LG Köln: Bei Unternehmenserwerb per Asset Deal gehen Pflichten aus strafbewehrter Unterlassungserklärung nicht auf neuen Unternehmensinhaber über
LG Köln
Urteil vom 26.09.2022
14 O 225/21
Das LG Köln hat entschieden, dass bei einem Unternehmenserwerb per Asset Deal die Pflichten aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 339 S. 2 BGB.
Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Sie ist weder Partei des Unterlassungsvertrags vom 27.08.2014 geworden, noch aus sonstigem Grunde hieraus zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger verpflichtet.
Unstreitig ist die Beklagte nicht personenidentisch mit der Fa. J, die sich seinerzeit gegenüber dem Kläger unterworfen hat. Vielmehr ist es unstreitig, dass die Beklagte bestimmte Vermögenswerte der Fa. J im Wege eines „Asset Deals“ erworben hat. Die Fa. J jedoch ist in einem anderen Unternehmen aufgegangen.
Der vertragliche Unterlassungsanspruch und damit auch das Vertragsstrafeversprechen kann nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln (z.B. Schuldübernahme, Universalsukzession) auf einen Rechtsnachfolger übergehen, wenn nicht die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergibt, dass eine rein persönliche Schuld des Verpflichteten begründet werden sollte (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 5. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 678, die Erwägungen sind auf das Urheberrecht ohne Einschränkungen übertragbar).
Vorliegend ist keine Rechtsnachfolge auf die Beklagte ersichtlich. Die Beklagte ist – wie oben beschrieben – nicht im Wege der Universalsukzession Gesamtrechtsnachfolgerin geworden, insbesondere nicht durch Sondervorschriften des UmwG. Dies behauptet der Kläger auch nicht.
Im Übrigen ist vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger keine Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J schlüssig vorgetragen worden. Dem im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 08.09.2022 gestellten Antrag auf Vorlage des Unternehmenskaufvertrags nach § 142 ZPO war nicht nachzukommen. § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BeckOK ZPO/von Selle, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 142 Rn. 11 m.w.N.). Der Vortrag ist indes zu einer Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J nicht schlüssig. Dies schon deshalb nicht, weil eine Schuldübernahme im hiesigen Fall nach § 415 BGB die Genehmigung des Klägers bedurft hätte, aber eine entsprechende Anfrage nicht dargetan ist. Eine Übertragbarkeit ohne Genehmigung oder sonstiger Zustimmung des Klägers sieht der Unterlassungsvertrag nicht vor.
Die vom BGH im Urteil „Übergang des Vertragsstrafeversprechens“ (GRUR 1996, 995) beschriebene Konstellation der Firmenfortführung nach § 25 HGB liegt ebenfalls offensichtlich nicht vor. Es ist auch sonst kein Rechtsschein der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Fa. J durch die Beklagte gesetzt worden.
Schließlich folgt entgegen der Argumentation des Klägers keine Passivlegitimation der Beklagten aus dem Unterlassungsvertrag aus (dem Rechtsgedanken von) § 34 Abs. 3 und 4 UrhG. Die Norm knüpft an die Übertragung von Nutzungsrechten durch einen abgeleiteten Rechtsinhaber an einen Dritten an. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, was auch der Kläger einräumt. Der Kläger hat der Fa. J gerade kein Nutzungsrecht eingeräumt. Im Gegenteil, er hat die Fa. J mit Erfolg wegen der zustimmungslosen Nutzung des hier streitgegenständlichen Lichtbilds abgemahnt und diese hat sich unterworfen. Das Vertragsstrafeversprechen betreffend die zukünftige Nichtnutzung kann nicht als ein Fall der Übertragung von Nutzungsrechten angesehen werden. Es betrifft gerade den gegenteiligen Fall. Weil insoweit schon kein vergleichbarer Sachverhalt zu erkennen ist, verbietet sich eine analoge Anwendung der Norm. Auch der „Rechtsgedanke“ der Norm kann nicht ohne normativen Bezug zu einem Übergang eines Vertragsstrafeversprechens von einem Rechtsträger auf einen anderen führen. Der Kläger ist – wie dieser Fall selbst zeigt – auch nicht schutzlos gestellt, weil ihm bei einer Verletzung durch eine andere Person als dem vertraglichen Unterlassungsschuldner die gesamten gesetzlichen urheberrechtlichen Ansprüche zustehen. Die einzige Härte, die den Kläger trifft, ist, dass er keinen finanziell lukrativen Vertragsstrafeanspruch gegen den „Asset Käufer“ hat. Ihm steht aber bei Feststellung eines Verschuldens der gesetzliche Schadensersatzanspruch zu. In diesem Zusammenhang ist auch die Argumentation des Klägers, dass das Unterlassungsversprechen dem Lichtbild „anhafte“, sodass die behauptete Übergabe von der Fa. J auf die Beklagte auch den Übergang des Unterlassungsversprechens zur Folge habe, nicht haltbar. Ein solches faktisches Handeln kann nicht das schuldrechtliche Gefüge des Unterlassungsvertrages aushebeln.
Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die hier angegriffene Handlung als „kerngleiche“ Verletzung der Unterlassungserklärung anzusehen ist.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:
Urteil vom 26.09.2022
14 O 225/21
Das LG Köln hat entschieden, dass bei einem Unternehmenserwerb per Asset Deal die Pflichten aus einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht auf den neuen Unternehmensinhaber übergehen.
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe nach § 339 S. 2 BGB.
Die Beklagte ist nicht passivlegitimiert. Sie ist weder Partei des Unterlassungsvertrags vom 27.08.2014 geworden, noch aus sonstigem Grunde hieraus zur Zahlung einer Vertragsstrafe an den Kläger verpflichtet.
Unstreitig ist die Beklagte nicht personenidentisch mit der Fa. J, die sich seinerzeit gegenüber dem Kläger unterworfen hat. Vielmehr ist es unstreitig, dass die Beklagte bestimmte Vermögenswerte der Fa. J im Wege eines „Asset Deals“ erworben hat. Die Fa. J jedoch ist in einem anderen Unternehmen aufgegangen.
Der vertragliche Unterlassungsanspruch und damit auch das Vertragsstrafeversprechen kann nach den allgemeinen schuldrechtlichen Regeln (z.B. Schuldübernahme, Universalsukzession) auf einen Rechtsnachfolger übergehen, wenn nicht die Auslegung des Unterlassungsvertrags ergibt, dass eine rein persönliche Schuld des Verpflichteten begründet werden sollte (vgl. Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 5. Aufl. 2021, UWG § 8 Rn. 678, die Erwägungen sind auf das Urheberrecht ohne Einschränkungen übertragbar).
Vorliegend ist keine Rechtsnachfolge auf die Beklagte ersichtlich. Die Beklagte ist – wie oben beschrieben – nicht im Wege der Universalsukzession Gesamtrechtsnachfolgerin geworden, insbesondere nicht durch Sondervorschriften des UmwG. Dies behauptet der Kläger auch nicht.
Im Übrigen ist vom insoweit darlegungs- und beweisbelasteten Kläger keine Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J schlüssig vorgetragen worden. Dem im nachgelassenen Schriftsatz des Klägers vom 08.09.2022 gestellten Antrag auf Vorlage des Unternehmenskaufvertrags nach § 142 ZPO war nicht nachzukommen. § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (BeckOK ZPO/von Selle, 45. Ed. 1.7.2022, ZPO § 142 Rn. 11 m.w.N.). Der Vortrag ist indes zu einer Schuldübernahme der Beklagten von der Fa. J nicht schlüssig. Dies schon deshalb nicht, weil eine Schuldübernahme im hiesigen Fall nach § 415 BGB die Genehmigung des Klägers bedurft hätte, aber eine entsprechende Anfrage nicht dargetan ist. Eine Übertragbarkeit ohne Genehmigung oder sonstiger Zustimmung des Klägers sieht der Unterlassungsvertrag nicht vor.
Die vom BGH im Urteil „Übergang des Vertragsstrafeversprechens“ (GRUR 1996, 995) beschriebene Konstellation der Firmenfortführung nach § 25 HGB liegt ebenfalls offensichtlich nicht vor. Es ist auch sonst kein Rechtsschein der Fortführung des Geschäftsbetriebs der Fa. J durch die Beklagte gesetzt worden.
Schließlich folgt entgegen der Argumentation des Klägers keine Passivlegitimation der Beklagten aus dem Unterlassungsvertrag aus (dem Rechtsgedanken von) § 34 Abs. 3 und 4 UrhG. Die Norm knüpft an die Übertragung von Nutzungsrechten durch einen abgeleiteten Rechtsinhaber an einen Dritten an. Dieser Fall liegt hier ersichtlich nicht vor, was auch der Kläger einräumt. Der Kläger hat der Fa. J gerade kein Nutzungsrecht eingeräumt. Im Gegenteil, er hat die Fa. J mit Erfolg wegen der zustimmungslosen Nutzung des hier streitgegenständlichen Lichtbilds abgemahnt und diese hat sich unterworfen. Das Vertragsstrafeversprechen betreffend die zukünftige Nichtnutzung kann nicht als ein Fall der Übertragung von Nutzungsrechten angesehen werden. Es betrifft gerade den gegenteiligen Fall. Weil insoweit schon kein vergleichbarer Sachverhalt zu erkennen ist, verbietet sich eine analoge Anwendung der Norm. Auch der „Rechtsgedanke“ der Norm kann nicht ohne normativen Bezug zu einem Übergang eines Vertragsstrafeversprechens von einem Rechtsträger auf einen anderen führen. Der Kläger ist – wie dieser Fall selbst zeigt – auch nicht schutzlos gestellt, weil ihm bei einer Verletzung durch eine andere Person als dem vertraglichen Unterlassungsschuldner die gesamten gesetzlichen urheberrechtlichen Ansprüche zustehen. Die einzige Härte, die den Kläger trifft, ist, dass er keinen finanziell lukrativen Vertragsstrafeanspruch gegen den „Asset Käufer“ hat. Ihm steht aber bei Feststellung eines Verschuldens der gesetzliche Schadensersatzanspruch zu. In diesem Zusammenhang ist auch die Argumentation des Klägers, dass das Unterlassungsversprechen dem Lichtbild „anhafte“, sodass die behauptete Übergabe von der Fa. J auf die Beklagte auch den Übergang des Unterlassungsversprechens zur Folge habe, nicht haltbar. Ein solches faktisches Handeln kann nicht das schuldrechtliche Gefüge des Unterlassungsvertrages aushebeln.
Insofern bedarf es auch keiner Entscheidung, ob die hier angegriffene Handlung als „kerngleiche“ Verletzung der Unterlassungserklärung anzusehen ist.
Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: