Skip to content

OLG Hamburg: Rechtswidriges X-Profil - Auf deutscher Norm beruhender Unterlassungsanspruch gilt nur in der Bundesrepublik Deutschland und nicht in der gesamten EU

OLG Hamburg
Beschluss vom 04.11.2024
7 W 119/24


Das OLG Hamburg hat in einem Rechtsstreit um ein rechtswidriges X-Profil entschieden, dass ein auf einer deutschen Norm beruhender Unterlassungsanspruch nur in der Bundesrepublik Deutschland und nicht in der gesamten EU gilt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Das Landgericht hat mit Beschluss vom 11.09.2024 der Antragsgegnerin bei Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland den Namen „… G…" als Inhaber eines Profils und/oder als Verfasser von Posts zu veröffentlichen, zu verbreiten und/oder veröffentlichen oder verbreiten zu lassen,

wie in dem „X"- Profil „@ …" geschehen.

Es hat ausgeführt, dass dem Antragsteller ein Unterlassungsanspruch zustehe. Die angegriffene Nutzung des Namens des Antragstellers verletze dessen Namensrecht als Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Die Antragsgegnerin habe die ihr obliegenden Pflichten als Hostproviderin verletzt. Die Untersagung sei jedoch auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu beschränken.

Hiergegen hat der Antragsteller Beschwerde eingelegt und verfolgt sein Begehren, dass das Verbot auch das übrige Gebiet der Europäischen Union zu erstrecken sei, weiter. Er beruft sich hierzu insbesondere auf das Urteil des EuGH vom 17.10.2017, C-194/16 (Bolagsupplysningen OÜ ua/Svensk Handel AB), NJW 2017, 3433.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig, aber unbegründet.

Das Landgericht hat mit zutreffender Begründung eine Pflichtverletzung der Antragsgegnerin festgestellt. Das von ihr vorgenommene Geo-Blocking ist unzureichend. Der Antragsteller hat anwaltlich versichert, dass das in Rede stehende Profil weiterhin in Deutschland unter Verwendung eines VPN-Dienstes abrufbar ist. Die Antragsgegnerin hätte jedenfalls aufgrund einer sekundären Darlegungslast begründen müssen, warum ihr ein anderes Mittel als das vorgenommene Geo-Blocking nicht möglich und zumutbar ist (vgl. hierzu Urteil des Landgerichts Hamburg vom 30.04.2018, 324 O 51/18, AfP 2018, 543, 543).

Der Antragsteller hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass die Untersagung auf weitere Gebiete der EU erstreckt wird.

Die von ihm in Bezug genommene „eDate“-Entscheidung des EuGH, ZUM-RD 2011, 657, betrifft nach einhelliger Ansicht Schadensersatzansprüche und keinen Unterlassungsanspruch, wie er hier geltend gemacht wird.

Anderes folgt auch nicht aus der Entscheidung des EuGH vom 17.10.2017, C-194/16 (Bolagsupplysningen OÜ ua/Svensk Handel AB), NJW 2017, 3433.

Dieses hatte zwar u.a. die Entfernung von Äußerungen zum Gegenstand. Kläger waren auch eine natürliche Person – wie hier ebenfalls – und eine juristische Person. Der EuGH führt am Ende der Entscheidung zudem aus:

„In Anbetracht der umfassenden Abrufbarkeit der auf einer Website veröffentlichten Angaben und Inhalte und des Umstands, dass die Reichweite ihrer Verbreitung grundsätzlich weltumspannend ist (vgl. i. d. S. EuGH, ECLI:EU:C:2011:685 = EuZW 2011, 962 Rn. 46 – eDate Advertising ua), ist ein auf die Richtigstellung dieser Angaben und die Entfernung dieser Inhalte gerichteter Antrag jedoch einheitlich und untrennbar und kann somit nur bei einem Gericht erhoben werden, das nach der Rechtsprechung, die sich aus den Urteilen Shevill ua (EuGH, ECLI:EU:C:1995:61 = NJW 1995, 1881 Rn. 25 f. u. 32) und eDate Advertising ua (EuGH, ECLI:EU:C:2011:685 = EuZW 2011, 962 Rn. 42 u. 48) ergibt, für die Entscheidung über einen Antrag auf Ersatz des gesamten Schadens zuständig ist, und nicht bei einem Gericht, das nicht über eine solche Zuständigkeit verfügt.

Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 7 Nr. 2 der VO Nr. 1215/2012 dahin auszulegen ist, dass eine Person, deren Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung unrichtiger Angaben über sie im Internet und durch das Unterlassen der Entfernung sie betreffender Kommentare verletzt worden sein sollen, nicht vor den Gerichten jedes Mitgliedstaats, in dessen Hoheitsgebiet die im Internet veröffentlichten Informationen zugänglich sind oder waren, eine Klage auf Richtigstellung der Angaben und Entfernung der Kommentare erheben kann.“.

Danach könnte das Begehren des Antragstellers, dessen Mittelpunkt seiner Interessen nach seinem Vorbringen in Deutschland liegt, eine Grundlage haben. Wenn er nur an einem Gerichtsstand seinen Anspruch geltend machen kann, spricht einiges dafür, dass das danach zuständige Gericht ein Verbot nicht auf seinen Bezirk beschränkt, da der Verletzte, dem kein anderer Gerichtsstand zur Verfügung steht, ansonsten weitestgehend schutzlos wäre.

Dem Senat ist auch die Entscheidung des supreme court of canada vom 28.06.2018, Google Inc..v. Equustek Solutions (2017 SCC 34) bekannt, welche ein weltweites Verbot betrifft, was allerdings nachfolgend von einem US-Bezirksgericht nicht akzeptiert wurde.

Gegen eine solche Konsequenz der Entscheidung des EuGH spricht jedoch, dass nach – soweit feststellbar – einhelliger Ansicht der EuGH mit seiner Ansicht die sog. Mosaiktheorie hinsichtlich der internationalen Zuständigkeit nicht aufgegeben hat, sondern diese weiterhin anwendet (vgl. hierzu Stein/Schnichels/Lenzing, Die Entwicklung des Europäischen Zivilprozessrechts im Bereich der EuGVVO im Jahr 2021, EuZW 2022, 1094).

Der Generalstaatsanwalt hat außerdem in seinem Schlussantrag zum vor dem EuGH geführten Verfahren zum Az. C-194/16 für die Aufhebung der Mosaik-Theorie gerade mit dem Argument, dass die nationalen Staaten auf ihr Hoheitsgebiet beschränkt seien, geworben (Schlussantrag vom 13.07.2017, C-194-16, BeckRS 2017, 116694, Rn 80). Der EuGH hat indes an der Mosaik-Theorie letztlich festgehalten.

Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die fragliche Entscheidung des EuGH die internationale Zuständigkeit betrifft und nicht welches Recht das danach zuständige Gericht anzuwenden hat. Dieses ist hier nach Art. 40 Abs. 1 EGBGB das deutsche Recht. Das deutsche Recht sieht jedoch bei den hier in Rede stehenden Normen für den Unterlassungsanspruch, nämlich das Namensrecht nach § 12 BGBG und das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Artt. 1 und 2 GG, keine über das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland hinausgehende Geltung vor.

Anerkannt ist zwar im Rahmen der DSGVO ein Verbot, welches für das gesamte Gebiet der EU Wirkung entfaltet. Aber dieser europaweite Verbotsanspruch folgt unmittelbar aus der DSGVO und wird aus deren Vollharmonisierung innerhalb der EU abgeleitet (vgl. EuGH, Urteil vom 24.09.2019 – C-507/17).

An einer Vollharmonisierung fehlt es hier indes, und zwar auch dann, wenn der Antragsteller die Untersagung auf die EMRK stützen könnte, welche innerhalb des gesamten Gebietes der EU gilt. Denn ein solcher Anspruch folgt nicht unmittelbar aus der EMRK, sondern aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der EMRK, also wiederum einer deutschen (nicht harmonisierten) Norm.

Es erscheint auch zweifelhaft, dass der hier geltend gemachte Unterlassungsanspruch ein unteilbarer Anspruch ist, was nach der fraglichen EuGH-Entscheidung Voraussetzung wäre. Es ist vorstellbar, dass die Antragsgegnerin ihn nur in einzelnen Ländern der EU umsetzt.

Es kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass in anderen Rechtsgebieten wie dem Markenrecht, welches zum Teil harmonisiert ist, nur dann eine Untersagung für das gesamte Gebiet der EU ausgesprochen wird, wenn das Verbot auf einer harmonisierten Norm beruht.

Nach alledem kann dahinstehen, ob der Antragsteller zu dem in den anderen Staaten der EU geltendem Recht hätte vortragen müssen oder inwieweit sein Interesse auch diese Staaten berührt. Letzteres ist nicht ersichtlich, da der Inhalt auf Deutsch verfasst ist, sich mit deutschen Vorgängen befasst und nicht erkennbar ist, dass der Antragsteller außerhalb von Deutschland bekannt oder geschäftlich tätig ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Bewerbung unzulässiger Rechtsberatung durch Kreditinstitut begründet Erstbegehungsgefahr für Wettbewerbsverstoß

OLG Frankfurt
Urteil vom 02.09.2021
6 U 249/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Bewerbung unzulässiger Rechtsberatung durch ein Kreditinstitut die Erstbegehungsgefahr für einen Wettbewerbsverstoß begründet.

Aus den Entscheidungsgründen:

Ein auf § 3a UWG gestütztes lauterkeitsrechtliches Vorgehen ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn die gesetzliche Vorschrift spezifische Rechtsfolgen für ihre Durchsetzung vorsieht (vgl. Köhler FS Schmitt Glaeser, 2003, 499 (500 f.). Denn der Anknüpfungspunkt des Lauterkeitsrechts ist ein anderer: Es geht nicht um die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift um ihrer selbst, also ihrer spezifischen Zwecke willen, sondern um die Auswirkungen eines Gesetzesverstoßes auf den Wettbewerb (vgl. § 3).

Die Geltendmachung eines auf die § 3a UWG gestützten lauterkeitsrechtlichen Anspruchs kann zu einem Normauslegungskonflikt mit den für die Durchsetzung der gesetzlichen Vorschrift zuständigen Behörden und Fachgerichten führen, wenn diese die gesetzliche Vorschrift anders als das Wettbewerbsgericht auslegen möchte (vgl. dazu Doepner GRUR 2003, 825, 829 ff.). Grundsätzlich gilt dann, dass das Wettbewerbsgericht darauf keine Rücksicht zu nehmen braucht, weil keine Bindungswirkung besteht. Die Rechtsauffassung der zuständigen Verwaltungsbehörden ist für die Beurteilung der objektiven Rechtswidrigkeit eines Verhaltens nicht maßgeblich (BGH WRP 2019, 327 Rn. 24 - Uber Black II).

Eine Tatbestandswirkung mit Bindung für das Wettbewerbsgericht liegt hier nicht vor, da die Tätigkeit der Beklagten nicht durch einen Verwaltungsakt der zuständigen Behörde erlaubt wurde. Das reine Dulden der Tätigkeit durch die Rechtsanwaltskammer kann weder eine Tatbestandswirkung noch eine Art Vertrauensschutz begründen, der im Übrigen beim verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch sowieso nicht zum Tragen käme.

3.) Die Beklagte ist daher - soweit nach den obigen Ausführungen die Bewerbung und das Angebot von Rechtsdienstleistungen vorliegt - aufgrund der durch die Rechtsverletzung begründeten Wiederholungsgefahr zur Unterlassung des Angebots und der Bewerbung verpflichtet. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, der Tenor sei insoweit zu weitgehend, als die Textpassage auch - für sich genommen - unbedenkliche Teile enthalten, erfasst sie nicht, dass dies den Verbotsumfang beschränkt und nicht erweitert. Verboten ist dann nämlich die konkrete Verletzungsform, so wie sie zum Gegenstand des Antrags gemacht worden ist, samt Kernbereich. Nur ein auf den inkriminierten Satz beschränkter Tenor würde dessen Verwendung schlechthin untersagen.

Hinsichtlich der nach dem Antrag ebenfalls zu unterlassenden Erbringung von Rechtsdienstleistungen besteht jedenfalls eine Erstbegehungsgefahr. Die unerlaubte Bewerbung und das Angebot begründen eine Begehungsgefahr für die Erbringung der Rechtsdienstleistung (vgl. BGH GRUR 1989, 432, 434). Anders als eine Verletzung wird in diesen Fällen jedoch keine Vermutung für den Fortbestand der Gefahr begründet. Der vorbeugende Unterlassungsanspruch besteht vielmehr solange, wie die Gefahr der Begehung droht; er entfällt mit dem Fortfall der Begehungsgefahr. Beruht letztere allein auf einer Werbung, so endet sie, wenn die Werbung aufgegeben wird, weil damit ihre Grundlage entfällt. Dass die Beklagte die Bewerbung eingestellt hat, hat sie - worauf der Senat in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hat - nicht vorgetragen. Auch ein sonstiger „actus contrarius“, der eine Erstbegehungsgefahr entfallen lassen würde, ist nicht erfolgt. Der Disclaimer kann diesen schon deshalb nicht begründen, weil er nicht unmittelbar an der streitgegenständlichen Bewerbung angebracht ist, sondern an einer anderen Stelle der Internetseite der Beklagten (wohl im Impressum, Anlage B 3).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Duisburg: Keine Geldentschädigung für Veröffentlichung von Nacktfotos einer Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern - nur Unterlassungspruch

LG Duisburg
Urteil vom 27.03.2017
2 O 438/14


Das LG Duisburg hat entschieden, dass für die Veröffentlichung von Nacktfotos einer Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern kein Anspruch auf eine angemessene Geldentschädigung / Schmerzensgeld besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung des als Anlage K 4 vorgelegten Fotos.

Der Anspruch folgt aus jedenfalls aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.

Mit der unstreitig geschehenen Veröffentlichung und Verbreitung des vorbezeichneten Fotos durch den Beklagten wurde die Klägerin in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt.

Gegen eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Klägerin spricht nicht, dass diese auf dem streitgegenständlichen Foto nicht erkennbar ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf führt in seiner zum hiesigen Verfahren ergangenen Beschwerdeentscheidung vom 15.11.2016 (Bl. 212 ff. d.A.) zutreffend unter Zitierung weiterer Nachweise aus:

„ Zum rechtlich geschützten Bereich des Persönlichkeitsrechts gehört in Ausformung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidung der Art. 1 und Art. 2 GG zugunsten des freien, eigenverantwortlichen Individuums auch, dass der Einzelne allein zur Verfügung über die Verwendung seines Bildnisses oder seines Namens berechtigt ist; nur er selbst soll darüber befinden dürfen, ob, wann und wie er sich gegenüber Dritten oder der Öffentlichkeit im Bild darstellen will. Zu dem der Selbstbestimmung vorbehaltenen Persönlichkeitsbereich gehört dementsprechend auch die Entscheidung über die Veröffentlichung des eigenen Nacktbildes und zwar unabhängig davon, ob es eine Identifizierung des Abgebildeten erlaubt oder nicht. Es ist in so starkem Maße mit dem Intimbereich verbunden, dass seine Veröffentlichung auch dann, wenn die abgebildete Person nicht erkennbar ist, ihrer freien Selbstbestimmung unterliegt. Die unbefugte Veröffentlichung eines Bildes eines anderen stellt sich deshalb als Anmaßung einer Herrschaft über ein fremdes Persönlichkeitsgut dar. Hinzu kommt, dass der Betroffene stets mit der Möglichkeit der Aufdeckung seiner Anonymität durch den Verletzer rechnen muss und damit dem Gefühl des Preisgegebenseins und der Abhängigkeit unterworfen ist. Die eigenmächtige Herbeiführung einer solchen Lage kann um der Menschenwürde und der freien, eigenverantwortlichen Persönlichkeitsentfaltung willen nicht gestattet sein.“
61
Entscheidend ist daher, ob die Klägerin rechtswirksam in die Bildveröffentlichung eingewilligt hat. Dies war jedoch nicht der Fall, da weder die Eltern der damals 17-jährigen und damit beschränkt geschäftsfähigen Klägerin als deren gesetzliche Vertreter ihre Zustimmung erteilt haben noch Anhaltspunkte für eine stillschweigende Einwilligung mit Eintritt der Volljährigkeit der Klägerin bestehen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die weiteren Ausführungen des OLG Düsseldorf im bereits zitierten Beschluss verwiesen.

Die Veröffentlichung und Verbreitung war auch rechtswidrig, da im Rahmen der vorzunehmenden Güterabwägung insbesondere angesichts der Verletzung besonders schützenswerten Intimsphäre der Klägerin dem Schutz ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts der Vorrang vor der zugunsten des Beklagten streitenden Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG) einzuräumen ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hier ebenfalls auf die Ausführungen des OLG im Beschluss vom 15.11.2016 Bezug genommen.

Den Beklagten trifft auch ein Verschulden, da er von sich aus zur Prüfung gehalten war, ob eine wirksame Einwilligung der Klägerin vorliegt und dem nicht hinreichend nachgekommen ist.

Im Hinblick auf die auch kommerziellen Zwecken dienende Veröffentlichung des Fotos auf der Homepage seiner Galerie und in einem Ausstellungskatalog sowie im Hinblick auf die vorgerichtliche Ablehnung, eine Unterlassungserklärung abzugeben, ist auch die Annahme einer Wiederholungsgefahr gerechtfertigt.

b)

Der Klägerin steht auch ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der weiteren im Klageantrag zu 1) in Bezug genommenen Bilder zu, auf denen die Beklagte jeweils mit Stiefeln und im übrigen unbekleidet in Rückansicht abgebildet ist.

Dem Grunde nach ist der Beklagte zur Unterlassung verpflichtet; auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen.

Die Unterlassungsverpflichtung erstreckt sich auch auf diese weiteren Bilder.

Dass der Beklagte auch diese Bilder tatsächlich auf seiner Homepage verbreitet hat, stellt der Beklagte nicht in Abrede, er widerspricht lediglich dem Vortrag der Klägerin, dass dies „unverändert“ geschehe und beruft sich darauf, dass eine Veröffentlichung aktuell nicht stattfinde. Für das Bestehen des Unterlassungsanspruchs in Bezug auf diese Bilder ist es jedoch unerheblich, ob die Veröffentlichung noch fortdauert oder nicht, da der bereits stattgefundene Eingriff die Wiederholungsgefahr begründet (vgl. auch die obigen Ausführungen unter Ziffer I. 1 a) a.E.)

c)

Der Klägerin steht auch ein Anspruch auf Unterlassung der Zugänglichmachung des die Klägerin lediglich mit Stiefeln bekleidet zeigenden Videos zu.

Der Anspruch folgt aus gleichsam aus 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG.

Es ist davon auszugehen, dass der Beklagte, wie seitens der Klägerin behauptet, auf seiner Homepage einen Link gesetzt hat, der zu dem Videoportal „W“ und dem A-Film, in dem die Klägerin unstreitig unbekleidet zu sehen ist, führt.

Das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten ist unerheblich.

Die Klägerin hat zum Nachweis ihrer Behauptung als Anlage K 3 (Bl. 27 d. A.)einen Screenshot vorgelegt. Dass dieser Screenshot von einer dem Beklagten zuzurechnenden Homepage (sei es seines G-Profils oder einer seiner sonstigen Seiten) stammt, hat der Beklagte nicht in Abrede gestellt, meint jedoch, die Anlage K 3 sei nicht geeignet, die behauptete Verlinkung des A-Videomaterials zu belegen. Die Kammer teilt diese Auffassung nicht.

Auf dem Screenshot ist zunächst ein Bild zu sehen, bei dem es sich offensichtlich um das von der Klägerin erwähnte Standbild aus dem A-Film handelt (oben links im Bild ist die Einblendung …“L“ zu erkennen; nach dem Vortrag des Beklagten sollte der A-Film auf dem Sender A2 ausgestrahlt werden), dessen Posten der Beklagte im Übrigen unzulässigerweise mit Nichtwissen bestreitet. Bei dem behaupteten Posting handelt es sich um eine eigene Handlung des Beklagten und der Beklagte hat nachvollziehbare Gründe seines angeblichen Nichterinnerns nicht ansatzweise dargetan. Mit dem erkennbaren Inhalt des Screenshots der Anlage K 3 setzt sich der Beklagte auch nicht weiter auseinander.

Relevant ist weiter Folgendes: Oberhalb des Bildes ist lesbar: I. Soweit die Klägerin vorträgt, dabei handele es sich um einen Link zu dem streitgegenständlichen A-Film ist dies ohne Weiteres nachvollziehbar und sie genügt damit ihrer Darlegungslast. Demgegenüber hat der Beklagte weder dargetan noch ist ersichtlich, um was es sich dabei sonst –wenn nicht um einen Link- handeln soll. Insofern erweist sich das diesbezügliche Bestreiten des Beklagten als unerheblich.

Der Beklagte hat durch die Linksetzung die streitgegenständlichen Nacktaufnahmen der Klägerin öffentlich zur Schau gestellt (vgl. OLG München, Urteil vom 26. Juni 2007 – 18 U 2067/07 –, juris).

Auch durch diese Veröffentlichung ist die Klägerin rechtswidrig in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt worden, da sie in diese Art der Veröffentlichung weder ausdrücklich noch stillschweigend wirksam eingewilligt hat.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen unter Ziffer I. 1. a) Bezug genommen.

2.

Die Klägerin hat nach Vorgesagtem auch Anspruch auf die begehrte Feststellung, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jeglichen weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der unbefugten Veröffentlichung der Nacktfotos und –videos im Internet zukünftig entstehen wird, namentlich hinsichtlich der Kosten einer effizienten Entfernung der Bilddateien aus dem Internet.

3.

Der Klägerin steht nach alldem auch ein Anspruch auf Erstattung vorprozessualer Rechtsanwaltskosten zu, allerdings beschränkt sich der Anspruch auf Gebühren aus einem Gegenstandswert von bis zu 5.000,00 €. Dies entspricht dem Wert des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs. Da der im hiesigen Verfahren geltend gemachte Feststellungsanspruch (Wert: 1.000,00 €) ausweislich des Schreibens der Bevollmächtigten der Klägerin vom 07.08.2013 nicht Gegenstand ihrer außergerichtlichen Tätigkeit gewesen ist und der außergerichtlich geltend gemachte Schmerzensgeldanspruch unbegründet ist (dazu sogleich unter Ziffer I. 4), bleiben die diesbezüglichen Beträge bei der Bestimmung des Gegenstandswerts unberücksichtigt. Bei einem Gegenstandswert in Höhe von 5.000,- € belaufen sich die daraus resultierenden Gebühren auf einen Betrag von 492,54 €.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.


4. Weitergehende Ansprüche stehen der Klägerin allerdings nicht zu, insbesondere hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Selbst eine schwerwiegende Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts –die hier unter objektiven Gesichtspunkten vorliegt – rechtfertigt für sich genommen noch keine Geldentschädigung für immaterielle Schäden aus § 823 BGB i.V.m. Art 1 Abs. 1; 2 Abs. 1 GG. Vielmehr ist zusätzlich erforderlich, dass die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts nach Art der Verletzung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann, wobei die Frage, ob eine derartige Verletzung vorliegt, von einer Beurteilung der gesamten Umstände des Falles abhängt (vgl. Palandt/Sprau, 75. Aufl. 2016, § 823, Rn. 130, m.w.N).

Dies ist nach Lage der Dinge unter Berücksichtigung von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs und des Charakters der geschützten Bereiche, in die eingegriffen wurde, Anlass und Beweggrund des Beklagten, dem Grad seines Verschuldens sowie unter Berücksichtigung der grundrechtlichen Positionen des Beklagten nicht der Fall.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klägerin – obschon sie rechtlich nicht wirksam in die Anfertigung und Verbreitung der streitgegenständlichen Aufnahmen hat einwilligen können - keinesfalls unfreiwillig an dem Projekt des Beklagten teilgenommen hat.

Nicht unberücksichtigt bleiben kann in diesen Zusammenhang auch, dass die Klägerin – wie der Beklagte substantiiert vorgetragen hat – über die bloße Teilnahme an dem Projekt hinaus dieses auch am Tag vor der Durchführung beworben und während der Durchführung dem Beklagten bei der Umsetzung seiner Regieanweisungen geholfen hat. Dem ist die Klägerin nicht entgegen getreten, insbesondere ist der pauschale Vortrag, sie habe sich unter dem Eindruck von der Festivalatmosphäre zur Teilnahme am Projekt des Beklagten „verleiten“ lassen nicht geeignet, den Vortrag des Beklagten zu entkräften. Entsprechendes gilt für den Vortrag der Klägerin, sie habe „unter dem Einfluss bewusstseinsverändernder Rauschmittel“ gestanden. Weder lässt die Kommunikation der Parteien einen hinreichend sicheren Rückschluss darauf zu, noch hat die Klägerin dies anderweitig ernsthaft dargelegt.

Es ist auch nicht festzustellen, dass den Beklagten mehr als nur ein leichtes Verschulden trifft; erst recht handelte der Beklagte nicht vorsätzlich. Auch handelte der Beklagte nicht aus verwerflichen Motiven sondern vielmehr in Ausübung seiner durch das Grundgesetz geschützten Kunstfreiheit.

Darüber hinaus ist das Ausmaß der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin dadurch relativiert, dass die Klägerin nicht allein, sondern mit einer Vielzahl weiterer Personen auf den Bildern des Beklagten abgebildet ist. Zwar tritt die Klägerin in besonderer Weise aus der „Masse“ hervor, nämlich dadurch, dass sie als einzige Stiefel trägt. Dies geht jedoch –auch diesem Vortrag des Beklagten ist die Klägerin nicht entgegen getreten– auf eigene Initiative der Klägerin zurück. Es ist daher anzunehmen, dass die Klägerin bewusst die Aufmerksamkeit des Betrachters eines Fotos auf sich lenken wollte. Ohne entsprechende Veranlassung der Klägerin wäre sie auf den Fotos nicht stärker aufgefallen, als die übrigen Personen. Schließlich ist zu beachten, dass das Gesicht der Klägerin auf den von dem Beklagten stammenden Bildern tatsächlich nicht erkennbar ist. Etwas anderes mag für das als Anlage K 14 vorgelegte Bild gelten, Geschlechtsmerkmale der Klägerin sind darauf jedoch nicht zu erkennen. Soweit die Klägerin ihren Anspruch auch auf die Verbreitung des A-Videos stützen sollte, ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei nicht um eigene Aufnahmen des Beklagten handelt, sondern um fremdes Material, gegen dessen Veröffentlichung und Verbreitung durch den eigentlichen Urheber die Klägerin –auch dieser Vortrag des Beklagten ist unstreitig geblieben- sich nicht gesondert zur Wehr setzt.

Nach alldem ist die Beeinträchtigung der Klägerin durch den zugesprochenen Unterlassungsanspruch hinreichend kompensiert; die weitergehende Zuerkennung eines Schmerzensgeldes ist nicht geboten.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: