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OVG Münster: Wettbürosteuer der Stadt Dortmund gegenüber Wettbürobetreibern rechtlich zulässig

OVG Münster
Entscheidungen vom 27.08.2020
14 A 218/19 - 14 A 2474/19 - 14 A 2275/19


Das OVG Münster hat entschieden, dass die Wettbürosteuer der Stadt Dortmund gegenüber Wettbürobetreibern rechtlich zulässig ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Klagen gegen Wettbürosteuer erfolglos

Das Oberverwaltungsgericht hat heute in drei Musterverfahren entschieden, dass die Stadt Dortmund gegenüber Wettbürobetreibern rechtmäßig Wettbürosteuern festgesetzt hat. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ist die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen worden.

Mit der Wettbürosteuer wird der Aufwand für Sportwetten in Wettbüros besteuert, also in Einrichtungen, die neben der Annahme von Wettscheinen auch das Mitverfolgen von Wettereignissen auf Bildschirmen ermöglichen. Schon mit Urteilen vom 13. April 2016 - 14 A 1599/15 u.a. - hatte das Oberverwaltungsgericht diese neue kommunale Steuer als zulässig bewertet (vgl. Pressemitteilung vom 13. April 2016). Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht mit Revisionsurteil vom 29. Juni 2017 - 9 C 7.16 - weitgehend geteilt, jedoch den Steuermaßstab nach der Fläche des Wettbüros beanstandet, weil der Wetteinsatz der sachgerechteste Maßstab sei. Infolge dieses Urteils legen einige Kommunen statt des bisherigen Flächenmaßstabs nunmehr den sogenannten Einsatzmaßstab zugrunde. Beim Oberverwaltungsgericht ist im Jahr 2019 eine Vielzahl von Verfahren eingegangen, die diesen neuen Maßstab zum Gegenstand haben. Auch die Stadt Dortmund überarbeitete ihre Wettbürosteuersatzung und erließ auf dieser Basis neue Steuerbescheide. Die dagegen angestrengten Klagen wies das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen ab. Mit den heutigen Urteilen wies das Oberverwaltungsgericht die dagegen eingelegten Berufungen zurück.

Zur Begründung hat der 14. Senat ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Klägerseite dürften nicht nur Live-Wetten, sondern auch sogenannte Pre-Match-Wetten besteuert werden, also Wetten auf Sportereignisse, die im Zeitpunkt der Wette noch gar nicht begonnen hätten und damit auch noch nicht mitverfolgt werden könnten. Für eine solche Beschränkung des Steuergegenstands gebe die Satzung nichts her. Es liege im weitreichenden Gestaltungsspielraum der Gemeinde, welche Steuergegenstände sie besteuern wolle. Eine Differenzierung zwischen Live- und Pre-Match-Wetten bei der Besteuerung des Vergnügungsaufwands für Wetten in einem Wettbüro sei nicht erforderlich.

Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz dürfe eine örtliche Aufwandsteuer - wie die vorliegende Wettbürosteuer - allerdings nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sein. Es sei nicht zu verkennen, dass die Wettbürosteuer in vielen Merkmalen der bundesrechtlichen Renn- und Sportwettensteuer gleiche, vor allem nachdem durch das genannte Urteil des Bundesverwaltungsgerichts diese Steuern nunmehr auch im Steuermaßstab und der Erhebungstechnik angeglichen seien. Dennoch seien die Wettbürosteuer und die Renn- und Sportwettensteuer nicht gleichartig, weil die Wettbürosteuer nur den besonderen Vertriebsweg über ‑ den Wetteifer anstachelnde ‑ Wettbüros erfasse, nicht aber den über einfache Wettannahme- und Wettvermittlungsstellen ohne Mitverfolgungsmöglichkeit und auch nicht das Onlinewettgeschäft. Es gebe also noch weitere nicht von der Wettbürosteuer erfasste relevante Vertriebswege.

Das Oberverwaltungsgericht hat wegen der grundsätzlichen Frage, ob die beiden Steuern auch nunmehr noch als nicht gleichartig zu beurteilen sind, die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 14 A 218/19 (I. Instanz: VG Gelsenkirchen, 2 K 2424/18), 14 A 2474/19 (VG Gelsenkirchen, 2 K 1597/19), 14 A 2275/19 (VG Gelsenkirchen, 2 K 5702/18)



VGH Mannheim: Wettbüros müssen keine Vergnügungssteuer zahlen - kommunale Satzungen unwirksam

VGH Mannheim
Urteile vom 28.01.2016
2 S 1019/15
2 S 2067/14


Der VGH Mannheim hat entschieden, dass kommunale Satzungen, die eine Vergnügungssteuerpflicht für Wettbüros vorsehen, unwirksam sind.

Die Pressemitteilung des VGH:

"Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hat mit den Beteiligten bekannt gegebenen Urteilen vom 28.01.2016 in zwei Normenkontrollverfahren von Wettbürobetreibern (Antragsteller) die Satzungen der Städte Mannheim (Az. 2 S 1019/15) und Lahr (Az. 2 S 2067/14) über eine Vergnügungssteuer für Wettbüros für unwirksam erklärt. In parallelen Berufungsverfahren zur Vergnügungssteuer für Wettbüros in den Städten Rastatt (Az. 2 S 1231/15, 2 S 1232/15, 2 S 1233/15) und Kehl (Az. 2 S 1025/14, 2 S 1026/14, 2 S 1027/14) hat der VGH die gegenüber den klagenden Wettbüros ergangenen Steuerbescheide für rechtswidrig erklärt.

Die Antragsteller und Kläger der einzelnen Verfahren sind Betreiber von Wettbüros im Gebiet der genannten Gemeinden. Sie wenden sich gegen die Besteuerung von Wettbüros und machen insbesondere geltend, die Regelung und Erhebung einer Vergnügungssteuer sei mit höherrangigem Recht unvereinbar. Die kommunale Wettbürosteuer sei kompetenzwidrig, da es insoweit an einem mit einer Vergnügungssteuer besteuerbaren örtlichen Aufwand im Sinne von § 9 Abs. 4 Kommunalabgabengesetz (KAG) und Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG) mangele. Die Steuer sei im Übrigen gleichartig mit der bundesgesetzlichen Besteuerung von Sportwetten nach dem Rennwett- und Lotteriegesetz (RennwLottG). Zudem verstoße die Steuer gegen den Grundsatz der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung, da sie die Zielsetzungen des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlüStV) und des Landesglücksspielgesetzes (LGlüG) konterkariere. Schließlich liege eine Ungleichbehandlung von Wettbüros gegenüber sonstiger Wettvermittlung (Wettannahmestelle, Onlinewette) und sonstigen Vergnügungsbetrieben vor.

Der 2. Senat des VGH gab den Normenkontrollanträgen und Klagen statt. Die kommunalen Satzungen über eine Wettbürosteuer seien unwirksam. Den Gemeinden stehe grundsätzlich das in § 9 Abs. 4 KAG und Art. 105 Abs. 2a GG normierte Recht zur Regelung örtlicher Verbrauch- und Aufwandsteuern zu, solange und soweit diese nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Kompetenz zum Erlass einer Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG setze jedoch als unverzichtbares Merkmal das Bestehen eines entgeltlichen Aufwands voraus, weil Anknüpfungspunkt einer solchen Steuer ein privater Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustands sei, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Die Wettbürosteuer knüpfe an eine Kombination von Wettvermittlung/-veranstaltung und dem Ermöglichen, die Wettereignisse mit zu verfolgen, an. Daher fehle es an einem mit einer kommunalen Aufwandsteuer im Sinne von § 9 Abs. 4 KAG besteuerbaren entgeltlichen Aufwand. Insbesondere könne ein solcher Aufwand hinsichtlich des Ermöglichens des Mitverfolgens der Wettereignisse nicht im gewerblichen Aufwand des Wettbürobetreibers gesehen werden. Auf den entgeltlichen Aufwand in Form des Wetteinsatzes oder eines sonstigen Entgelts z.B. in Form von Eintrittsgeld könne hier nicht abgestellt werden. Denn die Steuer bemesse sich nach der Fläche des jeweiligen Wettbüros. Ein solcher Flächenmaßstab sei nicht hinreichend realitätsnah und verstoße daher gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Entscheidungen können innerhalb eines Monats nach Zustellung der vollständigen Urteile durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden."