Skip to content

EuGH: Telekommunikationsanbieter können gegen Zahlung von Pauschalen zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs verpflichtet werden auch wenn Pauschale nicht kostendeckend ist

EuGH
Urteil vom 16.03.2023
C-339/21
Colt Technology Services u. a.


Der EuGH hat entschieden, dass Telekommunikationsanbieter gegen Zahlung von Pauschalen zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs verpflichtet werden können, auch wenn die Pauschale nicht kostendeckend ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Telekommunikationsbetreiber können verpflichtet werden, auf Verlangen einer Justizbehörde gegen die Zahlung von Pauschalsätzen Leistungen zur Überwachung des Telekommunikationsverkehrs zu erbringen

Das Unionsrecht verlangt keine vollständige Erstattung der tatsächlich entstandenen Kosten.

In Italien sind die Telekommunikationsbetreiber verpflichtet, auf Verlangen der Justizbehörden gegen die Zahlung von Pauschalsätzen Maßnahmen zur Überwachung des Fernmeldeverkehrs (Sprachkommunikation, computergestützte und telematische Kommunikation sowie Datenverkehr) durchzuführen. Die Beträge, die sie hierfür erhalten, wurden durch ein Dekret aus dem Jahr 2017 geändert. Dieses Dekret legte fest, dass die Erstattungen der Kosten im Zusammenhang mit diesen Überwachungsmaßnahmen um mindestens 50 % gekürzt werden sollten. Die betroffenen Telekommunikationsbetreiber begehrten vor den italienischen Gerichten die Nichtigerklärung dieses Dekrets und brachten vor, dass die vorgesehenen Beträge die entstandenen Kosten nicht vollständig deckten. Der italienische Staatsrat, bei dem Rechtsmittel eingelegt wurden, möchte vom Gerichtshof wissen, ob das Unionsrecht verlangt, dass die Kosten, die den Betreibern im Rahmen der Durchführung solcher Überwachungsvorgänge tatsächlich entstanden sind, vollständig erstattet werden.

Mit seinem heutigen Urteil verneint der Gerichtshof diese Frage. Das Unionsrecht steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die keine vollständige Erstattung der Kosten vorschreibt, die den Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste bei der Ermöglichung der rechtmäßigen Überwachung der elektronischen Kommunikation durch die zuständigen nationalen Behörden tatsächlich entstanden sind, sofern diese Regelung nicht diskriminierend, verhältnismäßig und transparent ist.

Der Gerichtshof führt aus, dass die Allgemeingenehmigung für die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze oder -dienste nach dem europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation von den Mitgliedstaaten an bestimmte Bedingungen geknüpft werden kann. Zu diesen Bedingungen zählt die Ermöglichung der rechtmäßigen Überwachung des Telekommunikationsverkehrs.

Hieraus ergibt sich, dass der Unionsgesetzgeber weder vorschrieben noch ausgeschlossen hat, dass die Mitgliedstaaten die Kosten erstatten, die den Unternehmen, die die rechtmäßige Überwachung des Telekommunikationsverkehrs ermöglichen, entstanden sind. Die Mitgliedstaaten verfügen daher über einen Ermessensspielraum.

Nach Auffassung des Gerichtshofs hat Italien von diesem Ermessensspielraum unter Wahrung der Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Verhältnismäßigkeit und der Transparenz Gebrauch gemacht. Die vorgesehenen Erstattungen sind nämlich für alle Betreiber von elektronischen Kommunikationsdiensten in Italien vergleichbar, da sie auf der Grundlage von einheitlichen Pauschalsätzen vorgesehen sind. Bei der Berechnung dieser Sätze werden der technologische Fortschritt in dem Sektor, infolge dessen bestimmte Leistungen weniger kostenaufwändig geworden sind, sowie de r Umstand berücksichtigt , dass diese Leistungen für allgemeine Zwecke im öffentlichen Interesse wesentlich sind und nur von den Te werden die Sätze lekommunikationsbe treibern erbracht werden können . Schließlich durch einen förmlichen Verwaltungsakt festgelegt, der veröffentlicht und frei einsehbar ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: