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LG Köln: Copyright-Strike bei YouTube macht eine Abmahnung nach § 97a UrhG nicht entbehrlich was zur Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO führen kann

LG Köln
Urteil vom 22.07.2024
14 O 197/24


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Copyright-Strike bei YouTube eine Abmahnung nach § 97a UrhG nicht entbehrlich macht, was zur Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO (Sofortiges Anerkenntnis) führen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
Tenorziffer zu 1) beruht auf dem Anerkenntnis des Verfügungsbeklagten. Insoweit sind keine rechtlichen Ausführungen angezeigt, §§ 307, 313b ZPO.

Im Übrigen hat die Kosten des Rechtsstreits die Verfügungsklägerin gem. § 93 ZPO zu tragen, weil der Verfügungsbeklagte sofort anerkannt hat und keine Veranlassung für dieses einstweilige Verfügungsverfahren gegeben hat.

Es muss zunächst ein sofortiges Anerkenntnis vorliegen. Ein Anerkenntnis erfolgt grundsätzlich dann "sofort", wenn der Beklagte die erste sich bietende prozessuale Möglichkeit zum Anerkenntnis gegenüber dem Gericht und dem Gegner wahrnimmt (MüKo ZPO/Schulz, 6. Aufl., § 93, Rn. 12). So liegt der Fall hier. Der Verfügungsbeklagte hat nach Zuleitung des Verfügungsantrags fristgemäß den Verfügungsanspruch anerkannt.

Der Beklagte gibt Veranlassung zur Klage, wenn er sich vor Prozessbeginn so verhält, dass der Kläger davon ausgehen muss, er werde nur durch Klageerhebung zu seinem Recht kommen. Eine Veranlassung zur Klageerhebung in den Fällen des gewerblichen Rechtsschutzes liegt regelmäßig vor, wenn auf eine nicht entbehrliche und ordnungsgemäße Abmahnung keine ausreichende Unterwerfungserklärung erfolgt. Eine Berechtigungsanfrage oder Austausch von unterschiedlichen Rechtsansichten statt Abmahnung sind nicht ausreichend. Eine Abmahnung ist dann nicht erforderlich bzw. dem Antragsteller sogar unzumutbar, wenn zum einen die Gefahr besteht, dass der Antragsgegner aufgrund der Abmahnung eine Besichtigung des Gegenstandes durch Veränderung oder Beiseiteschaffen vereiteln würde, und/oder (2) dass die Abmahnung und die entsprechende Fristsetzung soviel Zeit in Anspruch nehmen würden, dass der Gegenstand dem Besichtigungszugriff entzogen würde; dies ist regelmäßig bei Besichtigungsansprüchen der Fall (vgl. Cepl/Voß/Rüting, 3. Aufl. 2022, ZPO § 93 Rn. 18 f., 32, jeweils mwN).

Soweit ersichtlich ist die Rechtsfrage, ob ein „M.“ bei B. einer Abmahnung gleich steht oder diese entbehrlich macht, noch nicht entschieden worden. Die Kammer ist der Ansicht, dass ein solcher „M.“ grundsätzlich nicht einer urheberrechtlichen Abmahnung im Sinne von § 97a UrhG gleichsteht und diese auch grundsätzlich nicht entbehrlich macht. Zwar mag dies in gegebenen Einzelfällen möglich sein, jedoch ist der hiesige Einzelfall jedenfalls nicht geeignet, durch den „B.-M.“ die urheberrechtliche Abmahnung obsolet zu machen. Auch die hier unstreitige Counter Notification des Verfügungsbeklagten führt nicht zur Annahme, dass der Verfügungsbeklagte hinreichend Veranlassung zur Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens gegen ihn gegeben hat.

Zunächst geht die Kammer davon aus, dass eine Abmahnung vor der Einleitung eines einstweiligen Verfügungsverfahrens wegen Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich notwendig ist, um die Kostenfolge des § 93 ZPO abzuwenden. Dies folgt zunächst aus der gesetzgeberischen Wertung des § 97a Abs. 1 UrhG, der sich nicht nur auf Hauptsacheverfahren, sondern auf „gerichtliche Verfahren auf Unterlassung“ bezieht. Zwar handelt es sich dabei um eine „Soll-Vorschrift“ und keine gesetzliche Pflicht. Jedoch ergibt sich auch aus dieser „Soll-Vorschrift“ die vom Gesetzgeber gewünschte Funktion der Abmahnung, ein gerichtliches Verfahren zu vermeiden. Davon soll nur in Ausnahmefällen abgewichen werden. Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben. Denn weder war vorliegend aus zeitlichen, noch aus sachlichen Gründen, ein Fall gegeben, in dem die Durchführung der Abmahnung zu einem unzumutbaren Nachteil der Verfügungsklägerin führen könnte.

Das System von „M.s“ und „Counter Notifications“ bei B., das den gesetzlichen Anforderungen etwa von § 14 UrhDaG bzw. §§ 7 Abs. 1, 8 Abs. 1 UrhDaG oder Art. 16 DSA entspricht, hat einen gänzlich anderen Sinn und Zweck als das grundsätzliche Abmahnerfordernis. Deshalb ist die Beschwerdemöglichkeit von Rechteinhabern nach Ansicht der Kammer grundsätzlich nicht gleichwertig oder sogar vorrangig zu einer Abmahnung. Denn die oben genannten Normen betreffen Anforderungen an Plattformen, mit denen sie etwa im Fall des UrhDaG eine eigene urheberrechtliche Haftung für die auf ihren Diensten sich ereignenden Urheberrechtsverletzungen abwenden können. Das System dient sicherlich auch der Unterbindung von Rechtsverletzungen im Interesse der Rechtsinhaber. Jedoch sind die Plattformbetreiber, hier B., kein Ersatz- oder Spezialgericht für Rechtsverletzungen im Internet. Demnach wies B. nach Eingang der Counter Notification des Verfügungsbeklagten zu Recht die Verfügungsklägerin darauf hin, dass sie binnen 10 Tagen gerichtlich gegen die öffentliche Zugänglichmachung vorzugehen hat. Denn die Frage, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, bleibt den Gerichten, konkret den spezialisierten Spruchkörpern wie der hiesigen Kammer vorbehalten. Dann wiederum ist eine Abmahnung nach § 97a Abs. 1 UrhG aber der Regelfall. Die von B. gewährten 10 Tage genügen auch ohne Weiteres für eine Abmahnung mit einer angemessenen Frist und danach der Einreichung eines Verfügungsantrags. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass der vorliegende Sachverhalt keine maßgeblichen Schwierigkeiten tatsächlicher Art aufweist, vielmehr die Rechtsverletzung maßgeblich durch Vergleich der streitgegenständlichen Videos rechtlich bewertet werden kann.

Das Beschwerdeverfahren von Online-Plattformen steht auch deshalb nicht der Abmahnung gleich, weil die „M.s“ nicht darauf gerichtet sind, dass die Plattformnutzer (hier der Verfügungsbeklagte) eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gegenüber dem „M.er“ abgeben. Damit wird der Plattformnutzer und vermeintliche Urheberrechtsverletzer aber auch nicht in eine Situation versetzt, in der er ohne weitere rechtliche Hilfe die rechtlich gebotene Handlung zur Abwendung eines gerichtlichen Verfahrens vornehmen kann. Dies umso mehr, wenn wie hier, eine natürliche Person in Anspruch genommen wird.

Auch zu beachten ist, dass die Sperrung von Inhalten durch Plattformen regelmäßig grenzüberschreitend wirkt, sich die Rechtslage in den verschiedenen Staaten jedoch unterscheidet. Dies zeigt sich nicht zuletzt an der in Deutschland notwendigen Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung zur Abwendung der Wiederholungsgefahr, die es so in anderen Rechtssystemen nicht gibt. Wenn nun also nach Durchführung des Beschwerdeverfahrens bei einer Plattform der Rechtsweg beschritten werden soll, dient die Abmahnung dem Abgemahnten auch zur Aufklärung darüber, nach welchen Gesetzen und vor welchen staatlichen Gerichten ein Verfahren stattfinden soll. Dies zeigt gerade der hiesige Fall, bei dem es um Videos in albanischer Sprache mit Vorgängen in Q. geht, der aber vor einem deutschen Gericht ausgetragen werden soll. Gerade im Urheberrecht stellen sich angesichts des Standes der Harmonisierung teils schwierige Fragen der Anwendung des Rechts in verschiedenen Mitgliedsstaaten; dies gilt erst recht für die Rechtslage außerhalb der EU. Hinzu kommt die Problematik bei der Bewertung von Schrankenregelungen, die wie hier Grundrechte der Verfahrensbeteiligten, etwa das Recht der freien Meinungsäußerung und/oder der Pressefreiheit tangieren.

Im konkreten Fall ist sodann zu beachten, dass die Verfügungsklägerin nicht den konkreten Wortlaut des „B. M.s“ vorlegt, sondern nur das grundsätzliche Vorgehen der Verfügungsklägerin beim „M.“ glaubhaft macht. Vor diesem Hintergrund mag zwar der Streitgegenstand hinreichend konkretisiert sein, die oben dargestellte notwendige Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung lässt sich hieraus aber nicht entnehmen. Demnach kommt der Counter Notification auch keine gleiche Wirkung zu wie der ausdrücklichen Zurückweisung von Unterlassungsansprüchen nach einer Abmahnung. Hierin ist insbesondere keine eindeutige Zurückweisung von Ansprüchen nach deutschem Urheberrecht verbunden, die eine sofortige gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen nahelegt. Vielmehr eröffnet eine Abmahnung, insbesondere auch durch einen Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin, eine weitere Eskalationstufe, auf die der Abgemahnte ggf. anders reagiert als auf die bloße Beschwerde über eine Plattform. Letztere steht eher dem Austausch von divergierenden Rechtsansichten gleich, die noch keine Veranlassung zur Klageerhebung gibt (so zum Markenrecht: OLG P. GRUR 2006, 616).

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 1 ZPO.

Der Streitwert wird auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

Der Unterlassungsstreitwert für die Verwendung von Laufbildern kann sich je nach Art des in Rede stehenden Schutzgegenstandes im Bereich von 10.000,00 EUR bis 50.000,00 EUR oder sogar höher belaufen. Dabei ist - wie auch etwa bei Lichtbildern - eine wertende Betrachtung geboten, ob es sich bei den Laufbildern um hochwertige, aufwändig hergestellte und ggf. mit besonderer Schöpfungshöhe ausgestattete Werken handelt, was zur Annahme eines hohen Unterlassungsstreitwerts führen kann. Vorliegend erkennt die Kammer aber eher einfache Laufbilder, die nicht besonders aufwändig produziert worden sind und eine Aufbereitung von Archivmaterial darstellen. Deshalb ist der Ansatz von 15.000,00 EUR im vorliegenden Fall angemessen und ausreichend.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Köln: Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung sind auf unberechtigte Copyright-Strikes auf Streamingplattformen übertragbar

LG Köln
Urteil vom 09.01.2025
14 O 387/24


Das LG Köln hat entschieden, dass die Grundsätze der unberechtigten Schutzrechtsverwarnung auf unberechtigte Copyright-Strikes auf Streamingplattformen übertragbar sind.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Verfügungskläger hat auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Verfügungsbeklagten in der Widerspruchsbegründung hinreichend glaubhaft gemacht, dass ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund vorliegen, §§ 936, 920 Abs. 2 ZPO. Auch im Übrigen stehen der Bestätigung der einstweiligen Verfügung keine Umstände entgegen. Der auf Antrag des Verfügungsklägers ergangenen Entscheidung liegen prozessual die Regelungen der §§ 935 ff., 922 ZPO zugrunde. Der Verbots- bzw. Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 S. 1 BGB analog, die Androhung der Ordnungsmittel aus § 890 ZPO.

I. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Köln gem. § 32 ZPO örtlich zuständig. Wie bereits in der Beschlussverfügung ausgeführt, liegt der Erfolgsort der hier gegenständlichen unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO in Form der unberechtigten Rechteberühmung durch die Verfügungsbeklagte gegenüber U. angesichts der damit bezweckten weltweiten Sperrung des online verfügbaren Musikstücks an jedem Ort, an dem das Musikstück ohne die Sperrung hätte abgespielt werden können. Demnach liegt der Erfolgsort der gerügten Rechteberühmung auch im hiesigen Gerichtsbezirk.

Die dagegen erhobenen Einwände mit Blick auf die allgemeinen Gerichtsstände der Verfügungsbeklagten bzw. des Unternehmens, das den Dienst U. verantwortet, greifen nicht durch. Dem Verfügungskläger steht gemäß § 35 ZPO das Recht zu, den besonderen Gerichtsstand aus § 32 ZPO zu wählen.

Im Übrigen ist der Unterlassungsantrag – wie bereits in der Beschlussverfügung ausgeführt und von der Verfügungsbeklagten nicht in Zweifel gezogen – hinreichend bestimmt gem. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das begehrte abstrakte Verbot der Rechteberühmung an dem konkret genannten Musikstück „I.“ mit einer „insbesondere“-Verknüpfung für die konkrete Verletzungsform des „Copyright-Strikes“ bei U. ist hinreichend klar abgegrenzt und lässt keine Zweifel an der Reichweite der Unterlassungspflicht.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

1. Es besteht ein Verfügungsanspruch. Dieser folgt aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB. Die Kammer hat auch nach der Widerspruchsbegründung und der mündlichen Verhandlung keine Zweifel daran, dass die Verfügungsbeklagte in das Recht des Verfügungsklägers am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in rechtswidriger Weise eingegriffen hat.

Die Kammer hat dazu in der Beschlussverfügung vom 18.11.2024 wie folgt ausgeführt:

„a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BGH, dass die unberechtigte Schutzrechtsverwarnung einen rechtswidrigen Eingriff in eine nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte Rechtsposition des Gewerbetreibenden darstellen kann, dessen Kundenbeziehungen durch die unberechtigte Geltendmachung eines Ausschließlichkeitsrechts gegenüber dem verwarnten Abnehmer schwerwiegend beeinträchtigt werden (BGH Beschluss vom 15. 7. 2005 - GSZ 1/04NJW 2005, 3141 - Unberechtigte Schutzrechtsverwarnung).

Nun liegt dieser Fall hier zwar mit Blick auf die beteiligten Personen anders, jedoch sind die obigen Erwägungen auch auf die hier erfolgte unberechtigte Rechteberühmung gegenüber einem Verwertungskanal des tatsächlich berechtigten Urhebers bzw. Leistungsschutzrechtsinhabers übertragbar. Denn durch den Aufstieg der Internetplattformen, die überdies regelmäßig die Anforderungen des UrhDaG erfüllen müssen, ist die Rechtebeschwerde gegenüber der Plattform, hier U., funktional mit einer Schutzrechtsverwarnung gegenüber Abnehmern vergleichbar. Die Kammer beobachtet insoweit auch, dass „Copyright-Strikes“ zum Teil alleine ohne flankierende Abmahnung vorgenommen werden (vgl. zu diesem Themenkreis das Urteil der Kammer vom 22.7.2024 – 14 O 197/24, ZUM 2024, 757). Faktisch verschiebt sich damit der Fokus der Auseinandersetzungen bei Rechteberühmungen weg von den oben bereits angesprochenen hergekommenen rechtsförmlichen außergerichtlichen Schreiben (z.B. Berechtigungsanfragen und Abmahnungen) hin zur Nutzung der Beschwerdeverfahren der Plattformen. Diese „Strikes“ – seien sie bei U. oder RU. oder anderen Plattformen – zeigen oft unmittelbare Wirkung wie im vorliegenden Fall. Zur Abwendung einer eigenen Haftung der Plattform durch die Regeln des UrhDaG (siehe insbesondere § 1 Abs. 1 und 2 UrhDaG) werden dabei regelmäßig vorsorglich Inhalte blockiert. Diese „Copyright-Strikes“ sind deshalb noch erheblich effektiver als eine bloße Schutzrechtsverwarnung, weil sie durch die zu erwartende Sperrreaktion des Plattformbetreibers unmittelbar und ohne ein notwendiges Zutun der zu Unrecht abgemahnten Person Wirkungen entfalten. Demnach ist in einer unberechtigten, pauschalen und nicht nachvollziehbar begründeten Urheberrechtsbeschwerde gegenüber einer Online-Plattform erst recht ein Verstoß in das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Urheber, Rechteinhaber bzw. Content-Creator anzunehmen.

b) Die Antragsgegnerin hat mit ihrer aus Anlagen ASt 7 und 8 zur Akte gereichten Beschwerde gegenüber U. durch ihren Mitarbeiter X. V. eine solche unberechtigte und pauschale Urheberrechtsbeschwerde eingereicht.

Die Antragsgegnerin verfügt nach der Glaubhaftmachung des Antragstellers (Anlage ASt 5) sowie nach dem gerichtsbekannten Sachverhalt zur Beendigung früherer Rechtsbeziehungen der Parteien zueinander über keine Rechte an dem hier gegenständlichen Musikstück „I.“.

Dabei hat der Antragsteller zunächst glaubhaft gemacht, dass das Lied „I.“ im November 2023 geschaffen und aufgenommen worden ist. Die Antragsgegnerin war dabei auch jedenfalls nicht als Tonträgerherstellerin beteiligt.

Die Kammer nimmt im Übrigen Bezug auf ihre eigenen Ausführungen im Urteil im vorangegangenen Verfahren der Parteien vor der Kammer zum Aktenzeichen 14 O 354/23 sowie das dazugehörige Berufungsurteil des OLG Köln zum Aktenzeichen 6 U 167/23. Eine Wiederholung ist nicht geboten. Aus den Urteilen ergibt sich, dass das frühere Vertragsverhältnis Ende des Jahres 2022 durch wirksame außerordentliche Kündigung des Antragstellers beendet worden ist. Bei dieser Wertung bliebt die Kammer. Der Antragsgegnerin stehen deshalb jedenfalls für die hier gegenständlichen neuen Werke bzw. Darbietungen des Antragstellers keine Rechte zu.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der direkten zeitlichen Nähe der Urheberrechtsbeschwerde zur Erstveröffentlichung liegt eine Handlung mit Schädigungsabsicht vor. Wie der Antragsteller nachvollziehbar darstellt, wurden durch die Sperre bei U. die ersten Tage der wichtigen ersten Auswertungsphase des neuveröffentlichten Musikstücks behindert. Demnach dürften neben dem oben bereits bejahten Verstoß gegen § 823 Abs. 1 BGB auch die Verwirklichung von § 826 BGB anzunehmen sein, was hier jedoch nicht vertieft werden muss.“

An diesen Ausführungen hält die Kammer weiterhin fest. Die Verfügungsbeklagte wendet gegen diese rechtlichen Ausführungen im Kern nichts ein, sodass es keiner Ergänzungen bedarf.

Soweit die Verfügungsbeklagte der Ansicht ist, dass die Kündigungen des Verfügungsklägers betreffend den Künstlerexklusivvertrag zwischen den Parteien unwirksam sind und das entsprechende Vertragsverhältnis nicht beendet ist, so tritt die Kammer dieser Rechtsansicht der Verfügungsbeklagten weiterhin und nach erneuter Prüfung nicht bei. Folglich ist die Kündigung des Vertragsverhältnisses der Parteien zueinander, wie sie im Vorprozess vor der Kammer ausführlich behandelt worden sind, auch weiterhin als wirksam anzusehen, sodass der Kläger jedenfalls in der Zeit seit seiner wirksamen Kündigung frei neue Musik schaffen und verwerten (lassen) kann. So liegt der Fall hier. Dass das von dem „copyright claim“ bei U. betroffene Musikstück „I.“ in der Zeit nach den Kündigungserklärungen des Verfügungsklägers geschaffen worden ist, bestreitet die Verfügungsbeklagte nicht.

Die Passivlegitimation, die die Verfügungsbeklagte in ihrem Widerspruch von sich weist, liegt nach Ansicht der Kammer vor. Unmittelbare Täterin für die unberechtigte Urheberrechtsbeschwerde gegenüber U. ist ausweislich der zur Akte gereichten Informationen über den Einreicher der Beschwerde die Firma der Verfügungsbeklagten. Dass hier ergänzend der Name des Mitarbeiters angegeben ist, ändert daran nach Ansicht der Kammer nichts, weil die Beklagte als juristische Person zwingenderweise durch natürliche Personen handeln muss. Dabei hat der namentlich genannte Mitarbeiter auch ersichtlich im üblichen Interessenkreis der gewerblich handelnden Verfügungsbeklagten gehandelt. Ob dies – wie in der mündlichen Verhandlung nur am Rande behauptet und nicht im Protokoll festgehalten – ohne Absprache mit dem Geschäftsführer der Verfügungsbeklagten erfolgt ist, ist im Ergebnis unerheblich, weil die Verfügungsbeklagte als arbeitsteilig organisierte GmbH nicht nur für Verhalten ihrer Organe haftet. Soweit man hier gleichwohl auf § 831 BGB als Zurechnungsnorm zurückgreifen müsste, wäre hier jedenfalls nichts zur Exkulpation vorgetragen, sodass sich auch insoweit nach dem maßgeblichen Sach- und Streitstand eine Haftung der Verfügungsbeklagten ergibt.

Der Verfügungskläger hätte sich auch nicht primär (gerichtlich) an U. wenden müssen. Denn der deliktische Vorwurf einer unberechtigten Urheberrechtsbeschwerde trifft allein die Verfügungsbeklagte. Nichts anderes wird durch Antrag und Begehren des Verfügungsklägers abgebildet.

Die Aktivlegitimation des Verfügungsklägers für allgemein deliktische Anspruchsgrundlagen folgt schon aus der Betroffenheit in seinen eigenen Rechtsgütern, hier primär seines eigenen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs als professioneller Musiker. Außerdem ist seine hier nicht streitentscheidende urheberrechtliche Position, zumindest als einer der Ausübenden Künstler, in Anlage AST5 glaubhaft gemacht und nicht bestritten. Ob der Verfügungskläger anderweitig über seine Verwertungsrechte verfügt hat, ist für die hier gegenständliche Anspruchsgrundlage aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB unerheblich. Denn es liegt auf der Hand, dass der Verfügungskläger durch eine beeinträchtigte Erstverwertung des gegenständlichen Titels zumindest mittelbar in seinen Beteiligungsansprüchen negativ beeinflusst worden ist.

Das Verhalten der Verfügungsbeklagten ist rechtswidrig. Es ist durch keinen rechtlich triftigen Grund gerechtfertigt.

Die Wiederholungsgefahr für die erfolgte konkrete Verletzung ist indiziert und nicht durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt worden. Die Abgabe einer solchen Erklärung hat die Verfügungsbeklagte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich abgelehnt. Wie bereits in der Beschlussverfügung ergänzend ausgeführt, besteht auch für das begehrte abstrakte Verbot auch eine weitergehende Wiederholungs- bzw. Erstbegehungsgefahr. Es ist unstreitig geblieben, dass eine Urheberrechtsbeschwerde mit folgender Sperre auch bei dem Musikstreamingdienst von T. erfolgt ist. Insoweit ist es nicht fernliegend, dass die Verfügungsbeklagte bei anderen neueren Titeln des Verfügungsklägers und/oder anderen Plattformen entsprechende Urheberrechtsbeschwerden einreichen könnte, wenn sie insoweit nicht zur Unterlassung verpflichtet wird. Der als konkrete Verletzungsform in Bezug genommene Vorgang bei U. ist dabei durch die „insbesondere“-Verknüpfung eine beispielhafte Ausprägung des tenorieren Verbots, auf das sich die Unterlassungspflicht jedoch nicht beschränkt. Nach den obigen Ausführungen besteht keinerlei Berechtigung der Verfügungsbeklagten – jedenfalls – an Musikstücken des Verfügungsklägers aus der Zeit nach der wirksamen Kündigung, sodass unter das abstrakt formulierte Verbot keine erlaubten Handlungsweisen fallen.

2. Es besteht auch ein Verfügungsgrund. Der Verfügungskläger hat dabei die Sache zunächst hinreichend dringlich betrieben. Angesichts der in Urheberrechtsstreitsachen – eine solche liegt auch hier vor (vgl. Wortlaut des § 104 Abs. 1 S. 1 UrhG) – bestehenden Interessenlage, ist der Verfügungsgrund bei zügiger Behandlung regelmäßig zu bejahen. Der Verfügungskläger hat das Verfahren zügig betrieben, insbesondere innerhalb eines Monats nach Kenntniserlangung von der konkreten Rechteberühmung den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Gericht eingereicht. Insoweit hat der Verfügungskläger – unbestritten – glaubhaft gemacht, erstmals am 17.10.2024 Kenntnis von der Person erhalten zu haben, die den „Copyright-Strike“ bei U. eingereicht hat (siehe Anlagen ASt 5, 7 und 8). Dass der Verfügungskläger zuvor angesichts der gerichtsbekannten Vorgeschichte entsprechende Vermutungen angestellt hat, genügt nicht dafür, eine frühere Kenntnis vom entscheidungsrelevanten Sachverhalt anzunehmen. Denn dafür ist die Frage der Passivlegitimation und der Person des deliktisch Handelnden unabdingbar.

Es ist auch im Wege der Interessenabwägung im Einzelfall notwendig, zukünftige gleichartige Rechteberühmungen und „Strikes“ der Verfügungsbeklagten bei Internetplattformen einstweilig zu unterbinden. Das Interesse des Verfügungsklägers an einer ungestörten Werkauswertung überwiegt insoweit die aus dem Sach- und Streitstand ersichtlichen Interessen der Verfügungsbeklagten. Dem Verfügungskläger ist es nicht zumutbar auf das zeitlich erheblich länger dauernde Hauptsacheverfahren verwiesen zu werden. Dies gilt vorliegend umso mehr, weil die Verfügungsbeklagte trotz der deutlichen rechtlichen Ausführungen der hiesigen Kammer als auch des Berufungssenats wiederholt eine Feststellungsklage zur Klärung der Wirksamkeit der Kündigung ankündigt und sich insgesamt als berechtigte Rechteinhaberin für das musikalische Schaffen des Verfügungsklägers ansieht. Die Kammer geht – wie bereits in der Beschlussverfügung zum Verfügungsgrund ausgeführt – davon aus, dass die Verfügungsbeklagte die fehlende Begründungsnotwendigkeit bei der Beschwerde gegenüber U. dazu genutzt hat, um die ersten Tage der Auswertung des neuen Musikstücks u.a. des Verfügungsklägers zu behindern. Auch erfolgte keine Reaktion auf die Abmahnung des Verfügungsklägers, was den obigen Befund noch bekräftigt. Die darin und auch in dem Prozessverhalten während des Widerspruchsverfahrens zum Ausdruck kommende Gleichgültigkeit gegenüber Gerichtsentscheidungen u.a. der hiesigen Kammer und die Bereitschaft den Verfügungskläger und dessen Mitmusiker zu schädigen, lassen keinen Grund erkennen, der in einer wertenden Interessenabwägung für die Verfügungsbeklagte Gewicht entfalten kann.

III. Die durch §§ 936, 929 Abs. 2 ZPO vorgesehene Vollziehungsfrist von einem Monat ab Zustellung der einstweiligen Verfügung beim Verfügungskläger ist durch die Zustellung der Beschlussverfügung am 21.11.2024 gewahrt. Zustellungsmängel werden nicht gerügt.

IV. Auch war die Beschlussverfügung nicht wegen eines Gehörsverstoßes der Kammer aufzuheben. Es genügt, wenn der Gegenseite vorprozessual ermöglicht wird, sich zu einer vorgeworfenen Rechtsverletzung zu äußern, wenn sichergestellt ist, dass entsprechende Äußerungen dem Gericht vollständig vorliegen. Die Verfügungsbeklagte hatte nach der Abmahnung des Verfügungsklägers Kenntnis von der ihr vorgeworfenen Rechtsverletzung und reagierte hierauf nicht. Unter diesen Umständen konnte die Kammer von einer Anhörung der Verfügungsbeklagten vor Erlass der Beschlussverfügung absehen.

Im Übrigen würde sich ein etwaiger Gehörsverstoß angesichts der nunmehr durchgeführten mündlichen Verhandlung und der damit einhergehenden umfassenden Möglichkeit zur Stellungnahme nicht mehr auf dieses Urteil auswirken.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie
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