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AG Ludwigsburg: Rechtsmissbrauch durch Google Fonts-Abmahnungen - Kein Anspruch auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten

AG Ludwigsburg
Urteil vom 28.02.2023
8 C 1361/22

Das AG Ludwigsburg hat zutreffend entschieden, dass die Google Fonts-Abmahnungen eine Serienabmahners rechtsmissbräuchlich waren. Daher besteht auch kein Anspruch auf Unterlassung, Schadensersatz und Erstattung der Abmahnkosten.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Widerkläger hat gegen die Widerbeklagte keinen Anspruch auf Unterlassung gem. § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog und auf Schadensersatz gem. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO wegen der dynamischen Einbindung von X. Fonts auf der Webseite der Widerbeklagten.

1. Das Landgericht München I (Urteil vom 20.01.2022 -3017493/20 -, juris) hat entschieden, dass die unerlaubte Weitergabe der IP-Adresse eines Webseitenbesuchers wegen der dynamischen Einbindung von X. Fonts auf der Webseite eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Webseitenbesuchers darstellt und ein Unterlassungsanspruch gem. § 823 Abs. 1 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog sowie ein Schadensersatzanspruch gern. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO bestehen, wenn keine Rechtfertigungsgründe in Betracht kommen.

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Unbestritten hat der Widerkläger am 17.09.2022 die Webseite der Widerbeklagten unter Einsatzes eines Webcrawlers aufgesucht. Ob der Besuch mit der IP-Adresse des Widerklägers (…) erfolgte, ob die Widerbeklagte einen Link zugunsten von X. in den USA zur Weiterleitung der IP-Adresse des Besuchers der Webseite eingerichtet hatte und die IP-Adresse des Widerklägers an einen Server von X. in den USA gesandt wurde, kann dahinstehen. Ebenso kann dahinstehen, ob ein Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 Abs. 1 DS-GVO beim Aufsuchen der Webseite mittels eines Webcrawlers überhaupt in Betracht kommt.

2. Den vom Widerkläger geltend gemachten Ansprüchen steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs gemäß § 242 BGB entgegen.

Die Rechtsausübung ist rechtsmissbräuchlich, wenn ihr kein schutzwürdiges Eigeninteresse zugrunde liegt (Grüneberg, BGB, 81. Aufl., §242 Rn. 50). Das Interesse ist jedenfalls dann nicht schutzwürdig, wenn mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als beherrschendes Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen, wobei eine Gesamtwürdigung aller Umstände zu erfolgen hat (BGH, Urteil vom 28.05.2020 -1 ZR 129/19 -, juris).

In § 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG ist geregelt, dass eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung im Zweifel anzunehmen ist, wenn die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen. Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem § 8 Abs. 4 Abs. 1 UWG, der allerdings die Vertragsstrafe nicht erwähnte. Der Gesichtspunkt des rechtsmissbräuchlichen Einnahmeerzielungs- und Kostenbelastungsinteresse ist in der Rechtsprechung zum Wettbewerbsrecht seit langem anerkannt (Köhler-Bornkamm-Feddersen, UWG, 41. AufI. § 8c Rn. 14).

Auch wenn diese Vorschrift mangels eines Wettbewersbverhältnisses der Parteien und einer gewerblichen Tätigkeit des Widerklägers keine direkte Anwendung findet, ändert dies nichts daran, dass der Rechtsgedanke des § 8c Abs. 2 Nr. 1 UWG auch im Rahmen des § 242 BGB zu berücksichtigen ist (LG Dresden, Urteil vom 11.01.2019 -1a O 1582/18 -, juris).

Unter Berücksichtigung dieser Erwägungen erscheint die Rechtsausübung des Widerklägers rechtsmissbräuchlich, da nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände beim Widerkläger nicht das Unterlassungsinteresse, sondern das Interesse an einer Einnahmeerzielung im Vordergrund steht.

a. Der Widerkläger hat innerhalb des Zeitraums vom 14.09.2022 bis 20.10.2022 unter Berücksichtigung der nach fortlaufenden Nummern vergebenen Aktenzeichen 217.540 Anschreiben verschickt, welche dem an die Widerbeklagte unter dem Datum vom 20.10.2022 verschickten Anschreiben entsprechen. Dass die Aktenzeichen nach fortlaufenden Nummern vergeben wurden, hat der Widerkläger, der dies vorgerichtlich noch in Abrede gestellt hatte, nicht bestritten.

Bei den verschickten Anschreiben handelt es sich nicht um klassische Abmahnungen, da nicht die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassung verlangt wird. Vielmehr wird zur umfassenden Abgeltung der datenschutzrechtlichen Ansprüche eine Zahlung von 170,00 Euro als Vergleich angeboten. Hätten alle im oben genannten Zeitraum Angeschriebenen den Betrag von 170,00 Euro bezahlt, hätte der Widerkläger einen Betrag in Höhe von 36.981.800,00 Euro eingenommen.

Der Widerkläger selbst hat angegeben, dass es ihm vorrangig darum ging, Aufmerksamkeit für das Thema X. Fonts zu erzeugen, um hierüber eine Änderung des Nutzerverhaltens zu er reichen. Dass dies nur dadurch zu erreichen war, dass eine so große Anzahl von Anschreiben verschickt wird verbunden mit der Aufforderung 170,00 Euro an den Widerkläger zu bezahlen, um die Sache auf sich beruhen zu lassen, ist weder dargelegt noch ersichtlich. Soweit der Widerkläger vorträgt, dass es sich bei diesem Betrag um eine Schmerzensgeldforderung handle, wird darauf hingewiesen, dass dies dem Anschreiben nicht zu entnehmen ist. In dem Anschreiben wird der Betrag in Höhe von 170,00 Euro vielmehr als Ausgleichszahlung zur Abgeltung der vorgenannten Ansprüche gefordert. Im Abmahnschreiben vom 12.12.2022 hat der Widerkläger dann erstmals einen Betrag in Höhe von 170,00 Euro als Schmerzensgeld gefordert.

b. Weiter ist zu berücksichtigen, dass das Unterlassungsinteresse des Widerklägers durch Zahlung eines Betrages in Höhe von 170,00 Euro besänftigt hätte werden können.

Mit Abgabe der Unterlassungserklärung soll zukünftigen Rechtsverletzungen vorgebeugt werden. Bereits dadurch, dass der Widerkläger im Anschreiben vom 20.10.2022 angeboten hat, bei Zahlung eines Betrages in Höhe von 170,00 Euro die Sache auf sich beruhen zu lassen, kommt zum Ausdruck, dass es dem Widerkläger nicht vorrangig darum ging, dass weitere datenschutzrechtliche Verstöße unterbleiben, sondern um die Erzielung von Einnahmen. Der Widerkläger selbst hat ausgeführt, dass die Abgabe einer Unterlassungserklärung zwar zielführender gewesen wäre, diese aber im Zweifel nicht notwendig sei. Dies begründet der Widerkläger damit, dass wer auf seiner Webseite X. Fonts einmal zulässig eingestellt hat, dies kaum wieder rückgängig machen wird. Dies mag zwar so sein, ändert jedoch nichts daran, dass jedenfalls eine Wiederholungsgefahr besteht, welche der Widerkläger in Kauf nimmt, wenn er dafür 170,00 Euro erhält.

Darüber hinaus hat der Widerklägervertreter in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass der Widerkläger davon ausgegangen wäre, dass mit der Bezahlung des Betrages von 170,00 Euro durch den Angeschriebenen die Webseite datenschutzkonform ausgerichtet wurde. Dem Vorbringen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass eine Überprüfung stattgefunden hätte, ob tatsächlich eine datenschutzkonforme Ausrichtung erfolgt ist. Auch dieser Umstand spricht dafür, dass es dem Widerkläger in erster Linie darum ging, von den Angeschriebenen die 170,00 Euro zu erhalten.

Dass es rechtsmissbräuchlich ist, wenn sich der Abmahnende seinen Unterlassungsanspruch vom Abgemahnten abkaufen lässt, ist auch im Wettbewerbsrecht anerkannt (OLG München, Urteil vom 22.12.2011 - 29 U 3463/11-, juris; OLG Hamburg, Urteil vom 07.07.2010 - 5 U 16/10-, juris).

c. Für ein im Vordergrund stehendes Einnahmeerzielungsinteresse spricht auch, dass der Widerkläger bislang nur dann weitere Maßnahmen ergriffen hat, wenn von den Angeschriebenen negative Feststellungsklage erhoben wurde, obwohl nur insgesamt 2.418 Angeschriebene die geforderten 170,00 Euro bezahlt haben. Soweit der Widerklägervertreter ausführt, dass auch im Hinblick auf den hohen Verwaltungsaufwand die Ansprüche bislang nicht weiter verfolgt worden seien, überzeugt dies nicht. Zum einen gab der Widerklägervertreter an, dass dies „auch“ am hohen Verwaltungsaufwand liege, ohne noch einen weiteren Grund zu nennen. Zum anderen ist nicht nachvollziehbar, warum nicht jedenfalls gegen eine gewisse Anzahl der Angeschriebenen, welche nach Ablauf der gesetzten Zahlungsfrist die Vergleichssumme nicht bezahlt hat und auch keine negative Feststellungsklage erhoben hat, weiter vorgegangen wurde, zumal dem Anschreiben eindeutig zu entnehmen ist, dass nur bei Bezahlung der Vergleichssumme der Widerkläger die Sache auf sich beruhen lässt. Tatsächlich war es aber so, dass - anstatt die Ansprüche der bereits Angeschriebenen weiterzuverfolgen -immer noch weitere Anschreiben verschickt wurden.

d. Für eine rechtsmissbräuchliche Ausübung spricht auch, dass unter Berücksichtigung des Umfangs der Aktion und des Kostenrisikos sowohl auf Seiten des Widerklägers als auch auf Seiten des Widerklägervertreters anzunehmen ist, dass der Widerkläger mit seinem Bevollmächtigten in kollusiver Weise eine Teilung des erwirtschafteten Gewinns vereinbart hat.

Es oblag dem Widerkläger im Rahmen der sekundären Darlegungslast nachvollziehbar darzulegen, wie das Mandat abgerechnet wird bzw. was er an seinen Bevollmächtigten bezahlt hat. Der Widerkläger hat trotz des Bestreitens der Widerbeklagten, dass überhaupt eine Beauftragung erfolgt ist und, wenn doch, dass der Widerkläger seinen Bevollmächtigten bezahlt hat, dies weder nachvollziehbar dargelegt noch unter Beweis gestellt. Der Widerkläger hat lediglich ausgeführt, dass er den von ihm beauftragten Anwalt für seine Tätigkeit, und zwar für jedes Mandat, gemäß Gesetzeslage bezahlt. Hinsichtlich der Gesetzeslage hat er auf die Novembermann Entscheidung des BGH (BGH, Urteil vom 06.06.2019 -I ZR 150/18-, juris) hingewiesen und dargelegt, dass ein kumulierter Streitwert aller inhaltsgleicher Verfahren zugrunde zu legen sei. Dies führe unter Berücksichtigung von 217.540 Anschreiben zu einem je Angeschriebenen zu zahlenden Betrag in Höhe von brutto 1,89 Euro (Streitwert 36.981.180,00 Euro, 1,3 Geschäftsgebühr 161.185,70 Euro zzgl. Postkosten 184.909,00 Euro zzgl. 19 % MwSt. ergibt 411.852.69 Euro). Dem Rechenmodell liegt eine ex-post-Betrachtung für den Zeitraum 14.09. - 20.10.2022 zugrunde. Insoweit wurden vom Widerkläger die Angaben der Widerbeklagten hinsichtlich der Anzahl der in diesem Zeitraum verschickten Anschreiben übernommen. Unbestritten verschickte der Widerkläger aber entsprechende Anschreiben über mehrere Monate, also über einen längeren Zeitraum als vom 14.09 - 20.10.2022. Unter Berücksichtigung, dass der Widerkläger den Widerklägervertreter in Bezug auf jedes Mandat vergütet haben will, ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht, auf welchen Betrag sich die Vergütung für das Tätigwerden des Widerklägervertreters beläuft. Des Weiteren mag die aufgrund der vorgenommenen Berechnung pro Anschreiben berechnete Vergütung gering sein, in Anbetracht der großen Anzahl von Anschreiben ist die Vergütung aber hoch und es ist nicht plausibel, dass der Widerkläger dieses Kostenrisiko selbst trägt. Es widerspricht aber auch der Lebenserfahrung, dass der Widerklägervertreter tätig wird, obwohl ihm unter Berücksichtigung der von ihm vorgenommenen Berechnung seiner Vergütung für den Zeitraum 14.09 -20.10.2022 bereits unter Berücksichtigung der Portokosten für die Anschreiben keine kostendeckende Vergütung mehr zustehen dürfte.

3. Der Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren für das Abmahnschreiben vom 12.12.2022 teilt das Schicksal der Hauptforderung.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Köln: Bei Unternehmenserwerb per Asset Deal gehen Pflichten aus strafbewehrter Unterlassungserklärung nicht auf neuen Unternehmensinhaber über

LG Köln
Urteil vom 26.09.2022
14 O 225/21


Das LG Köln hat entschieden, dass bei einem Unternehmenserwerb per Asset Deal die Pflichten aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 339 S. 2 BGB.

Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Sie ist weder Partei des Unterlassungsvertrags vom 27.08.2014 geworden, noch aus sonstigem Grunde hieraus zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger verpflichtet.

Unstreitig ist die Beklagte nicht personenidentisch mit der Fa. J, die sich seinerzeit gegenüber dem Kläger unterworfen hat. Vielmehr ist es unstreitig, dass die Beklagte bestimmte Vermögenswerte der Fa. J im Wege eines „Asset Deals“ erworben hat. Die Fa. J jedoch ist in einem anderen Unternehmen aufgegangen.

Der vertragliche Unterlassungsanspruch und damit auch das Vertragsstrafeversprechen kann nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln (z.B. Schuldübernahme, Universalsukzession) auf einen Rechtsnachfolger übergehen, wenn nicht die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergibt, dass eine rein persönliche Schuld des Verpflichteten begründet werden sollte (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 5. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 678, die Erwägungen sind auf das Urheberrecht ohne Einschränkungen übertragbar).

Vorliegend ist keine Rechtsnachfolge auf die Beklagte ersichtlich. Die Beklagte ist – wie oben beschrieben – nicht im Wege der Universalsukzession Gesamtrechtsnachfolgerin geworden, insbesondere nicht durch Sondervorschriften des UmwG. Dies behauptet der Kläger auch nicht.

Im Übrigen ist vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger keine Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J schlüssig vorgetragen worden. Dem im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 08.09.2022 gestellten Antrag auf Vorlage des Unternehmenskaufvertrags nach § 142 ZPO war nicht nachzukommen. § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BeckOK ZPO/von Selle, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 142 Rn. 11 m.w.N.). Der Vortrag ist indes zu einer Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J nicht schlüssig. Dies schon deshalb nicht, weil eine Schuldübernahme im hiesigen Fall nach § 415 BGB die Genehmigung des Klägers bedurft hätte, aber eine entsprechende Anfrage nicht dargetan ist. Eine Übertragbarkeit ohne Genehmigung oder sonstiger Zustimmung des Klägers sieht der Unterlassungsvertrag nicht vor.

Die vom BGH im Urteil „Übergang des Vertragsstrafeversprechens“ (GRUR 1996, 995) beschriebene Konstellation der Firmenfortführung nach § 25 HGB liegt ebenfalls offensichtlich nicht vor. Es ist auch sonst kein Rechtsschein der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Fa. J durch die Beklagte gesetzt worden.

Schließlich folgt entgegen der Argumentation des Klägers keine Passivlegitimation der Beklagten aus dem Unterlassungsvertrag aus (dem Rechtsgedanken von) § 34 Abs. 3 und 4 UrhG. Die Norm knüpft an die Übertragung von Nutzungsrechten durch einen abgeleiteten Rechtsinhaber an einen Dritten an. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, was auch der Kläger einräumt. Der Kläger hat der Fa. J gerade kein Nutzungsrecht eingeräumt. Im Gegenteil, er hat die Fa. J mit Erfolg wegen der zustimmungslosen Nutzung des hier streitgegenständlichen Lichtbilds abgemahnt und diese hat sich unterworfen. Das Vertragsstrafeversprechen betreffend die zukünftige Nichtnutzung kann nicht als ein Fall der Übertragung von Nutzungsrechten angesehen werden. Es betrifft gerade den gegenteiligen Fall. Weil insoweit schon kein vergleichbarer Sachverhalt zu erkennen ist, verbietet sich eine analoge Anwendung der Norm. Auch der „Rechtsgedanke“ der Norm kann nicht ohne normativen Bezug zu einem Übergang eines Vertragsstrafeversprechens von einem Rechtsträger auf einen anderen führen. Der Kläger ist – wie dieser Fall selbst zeigt – auch nicht schutzlos gestellt, weil ihm bei einer Verletzung durch eine andere Person als dem vertraglichen Unterlassungsschuldner die gesamten gesetzlichen urheberrechtlichen Ansprüche zustehen. Die einzige Härte, die den Kläger trifft, ist, dass er keinen finanziell lukrativen Vertragsstrafeanspruch gegen den „Asset Käufer“ hat. Ihm steht aber bei Feststellung eines Verschuldens der gesetzliche Schadensersatzanspruch zu. In diesem Zusammenhang ist auch die Argumentation des Klägers, dass das Unterlassungsversprechen dem Lichtbild „anhafte“, sodass die behauptete Übergabe von der Fa. J auf die Beklagte auch den Übergang des Unterlassungsversprechens zur Folge habe, nicht haltbar. Ein solches faktisches Handeln kann nicht das schuldrechtliche Gefüge des Unterlassungsvertrages aushebeln.

Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die hier angegriffene Handlung als „kerngleiche“ Verletzung der Unterlassungserklärung anzusehen ist.


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LG Flensburg: Werbeanrufe gegenüber Unternehmen ohne Einwilligung unzulässig - Aufnahme der Telefonnummer in Blacklist reicht nicht zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr

LG Flensburg
Urteil vom 08.04.2022
8 O 7/22


Das LG Flensburg hat in Einklang mit der BGH-Rechtsprechung entschieden, dass Werbeanrufe auch gegenüber Unternehmen ohne Einwilligung unzulässig sind. Die Aufnahme der Telefonnummer in eine Blacklist reicht nicht zur Ausräumung der Wiederholungsgefahr aus. Vielmehr ist die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung notwenig.

Aus den Entscheidungsgründen:
a. Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Unterlassung von Telefonanrufen mit werblichem Inhalt im Umfang des vorstehenden Tenors gemäß §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog zu. Dabei begründet bereits der erste von der Beklagten im September 2020 unstreitig getätigte Telefonanruf mit werblichem Inhalt einen Unterlassungsanspruch der Klägerin. Ob die Beklagte im September 2020 mehrere und im September/Oktober 2021 weitere Werbeanrufe an die Klägerin tätigte, wie die Klägerin behauptet, kann somit dahinstehen.

aa. Anrufe bei einem Unternehmer zu Werbezwecken, stellen grundsätzlich einen Eingriff in den von § 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB geschützten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb dar.

Gegenstand des Schutzes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Empfängers; es soll verhindert werden, dass diesem Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren und mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 276/14 - Lebens-Kost , Rn. 16, juris). Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bin- dung von Ressourcen des Angerufenen, wie zum Beispiel Zeitaufwand, führt (BGH, Urteil vom 01. Juni 2006 - I ZR 167/03 - Telefax-Werbung II , Rn. 9, juris).

Die Voraussetzungen eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb sind danach im vorliegenden Fall gegeben. Unstreitig kontaktierte die Beklagte die Klägerin im Septem- ber 2020 unaufgefordert unter ihrer Geschäftsnummer, um für ihre Vermittlungstätigkeit zu werben.

bb. Der Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Klägerin ist auch rechtswidrig.

Das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, das durch Art. 12 GG verfassungsrechtlich gewährleistet ist (vgl. BGH, Urteil vom 15.01.2019 - VI ZR 506/17, Rn. 15, juris), ist mit dem berechtigten Interesse der Beklagten, mit ihren potentiellen Kunden zum Zwecke der Werbung in Kontakt zu treten, abzuwägen. Denn wegen der Eigenart des vorgenannten Rechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss erst durch eine Abwägung der widerstreitenden Belange bestimmt werden (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 - VI ZR 134/15, Rn. 21, juris). Diese Abwägung bei der die Maßstäbe des § 7 UWG zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen zur Anwendung kommen (BGH, Urteil vom 21.04.2016 - I ZR 276/14, Rn. 16, juris - Lebens-Kost), geht vorliegend zu Lasten der Beklagten.

Nach § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ist eine unzumutbare Belästigung stets anzunehmen bei Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einigung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung. Danach stellt bereits der erste Telefonanruf der Beklagten im September 2020 zu Werbezwecken eine unzumutbare Belästigung der Klägerin dar. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG liegen insoweit vor.

(1) Bei der Klägerin handelt es sich um einen sonstigen Marktteilnehmer im Sinne des UWG. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UWG sind Marktteilnehmer neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind. Dabei kann es sich sowohl um natürliche als auch um juristische Personen handeln (Keller, in:Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig, UWG, 5. Aufl. 2021, § 2 Rn. 112). Die Klägerin ist eine juristische Person, die als Vermieterin von Ferienwohnungen als Anbieterin von Dienstleistungen tätig ist.

(2) Eine mutmaßliche Einwilligung der Beklagten in den erstmaligen Telefonanruf der Beklagten im September 2020 ist zu verneinen.

Das Vorliegen einer mutmaßlichen Einwilligung ist anhand der Umstände vor dem Anruf sowie anhand der Art und Inhalt der Werbung festzustellen. Erforderlich ist, dass aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an der Telefonwerbung vermutet werden kann. Maßgeblich ist, ob der Werbende bei verständigen Würdigung der Umstände annehmen durfte, der Anzurufende erwarte einen solchen Anruf oder werde ihm jedenfalls aufgeschlossen gegenüberstehen (KG Berlin, aaO, Rn. 30 mwN; vgl. BGH, Urteil vom 11.03.201 - I ZR 27/08, Rn. 20, 21, juris). Dabei lehnt der Bundesgerichtshof eine pauschalierende Betrachtungs- weise dahingehend, die Zulässigkeit der Telefonwerbung davon abhängig zu machen, ob sie den eigentlichen Geschäftsgegenstand des Anzurufenden betrifft, ab (BGH, WRP 2001, 1068, 1069 - Telefonwerbung für Blindenwaren ). Denn genauso wenig, wie sich sagen lässt, dass eine Telefonwerbung, die den Geschäftsgegenstand des Anzurufenden nicht betrifft, schlechthin unzulässig ist, weil in einem solchen Fall ein Einverständnis generell nicht vermutet werden kann, lässt sich umgekehrt nicht argumentieren, diese Vermutung bestehe immer dann, wenn der Geschäftsgegenstand des Anzurufenden betroffen ist (so OLG Frankfurt/M., Urteil vom 24.07.2003 - 6 U 36/03, MMR 2003, 791, 792, beck; bestätigt durch BGH, Urteil vom 16.11.2006 - I ZR 191/03, MMR 2007, 598, 600, beck; BGH, Urteil vom 11.03.2010 - I ZR 27/08 - Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel , Rn. 25, juris). Erforderlich, aber ausreichend ist es, dass der Anrufer ex ante betrachtet unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vermuten darf, der Anzurufende werde der Telefonwerbung ein sachliches Interesse, aus welchen Gründen auch immer, entgegenbringen. Dabei kann ein objektiv günstiges Angebot ein Indiz für das mutmaßliche Einverständnis sein, ebenso wie ein objektiv ungünstiges Angebot gegen dieses Einverständnis sprechen kann.

Die Frage, welche Anforderungen im Einzelnen an ein mutmaßliches Einverständnis der Klägerin zu stellen sind, kann im vorliegenden Fall dahinstehen, da die Beklagte vorliegend keinerlei Umstände vorgetragen hat, die ihre Annahme rechtfertigen könnte, die Klägerin hätte ein sachliches Interesse an ihrem Anruf gehabt. Ein entsprechender Hinweis der Kammer gemäß § 139 ZPO, dass es hierzu weiteren Vortrags bedürfte, war nicht erforderlich. Die Klägerseite hat bereits in ihrer Klageschrift auf Seite 6 (Bl. 5 d.A.) mitgeteilt, dass weder ein tatsächliches noch ein mutmaßliches Einverständnis der Klägerin vorliege. Die Beklagte hat zu einem etwaigen mutmaßlichen Einverständnis der Klägerin hiernach und auch sonst nicht vorgetragen. Allein der Umstand, dass die Klägerin Ferienwohnungen vermietet und somit durch potentielle Vermittlungstätigkeiten der Beklagten ihr Geschäftsgegenstand betroffen wäre, vermag nach dem oben gesagten für sich genommen keine mutmaßliche Einwilligung der Klägerin zu begründen. Ein allgemeiner Sachbezug zu den vom angerufenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen reicht im Allgemeinen für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung nicht aus, weil Telefonwerbung ansonsten gegenüber Gewerbetreibenden andernfalls nahezu unbeschränkt zulässig wäre.

Schließlich vermag auch der Umstand, dass die Klägerin ihre Telefonnummer auf ihrer Webseite veröffentlicht hat, eine mutmaßliche Einwilligung in Telefonanrufe der Beklagten zu Werbezwecken nicht zu begründen. Die Veröffentlichung der Telefonnummer auf der Webseite der Klägerin erfolgt, damit es potentiellen Kunden ermöglicht wird, die Klägerin zu kontaktieren. Der Anruf der Beklagten ist hiermit jedoch nicht zu vergleichen, da die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht als Kundin, sondern als Anbieterin einer eigenen Leistung, nämlich der Vermittlungstätigkeit, auftrat (vgl. hierzu auch OLG Frankfurt/M., aaO, 791, 793).

cc. Die für den Unterlassungsanspruch erforderlich Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten widerlegbar vermutet (vgl. BGH, Urteil vom 10.07.2018 - VI ZR 225/17, Rn. 26, juris mwN). Die von der Beklagten behaupteten Aufnahme in eine sogenannte Blackliste ist nicht geeignet, die Vermutung einer Wiederholungsgefahr auszuräumen. Ob die Beklagte die Rufnummern der Klägerin auf eine Blackliste gesetzt hat und ob dies dazu führt, dass weitere Anrufe der Beklagten nicht erfolgen konnte, kann somit dahinstehen. Die durch das rechtsverletzende Verhalten der Beklagten vermutete Wiederholungsgefahr hätte nur dadurch ausgeräumt werden können, wenn die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungser klärung abgegeben hätte (BGH, aaO Rn. 29; Urteil vom 12.09.2013 - I ZR 208/12, Rn. 25 f., juris; KG Berlin, Urteil vom 15.09.2021 - 5 U 35/20, Rn. 35 mwN, juris; LG Bonn, Urteil vom 18.11.2009 - 1 O 379/08, BeckRS 2010, 19721, beck). Eine solche hat die Beklagte nicht abgegeben.

b. Der Anspruch der Klägerin auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 973,66 € folgt aus § 823 Abs. 1, § 249 Abs. 1 BGB. Zu den ersatzpflichtigen Aufwendungen des Geschädigten zählen grundsätzlich auch die durch das Schadensereignis erforderlich gewordenen Rechtsverfolgungskosten. Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes war vorliegend erforderlich, weil die Beklagte auf die Aufforderung der Klägerin mit E-Mail vom 01.10.2021 keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgab. Der Anspruch auf Prozesszinsen folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Den Antrag der Klägerseite legt die Kammer gemäß §§ 133, 157 ZPO analog dahingehend aus, dass Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und nicht 5 Prozent über dem Basiszinssatz beantragt werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Amazon-Händler haftet für automatische Zuordnung fremder Produktbilder durch Amazon-Algorithmus - hier Verstoß gegen Unterlassungsverfügung

OLG Frankfurt
Beschluss vom 18.03.2021
6 W 8/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Amazon-Händler für die automatische Zuordnung fremder Produktbilder durch den Amazon-Algorithmus haftet. Vorliegend geht es um den Verstoß gegen eine Unterlassungsverfügung und die daraus folgende Vertragsstrafe.

Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt:

Amazon-Händler ist für automatische Zuordnung von Warenabbildungen anderer Händler zu seinem Angebot verantwortlich

Angebote auf amazon.de werden über einen Programmalgorithmus von Amazon aus allen hinterlegten Bildern beliebig bebildert, so dass ein Angebot unverpackte Druckerkassetten mit der Abbildung von originalverpackten Kassetten er-scheinen kann. Händlern ist es zuzumuten, ein längere Zeit eingestelltes Angebot regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen wurden. Wegen Verletzung dieser Prüfungspflicht hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichtem Beschluss gegen ei-ne Händlerin ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € verhängt.

Die Parteien sind Mitbewerber und bieten auf amazon.de Druckertoner und -tinte an. Die Antragsgegnerin hatte sich in der Vergangenheit bei der Bewerbung ihres Druckertoners ohne Originalverpackung an ein Angebot des Antragstellers für ein Original-Toner-Kit mit entsprechender bildlicher Darstellung „angehängt“. Dies wurde ihr mit einstweiliger Verfügung des Landgerichts Hanau untersagt.

Der Antragsteller beantragt nunmehr, wegen Verstoßes gegen diese Verpflichtung gegen die Antragsgegnerin ein empfindliches Ordnungsgeld zu verhängen. Die Antragsgegnerin beruft sich auf einen unverschuldeten Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung. Sie würde beim Einstellen ihres Angebots auf Amazon das Bild eines Toners ohne Originalkarton mit der richtigen ASIN (Amazon Standard Identification Number) für ihr Produkt “Originalware neutral unverpackt“ übermitteln. Gleichwohl wechsele das Bild, so dass einmal das von ihr eingefügte Bild zu sehen sei, zu einem späteren Zeitpunkt dagegen ein Bild eines Toners mit Originalkarton. Händler würden bei Amazon Bilder hinterlegen, die das System willkürlich aussuche. Dies habe sie erst jetzt durch einen Chat mit Amazon erfahren.

Das Landgericht hatte den Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen. Die Beschwerde hatte vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin habe schuldhaft gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen. Sie habe sich erneut mit Angebot für unverpackte Druckerkassetten an bildliche Darstellungen der Originalverpackung des Herstellers angehängt.

Ihr Verweis darauf, dass die Zuordnung der Abbildung originalverpackter Kartuschen zu ihrem Angebot ohne ihr Zutun willkürlich durch den Programmalgorithmus von Amazon erfolgt sei, entlaste sie nicht. Sie könne sich insbesondere nicht darauf berufen, erst jetzt von diesem Algorithmus erfahren zu haben. Diese Funktion sei vielmehr bereits Gegenstand der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht gewesen. Die Antragsgegnerin habe demnach damit rechnen müssen, dass dieser Programmalgorithmus von Amazon aus allen hinterlegten Bildern jeweils ein beliebiges auswähle, so dass es möglich sei, dass ihr eigenes Angebot unverpackter Druckerkassetten mit einer Abbildung von originalverpackten Kartuschen erscheine.

Einem Händler sei es grundsätzlich zuzumuten, ein längere Zeit eingestelltes Angebot regelmäßig daraufhin zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden seien. Dieser Prüfungspflicht sei die Antragsgegnerin hier in vorwerfbarer Weise nicht nachgekommen. Hätte sie ihr Angebot nach dem Einstellen regelmäßig überprüft, hätte sie festgestellt, dass neben ihrem Angebot für unverpackte Ware nicht nur das von ihr selbst hochgeladene, sondern noch die Bilder anderer Händler erscheinen. Dies hätte sie dazu veranlassen müssen, ihr Angebot - jedenfalls unter dieser ASIN - zu löschen.

Vorliegend sei ein Ordnungsgeld in Höhe von 500 € angemessen, aber auch ausreichend.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 18.03.2021, Az. 6 W 8/18
(vorausgehend Landgericht Hanau, Beschluss vom 04.12.2017, Az. 5 O 17/16)


BGH: Zuständigkeit der Landgerichte nach § 13 UWG für Vertragsstrafeklage aus wettbewerbsrechtlicher Unterlassungserklärung

BGH
Hinweisbeschluss vom 19.10.2016
I ZR 93/15


Der BGH hat zutreffend entschieden, dass für eine Vertragsstrafeklage aus einer wettbewerbsrechtlichen strafbewehrten Unterlassungserklärung nach § 13 UWG die Landgerichte ausschließlich zuständig sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

" Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG sind die Landgerichte für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten ausschließlich zuständig, in denen ein Anspruch auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht wird. Bei dem vorliegenden Rechtsstreit handelt es sich um eine wettbewerbsrechtliche Rechtsstreitigkeit im Sinne dieser Vorschrift.

aa) Allerdings ist die Frage, ob Ansprüche auf Grund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen von der Zuständigkeitsregelung des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG erfasst werden, in Rechtsprechung und Literatur umstritten.

(1) Nach einer Ansicht wird die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte für derartige Ansprüche nach § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG wegen des Wortlauts der Vorschrift verneint (OLG Rostock, GRUR-RR 2005, 176; GRUR 2014, 304; OLG Köln, Urteil vom 5. Juni 2014 - 8 AR 68/14, juris Rn. 10; Ahrens/Bähr, Der Wettbewerbsprozess, 7. Aufl., Kap. 17 Rn. 38; Retzer in Harte/Henning, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 9; jurisPK-UWG/Hess, 3. Aufl., § 13 Rn. 11; Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 34. Aufl., § 13 UWG Rn. 2; vgl.
auch Schaub in Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 11. Aufl., Kap. 45 Rn. 5).

(2) Nach anderer Auffassung wird durch § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG unabhängig von der Höhe des geltend gemachten Anspruchs die erstinstanzliche landgerichtliche Zuständigkeit auch bei Vertragsstrafeansprüchen begründet, die ihren Ursprung in einem auf einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung beruhenden Unterlassungsvertrag haben (OLG Jena, GRUR-RR 2011, 199; Götting/Nordemann/Albert, UWG, 3. Aufl., § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ehricke aaO § 13 Rn. 10; MünchKomm.UWG/Ottofülling aaO § 12 Rn. 270; Großkomm.UWG/Zülch, 2. Aufl., § 13 Rn. 9 ff.; Sosnitza in Ohly/Sosnitza aaO § 13 Rn. 2; Büscher in Fezer/Büscher/Obergfell aaO § 13 Rn. 7; Goldbeck, WRP 2006, 37, 38 f.).

bb) Die zuletzt genannte und vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Ansicht trifft zu. Dies ergibt sich aus einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung von § 13 Abs. 1 UWG.

(1) Der Wortlaut des § 13 Abs. 1 Satz 1 UWG setzt voraus, dass Ansprüche "auf Grund" des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht werden. Durch den wettbewerbsrechtlichen Vertrag, mit dem sich der Schuldner gegenüber dem Gläubiger strafbewehrt zur Unterlassung einer nach § 3 oder § 7 UWG unzulässigen geschäftlichen Handlung verpflichtet, werden derartige Ansprüche begründet. Die vertragliche Unterlassungsverpflichtung lässt die Wiederholungsgefahr für den gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG entfallen, wobei die vertragliche Verpflichtung in Form eines abstrakten Schuldanerkenntnisses im Wege der Schuldumschaffung an die Stelle des gesetzlichen Anspruchs tritt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 1995 - I ZR 176/93, BGHZ 130, 288, 292 - Kurze Verjährungsfrist; Urteil vom 5. März 1998 - I ZR 202/95, GRUR 1998, 953, 954 = WRP 1998, 743 – Altunterwerfung III).

(2) Dieses Verständnis entspricht dem mit der Neuregelung der gerichtlichen Zuständigkeit in Wettbewerbssachen in § 13 Abs. 1 UWG verfolgten Gesetzeszweck. Der Gesetzgeber hatte das Ziel, statt der bisher gegebenen streitwertabhängigen Zuständigkeit von Amts- und Landgerichten (vgl. § 27 Abs. 1 UWG in der bis zum 7. Juli 2004 geltenden Fassung in Verbindung mit § 23 Nr. 1, § 73 Abs. 1 GVG) eine ausschließliche, streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit der Landgerichte in Wettbewerbssachen einzuführen, weil bei den Landgerichten aufgrund der dort streitwertbedingt überwiegend anfallenden Wettbewerbssachen der für die Behandlung dieser Sachen erforderliche Sachverstand und das notwendige Erfahrungswissen vorhanden sind. Insbesondere sollten Rechtsstreitigkeiten, in denen Abmahnkosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG geltend gemacht werden und bei denen eine gewisse Wahrscheinlichkeit für eine Unterschreitung der die Zuständigkeit bestimmende Streitwertgrenze von 5.000 € vorhanden ist, in die Zuständigkeit der Landgerichte fallen, weil bei ihnen als Vorfragen sämtliche einschlägigen wettbewerbsrechtlichen Fragen geprüft werden müssen. Zudem sollte mit der Alleinzuständigkeit der Landgerichte der inhaltliche Gleichklang mit § 140 Abs. 1 MarkenG, § 15 Abs. 1 GeschmMG aF, § 27 Abs. 1 GebrMG, § 143 Abs. 1 PatG und § 6 Abs. 1 UKlaG hergestellt werden (Begründung der Bundesregierung und Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, BT-Drucks. 15/1487, S. 36, 44). Diese Erwägungen gelten gleichermaßen für die Behandlung von Streitigkeiten aufgrund von Vertragsstrafeversprechen und Unterlassungsverträgen, in denen ähnliche, spezifisch wettbewerbsrechtliche Probleme auftreten wie bei originären Ansprüchen aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

(3) Zwar heißt es in der Zuständigkeitsregelung in § 140 Abs. 1 MarkenG, ebenso wie in § 52 Abs. 1 DesignG (früher § 15 Abs. 1 GeschmMG), § 27 Abs. 1 GebrMG und § 143 Abs. 1 PatG, dass sie für alle Klagen gilt, durch die ein "Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse" geltend gemacht wird, während § 13 Abs. 1 UWG auf alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten anzuwenden ist, in denen ein "Anspruch auf Grund dieses Gesetzes" in Streit steht. § 6 UKlaG stellt dagegen ähnlich wie § 13 Abs. 1 Satz 2 UWG auf "Klagen nach diesem Gesetz" ab. Angesichts des erklärten gesetzgeberischen Ziels, mit § 13 Abs. 1 UWG einen inhaltlichen Gleichklang mit anderen die streitwertunabhängige, ausschließliche erstinstanzliche Zuständigkeit der Landgerichte begründenden Vorschriften im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und nach dem Unterlassungsklagengesetz herzustellen, steht der geringfügig abweichende Wortlaut der Vorschriften einer übereinstimmenden Auslegung nicht entgegen.

(4) Die Vorschriften, auf die die Gesetzesbegründung Bezug nimmt, werden weit ausgelegt (BGH, Beschluss vom 4. März 2004 - I ZR 50/03, GRUR 2004, 622 f.; Beschluss vom 22. Februar 2011 - X ZB 4/09, GRUR 2011, 662
Rn. 9). Sie begründen nach nahezu einhelliger Meinung eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte für Klagen aus strafbewehrten Unterlassungserklärungen. Dies gilt für § 140 MarkenG (OLG München, GRUR-RR 2004, 190; Fezer, MarkenG, 4. Aufl., § 140 Rn. 6; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., § 140 Rn. 13; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 11. Aufl., § 140 Rn. 6; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 3. Aufl., § 140 MarkenG Rn. 11), für § 143 Abs. 1 PatG (OLG Düsseldorf, GRUR 1984, 650), für § 52 DesignG (Eichmann in Eichmann/von Falckenstein/Kühne, DesignG, 5. Aufl., § 52 Rn. 9), für § 27 GebrMG (Grabinski/Zülch in Benkard, PatG, 11. Aufl., § 27 GebrMG Rn. 2) und für § 6 UKlaG (Palandt/Bassenge, BGB, 75. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 1; MünchKomm.ZPO/Micklitz, 4. Aufl., § 6 UKlaG Rn. 4; zu § 14 AGBG LG München I, NJW-RR 1991, 1143; LG Karlsruhe, VuR 1992, 130). Dies muss auch für § 13 Abs. 1 UWG gelten. "


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Nur eine Vertragsstrafe aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, wenn Bilder aus mehreren abgelaufenen eBay-Auktionen nicht gelöscht werden

OLG Frankfurt
Beschluss vom 10.07.2013
11 U 28/12


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass nur eine Vertragsstrafe aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, wenn Bilder aus mehreren abgelaufenen eBay-Auktionen nicht gelöscht werden. Das Gericht sieht in dem Verhalten einen einheitlichen Vorgang.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Vertragsstrafenanspruch knüpft an eine schuldhafte Zuwiderhandlung durch die Beklagte an, wobei sie sich das Verhalten ihrer Mitarbeiter nach § 278 BGB zurechnen lassen muss. Elf Vertragsstrafen wären nur dann verwirkt, wenn elf Zuwiderhandlungen vorlägen, für die es elf verschiedener Handlungsentschlüsse bedurft hätte (vgl. OLG Hamm; Urteil vom 18.9.2012, 4 U 105/12 - zitiert nach juris). Die Beklagte hat aber gerade nicht in jedem der elf Fälle einen Entschluss gefasst, die Löschung zu veranlassen oder nicht, und diese Entschlüsse sodann durch entsprechende Handlungen oder Unterlassungen umgesetzt (für einen solchen Fall wäre zu prüfen, ob eine rechtliche Handlungseinheit i.S.d. Entscheidungen BGH GRUR 2001, 758, 760 – Trainingsvertrag; GRUR 2008, 181,182f – Kinderwärmekissen - vorliegt), sondern sie hat letztlich überhaupt keinen Entschluss gefasst. Der rechtliche Vorwurf an die Beklagte bzw. deren Mitarbeiter beschränkt sich nach den zugrunde zu legenden Feststellungen des Landgerichts darauf,dass sie sich entsprechend hätten kundig machen müssen und so die Fortexistenz der beendeten Auktionen und deren Einsehbarkeit auch nach ihrem Abschluss hätten kennen können. Dies rechtfertigt jedoch nur den Vorwurf einer einzigen Zuwiderhandlung gegen die Vertragsstrafenvereinbarung."

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: