a) Das Werbeverbot für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft gemäß § 21a Abs. 4 VTabakG und § 19 Abs. 3 TabakerzG ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG.
b) Es stellt eine verbotene Tabakwerbung in einem Dienst der Informationsgesellschaft dar, wenn ein Unternehmen auf der Startseite seines Internetauftritts für Tabakerzeugnisse wirbt.
BGH, Urteil vom 5. Oktober 2017 - I ZR 117/16 - OLG München - LG Landshut
BGH
Urteil vom 05.10.2017 I ZR 117/16
Tabakwerbung im Internet
Der BGH hat entschieden, dass die werbende Abbildung von Tabakwaren auf der Startseite des Internetauftritts eines Tabakherstellers eine unzulässige Tabakwerbung darstellt. Der BGH führt aus, dass sich die Startseite der Internetseite an die breite Öffentlichkeit wendet und somit nach Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/33/EG vom Verbot der Tabakwerbung in Diensten der Informationsgesellschaft erfasst wird.
Die Pressemitteilung des BGH:
Verbotene Tabakwerbung durch Internetauftritt eines Tabakherstellers
Der unter anderem für das Lauterkeitsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass werbende Abbildungen auf der Startseite des Internetauftritts eines Tabakherstellers als unzulässige Tabakwerbung anzusehen sind.
Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein mittelständischer Tabakhersteller. Auf ihrer Internetseite können sich interessierte Nutzer über ihr Unternehmen informieren, wobei die einzelnen Inhalte erst nach einer elektronischen Altersabfrage aufgerufen werden können. Im November 2014 befand sich auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten eine Abbildung, die vier gut gelaunte, lässig anmutende Personen zeigte, die Tabakerzeugnisse konsumierten.
Der Kläger, ein Verbraucherschutzverband, sieht darin eine unzulässige Tabak-werbung. Er verlangt von der Beklagten, die Werbung mit der Abbildung zu unterlassen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die Abbildung auf der Startseite des Internetauftritts der Beklagten ist eine Werbung für Tabakerzeugnisse, weil die Produkte der Beklagten dem Besucher der Website näher gebracht und als attraktiv dargestellt werden. Diese Werbung erfolgt in einem Dienst der Informationsgesellschaft, so dass sie nach dem zum Zeitpunkt der Werbung gültigen § 21a Abs. 3 und 4 des Vorläufigen Tabakgesetzes und nach dem jetzt geltenden § 19 Abs. 2 und 3 TabakerzG verboten ist. Nach den maßgeblichen unionsrechtlichen Bestimmungen ist "Dienst der Informationsgesellschaft" jede in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz und auf individuellen Abruf eines Empfängers erbrachte Dienstleistung. Der Begriff soll nach Erwägungsgrund 18 der Richtlinie 2000/31/EG auch Dienste erfassen, die nicht von denjenigen vergütet werden, die sie empfangen, wie etwa Online-Informationsdienste oder kommerzielle Kommunikation. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 4. Mai 2017 – C-339/15 – Luc Vandenborght) folgt daraus, dass die Website eines Unternehmens, auf der für dessen Produkte oder Dienstleistungen geworben wird, einen Dienst der Informationsgesellschaft darstellt.
§ 19 Abs. 2 und 3 TabakerzG setzt Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2003/33/EG um, der bestimmt, dass in der Presse und anderen gedruckten Veröffentlichungen verbotene Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft ebenfalls nicht gestattet ist. Für die Bestimmung des Umfangs dieses Verbots ist Erwägungsgrund 4 der Richtlinie 2003/33/EG heranzuziehen. Danach muss Tabakwerbung auf diejenigen Magazine und Zeitschriften beschränkt werden, die sich nicht an die breite Öffentlichkeit wenden. Die weltweit unbeschränkt aufrufbare Startseite eines Unternehmens wendet sich an die breite Öffentlichkeit und wird deshalb von dem Verbot der Tabakwerbung in Diensten der Informationsgesellschaft erfasst.
Vorinstanzen:
LG Landshut - Urteil vom 29. Juni 2015 - 72 O 3510/14
OLG München - Urteil vom 21. April 2016 - 6 U 2775/15
(3) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. …
(4) Absatz 3 gilt für die Werbung für Tabakerzeugnisse in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.
[…]
§ 19 TabakerzG lautet:
[…]
(2) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. […]
(3) Absatz 2 gilt für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.
Das EuG hat sich in diesem Verfahren mit einem möglichen Schadensersatzanspruch für die Verwendung des Fotos des verstorbenen Ehemanns als Schockbild für Tabakwaren befasst. Die Ehefrau hatte die EU-Kommission verklagt. Die Ehefrau des Verstorbenen konnte nicht beweisen, dass es sich bei der abgebildeten Person um ihren Ehemann handelt, so dass der EuGH die Klage abwies. Auf dem Foto war der obere Teil des Gesichts abgedeckt.
BGH
Urteil vom 18.11.2010 I ZR 137/09
Unser wichtigstes Cigarettenpapier
Der BGH hat entschieden, dass der Tabakindustrie auch Imagewerbung untersagt ist.
In der Pressemitteilung des BGH heißt es: "Mit der Anzeige wird – so der BGH – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für seine Tabakerzeugnisse geworben. Die Beklagte stellt sich in der Anzeige als verantwortungsbewusstes Unternehmen dar, das sich engagiert durch vielfältige Taten mit der Problematik des Zigarettenkonsums auseinandersetzt. Die Leser der Anzeige werden eher die Produkte eines solchen Unternehmens kaufen als die eines Wettbewerbers, der sich über die Gefahren des Rauchens keine Gedanken macht. Jedenfalls durch die Nennung der Zigarettenmarken am Ende der Anzeige kann der Leser die angepriesenen Vorzüge auch konkret mit Produkten in Verbindung bringen, die er kaufen kann. Damit ist zumindest eine indirekte Werbewirkung gegeben, die für die Anwendbarkeit des Tabakwerbeverbots ausreicht."
Die vollständige Pressemitteilung des BGH finden Sie hier: