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OLG Brandenburg: 15.000 EURO Streitwert für Verfahren eines Abmahnvereins gegen eBay-Händler wegen diverser Wettbewerbsverstöße angemessen

OLG Brandenburg
Beschluss vom 24.04.2023
6 W 28/23


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass ein Streitwert von 15.000 EURO für das Verfahren eines Abmahnvereins gegen einen eBay-Händler wegen diverser Wettbewerbsverstöße angemessen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die gegen die landgerichtliche Festsetzung des Gebührenstreitwerts mit dem Ziel der Heraufsetzung des festgesetzten Wertes eingelegte Beschwerde ist als aus eigenem Recht der Prozessbevollmächtigten der Klägerin erhobenes Rechtsmittel gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG i.V.m. §§ 68 Abs. 1, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200 €, § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG. Die Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet, der Gebührenstreitwert ist auf 15.000 € festzusetzen.

Der Gebührenstreitwert eines Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, in welchem ein Unterlassungsanspruch verfolgt wird, ist gemäß § 51 Abs. 2, 4 GKG nach dem Ermessen des Gerichts ausgehend von der sich aus dem Antrag des Antragstellers/Verfügungsklägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen, wobei dieser Wert unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen ist.

Wesentlicher Anknüpfungspunkt für die Ermessensausübung ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers/Antragstellers an der Anspruchsverwirklichung, welches objektiv, nicht nach seinen subjektiven Vorstellungen zu bestimmen ist (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 41. Aufl., § 12 Rn 4.3b, 4.3b). Streitwertangaben der Parteien zu Beginn des Verfahrens haben indizielle Bedeutung (vgl. Köhler/Feddersen a.a.O. Rn 4.3a). Ist die Bedeutung der Sache für den Beklagten/Antragsgegner erheblich geringer zu bewerten, ist gemäß § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG der nach der Bedeutung der Sache für den Kläger/Antragsteller ermittelte Wert angemessen zu mindern. Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts hinsichtlich des Beseitigungs- oder Unterlassungsanspruchs keine genügenden Anhaltspunkte, ist insoweit ein Streitwert von 1.000 € anzunehmen. Unter Ansatz dieses Maßstabs ist im Streitfall der Gebührenstreitwert auf 15.000 € festzusetzen.

Der Kläger ist ein in der gemäß § 8b UWG bei dem Bundesamt für Justiz geführten Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragener Verband. Er hat den Beklagten auf Unterlassung wegen verschiedener vermeintlicher Verstöße gegen Informationspflichten im Onlinehandel mit Briefmarken, wegen vermeintlichen Verstoßes gegen das Verpackungsgesetz, wegen vermeintlichen Inverkehrbringens falscher oder verfälschter Briefmarken ohne Hinweis auf die Fälschung oder Verfälschung sowie wegen Verwendung vermeintlich unwirksamer Geschäftsbedingungen in Anspruch genommen. Der Beklagte hat u.a. geltend gemacht, er handele bei dem in Rede stehenden Verkauf von Briefmarken auf der Handelsplattform eBay als Verbraucher und nicht - wie vom Kläger behauptet - im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit. Er habe im Laufe mehrerer Jahrzehnte mehr als 700.000 Briefmarken privat erworben und minimiere durch die ca. 650 bis 700 aktuell auf eBay angebotenen Verkäufe seine Privatsammlung. Unter diesen Gegebenheiten ist das Verbandsinteresse des Klägers an der Unterbindung künftiger Verstöße so zu bewerten, wie das eines gewichtigen Mitbewerbers im Handel von Briefmarken zu Sammlungszwecken (vgl. Köhler/Feddersen a.a.O. Rn 4.8). Die Bedeutung der Sache für den Beklagten richtet sich im Wesentlichen danach, in dem von ihm für sich in Anspruch genommenen privaten Rahmen Briefmarkenverkäufe weiter durchzuführen, ohne den vom Kläger geltend gemachten Pflichten eines Gewerbetreibenden unterworfen zu werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass der Beklagte jedenfalls über einen Bestand an potentiell zu verkaufenden Briefmarken in einem einem kleineren Händler vergleichbaren Umfang verfügt.

Aufgrund dieser Gegebenheiten und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Kläger vorliegend eine Vielzahl unterschiedlicher Verstöße verfolgt hat, hält der Senat mit Blick auf die geringere Bedeutung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegenüber der Hauptsache eine Wertfestsetzung in Höhe von 15.000 € für sachgerecht. Das steht im Einklang mit der Festsetzungspraxis des Senats, in Streitigkeiten wegen Verletzung von Informationspflichten im Onlinehandel betreffend kleine Unternehmen bei dem Vertrieb von Wirtschaftsgütern von nicht beträchtlichem Wert den Streitwert in der Regel auf bis zu 6.000 € im Verfügungsverfahren und auf bis zu 9.000 € im Hauptsacheverfahren festzusetzen, wobei eine Mehrzahl geltend gemachter Verstöße mit einer maßvollen Erhöhung berücksichtigt wird.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bonn: Angabe der Geschäftsbezeichnung genügt nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG - Aufrechnungsverbot in AGB bzgl. nicht rechtskräftiger bzw. nicht anerkannter Forderungen wettbewerbswidrig

LG Bonn
Urteil vom 29.07.2020
1 O 417/19


Das LG Bonn hat entschieden, dass die Angabe der Geschäftsbezeichnung nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG zur genügt Zudem hat das Gerichts entschieden, dass ein Aufrechnungsverbot in AGB bzgl. nicht rechtskräftiger bzw. nicht anerkannter Forderungen wettbewerbswidrig ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Es lag ein Wettbewerbsverstoß durch Verwendung einer unzulässigen Allgemeinen Geschäftsbedingung vor gem. § 3 UWG i.V.m. § 307 BGB.

Denn die vom Beklagten zeitweise verwendete Klausel „Ein Recht zur Aufrechnung steht dem Kunden nur zu, wenn seine Gegenansprüche rechtskräftig festgestellt, unstreitig oder von X anerkannt sind.“ hält einer Prüfung im Lichte von § 307 BGB nicht stand.

Denn diese Klausel stellt eine Benachteiligung des Vertragspartners i.S.v. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB dar.

Bei dieser Beurteilung orientiert sich die Kammer an der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Die Klausel, über die der BGH zu entscheiden hatte (vgl. NJW 2011, 1729) ist quasi wortgleich mit der hier verwendeten. In der genannten Entscheidung betraf der Vertrag einen Anspruch auf Architektenhonorar. Dabei hat sich der BGH in der Begründung auch explizit auf die synallagmatische Verknüpfung von Werklohnforderung und mangelfreier Leistungserbringung bezogen. In der rechtswissenschaftlichen Literatur wird ein Aufrechnungsverbot darüber hinaus auch dann abgelehnt, wenn es konnexe Forderungen betrifft, insbesondere etwa Schadensersatzansprüche nach § 281 BGB (Palandt/Grüneberg, BGB, § 309 Rn. 20, weitere Nachweise bei BeckOK BGB/Becker, 53. Ed. 1.2.2020 Rn. 15a, BGB § 309 Nr. 3 Rn. 15a, der sich dieser Ansicht aber nicht anschließt).

So liegt der Fall hier. Denn bei einem Aufrechnungsverbot besteht eine Vergütungspflicht für Leistungen, obwohl Gegenansprüche aus gleichem Rechtsverhältnis bestehen. Dies kann bei Kaufverträgen ebenso auftreten wie bei Werkverträgen, wenn es um Minderungsbeträge oder Schadensersatzansprüche geht. Dass es zu Fällen von Nachbesserungsansprüchen nicht kommt oder wegen § 439 Abs. 4 BGB nicht kommen kann, wie der Beklagte meint, reicht daher allein nicht aus, da auch andere Ansprüche von Kunden denkbar sind. Dies gilt insbesondere für Schadensersatzansprüche. In diesen Fällen erhalten Kunden – gerade wenn es um Schäden an anderen Rechtsgütern oder Nebenpflichten aus dem Vertrag geht – nicht einfach ein Produkt als Ersatz und gelten in ihren Primärinteressen aus dem Kaufvertrag als befriedigt. Sie haben vielmehr monetäre Ansprüche, die Gegenstand einer Aufrechnung sein könnten.

Eine Wiederholungsgefahr ergibt sich aus dem Verstoß selbst. Dass dieser möglicherweise ohne Vorsatz erfolgte, ist für einen Unterlassungsanspruch nach § 8 UWG nicht entscheidend. Das erledigende Ereignis selbst hat keinen Einfluss auf die Frage der Wiederholungsgefahr, da die Begründetheit des Anspruches vor der Erledigung entscheidend für die Beurteilung ist.

3. Der Antrag zu 2) ist hingegen unbegründet.

Ein Anspruch nach § 3a UWG besteht nicht. Das VerpackG stellt dabei eine Marktverhaltensregel dar, da es Regelungen für Unternehmer bezüglich Pflichten aus dem Bereich Verpackung und Entsorgung aufstellt.

Ein Verstoß gegen § 9 Abs. 2 Nr. 1 VerpackG liegt nicht vor. Dieser ordnet an, dass ein Hersteller bei der Registrierung unter anderem den „Namen“ anzugeben hat.

Der Beklagte hat durch Angabe des Namens „X“ bei der Registrierung seine Pflichten aus dem VerpackG erfüllt.

Das VerpackG selbst definiert nicht näher, was mit dem Begriff Name gemeint ist oder welche Angaben an dieser Stelle zu machen sind. Auch § 12 BGB setzt ein Namensrecht (der natürlichen Person) voraus, ohne den Begriff zu definieren. Die Gesetzesbegründung zum VerpackG (BR-Drs. 797/16) enthält ebenfalls keine nähere Erläuterung, was mit dem Begriff Name gemeint sein kann.

Daher ist der Begriff im Rahmen des VerpackG auszulegen. Dabei ist insbesondere auf die Verwendung im konkreten Kontext durch relevante Verkehrskreis abzustellen. Die Mail der Zentralen Stelle Verpackungsregister an den Beklagten zeigt, dass dort die Bestimmung so ausgelegt wird, dass die Firmierung oder Geschäftsbezeichnung anzugeben ist. Dies ist die Firma laut Handelsregister, im Übrigen „die Geschäftsbezeichnung, unter der sie ihr Gewerbe betreiben“, also der Name des Kaufmanns, auch eine Etablissementsbezeichnung, wenn unter dieser Verpackungen in Verkehr gebracht werden. Die Angabe des vollen Namens des Gewerbetreibenden sei dagegen nicht zwingend (vgl. Anlage B5).

Für eine solche Auslegung spricht auch das in den letzten Jahren und Jahrzehnten liberaler gewordene Firmenrecht, nach dem auch Einzelkaufleute oder Kleingewerbetreibende einen Phantasienamen nutzen können und nicht auf den bürgerlichen Namen angewiesen sind. Wenn sie dann unter diesem Namen Bekanntheit erlangen, müssen sie den Namen auch im behördlichen Verkehr verwenden können.

Hiergegen spricht nicht eine größere Rechtssicherheit bei Angabe des bürgerlichen Namens des Inhabers, da eine hier vorliegende Geschäftsbezeichnung – anders als die Firma im Handelsregister – stets geändert werden kann und für den Rechtsverkehr eine möglichst große Sicherheit bestehen soll, wenn eine Überprüfung erfolgen soll.

Denn dies ist nach der Zielsetzung der konkreten Regelung und des Verpackungsgesetzes nicht geboten. Das Verpackungsgesetz enthält Vorschriften, die dem Abfallrecht angehören. Es konkretisiert die Produktverantwortung iS. des § 23 KrWG und dient in erster Linie der Abfallvermeidung. Seine wesentlichen Elemente sind die Pfand- und Rücknahmepflichten, mit denen die massenhaft anfallenden Verpackungsabfälle möglichst vermieden oder wenigstens gesondert erfasst und verwertet werden sollen sowie die Systembeteiligungspflicht (Erbs/Kohlhaas, VerpackG vor § 1 Rn. 1). Ziel der Registrierung ist, dass die Zentrale Stelle eine bessere Überwachungsgrundlage erhalten und durch die Veröffentlichung der wesentlichen Registrierungsdaten im Internet zugleich eine effektive Selbstkontrolle des Marktes ermöglicht werden soll (BR-Drs. a.a.o. S. 82).

Unter dieser Zielsetzung ist eine möglichst genau Angabe des Namens wichtig für Haftungsfragen, andererseits aber auch eine leichte Auffindbarkeit durch den Nutzer der Abfrage. Gerade bei einer Suche durch einen Shopnutzer wird dem (potentiellen) Käufer, der sich informieren will, der Shopname geläufiger sein, da dieser prominent genannt wird, der Name des Kaufmanns/Inhabers sich i.d.R. aber erst im Impressum einer Seite findet, die ein durchschnittlicher Nutzer nicht gezielt zur Kenntnis nehmen wird. Zwar ist es für eine Klage nötig, dass der Name des Inhabers oder Kaufmannes bekannt ist, jedoch zeigen die vorgelegten Unterlagen über eine Suchabfrage (Anlage K6d), dass bei einem Treffer auch unter einem Shopnamen weitere Daten genannt werden, die eine erleichterte Identifizierung durch Adresse etc. ermöglich. Damit ist auch dem Zweck einer Haftung durch leichte Auffindbarkeit einer ladungsfähigen Adresse Genüge getan, selbst wenn ein Nutzer nur den Shopnamen kennt.

Zuletzt war auch die Bezeichnung „X“ anstelle von „www.X.de“ zulässig. Mittlerweile ist es gängige Praxis, bei Webadressen nicht mehr den Zusatz“ www“ anzugehen, wie es zu Beginn der Internetnutzung üblich war. Denn dieser muss auch in einem Browser nicht mehr eingegeben werden, um zu einer Seite zu navigieren. Auch das Kürzel „.de“ ist nicht so charakteristisch für den Shopnamen, da allein durch die Verwendung des deutschen Wortes Bambus (englisch müsste es bamboo lauten) deutlich wird, dass es sich um eine Homepage aus dem deutschsprachigen Raum handelt.


Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:

OLG Köln: Fehlender Hinweis "EINWEG" auf Einweggetränkeverpackungen nach § 32 Verpackungsgesetz ist ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß

OLG Köln
Hinweisbeschluss vom 09.04.2020
6 U 292/19


Das OLG Köln hat in einem Hinweisbeschluss darauf hingewisen, dass ein fehlender Hinweis "EINWEG" auf Einweggetränkeverpackungen nach § 32 Verpackungsgesetz ein abmahnbarer Wettbewerbsverstoß ist. Bei der Vorschrift handelt es sich um eine Marktverhaltensregel im Sinne von § 3a UWG.

Internet World Business-Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - Was jetzt Recht wird - Auf diese gesetzlichen Änderungen müssen sich Online-Händler 2019 einstellen

In Ausgabe 25-26/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel " Was jetzt Recht wird - Auf diese gesetzlichen Änderungen müssen sich Online-Händler 2019 einstellen".

Internet World Business-Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - Verpackung mit Lizenz - Das neue Verpackungsgesetz bringt eine neue Lizenzierungspflicht

In Ausgabe 19/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel Verpackung mit Lizenz - Das neue Verpackungsgesetz bringt eine neue Lizenzierungspflicht für Online-Shop-Betreiber".