögensrechtliche Streitigkeiten sind solche, bei denen die Ansprüche auf Geld oder eine geldwerte Leistung gerichtet sind, gleichgültig, ob sie einem vermögensrechtlichen oder nichtvermögensrechtlichen Grundverhältnis entspringen (allgemeine Auffassung, vgl. Schneider/Herget Streitwertkommentar 14. Aufl. Rn 4284; GK-ArbGG/Schleusener, Stand Dezember 2016, Rn 322, jeweils m.w.N.).

Dem gegenüber sind nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten solche, die nicht auf Geld oder geldwerte Leistungen gehen, nicht in Ansprüche auf Geld umwandelbar sind und ihren Ursprung in Verhältnissen haben, denen kein Vermögenswert zukommt (allgemeine Auffassung, vgl. Schneider/Herget a.a.O. Rn 4284; GK-ArbGG/Schleusener a.a.O. Rn 298, jeweils m.w.N.).

bb) Daran gemessen handelt es sich bei dem im Ausgangsverfahren geltend gemachten Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-GVO um eine nichtvermögensrechtliche Angelegenheit. Dieser wurzelt im Persönlichkeitsrecht des Gläubigers. Er dient primär dazu, dem Anspruchsteller die Wahrnehmung der weiteren Rechte aus der DS-GVO zu ermöglichen, also insbesondere das Recht auf Berichtigung nach Art. 16, auf Löschung nach Art. 17 und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18. Zwar mag eine Auskunft über personenbezogene Daten auch Erkenntnisse und Indizien hervorzubringen, die einen Schadensersatzanspruch nach gänzlich anderen Vorschriften begründen oder zumindest nahelegen können. Dabei handelt es sich aber nicht um den eigentlichen Zweck der DS-GVO, sondern um einen bloß zufälligen Nebeneffekt (OLG Köln 3. September 2019 – 20 W 10/18 – juris Rn 5). Dass ein solcher im gegebenen Fall existieren und mit dem Auskunftsbegehren durchgesetzt werden soll, also ausnahmsweise das wirtschaftliche Interesse des Gläubigers für die Bewertung des Streitgegenstands ausschlaggebend sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

b) Die Bewertung hat deshalb gemäß § 48 Abs. 2 GKG zu erfolgen. Nach dessen Satz 1 ist der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen.

aa) Dabei gibt es für die arbeitsrechtlichen wie allgemein für die zivilrechtlichen Streitigkeiten weder einen Ausgangs-, Anknüpfungs-, Regel- noch einen Mindestwert, sondern nur einen Höchstwert von einer Million Euro (§ 48 Abs. 2 Satz 2 GKG).

(1) Ein Rückgriff auf § 52 Abs. 2 GKG ist hier ebenso unangemessen wie bei der unbezifferten Leistungsklage (vgl. OLG Köln 5. Februar 2018 – I-9 U 120/17 – juris Rn 3; Schneider/Herget a.a.O. Rn 4297). Auch eine analoge Anwendung des § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs 2 RVG scheidet aus. Denn wenn der Gesetzgeber gewollt hätte, dass solche Normen über den konkret definierten Bereich hinaus Anwendung finden, hätte er sie mit allgemeiner Geltungskraft ausgestattet. Insbesondere § 23 Abs. 3 RVG gilt ausdrücklich nur für Verfahren, in denen sich im Unterschied zu denen nach § 23 Abs. 1 RVG die Gebühren nicht nach dem Streitwert richten. Dann kann diese Bestimmung auch nicht in solchen Verfahren angewendet werden, in denen sich die Gebühr nach dem Streitwert richtet, ohne gegen den eindeutig erklärten gesetzlichen Willen zu verstoßen. Für diese Sichtweise spricht auch, dass § 48 Abs. 2 GKG einerseits und § 52 Abs. 2 GKG sowie § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs 2 RVG andererseits unterschiedliche Regelungsinhalte aufweisen: Außer dem Fehlen eines Regel-, Anknüpfungs- oder Hilfswerts in § 48 Abs. 2 GKG und der Festlegung eines solchen in § 52 Abs. 2 GKG sowie § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs RVG werden auch unterschiedliche Mindest- bzw. Höchstwerte statuiert (vgl. § 48 Abs. 2 Satz 2 GKG: 1 Mio. EUR; § 52 Abs. 4 Nrn. 1-3 GKG: 1.500,00 EUR, 2.500,00 EUR bzw. 500.000,00 EUR; § 23 Abs. 3 Satz 2 Hs 2 RVG: 500.000,00 EUR). Dass der Gesetzgeber dabei unbewusste Regelungslücken geschaffen hätte, ist nicht ersichtlich.

(2) Was den Umfang der Sache anbetrifft, so ist - anders als nach § 23 Abs. 3 RVG - ausschließlich auf den erforderlichen Aufwand des Gerichts abzustellen (vgl. Laube in: Hartmann/Toussaint Kostengesetze 49. Aufl. § 48 GKG Rn 23 m.w.N.). Denn es handelt sich ja um eine Gebühr für die gerichtliche Tätigkeit, die nur als Reflex nach § 32 Abs. 1 RVG auch für die Anwaltsgebühren von Bedeutung ist.

(3) Da alle genannten Umstände zu berücksichtigen sind, ist die tatsächliche und rechtliche Bedeutung der Sache – anders als bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten - nicht nur für die Klägerin, sondern auch für die Beklagte maßgeblich. Hier kann etwa ausnahmsweise darauf abgestellt werden, dass es sich um ein Pilot- oder Musterverfahren handelt.

(4) Soweit es auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse ankommen soll, werden diese in der Praxis nur vorsichtig herangezogen, wenn es sich nicht um familienrechtliche Streitigkeiten handelt (vgl. Schneider/Herget a.a.O. Rn 4308).

bb) Daran gemessen ist die arbeitsgerichtliche Festsetzung nicht zu beanstanden.

(1) Der Umfang der Sache liegt im untersten Bereich. Neben dem Klageantrag brauchte das Arbeitsgericht nur noch die aus dem Satz: „Gemäß der Entscheidung der LAG BW vom 20.12.2018 – 17 Sa 11/18 – ist Klagantrag ... zulässig und begründet“ bestehende Klagebegründung zur Kenntnis zu nehmen. Eine Klagerwiderung existiert nicht. Der Anspruch war auch im Übrigen weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht streitig. Eine mündliche Verhandlung fand nicht statt. Der Rechtsstreit endete durch Beschluss nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Hs 2 ZPO auf der Grundlage eines vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorformulierten Textes.

(2) Die tatsächliche und rechtliche Bedeutung der Sache ist ebenfalls als gering einzustufen. Es ist weder vorgetragen noch sonst erkennbar, dass das Persönlichkeitsrecht der Klägerin in einer Weise berührt gewesen wäre, die über den schlichten, massenhaft gewährten Auskunftsanspruch hinausginge, der ein allgemeines Informationsinteresse befriedigen soll. Dass der Auskunftsanspruch auch höher zu bewertenden Vermögensinteressen dienen sollte, hat die Klägerin nicht dargetan. Ebenso wenig hat die Beklagte sich auf ein ins Gewicht fallendes Abwehrinteresse berufen.

(3) Die Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien sind für den Streitfall völlig ohne Belang.

(4) Damit erweist sich die arbeitsgerichtliche Festsetzung des Streitwerts von 500,00 EUR für den Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DS-VGO aufgrund des durchgängig geringen Gewichts der zu berücksichtigenden Umstände als angemessen und ausreichend (im Ergebnis ebenso LAG Düsseldorf 16. Dezember 2019 – 4 Ta 413/19 – zur Veröffentlichung vorgesehen; OLG Köln 5. Februar 2018 – I-9 U 120/17 – juris)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Streitwert von 2.500 EURO je zu kontrollierender Klausel in AGB bei Klage durch Verband in Verbandsprozessen regelmäßig angemessen

BGH
Beschluss vom 10.09.2019
XI ZR 474/18


Der BGH hat entschieden, dass ein Streitwert von 2.500 EURO je zu kontrollierender Klausel in AGB bei einer Klage durch einen Verband in Verbandsprozessen regelmäßig angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Gegenstandswert ist in dem Senatsbeschluss zutreffend festgesetzt worden. Das für die Wertfestsetzung der Revision der Beklagten maßgebliche Interesse der Prozesspartei in Verbandsprozessen bemisst sich gemäß §§ 1, 4 UKlaG in Verbraucherschutzangelegenheiten ausschließlich nach dem Interesse der Allgemeinheit an der Beseitigung der beanstandeten AGBBestimmung. Insbesondere kommt der wirtschaftlichen Bedeutung eines Klauselwerks bzw. der betroffenen Klauseln ebenso wenig ein maßgebliches Gewicht zu wie dem Zugang zum Revisionsgericht oder etwaigen Gebühreninteressen beteiligter Prozessvertreter und des Justizfiskus. Dadurch ist sichergestellt, dass Verbraucherschutzverbände bei der Wahrnehmung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis zur Befreiung des Rechtsverkehrs von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor Kostenrisiken möglichst geschützt sind (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 28. September 2006 - III ZR 33/06, NJW-RR 2007, 497 Rn. 3 und vom 26. September 2012 - IV ZR 208/11, NJW 2013, 875 Rn. 20 mwN). Bei der Bewertung dieses allein maßgeblichen Allgemeininteresses hat sich in der Praxis - von der Rechtsprechung und Literatur einhellig gebilligt - ein Regelstreitwert von 2.500 € pro zu kontrollierender Klausel als angemessen herausgebildet, wovon unter Berücksichtigung einer gewissen Einschätzungsprärogative eines klagenden Verbraucherschutzverbands je nach den Besonderheiten des Einzelfalls nach oben oder nach unten abgewichen werden kann (vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 28. September 2006 aaO und vom 26. September 2012 aaO Rn. 21, jew. mwN; Senatsbeschlüsse vom 8. November 2016 - XI ZR 552/15 und vom 20. März 2018 - XI ZR 309/16). Umstände, die im Streitfall eine solche Abweichung rechtfertigen könnten, sind auch im Hinblick auf die ergänzende Stellungnahme der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 23. August 2019 weder ausreichend dargetan noch sonst ersichtlich. Soweit sie auf vereinzelte Entscheidungen des Bundesgerichtshofs hinweist, in denen ein höherer Gegenstandswert festgesetzt worden ist, beruhte dies jeweils auf den besonderen Umständen der betreffenden Fallgestaltung.

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OLG Köln: Streitwert 5.000 EURO für Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO angemessen sofern mit Anspruch auch wirtschaftliches Ziel verfolgt wird

OLG Köln
Beschluss vom 25.07.2019
20 W 10/18


Das OLG Köln hat entschieden, dass ein Streitwert von 5.000 EURO für einen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO angemessen sein kann, sofern mit dem Anspruch auch ein wirtschaftliches Ziel verfolgt wird (hier: Durchsetzung von Ansprüchen in sechsstelliger Höhe).

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Streitwert für den Antrag zu 6) wird - insoweit die erstinstanzlich vorgenommene Streitwertfestsetzung erhöhend - auf 5.000,00 EUR geschätzt.

In zivilrechtlichen Verfahren wird der Streitwert für nichtvermögensrechtliche Ansprüche gemäß § 48 Abs. 3 GKG unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls - insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien - nach Ermessen bestimmt. Unter Berücksichtigung dieser Faktoren, insbesondere der Bedeutung des Anspruchs aus Art. 15 DS-GVO und der hierdurch geschützten grundrechtlichen Positionen sowie des Umstands, dass der Kläger mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs (anders als in dem dem Beschluss des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 05.02.2018, Az. 9 U 120/17, zugrundeliegenden Sachverhalt) zumindest auch ein wirtschaftliches Ziel, nämlich die Erleichterung der Durchsetzung der Anträge zu 1) bis 5) verfolgt, erscheint eine Festsetzung des Werts auf 5.000,00 EUR als angemessen."

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AG München: Zum Umfang des Auskunftsanspruchs aus Art. 15 DSGVO - Streitwert für Auskunftsklage regelmäßig 5000 EURO

AG München
Teilurteil vom 04.09.2019
155 C 1510/18


Aus den Entscheidungsgründen:

Der Auskunftsanspruch steht der Klagepartei auch entsprechend der erfolgten Auslegung nach Art. 15 der DSGVO gegenüber der Beklagten zu 1 zu.

Der Auskunftsanspruch ist auch nicht aufgrund der von Beklagtenseite bislang erteilten Auskünfte erloschen und vor dem Hintergrund der nunmehr erfolgten Konkretisierung nicht als rechtsmissbräuchlich zu beurteilen.

Mit Schriftsatz vom 22. 7. 2019 (Blatt 163-166) wurde von Beklagtenseite insoweit lediglich ausgeführt, dass die entsprechenden Daten bereits vorliegen würden, insbesondere, da die Inkassokosten bereits im Verfahren 283 C 29963/15 vor dem Amtsgericht München geltend gemacht und die diesbezüglichen Forderungen dargelegt worden seien, ein weitergehender Auskunftsanspruch, insbesondere auch im Hinblick auf die Dateibezeichnung der entsprechenden Buchungssätze nicht bestehe. Betreffend die Frage der Dateibezeichnung wurde die Klage im Termin vom 25. 7. 2019 zurückgenommen.

Auch im Schriftsatz der Beklagtenseite vom 1.7.2019 (Blatt 150-155) wurden Auskünfte zu den konkreten aktuellen vorhandenen personenbezogenen Daten des Klägers im Hinblick auf die Position Inkassokosten des bezogenen Verfahrens nicht erteilt.

Soweit die Beklagtenseite ausführt, dass entsprechend der Entscheidung des LG Köln vom 18.3.2019 das mit Ziffer 1 des Klageantrags begehrte Verlangen unbegründet sei, da dem Kläger die Informationen über die im Verfahren unter dem Az. 283 C 20963/15 geltend gemachten Forderungen bereits aus dem genannten Verfahren bekannt seien und vorliegen würden, teilt das Gericht diese Auffassung nicht.

Damit ist auch nicht mehr davon auszugehen, dass entsprechend dem richterlichen Hinweis vom 24.5.2019 (Blatt 137-143) dort Seite 3 die Ausführungen im Schriftsatz der Beklagtenseite vom 26. 4. 2019 (Blatt 122-134) ab Ziffer 3. b dahingehend zu verstehen sind, dass bei der Beklagtenseite keine weiteren personenbezogenen Daten der Klagepartei existieren. Vielmehr geht die Beklagtenseite offenbar davon aus, dass bezüglich etwaiger gespeicherter personenbezogener Daten im Zusammenhang mit Inkassokosten generell kein Auskunftsanspruch bestehe, soweit diese im Zusammenhang mit einem früheren, gesonderten Gerichtsverfahren stehen und hat daher die von der Klägerseite insoweit geforderten Auskünfte nicht erteilt.

Das Gericht teilt die Auffassung der Beklagtenseite nicht.

Im Hinblick auf die zugrundezulegenden Rechtsnormen ist gem. Art. 99 Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) ab dem 25.5. 2018 diese verbindlich und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat der Europäischen Union anzuwenden, vgl BeckOK, Datenschutzrecht, 1.11.2018, DS-GVO, Art. 15 Rn. 1,2. Grund und Reichweite etwaiger Auskunftsrechte richten sich somit nach Art. 15 DS-GVO.

Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO geht auf Auskunft der zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens bei der Beklagtenseite gespeicherten, personenbezogenen Daten. Es handelt sich um ein umfassendes Auskunftsrecht betreffend die gespeicherten bzw. verarbeiteten personenbezogenen Daten. Personenbezogene Daten liegen immer dann vor, wenn auf Seiten des Auskunftsverpflichteten aufgrund der dort vorhandenen Daten ein Bezug der entsprechenden Daten zu der auskunftsberechtigten Person hergestellt werden kann. Dies ergibt sich etwa aus dem Erwägungsgrund 26, wie auch 57 der Datenschutz-Grundverordnung. Nach dem Erwägungsgrund 26 sollen die Grundsätze des Datenschutzes für alle Informationen gelten, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, auch wenn personenbezogene Daten einer Pseudonymisierung unterzogen sind, jedoch unter Heranziehung zusätzliche Informationen einer natürlichen Person zugeordnet werden können. Im Erwägungsgrund 39 wird ausgeführt, dass jede Verarbeitung personenbezogener Daten rechtmäßig und nach Treu und Glauben erfolgen sollte und insbesondere für natürliche Personen Transparenz dahingehend bestehen soll, dass sie betreffende personenbezogene Daten erhoben, verwendet, eingesehen oder anderweitig verarbeitet werden und in welchem Umfang die personenbezogenen Daten verarbeitet werden und künftig noch verarbeitet werden, wobei dieser Grundsatz insbesondere die Informationen über die Identität des Verantwortlichen und die Zwecke der Verarbeitung und sonstige Informationen, die eine faire und transparente Verarbeitung im Hinblick auf die betroffenen natürlichen Personen gewährleisten soll. Weiter wird dort ausgeführt, dass, um sicherzustellen, dass die personenbezogenen Daten nicht länger als nötig gespeichert werden, der Verantwortliche Fristen für ihre Löschung oder regelmäßige Überprüfung vorsehen sollte.

Von der Auskunftsverpflichtung erfasst sind daher alle Daten wie Namen oder Geburtsdatum genauso wie jegliche Merkmale, die eine Identifizierbarkeit eine Person ermöglichen können, z.B. Gesundheitsdaten, Kontonummer usw., nicht jedoch interne Vorgänge der Beklagten, wie etwa Vermerke, sämtlicher gewechselter Schriftverkehr, der dem Betroffenen bereits bekannt ist, rechtliche Bewertungen oder Analysen. Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO dient nicht der vereinfachten Buchführung des Betroffenen, sondern soll sicherstellen, dass der Betroffene den Umfang und Inhalt der gespeicherten personenbezogenen Daten beurteilen kann, vgl. LG Köln, Teilurteil vom 18. März 2019,26 O 25/18; LG Köln, Urteil vom 19.6.2019, Az. 26 S 13/18.

Aus Sicht des Gerichts können auch bei dem Auskunftsverpflichteten gespeicherte und verarbeitete personenbezogene Daten betreffend eine Position Inkassokosten unter den Auskunftsanspruch fallen.

Soweit diese gegebenenfalls im Rahmen eines gesonderten Gerichtsverfahrens geltend gemacht wurden, führt dies aus Sicht des Gerichts nicht zu einer endgültigen und abschließenden Erfüllung des Auskunftsanspruchs für die Zukunft.

Diese internen Daten können nämlich, sei es etwa aufgrund inzwischen stattgehabter Erfüllung der Forderung oder sonstiger Umstände von den Daten abweichen, die etwa zu einem anderen Zeitpunkt, somit einem vorangegangenen Gerichtsverfahren bei dem Auskunftsverpflichteten gespeichert gewesen sein können und ggf. in einem Gerichtsverfahren gegenüber dem Auskunftberechtigten geltend gemacht wurden. Dies gilt aus Sicht des Gerichts gerade auch für personenbezogene Daten im Hinblick auf bei dem Auskunftsverpflichteten gespeicherte Kostenpositionen. Könnte der Auskunftsberechtigte hier lediglich auf bereits in der Vergangenheit erteilte Auskünfte verwiesen werden, wäre die grundsätzliche Möglichkeit, wiederholt Auskunft über den jeweils aktuellen Stand der vorhandenen personenbezogenen Daten in unzulässiger Weise entkernt.

Ein besonderes Rechtsschutzinteresse ist gerade nicht Voraussetzung des Auskunftsanspruchs. Auch sonstige durchgreifende Einwände sind nicht gegeben.

Für die Auskunft ist keine bestimmte Form vorgeschrieben, vgl. BeckOK Datenschutzrecht, Stand 1.2.2019, Art. 15 Rn. 58. Die Reichweite der Bestimmung in Art. 15 Abs. 3 Satz 1 „Kopie“ ist umstritten, vgl. zum Ganzen BeckOK am angegebenen Ort, Rn. 87 ff. Das Gericht geht davon aus, dass eine Herausgabepflicht von einer Auskunftspflicht zu unterscheiden ist, eine Herausgabe von Kopien von Klägerseite gerade nicht verlangt wird. Grund hierfür ist, dass andernfalls, aufgrund der lediglich für die erstmalige Kopie der Daten kostenfreie Herausgabe, das grundsätzlich wiederholt mögliche Auskunftsverlangen (bis auf einen Fall der Missbräuchlichkeit) quasi durch die Hintertür wieder eingeschränkt werden könnte, ohne, dass hierfür (außer im Fall des mehrfachen Verlangens von Kopien) ein nachvollziehbarer Grund gegeben wäre.

Soweit sich aus § 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) neue Fassung eine Einschränkung des Auskunftsanspruchs ergeben kann, wäre ein solcher von Amts wegen zu berücksichtigen, vgl. BeckOK, BDSG § 34, Stand 1.11.2018, Rn. 16 ff. Eine Einschränkung nach § 33 BDSG ist nicht ersichtlich.

Im Hinblick auf eine mögliche Unverhältnismäßigkeit wäre nach BeckOK am angegebenen Ort Rn. 36 Voraussetzung, dass sich diese gerade aufgrund des mit der konkreten Auskunft verbundenen Aufwands ergeben müsste. Zur Ermittlung der Unverhältnismäßigkeit ist eine Gesamtschau vorzunehmen zwischen dem Informationsinteresse der betroffenen Person und dem Aufwand für den Verpflichteten, wobei zusätzlich subjektiv auf den Verantwortlichen abzustellen ist.

Soweit der Anspruchsinhaber nach § 34 Abs. 2 BDSG alte Fassung der Betroffene die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichneten „sollte“, ist diese Norm zum einen nicht mehr in Kraft, zum anderen handelte es sich bereits nach altem Recht lediglich um eine Sollvorschrift, die keinerlei tatsächliche Einschränkung des Auskunftsanspruchs beinhaltet hat. Auch § 33 Abs. 2 BDSG alte Fassung ist nicht mehr in Kraft. Darüber hinaus wurde der Klageantrag in der zuletzt geltend gemachten Form hinreichend präzisiert.

Soweit die Beklagtenseite sich auf eine Schranke des Auskunftsanspruchs nach § 34 Abs. 1 Nummer 2 Bundesdatenschutzgesetz stützen will, ist nicht erkennbar, weshalb diese eingreifen sollte, vgl. BeckOK am angegebenen Ort Rn. 22 ff., insbesondere Rn. 26 ff. Gerade aus der Bezugnahme im Hinblick auf Aufbewahrungsvorschriften nach § 257 HGB bzw. § 147 Abs. 3 Abgabenordnung geht das Gericht davon aus, dass etwa gerade auch personenbezogene Rechnungsdaten unter den Auskunftsanspruch fallen.

Betreffend die nähere Darlegungspflicht wird auf den richterlichen Hinweis vom einen 30.1.2019 (Blatt 104-107) Bezug genommen. Zum einen wäre Voraussetzung, dass die Auskunftserteilung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde und eine Verarbeitung zu anderen Zwecken durch geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen wäre. Zum anderen, dass diese Daten nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher oder satzungsmäßige Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen oder ausschließlich Zwecken der Datensicherung oder Datenschutzkontrolle dienen. Derartiges ist vorliegend nicht erkennbar, jedenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, § 286 ZPO.

Soweit die Beklagtenseite sich darüber hinaus auf die Entscheidung des Landgerichts Köln, Urteil vom 18.3.2019, Az. 26 O 25/18 bezieht, ist zunächst festzustellen, dass dort die (weitere) Klage deswegen als unbegründet angesehen wurde, da während des dortigen Prozesses wiederholt Auskünfte erteilt wurden und der Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt wurde. Seitens des Landgerichts wurde in der dortigen Entscheidung festgehalten, dass im dortigen Verfahren die erteilten Auskünfte den Auskunftsanspruch vollständig erfüllt hatten und ein weitergehender Anspruch personenbezogener Daten vor diesem Hintergrund nicht mehr gegeben war. Gleiches gilt für die Entscheidung des Landgerichts Köln, Urteil vom 19.6.2019, Az. 26 S 13/18. Eine generelle Beschränkung des Auskunftsanspruchs in der von Beklagtenseite angenommenen Weise ist den Entscheidungen jedoch gerade nicht zu entnehmen.

Betreffend den von Beklagtenseite erhobenen Einwand der Missbräuchlichkeit sind die Voraussetzungen ebenfalls nicht nachgewiesen. Es mag sein, dass der Kläger den Auskunftsanspruch im Zusammenhang mit Vollstreckungsmaßnahmen der Beklagtenseite erhoben hat. Vor dem Hintergrund, dass jedoch ein besonderes Rechtschutzinteresse gerade keine Voraussetzung des Auskunftsanspruchs ist und sonstige Umstände, die eine Missbräuchlichkeit des klägerischen Auskunftsbegehrens begründen könnten nicht ersichtlich sind, fehlt es jedenfalls am hinreichenden Nachweis der Voraussetzungen der Missbräuchlichkeit, § 242 BGB.

Das von Beklagtenseite zitierte Urteil des LAG Hessen, BeckRS 2013,67364 kann auch nicht pauschal als Beleg für die von der Beklagtenseite geäußerten Rechtsansichten und rechtshindernden bzw. rechtsvernichtende Einwände zugrunde gelegt werden. Vielmehr wurde auch im dortigen Urteil jeweils der entsprechende Einwand differenziert unter Bezugnahme auf die jeweiligen Tatsachengrundlagen behandelt.

2. Betreffend die vorgerichtlichen Kosten ergibt sich zunächst dem Grunde nach ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt des Verzugs mit der geschuldeten Auskunft gegenüber der Beklagten zu 1, § 286 BGB.

Die vorgerichtliche Auskunft der Beklagtenseite vom 27.07.2016 (Anlage K 1) enthält lediglich eine Auskunft über einige Stammdaten und die Mitteilung betreffend die Mitteilung von Daten an eine Inkassogesellschaft sowie den Grund der Datenspeicherung, keinesfalls jedoch die geschuldete vollständige Auskunft, was sich bereits darin zeigt, dass entsprechend der Anlage K 2 erst nach Einschaltung der Klägervertreterin weitere tatsächlich geschuldete Auskünfte erteilt wurden. Bis heute ist etwa auch die nach Ziff 1. geschuldete Auskunft offen. Ausweislich der Anlage K 2 wurde die zuvor erteilte Auskunft nur deshalb beschränkt erteilt, da der Ausdruck aller entsprechenden, tatsächlich vorhandenen Daten ca. 1 V£ Mann-Tage in Anspruch nehmen würde und die Beklagtenseite offenbar alleine aufgrund der Auskunftsanforderung des Klägers diesen Aufwand nicht erbringen wollte. Der Ansatz der Beklagtenseite, auf die eigene Auskunftsbereitschaft zu verweisen, jedoch den Kläger aufzufordern, näher auszuführen, welche konkreten Daten begehrt werden, da eine unterschiedslose und flächendeckende Auswertung des gesamten auf Seiten der Beklagten vorhandenen Datenbestands einen erheblichen Aufwand von mehreren Manntagen auslösen würde, geht am Schutzzweck der Norm vorbei und zwar auch in den Fällen, wie dem vorliegenden, in denen die Klagepartei zulässigerweise ein vollständiges Auskunftsersuchen stellt.

Die Klagepartei kann nicht wissen, welche personenbezogenen Daten bei der Beklagtenseite über sie vorhanden sind. Der Auskunftsanspruch ist grundsätzlich nicht anlassbezogen oder in sonstiger Form einschränkend ausgestaltet, soweit nicht gesetzliche Beschränkungen gegeben sind, mag auch im Falle einer noch nicht angepassten Datenorganisation bei dem jeweiligen Auskunftsverpflichteten ein erheblicher Aufwand die Folge sein, vgl. BeckOK, Datenschutzrecht, Stand 1.2.2019, Art. 15 Rn. 87.4 f.

Die Einschaltung der Klägervertreterin war daher erforderlich und angemessen, vgl. Palandt, BGB, § 249, Rn. 57.

Die Klagepartei macht zuletzt eine 1,9 - Gebühr aus einem Streitwert von € 5.000,00 geltend.

Betreffend die Höhe des Streitwertes für den gegenständlichen Anspruch geht das Gericht davon aus, dass bei Auskunftsklagen grundsätzlich der Streitwert zunächst sich an dem von der Klagepartei dargestellten Rahmen orientiert, bei welchem das (wirtschaftliche) Interesse eine Rolle spielen kann, auf der anderen Seite auch der Aufwand betreffend die Auskunftserteilung.

Dieser wurde von Beklagtenseite selbst, etwa in der Anlage K 2 als massiv dargestellt. Etwa im Schriftsatz vom 08.03.2018 (Bl. 53/58) wurde von Beklagtenseite angegeben, dass die Beklagte zu 1) über 5 Systeme verfügt, in denen Kundendaten grundsätzlich gespeichert sind.

Soweit die Beklagtenseite auf den Beschluss des OLG Köln vom 5.2.2018, Az. 9 U 120/17 Bezug nimmt, wird in der entsprechenden Anmerkung zur Entscheidung zutreffend ausgeführt, dass eine einheitliche Maßgabe in Form einer „roten Linie“ gerade nicht existiert. Auch seitens des Landgerichts München I wurde mit Streitwertbeschluss vom 22. 1. 2018 der Streitwert entsprechend § § 3 ZPO, 23 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 RVG analog mit 5000 € festgesetzt. Aus Sicht des Gerichts besteht nach Würdigung sämtlicher Umstände kein Anlass, von der Seitens des Landgerichts München I getroffenen Einschätzung betreffend die dort verlangte vollständige Auskunft von dem angesetzten Streitwert von € 5.000,00 abzuweichen.

Betreffend die Höhe der vorgerichtlichen Geschäftsgebühr richtet sich diese nach § 14 RVG, wobei sowohl die Bedeutung der Angelegenheit etwa aus Sicht des Mandanten, die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie deren Umfang im Hinblick auf den tatsächlichen zeitlichen Aufwand des Anwalts bei der Bearbeitung des konkreten Mandates zu berücksichtigen sind, vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, § 14, Rn. 11 ff. die Erholung eines Sach verständigen Gutachtens war in einer Konstellation wie der vorliegenden nicht erforderlich, vgl. Mayer/Kroiß am angegebenen Ort, Rn. 67.

Unter Berücksichtigung der dem Rechtsanwalt grundsätzlich obliegenden Einschätzungsprärogative, vgl. Mayer/Kroiß am angegebenen Ort, Rn. 56 ff. erscheint der Ansatz einer 1,9 Gebühr vor dem Hintergrund sämtlicher Umstände gerade noch als angemessen. Zu berücksichtigen ist hier zum einen, dass Gegenstand des Mandates zum einen ein Spezialrechtsgebiet, nämlich das Datenschutzrecht war, zum anderen die erhebliche Dauer und der Umfang der vorgerichtlichen Korrespondenz über einen Zeitraum von etwa einem halben Jahr, darüber hinaus insbesondere, dass Gegenstand des klägerischen Auskunftsbegehrens eine vollständige Auskunft sämtlicher bei der Beklagtenseite vorhandener personenbezogener Daten war, somit schon nach dem Vorbringen der Beklagtenseite, etwa im Rahmen der Anlage K2 mit einem erheblichen Umfang von Daten zu rechnen war, deren Auswertung auf Vollständigkeit und Plausibilität Gegenstand der Beauftragung des Klägervertreters gewesen ist, wonach schon entsprechend der Anlage K2 zu erheblichen Datensätzen vorgetragen wurde, die bei vollständiger Auskunft im Raume stehen würden. Vor diesem Hintergrund erscheint auch entsprechend der Entscheidung des Landgerichts Berlin, BeckRS 2012,200524 vorliegend der Ansatz einer 1,9 Gebühr gerade noch als angemessen.

Betreffend die Beklagten zu 2 und 3 ergibt sich ein Zahlungsanspruch insoweit aus dem Gesichtspunkt der Akzessorietät, §§ 128, 129 HGB. Insbesondere handelt es sich bei der Zahlungsverpflichtung nicht um eine unvertretbare Handlung der Beklagten zu 1, anders als etwa betreffend das von Klägerseite in der Hauptsache geltend gemachte Auskunftsverlangen. Bei einer schadenersatzbasierten Zahlungsverbindlichkeit schuldet der Gesellschafter unproblematisch dasselbe wie die Gesellschaft, vgl. Münchner Kommentar zum HGB, 4. Aufl. 2016, § 128, Rn. 25.


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LG München: Alleiniger Geschäftsführer haftet auch persönlich für Markenrechtsverletzung einer GmbH - 400.000 EURO Streitwert bei Verletzung einer bekannten Marke

LG München
Urteil vom 09.07.2019
33 O 11904/18


Das LG München hat entschieden, dass der alleinige Geschäftsführer einer GmbH neben der GmbH auch persönlich für Markenrechtsverletzungen der GmbH haftet. Zudem hat das Gericht entschieden, dass ein Streitwert von 400.000 EURO bei Verletzung einer bekannten Marke angemessen ist. Das Gericht ist zudem der Ansicht, dass für die vorgerichtlichen Abmahnkosten eine 1,5 Geschäftsgebühr angesetzt werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"5. Als alleiniger Geschäftsführer der Beklagten zu 1) haftet der Beklagte zu 2) für die streitgegenständliche Markenrechtsverletzung auch persönlich.

a) Eine persönliche Verantwortlichkeit des gesetzlichen Vertreters als Täter oder Teilnehmer setzt voraus, dass der gesetzliche Vertreter an der Markenverletzung entweder durch positives Tun beteiligt war oder er sie aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 14 Rdn. 469 m.w.N.). Eine Verantwortlichkeit aufgrund positiven Tuns liegt danach etwa dann vor, wenn positiv festgestellt ist, dass der gesetzliche Vertreter an der verletzenden Zeichenbenutzung selbst beteiligt war. Aber auch ohne solche positiven Feststellungen kann von einer Verantwortlichkeit als Täter oder Teilnehmer ausgegangen werden, wenn es um Maßnahmen der Gesellschaft geht, über die typischerweise auf Geschäftsführerebene entschieden wird. Dann kann nach dem äußeren Erscheinungsbild und vorbehaltlich abweichender Feststellungen im Einzelfall davon ausgegangen werden, dass die jeweilige Maßnahme von dem gesetzlichen Vertreter veranlasst worden ist (vgl. Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, MarkenG, 12. Auflage, § 14 Rdn. 469 m.w.N.).

b) Von einem solchen typischen Geschehensablauf ist vorliegend auszugehen. Typischerweise wird der alleinige Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens entscheiden, welche Produkte unter welcher Kennzeichnung in das Produktportfolio des Unternehmens aufgenommen werden.

II. Als Folge der Markenrechtsverletzung der Beklagten zu 1) und zu 2) bestehen auch die geltend gemachten Folgeansprüche auf Auskunftserteilung und Schadensersatzfeststellung gegen die zumindest fahrlässig handelnden Beklagten (vgl. zu den im Kennzeichenrecht anzulegenden strengen Maßstäben Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 3. Auflage, Vor §§ 14-19d Rdnr. 219) gemäß § 19 MarkenG und § 242 BGB bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6 MarkenG.

III. Der Klägerin steht ferner der geltend gemachte Anspruch auf Erklärung der Teilnichtigkeit der angegriffenen Marken der Beklagten zu 1) für „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ aus §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 51 Abs. 1 MarkenG a.F., § 55 Abs. 1 und 2 Nr. 2 MarkenG n.F. zu. Der Eintragung stehen die älteren Rechte der Klägerin an ihrer deutschen Wort-/Bildmarke Nr. ... entgegen, da Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Zeichen besteht. Insoweit gelten die Ausführungen zur Verwechslungsgefahr unter B. I. 2. für die Waren „Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität“ entsprechend, mit der Folge, der vollständigen Löschung des Oberbegriffs (vgl. BGH GRUR 2005, 326, 327 - il Padrone/II Portone; Ströbele/Hacker/Thiering/Thiering, 12. Auflage, MarkenG, § 51 Rdn. 34, § 55 Rdn. 35).

[...)

IV. Der Klägerin steht der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gegen die Beklagten gemäß §§ 683 S. 1, 670, 677 BGB in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert vom 400.000,- Euro zzgl. Auslagenpauschale, mithin von 4.299,50 Euro, zu. Die Abmahnung der Klägerin vom 09.07.2018 (Anlage K 56) war nach dem oben Gesagten berechtigt und begründet. Die von der Klägerin angesetzte hälftige 1,5 Geschäftsgebühr ist ebenso wie der zugrunde gelegte Gegenstandswert in Höhe von EUR 400.000 nicht zu beanstanden. Die Abmahnkosten wurden von der Klägerin unstreitig bereits ausgeglichen. Der zuerkannte Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1 und 2, 286, 288 Abs. 1 BGB. "


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