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Pressemitteilung der EU-Kommission zur Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften - Upload-Filter - Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Die EU-Kommission hat eine Pressemitteilung zur Einigung des Europäische Parlaments, des Rates der EU und der EU- Kommission über die Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften veröffentlicht. Die völlig zu Recht kritisierten neuen Regelungen sind unpraktikabel und werden für zahlreiche rechtliche Auseinandersetzungen sorgen. Anders als dargestellt sind auch nicht nur allein die großen Anbieter wie Google,YouTube & Co. betroffen.

Die Pressemitteilung der EU-Kommision:

Digitaler Binnenmarkt: EU-Verhandlungsführer erreichen Durchbruch bei der Modernisierung der Urheberrechtsvorschriften

Heute haben das Europäische Parlament, der Rat der EU und die Kommission eine politische Einigung erzielt, mit der das Urheberrecht in Europa an die Anforderungen des digitalen Zeitalters angepasst wird und die mit greifbaren Vorteilen für die Bürgerinnen und Bürgern der EU, die Forscher und die Lehrenden, die Kultur- und Kreativwirtschaft, die Presse und die mit Kulturerbe befassten Einrichtungen verbunden sein wird.

Diese politische Einigung ermöglicht eine Anpassung des Urheberrechts an die heutige Zeit, in der der Zugriff auf kreative Werke und Presseartikel vor allem über Musikstreamingdienste, Plattformen für den Videoabruf, Nachrichtenaggregatoren und Plattformdienste mit von Nutzern hochgeladenen Inhalten erfolgt. Die Einigung muss in den kommenden Wochen noch vom Europäischen Parlament und vom Rat der Europäischen Union bestätigt werden.

Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige Vizepräsident Andrus Ansip erklärte dazu: „Moderne Urheberrechtsvorschriften für die gesamte EU sind ein großer Erfolg und waren längst überfällig. Die Verhandlungen waren schwierig, doch was am Ende zählt, ist ein faires und ausgewogenes Ergebnis, das einem digitalen Europa gerecht wird. Die Freiheiten und Rechte, die Internetnutzer heute genießen, werden ausgebaut, unsere Kunstschaffenden werden für ihre Arbeit besser vergütet und der Internetwirtschaft stehen klarere Regeln für ihre Aktivitäten und ihre Weiterentwicklung zu Verfügung.“

Die für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständige Kommissarin Mariya Gabriel ergänzte: „Die seit Langem erwartete Annahme der Richtlinie über das Urheberrecht ist einer der Eckpfeiler unseres digitalen Binnenmarkts. Sie sorgt für einen klareren Rechtsrahmen, der an die digitale Welt angepasst ist und von dem die audiovisuelle und die kreative Branche profitieren werden. Auch für die europäischen Bürgerinnen und Bürgern bringt die Richtlinie einen Mehrwert.“

Besserer Schutz für europäische Autoren, ausübende Künstler und den Journalismus

Die neue Richtlinie stärkt die Position europäischer Autoren und ausübender Künstler im digitalen Umfeld und fördert den Qualitätsjournalismus in der EU. Konkret bedeutet dies Folgendes:

- Greifbare Vorteile für alle kreativen Branchen, insbesondere für Kunstschaffende und Akteure im audiovisuellen und musikalischen Bereich. Ihre Position gegenüber den Plattformen wird gestärkt und sie können mehr Kontrolle über die Inhalte ausüben, die von Nutzern dorthin hochgeladen werden, und dafür eine Vergütung erhalten.

- Erstmals wird der Grundsatz der angemessenen Vergütung von Autoren und ausübenden Künstlern im europäischen Urheberrecht festgeschrieben.

- Autoren und ausübende Künstler erhalten Zugang zu transparenten Informationen darüber, wie ihre Werke und Darbietungen von ihren Partnern (Verleger und Produzenten) genutzt werden. Dies wird es ihnen erleichtern, künftig Verträge auszuhandeln und einen gerechteren Anteil an den erwirtschafteten Einnahmen zu erhalten.

- Wenn Verlage oder Produzenten die Rechte nicht nutzen, die ihnen Autoren und ausübende Künstler übertragen haben, haben Letztere die Möglichkeit, die Gewährung der Rechte zurückzunehmen.

- Die europäischen Presseverleger werden von einer neuen Vorschrift profitieren, die ihnen die Verhandlungen über die Wiederverwendung ihrer Inhalte auf Online-Plattformen erleichtern soll. Journalisten steht damit ein größerer Anteil der Einnahmen zu, die durch die Online-Nutzung von Presseveröffentlichungen erzielt werden. Dies hat keine Auswirkungen auf Bürger und private Nutzer, die auch weiterhin wie gewohnt Hyperlinks nutzen und teilen können.

Neue Vorschriften zugunsten der Interessen der Bürger und Internetnutzer

Die neuen Lizenzvorschriften kommen den Nutzern zugute, die urheberrechtlich geschützte Inhalte legal auf Plattformen wie YouTube oder Instagram hochladen können. Außerdem werden sie von Schutzmaßnahmen zur Sicherung der Meinungsfreiheit profitieren, wenn sie Videos – zum Beispiel Memes oder Parodien – hochladen, die urheberrechtlich geschützte Inhalte enthalten. Die Interessen der Nutzer werden durch wirksame Mechanismen geschützt, um eine ungerechtfertigte Entfernung ihres Inhalts durch die Plattformen rasch zu hinterfragen.

Die neue Richtlinie sorgt für einen breiteren Zugang zu Wissen. Sie vereinfacht die Urheberrechtsvorschriften für Text- und Datamining in der Forschung und für andere Zwecke sowie in den Bereichen Bildung und Erhaltung des kulturellen Erbes:

Dank einer Ausnahmeregelung im Urheberrecht können Forschungsorganisationen, Universitäten und andere Nutzer die wachsende Zahl online verfügbarer Veröffentlichungen und Daten für Forschungstätigkeiten und andere Zwecke verwenden und in umfangreichen Datensätzen Text- und Datamining durchführen. Dadurch wird auch die Entwicklung auf dem Gebiet der Datenanalyse und der künstlichen Intelligenz in Europa vorangetrieben.
Studierende und Lehrkräfte dürfen urheberrechtlich geschützte Materialien für die Zwecke der Veranschaulichung im Unterricht in – auch grenzüberschreitend angebotenen – Online-Kursen verwenden.
Die Erhaltung des kulturellen Erbes in den Sammlungen europäischer Museen, Archive und anderer einschlägiger Einrichtungen unterliegt keinerlei urheberrechtlichen Beschränkungen.
Darüber hinaus bekommen Nutzer Zugang zu Werken, Filmen oder Musikaufnahmen, die heute in Europa nicht mehr auf dem Markt erhältlich sind, sowie zu einer breiteren Palette europäischer audiovisueller Werke auf Plattformen für Videoabruf (Video-on-Demand, VoD).

Sie erhalten vollkommene Rechtssicherheit für das Teilen von Kopien gemeinfreier Gemälde, Skulpturen und sonstiger Kunstwerke.

Nächste Schritte

Der vereinbarte Text muss nun vom Europäischen Parlament und vom Rat förmlich bestätigt werden.Sobald dies geschehen ist und er im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde, haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, die neuen Vorschriften in nationales Recht zu überführen.

Hintergrund

Wie Umfragen der Kommission aus dem Jahr 2016 belegen, greifen 57 % der Internetnutzer über soziale Netzwerke, Informationsaggregatoren oder Suchmaschinen auf Presseartikel zu. 47 % dieser Nutzer lesen auf diesen Websites bereitgestellte Auszüge, ohne diese anzuklicken. Ein ähnlicher Trend war auch in der Musik- und Filmbranche zu beobachten: 49 % der Internetnutzer in der EU hören online Musik oder greifen über das Netz auf audiovisuelle Inhalte zu und 40 % der 15- bis 24-Jährigen sahen mindestens einmal wöchentlich Fernsehsendungen online. Dieser Trend hat sich seitdem weiter verstärkt.

Im September 2016 schlug die Europäische Kommission als Teil der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt vor, das EU-Urheberrecht zu modernisieren, damit die europäische Kultur floriert und Verbreitung findet.
Die EU-Urheberrechtsreform gehört zu den Prioritäten des Europäischen Parlaments, des Rates der EU und der Europäischen Kommission, die sich verpflichtet haben, sie bis zur Europawahl zu verabschieden. Sie sorgt für eine Modernisierung des EU-Urheberrechts aus dem Jahr 2001, also aus grauer Vorzeit nach den Maßstäben des digitalen Zeitalters. Damals gab es weder soziale Medien noch VoD, die Museen digitalisierten ihre Kunstsammlungen noch nicht und kein Lehrer bot Online-Kurse im Netz an.

Die heute erzielte Einigung ist Teil einer umfassenderen Initiative zur Anpassung des EU-Urheberrechts an das digitale Zeitalter. Im Dezember 2018 einigten sich die gesetzgebenden Organe der EU auf neue Vorschriften, damit die europäischen Fernsehsender bestimmte Sendungen leichter über Livestreams oder Nachholfernsehen online zugänglich machen können. Europäerinnen und Europäer, die in ihrem Heimatmitgliedstaat Filme, Sportübertragungen, Musik, e-Bücher oder Spiele abonniert haben, können seit dem 1. April 2018 auch auf Reisen oder bei vorübergehenden Aufenthalten in anderen EU-Ländern auf diese Inhalte zugreifen.


Volltext BGH-Entscheidung zur Unzulässigkeit der pauschalen Ausschüttung des Verlegeranteils durch die VG Wort an Verlage liegt vor

BGH
Urteil vom 21.04.2016
I ZR 198/13
Verlegeranteil
UrhWG § 7 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Keine pauschale Beteiligung der Verlage an Einnahmen der VG Wort über die Entscheidung berichteh.

Leitsatz des BGH:

Eine Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus ihrer Tätigkeit nach dem wesentlichen Grundgedanken des § 7 Satz 1 UrhWG ausschließlich an die Berechtigten zu verteilen, und zwar in dem Verhältnis, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit ist es unvereinbar, wenn Verlegern nach der Satzung der Verwertungsgesellschaft Wort ein ihrer verlegerischen Leistung entsprechender Anteil am Ertrag zusteht und Verlage nach dem Verteilungsplan dieser Verwertungsgesellschaft einen pauschalen Anteil der Verteilungssumme unabhängig davon erhalten, ob und inwieweit die Einnahmen der Verwertungsgesellschaft auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen.

BGH, Urteil vom 21. April 2016 - I ZR 198/13 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Bundeskartellamt - Fallbericht: Kein Missbrauchsverfahren gegen Google nach § 32c GWB im Streit mit diversen Presseverlagen und VG Media wegen Leistungsschutzrecht des Presseverlegers

Das Bundeskartellamt hat einen Fallbericht in der rechtlichen Auseinandersetzung zwischen Google und diversen Presseverlagen bzw. der VG Media wegen des Leistungsschutzrechts des Presseverlegers veröffentlicht. Das Bundeskartellamt hat entschieden, dass kein Missbrauch durch den Suchmaschinenbetreibers Google vorliegt und die Eröffnung eines Verfahrens nach § 32c GWB abgelehnt.

Den Fallbericht des Bundeskartellamtes finden Sie hier:

Den Beschluss des Bundeskartellamtes: BKartA; Beschluss vom 08.09.2015 - B6-126-14

BGH: Keine pauschale Beteiligung der Verlage an Einnahmen der VG Wort

BGH
Urteil vom 21.04.2016
I ZR 198/13
Verlegeranteil


Der BGH hat entschieden, dass Verlagen keine pauschale Beteiligung an den Einnahmen der VG Wort zusteht.

Die Pressemitteilung des BGH:

Keine pauschale Beteiligung von Verlagen an den Einnahmen der VG Wort

Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die VG Wort nicht berechtigt ist, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuzahlen.

Die Beklagte ist die im Jahr 1958 gegründete Verwertungsgesellschaft Wort. Sie ist ein rechtsfähiger Verein kraft staatlicher Verleihung, in dem sich Wortautoren und deren Verleger zur gemeinsamen Verwertung von Urheberrechten zusammengeschlossen haben. Sie nimmt als einzige Verwertungsgesellschaft in Deutschland die ihr vertraglich anvertrauten urheberrechtlichen Befugnisse von Wortautoren und deren Verlegern wahr.

Der Kläger ist Autor wissenschaftlicher Werke. Er hat mit der Beklagten im Jahr 1984 einen Wahrnehmungsvertrag geschlossen. Darin hat er ihr unter anderem die gesetzlichen Vergütungsansprüche für das aufgrund bestimmter Schrankenbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes zulässige Vervielfältigen seiner Werke zum privaten Gebrauch zur Wahrnehmung übertragen.

Mit seiner Klage wendet der Kläger sich dagegen, dass die Beklagte die Verleger und bestimmte Urheberorganisationen entsprechend den Bestimmungen ihres Verteilungsplans an ihren Einnahmen beteiligt und dadurch seinen Anteil an diesen Einnahmen schmälert.

Das Oberlandesgericht hat der Klage weitgehend stattgegeben. Gegen diese Entscheidung hat die Beklagte Revision eingelegt, mit der sie die vollständige Abweisung der Klage erstrebt. Der Kläger hat Anschlussrevision eingelegt, mit der er erreichen möchte, dass seiner Klage in vollem Umfang stattgegeben wird. Der Bundesgerichtshof hat die Rechtsmittel beider Parteien zurückgewiesen.

Die Beklagte ist - so der Bundesgerichtshof - nicht berechtigt, einen pauschalen Betrag in Höhe von grundsätzlich der Hälfte ihrer Einnahmen an Verlage auszuschütten. Eine Verwertungsgesellschaft hat die Einnahmen aus der Wahrnehmung der ihr anvertrauten Rechte und Ansprüche ausschließlich an die Inhaber dieser Rechte und Ansprüche auszukehren; dabei muss sie diese Einnahmen in dem Verhältnis an die Berechtigten verteilen, in dem diese Einnahmen auf einer Verwertung der Rechte und Geltendmachung von Ansprüchen der jeweiligen Berechtigten beruhen. Damit ist es nicht zu vereinbaren, dass die Beklagte den Verlegern einen pauschalen Anteil ihrer Einnahmen auszahlt, ohne darauf abzustellen, ob und inwieweit diese Einnahmen auf der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche beruhen. Allein der Umstand, dass die verlegerische Leistung es der Beklagten erst ermöglicht, Einnahmen aus der Verwertung der verlegten Werke der Autoren zu erzielen, rechtfertigt es nicht, einen Teil dieser Einnahmen den Verlegern auszuzahlen. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte mit der Wahrnehmung der ihr von Verlegern eingeräumten Rechte oder übertragenen Ansprüche tatsächlich Einnahmen in einem Umfang erzielt, der es rechtfertigt, regelmäßig die Hälfte der Verteilungssumme an die Verleger auszuschütten. Den Verlegern stehen nach dem Urheberrechtsgesetz keine eigenen Rechte oder Ansprüche zu, die von der Beklagten wahrgenommen werden könnten. Verleger sind - von den im Streitfall nicht in Rede stehenden Presseverlegern abgesehen - nicht Inhaber eines Leistungsschutzrechts. Die gesetzlichen Vergütungsansprüche für die Nutzung verlegter Werke stehen kraft Gesetzes originär den Urhebern zu. Die Beklagte nimmt auch keine den Verlegern von den Urhebern eingeräumten Rechte oder abgetretenen Ansprüche in einem Umfang wahr, der eine Beteiligung der Verleger an der Hälfte der Einnahmen der Beklagten begründen könnte. Das Verlagsrecht räumen die Verleger der Beklagten nicht zur Wahrnehmung ein. Gesetzliche Vergütungsansprüche haben die Urheber den Verlegern jedenfalls nicht in einem Umfang wirksam abgetreten, der es rechtfertigen könnte, die Hälfte der Einnahmen an die Verlage auszuschütten.

Dagegen durfte die Beklagte - so der Bundesgerichtshof weiter - bestimmte Urheberorganisationen an ihren Einnahmen beteiligen, soweit die Autoren diesen Organisationen ihre bereits entstandenen gesetzlichen Vergütungsansprüche abgetreten hatten.

Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 24. Mai 2012 - 7 O 28640/11

OLG München - Urteil vom 17. Oktober 2013 - 6 U 2492/12


LG Berlin weist Klage zahlreicher Verlage gegen den Suchmaschinenbetreiber Google wegen der Verletzung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger durch Suchmaschinen-Snippets ab

LG Berlin
Urteil vom 19.02.2016
92 O 5/14 kart


Das LG Berlin hat die Klage zahlreicher Verlage gegen den Suchmaschinenbetreiber Google wegen der Verletzung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger durch Suchmaschinen-Snippets abgewiesen.


Die Pressemitteilung des LG Berlin:


Landgericht Berlin: Urteil im Kartellrechtsstreit von Presseverlagen gegen Google

Die Kammer für Handelssachen 92 des Landgerichts Berlin hat heute die Klage von 41 Presseverlagen gegen den Online-Suchmaschinenbetreiber Google Inc. abgewiesen. Ziel der Klage war es, Google daran zu hindern, Textanrisse (sog. snippets) und Vorschaubilder der Webseiten der Klägerinnen bei Suchergebnissen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu zeigen.

Hintergrund des Rechtsstreits ist das seit August 2013 geltende Leistungsschutzrecht, das Verlagen das Recht einräumt, eine Nutzung ihrer Presseerzeugnisse ohne Zahlung eines entsprechenden Leistungsentgelts zu verbieten. Es ist nicht auszuschließen, dass die Anzeige der vorgenannten snippets bei Ergebnissen einer Online-Suche nach dem neuen Gesetz auf Verlangen der Presseverlage entgeltpflichtig sein könnte. Google schrieb daraufhin verschiedene Verlage, darunter auch die 41 Klägerinnen, an und bat darum, schriftlich in die kostenlose Nutzung dieser snippets einzuwilligen. Anderenfalls komme in Betracht, dass zukünftig Suchergebnisse, die Presserzeugnisse der Klägerinnen beträfen, nur noch ohne Text- und Bildwiedergabe, also lediglich mit dem Link und dem Pfad, angezeigt würden.

Der Versuch der Klägerinnen, mit ihrer Klage Google an diesem Verhalten zu hindern, blieb in erster Instanz vor dem Landgericht Berlin erfolglos. Die Kammer führte in der heutigen mündlichen Verhandlung aus, dass ein solcher kartellrechtlicher Anspruch nicht bestehe. Bei den Suchmaschinenbietern dürfte es sich zwar um einen Markt im kartellrechtlichen Sinn handeln. Auch wenn nach bisherigem Verständnis der Rechtsprechung ein Markt nur dann angenommen werde, wenn Kosten aufzuwenden seien und hier kostenlose Dienste in Anspruch genommen würden, müsse das Modell im weitesten Sinne betrachtet werden. Indem die Nutzer für die Leistungen ihre Daten preisgeben würden, könnte es gerechtfertigt sein, von einem Markt auszugehen.

Bei Google dürfte es sich auch unzweifelhaft um ein marktbeherrschendes Unternehmen handeln. Jedoch liege eine diskriminierende Ungleichbehandlung nicht vor, auch wenn Google nicht allen Verlagen angekündigt habe, die snippets und Vorschaubilder zu deren Webseiten bei Suchergebnissen nicht mehr dazustellen. Ebenso wenig sei ein Preishöhenmissbrauch festzustellen.

Durch das Modell der Suchmaschine entstehe eine sog. „win-win-Situation“, da jeder davon profitiere: Google durch die generierten Werbeeinnahmen, die Nutzer durch die Hilfe bei der Suche nach bestimmten Informationen und die Presseverlage durch die ihrerseits erhöhten Werbeeinnahmen, wenn die Verlagsseiten aufgerufen würden. Dieses Konzept würde aus dem Gleichgewicht gebracht, wenn Google für das Recht zur Wiedergabe von snippets und Vorschaubildern in den Suchergebnissen, die auf Internetseiten der Verlage hinweisen, ein Entgelt zu entrichten hätte. Das Begehren von Google, entweder auf der weiterhin kostenlosen Nutzung zu bestehen oder aber auf die Wiedergabe von snippets und Vorschaubildern bei den Verlagsseiten der Klägerinnen zu verzichten, ist nach Ansicht der Kammer deshalb nicht missbräuchlich.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Dagegen ist Berufung zum Kammergericht möglich. Die Frist zur Einlegung der Berufung beträgt einen Monat ab Zustellung der Urteilsgründe.

Landgericht Berlin, Urteil vom 19. Februar 2016 - Aktenzeichen 92 O 5/14 kart



Volltext BGH-Entscheidung zur kartellrechtlichen Zulässigkeit des zentralen Mandats der Vereinigung der Presse-Grossisten liegt vor

BGH
Urteil vom 06.10.2015
KZR 17/14
Zentrales Verhandlungsmandat
GWB § 30 Abs. 2a; AEUV Art. 106 Abs. 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag "BGH: Zentrales Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen verstößt nicht gegen Kartellrecht" über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) § 30 Abs. 2a GWB ist mit Art. 106 Abs. 2 AEUV vereinbar.

b) Der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften ist eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse im Sinne des Unionsrechts.

c) Der Gesetzgeber hat die Presseverlage und Presse-Grossisten sowie ihre Vereinigungen damit betraut, den flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel sicherzustellen und damit unabhängig von den Kosten jede Zeitungs- und
Zeitschriftenverkaufsstelle zu beliefern, die darum nachsucht.

BGH, Urteil vom 6. Oktober 2015 - KZR 17/14 - OLG Düsseldorf - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zentrales Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen verstößt nicht gegen Kartellrecht

BGH
Urteil vom 06.10.2015
KZR 17/14


Der BGH hat entschieden, dass das zentrale Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen nicht gegen Kartellrecht verstößt.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Bundesgerichtshof bestätigt Zentralverhandlungsmandat des Presse-Grosso

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass das zentrale Mandat der Vereinigung der Presse-Grossisten für Verhandlungen mit den Verlagen über die Grosso-Konditionen nicht gegen Kartellrecht verstößt.

Die Klägerin ist die Vertriebsgesellschaft der Bauer Media Group, einem der größten deutschen Verlagshäuser. Der Beklagte ist ein Branchenverband, dem alle verlagsunabhängigen Presse-Grossisten angehören. In Deutschland werden nahezu alle Zeitungen und Zeitschriften, die über den stationären Einzelhandel mit Ausnahme der Bahnhofsbuchhandlungen verkauft werden, im Großhandel von verlagsunabhängigen Grossisten oder Grossisten mit unterschiedlicher Verlagsbeteiligung vertrieben. Grundsätzlich versorgt jeweils nur ein Grossist ein bestimmtes Gebiet mit den Publikationen sämtlicher Verlage. Lediglich in vier Gebieten besteht ein sog. Doppelgrosso. Die Grossisten kaufen die Zeitungen und Zeitschriften von den Verlagen und verkaufen sie zu gebundenen Preisen an die Einzelhändler in ihrem Gebiet. Die Vergütung der Grossisten richtet sich nach den Handelsspannen, die zwischen ihnen und den Verlagen jeweils für mehrere Jahre vereinbart werden. Für die verlagsunabhängigen und regelmäßig auch für die verlagsverbundenen Grossisten werden diese Verhandlungen zentral vom Beklagten geführt. Infolgedessen galten bisher zwischen den Verlagen und den Grossisten einheitliche Preise und Konditionen. Die Klägerin möchte nunmehr die Vertragskonditionen individuell mit den einzelnen Grossisten aushandeln, wozu diese jedoch nicht bereit sind. Die Klägerin will dem Beklagten deshalb verbieten lassen, für Presse-Grossisten in Deutschland einheitliche Grosso-Konditionen mit den Verlagen zu verhandeln, zu vereinbaren oder Presse-Grossisten aufzufordern, individuelle Verhandlungen mit der Klägerin über Grosso-Konditionen zu verweigern.

Die Vorinstanzen haben das zentrale Verhandlungsmandat als unzulässige Kartellabsprache angesehen und der Klage, gestützt auf das unionsrechtliche Kartellverbot (Art. 101 Abs. 1 AEUV), stattgegeben.

Der Bundesgerichtshof hat die Klage abgewiesen. Ansprüche der Klägerin scheiden jedenfalls deshalb aus, weil Art. 101 Abs. 1 AEUV auf das zentrale Verhandlungsmandat des Beklagten nach Art. 106 Abs. 2 AEUV i.V.m. § 30 Abs. 2a GWB nicht anwendbar ist.

Nach Art. 106 Abs. 2 AEUV ist eine Anwendung des EU-Kartellrechts ausgeschlossen, wenn Unternehmen mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind und die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der diesen Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindern würde. Die dem Beklagten angehörenden Presse-Grossisten werden durch § 30 Abs. 2a GWB mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, nämlich dem flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften betraut. Dass die Presse-Grossisten lediglich betraut werden, "soweit" sie eine der in § 30 Abs. 2a GWB genannten Branchenvereinbarungen abschließen, steht der Wirksamkeit des Betrauungsaktes nicht entgegen. Damit wird keine Bedingung formuliert, deren Eintritt ungewiss ist. Vielmehr ist der Gesetzgeber bewusst von den bestehenden Marktverhältnissen ausgegangen, die durch die seit Jahrzehnten bestehenden Branchenvereinbarungen geprägt sind. Diese gewährleisten einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Pressevertrieb.

Die Anwendung der Wettbewerbsregeln der Union auf das zentrale Verhandlungsmandat des Beklagten würde die Erfüllung der den Presse-Grossisten übertragenen Aufgaben im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV verhindern. Dafür reicht es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU aus, wenn die Geltung der Wettbewerbsvorschriften die Erfüllung dieser Aufgaben gefährdet. Für diese Beurteilung ist eine komplexe Prognose dazu erforderlich, wie sich die Marktverhältnisse bei Anwendung der Wettbewerbsregeln entwickeln würden. Gibt es – wie hier – keine Gemeinschaftsregelung und bestehen große Prognoseunsicherheiten, steht dem nationalen Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Entsprechend ist der gerichtliche Prüfungsumfang beschränkt.

Danach ist die Einschätzung des Gesetzgebers, der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungen und Zeitschriften werde bei Anwendung der Wettbewerbsregeln auf das zentrale Verhandlungsmandat gefährdet, unionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das zentrale Verhandlungsmandat ist, wie die Vergangenheit zeigt, geeignet, einen flächendeckenden und diskriminierungsfreien Pressevertrieb zu gewährleisten. Die Prognose des Gesetzgebers, dass es auch in Zukunft erforderlich ist, um diese Ziele zu sichern, ist plausibel. Es liegt nicht fern, dass bei einem Wegfall des zentralen Verhandlungsmandats große Verlage und Verlage mit auflagenstarken Titeln aufgrund ihrer Marktstärke sowie der großen Auflagen, deren Vertrieb sie nachfragen, bessere Preise und Konditionen durchsetzen können, so dass die Vertriebskosten für kleinere Verlage steigen werden. Es ist weiter plausibel, dass nach einem Aufbrechen der Gebietsmonopole mittels individueller Verhandlungen insgesamt höhere Vertriebskosten für den Pressevertrieb anfallen werden. In der Folge könnten sich für kleinere Verlage und unrentable Verkaufspunkte, vor allem in ländlichen Gebieten, schlechtere Vertriebskonditionen ergeben, so dass der Vertrieb von Nischenprodukten oder die Belieferung unrentabler Verkaufspunkte längerfristig gefährdet wird. Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der verfassungsrechtlichen Bedeutung einer pluralistischen und möglichst umfassend vertriebenen Presse ist die der Ausnahmevorschrift des § 30 Abs. 2a GWB zugrunde liegende Beurteilung des Gesetzgebers daher nicht zu beanstanden.

LG Köln – Urteil vom 14. Februar 2012 – 88 O (Kart) 17/11

OLG Düsseldorf - Urteil vom 26. Februar 2014 – VI-U (Kart) 7/12

Karlsruhe, den 6. Oktober 2015

Art. 101 AEUV Kartellverbot

(1)Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

(a)die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

(b)…

(…)

Art. 106 AEUV Öffentliche Unternehmen; Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse

(…)

(2)Für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, gelten die Vorschriften der Verträge, insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Die Entwicklung des Handelsverkehrs darf nicht in einem Ausmaß beeinträchtigt werden, das dem Interesse der Union zuwiderläuft.

(…)

§ 30 GWB Preisbindung bei Zeitungen und Zeitschriften

(…)

(2a)§ 1 gilt nicht für Branchenvereinbarungen zwischen Vereinigungen von Unternehmen, die nach Absatz 1 Preise für Zeitungen oder Zeitschriften binden (Presseverlage), einerseits und Vereinigungen von deren Abnehmern, die im Preis gebundene Zeitungen und Zeitschriften mit Remissionsrecht beziehen und mit Remissionsrecht an Letztveräußerer verkaufen (Presse-Grossisten), andererseits für die von diesen Vereinigungen jeweils vertretenen Unternehmen, soweit in diesen Branchenvereinbarungen der flächendeckende und diskriminierungsfreie Vertrieb von Zeitungs- und Zeitschriftensortimenten durch die Presse-Grossisten, insbesondere dessen Voraussetzungen und dessen Vergütungen sowie die dadurch abgegoltenen Leistungen geregelt sind. Insoweit sind die in Satz 1 genannten Vereinigungen und die von ihnen jeweils vertretenen Presseverlage und Presse-Grossisten zur Sicherstellung eines flächendeckenden und diskriminierungsfreien Vertriebs von Zeitungen und Zeitschriften im stationären Einzelhandel im Sinne von Artikel 106 Absatz 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse betraut. … /em>


Schiedsstelle beim DPMA: Lizenzgebühren "Tarif Presseverleger" der VG Media für Nutzung des Leistungsschutzrechts durch Google, Suchmaschinenanbieter und Aggregatoren zu hoch

Die Schiedsstelle nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten beim Deutschen Patent- und Markenamt hat entschieden, dass die Lizenzgebühren gemäß dem "Tarif Presseverleger" der VG Media für Nutzung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger durch Google, Suchmaschinenanbieter und News-Aggregatoren unangemessen hoch sind.

Die Pressemitteilung der Schiedsstelle:

"Schiedsstelle nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten entscheidet über "Tarif Presseverleger"

Die Schiedsstelle nach dem Gesetz über die Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten beim Deutschen Patent- und Markenamt hat mit drei Einigungsvorschlägen vom 24. September 2015 über die Anträge der Verwertungsgesellschaft VG Media im Streit um die Anwendbarkeit und Angemessenheit ihres im Jahr 2014 veröffentlichten "Tarif Presseverleger" entschieden. Nicht-öffentliche Verhandlungen hatten im März und April diesen Jahres stattgefunden.

Die VG Media hat in ihrem Tarif unter anderem die Höhe von Lizenzgebühren für die Nutzung des Leistungsschutzrechts für Presseverleger durch Suchmaschinenanbieter und sogenannte News Aggregatoren festgelegt. In ihrer Entscheidung nimmt die Schiedsstelle erstmals zu den zahlreichen europa-, verfassungsrechtlichen und inhaltlichen Fragen im Zusammenhang mit dem 2013 geschaffenen Presseleistungsschutzrecht Stellung.

Den Tarif der VG Media hält sie unter einschränkender Auslegung für anwendbar. Demnach ist es unter anderem unumgänglich, für den gesetzlichen Ausnahmetatbestand der "einzelnen Wörter" und "kleinsten Textausschnitte" eine konkrete Wortzahlgrenze anzugeben. Die Schiedsstelle schlägt eine feste Obergrenze von sieben Wörtern unter Ausschluss der Suchbegriffe vor.

Die von der VG Media zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage der tariflich definierten Umsätze der Suchmaschinenanbieter und News Aggregatoren ist nach der Auffassung der Schiedsstelle zu weit gefasst; da außerdem angesichts der nachgewiesenen Aktivlegitimation die aktuelle Tarifhöhe von 6% (aktuell 6,1084%) zu hoch ist, ist der Tarif in seiner gegenwärtigen Form nicht angemessen.

Die Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz (UrhWG) ist beim Deutschen Patent- Markenamt (DPMA) angesiedelt und vermittelt bei Streitigkeiten zwischen Verwertungsgesellschaften und Nutzern urheberrechtlich geschützter Werke. Sie schlichtet vor allem in Fällen, in denen Verwertungsgesellschaften und Nutzer über die Höhe von Vergütungen streiten. Die von ihr erlassenen Einigungsvorschläge werden verbindlich, wenn die Beteiligten diesen nicht widersprechen."