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EuGH-Generalanwalt: Betreiber einer Facebook-Fanpage ist neben Facebook datenschutzrechtlich für Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten verantwortlich

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 24.10.2017
C-434/15
Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein gegen Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH,
Beteiligte: Facebook Ireland Ltd, Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht


Der EuGH-Generalanwalt kommt zu dem Ergebnis, dass der Betreiber einer Facebook-Fanpage neben Facebook datenschutzrechtlich für die Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten verantwortlich ist. Sollte sich der EuGH dieser Ansicht anschließen, würde dies de facto das Aus für Fanpages bedeuten.

Das Ergebnis des EuGH-Generalanwalts:

Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Bundesverwaltungsgerichts wie folgt zu beantworten:

1. Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Betreiber einer Fanpage eines sozialen Netzwerks wie Facebook ein für die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne dieser Bestimmung hinsichtlich der Phase der Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist, die in der Erhebung von Daten über die diese Seite besuchenden Personen durch dieses soziale Netzwerk im Hinblick auf die Erstellung von diese Seite betreffenden Besucherstatistiken besteht.

2. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 95/46 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass im Sinne dieser Bestimmung eine Verarbeitung personenbezogener Daten wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende im Rahmen der Tätigkeiten einer Niederlassung ausgeführt wird, die der für die Verarbeitung Verantwortliche im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats besitzt, wenn ein ein soziales Netzwerk betreibendes Unternehmen in einem Mitgliedstaat für die Förderung des Verkaufs der Werbeflächen dieses Unternehmens und diesen Verkauf selbst eine Tochtergesellschaft gründet, deren Tätigkeit auf die Einwohner dieses Staates ausgerichtet ist.

3. In einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, in der das auf die betreffende Verarbeitung personenbezogener Daten anwendbare nationale Recht dasjenige des Mitgliedstaats einer Kontrollstelle ist, ist Art. 28 Abs. 1, 3 und 6 der Richtlinie 95/46 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung dahin auszulegen, dass diese Kontrollstelle sämtliche wirksamen Einwirkungsbefugnisse, die ihr gemäß Art. 28 Abs. 3 dieser Richtlinie übertragen sind, gegenüber dem für die Verarbeitung Verantwortlichen ausüben darf, und zwar auch dann, wenn dieser Verantwortliche seinen Sitz in einem anderen Mitgliedstaat oder einem Drittstaat hat.

4. Art. 28 Abs. 1, 3 und 6 der Richtlinie 95/46 in der durch die Verordnung Nr. 1882/2003 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass unter Umständen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden die Kontrollstelle des Mitgliedstaats, in dem sich die Niederlassung des für die Verarbeitung Verantwortlichen befindet, ihre Einwirkungsbefugnisse gegenüber diesem Verantwortlichen selbständig ausüben darf, ohne verpflichtet zu sein, zuvor die Kontrollstelle des Mitgliedstaats, in dem dieser Verantwortliche seinen Sitz hat, um die Ausübung ihrer Befugnisse zu ersuchen.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:




OLG Frankfurt: Verletzung einer dreidimensionalen Marke durch Parfum-Flakon - Haftung der verantwortlichen Person im Sinne der Kosmetik-VO

OLG Frankfurt
Urteil vom 17.11.2016
6 U 220/15


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass durch die Gestaltung eines Parfum-Flakons die Rechte an einer dreidimensionalen Marke verletzt werden könnn. Dabei haftet die Person, die als verantwortliche Person im Sinne der Kosmetik-VO benannt ist, auch persönlich.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die markenmäßige Benutzung einer Waren- oder Verpackungsform kann sich allerdings auch daraus ergeben, dass die in Rede stehende Gestaltung erheblich vom Branchenüblichen abweicht und ihr aus diesem Grund eine herkunftshinweisende Funktion beigemessen wird; dabei spielt auch eine Rolle, ob sich in dem betreffenden Warenbereich eine dem Verkehr bekannte Gewohnheit entwickelt hat, die Form der Waren oder Verpackungen herkunftshinweisend zu gestalten (vgl. zu beiden Gesichtspunkten BGH GRUR 2010, 1103 [BGH 22.04.2010 - I ZR 17/05] - Pralinenform II, Tz. 31 m.w.N.).

Im Parfümeriesektor hat sich in der Tat die Gewohnheit entwickelt, die Behälter von Parfumerzeugnissen und deren Verschlüsse mit besonders auffallenden Formen und sonstigen Ausstattungsmerkmalen zu versehen. Dies ergibt sich etwa aus den von der Klägerin als Anlagen K 36 bis K 38 (Bl. 343 ff.) vorgelegten Beispielen und ist im Übrigen auch gerichtsbekannt. Aus dieser verbreiteten Verwendung auffälliger Ausstattungen für Parfumerzeugnisse hat sich eine dem Verkehr bekannte Kennzeichnungsgewohnheit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entwickelt. Denn die angesprochenen Verbraucher werden nicht annehmen, dass die Hersteller auf diese Weise lediglich ästhetisch anspruchsvolle Lösungen für die Ausstattung ihrer Erzeugnisse zur Verfügung stellen wollen. Vielmehr geht es - für den Verkehr ersichtlich - jedenfalls auch darum, das jeweilige Erzeugnis schon an Hand der Ausstattungsform herkunftsmäßig identifizieren zu können; die auffälligen Produktausstattungen dienen dem angesprochenen Verbraucher daher als Zweitmarke neben einer - auf den Erzeugnissen regelmäßig ebenfalls angebrachten - Wortmarke.

Unter diesen Umständen wird der Verkehr auch der angegriffenen Form von Flasche und Stöpsel diese Herkunftsfunktion zubilligen. Denn die drei Blüten stellen ebenfalls ein besonders auffälliges Ausstattungsmerkmal dar. Dies ergibt sich nicht zuletzt aus der Größe der Blüten, die für die Handhabung des Stöpsels eher hinderlich sind und dem Verkehr daher ersichtlich auch als Wiedererkennungsmerkmal und damit als Herkunftshinweis dienen sollen.

[...]

c) Der Beklagte ist für die Markenverletzung täterschaftlich verantwortlich.

Der Beklagte ist Geschäftsführer der D S.a.r.l., die unstreitig über keine weiteren Mitarbeiter verfügt. Die D S.a.r.l. ist auf der Packung der in Rede stehenden Parfumprodukte genannt ("Made under authority of ..."). Dabei soll es sich nach Darstellung des Beklagten jedoch nur um einen Hinweis auf die vom Hersteller benannte "verantwortliche Person" im Sinne von Art. 4, 5 EU-Kosmetik-VO handeln. Der Beklagte trägt vor, Herstellerin sei die E AG, die der D S.a.r.l. durch eine Vereinbarung vom 13.12./28.12.2012 (Anlage B 7; Bl. 405 d.A.) ein entsprechendes Mandat gemäß Art. 4 III 2 EU-Kosmetik-VO erteilt habe.

Es kann dahinstehen, ob dieses Mandat - wie die Klägerin behauptet - lediglich konstruiert ist und Herstellerin des beanstandeten Erzeugnisses in Wahrheit die D S.a.r.l. ist und die E AG das Erzeugnis lediglich vertreibt. Denn bereits die unstreitigen Gesamtumstände lassen nach Auffassung des erkennenden Senats den hinreichenden Schluss zu, dass der Beklagte in der Lage ist, Herstellung und Vertrieb des beanstandeten Produkts maßgeblich zu beeinflussen.

Die vom Beklagten allein geführte D S.a.r.l. ist nach Darstellung des Beklagten "verantwortliche Person" i.S.v. Art. 4, 5 EU-Kosmetik-VO für die vertriebenen Produkte. Soweit der Beklagte sich darauf beruft, dass sich der Verantwortungsbereich der "verantwortlichen Person" nach dem Regelungsinhalt der EU-Kosmetik-VO - auch was die Aufmachung und Kennzeichnung angeht - auf die Produktsicherheit beschränke, nicht aber auf die Beachtung der Markenrechte Dritter, vermag dies nicht zu überzeugen.

Es ist schon mit der Lebenserfahrung nicht vereinbar, dass die E AG als (nach Darstellung des Beklagten) Herstellerin eines Parfumprodukts gemäß Art. 4 III 2 EU-Kosmetik-VO als "verantwortliche Person" ein anderes Unternehmen mandatiert, das den Vertrieb dieses Produkts nicht maßgeblich beeinflussen kann; denn ein solches "außenstehendes" Unternehmen könnte die Verantwortung für die Produktsicherheit nicht in effizienter Form übernehmen. Das wird bestätigt durch die Regelung in Art. 5 II 1 EU-Kosmetik-VO, wonach "verantwortliche Personen" unverzüglich eingreifen müssen, wenn "ein von ihnen in Verkehr gebrachtes kosmetisches Mittel" der Verordnung nicht entspricht. Die Verordnung selbst setzt demnach voraus, dass die "verantwortliche Person" in den Vertrieb in einer Weise eingebunden ist, die eine sofortige Reaktion ermöglicht. Dass dies auch für die D S.a.r.l. und den Beklagten als deren Geschäftsführer gilt, wird zusätzlich dadurch bestätigt, dass der Beklagte und Geschäftsführer der "verantwortlichen Person" unstreitig bei einem Unternehmen (F UG) als Projektleiter beschäftigt ist, das an derselben Anschrift geschäftsansässig ist, unter der der die E AG ein Auslieferungslager in Deutschland unterhält."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: