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BGH: Identifizierende Tatschilderung des Opfers in sozialen Medien kann bei gewichtigen Gründen auch bei schwerwiegende Folgen für den Täter zulässig sein

BGH
Urteil vom 17.10.2023
VI ZR 192/22
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1,§ 1004 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat entschieden, dass eine identifizierende Tatschilderung des Opfers in sozialen Medien bei gewichtigen Gründen auch bei schwerwiegende Folgen für den Täter durch Prangerwirkung und Stigmatisierung zulässig sein kann.

Leitsatz des BGH:
Sprechen gewichtige Gründe für eine identifizierende Tatschilderung seitens des Opfers, muss diese auch dann hingenommen werden, wenn sie (aufgrund einer Prangerwirkung oder Stigmatisierung) schwerwiegende Folgen für die Persönlichkeitsentfaltung des Täters hat. In der Abwägung der Interessen des Opfers an der Verbreitung der Wahrheit über eine Tat und die Identität des Täters einerseits und dem Persönlichkeitsrecht des Täters andererseits wird das Gewicht der Meinungsfreiheit des Opfers verstärkt, wenn die von ihm geschilderte Tat eine die Öffentlichkeit bzw. den Adressatenkreis des Opferberichts wesentlich berührende Frage ist und ein Interesse der Gesellschaft daran besteht, aus der Opferperspektive über die Tat informiert zu werden (vgl. BVerfGE 97, 391, 406 f., juris Rn. 53, 57).

BGH, Urteil vom 17. Oktober 2023 - VI ZR 192/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Nameserver-Betreiber mit CDN-System nicht aber DNS-Resolver können für Urheberrechtsverletzungen auf Sharehosting-Plattform haften

OLG Köln
Urteil vom 03.11.2023
6 U 149/22


Das OLG Köln hat entschieden, dass Nameserver-Betreiber mit CDN-System nicht aber DNS-Resolver für Urheberrechtsverletzungen auf Sharehosting-Plattform haften können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung ist in der Sache teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nur bezüglich des CDN zu, nicht auch bezüglich des DNS-Resolvers. Insoweit kann die Klägerin auch nur anteilig Erstattung der Abmahnkosten verlangen.

1. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist gegeben. Auf die mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit stellt sich in zweiter Instanz nicht, § 513 Abs. 2 ZPO.

Die auf bestimmte Hyperlinks als konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt. Die Beklagte erhebt auch insoweit keine Einwände mehr. Mit den Anträgen zu Ziff. 1 und 2 nimmt die Klägerin die Beklagte als täterschaftlich Handelnde in Anspruch, wobei darüber, was mit der angeführten Verletzungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens (§ 19a UrhG) gemeint ist, keine Unklarheiten bestehen, und aus dem Vorbringen der Klägerin sowie den Entscheidungsgründen folgt, dass mit „verweisen“ die Funktion des DNS-Resolvers angesprochen ist. Die Hilfsanträge zu Ziff. 1a und 1b sind bezogen auf den CDN-Dienst bzw. den DNS-Resolver der Beklagten auf eine DNS-Sperre nach § 7 Abs. 4 TMG ausgerichtet, unter konkreter Bezeichnung der Domain, die gesperrt werden soll. Die Handlungspflicht der Beklagten ist ebenfalls klar umrissen (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2022, I ZR 111/21 – DNS-Sperre, juris, Tz. 15).

2. Die geltend gemachten Ansprüche sind gemäß den zutreffenden und mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts nach deutschem Recht zu beurteilen.

3. Grundlage für die Unterlassungsansprüche ist § 97 Abs. 1 UrhG. Danach kann derjenige, der ein nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

a. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung rechtswidrig ist. Für beide Zeitpunkte maßgeblich sind die §§ 97, 85, 15, 19a UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG. Das seit August 2021 in Kraft befindliche UrhDaG ist für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist die Beklagte keine Diensteanbieterin i.S.d. § 2 UrhDaG. Einwände hiergegen sind nicht erhoben.

b. Die Ausführungen des Landgerichts zur Aktivlegitimation der Klägerin sind berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dafür, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers ist, spricht gemäß §§ 85 Abs. 4, 10 Abs. 3 UrhG, die der Umsetzung des Art. 5 der RL 2004/48/EG vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dienen, eine tatsächliche Vermutung. Ähnlich wie beim Urheber, dessen Urheberschaft für das konkrete Werk vermutet wird, wenn er auf Vervielfältigungsstücken dieses Werkes in üblicher Weise als Urheber bezeichnet ist, § 10 Abs. 1 UrhG, wird gemäß Art. 5 lit. b) der RL 2004/48/EG die Inhaberschaft des Tonträgerherstellerrechts zu Gunsten desjenigen vermutet, der auf den Tonträgern in üblicher Weise als Inhaber der Rechte bezeichnet ist. Die Vermutung gilt nicht nur zu Gunsten des originären Herstellers des Tonträgers, entsprechend § 10 Abs. 1 UrhG, sondern auch für den Inhaber abgeleiteter Rechte, § 10 Abs. 3 UrhG. Wird der Rechtsinhaber im Copyright-Vermerk auf der CD-Box sowie auf den einzelnen CD´s der Box genannt, ist zu vermuten, dass er die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musiktiteln besitzt. Der P-Vermerk lässt ebenfalls die Inhaberschaft ausschließlicher Nutzungsrechte gemäß § 85 UrhG vermuten, und die Angabe eines Lieferanten in dem für Tonträger zentralen Einkaufskatalog PhonoNet ist ein hinreichendes Indiz für dessen Rechtsinhaberschaft (Schulze in Dreier / Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 85 Rn. 62a). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin nicht nur in der Katalogdatenbank „Media-Cat“ der Phononet GmbH als Lieferantin genannt, sie ist auch im P- und Copyright-Vermerk auf dem CD-Cover und den CD´s angeführt („…(P) & 2019 N. GMBH, UNDER EX-CLUSIVE LICENSE TO V. GMBH“). Die aus den angeführten Hinweisen folgende Vermutung steht nicht Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, ihr seien von der hinter der Fa. N. stehenden Künstlerin D. die Vollrechte übertragen worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten spricht der P-Vermerk nicht gegen eine Vollrechtsübertragung. Er kann zwar darauf hindeuten, dass lediglich bestimmte ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt worden sind, ebenso jedoch auch darauf, dass dem genannten Unternehmen ausschließliche Rechte gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zustehen, sei es aus originärem Recht, aufgrund einer Vollrechtsübertragung oder aufgrund des Erwerbs ausschließlicher Lizenzen (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 140/15 – YouTube II, juris, Tz. 40, m.w.N.). Auf ein originäres Recht hat sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt berufen.

Die Tonträgerherstellungsrechte sind in § 85 Abs. 1 UrhG mit dem Vervielfältigungsrecht, dem Verbreitungsrecht und dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung abschließend aufgezählt. Die Klägerin macht eine Verletzung des hier allein in Betracht kommenden Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung geltend, anknüpfend an die in der konkreten Verletzungsform angeführten Links auf der Webseite ddl-music.to des Dienstes DDL-Musik. Dieser nutzte bis Februar 2020 die Internetdienstleistung E. CDN der Beklagten. Die Beklagte ist dabei als autorativer Nameserver für ihre Kunden eingetragen und leitet für diese den gesamten Datenverkehr zwischen Endnutzer und Webseite über ein eigenes Servernetz. Außerdem war die Webseite ddl-Music.to für die Internetnutzer bei entsprechender Voreinstellung über den öffentlichen DNS-Resolver der Beklagten aufrufbar, einem von vielen frei verfügbaren DNS-Resolvern.

c. Das Landgericht hat die Beklagte wegen täterschaftlicher Verletzung der an den Musikstücken der Alben „G“ bestehenden Rechts der Klägerin zum öffentlichen Zugänglichmachen des Tonträgers zur Unterlassung verpflichtet, sowohl im Hinblick darauf, dass die Beklagte mit dem Betreiber der Webseite ddl-music.to einen Dienstleistungsvertrag über Nameserver und CDN geschlossen hat, als auch in ihrer Eigenschaft als Anbieterin des DNS-Resolvers. Dies ist vor dem Hintergrund des vollharmonisierend wirkenden DSA, der am 16.11.2022 in Kraft getreten ist und ab dem 17.02.2024 in vollem Umfang, u.a. bezüglich der Haftungsprivilegierungen gelten wird, für den DNS-Resolver nicht überzeugend (dazu cc). Bezüglich der Tätigkeit der Beklagten als mit dem unmittelbaren Rechteverletzter DDL-Musik vertraglich verbundene Dienstleisterin ist die Entscheidung des Landgerichts zutreffen (dazu dd.). Die vom Senat im einstweiligen Verfügungsverfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 - HERZ KRAFT WERKE, juris) vertretene Ansicht, die Beklagte hafte wegen der Zurverfügungstellung des CDN-Systems und des DNS-Resolvers aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung, ist aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des EuGH in den Vorlageverfahren YouTube und uploaded (Urteil vom 22.06.2021, C-682/18 und C-683/18 – YouTube und Cyando, juris) sowie den daran anschließenden Entscheidungen des BGH (Urteil vom 02.06.2022, I ZR 140/15 – YouTube II, juris; Urteil vom 02.06.2022, I ZR 53/17 – uploaded II, juris; Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 – uploaded III, juris) überholt.

aa. Bezüglich der Haftung von Internetprovidern und anderen Internetmediären für Verletzungen Dritter, die ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen, hatte der BGH vor der o.a. Entscheidung des EuGH die Ansicht vertreten, dass für die Täter- und Teilnehmerhaftung nicht auf das Unionsrecht, sondern allein auf das nationale Recht abzustellen sei, so dass ohne vorsätzliches Zusammenwirken eine Täter- und Teilnehmerhaftung ausschied. Hieran hält der BGH nicht mehr fest. Zumindest die Frage, ob Hostprovider - die Onlineplattformen YouTube und uploaded sind besondere Arten der Hostingdienste - als mittelbare Verursacher täterschaftlich für Verletzungen des Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe haften, ist nach der neuen Rechtsprechung des BGH auf der Grundlage eines unionsrechtlichen Haftungskonzeptes zu beantworten. Der BGH hat nunmehr eine täterschaftliche Haftung für Hostprovider als mittelbare Verursacher eingeführt, unter ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Störerhaftung. Der EuGH hat für Plattformbetreiber wie YouTube und uploaded entschieden, dass eine täterschaftliche Haftung gegeben sei, wenn die Plattformen eine „zentrale Rolle“ bei der Vermittlung der Rechtsverletzungen übernommen und bestimmte Pflichten verletzt haben, so dass eine „Vorsätzlichkeit des Handelns“ gegeben sei. Dabei entnimmt der EuGH sein Haftungsmodell für mittelbare Verursacher von Urheberrechtsverletzungen einer Auslegung des vollharmonisierten Rechts der öffentlichen Wiedergabe gemäß Art. 3 Urheberrechtsrichtlinie 2001/29. Dementsprechend prüft der BGH in den o.a. Entscheidungen, ob der Plattformbetreiber eine Wiedergabehandlung vorgenommen hat, ausgehend davon, dass eine solche auch durch bloß mittelbare Verursacher erfolgen kann, wenn diese eine zentrale Rolle einnehmen. Die vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung, die nach der Rechtsprechung des EuGH dann zu einer täterschaftlichen Wiedergabehandlung führen kann, hat der BGH an die vergleichbaren Verkehrspflichten im deutschen Recht angeknüpft, d.h. der erste Zivilsenat des BGH hat jetzt im Urheberrecht, wie schon zuvor der Xa-Senat im Patentrecht, eine täterschaftliche Haftung wegen Verkehrspflichtverletzungen eingeführt (Nordemann, Neu: Täterschaftliche Haftung von Hostprovidern im Urheberrecht, ZUM 2022, 806 ff.).

Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH betrifft zwar unmittelbar nur die Hostprovider, ist aber auch auf andere Providerarten übertragbar, wenn sie eine „zentrale Rolle“ im Sinne der EuGH-Rechtsprechung spielen. Zu klären bleiben die entsprechenden Verkehrspflichten, insbesondere auf unionsrechtlicher Ebene (Nordemann, a.a.O., S. 812 f.). Für die deutsche Störerhaftung hatte der BGH solche Pflichten bereits für Zugangsprovider herausgearbeitet und diese Pflichten dann auf Domainprovider/Registrare/Registries übertragen (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 – Störerhaftung des Access-Providers, juris; BGH, Urteil vom 15.10.2020, I ZR 13/19 - Störerhaftung des Registrars, juris). Es liegt nahe, diesen Pflichtenkatalog – entsprechend der Argumentation des BGH bei den Hostprovidern (Onlineplattformen You-Tube und uploaded) auf die täterschaftliche Haftung der Zugangsprovider zu übertragen.

bb. Grundvoraussetzung für eine Haftung der Beklagten ist, dass die Webseite ddl-music.to überhaupt in das Recht der Klägerin auf das öffentliche Zugänglichmachen eingreift. Dies ist der Fall.

Bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe, vgl. § 15 Abs. 2 und 3 UrhG. Da es sich bei den hier in Rede stehenden Rechten des Tonträgerherstellers zur öffentlichen Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung um nach Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, sind die entsprechenden Bestimmungen des deutschen Urheberrechtsgesetzes richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert, so dass die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 29; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 17; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – YouTube II, juris, Tz. 70).

Die im Streitfall in Rede stehende öffentliche Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung fällt in den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG, weil bei dem Abruf einer im Internet bereitgestellten Datei die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung gegenüber Mitgliedern der Öffentlichkeit erfolgt, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind (vgl. Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 2001/29/EG).

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Bei der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe, so dass eine öffentliche Zugänglichmachung nur vorliegen kann, wenn das beanstandete Verhalten die Tatbestandsmerkmale einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Der Begriff erfordert eine individuelle Beurteilung, bei der eine Reihe weiterer unselbständiger und miteinander verflochtener Kriterien zu berücksichtigen sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden. Unter diesen Kriterien sind die zentralen Rolle des Nutzers und die Vorsätzlichkeit seines Handelns hervorzuheben. Der Begriff der Öffentlichkeit der Wiedergabe ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt, die gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte auf einer Internetplattform zum Abruf durch deren Nutzer bereitgestellt werden (s. BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 31 f.; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 19 f.; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – You-Tube II, juris, Tz. 72 f.).

Im vorliegenden Fall wurden nach den grundsätzlich bindenden und mit dem Berichtigungsantrag der Beklagten vom 20.10.2022 nicht angegriffenen Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung auf der Webseite ddl-music.to Hyperlinks zu illegalen Download-Angeboten urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen angeboten. Das Musikalbum „G“ war am 05.06.2019, 13.06.2019, 14.06.2019 und 17.06.2019 unter den im Tenor bezeichneten Links abrufbar. Die in den Anlagen K 3 / K 6, K 8, K 9 und K 10 dokumentierten Aufrufe erfolgten durch den Zeugen F., der dabei den DNS-Resolver der Beklagten mit der voreingestellten Ziffernfolge 1.1.1.1 verwendete. Soweit die Beklagte die Abrufbarkeit der Musikalben über die Links mit Nichtwissen bestreitet, sind ihr die zur Akte gereichten Belege entgegenzuhalten, mit denen sie sich weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren auseinandersetzt hat. Unabhängig davon, dass der Senat bereits an die Feststellungen im unstreitigen Tatbestand gebunden ist, ist der Vortrag der Klägerin auch hinreichend belegt.

Für eine Einstufung als öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich vom bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18, - uploaded III, juris, Tz. 33; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 21; BGH, Urteil vom 02.06.2022 –YouTube II, juris, Tz. 74). Diese Voraussetzung ist im Streitfall ebenfalls erfüllt. Das Einstellen urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer Webseite erfolgt selbst dann für ein neues Publikum, wenn diese Inhalte zuvor mit Zustimmung des Rechtsinhabers und ohne beschränkende Maßnahmen, die ein Herunterladen verhindern, auf einer anderen Webseite eingestellt worden sind. Soweit der angegriffenen Wiedergabe keine öffentliche Wiedergabe im Internet vorausgegangen ist, handelt es sich darüber hinaus um ein anderes technisches Verfahren (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 34; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 22; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – YouTube II, juris, Tz. 75). Dies gilt auch für die hier vom Webseitenbetreiber gesetzten Links. Der Ansicht der Beklagten, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sei im vorliegenden Fall nicht berührt, weil nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH das Setzen eines Hyperlinks keine öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG darstelle, dieses Recht vielmehr nur dann verletzt werde, wenn sich der Schutzgegenstand in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet, kann nicht beigetreten werden. Der EuGH hat bereits geklärt, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen ist, dass für die Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden, oder ob die Links mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist (EuGH, Urteil vom 08.09.2016, C-160/15, juris, Tz. 55; s. zur Verlinkung als öffentliches Zugänglichmachen allgemein auch Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 19a Rn. 6b). Im vorliegenden Fall erfolgte die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und in mithin bereits vermuteter Kenntnis der Rechtswidrigkeit. Im Übrigen handelte der Webseitenbetreiber sogar bewusste und gewollt rechtswidrig. Ausweislich der Anlagen K6 und K 8 bis 10 handelte es sich bei der Webseite ddl-music-to um „die aktuellste Warezseite für Musik im deutschsprachigen Raum“, wobei der Begriff „Warez“ im Computer- und Netzjargon für illegal beschaffte oder verbreitete Software steht. Den Angaben auf der Webseite zufolge hielt der Webseitenbetreiber über 1 Million Download-Links mit den neuesten Charts, Alben und Hörbüchern zum Download bereit. Die Webseite ddl-music.to hatte kein Impressum und bot kein „Abuse“-Formular für Rechteinhaber. Bei den verlinkten Webseiten nitroflare und share-online handelt es sich nach der unbeanstandeten Feststellung des Landgerichts um illegale Filesharing-Tauschbörsen. Selbst auf der Webseite des Hostproviders „BlueAngelHost“ finden sich deutliche Hinweise auf ein illegales Konzept. So heißt es dort u.a. unter der Überschrift DMCA Ignored Hosting: „Our servers are located in Offshore location (Bulgaria) which enable us to offer DMCA Ignored Hosting services, total privacy, data security, and wider range of accepted content.“ [Unsere Server befinden sich an einem Offshore-Standort (Bulgarien), was es uns ermöglicht, DMCA Ignored Hosting-Dienste, absolute Privatsphäre, Datensicherheit und ein breiteres Spektrum an akzeptierten Inhalten anzubieten] und unter der Überschrift „Why You Need it?“: „Purchasing USA-based hosting for a site that is not legal tob be run in America ist not a sensible thing to do. Offshore hosting can be helpful for less scrupulous business who wish to bypass local laws or regulations, particulary for issues like copyright law, which is also known a no DMCA hosting“ [Der Kauf von Hosting in den USA für eine Website, die in Amerika nicht legal betrieben werden darf, ist nicht sinnvoll. Offshore-Hosting kann für weniger skrupellose Unternehmen hilfreich sein, die lokale Gesetze oder Vorschriften umgehen möchten, insbesondere bei Themen wie dem Urheberrecht, das auch als No-DMCA-Hosting bekannt ist].

Der Eingriff in das Recht der öffentlichen Wiedergabe war rechtswidrig, weil die Klägerin hierzu keine Zustimmung gegeben hat.

cc. Das Landgericht hat neben der Verletzungshandlung des Webseitenbetreibers eine täterschaftliche Wiedergabehandlung der Beklagten durch Zurverfügungstellung ihres DNS-Resolvers festgestellt. Das überzeugt nicht. Der auf eine DNS-Sperre gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Eine Haftung der Beklagten als Störerin kommt nicht mehr in Betracht.

(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt eine täterschaftliche Haftung für mittelbare Verursacher und Mitverursacher von Verletzungen im Rahmen des unionsrechtlich vollharmonisierten Rechts der öffentlichen Wiedergabe, Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG, umgesetzt in § 15 Abs. 3 UrhG, als erstes voraus, dass unter Berücksichtigung des spezifischen Kontextes eine „zentrale Rolle“ bei der Vermittlung der Rechtsverletzungen übernommen wird. Diese sei jedoch nicht das einzige Kriterium, sondern in seinem Zusammenwirken mit anderen Kriterien, insbesondere der Vorsätzlichkeit des Handelns anzuwenden. Würde nämlich der bloße Umstand, dass die Nutzung einer Plattform erforderlich sei, damit die Öffentlichkeit das Werk tatschlich abrufen könne, oder sogar schon der Umstand, dass die Plattform den Abruf lediglich erleichtere, automatisch dazu führen, dass das Tätigwerden des Plattformbetreibers als „Handlung der Widergabe“ einzustufen wäre, würde jede „Bereitstellung der Einrichtungen, die eine Widergabe ermöglichen oder bewirken“ eine solche Handlung darstellen, was der 27. Erwägungsgrund der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG explizit ausschließe. Daher sei sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rolle, die ein Tätigwerden des Plattformbetreibers bei der Widergabe durch den Nutzer spiele, sei als auch im Hinblick auf dessen Vorsätzlichkeit zu beurteilen, ob das betreffende Tätigwerden unter Berücksichtigung des spezifischen Kontextes als Handlung der Widergabe einzustufen sei. Die Plattformen YouTube und Uploaded spielten eine zentrale Rolle. Ohne die Bereitstellung und Verwaltung einer solcher Plattform wäre es nämlich unmöglich oder zumindest komplexer, diese Inhalte im Internet frei zu teilen (EuGH, Urteil vom 22.06.2021, C-682/18 und C-683/18 – YouTube und Cyando, juris Tz. 77 ff.).

Nach diesen Maßstäben scheidet eine täterschaftliche Haftung der Beklagten für den DNS-Resolver schon im Ansatz aus. Der DNS-Resolver der Beklagten spielt nach dem spezifischen Kontext keine „zentrale Rolle“ dafür, dass das streitbefangene Musikalbum in Internet frei geteilt werden konnte. Für das Auffinden der IP-Adresse über den Domainnamen war die Nutzung des DNS-Resolvers der Beklagten weder erforderlich, noch erleichtert dieser den Zugang. Eine Auflösung des Domainnamens in die IP-Adresse konnte ebenso einfach über jeden anderen DNS-Resolver erfolgen. Der öffentliche DNS-Resolver 1.1.1.1 der Beklagten ist nur einer von vielen frei zugänglichen DNS-Resolvern, von denen der bekannteste und am meisten genutzte der Google Public DNS-Resolver 8.8.8.8 ist. Der DNS-Resolver der Beklagten hatte daher für die Zugänglichkeit des rechtsverletzenden Inhalts der streitbefangenen Domain keine nennenswerte Relevanz.

Soweit der Senat im Verfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 – HERZ KRAFT WERKE, juris, Tz. 136 ff.) für die Störerhaftung von einem adäquat-kausalen Beitrag zur Verletzung des geschützten Rechts ausgegangen ist, ist dies im Rahmen der Beurteilung des vom EuGH nunmehr aufgestellten Kriteriums der „zentralen Rolle“ kein hinreichendes Argument mehr. Indem der EuGH betont, es komme (auch) für die Beurteilung der Rolle auf den spezifischen Kontext an, wird deutlich, dass nicht jeder für einzelne Verletzungshandlungen adäquat-kausale Beitrag - der beim Accessprovider schon dann als gegeben angesehen wird, wenn die Nutzung urheberrechtswidriger Angebote über den zur Verfügung gestellten Anschluss nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt - das Kriterium der „zentralen“ Rolle erfüllt.

Die Frage, ob die Beklagte im Zusammenhang mit dem DNS-Resolver bestimmte (Verkehrs)Pflichten verletzt und ihr insoweit Vorsätzlichkeit vorzuwerfen ist, stellt sich daher nicht. Sie wäre aber auch zu verneinen. Die Pflichten können sich für den DNS-Resolver nicht an denen der Host-Provider ausrichten. Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte mit dem DNS-Resolver ein jedermann kostenfrei zugängliches, im Allgemeininteresse liegendes und gebilligtes Werkzeug zur Verfügung stellt, das rein passiv, automatisch und neutral bei der Konnektierung von Internetdomains mitwirkt. Insoweit ist die Rolle des DNS-Resolver mit der eines Zugangsproviders vergleichbar. Maßgeblich wären daher die vom BGH für die Störerhaftung der Accessprovider und Registrare aufgestellten Verkehrspflichten (nach dem DSA sind DNS-Resolver im Übrigen als Accessprovider zu qualifizieren, s.u.). Danach tritt die Haftung ein, wenn der Zugangsprovider bzw. der Registrar ungeachtet eines Hinweises auf eine klare und ohne weiteres feststellbare Rechtsverletzung die Dekonnektierung unterlässt, sofern unter der beanstandeten Domain weit überwiegend illegale Inhalte bereitgestellt werden und der Rechtsinhaber zuvor erfolglos gegen diejenigen Beteiligten vorgegangen ist, die - wie der Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben, sofern nicht einem solchen Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt. Dabei muss der die Haftung auslösende Hinweis sich auf alle für die Haftungsbegründung relevanten Umstände - Rechtsverletzung, weit überwiegende Bereitstellung illegaler Inhalte sowie erfolglose oder unmögliche vorrangige Inanspruchnahme anderer Beteiligter - beziehen und insoweit hinreichend konkrete Angaben enthalten (BGH, Urteil vom 15.10.2020, I ZR 13/19 – Störerhaftung des Registrars, juris, Tz. 30 ff., 35). Selbst wenn im vorliegenden Fall von einer klaren und ohne weiteres feststellbaren Rechtsverletzung durch den Webseitenbetreiber und weit überwiegend rechtswidrigen Inhalten (s. hierzu die Studie in Anl. K 4) ausgegangen würde, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass ein ausreichender Hinweis erfolgt ist. In den Schreiben der Klägerin vom 06.06.2019 (Anl. K7) und 19.06.2019 (Anl. K 11) finden sich keine Ausführungen zu einer erfolglosen oder unmöglichen Inanspruchnahme des Webseitenbetreibers und Hostproviders.

Im Übrigen kann sich die Beklagte bezüglich des DNS-Resolvers, der als Schnittstelle zwischen Nutzer und Nameservern der reinen Zugangsvermittlung dient und insoweit nur Informationen durchleitet, auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG berufen. Danach sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie - wie hier - die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben und mit dem Nutzer ihres Dienstes nicht zusammenarbeiten, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Sofern die Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche, § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG.

Soweit der Senat im Verfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 – HERZ KRAFT WERKE, juris, Tz 148) die Ansicht vertreten hat, dass § 8 Abs. 1 TMG auf DNS-Resolver keine Anwendung findet, weil es sich dabei nicht um einen Dienst i.S.d. § 2 Nr. 1 TMG handele, kann hieran im Hinblick auf den DSA nicht mehr festgehalten werden. Aus den Erwägungsgründen 28 und 29 des DSA

(28) Seit dem Jahr 2000 wurden neue Technologien entwickelt, die für eine bessere Verfügbarkeit, Wirksamkeit, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit, Kapazität und Sicherheit von Systemen für die Übermittlung, „Auffindbarkeit“ und Speicherung von Daten im Internet sorgen, wodurch ein immer komplexeres Online-Ökosystem entstanden ist. In dieser Hinsicht sollte daran erinnert werden, dass Anbieter von Diensten zur Bereitstellung und Vereinfachung der zugrunde liegenden logischen Architektur und des reibungslosen Funktionierens des Internets, einschließlich technischer Hilfsfunktionen, ebenfalls die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse in Anspruch nehmen können, sofern ihre Dienste als „reine Durchleitung“, „Caching“-Leistung oder „Hosting“-Dienst einzuordnen sind. Zu solchen Diensten gehören u. a. lokale Funknetze (WLAN), DNS-Dienste, die Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen und Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, virtuelle private Netzwerke, Online-Suchmaschinen, Cloud-Infrastrukturdienste oder Netzwerke zur Bereitstellung von Inhalten, die Funktionen anderer Anbieter von Vermittlungsdiensten ermöglichen, lokalisieren oder verbessern. Auch Dienste für Kommunikationszwecke und die technischen Mittel für ihre Bereitstellung haben sich stark entwickelt und zur Entstehung von Online-Diensten wie der Internet-Sprachtelefonie (VoIP), Nachrichtenübermittlungsdiensten und webgestützten E-Mail-Diensten geführt, bei denen die Kommunikation über einen Internetzugangsdienst ermöglicht wird. Bei diesen Diensten ist ebenfalls eine Inanspruchnahme der Haftungsausschlüsse möglich, sofern sie als „reine Durchleitung-“, „Caching-“-Leistungen oder „Hosting“-Dienste einzuordnen sind.

(29) Vermittlungsdienste umfassen ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online stattfinden und sich kontinuierlich weiterentwickeln, um eine rasche, sichere und geschützte Übermittlung von Informationen zu ermöglichen und allen Beteiligten des Online-Ökosystems komfortable Lösungen zu bieten. Vermittlungsdienste einer „reinen Durchleitung“ umfassen beispielsweise allgemeine Kategorien von Diensten wie Internet-Austauschknoten, drahtlose Zugangspunkte, virtuelle private Netze, DNS-Dienste und DNS-Resolver, Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen, Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, Internet-Sprachtelefonie (VoIP) und andere interpersonelle Kommunikationsdienste; während als allgemeine Beispiele für Vermittlungsdienste von „Caching“-Leistungen das alleinige Betreiben von Netzwerken zur Bereitstellung von Inhalten, Reverse-Proxys oder Proxys zur Anpassung von Inhalten genannt werden können. Solche Dienste sind von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung einer reibungslosen und effizienten Übertragung der über das Internet bereitgestellten Informationen. Als Beispiele für „Hostingdienste“ können Cloud-Computing-Dienste, Web-Hostingdienste, entgeltliche Referenzierungsdienste oder Dienste, die den Online-Austausch von Informationen und Inhalten ermöglichen – darunter die Speicherung und der Austausch von Dateien – genannt werden. Vermittlungsdienste können isoliert, als Teil einer anderen Art von Vermittlungsdienst oder gleichzeitig mit anderen Vermittlungsdiensten erbracht werden. Ob es sich bei einem bestimmten Dienst um eine „reine Durchleitung“, eine „Caching“-Leistung oder einen „Hosting“-Dienst handelt, hängt ausschließlich von seinen technischen Funktionen ab, die sich möglicherweise im Laufe der Zeit ändern, und sollte von Fall zu Fall geprüft werden.

folgt, dass DNS-Resolver zu den Diensten zählen, für die die Haftungsprivilegierung Anwendung findet. Der bisherigen Argumentation des Senats zur vollständigen Ablehnung der Haftungsprivilegierung für den DNS-Resolver ist damit der Boden entzogen. Aufgrund der Betonung einer reinen Klarstellung im 28. Erwägungsgrund („sollte daran erinnert werden“) kann bei der Auslegung der §§ 8 ff. TMG nicht die eindeutige Ansicht des Gesetzgebers übersehen werden, dass DNS-Resolver Angebote von Vermittlungsdiensten sind. Der Wortlaut des § 2 Nr. 1 TMG „Im Sinne dieses Gesetzes … ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt“ steht einer weiten Interpretation des Begriffs der Vermittlung, so wie er im DSA vorgenommen wird, nicht entgegen (s. Gerdemann/Spindler, Das Gesetz über digitale Dienste, GRUR 2023, 3 ff., 4, 5).

Darauf, dass der DSA nur de lege ferenda gelte, kann sich die Klägerin nicht berufen. Der DSA orientiert sich bezüglich der noch nicht in Kraft stehenden Haftungsprivilegien in seinen Art. 4 bis 6 nahezu wortgleich an den Art. 12 bis 14 der E-Commerce-Richtlinie, die mit den §§ 8 bis 10 TMG in das geltende deutsche Recht umgesetzt worden sind. Auch nach dem Haftungsmodell des DSA bleibt es dabei, dass in aller Regel Accessprovider bei der reinen Durchleitung von Informationen nicht haftbar gemacht werde können. Die Einordnung des DNS-Resolvers als Vermittlungsdienst steht zudem in Einklang mit der aktuellen BGH-Rechtsprechung zur DNS-Sperre (Urteil vom 13.10.2022, I ZR 111/21, juris, Tz. 24). Es besteht keine Veranlassung, die Beklagte in ihrer Rolle als Betreiberin eines rein neutral, passiven und automatisch ablaufenden DNS-Resolvers von der Privilegierung des § 8 TMG auszuschließen.
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LG Leipzig: DNS-Resolver können täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Websites haften

LG Leipzig
Urteil vom 01.03.2023
5 O 807/22


Das LG Leipzig hat entschieden, dass DNS-Resolver täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Websites haften können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist im Umfang des zuletzt noch gestellten Hauptantrages begründet.

1. Die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche sind nach deutschem Recht zu beurteilen. Nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-ll-VO) ist auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird.

Nach diesem Recht sind insbesondere das Bestehen des Rechts, die Rechtsinhaberschaft des Verletzten, Inhalt und Umfang des Schutzes sowie der Tatbestand und die Rechtsfolgen einer Rechtsverletzung zu beurteilen (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 24. September 2014 | ZR 35/11, GRUR 2015, 264 - Hi Hotel II; BGH, GRUR 2016, 1048 [juris Rn. 24] - An Evening with Marlene Dietrich, jeweils mwN). Da Gegenstand der Klage allein Ansprüche wegen einer Verletzung der Tonträgerherstellerrechte nach § 85 Abs. 1 Satz 1 UrhG sind, für die die Klägerin im Inland Schutz beansprucht, ist im Streitfall deutsches Urheberrecht anzuwenden (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 - uploaded III, Rn. 21, juris).

2. Die Klägerin ist als Inhaberin der Leistungsschutzrechte des Tonträgerherstellers in der Bundesrepublik Deutschland zur öffentlichen Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Musikalbums aktivlegitimiert. Gemäß § 10 Abs. 1, Abs. 3 S. 1 UrhG ist für den hier maßgeblichen Unterlassungsanspruch von der Aktivlegitimation der Klägerin auszugehen, weil diese auf Vervielfältigungsstücken des Tonträgers mit dem streitgegenständlichen Musikalbum als Inhaberin ausschließlicher Nutzungsrechte bezeichnet ist. Dazu hat die Klägerin das Back-Cover des Albums (in Kopie: Anlage K 21) vorgelegt. § 85 IV UrhG verweist für den Tonträgerhersteller auf die Vermutungswirkung des § 10 I UrhG, die die Beklagte hier nicht widerlegt hat.

3. Allerdings findet als Anspruchsgrundlage § 7 IV TMG hier keine Anwendung.

Nach dieser Vorschrift können einem Diensteanbieter nach § 8 III TMG Unterlassungspflichten obliegen. "Diensteanbieter" ist legaldefiniert in § 2 Nr. 1 TMG, als "(...) Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt".

Dies trifft auf einen DNS-Resolver aber nicht zu. Der Begriff des Diensteanbieters ist funktionell zu bestimmen (LG Hamburg, Beschl. v. 12.05.2021, Az. 310 O 99/21, Anlage K 1). Er muss durch seine Weisungen oder seine Herrschaftsmacht über Rechner und Kommunikationskanäle die Verbreitung oder das Speichern von Informationen ermöglichen und nach außen als Erbringer von Diensten auftreten. So ist etwa der Admin-C kein Diensteanbieter, weil er nur die Abwicklung der Domainregistrierung erleichtert, aber weder Informationen bereithält noch Zugang zu diesen vermittelt. Der Registrar stellt Nutzern ebenfalls keine Informationen bereit und vermittelt keinen Zugang zur Nutzung von Telemedien, sondern nimmt lediglich die administrative Abwicklung der Domainregistrierung vor, indem er der Registrierungsstelle die für die Registrierung der Domain erforderlichen Daten mitteilt. Er ist insbesondere kein Zugangsvermittler im Sinne von § 8 TMG, weil er weder Zugang zu einem Netz vermittelt noch Informationen durchleitet (BGH, Urt. v. 15.10.2020-tzR13/19, GRUR 2021, 53,64 Rz. 15_17 m.w.N.). Das gleiche gilt jedenfalls für den hier streitgegenständlichen Fall des DNS-Resol-vers (LG Hamburg, a.a.O.)

4. Die Beklagte haftet im vorliegenden Fall als Täter aus §§ 97 Abs. 1,15, 19 a, 85 UrhG

Die Beklagte haftet als Täterin, weil sie Internetnutzem ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes c...to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird. Die Kammer schließt sich insoweit den überzeugenden Ausführungen des OLG Köln in der Sache 14 O 29/21, Urteil vom 29.09.2022 (Anlage K 23 II) an.

a) Dabei ist zunächst unschädlich, dass die Klägerin in ihrer Begründung des Klageantrags zunächst selbst auf die Störerhaftung der Beklagten abgestellt hat, so wie sie sich aus der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zu dessen Urteilen vom 02.06.2022 (I ZR 140/15 —YouTube II) ergibt. Auch braucht nicht entschieden zu werden, inwieweit diese Voraussetzungen kumulativ vorliegen, da beide Begründungen bei identischem Sachverhalt auf dasselbe Rechtsschutzziel gerichtet sind.

b) Die Voraussetzungen liegen vor. Insbesondere sind die zentralen Kriterien der öffentlichen Wiedergabe in täterschaftlicher Form nach der neueren Rechtsprechung erfüllt, nämlich die zentrale Rolle des Diensteanbieters und die Vorsätzlichkeit seines Handelns (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021, Az.: C682/18 und C-683/18 -, Rn. 68, juris, mit weiteren Nachweisen). Diese sind nicht ausschließlich auf den Fall eines Hostproviders beschränkt.

aa) Mit dem DNS-Resolver wird denjenigen Nutzern, die den Resolver der Beklagten verwenden, erst ermöglicht, einen Domainnamen in eine numerische IP-Adresse aufzulösen und die hier streitgegenständliche Seite aufzufinden, worin eine zentrale Rolle bei der Rechtsverletzung zu sehen ist.

bb) Im Hinblick auf die Vorsätzlichkeit des Handelns hat die Klägerin die Beklagte auf eine Rechtsverletzung hinsichtlich des Musikalbums hier hingewiesen. Die Beklagte ist im Anschluss ihrer durch die Verletzung der Rechte der Klägerin am genannten Musikalbum ausgelöste Pflicht nicht nachgekommen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu diesen Inhalten zu unterbinden. Nach dem nicht substantiiert bestrittenen Vortrag des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung war es bis zuletzt möglich, über den DNS-Resolver der Beklagten eine Verbindung herzustellen auf die im Tenor genannten Seiten (vgl. zur fehlenden Unverzüglichkeit bei einer fortdauernden Verfügbarkeit von zwei Tagen nach dem Hinweis: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rz 45, juris).

cc) Auch die weiteren Einwände der Beklagten stehen dem Anspruch nicht entgegen. Denn so ist es auch nach ihrem eigenen Vorbringen möglich, die Verweisung auf einzelne Domains zu filtern und Domains zu sperren, indem sie auch nach ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich von Malware solche einsetzt.

dd) Unschädlich wäre auch, wenn entsprechend dem Vorbringen der Beklagten Webseiten global und ungeachtet einer bestimmten Jurisdiktion für sämtliche Internetnutzer, die den DNS-Re-solver der Beklagten verwenden, gesperrt würden. Auch weltweit ist kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020, Az.:6 U 32/20). Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich um eine Seite mit (fast) ausschließlich illegalen Angeboten handelt, ist dieses Bestreiten unzulässig, weil der Hinweis konkret genug war, dass die Beklagte mit einem Blick auf die Seite den Charakter der Seite hätte erkennen können. Im Übrigen ist die Natur der Seite durch die vorgelegten Screenshots ausreichend belegt.

c)
aa) Der Diensteanbieter muss zum einen zumutbare Vorsorgemaßnahmen ergreifen, mit denen das Hochladen von Dateien mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt in Zukunft verhindert wird und ist zum anderen auch zur Beseitigung fortdauernder und damit in die Zukunft reichender Rechtsverletzungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 -1 ZR 135/18 -,Rn. 47, Juris). Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die täterschaftliche Haftung wegen öffentlicher Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 S. 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art.3 Abs.2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG.

Die Beschränkung des Anspruchsumfangs auf die Unterbindung der konkret beanstandeten Verletzungshandlung wäre mit dem Gebot der wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unvereinbar, weil damit die durch den Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflichten und darauf bezogene Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung - etwa ein gerichtlicher Unterlassungstitel - umgangen werden könnten und ihnen die praktische Wirksamkeit genommen wäre (zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019 - C-18/18, GRUR 2019, 1208, zitiert nach: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 WRP 2019, 1452 - Glawischnig-Piesczek).

bb) Damit umfasste auch vorliegend die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zum konkret beanstandeten Angebot und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits vorhandenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten als auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Es genügt für den Erfolg des Unterlassungsantrags damit, dass die Klägerin dargelegt hat, der konkret beanstandete Inhalt sei nach Erteilung des Hinweises noch zugänglich gewesen. Darauf, ob auch danach noch eine weitere gleichartige Rechtsverletzung erfolgt ist, kommt es nicht maßgeblich an (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juni 2022,1 ZR 135/18 — Uploaded III, Rn. 49, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

d) Zwar müssen anspruchseinschränkend die Kriterien jedenfalls in analoger Form zugunsten der Beklagten, die der Bundesgerichtshof in der Entscheidung "DNS - Sperre" (Urteil vom 13.10.2022, IZR 111/21,openJur) aufgestellt hat, eingehalten werden.

Danach haftet ein Access - Provider nach den für ihn jedenfalls anwendbaren Vorschriften des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG im Verhältnis zu dem Betreiber der Internetseite und auch zum Host-Provider lediglich subsidiär. Da ein DNS-Resolver keine engere Verbindung zum rechtswidrigen Geschehen als ein Access-Provider hat, ist er dessen Position in der Subsidiaritätskette insoweit gleichzustellen.

Umgekehrt sind die Anstrengungen des Rechtsinhabers zur Inanspruchnahme des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers wiederum am Kriterium der Zumutbarkeit für den Rechteinhaber zu messen, damit die Rechtsverfolgung nicht entgegen europarechtlicher Vorgaben (Artikel 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft) nicht umgangen werden.

aa) Der primären Verpflichtung, den Seitenbetreiber in Anspruch zu nehmen, ist hier die Klägerseite in ausreichender Weise nachgekommen. Eine zusteilfähige Anschrift, etwa in Form einer Mitteilung im Impressum der streitgegenständlichen Seiten ist insofern nicht erkennbar geworden, sodass ein weiteres gerichtliches oder außergerichtliches Vorgehen gegen diesen vorrangig Anspruchsverpflichteten nicht erfolgversprechend ist.

bb) In der Entscheidung "DNS-Sperre" hat der Bundesgerichtshof es für erforderlich gehalten, dass gegen einen Host-Provider mit unstreitigem Sitz in der europäischen Union in der Regel ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes auf Auskunft, gegebenenfalls in der Bundesrepublik Deutschland, durchzuführen ist. Dieses kann im Einzelfall nur dann unterbleiben, wenn aus vom Anspruchsteller darzulegenden Gründen dem Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt.

Dieser Fall ist hier aber gegeben. Bereits, dass eine Anschrift des Host-Providers in Vilnius, also Litauen und damit der EU, tatsächlich existiert, kann nicht festgestellt werden. Eine mögliche Anschrift in der Ukraine führt nicht zur genannten Primärpflicht. Weitere Zustellungsversuche als die von der Klägerseite dargelegte Zustellung über einen Kurier können nicht verlangt werden, da nichts für eine erfolgversprechende andere Möglichkeit spricht. Dabei ist insbesondere nicht entscheidend, ob es sich um eine versuchte gerichtliche oder außergerichtliche Zustellung handelt, da bereits die Richtigkeit der Adresse in der EU nicht zweifelsfrei ist. Weitere Anforderungen würden realistische Rechtsschutzmöglichkeiten des Rechteinhabers zu stark beschneiden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Köln: Content Delivery Networks und DNS-Resolver können täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Warez-Seiten haften

LG Köln
Urteil vom 29.09.2022
14 O 29/21

Das LG Köln hat entschieden, dass Content Delivery Networks und DNS-Resolver täterschaftlich für Urheberrechtsverletzungen auf Warez-Seiten haften können, wenn sie trotz Inkenntnissetzung von einer konkreten Rechtsverletzung untätig bleiben.

Aus den Entscheidungsgründen:
g) Die Beklagte haftet als Täter.

Zwar ist das Geschäftsmodell der Beklagten nicht von vornherein auf die Unterstützung von Urheberrechtsverletzungen ausgelegt. Die Anonymisierung bzw. Ersetzung der IP-Adressen durch solche der Beklagten ist nach dem nachvollziehbaren Vortrag der Beklagten eine zwangsläufige Folge der Einbindung der XXXXXX CDN und als solche nicht mit der Intention der Förderung von Rechtsverletzungen installiert. Die Beklagte trifft als Anbieter von Internetdienstleistungen, die ein anerkanntes Geschäftsmodell betreibt, keine allgemeine Prüfungs- und Überwachungspflicht hinsichtlich der Inhalte der Domains, für die sie als Betreiber des XXXXXX CDN tätig ist.

Dennoch haftet die Beklagte als Täter. Denn sie hat mit dem Anbieten ihrer Dienste hinsichtlich der von dem Dienst E. bewirkten Zugänglichmachung potenziell rechtsverletzender Inhalte eine zentrale Rolle gespielt. Ohne die Bereitstellung und Verwaltung derartiger Dienste mit dem Ergebnis insbesondere der Anonymisierung und der Beschleunigung des Datenverkehrs, wie sie die Beklagte für ihre Kunden und damit auch für den Dienst E. bewirkt, wäre es nämlich zumindest komplexer, diese Inhalte im Internet frei zu teilen (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Juni 2017, Stichting Brein, C-610/15, EU:C:2017:456, Rn. 36 und 37; EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 77, juris). Nicht zuletzt durch die Anonymisierung im vorstehenden Sinne ist es einem Dienst wie E. wesentlich leichter möglich, die Downloadangebote für das streitgegenständliche Musikalbum ohne Zustimmung der Klägerin (und auch für alle anderen Werke anderer Rechteinhaber) auf die beschriebene Art anbieten zu können, ohne befürchten zu müssen, von den Rechteinhabern wie der Klägerin aufgespürt und wegen der Rechtsverletzung in Anspruch genommen zu werden. Dies gilt rein tatsächlich auch in Anbetracht des Umstandes, dass die Kammer wie vorstehend ausgeführt nicht davon ausgeht, dass es der Beklagten grundsätzlich um die Förderung derartiger Rechtsverletzungen geht, sondern dies eine technische Folge der Einbindung – hier des Dienstes E.– in das CDN der Beklagten darstellt.

Für eine täterschaftliche Haftung der Beklagten kommt es nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf die Verantwortlichkeit der Beklagten als Täter oder Teilnehmer an (vgl. nur BGH, Urteil vom 15.08.2013, I ZR 80/12, File-Hosting-Dienst, juris Rn. 9; BGH, Urteil vom 26.11.2015 - Störerhaftung des Access-Providers, juris Rn. 19). Dies setzt mithin voraus, dass die Beklagte die beanstandete Rechtsverletzung selbst begangen hat oder daran etwa als Gehilfin beteiligt war (vgl. BGH, Urteil vom 15.09.2009 I ZR 57/07 – Cybersky, juris Rn. 18).

Dies entspricht den Anforderungen, die der Europäische Gerichtshof insofern an die täterschaftliche Haftung stellt, nämlich die zentrale Rolle des Diensteanbieters und die Vorsätzlichkeit seines Handelns (vergleiche EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 68, juris mit weiteren Nachweisen).

Zwar hat die Beklagte, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, die Download-Angebote des streitgegenständlichen Musikalbums nicht selbst erstellt. Für eine Haftung als Täter kommt es nach der auch insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darauf an, dass neben der zentralen Rolle der Beklagten bei der bewirkten Zugänglichmachung noch weitere Kriterien erfüllt sein müssen, insbesondere dem der Vorsätzlichkeit des Handelns eines solchen Betreibers (vergleiche EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 78, juris).

Dazu genügt nicht der bloße Umstand, dass die von der Beklagten erbrachten Dienste den Abruf des Werkes durch die Öffentlichkeit lediglich erleichtern. Denn dann würde bereits jede „Bereitstellung der Einrichtungen, die eine Wiedergabe ermöglichen oder bewirken“, eine solche Handlung darstellen, was der 27. Erwägungsgrund der Urheberrechtsrichtlinie, der im Wesentlichen die Vereinbarte Erklärung zu Art. 8 des WCT aufgreift, jedoch explizit ausschließt (vergleiche EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 79, juris).

Jedoch kann insbesondere ein Tätigwerden in voller Kenntnis der Folgen des betreffenden Verhaltens und mit dem Ziel, der Öffentlichkeit Zugang zu geschützten Werken zu verschaffen, zur Einstufung dieses Tätigwerdens als „Handlung der Wiedergabe“ führen (vergleiche EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 81, juris). Es sind alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die die betreffende Situation kennzeichnen und es ermöglichen, direkt oder indirekt Schlussfolgerungen hinsichtlich der Frage zu ziehen, ob die Beklagte bei der unerlaubten Wiedergabe dieser Inhalte vorsätzlich tätig wird oder nicht.

Für Betreiber einer Video-Sharing-Plattform oder Sharehosting-Plattform hat der Europäische Gerichtshof ausgeführt, dass zu den insoweit maßgeblichen Gesichtspunkten namentlich die Tatsache zählt, dass ein solcher Betreiber, obwohl er weiß oder wissen müsste, dass über seine Plattform im Allgemeinen durch Nutzer derselben geschützte Inhalte rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht werden, nicht die geeigneten technischen Maßnahmen ergreift, die von einem die übliche Sorgfalt beachtenden Wirtschaftsteilnehmer in seiner Situation erwartet werden können, um Urheberrechtsverletzungen auf dieser Plattform glaubwürdig und wirksam zu bekämpfen.

Dabei muss es sich bei den hier angesprochenen Maßnahmen um proaktive technische Vorkehrungen handeln, also solche, die rechtsverletzende Inhalte unabhängig von einem Hinweis des Rechtsinhabers unterbinden können. Lediglich reaktive Maßnahmen, die Rechtsinhabern das Auffinden von bereits hochgeladenen rechtsverletzenden Inhalten oder die Erteilung von darauf bezogenen Hinweisen an den Plattformbetreiber erleichtern - wie etwa die Bereitstellung eines "Meldebuttons" - genügen für die Einstufung als Maßnahme zur glaubwürdigen und wirksamen Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen nicht.

Zwar genügt der bloße Umstand nicht, dass der Betreiber allgemein Kenntnis von der rechtsverletzenden Verfügbarkeit geschützter Inhalte auf seiner Plattform hat, um anzunehmen, dass er mit dem Ziel handelt, den Internetnutzern Zugang zu diesen Inhalten zu verschaffen. Anders verhält es sich jedoch, wenn der Betreiber, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergreift, um den Zugang zu diesem Inhalt zu verhindern (EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 83 - 85, juris).

Diese Grundsätze sind auf die Beklagte und die von ihr angebotenen Dienste übertragbar. Denn wie ausgeführt, führt die Inanspruchnahme der Dienste der Beklagten im Rahmen ihres CDN dazu, dass man bei dem Aufrufen der Seite E. nicht auf den Webserver der Betreiber des E. bzw. dessen Hostprovider landet, sondern auf einem solchen der Beklagten, sodass nur eine IP-Adresse der Beklagten aufgefunden werden kann, nicht aber die des eigentlichen Hostproviders. Der Beklagten ist auch auf der Grundlage ihres eigenen Vortrags bekannt, dass gerade auch dieser Effekt von rechtsverletzenden Diensten wie E. in Anspruch genommen wird, was sich nicht zuletzt aus dem Bericht der Europäischen Kommission aus dem Jahr 20XX ergibt, wonach 62 % der „top 500 infringing Domains“ ihre Dienste in Anspruch nehmen. Dies wird auch nicht dadurch relativiert, dass diese Aussage in dieser Form in dem Bericht der Europäischen Kommission aus dem Jahr 202XX nicht ausdrücklich wiederholt wird. Denn Thema ist der beschriebene Effekt der Nutzung der Dienste der Beklagten auch in diesem Bericht nach wie vor.

In Anwendung dieser Grundsätze sind die Voraussetzungen des täterschaftlichen Verhaltens der Beklagten im vorliegenden Fall erfüllt.

aa) Dabei fehlt es bereits daran, dass die Beklagte im vorstehenden Sinne proaktive technische Vorkehrungen getroffen hätte, die unabhängig von einem Hinweis des Rechteinhabers Urheberrechtsverletzungen unterbinden können. Denn nur infolge von durch Rechteinhaber selbst vorgenommenen Meldungen an die Beklagte bzw. dem eigenen Tätigwerden der Rechteinhaber können diese über das von der Beklagten vorgehaltene Trusted Reporter Program Informationen über (mögliche) Rechtsverletzer von der Beklagten erfahren, womit es sich um ein rein reaktives Instrument handelt. Das gleiche gilt für das von der Beklagten bereitgehaltene Webformular für Beschwerden. Auch hier muss der Rechteinhaber die Initiative übernehmen, bevor die Beklagte – von ihr auch noch ausgewählte – Informationen an den Rechteinhaber weitergibt. Dass weitere Sicherheitsmechanismen zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen von der Beklagten vorgehalten würden, ergibt sich aus ihrem Vortrag nicht.

bb) Unabhängig davon war die Beklagte über die allgemeine Kenntnis von Rechtsverletzungen durch ihrer Kunden unter Ausnutzung ihrer Dienste hinaus jedoch bereits aufgrund des anwaltlichen Schreibens der Klägerin vom 06.06.20XX (Anlage K7, Bl. 163 der Akte) sowie mit der Abmahnung vom 19.06.20XX (Anlage K 11, Bl. 183 der Akte) über die konkreten und hier streitgegenständlichen Rechtsverletzungen ihres Kunden E.- informiert, wie sich aus der E-Mail der Beklagten vom 19.06.20XX (Anlage K 12, Bl. 196 der Akte) ergibt.

Dennoch hat die Beklagte nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um den Zugang zu diesem Inhalt zu verhindern. Vielmehr ist erst nach Abschluss der 1. Instanz im einstweiligen Verfügungsverfahren vor der erkennenden Kammer im Februar 20XX und damit rund X Monate später die Verfügbarkeit der streitgegenständlichen Musikdateien über den Dienst E. beendet worden. Ein unverzügliches Tätigwerden der Beklagten ist damit nicht gegeben (vergleiche zur fehlenden Unverzüglichkeit bei einer fortdauernden Verfügbarkeit von zwei Tagen nach dem Hinweis BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – Uploaded III, Rn. 45, juris).

In einem solchen Fall trägt der Betreiber über die bloße Bereitstellung der Plattform hinaus dazu bei der Öffentlichkeit unter Verletzung von Urheberrechten Zugang zu solchen Inhalten zu verschaffen, so dass eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt (EuGH, GRUR 20XX, 1054 [juris Rn. 85 und 102] - YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 20XX – I ZR 140/15 – YouTube II, Rn. 112, juris), sodass die Beklagte als Täter haftet.

h) Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob die Klägerin vor der Inanspruchnahme der Beklagten andere Wege zur Abstellung der Urheberrechtsverletzungen beschritten hat oder hätte beschreiten müssen, kommt es angesichts der täterschaftlichen Haftung der Beklagten nicht an. Denn auch wenn weitere ebenfalls täterschaftlich haftende Verletzer vorhanden sind, käme ggf. Mittäterschaft in Betracht. Maßgebliches Kriterium für die Annahme von Täterschaft ist – etwa in Abgrenzung zur Beihilfe – die Tatherrschaft, wobei die Tatherrschaft des unmittelbar Handelnden die Annahme ausschließt, er werde als Tatmittler von einem bloß mittelbar oder tatferner Handelnden beherrscht (vergleiche dazu etwa BGH, Urteil vom 6. Mai 2021 – I ZR 61/20 – Die Filsbacher, Rn. 30, juris). Da nach dem vorstehenden Maßstab die Beklagte als Täter haftet und – jedenfalls – nach der Information der Beklagten über die Rechtsverletzung von Tatherrschaft der Beklagten auszugehen ist, kommt die Annahme einer „nachrangigen“ Täterschaft gegenüber einem anderen Täter nicht in Betracht.

Diese Wertung hatte der BGH in seiner Rechtsprechung zur Störerhaftung, die nunmehr durch die täterschaftliche Haftung ersetzt wird, bereits in vergleichbarer Weise getroffen. Danach war die Störerhaftung gegenüber der Inanspruchnahme des Täters im Grundsatz nicht subsidiär. Soweit der Bundesgerichtshof im Hinblick auf den Fall der Inanspruchnahme von Access-Providern ausnahmsweise verlangt hat, andere Beteiligte vorrangig rechtlich zu verfolgen, beruhte dies darauf, dass diese Beteiligten entweder die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu der Rechtsverletzung als Dienstleister Hilfe geleistet hatten, während der Access-Provider ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell verfolgt und dem daher keine Kontrollmaßnahmen auferlegt werden dürften, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährden oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (vergleiche BGH, Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14 – Störerhaftung des Access-Providers – Rn. 82 f., juris).

Jedoch war auch nach den von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen zur Störerhaftung des Access-Providers eine eigene Prüfpflicht anzunehmen, wenn dieser auf eine klare Rechtsverletzung in Bezug auf konkrete urheberrechtlich geschützte Werke hingewiesen worden war (vergleiche BGH Urteil vom 26.11.2015 – I ZR 174/14 – Störerhaftung des Access-Providers – Rn. 27, juris), deren Verletzung ggf. zur eigenen Haftung des Access-Providers führte.

Wie ausgeführt, ist auch das Geschäftsmodell der Beklagten grundsätzlich ein von der Rechtsordnung gebilligtes und in Bezug auf Rechtsverletzungen Dritter neutrales Geschäftsmodell. Allerdings ist nach den vorstehenden Ausführungen von einer täterschaftlichen Haftung der Beklagten auszugehen, weil diese eben nicht mehr eine neutrale Rolle eingenommen hat.

i) Die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr kann regelmäßig nur durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt werden (vgl. BGH, Urteil vom 17.07.2008 – I ZR 219/05 – Clone-CD; Urteil vom 06.02.2014 – I ZR 86/12 – Peter Fechter; Urteil vom 21.04.2016, I ZR 100/15 - Notarielle Unterlassungserklärung, juris Rn. 29). Eine solche hat die Beklagte indes nicht abgegeben.

Die Wiederholungsgefahr ist schließlich auch nicht deshalb entfallen, weil die Webseite E.to seit Ende 20XX offline ist. Von der Rechtsprechung werden strenge Maßstäbe an den Entfall der Wiederholungsgefahr gestellt, selbst die Betriebseinstellung, die Liquidation des Betriebes oder die Umstellung auf eine andere Ware genügen nicht (vergleiche Schricker/Loewenheim-Wimmers, Urheberrecht, 5. Auflage, § 97 Rn. 217 unter Hinweis auf BGH GRUR 1957, 342 – Underberg; BGH Kur 1965,198 – Küchenmaschine; BGH GRUR 1995, 1045 - Brennwertkessel). So mag die Seite E..to derzeit nicht abrufbar sein. Dass jedoch weiterhin Linksammlungen im Internet abrufbar sind, die in vergleichbarer Weise wie der Dienst E. unter anderem über die Seite E..to Links zur Verfügung stellen, über die rechtswidrig urheberrechtlich geschützte Inhalte wie auch die das streitgegenständliche Musikalbum öffentlich zugänglich gemacht werden, ist allgemein bekannt, nicht zuletzt auch den hiesigen Parteien. Angesichts dessen erscheint es ohne weiteres möglich, dass auch der Dienst E. seine Tätigkeit wieder aufnimmt. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass die Beklagte erneut in vertragliche Beziehungen mit dem Dienst E. tritt.

2. Hinsichtlich des Antrags zu 2) haftet die Beklagte ebenfalls als Täterin, weil sie Internetnutzern ihren DNS-Resolver zur Verfügung stellt und darüber auf die Seiten des Dienstes E.to mit den rechtsverletzenden Downloadangeboten betreffend das streitgegenständliche Musikalbum verwiesen wird.

a) Dabei ist zunächst unschädlich, dass die Klägerin in ihrer Begründung des Klageantrags zu 2) auf die Störerhaftung der Beklagten abgestellt hat, so wie sie sich aus der Ausprägung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bis zu dessen Urteilen vom 02.06.20XX (I ZR 140/15 – YouTube II; I ZR 135/18; 53/17 und andere – uploaded) ergibt. In den vorstehend zitierten Urteilen hat der Bundesgerichtshof jedoch entschieden, für den durch Art. 3 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 20XX/XX/EG vollharmonisierten Bereich nicht mehr daran festzuhalten und die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung treten zu lassen. Dabei sollen die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar sein, weil haftungsauslösend auch hier nur die konkrete Kenntnis von der Urheberrechtsverletzung im Einzelfall ist (vergleiche BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – Uploaded III, Rn. 42, juris).

Da somit zum einen das Klageziel der Klägerin, wie es in dem weiterhin maßgeblichen, von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrag zu 2) zum Ausdruck kommt, unverändert bleibt und auch die Anforderungen an die Haftung nach der vorstehend dargestellten Rechtsprechung des BGH qualitativ gleich bleiben, ist das Begehren der Klägerin nunmehr als ein solches der täterschaftlichen Haftung zu verstehen; insbesondere bleibt der Rahmen von § 308 Abs. 1 ZPO gewahrt.

b) Die Voraussetzungen liegen vor.

aa) Mit dem DNS-Resolver wird denjenigen Nutzern, die den Resolver der Beklagten verwenden, erst ermöglicht, einen Domainnamen in eine numerische IP-Adresse aufzulösen und die hier streitgegenständliche Seite aufzufinden (vergleiche OLG Köln, Urteil vom – 6 U 32/20, II. 1. b.; ebenso die Beklagte im Schriftsatz vom 20.12.2021, Rn. 58).

bb) Die Klägerin hat die Beklagte auf eine klare Rechtsverletzung hinsichtlich des Musikalbums I. hingewiesen. Die Beklagte ist ihrer durch den Hinweis auf die klare Verletzung der Rechte der Klägerin am genannten Musikalbum ausgelöste Pflicht nicht nachgekommen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu diesen Inhalten zu unterbinden.

Dazu wird auf die vorstehenden Ausführungen im Rahmen der Haftung der Beklagten für das XXXXXX CDN Bezug genommen.

Insbesondere hat die Beklagte unter Berücksichtigung der Umstände des vorliegenden Falles auch nicht unverzüglich gehandelt, weil das Musikalbum nach dem Hinweis noch rund 8 Monate lang verfügbar war (vergleiche zur fehlenden Unverzüglichkeit bei einer fortdauernden Verfügbarkeit von zwei Tagen nach dem Hinweis BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – Uploaded III, Rn. 45, juris).

cc) Auch die weiteren Einwände der Beklagten stehen dem Anspruch nicht entgegen. Denn so ist es auch nach ihrem eigenen Vorbringen möglich, die Verweisung auf einzelne Domains zu filtern und Domains zu sperren, wie es von der Beklagten selbst jedenfalls auch mittels der von ihr vorgehaltenen DNS Resolver namens „XXXXXX for Families“ praktiziert wird, indem sie auch nach ihrem eigenen Vorbringen hinsichtlich von Malware sowie nicht jugendfreien Inhalten mithilfe von Listen („Feeds“) die Webseiten herausfiltert und sperrt, die derartige Inhalte aufweisen.

Unschädlich wäre auch, wenn – entsprechend dem Vorbringen der Beklagten – alle in den Feeds aufgeführten Webseiten global und ungeachtet einer bestimmten Jurisdiktion für sämtliche Internetnutzer, die den DNS Resolver der Beklagten verwenden, gesperrt würden. Dazu hat bereits zutreffend das Oberlandesgericht Köln in dem einstweiligen Verfügungsverfahren (noch zur Störerhaftung) ausgeführt, dass es auch nicht unzumutbar sei, wenn die Sperre möglicherweise nur weltweit möglich sei. Das Oberlandesgericht Köln hat weiter ausgeführt:

„Die streitgegenständliche Webseite ist – wie sich den eigenen Verlautbarungen auf der Seite „E.to“ entnehmen lässt - in erster Linie auf die Ermöglichung von illegalen Downloads gerichtet. So werden auf der Webseite, wie sie als Screenshots zur Akte gereicht worden ist (Anlagenkonvolut Ast 4, Bl. 233 ff. dA), Rubriken wie „DDL-WAREZ“ und „WAREZKORB“ angeboten. Die Webseite wirbt zudem auf der ersten Startseite damit, „die aktuellste X. im deutschsprachigen Raum“ zu sein. Weiter werden bestimmte User ausdrücklich aufgefordert, den DNS-Server zu ändern. Dann sei die Seite „E.to“ trotz Netzsperre wieder für diese User erreichbar. Weiter (Bl. 234 dA) findet sich die Aufforderung „Umgehe die Ländersperre bei A. jetzt mit deinem VPN-Zugang“. Angesichts dieser Eigenwerbung ist auch weltweit kein berechtigtes Interesse der Internetnutzer auf Zugriff auf diese Webseite mit offensichtlich ausschließlich illegalen Angeboten ersichtlich, so dass sich die Frage eines Overblockings nicht stellt.“ (OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020 – 6 U 32/20, II. 1. b. ff.).

An dieser Wertung hat sich nichts geändert und die Kammer schließt sich ihr ausdrücklich an.

Soweit die Beklagte mit Nichtwissen bestreitet, dass es sich um eine Seite mit (fast) ausschließlich illegalen Angeboten handelt, ist dieses Bestreiten unzulässig, weil der Hinweis konkret genug war, dass die Beklagte mit einem Blick auf die Seite den Charakter der Seite hätte erkennen können. Im Übrigen ist die Natur der Seite durch die vorgelegten Sreenshots belegt (vergleiche dazu ebenfalls schon OLG Köln, Urteil vom 09.10.2020 – 6 U 32/20, II. 1. b. cc.).

c) Der Diensteanbieter muss zum einen zumutbare Vorsorgemaßnahmen ergreifen, mit denen das Hochladen von Dateien mit vergleichbarem rechtsverletzenden Inhalt in Zukunft verhindert wird und ist zum anderen auch zur Beseitigung fortdauernder und damit in die Zukunft reichender Rechtsverletzungen verpflichtet (BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 –, Rn. 47, juris)

Diese Grundsätze gelten in gleicher Weise für die täterschaftliche Haftung wegen öffentlicher Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG. Die Beschränkung des Anspruchsumfangs auf die Unterbindung der konkret beanstandeten Verletzungshandlung wäre mit dem Gebot der wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums gemäß Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums unvereinbar, weil damit die durch den Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflichten und darauf bezogene Maßnahmen der Rechtsdurchsetzung - etwa ein gerichtlicher Unterlassungstitel - schon durch nur unbedeutende Abwandlungen umgangen werden könnten und ihnen die praktische Wirksamkeit genommen wäre (zu Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr vgl. EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2019 - C-18/18, GRUR 2019, 1208 [juris Rn. 41 bis 46] = WRP 2019, 1452 - Glawischnig-Piesczek; zitiert nach: BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – Uploaded III, Rn. 48, juris).

Damit umfasste auch vorliegend die durch den Hinweis der Klägerin ausgelöste Prüfungspflicht sowohl die Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zum konkret beanstandeten Angebot und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits vorhandenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten als auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt. Es genügt für den Erfolg des Unterlassungsantrags damit, dass die Klägerin dargelegt hat, der konkret beanstandete Inhalt sei nach Erteilung des Hinweises noch zugänglich gewesen. Darauf, ob auch danach noch eine weitere gleichartige Rechtsverletzung erfolgt ist, kommt es nicht maßgeblich an (vergleiche BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 – Uploaded III, Rn. 49, juris).

Diese Voraussetzungen liegen vor. Die von der Klägerin gerügten Rechtsverletzungen waren noch rund 8 Monate nach der Mitteilung an die Beklagte zugänglich.

d) Die Wiederholungsgefahr ist nach den oben angegebenen Grundsätzen auch hinsichtlich des DNS-Revolvers gegeben. Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Dienst E. von Nutzern über den DNS-Revolver der Beklagten aufrufen kann, wenn dieser von Nutzern für den Zugang zum Internet genutzt wird.

3. Für den Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nichts anderes aus dem seit dem 01.08.20XX und damit im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung schon in Kraft befindlichen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG).

Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Revisionsentscheidung rechtswidrig ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Dezember 2021 - I ZR 201/20, GRUR 2022, 229 [juris Rn. 26] = WRP 2022, 318 - ÖKO-TEST III, mwN; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 135/18 –, Rn. 27, juris).

a) Maßgeblich sind sowohl für die Zeit der Vornahme der beanstandeten Handlungen als auch im Zeitpunkt der Entscheidung im hiesigen Rechtsstreit die Voraussetzungen aus §§ 97 Abs. 1, 15, 19 a UrhG, wobei es sich bei den hier in Rede stehenden Rechten des Tonträgerherstellers zur öffentlichen Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung um nach Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vollharmonisiertes Recht handelt.

b) Eine Haftung der Beklagten nach dem Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG) scheidet aus, da sie kein Diensteanbieter im Sinne des Gesetzes ist. Diensteanbieter im Sinne von § 2 Abs. 1 UrhDaG sind (in Umsetzung von Art. 17 Abs. 1 DSM-RL) Anbieter von Diensten, deren Hauptzweck darin besteht (ausschließlich oder zumindest auch) eine große Menge an von Dritten hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen. Zusätzlich notwendig ist das Organisieren und Bewerben der Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht; der Diensteanbieter muss zudem mit »Online-Diensten« um dieselben Zielgruppen konkurrieren (vgl. etwa auch Wandtke/ Hauck, ZUM 2021, 763, beck-online).

Weder auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten, aber auch nicht aufgrund des Vorbringens der Klägerin bietet die Beklagte Dienste an, deren Hauptzweck darin besteht, eine große Menge an von Dritten hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen. Denn auch wenn die Klägerin meint, die Speicherungen im Dienst des XXXXXX-CDN erfolgten länger, als es zur effizienteren Gestaltung der Übermittlung der Informationen erforderlich sei, ist auch nach der Darstellung der Klägerin der Hauptzweck der Dienste der Klägerin nicht die Speicherung und öffentliche Zugänglichmachung großer Mengen urheberrechtlich geschützter Inhalte. Vielmehr sollen nach der Darstellung der Klägerin die Speicherungen vor allem zur Gewährleistung von Sicherheitsmaßnahmen und zur Kostenoptimierung erfolgen (S. 4 f. des Schriftsatzes vom 19.10.20XX). Hinzu kommt ferner, dass auch die Klägerin nicht behauptet, die Beklagte organisiere und bewerbe die Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht.

4. Auf eine Haftungsprivilegierung nach Art. 12 ff. der Richtlinie 2000/31/EG, die in den §§ 8 ff. TMG in deutsches Recht umgesetzt sind, kann sich die täterschaftlich haftende Beklagte nicht berufen, und zwar sowohl mit Blick auf die von ihr angebotenen CDN-Dienste als auch den DNS-Revolver.

a) Dies ist ausdrücklich entschieden für die Haftungsprivilegierung, die in der der Umsetzung des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG dienenden Vorschrift des § 10 TMG vorgesehen ist, betreffend eine täterschaftlich haftende Video-Sharing-Plattform (vgl. EuGH, GRUR 2021, 1054 [juris Rn. 107] - YouTube und Cyando; BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 – I ZR 140/15 – YouTube II, Rn. 122, juris).

b) Die dem zugrunde liegenden Erwägungen schließen auch die Anwendbarkeit von § 8 TMG sowie § 9 TMG, die der Umsetzung von Art. 12 bzw. Art. 13 der Richtlinie 2000/31/EG dienen, aus. Denn unabhängig davon, ob die Voraussetzungen von § 8 TMG oder § 9 TMG hinsichtlich der von der Beklagten angebotenen und im vorliegenden Fall für den Dienst E. erbrachten Leistungen vorliegen, wofür die von der Beklagten zitierten Wertungen des zu erwartenden Digital Services Act sprechen mögen, ist im Falle eines täterschaftlichen Verhaltens die Privilegierung ausgeschlossen. So hat der Europäische Gerichtshof festgehalten, dass sich aus dem 42. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/31/EG ergibt, dass die in ihr hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen nur die Fälle erfassen, in denen die Tätigkeit des Anbieters von Diensten der Informationsgesellschaft rein technischer, automatischer und passiver Art ist, was bedeutet, dass der Anbieter weder Kenntnis noch Kontrolle über die weitergeleitete oder gespeicherte Information besitzt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. März 2010, Google France und Google, C-236/08 bis C-238/08, EU:C:2010:159, Rn. 112 und 113; EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 105, juris). Dafür ist daher zu prüfen, ob die Rolle dieses Betreibers neutral ist, d. h., ob sein Verhalten rein technisch, automatisch und passiv ist, was bedeutet, dass keine Kenntnis oder Kontrolle über die von ihm gespeicherten Inhalte besteht, oder ob der Betreiber im Gegenteil eine aktive Rolle spielt, die ihm eine Kenntnis dieser Inhalte oder eine Kontrolle über sie zu verschaffen vermag (vgl. entsprechend Urteil vom 12. Juli 2011, L’Oréal u. a., C-324/09, EU:C:2011:474, Rn. 113 und die dort angeführte Rechtsprechung; EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 – C-682/18 und C-683/18 –, Rn. 106, juris).

Nach diesen Grundsätzen ist aufgrund der Information über die hier streitgegenständliche Rechtsverletzung, die der Beklagten rund X Monate lang positiv bekannt gewesen ist, bevor sie die Rechtsverletzung beendet hat, und der daraus folgenden täterschaftlichen Haftung der Beklagten nicht mehr von einer neutralen Rolle im Sinne des Erwägungsgrundes 42 auszugehen.

c) Unabhängig davon liegen die Voraussetzungen einer Privilegierung der Beklagten gemäß §§ 8, 9 TMG auch nicht vor.

aa) Dabei ist die Kammer zunächst mit der von T. in seinem Gutachten vom 01.09.20XX vertretenen Auffassung (Anlage B 10), die sich ersichtlich die Beklagte zu eigen macht, der Ansicht, dass die Voraussetzungen nach § 8 Abs. 2 TMG nicht erfüllt sind. Dabei überzeugt das Argument, dem stehe entgegen, dass die von der Beklagten im Rahmen ihres CDN vorgehaltenen, häufig abgerufenen Dienste nicht auf einen konkreten Abruf durch den einzelnen Nutzer zwischengespeichert werden, sondern aufgrund der Tatsache, dass zahlreiche Nutzer bzw. Abrufe sich auf diese Inhalte beziehen und es somit an der konkreten Veranlassung durch den Nutzer fehlt (vergleiche Seite 9 des Gutachtens vom 01.09.20XX, Bl. 522 der Akte).

bb) Aber auch die Privilegierung nach § 9 TMG erfüllen die von der Beklagten angebotenen Dienste nicht. Nach § 9 TMG sind Diensteanbieter für eine automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung, die allein dem Zweck dient, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, nicht verantwortlich, sofern sie die in § 9 S. 1 Nr. 1-5 TMG aufgeführten Voraussetzungen erfüllen.

Unabhängig davon, ob diese weiteren Voraussetzungen von der Beklagten eingehalten werden, dient das von ihr vorgenommene Caching jedenfalls nicht allein dem Zweck, die Übermittlung fremder Informationen an andere Nutzer effizienter zu gestalten. Wie bereits zutreffend das Oberlandesgericht Köln ausgeführt hat, dient diese Speicherung von Informationen gleichermaßen einer Reduzierung der direkten Zugriffe auf die Webseite des Kunden durch Dritte und damit dem Schutz der Website ihrer Kunden vor Angriffen von bösartigen Besuchern. Die Beklagte verfolgt also neben dem Zweck der Effizienzsteigerung einen weiteren über § 9 TMG hinausgehenden Zweck, sodass die kumulativen Voraussetzungen aus § 9 TMG nicht erfüllt sind (vergleiche Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 09.10.2020 – 6 U 32/20).

Entgegen der Auffassung von T. ist die Kammer der Ansicht, dass gerade das Caching, nämlich das Speichern von Inhalten auf eigenen Servern der Beklagten, dazu führt, dass die Zugriffe auf den Server des Kunden der Beklagten – hier auf denjenigen des Dienstes E. – deutlich reduziert werden und deshalb Angriffe auch wesentlich schwieriger sind bzw. scheitern. Dies entspricht der vorstehend dargestellten Eigenwerbung der Beklagten. Dabei soll nicht in Abrede gestellt werden, dass nicht nur das Caching diesen Effekt auslöst. Es trägt jedoch auch auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten dazu bei.

Damit fehlt es jedoch an der Voraussetzung aus § 9 S. 1 TMG, dass die zwischen Speicherung allein den Zweck dient, die Übermittlung der fremden Formationen effizienter zu gestalten.

Nicht überzeugend ist auch das weitere Argument aus dem Gutachten (Seite 15 des Gutachtens vom 01.09.20XX, Bl. 528 der Akte), wonach der dem § 9 TMG zugrunde liegende Art. 13 der Richtlinie 2000/31/EG eine derartige Einschränkung nicht kenne. Das Gegenteil ist der Fall, wenn es in Art. 13 Abs. 1 heißt: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass im Fall eines Dienstes der Informationsgesellschaft, der darin besteht, von einem Nutzer eingegebene Informationen in einem Kommunikationsnetz übermitteln, Diensteanbieter nicht für die automatische, zeitlich begrenzte zwischen Speicherung verantwortlich ist, die dem alleinigen Zweck dient, die Übermittlung der Information an andere Nutzer auf deren Anfrage effizienter zu gestalten, sofern folgende Voraussetzungen erfüllt sind (…)“.

Insbesondere erscheint auch die in dem Gutachten aufgestellte Parallele zu Art. 14 der Richtlinie 2000/31/EG nicht plausibel. Denn Art. 14 der Richtlinie enthält – gemäß seinem anders ausgerichteten Regelungsgehalt betreffend das Hosting – eine derartige Einschränkung wie Art. 13 gerade nicht, sodass es für Art. 14 nicht darauf ankommt, ob die Speicherung von Informationen Teil einer umfassenderen Tätigkeit ist oder allein auf das Hosting respektive Caching ausgerichtet ist.

d) Betreffend den DNS-Resolver scheidet eine Anwendung von § 8 Abs. 1 TMG ebenfalls aus. Wie auch T. in seiner Begutachtung, die sich die Beklagte zu eigen macht, im Ausgangspunkt zutreffend ausführt, kann § 8 Abs. 1 TMG auf einen DNS-Resolver nicht unmittelbar angewendet werden. Zutreffend ist das Oberlandesgericht Köln (a.a.O.) davon ausgegangen, dass auch eine mittelbare respektive analoge Anwendung von § 8 Absatz ein TMG auf DNS-Resolver nicht in Betracht kommt, weil der Betreiber eines DNS-Resolver kein Diensteanbieter gemäß § 2 S. 1 Nr. 1 TMG ist; dieser Wertung schließt sich die Kammer an.

e) Aus der im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über einen Binnenmarkt für digitale Dienste (Gesetz über digitale Dienste / Digital Services Act) folgt nichts anderes. Vielmehr lässt die Verordnung gemäß seinem Art. 1a Abs. 3 die Anwendung der Richtlinie 2000/31/EG ausdrücklich unberührt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH: Täterschaftliche Haftung von Sharehoster für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte bei Untätigkeit trotz Inkenntnissetzung - uploaded III

BGH
Urteil vom 02.06.2022
I ZR 135/18
uploaded III
Richtlinie 2001/29/EG Art. 3 Abs. 2 Buchst. b; Richtlinie 2004/48/EG Art. 3 Abs. 2; UrhG §§ 19a, 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3, § 97 Abs. 1, § 97a Abs. 2 und 3


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Videoplattformen wie YouTube und Sharehoster wie uploaded können für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte haften über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Ergreift der Betreiber einer Sharehosting-Plattform, obwohl er vom Rechtsinhaber darauf hingewiesen wurde, dass ein geschützter Inhalt über seine Plattform rechtswidrig öffentlich zugänglich gemacht wurde, nicht unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen, um den Zugang zu diesem Inhalt durch Löschung oder Sperrung zu verhindern, nimmt er selbst eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG vor. Für den durch Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2001/29/EG vollharmonisierten Bereich tritt mithin die Haftung als Täter an die Stelle der bisherigen Störerhaftung (im Anschluss an EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 und C-683/18, GRUR 2021, 1054 Rn. 85 und 102 = WRP 2021, 1019 - YouTube und Cyando).

b) Die schon bisher für die Störerhaftung geltenden, an den Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung zu stellenden Anforderungen sind auf die Prüfung der öffentlichen Wiedergabe übertragbar.

c) Die zur täterschaftlichen Haftung des Betreibers einer Sharehosting-Plattform wegen einer öffentlichen Wiedergabe im Sinne von § 85 Abs. 1 Satz 1 Fall 3 UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG führende Verletzung der durch einen Hinweis des Rechtsinhabers ausgelösten Prüfungspflicht umfasst neben der Pflicht zur unverzüglichen Verhinderung des Zugangs zur konkret beanstandeten Datei und zu weiteren, im Zeitpunkt der Beanstandung bereits hochgeladenen gleichartigen rechtsverletzenden Inhalten auch die Pflicht zur Vorsorge, dass es künftig nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.

BGH, Urteil vom 2. Juni 2022 - I ZR 135/18 - OLG Hamburg - LG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Sportwett-Terminals sind keine Geldspielgeräte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV - § 21 Abs. 2 GlüStV gilt nicht analog für Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten

BGH
Urteil vom 07.11.2019
I ZR 42/19
Sportwetten in Gaststätten
SpielV § 3 Abs. 1 Satz 1; GlüStV § 21 Abs. 2


Der BGH hat entschieden, dass Sportwett-Terminals keine Geldspielgeräte nach § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV sind. Ferner hat der BGH entschieden, dass § 21 Abs. 2 GlüStV nicht analog für Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten gilt.

Leitsätze des BGH:

a) Sportwett-Terminals sind keine Geldspielgeräte im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 SpielV.

b) Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 GlüStV ist nicht entsprechend auf die Vermittlung von Sportwetten in Gaststätten anzuwenden.

BGH, Urteil vom 7. November 2019 - I ZR 42/19 - OLG München - LG Kempten

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Düsseldorf: Gaststättenbetreiber kann für Verstoß gegen Marktverhaltensregel § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW als Teilnehmer auf Unterlassung haften

OLG Düsseldorf
Urteil vom 27.03.2019
15 U 18/18


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein Gaststättenbetreiber für einen Verstoß gegen die Marktverhaltensregel § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW als Teilnehmer auf Unterlassung haften kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht dem Kläger gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG iVm § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW zuerkannt. Allerdings fällt der Beklagten insoweit kein täterschaftliches Handeln zur Last, sondern sie ist als Gehilfin iSv §§ 830 Abs. 2 BGB, 27 StGB für den Wettbewerbsverstoß der A GmbH verantwortlich.

1. Rechtsfehlerfrei hat das Landgericht die Aktivlegitimation des Klägers gem. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG bejaht. Hiergegen hat die Beklagte in zweiter Instanz zu Rechts nichts erinnert, so dass sich ergänzende Ausführungen des Senats erübrigen.

2. Die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW ist eine Marktverhaltensregelung iSv § 3a UWG.

a) Gesetzliche Vorschrift iSd § 3a UWG ist jede Rechtsnorm (vgl. Art. 2 EGBGB), die in Deutschland gilt (BGH GRUR 2005, 960 (961) – Friedhofsruhe). Unter den Begriff der gesetzlichen Vorschrift fallen nicht nur Gesetze im formellen Sinne, sondern auch Rechtsverordnungen (BGH GRUR 2005, 960 (961) – Friedhofsruhe; OLG Stuttgart WRP 2018, 1252 Rn. 25). Dass ihr territorialer Anwendungsbereich - wie etwa bei landesrechtlichen Regelungen - begrenzt ist, ist unerheblich (vgl. BGH WRP 2017, 426 Rn. 28 – ARD-Buffet). Demzufolge steht es der Annahme einer „gesetzlichen Vorschrift“ iSv § 3a UWG nicht entgegen, dass es sich hier um eine landesrechtliche Verordnung handelt, die ausschließlich im Bundesland Nordrhein-Westfalen gilt.

b) Die Regelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW ist dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.

Das in ihr zum Ausdruck kommende räumliche Trennungsgebot, wonach u.a. in einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, eine Wettvermittlungsstelle nicht betrieben werden darf, beruht auf der Erwägung, dass eine Kumulation von Sportwettenangeboten mit dem Angebot gewerblichen Glücksspiels nicht nur in Spielhallen, sondern auch in Gaststätten, in denen nach § 3 Abs. 1 der Spielverordnung bis zu drei Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit aufgestellt sind, vermieden werden soll. Damit verfolgt der nordrhein-westfälische Gesetz- und Verordnungsgeber in Erweiterung der Regelung des § 5 Abs. 3 NWAGGlüStV a.F. das Ziel weiter, keine Gelegenheit zum Wetten in einer Umgebung zu eröffnen, in der sich Personen aufhalten, von denen eine beträchtliche Zahl anfällig für die Entwicklung einer Spiel- oder Wettsucht ist (OVG Münster NVwZ-RR 2015, 536, 536). Folglich soll § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW der Förderung der Spielsucht entgegen wirken und dient damit dem Verbraucherschutz.

c) Es handelt sich überdies um eine verfassungskonforme Regelung in Gestalt einer verhältnismäßigen Berufsausübungsregelung i.S.v. Art. 12 GG (OVG Münster NVwZ-RR 2015, 536, 536; bestätigt durch OVG Münster (4. Senat), Beschluss vom 07.10.2016 - 4 B 177/16 = BeckRS 2016, 53402).

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2) Nur im Ergebnis zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß der Beklagten gegen § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW festgestellt.

Das Landgericht hat zu Unrecht angenommen, die Beklagte sei selbst Adressatin der Verbotsnorm des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW, und es hat infolge dieser unzutreffenden Ausgangsbasis verfehlt eine täterschaftliche Haftung der Beklagten bejaht.

a) Tatsächlich ist die Beklagte - womit sich das Landgericht nicht befasst hat - im konkreten Falle nicht Normadressatin und kann daher nur nach den im allgemeinen Deliktsrecht und im Lauterkeitsrecht entsprechend geltenden strafrechtlichen Bestimmungen der §§ 26 f. StGB als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) haften; das gilt auch nach Aufgabe der Störer-Haftung im Wettbewerbsrecht (vgl. BGHZ 177, 150 - Kommunalversicherer; BGH GRUR 2015, 1025 Rn 16 - TV-Wartezimmer).

aa) Schon der Wortlaut des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW bringt unmissverständlich zum Ausdruck, dass - unter näher geregelten Voraussetzungen - das Betreiben einer Wettvermittlungsstelle untersagt ist.

„Insbesondere in einer Spielhalle oder einem ähnlichen Unternehmen im Sinne des § 33i Gewerbeordnung, einer Spielbank oder einer Gaststätte, in der Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden, darf eine Wettvermittlungsstelle nicht betrieben werden.“ (Fettdruck durch Senat hinzugefügt)

Normadressat ist daher nur derjenige, welcher selbst eine Wettvermittlungsstelle betreibt. Wer nicht selbst Wettvermittlungsstelle ist bzw. eine Wettannahmestelle betreibt, kann mangels seiner Eigenschaft als Normadressat jedenfalls nicht täterschaftlich gegen diese Marktverhaltensregelung verstoßen.

Dieses am Wortlaut der Norm orientierte Verständnis wird anhand der systematischen Stellung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW bestätigt. Denn die Norm ist im Teil 4 der Glücksspielverordnung NRW („Annahme- und Wettvermittlungsstellenordnung“) verortet, der sich exklusiv den Annahme- und Wettvermittlungsstellen widmet, wobei die Wettannahmestellen insbesondere in §§ 20 - 22 GlüSpVO NRW geregelt werden.

bb) Nach der Legaldefinition in § 20 Abs. 1 S. 1 GlüSpVO NRW sind „Wettannahmestellen“ „besondere Geschäftsräume der Konzessionsnehmer, in denen ausschließlich Sportwetten als Hauptgeschäft vermittelt werden“.

Es lässt sich indes nicht tatrichterlich feststellen, dass die Beklagte selbst in der von ihr betriebenen Gaststätte auch entsprechende Wetten vermittelt bzw. vermittelt hat.

Die Beklagte hat schon erstinstanzlich dargetan: Sie sei zwar Inhaberin der für den Geschäftsbetrieb ordnungsbehördlich erteilten Schank- uns Speisekonzession. Auch betreibe sie zwar die „Geldspielautomaten in der Wirtschaft“, jedoch sei sie nicht der Aufsteller von Wettterminals in der Gaststätte. Die Unbedenklichkeitsbescheinigungen in Bezug auf das Aufstellen von Geldspielgeräten und Wettterminals seien zugunsten eines anderen Unternehmens - der A GmbH - erteilt worden. Zudem sei sie nur Untermieterin der Räumlichkeiten.

Grundsätzlich muss der Anspruchsteller den Verstoß gegen eine Marktverhaltensregelung als anspruchsbegründende Tatsache darlegen / ggf. beweisen (BGH GRUR 2008, 834 Rn. 11 – HBM-Kapseln). Steht allerdings das beanstandete Verhalten - wie hier - unter einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt, muss er lediglich darlegen und beweisen, dass dieses Verhalten von dem generellen Verbot erfasst wird. Dann muss der Anspruchsgegner darlegen und beweisen, dass es ausnahmsweise zulässig ist (BGHZ 163, 265 (273 f.) – Atemtest; BGH WRP 2010, 250 Rn. 15 – Quizalofop). Der Kläger hat insoweit bloß erwidert, dass „die Beklagte für die Verstöße in der Lokalität verantwortlich sei, da sie das Gewerbe angemeldet habe.“ und sich im Übrigen auf ein schlichtes Bestreiten des Tatsachenvortrages der Beklagten beschränkt. Demnach steht gerade nicht fest, dass die Beklagte das beanstandete Verhalten - scil.: das Vermitteln von Wetten - überhaupt selbst begeht bzw. begangen hat. Der Kläger ist für diese Behauptung - auch nach entsprechendem Hinweis durch den Senat zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 07.03.2019 - beweisfällig geblieben.

b) Allerdings haftet die Beklagte als Gehilfin für den Wettbewerbsverstoß der A GmbH.

aa) Wer selbst nicht Normadressat ist, aber gesetzesunterworfene Dritte dazu anstiftet oder sie dabei unterstützt, gegen Marktverhaltensregelungen zu verstoßen, um damit den Absatz oder Bezug deren oder seines eigenen Unternehmens zu fördern (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG), handelt unlauter iSd § 3a UWG (BGH WRP 2015, 1085 Rn. 15 – TV-Wartezimmer; OLG Stuttgart GRUR-RR 2008, 429 (430); OLG Celle WRP 2010, 1565 (1566)). Denn Anstifter und Gehilfen stehen dem Täter gleich (§ 830 Abs. 2 BGB); allerdings ist insoweit Vorsatz erforderlich (BGH WRP 2015, 1085 Rn. 17 – TV-Wartezimmer).

bb) Dies vorausgeschickt, sind im vorliegenden Falle sämtliche Voraussetzungen einer Beihilfe (§§ 830 Abs. 2 BGB, 27 StGB) tatrichterlich feststellbar.

(1) Für den verschuldensunabhängigen Abwehranspruch gem. § 8 Abs. 1 UWG ist die strafrechtlich geprägte Definition einer „Beihilfe“ nach ihrer Funktion derart zu modifizieren, dass eine vorsätzliche Zuwiderhandlung des Haupttäters nicht erforderlich ist (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 15 – Kommunalversicherer mwN). Ausreichend, aber auch notwendig, ist somit eine vorsätzliche Mitwirkung des Teilnehmers an der Verwirklichung des objektiven Tatbestands der Zuwiderhandlung durch einen anderen. Zum Teilnehmervorsatz gehört dabei neben der Kenntnis der objektiven Tatumstände auch der zumindest bedingte Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat einschließt (BGHZ 180, 134 = GRUR 2009, 597 Rn 14 – Halzband; BGH WRP 2013, 491 Rn. 47). Der Handelnde muss also wissen, dass der Täter einen Wettbewerbsverstoß begeht oder dies für möglich halten und billigend in Kauf nehmen (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 45 – Kommunalversicherer). Die erforderliche „Bösgläubigkeit“ des Teilnehmers lässt sich durch eine substanziierte Aufklärung, insbesondere in einer plausibel begründeten Abmahnung seitens des Verletzten herbeiführen (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 47 – Kommunalversicherer).

Das bei der Teilnehmerhaftung bestehende Vorsatzerfordernis kann zwar dazu führen, dass der Dritte, der nicht Normadressat der jeweiligen Marktverhaltensregelung ist, zunächst nicht mit Aussicht auf Erfolg wettbewerbsrechtlich in Anspruch genommen werden kann. Es besteht für denjenigen, der sich durch ein entsprechendes Verhalten in seinen wettbewerbsrechtlich geschützten Interessen verletzt sieht, aber die Möglichkeit, den Handelnden zunächst auf die Rechtslage hinzuweisen. Ein entsprechender Hinweis wird regelmäßig zur Folge haben, dass der Adressat der Mitteilung sein Verhalten im Weiteren korrigiert oder dass bei Fortsetzung der Verhaltensweise von einem Teilnehmervorsatz auszugehen ist (BGH WRP 2015, 1085 Rn 17 – TV-Wartezimmer).

(2) Die notwendige objektive Mitwirkung der Beklagten an der Haupttat der A-GmbH liegt hier darin begründet, dass die Beklagte unstreitig die Gaststätte und - wie sie zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht zugestanden hat - dort selbst Geldspielautomaten betreibt. Das Leisten von Beihilfe erfordert nach der Rechtsprechung in objektiver Hinsicht bloß die tatsächliche Förderung der Haupttat, indem diese ermöglicht oder verstärkt oder ihre Durchführung erleichtert wird (BGH NStZ 1985, 318, 95, 28; NStZ-RR 2015, 34). Erst das Betreiben von Geldspielautomaten in der Gaststätte ermöglicht es der A-GmbH, durch das Vermitteln von Wetten gegen die Marktverhaltensregelung zu verstoßen, da diese nur dann einschlägig ist, wenn in der Gaststätte (und sei es von einem Dritten wie hier der Beklagten) zugleich Geld- oder Warenspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit bereitgehalten werden.

Auch der notwendige doppelte Gehilfenvorsatz der Beklagten liegt vor: Jedenfalls mit Zugang der Abmahnung durch den Kläger erfuhr die Beklagte, dass die A-GmbH wettbewerbswidrig handelte und ihr war aufgrund dessen bewusst, dass ihr eigenes Handeln diese wettbewerbswidrige Haupttat förderte. Unschädlich ist insoweit, dass die Abmahnung von einer täterschaftlichen Begehung ausging. Denn die Abmahnung des Klägers begründete zugleich zumindest einen bedingten Teilnehmervorsatz auf Seiten der Beklagten (vgl. BGH WRP 2015, 1085 Rn 19 – TV-Wartezimmer). Bedingter Vorsatz ist bereits dann anzunehmen, wenn der Handelnde so leichtfertig handelt, dass er den für möglich gehaltenen Verstoß billigend in Kauf genommen haben muss (vgl. BGHZ 176, 281 Rn. 46; BGH WM 2011, 749 Rn. 39), oder wenn er sich bewusst einer Kenntnisnahme von der Unlauterkeit des von ihm veranlassten oder geförderten Verhaltens verschließt (BGH GRUR 2008, 810 Rn. 45 – Kommunalversicherer).

cc) Ein etwaiger Verbotsirrtum der Beklagten - ob vorwerfbar oder nicht - ist ebenfalls unbeachtlich (vgl. BGH WRP 2017, 418 Rn. 36 – Motivkontaktlinsen). Der Unlauterkeitsvorwurf ist nämlich kein Schuldvorwurf, sondern knüpft an das objektive Marktverhalten an. Dass die Beklagte wegen (behaupteter) behördlicher Billigung in nicht vorwerfbarer Weise trotz der Abmahnung durch den Kläger darauf vertraut haben mag, ihr Verhalten sei objektiv rechtmäßig, kann sie also allenfalls vor einem (hier nicht streitgegenständlichen) Schadensersatzanspruch bewahren (vgl. BGH GRUR 2005, 778 (779) – Atemtest).

In diesem Zusammenhang ist auch Folgendes zu beachten: Die Geltendmachung eines auf § 3a UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Anspruchs kann zwar zu einem Normauslegungskonflikt mit den für die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift zuständigen Behörden und Fachgerichten führen, wenn diese die gesetzliche Vorschrift anders als das Wettbewerbsgericht auslegen möchte (sog. Normauslegungskonflikt; vgl. Doepner GRUR 2003, 825 (829 ff.)). Im Grundsatz braucht das Wettbewerbsgericht darauf jedoch keine Rücksicht zu nehmen, weil keine Bindungswirkung besteht. Wenn das Wettbewerbsgericht von der Richtigkeit seiner Auslegung überzeugt ist, muss es auch nach dieser Überzeugung entscheiden. Die Rechtsauffassung der zuständigen Verwaltungsbehörden ist für die Beurteilung der objektiven Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht maßgeblich (BGHZ 163, 265 (271) = GRUR 2005, 778 (779) – Atemtest; BGH GRUR 2006, 82 Rn. 21 – Betonstahl; OLG Köln GRUR-RR 2014, 342 (344)). Im Übrigen liegt die hier vertretene Senatsauffassung auf einer Linie mit der oben erwähnten Rechtsprechung des OVG Münster, so dass sich auch nicht die Frage nach einem Vertrauensschutz für die Beklagte stellt (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn 1.45).

Zuletzt kann sich ein Unternehmer nicht mit Erfolg darauf berufen, die zuständige Verwaltungsbehörde sei gegen einen von ihr erkannten Gesetzesverstoß nicht vorgegangen, sondern habe ihn geduldet (sog. Normvollzugskonflikt: BGH GRUR 2010, 251 - Versandkosten bei Froogle; OLG Stuttgart WRP 2018, 1252 Rn. 34). Denn Vertrauensschutz kann es insoweit nur gegenüber der betreffenden Behörde geben, aber nicht gegenüber den betroffenen Marktteilnehmern, deren Interessen durch die Wettbewerbsgerichte zu wahren sind. Aus der Sicht des Lauterkeitsrechts geht es allein darum, den Wettbewerbsprozess in die richtigen Bahnen zu lenken.

c) Mit Blick auf die in der Vergangenheit begangenen Verstöße der Beklagten steht die notwendige Begehungsgefahr in Gestalt der Wiederholungsgefahr außer Frage. Unerheblich ist, dass die Beklagte ihr Verhalten trotz Abmahnung (weiterhin) für rechtmäßig gehalten haben mag. Zwar kann nicht ohne weiteres angenommen werden kann, dass der Handelnde nach Belehrung über die wahre Rechtslage (z.B. in einer Abmahnung) sein Verhalten fortsetzen wird. Jedoch ist auch hier dem Handelnden zuzumuten, die Wiederholungsgefahr durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auszuschließen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 3a Rn 1.89).

d) Die Zuwiderhandlung der Beklagten ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

Bei Vorschriften, die dem Schutz der Gesundheit oder Sicherheit der Verbraucher dienen (vgl. Art. 3 III UGP-RL), ist die Spürbarkeit zu vermuten (BGH GRUR 2016, 213 Rn. 20 – Zuweisung von Verschreibungen; OLG Frankfurt GRUR-RR 2018, 199 Rn. 18). So liegt der Fall hier, da § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW - wie ausgeführt - der Förderung der Spielsucht von Verbrauchern entgegen treten will. Unerheblich für die Frage der Spürbarkeit ist es, dass die Marktverhaltensregelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW auch von Verwaltungsbehörden durchgesetzt werden könnte und diese einen Ermessensspielraum besitzen (vgl. BGH GRUR 2010, 251 Rn. 20 – Versandkosten bei Froogle).

e)Soweit die Beklagte auf Rechtsprechung der Gerichte anderer Bundesländer verweist, kann dies a priori keinen Erfolg haben. Dies verkennt schon im rechtlichen Ansatz, dass die hier allein streitgegenständliche Marktverhaltensregelung des § 20 Abs. 1 S. 2 GlüSpVO NRW eine landesrechtliche Verordnung darstellt und es gerade nicht um die Auslegung von Regelungen des (bundesrechtlichen) Glücksspielstaatsvertrages geht. Von der Ermächtigung zur Schaffung einer ergänzenden landesrechtlichen Verordnung haben nicht alle Bundesländer entsprechenden Gebrauch gemacht.

II. Abzuändern ist das Urteil des Landgerichts allerdings mit Blick auf die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung der Abmahnkosten.

Ein solcher Anspruch besteht weder aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG noch aus sonstigen denkbaren Anspruchsgrundlagen. Die Abmahnung war insbesondere (noch) nicht „berechtigt“ iSv § 12 Abs. 1 S. 2 UWG, sondern ging ins Leere. Denn es lässt sich nicht tatrichterlich feststellen, dass im Zeitpunkt der Abmahnung bereits ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten vorlag.

Es ist nämlich nicht erkennbar, dass das bei der Teilnehmerhaftung bestehende doppelte Vorsatzerfordernis im betreffenden Zeitpunkt schon erfüllt war. Vielmehr lässt sich lediglich feststellen, dass die Beklagte nach Zugang der Abmahnung bösgläubig (im Sinne eines jedenfalls bedingten Vorsatzes) in Bezug auf eine rechtswidrige Haupttat der A GmbH war und bis dahin folglich noch nicht mit Erfolg auf Unterlassung in Anspruch genommen werden konnte (vgl. BGH WRP 2015, 1085 Rn 17 – TV-Wartezimmer). Die Klägerin hat trotz des zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises keine früheren tatsächlichen Umstände aufzuzeigen vermocht, aus denen sich das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit der Haupttat der A GmbH ableiten ließe.

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OLG Frankfurt: Facbook-Account-Inhaber kann für rechtswidrige Beiträge Dritter haften auch wenn der Dritte den Account missbräuchlich genutzt hat

OLG Frankfurt
Urteil vom 21.07.2016
16 U 233/15


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Inhaber eines Facbook-Accounts für rechtswidrige Beiträge Dritter, auch wenn dieser den Account missbräuchlich genutzt hat, haften kann. Das Gericht wendet dabei die vom BGH in seiner Halzband-Entscheidung (BGH: Accountinhaber kann für Rechtsverletzungen durch einen Dritten haften) herausgearbeiteten Grundsätze zur missbräuchlichen Verwendung eines eBay-Accounts an. Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen.

Die Entscheidungsgründen:

"I. Der Kläger kann von dem Beklagten eine Geldentschädigung in Höhe von € 3.000,-- verlangen.

Zu Unrecht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Geldentschädigung gemäß §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG; § 185 StGB verneint.

1. Zu Recht rügt die Berufung, das das Landgericht in den streitgegenständlichen Äußerungen keinen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gesehen hat.

a. Das Landgericht hat zunächst die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Beurteilung, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Nicht vertretbar ist jedoch die von dem Landgericht vorgenommene Bewertung der einzelnen Äußerungen.

Mit Erfolg beanstandet die Berufung, dass das Landgericht die einzelnen Äußerungen isoliert und nach ihrem reinen Wortlaut beurteilt hat. Insoweit ist der Berufung zuzugeben, dass bei der Bewertung des Verständnisses der beanstandeten Äußerungen primär auf den Sender- und Empfängerhorizont abzustellen ist unter Berücksichtigung der Anschauungen und Wertvorstellungen des persischen Kulturkreises der Beteiligten.

aa. Hierbei kommt vor allem dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass Homosexualität im Iran gesellschaftlich tabuisiert und homosexuelle Handlungen strafbar sind. Auf eine solche spielt aber die erste Äußerung an (...), welcher mithin ein eindeutig herabwürdigender Inhalt innewohnt. Der von dem Landgericht vermisste Personenbezug zum Kläger, welcher im Übrigen nur von Relevanz ist, soweit es um die Beleidigung des Klägers Dritten gegenüber geht, folgt ohne Weiteres daraus, dass sich im unmittelbaren Anschluss an diese Äußerung, nur durch ein Komma getrennt, der Kläger mit vollem Namen genannt und er im nachfolgenden Satz noch einmal direkt als "..." angesprochen wird.

Des Weiteren ist zu sehen, dass der Mutter im persisch-islamischen Kulturkreis bekanntermaßen ein herausgehobener Status beigemessen wird. Demzufolge stellt die Vornahme einer sexuellen Handlung an der Mutter wie auch die Benennung eines primären Geschlechtsorgans der Mutter ("...") eine schwerwiegende Beleidigung des Angesprochenen dar.

Auch die vom Landgericht aufgeworfenen Bedenken, dass die mit der Titulierung als "..." bzw. "..." zum Ausdruck gebrachte Herabsetzung mit dem Kläger in Verbindung gebracht werden könne, vermag der Senat nicht zu folgen. Da sowohl in dem der Bezeichnung unmittelbar vorausgehenden als auch im nachfolgenden Satz der vollständige Name des Klägers enthalten ist, wird für den Leser unzweifelhaft erkennbar, dass hiermit der Kläger gemeint ist. Darüber hinaus ergibt sich für den Besucher der Pinnwand-Präsentation das Wissen um den Umstand, dass es sich bei dem Kläger um den Veranstalter handelt, auch daraus, dass er diese gerade zum Zwecke der Information über die von dem Kläger veranstaltete und dort beworbene ...veranstaltung aufgesucht hat.

Die Äußerung ... " hat auch das Landgericht als "nicht wohlwollend" gegenüber dem Kläger eingestuft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese für sich betrachtet eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers darstellt.

bb. Auch wenn einzelne Passagen des Postings nach ihrem Aussagegehalt eine weniger gewichtige Beleidigung des Klägers enthalten mögen, stellt das Posting jedenfalls in seiner Gesamtwirkung eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar, zumal einem Großteil der angegriffenen Äußerungen ein eindeutig abwertender sexueller Bezug zukommt ("...", "..." bzw. "..."). In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass sämtliche Äußerungen durch eine Missachtung und Entwertung des Klägers gekennzeichnet sind, wodurch die beleidigende Wirkung ihm gegenüber verstärkt wird.

cc. Der Umstand, dass in dem gestellten Klageantrag zu Ziff. 1.a) die in persischer Sprache gehaltenen Textteile nicht wörtlich übersetzt sind wie in der erstinstanzlich (und auch der in der Berufung) vorgelegten Übersetzung, sondern den Sinngehalt des darin enthaltenen Aussagegehalts auf Deutsch wiedergibt, ist für den mit der Berufung noch weiter verfolgten Antrag auf Zahlung einer Geldentschädigung ohne rechtliche Relevanz. Zur Beurteilung der insoweit maßgebenden Frage, ob diese einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen, kommt es nicht auf den exakten Wortlaut der angegriffenen Äußerungen an. Entscheidend ist vor allem die semantische Bedeutung der in persischer Sprache gefassten Textteile, welche den Unwertgehalt gegenüber dem Kläger zum Ausdruck bringen.

b. Des Weiteren spielt es für Bedeutung und Tragweite des Eingriffs eine Rolle, dass die Äußerungen öffentlich über Facebook im Internet verbreitet wurden. Insoweit kommt vor allem dem Umstand besonderes Gewicht zu, dass der Kläger davon ausgehen muss, dass der Inhalt des Postings gerade Mitgliedern der persischen Gemeinde im ... zur Kenntnis gelangt ist. Denn dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers zufolge gehört der Personenkreis, an welchen er seine Veranstaltungen ausrichtet und der sich typischerweise für die ...veranstaltungen über seine Pinnboard-Präsentation interessiert, auf welcher die ihn verletzenden Äußerungen gepostete waren, ebenfalls dem persischen Kulturkreis an und ist beiden Sprachen - Deutsch und Farsi - mächtig.

c. Dass auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.9.2014 abgegebenen Erklärung des Beklagten ein ihn bindender Unterlassungsverpflichtungsvertrag mit Vertragsstrafeversprechen zustande kommen ist, welcher inhaltlich vollumfänglich dem mit dem Klageantrag Ziff. I. a) verfolgten Unterlassungsbegehren des Klägers entspricht, vermag keinen anderweitigen befriedigenden Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers zu begründen. Denn hierdurch erfolgte keine Wiedergutmachung der das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzenden Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit, so dass die Zahlung einer Geldentschädigung zwingend notwendig ist, um eine Genugtuung des Klägers zu bewirken.

d. Was die Höhe anbelangt, hält der Senat im Hinblick darauf, dass es sich um mehrere Äußerungen handelt, einen Betrag von € 3.000,-- für angemessen aber auch ausreichend.

2. Zentrales Problem des Rechtsstreits, das das Landgericht nicht dahingestellt sein lassen durfte, ist die Frage, ob der Beklagte als Täter der in Rede stehenden Persönlichkeitsverletzung haftet.

a. Nach Auffassung des Senats beurteilt sich die Frage der Haftung des Inhabers eines Facebook-Accounts bei dessen rechtsverletzenden Nutzung durch einen Dritten nach den Grundsätzen, die der BGH in der sog. "Halzband"-Entscheidung für die Haftung des privaten Inhabers eines eBay-Mitgliedskontos bei dessen Missbrauch durch einen Dritten aufgestellt hat.

aa. Danach muss der private Inhaber eines Mitgliedskontos bei eBay, der seine Zugangsdaten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat, sich so behandeln lassen, als habe er selbst gehandelt, wenn ein Dritter an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist und es zu Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen benutzt, ohne dass der Kontoinhaber dies veranlasst oder geduldet hat. Eine insoweit bei der Verwahrung der Zugangsdaten für das Mitgliedskonto gegebene Pflichtverletzung stellt einen eigenen, gegenüber den Grundsätzen der Störerhaftung selbständigen Zurechnungsgrund dar [vgl. Urt. v. 11.3.2009 - I ZR 114/06 - Rn. 16].

bb. Als Grund für die Haftung desjenigen, der seine Kontaktdaten nicht unter Verschluss gehalten hat, sah der BGH die von ihm geschaffene Gefahr, dass für den Verkehr Unklarheiten darüber entstehen können, welche Person unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt hat, wodurch die Möglichkeiten, den Handelnden zu identifizieren und ggf. - rechtsgeschäftlich oder deliktisch - in Anspruch zu nehmen, erheblich beeinträchtigt werden. Von Bedeutung ist insoweit, dass die Kontrolldaten und das Passwort eines Mitgliedskontos bei eBay als ein besonderes Identifikationsmittel ein Handeln unter einem bestimmten Namen nach außen hin ermöglichen. Im Hinblick hierauf besteht nach Auffassung des BGH eine generelle Verantwortung und Verpflichtung des Inhabers eines Mitgliedskontos bei eBay, seine Kontaktdaten so unter Verschluss zu halten, dass von ihnen niemand Kenntnis erlangt [Rn. 18].

b. Entsprechend verhält es sich mit einem Mitgliedskonto bei Facebook. Diesem kommt eine mit einem eBay-Konto vergleichbare Identifizierungsfunktion zu, so dass die Grundlage gegeben ist, den Inhaber eines bestimmten Facebook-Accounts im Wege einer unwiderleglichen Vermutung so zu behandeln, als habe er dort selbst die Postings eingestellt. Insoweit macht die Berufung zu Recht geltend, dass relevante Unterschiede zwischen einem eBay- und einem Facebook-Account, die eine abweichende Behandlung geböten, nicht bestehen. Auch der Facebook-Account ist einem konkreten Nutzer zugeordnet. Insbesondere sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten, die in den Nutzungsbedingungen an dessen Inhaber gestellt werden, nahezu identisch wie bei eBay.

aa. Die Nutzungsbedingungen bei Facebook sind Mitgliedern des Senats bekannt. Im Übrigen ist nach dem Vortrag des Klägers, von dem mangels abweichender Feststellungen des Landgerichts für die rechtliche Beurteilung in der Berufungsinstanz auszugehen ist, die Anmeldung eines Mitgliedskontos nur natürlichen Personen erlaubt, wobei jede Person nur ein einziges persönliches Konto einrichten darf. Bei Registrierung hat sie ihre wahren personenbezogenen Daten anzugeben und ein Passwort zu wählen, das sie streng geheim zu halten hat (GA 112 - vgl. Ziff. 4 der Nutzungsbedingungen). Das Facebook-Account ist nicht übertragbar, ohne vorher die schriftliche Erlaubnis von Facebook einzuholen. Dessen Inhaber ist - anders als etwa der Anschlussinhaber eines Internetanschlusses - auch nicht dazu berechtigt, beliebigen Dritten Zugriff auf diesem zu gestatten. Demnach gibt der jeweilige Facebook-Account bestimmungsgemäß zuverlässige Auskunft über die Person, die diesen zu einem konkreten Zeitpunkt nutzt.

Entgegen der Ansicht des Beklagten besteht bei eBay auch keine weitergehende Kontrolle über die Person des Anmelders über dessen Bankverbindung. Denn wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, besteht keinerlei Verpflichtung, über eBay zustande gekommene Rechtsgeschäfte über das Konto des beteiligten Account-Inhabers abzuwickeln.

bb. Durch die Gleichsetzung der unsorgfältigen Verwahrung der Zugangsdaten für ein eBay-Konto mit denjenigen für einen Facebook-Account wird dessen Inhaber auch nicht mit unangemessenen Haftungsrisiken belastet. Insoweit gelten die gleichen Überlegungen, die der BGH bei einem eBay-Konto angestellt hat [vgl. BGH aaO. - Rn. 23].

c. Danach kommt es weder darauf an, ob der Beklagte die Postings selbst bei Facebook eingestellt hat oder hat einstellen lassen, noch ob er die Verwendung der Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto bei Facebook durch Dritte veranlasst oder geduldet hat.

aa. Maßgebender Umstand ist allein, dass der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag nicht hinreichend dafür Sorge getragen hatte, dass Dritte, insbesondere seine Freunde und Bekannte keinen Zugriff auf die Zugangsdaten und das Passwort seines Mitgliedskontos erlangten. Denn wie der Beklagte selbst eingeräumt hat, will er sich zu jener Zeit in seinem Facebook-Account ebenfalls über den Computer von Freunden oder Bekannten eingeloggt haben, wobei sein Umfang mit den eigenen Zugangsdaten "recht sorglos" erfolgt sei, indem er weder darauf geachtet habe, sich stets nach einer solchen Nutzung sorgfältig bei Facebook auszuloggen, noch ob ggf. bei dem Fremdcomputer die automatische Merkfunktion aktiviert gewesen sei, die den nächsten Login ohne Eingabe eines Passworts ermöglichte (vgl. GA 76).

bb. Demzufolge hat der Beklagte seine Pflicht, die Zugangsdaten so geheim zu halten, dass Dritte davon keine Kenntnis erlangen konnten, in einer Weise verletzt, die seine Haftung auch für die möglicherweise von einem Dritten unter Verwendung dieser Daten begangen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers begründet.

Der hier in Betracht kommende Zurechnungsgrund greift auch nicht erst dann ein, wenn der Beklagte als Kontoinhaber die unzureichende Sicherung seiner Kontaktdaten andauern lässt, nachdem er davon Kenntnis erlangte, dass ein Dritter sie unberechtigterweise benutzt hatte. Ihm wird vielmehr bereits die erste auf der unzureichenden Sicherung der Kontaktdaten beruhende Rechtsverletzung des Dritten als eigenes täterschaftliches Handeln zugerechnet [vgl. BGH aaO. - Rn. 20].

d. Nicht durchzudringen vermag der Beklagte mit seinem Argument, bei einem privaten Facebook-Account trete dessen Inhaber nicht rechtsgeschäftlich auf, während es bei einem eBay-Account gerade auf die Person des rechtsgeschäftlich Handelnden ankomme. Entscheidend ist vielmehr, dass in beiden Fällen die Gefahr eines Missbrauchs durch unberechtigte Dritte besteht, die über den Account Rechtsverletzungen begehen, und der durch die vorstehend dargelegten Sorgfaltsanforderungen in Bezug auf den Umgang mit den persönlichen Zugangsdaten begegnet werden soll. Typische Gefahr ist bei Facebook als Kommunikationsplattform die zunehmend ansteigende Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch beleidigende Äußerungen, wie der Senat aus entsprechenden Rechtsstreiten selbst beurteilen kann.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der BGH in der "Halzband"-Entscheidung auch keine Sonderform der Haftung für Urheberrechts -und/oder Markenverletzungen sowie Wettbewerbsverstöße geschaffen. Dass der BGH eine Haftung des dortigen Beklagten als Täter gerade solcher Verletzungshandlungen in Betracht zog, war allein dem Umstand geschuldet, dass diese typischerweise auf einer Handelsplattform wie eBay über ein dort unterhaltenes Mitgliedskonto begangen werden können. Eine Beschränkung der vom BGH aufgestellten Haftungsgrundsätze auf den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts lässt sich der Entscheidung indes nicht entnehmen. Im Übrigen können auch über einen Facebook-Account kommerzielle Zwecke verfolgt werden, wie schon die besonderen Bestimmungen für Werbetreibende (Ziff. 10. der Nutzungsbedingungen) zeigen. Entsprechend hatte hier auch der Kläger seine ...veranstaltung aktiv über Facebook beworben.

e. Ebenso wenig verfängt der Vortrag des Beklagten, es entspreche jugendtypischen Verhaltensweisen, soziale Netzwerke im Internet in räumlicher Anwesenheit zu verwenden, wobei die Accounts sozialer Medien frei zugänglich gemacht oder gar ausgetauscht würden. Selbst wenn eine zunehmende Nachlässigkeit im Umgang und der Vertraulichkeit hinsichtlich der Zugangsdaten zu beobachten wäre, stünde diese in klarem Widerspruch zu den allgemeinen Nutzungsbedingungen von Facebook, wonach der Nutzer das Passwort nicht weitergeben und keine andere Person auf das Konto zugreifen lassen oder keine anderweitigen Handlungen durchführen darf, die die Sicherheit seines Kontos gefährden können (Ziff. 4 Abs. 8.).

3. Im Übrigen sei angemerkt, dass jedenfalls in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur Haftung des Anschlussinhabers für eine über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten als Inhaber des Facebook-Accounts anzunehmen ist, wenn diesen - wovon hier auszugehen ist - zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Rechtsverletzung keine anderen Personen benutzen konnten.

Insoweit ist dem Kläger zuzugeben, dass eine solche Vermutung gegenüber dem Inhaber eines Internetanschlusses, der grds. dazu berechtigt ist, beliebigen Dritten etwa in seinem Haushalt Zugriff auf seinen Internetanschluss zu gestatten, erst recht gegenüber dem Inhaber eines Facebook-Accounts gelten muss, das einer konkreten Person zur alleinigen Nutzung zugeordnet ist und ihrer Verfügungsmacht und Kontrolle unterliegt.

a. Unter Übertragung der vom BGH aufgestellten Grundsätze ist eine solche Vermutung zwar nicht begründet, wenn der Facebook-Account zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst (auch) anderen Personen der Zugang zu diesem überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Beklagten als Inhaber des Facebook-Account jedoch eine sekundäre Darlegungslast [vgl. BGH Urt. 12.5.2010 - I ZR 1212/08 - Sommer unseres Lebens - Rn. 12; Urt. v. 8.1.12014 - I ZR 169/12 - BearShare - Rn. 16; Urt. v. 11.6.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III - Rn. 37], welcher nach Auffassung des BGH bei dem Inhaber eines Internetanschlusses dadurch Genüge getan wird, dass er vorträgt, ob zum Verletzungszeitpunkt andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Frage kommen. In diesem Umfang hält der BGH den Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat [BGH BearShare aaO. - Rn. 18; Tauschbörse III aaO. - Rn. 37 und 42].

b. Wie die Berufung zutreffend geltend macht, hat der Beklagte nicht seiner sekundären Darlegungslast entsprechend vorgetragen, so dass es bei der tatsächlichen Vermutung verbleibt, dass der Beklagte als Täter für die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers verantwortlich ist. Denn damit fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben [vgl. BGH Tauschbörse III - Rn. 48].

aa. Es ist vom Beklagten zwar nicht zu verlangen, dass er im Einzelnen zu erläutern hätte, wer genau den konkreten Eingriff vornahm und die Postings auf seinem Facebook-Account einstellte, da er die genauen Abläufe nicht aus eigener Wahrnehmung schildern kann. Insoweit ist ihm zuzugestehen, dass die sekundäre Darlegungslast sich nur auf seine Erkenntnismöglichkeiten richten kann. Nicht ausreichend ist es aber auch in einem solchen Fall, lediglich Vermutungen oder pauschale Behauptungen aufzustellen, wie es zu der Einstellung der streitgegenständlichen Postings auf seinem Facebook-Account gekommen sein könnte. Hierauf läuft aber das Vorbringen des Beklagten hinaus, wenn er sich auf die theoretisch bestehende Möglichkeit des Zugriffs auf seinen Facebook-Account beruft im Hinblick darauf, dass er regelmäßig im Beisein von - im Übrigen nicht benannten - Personen aus seinem Freundes und Bekanntenkreis seinen Facebook-Account geöffnet habe, um sich mit ihnen wechselseitig auszutauschen.

bb. Der Vortrag des Beklagten erweist sich weiterhin auch deshalb als unzureichend, da er sich nicht konkret dazu geäußert hat, ob zu dem Zeitpunkt, als die Postings erfolgten (....2012), überhaupt andere Personen die Möglichkeit hatten, auf seinen Facebook-Account zuzugreifen und somit als Täter in Betracht kommen können, etwa weil er sich an diesem Tag oder kurz zuvor über einen fremden Laptop oder iPad (wessen?) in seinen Facebook-Account eingeloggt und nach Nutzung es unterlassen hätte, sich wieder explizit auszuloggen oder einer der Anwesenden (wer) ihn bei Eingabe seines Passworts hätte beobachten können. Dies zeitnah zu rekonstruieren, hatte der Beklagte auch Anlass, da er seinem eigenen Vorbringen zufolge noch am selben Tag über seinen Vater von den Postings erfahren haben will, der ihn angerufen und damit konfrontiert habe, dass über den Facebook-Account des Beklagten negative Äußerungen über den Kläger erfolgt seien.

Der Senat verkennt nicht, dass das (angebliche) Ausspähen des Facebook-Accounts des Beklagten nicht zwingend mit dem Einstellen der angegriffenen Äußerungen zeitlich einhergehen musste. Dies entbindet den Beklagten freilich nicht davon, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast überhaupt Angaben zu machen, wobei es dann Sache des Senats gewesen wäre, deren Aussagekraft zu beurteilen.

4. Das für den Geldentschädigungsanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten ist zu bejahen. Denn er musste zumindest damit rechnen, dass aufgrund seines sorglosen Umgangs mit seinem Passwort unberechtigte Dritte, insbesondere seine Freunde und Bekannte seinen Facebook-Account zu rechtverletzendem Handeln verwenden könnten. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand des Beklagten, als Inhaber eines Facebook-Accounts müsse ihm keine typische Gefahr offenbar sein, die er gegenüber Dritten abzuwehren habe. Wie er selbst vorträgt, ist das Internet voll von einfachen Anweisungen und Hilfsprogrammen, um einen Facebook-Account zu hacken. Dass hiermit eine missbräuchliche Nutzung durch unberechtigte Dritte etwa für die Begehung von Rechtsverletzungen einhergehen kann, welche der Beklagte allein schon durch den sorglosen Umgang mit seinen Zugangsdaten begünstigte, erscheint nicht gänzlich unwahrscheinlich. Damit trifft ihn jedenfalls der Vorwurf der einfachen Fahrlässigkeit.

5. Schließlich ist es rechtlich ohne Relevanz, dass der Kläger vorprozessual nur Ersatz seiner Anwaltskosten für die Strafanzeige verlangt hatte und nunmehr klageweise eine Geldentschädigung geltend macht. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Missbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten erst dann, wenn dieses gegenüber dem anderen Teil vertrauensbegründend wirkt oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Wie aus dem Schreiben des Klägers vom 2.9.2013 hervorgeht, galten die in seinem Schreiben vom 23.8.2013 aufgestellten Forderungen ausdrücklich nur für den Fall einer außergerichtlichen Einigung. Damit wurde aber gegenüber dem Beklagten gerade kein Vertrauenstatbestand geschaffen, dass der Kläger im Falle einer Klageerhebung keine weitergehenden Ansprüche ihm gegenüber geltend machen werde.

II.

Mit Erfolg wendet sich die Berufung ferner gegen die Versagung des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch das Landgericht.

Dem Kläger steht nach §§ 683 S. 1, 670 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten als Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 382,70 zu, weil die Äußerungen - wie dargestellt - rechtswidrig waren und die Abmahnung des Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 23.8.2013 (GA 25/26) daher berechtigt war.

1. Auch wenn der Beklagte im Nachgang der Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft zunächst von sich aus an den Kläger herangetreten war, ist das nachfolgende Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2013 als Abmahnschreiben zu qualifizieren. Denn dieses enthielt die Aufforderung an den Beklagten, innerhalb einer angemessenen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, damit ein Prozess vermieden wird. Aus dem Inhalt der geforderten Unterwerfungserklärung konnte der Beklagte auch entnehmen, welches konkrete Verhalten seitens des Klägers beanstandet wurde. Weiterhin hatte der Kläger durch das unmittelbar nachfolgende Schreiben vom 6.9.2013 unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gegen den Beklagten gerichtlich vorgehen werde, wenn er die geforderte Unterwerfungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgebe.

b. Soweit der Beklagte darauf verwiesen hat, der Kläger habe seinem Prozessbevollmächtigten im Zeitpunkt der Abmahnung bereits mit der Erhebung der Klage beauftragt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund hieraus eine abweichende Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der vorprozessual aufgewendeten Kosten folgen soll. Aus dem Anwaltsschreiben des Klägers vom 2.9.2013 (GA 90) geht hervor, dass der durch den Kläger erteilte Klageauftrag nicht unbedingt, sondern aufschiebend bedingt erteilt war für den Fall, dass es nicht zu einer Einigung der Parteien auf der Grundlage des Vorschlags in seinem Abmahnschreiben vom 23.8.2013 innerhalb der gesetzten Frist bis zum 6.9.2013 kommen würde.

Ebenso wenig steht dem Erstattungsanspruch entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst dessen Vertretung im Ermittlungsverfahren übernommen hatte. Dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers zufolge hatte er seinem Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Auftrag zur außergerichtlichen Verfolgung der Ansprüche aus der in Rede stehenden Rechtsverletzung erteilt, wobei im Rahmen der vorprozessualen Bearbeitung zunächst die Identität des Beklagten ermittelt werden musste.

c. Allerdings kann der Kläger nur Abmahnkosten in Höhe von € 382,70 erstattet verlangen.

aa. Insoweit ist nur ein Streitwert von € 10.000,-- für den verfolgten Unterlassungsanspruch zugrunde gelegt werden, da vorprozessual noch keine Zahlung einer Geldentschädigung seitens des Klägers verlangt wurde. Wie der Beklagten unwidersprochen vorgetragen hat, bezog sich die von dem Kläger verlangte Zahlung in Höhe von € 1.500,-- auf den Ausgleich der Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Strafanzeige gegen den Beklagten.

bb. Zugrunde zu legen ist eine 1,3 Geschäftsgebühr, die - wie auch vom Kläger geltend gemacht - nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG zur Hälfte auf die nach Teil 3 VV RVG entstandene Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird.

Die geltend gemachte 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG kann der Kläger nicht beanspruchen. Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG ein Ermessensspielraum zu, so dass, solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt, die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist aber nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne Weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300 VV-RVG, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn seine außergerichtliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war [vgl. BGH vom 11.07.2012 - VIII ZR 323/11- Rn. 11; BGH vom 05.02.2013 - VI ZR 195/12- Rn. 8].

Einen besonderen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit hat der Kläger jedoch nicht dargelegt; solches ist auch nicht ersichtlich. Ein überdurchschnittlicher Umfang ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst ein Ermittlungsverfahren anstrengte, um die Identität des Beklagten festzustellen, sowie mehrere telefonische Erörterungen sowohl mit diesem selbst wie auch mit dem Rechtsanwalt führte.

III.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.

IV.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 91 a; 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Im Hinblick auf die (teilweise erfolgreiche) sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die in dem angefochtenen Urteil enthaltene Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO hinsichtlich des erledigten Teils der Klage war auch insoweit eine Abänderung der Kostenentscheidung durch den Senat veranlasst. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom heutigen Tag Bezug genommen.

Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert."



BGH: Wer den objektiven Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung in eigener Person erfüllt haftet als Täter auch ohne Verschulden nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung

BGH
Urteil vom 05.11.2015
I ZR 88/13
Al Di Meola
UrhG § 77 Abs. 2 Satz 1 Fall 2, § 97 Abs. 1 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Bewerbung von urheberrechtlich geschützten Werken (hier: Designer Möbel / Designer-Leuchten) greift in das Urheberrecht ein" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:


a) Das ausschließliche Recht des ausübenden Künstlers nach § 77 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 UrhG, den Bild- oder Tonträger, auf den seine Darbietung aufgenommen worden ist, zu verbreiten, umfasst das Recht, diesen Bild- oder Tonträger der Öffentlichkeit
zum Erwerb anzubieten und gegenüber der Öffentlichkeit gezielt für den Erwerb dieses Bild- oder Tonträgers zu werben.

b) Wer den objektiven Tatbestand einer Urheberrechtsverletzung in eigener Person erfüllt, haftet als Täter auch ohne Verschulden nach § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG auf Unterlassung.

c) Wer als bloße unselbständige Hilfsperson tätig wird, haftet nicht als Täter einer Urheberrechtsverletzung. Unselbständige Hilfsperson ist, wer aufgrund seiner untergeordneten Stellung keine eigene Entscheidungsbefugnis und keine Herrschaft
über die Rechtsverletzung hat.

d) Wer eigene Angebote abgibt, ist für diese auch dann verantwortlich, wenn er sie von Dritten erstellen lässt und ihren Inhalt nicht zur Kenntnis nimmt und keiner Kontrolle unterzieht. Er kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Haftungsprivilegien eines Diensteanbieters nach §§ 8 bis 10 TMG berufen.

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 88/13 - LG Hamburg - AG Hamburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG München: YouTube haftet nicht als Täter oder Teilnehmer für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Videos - Störerhaftung möglich

OLG München
Urteil vom 28.01.2016
29 U 2798/15


Das OLG München hat entschieden, dass Videoplattformen wie YouTube regelmäßig nicht als Täter oder Teilnehmer für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Videos haftet. Es kommt lediglich eine Haftung als Störer in Betracht. Diese war aber nicht Gegenstand des Verfahrens.

Aus den Entscheidungsgründen:

"a) Die Beklagte ist nicht Täterin dieser Rechtsverletzungen.

aa) Für die Frage der täterschaftlichen Haftung ist ohne Belang, ob eine Haftungsprivilegierung gemäß § 10 Satz 1 TMG ausgeschlossen ist. Durch diese Vorschrift ist die Regelung des Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr umgesetzt worden; die Frage der Verantwortlichkeit der Beklagten richtet sich jedoch nicht nach dieser Richtlinie, sondern nach nationalem Recht. Aus der Übernahme einer aktiven Rolle, die einem Diensteanbieter eine Kenntnis der verletzende Dienstinhalte betreffenden Daten oder eine Kontrolle über sie verschaffen konnte und zur Unanwendbarkeit der hinsichtlich der Verantwortlichkeit festgelegten Ausnahmen gemäß Art. 14 der Richtlinie führt (vgl. dazu EuGH GRUR 2011, 1025 - L'Oreal/eBay Tz. 113, 116), folgt nicht, dass der Anbieter täterschaftlich handelte (vgl. BGH GRUR 2013, 1229 - Kinderhochstühle im Internet II Tz. 30).

Vielmehr beurteilt sich die Frage, ob sich jemand als Täter oder Teilnehmer in einer die zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an der deliktischen Handlung eines Dritten - hier an dem öffentlichen Zugänglichmachen der Musikwerke durch die einstellenden Nutzer des Dienstes der Beklagten - beteiligt hat, nach den im Strafrecht entwickelten Rechtsgrundsätzen. Täter ist danach gemäß § 25 Abs. 1 StGB derjenige, der die Zuwiderhandlung selbst oder in mittelbarer Täterschaft begeht (vgl. BGH GRUR 2015, 987 - Trassenfieber Tz. 15 m. w. N.). Für eine täterschaftlich begangene Urheberrechtsverletzung müssen die Merkmale eines der handlungs-bezogenen Verletzungstatbestände des Urheberrechts erfüllt sein (vgl. BGH GRUR 2013, 511 - Morpheus Tz. 38 m. w. N.); der Umstand, dass der Provider, der eine Plattform für fremde Inhalte eröffnet, damit einen Beitrag zu Urheberrechtsverletzungen leistet, die die Benutzer der Plattform dort begehen, reicht danach für eine täterschaftliche Haftung des Providers nicht aus (vgl. BGH, Beschl. v. 10. Mai 2012 - I ZR 57/09 [Entscheidung über die Anhörungsrüge zum Urteil GRUR 2011, 1038 - Stiftparfüm], juris, Tz. 4).

Im Bereich des Internets gehören zu den zur Nutzung bereitgehaltenen eigenen Informationen, für deren Zugänglichmachung ein Diensteanbieter als Täter verantwortlich sein kann, auch solche fremden Informationen, die sich der Anbieter zu Eigen macht. Bei einem Betreiber eines Internetauftritts ist das der Fall, wenn er nach außen erkennbar die inhaltliche Verantwortung für die in seinem Internetauftritt veröffentlichten Inhalte übernommen oder den zurechenbaren Anschein erweckt hat, er identifiziere sich mit den fremden Inhalten. Ob ein Zu-Eigen-Machen vorliegt, ist aus der Sicht eines verständigen Durchschnittsnutzers auf der Grundlage einer Gesamtbetrachtung aller relevanten Umstände zu beurteilen. Dafür, dass der Diensteanbieter sich die fremden Informationen zu Eigen ...cht hat, spricht, dass er die von Dritten hochgeladenen Inhalte inhaltlich-redaktionell auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert oder auswählt oder die fremden Informationen in das eigene redaktionelle Angebot einbindet. Allerdings ist bei der Annahme einer Identifikation mit fremden Inhalten grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BGH GRUR 2015, 1129 - Hotelbewertungsportal Tz. 25 m. w. N. im Zusammenhang bereits mit der Täterschaft, nicht erst mit einer Haftungsprivilegierung; vgl. auch BGH GRUR 2016, 209 - Haftung für Hyperlink Tz. 13 m. w. N.).

bb) Danach ist die Beklagte nicht Täterin der ihr von der Klägerin zur Last gelegten Rechtsverletzungen.

(1) Tathandlung ist bei der Verletzung des Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG entgegen der Diktion der Klägerin nicht die Übermittlung einer das betreffende Musikwerk enthaltenden Datei; ausreichend ist vielmehr bereits, dass Dritten der Zugriff auf das sich in der Sphäre des Vorhaltenden befindende Werk eröffnet wird, ohne dass es darauf ankäme, ob diese Möglichkeit tatsächlich genutzt - das Werk also tatsächlich übermittelt - worden ist (vgl. BGH GRUR 2016, 176 - Tauschbörse I Tz. 28 m. w. N. [soweit dort von Hochladen gesprochen wird, ist die Übermittlung an einen abrufenden Nutzer als Folge des öffentlichen Zugänglichmachens gemeint]; vgl. auch EuGH GRUR 2014, 360 - Svensson/Retriever Sverige Tz. 19; BGH, a. a. O., - Die Realität II Tz. 22; GRUR 2016, 71 - Ramses Tz. 44).

Im Streitfall wird die Möglichkeit des Abrufs vom einstellenden Nutzer selbst - unter Verwendung der von der Beklagten gestellten technischen Mittel - bewirkt, weil seine Inhalte bereits durch das von ihm vorgenommene Einstellen allgemein abrufbar werden. Wegen dieser hier vorliegenden Verknüpfung von Einstellen der Inhalte durch Hochladen („Upload") und deren Abrufbarkeit hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Klägerin zu Recht darauf abgestellt, dass der Upload durch die einstellenden Nutzer - nicht als solcher, sondern weil damit uno actu auch die Zugänglichmachung erfolgt - die streiterhebliche Nutzungshandlung darstellt. Ob dies bei anderen Fallgestaltungen, in denen das Einstellen (der Upload) nicht automatisch zur Abrufbarkeit führt (vgl. etwa die den BGH-Entscheidungen marions-kochbuch.de [GRUR 2010, 616] und File-Hosting-Dienst [GRUR 2013, 1030] zugrunde liegenden Fälle), ebenso zu sehen ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

(2) Die Beklagte macht sich die von den einstellenden Nutzern öffentlich zugänglich ...chten Inhalte nicht zu Eigen. Für den maßgeblichen verständigen Durchschnittsnutzer übernimmt die Beklagte keine Verantwortung für diese Inhalte; vielmehr ist jedem verständigen Nutzer klar, dass es sich dabei nicht um Inhalte handelt, für welche die Beklagte die inhaltliche Verantwortung übernähme oder mit denen sie sich identifizierte, sondern um solche, die von Dritten herrühren und von diesen abrufbar ... werden. Die von der Klägerin im Berufungsverfahren zur Stützung ihrer entgegengesetzten Einschätzung vorgetragenen Umstände führen zu keiner anderen Bewertung.

aaa) Selbst wenn die Beklagte Kenntnis von den konkreten, durch die einstellenden Nutzer vorgenommenen Verletzungshandlungen hätte, begründete diese Kenntnis noch kein Zu-Eigen-Machen, weil der maßgebliche verständige Durchschnittsnutzer daraus weder die Übernahme einer Verantwortung für die Inhalte noch eine Identifizierung mit diesen herleitet.

bbb) Die Beklagte prüft die Namensangaben der einstellenden Nutzer grundsätzlich nicht nach, so dass Nutzer Inhalte unter einem Pseudonym - im Ergebnis mithin anonym - einstellen können. Das führt indes nicht dazu, dass deshalb der verständige Durchschnittsnutzer die Inhalte der Beklagten zuschriebe. Ob durch die anonyme Nutzungsmöglichkeit ein erheblicher Anreiz für die Begehung rechtswidriger Handlungen geschaffen wird, wie die Klägerin meint, ist für die Frage, ob die Beklagte Täterin ist, ohne Belang. Ob ein solcher Anreiz bei der Frage nach einer Störerhaftung der Beklagten Bedeutung gewinnen kann (vgl. BGH, a. a. O., - FileHosting-Dienst Tz. 40), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (s. u. e]).

ccc) Dass sämtliche Videoclips in einem einheitlichen, von der Beklagten geschaffenen Rahmen präsentiert werden, mag einen besonders hohen Wiedererkennungseffekt zur Folge haben. Der abrufende Nutzer erkennt aber allenfalls, dass er sich auf der Seite von ... befindet, oder erinnert sich später daran, dass er den Videoclip dort gesehen hat. Mit der Wahrnehmung von ... als Fundort für einen Videoclip geht indes nicht die zusätzliche Vorstellung einher, dieser werde von ... oder der Beklagten verantwortet.

Auch bei der Einbettung von Videoclips, die bei ... abrufbar sind, in andere Internetauftritte, wird nicht der Eindruck erweckt, die Beklagte übernehme die Verantwortung für diese. Dass bei einer derartigen Einbettung das ...-Logo zusammen mit den Steuerungselementen für das Abspielen des Clips (Abspiel-/Pausensymbol, verstrichene Zeit, Lautstärke usw.) wiedergegeben wird, versteht der verständige Nutzer lediglich als Angabe des Fundorts, zumal der Nutzer die Möglichkeit hat, durch Anklicken des i-Symbols in der rechten oberen Ecke des Wiedergaberechtecks Angaben zum einstellenden Nutzer zu erhalten (vgl. Anl. K 42s).

Entsprechend wird auch die Wiedergabe des ...-Logos bei der Einbettung in Fernsehsendungen lediglich als Fundortangabe verstanden.

ddd) Die vielfältige Strukturierung der von Nutzern eingestellten Inhalte durch die Beklagte verbessert lediglich deren Erschließung, sei es, dass dadurch die abrufenden Nutzer die von ihnen gesuchten Inhalte auf möglichst einfachem Weg finden, sei es, dass den abrufenden Nutzern erst nahe gebracht wird, dass sie sich auch für Inhalte interessieren könnten, nach denen sie nicht gesucht haben. Das ändert nichts daran, dass die Inhalte vom verständigen Durchschnittsnutzer als von Dritten herrührend und nicht von der Beklagten inhaltlich verantwortet angesehen werden.

So erfolgt die Einordnung der Videoclips nach verschiedenen Schlüsselbegriffen oder Kategorien, etwa Musik, Jazz oder Rock, auf der Grundlage der Angaben des einstellenden Nutzers. Dass die Beklagte den einstellenden Nutzern die Möglichkeit zu derartigen Angaben bietet und diese automatisiert für die Erschließung der Angebotsfülle durch die abrufenden Nutzer verwendet, stellt keine redaktionelle Bearbeitung dar, mit der sich die Beklagte die einzelnen Videoclips zu Eigen machte, sondern erleichtert es lediglich, auf ihrer Plattform Drittinhalte aufzufinden. Das Gleiche gilt für die persönlichen Empfehlungen, die einem Nutzer auf der Grundlage seiner bisherigen Abrufe automatisiert ...cht werden, und die ebenfalls automatisiert erstellten „Künstlerbiografien".

Durch die technischen Möglichkeiten, die Videoclip-Wiedergabe mittels Pausenfunktion anzuhalten, Playlists zu erstellen und Videoclips zum späteren Abspielen vorzumerken oder zu überspringen, erleichtert die Beklagte ebenfalls lediglich dem abrufenden Nutzer den Werkgenuss. Eine redaktionelle Bearbeitung der Inhalte oder eine Identifizierung mit diesen liegt darin nicht.

eee) Dass sich die Beklagte von verschiedenen Seiten Nutzungsrechte hinsichtlich der bei ihr eingestellten Inhalte einräumen lässt, führt ebenfalls nicht dazu, dass sie sich diese Inhalte zu Eigen machte.

Bei den Nutzungsrechten, die sich die Beklagte durch ihre allgemeinen Nutzungsbedingungen von den einstellenden Nutzern einräumen lässt, ist zu berücksichtigen, dass auch die Inhalte, die von deutschen Nutzern eingestellt werden, weltweit abrufbar sind. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass sich die Beklagte Rechte hinsichtlich der Nutzung der Inhalte vermittels ihres Dienstes über das hinaus einräumen lässt, was nach der Rechtslage in Deutschland erforderlich wäre, um auch allen anderen in Betracht kommenden Rechtsordnungen zu genügen. Dem klägerischen Vorbringen kann nicht entnommen werden, dass die Beklagte die ihr so eingeräumten Rechte anders als im Zusammenhang mit dem Abruf der Inhalte durch ihren Dienst ausübte. Im Übrigen ist auch nach der Rechtslage in Deutschland für die von der Beklagten angebotenen Vorschaubilder der Videoclips eine Lizenzierung oder ein vergleichbarer Akt des Inhabers der entsprechenden Rechte erforderlich (vgl. BGH GRUR 2012, 602 - Vorschaubilder II Tz. 13 f., 17 f. m. w. N.).

Auch aus den Lizenzvereinbarungen, welche die Beklagte mit anderen Wahrnehmungsgesellschaften und sonstigen Rechteinhabern geschlossen hat, kann nicht gefolgert werden, die Beklagte mache die in den Videoclips verwendeten Musikwerke selbst öffentlich zugänglich oder sei jedenfalls der Auffassung, das zu tun. Denn soweit die einstellenden Nutzer nicht über die entsprechenden Rechte verfügen, ist die Beklagte der Gefahr ausgesetzt, dass Unterlassungsansprüche gegen sie - etwa als Störerin geltend - ... werden (vgl. nur OLG Hamburg, Urt. v. 1. Juli 2015 - 5 U 87/12, BeckRS 2015, 14370, Anl. K 107); bewirkt sie eine Lizenzierung solcher Videoclips (letztlich in der Art einer Geschäftsführung ohne Auftrag für die einstellenden Nutzer), so entzieht sie der Geltendmachung derartiger Unterlassungsansprüche die Grundlage.

Auch der mit einzelnen Videoclips verbundene Hinweis auf eine ...-Standard-Lizenz, wie sie sich aus Nr. 10 der Allgemeinen Nutzungsbedingungen ergibt, führt nicht dazu, dass sich die Beklagte die Inhalte, die mit diesem Hinweis versehen sind, zu Eigen machte. Vielmehr wird dadurch lediglich darauf hingewiesen, dass diese Inhalte nicht zur allgemeinen beliebigen Nutzung zur Verfügung stünden, wie dies bei der alternativen Lizenz Creative Com-mons der Fall wäre (vgl. dazu auch OLG Hamburg, a. a. O., unter B. VI. 2. g. bb. fff. [4] = Rz. 199 bei BeckRS 2015, 14370).

fff) Die Beklagte vermarktet entgegen der Diktion der Klägerin nicht die eingestellten Inhalte unmittelbar, sondern lediglich die von ihr angebotenen Werbemöglichkeiten im Umfeld der Inhalte. Auch soweit Werbebanner unmittelbar in die Videoclips eingeblendet werden, sieht der abrufende Nutzer darin keine inhaltlich Veränderung des Videoclips, sondern lediglich einen gesonderten Werbebeitrag, der über den - der Sache nach unveränderten - Clip gelegt wird.

Die Beklagte profitiert damit zwar bei der Vermarktung davon, dass allein das Interesse an den Videoclips die von ihr angebotenen Werbemöglichkeiten attraktiv macht. Das führt aber nicht dazu, dass der abrufende Nutzer diese Inhalte der Beklagten zuschriebe.

ggg) Die Erstellung von Vorschaubildern der eingestellten Videoclips stellt keine Nutzung der Musikwerke dar, hinsichtlich derer die Klägerin Rechte für sich in Anspruch nimmt. Die Vorschaubilder führen aber auch nicht dazu, dass der verständige Durchschnittsnutzer zu der Auffassung gelangte, die Beklagte übernehme die Verantwortung für die Clips oder identifiziere sich mit diesen. Vielmehr versteht er die Vorschaubilder lediglich als weitere Maßnahme, die ihm die Entscheidung erleichtert, ob er sich den jeweiligen Videoclip (vollständig) ansehen will, und damit als Dienstleistung des Hostproviders, die sich von den gehosteten Inhalten absetzt.

hhh) Dass die Beklagte Videoclips mit beanstandeten Inhalten sperrt, wird vom verständigen Durchschnittsnutzer nicht dahin verstanden, dass die Beklagte alle anderen Videoclips überprüft hätte und sich mit deren Inhalten identifiziere (vgl. auch BGH, a. a. O., - Hotelbewertungsportal Tz. 28 a. E.).

iii) Schließlich sind auch die Erschwerungen bei der Unterbindung von Rechtsverletzungen, die nach dem Vorbringen der Klägerin in dem von der Beklagten zur Verfügung gestellten Notice-and-Take-Down-Verfahren auftreten, nicht geeignet, die Annahme zu begründen, die Beklagte übernehme die inhaltliche Verantwortung für die von Dritten eingestellten Videoclips.

jjj) Auch in der Gesamtschau der von der Klägerin angeführten Umstände kann entgegen deren Einschätzung nicht davon ausgegangen werden, dass der verständige Durchschnittsnutzer die Leistungen der Beklagten dahin verstehe, dass die Videoclips, die von den einstellenden Nutzern lediglich „angeliefert" würden, zu einem neuen eigenen, von der Beklagten selbst verantworteten Angebot zusammengefasst würden. Gegen eine derartige Annahme spricht auch, dass sich die auf ... abrufbaren Videoclips nicht auf - gar professionelle - Musikvideos beschränken, sondern nahezu alle Lebensbereiche erfassen und von unterschiedlichster Qualität sind; diese - dem maßgeblichen Nutzer bekannte - Vielfalt steht der Annahme entgegen, die Beklagte bearbeite das Angebot an Videoclips redaktionell oder identifiziere sich mit all diesen Inhalten.

(3) Auch der Grundsatz, dass der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke tunlichst angemessen zu beteiligen ist (vgl. BGH GRUR 2015, 667 - Möbelkatalog Tz. 19; GRUR 2013, 717 - Covermount Tz. 25; jeweils m. w. N.), bietet keine Rechtfertigung dafür, die täterschaftliche Haftung für Urheberrechtsverletzungen von der gesetzlich vorgegebenen Handlungsbezogenheit der Verletzungstatbestände loszulösen und nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmen. Dieser Grundsatz setzt vielmehr voraus, dass ein Werknutzungstatbestand der §§ 15 ff. UrhG vorliegt, und vermag einen solchen nicht zu ersetzen. Bestehen Schwierigkeiten im Tatsächlichen, den rechtsverletzenden Nutzer zu belangen und die Rechte des Urhebers durchzusetzen, so bietet im Falle des Betreibers einer Internetplattform, in die Nutzer rechtswidrige Angebote eingestellt haben, bereits die - allerdings keine Schadensersatzansprüche begründende - Störerhaftung effektiven Rechtsschutz, weil nicht gegen eine Vielzahl einzelner Anbieter vorgegangen werden muss (vgl. BGH Urt. v. 26. November 2015 - I ZR 174/14, juris, - Störerhaftung des Accessproviders Tz. 82 m. w. N.).

b) Bei der Klägerin liegt keine mittelbare Täterschaft vor. Diese erforderte zum einen eine von der Beklagten im eigenen Interesse veranlasste Rechtsverletzung und zum anderen die Kontrolle der Beklagten über das Handeln einstellenden Nutzer. Im Hinblick auf die zweite Voraussetzung scheidet eine mittelbare Täterschaft jedenfalls dann aus, wenn der unmittelbar Handelnde - wie hier der jeweilige einstellende Nutzer - die Rechtsverletzung seinerseits täterschaftlich begeht (vgl. BGH GRUR 2012, 1279 - DAS GROSSE RÄTSELHEFT Tz. 38 m. w. N.).

c) Die Beklagte ist auch nicht Mittäterin der Rechtsverletzungen. Mittäterschaft erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken; daran fehlt es, wenn der Betreiber einer Internetplattform Dritten die Möglichkeit eröffnet, eigene Inhalte öffentlich zugänglich zu machen (vgl. BGH GRUR 2015, 485 - Kinderhochstühle im Internet III Tz. 37 m. w. N.).

d) Die Beklagte haftet auch nicht als Gehilfin der einstellenden Nutzer, soweit diese das von der Klägerin wahrgenommene Recht der öffentlichen Zugänglichmachung verletzen.

aa) Die Haftung als Teilnehmer, insbesondere als Gehilfe, setzt die Kenntnis von einer konkret drohenden Haupttat voraus (vgl. BGH, a. a. O., - Kinderhochstühle im Internet III Tz. 37; a. a. O., - File-Hosting-Dienst Tz. 28). Entgegen der Auffassung der Klägerin genügt insoweit jedenfalls im Streitfall die generelle Kenntnis der Möglichkeit von Haupttaten im Sinne eines bedingten Vorsatzes nicht.

Zwar kann sich eine Beteiligungshandlung grundsätzlich auch auf eine Mehrzahl von Taten des Haupttäters beziehen, zu der ein fördernder Beitrag erbracht wird. Allerdings ist dann zu fordern, dass die Teilnehmer wenigstens in Umrissen eine Vorstellung von Anzahl und Zeitraum der Taten haben (vgl. BGH NStZ 2002, 200 Tz. 10). Der Bundesgerichtshof hat in Fällen „neutraler" Handlungen folgende strafrechtlichen Grundsätze aufgestellt: Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfehandlung zu werten. Denn unter diesen Voraussetzungen verliert sein Tun stets den „Alltagscharakter"; es ist als „Solidarisierung" mit dem Täter zu deuten; anderenfalls kommt straflose Mitwirkung in Betracht (vgl. BGH NJW 2001, 2409 [2410]). Weiß der Hilfeleistende nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ (vgl. BGH NJW 2014, 1098 Tz. 31 m. w. N. zur Haftung gem. § 830 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB; vgl. auch BGH, Beschl. v. 5. November 2015 - 2 StR 96/15, juris, Tz. 5; NJW 2000, 3010 [3011]).

bb) Danach hatte die Beklagte die erforderliche Kenntnis von den behaupteten Rechtsverletzungen nicht.

(1) Sie erbringt ihre Unterstützungsleistungen im Rahmen von ... für alle eingestellten Inhalte unabhängig davon, ob diese die Möglichkeit einer Verletzung urheberrechtlicher Nutzungsrechte in sich bergen. Es handelt sich dabei um die Einräumung einer allgemeinen Nutzungsmöglichkeit, die grundsätzlich eine neutrale Handlung darstellt (vgl. BGH GRUR 2009, 841 - Cybersky Tz. 22). Angesichts der Vielzahl der Möglichkeiten, das Angebot der Beklagten zu nutzen, kann nicht die Rede davon sein, dass Beklagte durch die Bereitstellung ihres Dienstes es auf die Förderung erkennbar zur Verletzung von urheberrechtlichen Nutzungsrechten geneigter Nutzer anlege.

(2) Konkrete Kenntnis von den beanstandeten Rechtsverletzungen hatte die Beklagte auch nach dem Vorbringen der Klägerin nicht.

(1) Diese Kenntnis wurde auch nicht dadurch vermittelt, dass die Beklagte nach dem Vorbringen der Klägerin das System Content-ID einsetzt, um jedes einzelne der in ihrem Dienst hochgeladenen Videoclips zu analysieren. Ungeachtet der Frage, inwieweit ein automatisiertes System geeignet sein könnte, haftungsrechtlich relevante Kenntnisse zu begründen, steht dem System der Beklagten das von der Klägerin wahrgenommene Repertoire nicht als Referenz zur Verfügung, so dass mit ihm eine Überprüfung darauf, ob ein Videoclip ein Musikwerk enthält, dessen Rechte von der Klägerin wahrgenommen werden, nicht möglich ist.

e) Ob die Beklagte - möglicherweise bei Hinzutreten weiterer Umstände - als Störerin angesehen werden kann (vgl. dazu OLG Hamburg, a. a. O.), bedarf im Streitfall keiner Klärung, da ein Störer nur auf Unterlassung und nicht auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden kann (vgl. BGH GRUR 2015, 264 - Hi Hotel II Tz. 36 m. w. N.)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




OLG Köln: Amazon haftet nicht kenntnisunabhängig für Wettbewerbsverstoß durch Marketplace-Händler - Pflichtangaben zum Energieverbrauch

OLG Köln
Urteil vom 20.12.2013
6 U 56/13


Das OLG Köln hat entschieden, dass Amazon ohne Kenntnis von der Rechtsverletzung nicht für Wettbewerbsverstöße durch Marketplace-Händler verantwortlich ist. Vorliegend ging es um fehlende Pflichtangaben zum Energieverbrauch gemäß Art. 4b und 4c der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 1062/2010 beim Verkauf von Fernsehern. Fehlen diese, so liegt ein Wettbewerbsverstoß vor. Das Gericht deutet an, dass Amazon zukünftig womöglich dazu verpflichtet sein könnte, die Marketplace-Händler über die Notwendigkeit der Pflichtangaben zu informieren.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Wie bereits das Landgericht im Einzelnen zutreffend ausgeführt hat, ist der Betreiber einer Internet-Handelsplattform grundsätzlich nicht verpflichtet, jedes ihm übermittelte Angebot vor Veröffentlichung auf eine mögliche Rechtsverletzung hin zu untersuchen (BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038 = WRP2011, 1609 [Rn. 21] - Stiftparfüm m.w.N.).

Eine Haftung des Plattformbetreibers als Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe) der rechtsverletzenden Handlung des Dritten erfordert mindestens bedingten Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, der das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit einschließen muss (BGHZ 158, 236 [250) = GRUR 2004, 860 - Internet-Versteigerung I; GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 30] - Kinderhoch-stühle im Internet). Hierfür fehlt es meist - so auch hier - an greifbaren Anhaltspunkten.

Anstelle einer Störerhaftung, die im Bereich des wettbewerbsrechtlichen Verhaltensunrechts (einschließlich des Unterlassens von Pflichtinformationen) auf Grund rechtsdogmatischer Erwägungen ausscheidet (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011. 223 [Rn. 48] - Kinderhochstühle im Internet), kommt allerdings eine täterschaftliche Haftung des Plattformbetreibers aus der Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht unter dem Gesichtspunkt des gefahrerhöhenden Verhaltens in Betracht (vgl. BGHZ173. 188 = GRUR 2007, 890 = WRP 2007, 1173 [Rn. 22, 36] - Jugendgefährdende Medien bei eBay; BGH, GRUR 2012, 304 = WRP 2012, 330 [Rn. 60) - Basler-Haar-Kosmetik). Insoweit kann auf die zur Störerhaftung bei Schutzrechtsverletzungen entwickelten Kriterien zurückgegriffen werden (Senat, MD 2010, 1093 - Schlank-Sensation Nr.1; NJOZ 2012, 971 -Schlank-Geheimnis). Diese Haftung greift jedoch in aller Regel erst ein, wenn der Plattformbetreiber auf klare Rechtsverletzungen des Handlers hingewiesen worden ist; unter Zumutbarkeitsgesichtspunkten ist er insbesondere nicht verpflichtet, komplizierte Beurteilungen im Einzelfall durchzuführen, ob ein beanstandetes Angebot sich tatsachlich als wettbewerbswidrig erweist (vgl. BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 [Rn. 48] - Kinderhochstühle im Internet m.w.N). Erst nach Hinweis auf eine klare Rechtsverletzung muss er nicht nur das konkrete Angebot unverzüglich sperren, sondern auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Rechtsverletzungen kommt (vgl. BGHZ 191, 19 = GRUR 2011, 1038 = WRP 2011, 1609 [Rn. 20] - Stiftparfüm)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Hamburg: Onlinehändler haftet für Urheberrechtsverletzungen auf einer von ihm angebotenen DVD, auch wenn dieser keine Kenntnis von der Rechtsverletzung hatte

LG Hamburg
Urteil vom 26.02.2013
310 O 146/12


Das LG Hamburg hat entschieden, dass ein Onlinehändler für Urheberrechtsverletzungen auf einer von ihm angebotenen DVD haftet, auch wenn dieser keine Kenntnis von der Rechtsverletzung hatte. Nach Ansicht des Gerichts haftet der Händler durch Anbieten der DVD als Täter für die begangene Urheberrechtsverletzung.

Im vorliegenden Fall ging es um eine DVD, welche eine spezielle Aufnahme des Titels "See Emily Play" der Musikgruppe Pink Floyd enthielt, ohne dass der Rechteinhaber zugestimmt hatte.

LG Hamburg: Unterlassungserklärung in Filesharingfällen muss der Verletzungshandlung entsprechen, sonst droht eine einstweilige Verfügung

LG Hamburg
Beschluss vom 11.01.2013
308 O 442/12


Die Abgabe einer Unterlassungserklärung nach Erhalt einer Filesharing-Abmahnung ist ein probates Mittel, um einen Rechtsstreit um den teuren Unterlassungsanspruch zu vermeiden. Dass die richtige Formulierung mit Tücken verbunden sein kann, zeigt diese Entscheidung des LG Hamburg. Der Anschlussinhaber hatte eine Unterlassungserklärung abgegeben, diese erfasste dabei die Haftung als (Mit-)Täter einer Urheberrechtsverletzung. Das Gericht ging jedoch insbesondere auch nach dem Vortrag des Anschlussinhabers davon aus, dass lediglich eine Haftung als Störer in Betracht kommt. Insofern wäre nach Ansicht des LG Hamburg eine anders formulierte Unterlassungserklärung notwendig gewesen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Zwar hat die Antraggegnerin mit Schreiben vom 11.12.2012 (Anlage ASt 6) eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben, diese bezog sich jedoch lediglich auf eine (Mit-)Täterschaft der Antragsgegnerin. Die Störerhaftung stellt demgegenüber ein Aliud dar, welche von der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht erfasst war. Auch nach erneuter Aufforderung der Antragsstellerin mit Schreiben vom 18.12.2012 (Anlage ASt. 6) und vom 03.01.2013 (Anlage ASt 9) gab die Antragsgegnerin eine Unterlassungsverpflichtungserklärung nicht ab."

Man kann den Rechtsstandpunkt des LG Hamburg (zu Recht) kritisieren. Die Entscheidung ist aber in der Welt und sollte von Abgemahnten beachtet werden, da das LG Hamburg regelmäßig nach dem Grundsatz des fliegenden Gerichtsstands für Filesharing-Fälle in ganz Deutschland örtlich zuständig ist. Zudem zeigt die Entscheidung wieder einmal, dass auch in Filesharing-Fällen nach wie vor eine fundierte juristische Beratung unumgänglich ist, um unnötige Kostenfallen zu vermeiden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: eBay-Accountinhaber kann für Rechtsverletzungen durch einen Dritten haften

BGH, Urteil vom 11.3.2009
I ZR 114/06
Halzband


Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst, ob der Inhaber eines ebay-Accounts für Rechtsverletzungen haftet, die ein Dritter unter Nutzung des Accounts begeht. Vorliegend ging es um eine Markenrechtsverletzung bzw. einen Wettbewerbsverstoß. Der BGH bejaht eine eigene Haftung des Accountinhabers, wenn dieser die Zugangsdaten nicht ausreichend gesichert hat. Zur Begründung führt der BGH an, dass der Accountinhaber durch die nicht ausreichende Sicherung der Accountdaten eine Gefahrenquelle geschaffen hat, für die er ggf. einstehen muss. Diese Haftungsgrundsätze lassen sich auch auf andere Angebote (z.B. Youtube-Accounts, Twitter Accounts) und Rechtsverletzungen übertragen. Die Entscheidung verdeutlicht noch ein mal, dass der Schutz der eigenen Accountdaten von enormer Wichtigkeit ist.



Die vollständige Pressemiteilung des BGH finden Sie hier:


"BGH: eBay-Accountinhaber kann für Rechtsverletzungen durch einen Dritten haften" vollständig lesen