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OLG Frankfurt: Absolute Verjährungsfrist nach § 11 Abs 4 UWG bei Verbreitung einer wettbewerbswidrigen Presseerklärung beginnt mit Verbreitungshandlung

OLG Frankfurt
Urteil vom 15.11.2018
6 U 159/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die absolute Verjährungsfrist nach § 11 Abs. 4 UWG bei Verbreitung einer wettbewerbswidrigen Presseerklärung mit der Verbreitungshandlung beginnt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Der Unterlassungsanspruch war auch nicht verjährt.

Das Interview selbst wurde zwar unstreitig am 06.12.2012 veröffentlicht, so dass grundsätzlich unabhängig von der Kenntnis durch die Klägerin nach § 11 IV UWG nach drei Jahren, also mit Ablauf des 06.12.2015, Verjährung eingetreten wäre. Die Klageeinreichung am 29.12.2015 hätte daher insoweit nicht mehr zu einer Hemmung der Verjährung führen können. Allerdings hat die Beklagte einen Sonderdruck dieses Interviews ihrem im Juni 2015 im Rahmen der Neumitgliederaquise auch an Mitgliedsunternehmen der Klägerin versandten Schreiben (Anlage K 6) beigelegt. Hiermit hat sie sich die Aussagen ihres Geschäftsführers (erneut) zueigen gemacht, so dass eine neue Verletzungshandlung vorliegt, die eine neue Verjährungsfrist beginnen lässt. Aus der Anlage K 7 (Antragsschrift im Eilverfahren zu dem o.g. Schreiben) ergibt sich, dass die Klägerin hiervon am 07.07.2015 Kenntnis erhalten hat, so dass die 6-Monatsfrist des § 11 I UWG mit Klageeinreichung und demnächstiger (§ 167 ZPO) Zustellung am 21.01.2016 noch nicht verstrichen war: Die Vorschussanforderung erfolgte unter dem Datum des Eingangs der Klage bei Gericht am 29.12.2015, der Vorschuss ging am 12.01.2016 ein, so dass die von Rechtsprechung im Rahmen des § 167 ZPO definierte Zwei-Wochen-Frist (BGH NJW 2015, 2666 [BGH 10.07.2015 - V ZR 154/14]) für eine unschädliche, auf die Partei zurückzuführende Verzögerung nicht überschritten ist. Die mit Zustellung der Klage eintretende Klageerhebung wirkt daher auf den Zeitpunkt der Einreichung am 29.12.2015 zurück.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Heidelberg: Automatisches Hochladen von Fotos in private Cloud die Dritten nicht zugänglich ist stellt keine Verbreitungshandlung im Sinne des KunstUrhG dar

LG Heidelberg
Urteil vom 02.12.2015
1 O 54/15


Das LG Heidelberg hat entschieden, dass das automatische Hochladen von Fotos in eine private Cloud, die Dritten nicht zugänglich ist, keine Verbreitungshandlung im Sinne des KunstUrhG darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"bb) Ein Unterlassungsanspruch der Klägerin besteht auch nicht, soweit sie rügt, der Beklagte habe Fotos von ihr in seine Internet-Cloud hochgeladen.

Zwar hat der Beklagte dieses Verhalten zugegeben, so dass die Klägerin hier einen Verletzungsunterlassungsanspruch gelten machen könnte, bei dem die Wiederholungsgefahr grundsätzlich vermutet wird. Es fehlt jedoch an einer Rechtsverletzung durch den Beklagten.

Das Hochladen von Bildern in eine Cloud stellt keine öffentliche Zurschaustellung der Bilder im Sinne des § 22 Abs. 1, 2. Alt. KunstUrhG dar. Beim sogenannten Cloud Computing wird dem Nutzer von Plattformbetreiber virtueller Speicherplatz zur Verfügung gestellt, wobei der Plattformbetreiber nicht selbst Eigentümer der physischen Server sein muss, sondern in der Regel die Serverkapazität nur angemietet hat. Der Nutzer kann dann von seinen Geräten auf diesen virtuellen Speicherplatz zugreifen, ohne selbst eigene physische Speichermedien vorhalten zu müssen. Zugriffsberechtigt ist grundsätzlich nur der Nutzer bezüglich des ihm zugewiesenen Speichers. Damit verstößt das Hochladen von Bildern in eine Cloud nicht gegen § 22 Satz 1, 2. Alt. KunstUrhG. Es fehlt an einer Öffentlichkeit, der das in die Cloud eingestellte Bild angeboten wird.

b) Auch der hilfsweise geltend gemachte Unterlassungsanspruch, Lichtbilder nicht an Dritte zu überlassen, steht der Klägerin nicht zu.

Ein solcher Anspruch ergibt sich insbesondere nicht aus § 97 Abs. 1 UrhG i.V.m. § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG. Es fehlt an einer Rechtsverletzung durch den Beklagten. Das - automatische - Hochladen von Fotos in eine Internet-Cloud stellt keine rechtswidrige Verbreitung von Bildnissen gem. § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG dar.

Verbreitung im Sinne des § 22 Satz 1, 1. Alt. KunstUrhG meint jede Form der körperlichen Weitergabe des Bildes oder eines Vervielfältigungsstücks, wobei auch die Weitergabe digitaler Kopien von Bildnissen selbst erfasst wird (Engels in BeckOK KunstUrhG, § 22 Rn. 51, 53). Sinn und Zweck ist es, den Rechteinhaber vor dem Risiko einer nicht mehr zu kontrollierenden Kenntnisnahme zu schützen; das Bild oder seine Kopie muss daher zumindest einer weiteren Person zur Verfügung gestellt werden. Daran fehlt es hier. Die Bilder der Klägerin wurden lediglich in die Cloud des Beklagten kopiert. Dass außer dem Beklagten noch andere Personen Zugriff auf die Cloud haben, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Insbesondere kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Betreiber der Cloud Zugriff auf die von den Nutzern gespeicherten Inhalte hat. Selbst wenn ein solcher Zugriff durch den Cloud-Betreiber technisch möglich wäre, läge eine Rechtsverletzung des Beklagten nur vor, wenn ihm dieser Zugriff zurechenbar wäre, also von ihm veranlasst oder gar gewollt war. Auch dafür liegen keine Anhaltspunkte vor, es muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass der Beklagte entsprechend den Grundsätzen des Cloud Computing nur mit seiner eigenen Zugriffsberechtigung rechnete."


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OLG Frankfurt: Bereits die Werbung für Computersoftware ist eine Verbreitungshandlung im Sinne von § 69 c Nr. 3 UrhG - Einrichtung eines Testzugangs

OLG Frankfurt
Urteil vom 11.08.2015
11 U 94/13


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass bereits die Werbung für Computersoftware eine Verbreitungshandlung im Sinne von § 69 c Nr. 3 UrhG darstellt. Dies kann u.a. auch durch Einrichtung eines Testzugangs zur Nutzung der Software geschehen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Beklagte hat das ausschließliche Nutzungsrecht der Klägerin zu 1) an dem Computerprogramm gem. Anlage K46 durch das Angebot der Software "X" im Form eines Testzugangs auf ihrer Internetseite (Anlage K 16a,b) verletzt. Die Bewerbung eines urheberrechtlich geschützten Werkes stellt auch ohne nachgelagerten Verkaufsvorgang ein Verbreiten nach § 69 Nr.3 UrhG dar.

(1) Der Verbreitungsbegriff des § 69c Nr. 3 UrhG ist mit dem Begriff des Verbreitens in § 17 Abs. 1 UrhG identisch. Zwar dient - was bei der Auslegung zu berücksichtigen ist - § 17 Abs. 1 UrhG der Umsetzung von Art. 4 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, während § 69c Nr. 3 UrhG der Umsetzung von Art. 4 Abs. 1c) der Richtlinie 2009/24/EG über den Rechtsschutz von Computerprogrammen dient. Indes hat der nationale Gesetzgeber mit dem Begriff der Verbreitung in § 69c Nr. 3 UrhG eine Abweichung zu § 17 Abs. 1 UrhG nicht beabsichtigt (BT-Drs. 12/4022, S. 11). Daher wird in der Literatur der Begriff einheitlich verwendet (Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. 2013, § 69c, Rnr. 20; Wandtke/Bullinger/Grützmacher, Praxiskommentar zum Urheberrecht, 4. Aufl. 2014, § 69c, Rnr. 25). Auch aus den Richtlinien ergibt sich nichts Gegenteiliges, so dass grundsätzlich die Rechtsprechung des EuGH und BGH zu Art. 4 der Richtlinie 2001/19/EG sowie zu § 17 UrhG herangezogen werden kann.

(2) Das Verbreitungsrecht i. S. von § 17 Abs. 1 UrhG ist das Recht, das Original oder Vervielfältigungsstücke des Werkes der Öffentlichkeit anzubieten oder in Verkehr zu bringen. Nach Art. 4 I Richtlinie 2001/29/EG sehen die Mitgliedstaaten vor, dass den Urhebern in Bezug auf das Original ihrer Werke oder auf Vervielfältigungsstücke davon das ausschließliche Recht zusteht, die Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch Verkauf oder auf sonstige Weise zu erlauben oder zu verbieten. Unter den Begriff der Verbreitung des Originals oder von Vervielfältigungsstücken eines Werkes an die Öffentlichkeit auf andere Weise als durch Verkauf i. S. von Art. 4 I Richtlinie 2001/29/EG fallen auch Handlungen, auf die nicht die Übertragung des Eigentums an diesem Gegenstand folgt, sofern die Werbung die Verbraucher des Mitgliedstaats, in dem das Werk urheberrechtlich geschützt ist, zu dessen Erwerb anregt (EuGH, GRUR 2015,665 [EuGH 13.05.2015 - C-516/13] - Marcel-Breuer-Möbel). Eine derartige Werbung für einen Schutzgegenstand gehört nämlich ebenfalls zur Kette der Handlungen, mit denen der Verkauf des Gegenstandes zu Stande kommen soll. Die Ziele der Richtlinie 2001/29 verlangen in ihren Erwägungsgründen 9 - 11, dass die Harmonisierung des Urheberrechts von einem hohen Schutzniveau ausgehen muss, der Urheber für die Nutzung eine angemessene Vergütung erhalten muss und die Regelungen zum Schutz der Urheberrechte rigoros und wirksam sein müssen. Für die Verletzung des Verbreitungsrechts ist es danach unerheblich, dass auf eine Werbung nicht der Übergang des Eigentums an dem geschützten Werk oder seinen Vervielfältigungsstücken folgt (EuGH aaO, Rnr. 28, 32).

Im Bereich von Computerprogrammen ist hingegen die Besonderheit zu beachten, dass die schutzbegründenden Elemente der Programmiertätigkeit regelmäßig bei der Bewerbung nicht zutage treten, sondern sich die Bewerbung nur auf die Darstellung der Funktion und/oder auf die äußere Erscheinungsform beschränken kann, die durch § 69c UrhG nicht originär geschützt sind. Indes sind die Erwägungen, die der Rechtsprechung des EuGH zugrunde liegen, auch auf die Verbreitung von Computerprogrammen durch Werbemaßnahmen übertragbar. Zugrunde liegt dem nämlich der Gedanke, dass die Bewerbung sich als Beginn der wirtschaftlichen Auswertung des Werkes bzw. Computerprogramms darstellt. Aus Erwägungsgrund 2 der Softwarerichtlinie ergibt sich, dass die Richtlinie dem Schutz der erheblichen Investitionen menschlicher, technischer und finanzieller Mittel dient, die zur Entwicklung von Computerprogrammen notwendig sind, mithin ein Investitionsschutzelement aufweist, dass diese Argumentation noch verstärkt. Hinzu kommt, dass der EuGH den weiten Schutz der Urheber im Hinblick auf Werbemaßnahmen ausdrücklich auf Art. 6 I des WCT stützt. Da die Richtlinie 2001/29/EG dazu dient, Verpflichtungen nachzukommen, die der Union nach dem WCT obliegen und da nach ständiger Rechtsprechung des EuGH Bestimmungen des Unionsrecht nach Möglichkeit im Lichte des Völkerrechts auszulegen sind, insbesondere wenn mit ihnen ein von der Union beschlossener völkerrechtlicher Vertrag durchgeführt werden sollte, ist die Richtlinie im Einklang mit Art. 6 I des WCT auszulegen. In diesem Lichte ist eine weite Auslegung geboten (EuGH aaO).

Dieselben Erwägungen sind indes auch im Hinblick auf Computerprogramme anzustellen. Diese sind nach Art. 4 WCT als Werke der Literatur geschützt. Auch der Begriff der "Verbreitung" nach Art. 4 Abs. 1c der Software-Richtlinie ist daher in dem Sinne auszulegen, dass bereits die Bewerbung ohne einen anschließenden Verkaufsvorgang das Verbreitungsrecht verletzt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: