Der VGH Hessen hat entschieden, dass ein Supermarkt ohne Personal nicht an Sonntagen und Feiertagen öffnen darf. Das Hessische Ladenöffnungsgesetz gilt auch für Verkaufsmodule ohne Personal.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Keine Öffnung von ohne Personal betriebenen Verkaufsmodulen an Sonn- und Feiertagen
Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat mit Beschluss vom 22. Dezember 2023 entschieden, dass die von der Stadt Fulda verfügte Schließung von ohne Personal betriebenen Verkaufsmodulen an Sonn- und Feiertagen Bestand hat.
Die Antragstellerin und Inhaberin einer Supermarktkette betreibt im Gebiet der Stadt Fulda Verkaufsmodule, die an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr geöffnet sind und zu denen die Kunden nach einer digitalen Kontrolle Zugang erhalten. Angeboten werden dort Waren des täglichen Bedarfs, die digital bezahlt werden. An Sonn- und Feiertagen wird in diesen Verkaufsmodulen kein Personal eingesetzt.
Mit Bescheid vom 8. Oktober 2021 hatte die Stadt Fulda gegenüber der Antragstellerin mit sofortiger Wirkung verfügt, die im Stadtgebiet aufgestellten Verkaufsmodule insbesondere an Sonn- und Feiertagen zu schließen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit einem gerichtlichen Eilantrag, den das Verwaltungsgericht Kassel mit Beschluss vom 4. Januar 2022 ablehnte (3 L 1734/21.KS).
Der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Kassel nunmehr bestätigt und sich hierbei maßgebend auf die Bestimmungen des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes gestützt. Nach § 3 Abs. 2 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes müssen Verkaufsstellen unter anderem an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kundinnen und Kunden geschlossen sein. Verkaufsstellen sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes Ladengeschäfte aller Art, falls in ihnen von einer festen Stelle aus ständig Waren zum Verkauf an jedermann „feilgehalten“ werden.
Zur Begründung seiner Entscheidung hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt, das Verwaltungsgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die streitgegenständlichen Verkaufsmodule Verkaufsstellen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes seien. Das „Feilhalten“ von Waren im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes setze nach der gesetzlichen Definition dieses Begriffs keinen persönlichen Kontakt mit einem Verkäufer voraus. Es mache für das „Feilhalten“ von Waren keinen Unterschied, ob der Kunde die begehrte Ware aus einem Automaten oder aus einem Verkaufsregal bzw. von einem Verkaufstisch an sich nehme; der Verkaufsvorgang setze in beiden Fällen ein aktives Handeln des Kunden voraus, dem nicht zwangsläufig ein aktives Tun des Verkäufers gegenüberstehe. Richtig sei zwar das von der Antragstellerin vorgetragene Argument, dass bei einem Verzicht auf den Einsatz von Verkaufspersonal das dem Ladenschlussrecht zu Grunde liegende Ziel des Arbeitnehmerschutzes erreicht werde. Das Hessische Ladenöffnungsgesetz diene allerdings nicht allein dem Arbeitnehmerschutz, sondern auch dem Ziel, die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen. Es bestehe auch keine Vergleichbarkeit zwischen dem Einkauf in den streitgegenständlichen Verkaufsmodulen und den auch sonn- und feiertags durchgängig möglichen Onlinebestellungen. Insbesondere habe der Onlinebestellvorgang keinerlei Außenwirkungen und sei daher nicht geeignet, die Sonn- und Feiertagsruhe der übrigen Bevölkerung zu beeinträchtigen.
Der Beschluss ist im verwaltungsgerichtlichen Instanzenzug nicht anfechtbar.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den im Tenor genannten Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 1. Dezember 2021 ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft, soweit sich die Antragsgegnerin gegen die erlassene einstweilige Anordnung wendet. Erkennbar greift die Antragsgegnerin den Beschluss vom 1. Dezember 2021 nicht an, soweit damit das erstinstanzliche Eilverfahren teilweise eingestellt worden ist, zumal diese Entscheidung unanfechtbar ist (§ 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO). Die so verstandene Beschwerde der Antragsgegnerin ist rechtzeitig gestellt und fristgerecht begründet worden. Der angefochtene Beschluss ist der Antragsgegnerin am Tag seines Erlasses am 1. Dezember 2021 zugestellt worden. Mit dem am 15. Dezember 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerdeschriftsatz vom selben Tag ist daher die Beschwerdefrist von zwei Wochen nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO gewahrt worden. Die Beschwerde ist mit am 3. Januar 2022, einem Montag, beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet worden, so dass auch die einmonatige Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO eingehalten worden ist. Die vorgelegte Begründung genügt auch den hieran zu stellenden gesetzlichen Anforderungen.
Die Beschwerde der Beigeladenen ist ebenfalls zulässig.
Die vom Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 14. Dezember 2021 vorgenommene Beiladung der Beigeladenen, die diese mit am 13. Dezember 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag beantragt hatte, ist wirksam. Dies gilt ungeachtet des Umstandes, dass das Verwaltungsgericht zunächst den Schriftsatz der Beigeladenen mit dem Antrag auf Beiladung vom 13. Dezember 2021 am 14. Dezember 2021 den (bisherigen) Beteiligten übermittelt hatte mit Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu innerhalb von zwei Tagen, jedoch noch am 14. Dezember 2021 den Beiladungsbeschluss erlassen hat, ohne die von ihm selbst gesetzte Frist abzuwarten. Auch wenn diese Vorgehensweise ungewöhnlich oder gar bedenklich erscheinen mag, ist die Beiladung nicht unwirksam. Der Beiladungsbeschluss ist mit der laut Empfangsbekenntnis (Bl. 764 der Gerichtsakte) am 14. Dezember 2021 erfolgten Zustellung wirksam geworden und zwar unabhängig davon, dass dieser Beschluss entgegen der ausdrücklichen Regelung in § 65 Abs. 4 Satz 1 VwGO den (bisherigen) Beteiligten nicht zugestellt, sondern nur einfach zur Kenntnis gebracht worden ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 27. Aufl. 2021, § 65, Rn. 25 und 35). Obwohl zum Zeitpunkt des Erlasses und der Zustellung des Beiladungsbeschlusses am 14. Dezember 2021 der die Instanz abschließende Beschluss des Verwaltungsgerichts Wiesbaden vom 1. Dezember 2021 noch am selben Tag an die (bisherigen) Beteiligten zugestellt worden war (Empfangsbekenntnisse Bl. 728a und 728b der Gerichtsakte), war das erstinstanzliche Verfahren zum Zeitpunkt des Erlasses des Beiladungsbeschlusses am 14. Dezember 2021 mangels Ablaufs der Rechtsmittelfrist noch nicht rechtskräftig abgeschlossen im Sinne von § 65 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren war auch noch nicht im Sinne der genannten Vorschrift in der höheren Instanz anhängig. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist erst einen Tag später, am 15. Dezember 2021, beim Verwaltungsgericht eingegangen, so dass frühestens zu diesem Zeitpunkt der Devolutiveffekt der Rechtsmitteleinlegung eingetreten sein kann, wodurch die Zuständigkeit der höheren Instanz begründet und die bisherige Instanz beendet worden ist. Da die Beiladung nach alldem als wirksam anzusehen ist, ist hiermit die Beigeladene Beteiligte des Verfahrens geworden und gem. § 146 Abs. 1 VwGO berechtigt, Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluss einzulegen, obwohl sie selbst bis zum Erlass dieses Beschlusses an dem Verfahren nicht beteiligt gewesen ist.
Die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen nach § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO lief für die Beigeladene erst ab der zusammen mit dem Beiladungsbeschluss vom 14. Dezember 2021 erfolgter Zustellung des (hier angefochtenen) Beschlusses vom 1. Dezember 2021 an diese am 14. Dezember 2021, so dass mit dem am 19. Dezember 2021 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Beschwerdeschriftsatz vom selben Tag die Rechtsmittelfrist gem. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO durch die Beigeladene gewahrt worden ist. Die Beschwerde ist mit am 14. Januar 2022 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag begründet worden, so dass auch die Begründungsfrist von einem Monat (§ 146 Abs. 4 Satz 4 VwGO) eingehalten worden ist. Die Begründung entspricht auch den hieran zu stellenden Anforderungen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
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Die Beschwerden sind auch begründet. Das Verwaltungsgericht hätte die vom Antragsteller begehrte einstweilige Anordnung nicht erlassen dürfen.
Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO ist die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes unter anderem gemäß § 123 VwGO - wie im vorliegenden Fall - innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung muss nach Satz 3 der Vorschrift einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO prüft das Oberverwaltungsgericht - in Hessen der Hessische Verwaltungsgerichtshof - nur die dargelegten Gründe.
Es bedarf keines abschließenden Eingehens darauf, ob dem Vorbringen der Beigeladenen zu folgen ist, der Antragsteller sei der Verpflichtung im Tenor des angefochtenen Beschlusses, innerhalb von vier Wochen Klage zum Verwaltungsgericht zu erheben, deswegen nicht hinreichend nachgekommen, weil er zwar innerhalb der Frist Klage erhoben habe, diese jedoch einen anderen Gegenstand betreffe, weil der Antragsteller im Rahmen der begehrten einstweilen Anordnung eine Unterlassung der Antragsgegnerin beantragt hatte, während er im Klageverfahren ein Handeln fordere. Damit sei der Beschluss wegen fehlender Klageerhebung unwirksam geworden, so dass er im Beschwerdeverfahren aufzuheben sei. Es bedarf auch keines Eingehens darauf, ob dem Einwand des Antragstellers zu folgen ist, aus der Begründung in der Klageschrift sei hinreichend deutlich zu erkennen, dass er von der dortigen Beklagten - der hiesigen Antragsgegnerin - ein Unterlassen begehre, und bei der Antragsfassung in der Klageschrift handele es sich insofern lediglich um einen Schreibfehler. Allerdings hat der Antragsteller dem Verwaltungsgericht zwar mitgeteilt, er begehre ein Unterlassen, jedoch keine konkrete Korrektur des Klageantrags vorgenommen.
Das Verwaltungsgericht hätte die einstweilige Anordnung bereits deswegen nicht erlassen dürfen, weil der Antragsteller einen Anordnungsgrund im Sinne von § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO nicht glaubhaft gemacht hat. Sowohl die Antragsgegnerin als auch die Beigeladene haben im Rahmen ihres Beschwerdevorbringens geltend gemacht, der angefochtene Beschluss lasse keine Ausführungen zum Anordnungsgrund erkennen. Zudem liege ein Anordnungsgrund nicht vor, weil der Antragsteller nicht auf die Nutzung der Website der Antragsgegnerin angewiesen sei und nicht glaubhaft gemacht habe, dass ihm ohne Nutzung dieser Seite wesentliche Nachteile im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO drohten. Dieser Einwand greift durch.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Gemäß § 123 Abs. 3 ZPO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO sind der geltend gemachte Anspruch sowie der Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils eigene Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs führt nicht automatisch zur Annahme auch eines Anordnungsgrundes. Für das Vorliegen eines Anordnungsgrundes ist Voraussetzung, dass es dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner Interessen und der öffentlichen Interessen sowie etwaiger Interessen anderer Personen nicht zumutbar ist, die Hauptsacheentscheidung abzuwarten (Hess. VGH, Beschluss vom 5. Februar 1993 – 7 TG 2479/92 –, juris; Kopp/Schenke, a. a. O., § 123 Rn. 26). Nach der Konzeption der Verwaltungsgerichtsordnung wird Rechtsschutz grundsätzlich im Klageverfahren gewährt. Nur ausnahmsweise erscheint es notwendig, bereits vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine Regelung zu treffen, wenn dies aufgrund der in § 123 Abs. 1 VwGO genannten Umstände zwingend notwendig erscheint. Das einstweilige Anordnungsverfahren ist dabei ein eigenständiges „Sicherungsverfahren“ und kein verkürztes oder komprimiertes Hauptsacheverfahren. Die erlassene einstweilige Anordnung steht immer unter dem Vorbehalt einer anderen Entscheidung im Klageverfahren. Dabei gilt grundsätzlich das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache (Kopp/Schenke, a. a. O., § 123 Rn. 13ff.). Ausnahmsweise kommt die Vorwegnahme der Hauptsache im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsacheentscheidung für den Antragsteller schwere und unzumutbare, nachträglich nicht mehr zu beseitigende Nachteile zur Folge hätte, wobei dem jeweils betroffenen Grundrecht und den Erfordernissen eines effektiven Rechtsschutzes Rechnung zu tragen ist (BVerwG, Beschluss vom 26. November 2013 - 6VR 3/13 -, NVwZ-RR 2014, 558, juris, Rn. 5).
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Gemessen hieran hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Er begehrt mit dem Erlass einer einstweiligen Anordnung eine Regelung, die der im Klageverfahren zu erlangenden Regelung gleichkäme, so dass hierin eine jedenfalls zeitweilige Vorwegnahme der Hauptsache zu sehen ist. Die hierfür erforderliche Voraussetzung, dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung zu nachträglich nicht mehr zu beseitigenden schwerwiegenden Nachteilen auf Seiten des Antragstellers führen könnte, ergibt sich aus seinen Darlegungen nicht.
In seinem Antragsschriftsatz vom 8. Juni 2021 hat der Antragsteller auf Seite 1 vorgetragen, er nutze die Website der Antragstellerin zur Information über Fachliteratur. Auf Seite 14 des Schriftsatzes hat er ausgeführt, ein Anordnungsgrund liege vor, weil die ständige und mehrfache rechtswidrige Erfassung von Surfprofilen (und Übermittlung) an unzuverlässige und undurchsichtige US-amerikanische Unternehmen des Google-Konzerns nebst weiterer Übermittlung an ungenannte Kooperationspartner einen Kontrollverlust seiner Surfprofile bedeute, der irreversibel sei, so dass ein Abwarten der Hauptsacheentscheidung nicht zumutbar sei. Bereits hieraus ergibt sich entgegen seiner Behauptung das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht.
Mit der begehrten und im angefochtenen Beschluss erlassenen einstweiligen Anordnung wird eine Regelung nur für die Zukunft erreicht. Soweit bereits in der Vergangenheit bei Zugriffen des Antragstellers auf die Website der Antragsgegnerin personenbezogene Daten erfasst, gespeichert und gegebenenfalls verarbeitet und weitergegeben worden sein sollten, würde sich hieran durch die begehrte einstweilige Anordnung nichts ändern. Die Gefahr einer erneuten - eventuell rechtswidrigen - Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von Daten des Antragstellers bestünde indessen nur dann, wenn dieser erneut auf die Website der Antragstellerin zugreift und Fragen nach der Verwendung von Cookies beantwortet. Aus seinem Vortrag ist nicht zu entnehmen, dass für ihn auch in Zukunft die Notwendigkeit besteht, auf die Website der Antragsgegnerin zuzugreifen. Er ist nicht Mitglied der Antragsgegnerin - einer Universität - so dass er auf die die Forschung und Lehre betreffenden Inhalte dieser Website nicht zugreifen muss. Zwar mag die fragliche Website auch außenstehenden Internetnutzern zur Verfügung stehen. Jedoch steht es einem Interessenten frei, ob er diese nutzt oder nicht, falls ihm damit verbundene Nutzungsmodalitäten oder dergleichen nicht zusagen und er seine persönlichen Daten als nicht hinreichend geschützt ansieht. Auch der Antragsteller kann aus diesen Gründen den Zugriff auf die Website der Antragsgegnerin unterlassen. Für die vom Antragsteller geltend gemachte Recherche nach Fachliteratur ist er nicht zwingend auf die Nutzung der Website der Antragsgegnerin angewiesen. Vielmehr stehen hierfür zahlreiche Alternativen zur Verfügung, die der Antragsteller nutzen kann. Es ist daher nicht ersichtlich, welche schweren, unzumutbaren und nachträglich nicht mehr rückgängig zu machenden Nachteile dem Antragsteller drohen sollten, wenn er zeitweilig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache von etwaigen Zugriffen auf die Website der Antragsgegnerin keinen Gebrauch macht, was er vermutlich auch weiterhin machen würde, sollte er im Hauptsacheverfahren unterliegen. Zutreffend macht daher die Antragsgegnerin geltend, der Antragsteller habe nicht dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die Nutzung der Website der Antragsgegnerin für seine Berufsausübung oder sonstige Grundrechtsausübung notwendig sei. Dies gilt erst recht, wenn der Vortrag der Antragsgegnerin auf Seite 12 des Begründungsschriftsatzes zutreffen sollte, deren Richtigkeit der Antragsteller allerdings in Abrede stellt, bei Befolgung der erlassenen einstweiligen Anordnung müsse sie letztlich die Website in Gänze abschalten. Unter diesen Umständen könnte auch der Antragsteller diese nicht mehr nutzen, so dass er auch keine Vorteile aus dieser Website mehr ziehen könnte. In diesem Fall hätte er mit der erlassenen einstweiligen Anordnung nicht eine datenschutzrechtlich konforme Möglichkeit erlangt, auf die Website der Antragsgegnerin zuzugreifen, sondern hätte gar keine Möglichkeit mehr zu einem Zugriff.
Aufgrund dieser Überlegungen liegen im vorliegenden Fall auch die Voraussetzungen nicht vor, unter denen das Bundesverfassungsgericht angenommen hat, das Vorliegen eines Anordnungsgrundes sei von Verfassungs wegen durch die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG indiziert. Dies ist nach dieser Rechtsprechung nämlich nur dann der Fall, wenn zum einen eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Antragstellers im Hauptsacheverfahren angenommen werden kann, und bei Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes die Gefahr fortschreitender Rechtsvereitelung von Grundrechtspositionen besteht (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. September 2009 – 1 BvR 1702/09 – juris, Rn. 24). Ohne dass Veranlassung besteht, den Grad der Wahrscheinlichkeit des Obsiegens des Antragstellers im Hauptsacheverfahren näher zu prüfen, besteht hier eine solche Gefahr fortschreitender Rechtsvereitelung nicht. Die Antragsgegnerin erfasst, speichert oder verarbeitet im vorliegenden Fall keine persönlichen Daten des Antragstellers ohne dessen Zutun, sondern allenfalls, wenn dieser bewusst und gewollt auf ihre Website zugreift. Wie bereits ausgeführt ist nicht ersichtlich, dass der Antragsteller darauf angewiesen sein könnte, ohne schwerwiegende Nachteile zu erleiden, auch in Zukunft auf die Website der Antragsgegnerin zuzugreifen, so dass es ihm zuzumuten ist, hierauf zeitweilig zu verzichten.
Die Ausführungen des Antragstellers in seinem Beschwerdeerwiderungsschriftsatz vom 5. Januar 2022 zum Vorliegen eines Anordnungsgrundes auf Seite 31 bis 35 des Schriftsatzes rechtfertigen keine andere Entscheidung. Der Antragsteller trägt auch hier nicht vor, aufgrund welcher Erwägungen er auf die Nutzung der Website der Antragsgegnerin und der hierin enthaltenen Informationen über deren Universitätsbibliothek zwingend angewiesen sein soll oder zumindest ihrer so dringend bedarf, dass für ihn bei zeitweiliger Nichtnutzung der Website erhebliche und nicht anderweitig zu behebende und nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden. Der Antragsteller macht vielmehr Ausführungen, die allenfalls einen Anordnungsanspruch zu begründen geeignet sind. Hieraus ergibt sich jedoch kein Anordnungsgrund, da dieser – wie oben bereits gesagt – eigene Voraussetzungen hat, die selbstständig darzulegen und zu prüfen sind.
So trägt er etwa vor, es sei daran zu erinnern, dass schon bei der Vorratsdatenspeicherung trotz der dort weniger sensiblen Datenarten der einstweilige Rechtsschutzantrag erfolgreich gewesen sei, und verweist insofern auf einen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. April 2008 mit dem Az. 1 BvR 256/08. In juris findet sich mit dem vom Antragsteller angegebene Aktenzeichen keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts unter dem von dem Antragsteller genannten Datum 4. April 2008, jedoch ein Beschluss vom 11. März 2008, den der Antragsteller vermutlich meint. Dort hat zwar das Bundesverfassungsgericht mehreren Verfassungsbeschwerden teilweise stattgegeben. Jedoch lag dem eine andere Fallgestaltung als vorliegend zu Grunde, da die Vorratsdatenspeicherung, die Gegenstand der dortigen Entscheidung gewesen ist, erfolgte, ohne dass die eigentlichen Inhaber der gespeicherten Daten hierauf Einfluss hatten. Gleiches gilt für die vom Antragsteller aufgeführte Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 22. Juni 2017 – 13 B 238/17 -, NVwZ-RR 2018, 43, juris, Rn. 16). Antragstellerin dort war zudem ein IT-Unternehmen, das für rund 1.200 Geschäftskunden aus Deutschland und andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union Internetdienstleistungen einschließlich Internetzugangsleistungen erbringt. Dieses Unternehmen war durch Regelungen des Telekommunikationsgesetzes zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet worden, wogegen es sich gewandt hatte. Dieser Verpflichtung zur Datenspeicherung konnte sich die dortige Antragstellerin somit nicht auf anderem Wege entziehen. Im vorliegenden Fall kann der Antragsteller jedoch insofern auf die Erfassung und Speicherung seiner Daten Einfluss nehmen, als er den Zugriff auf die Website der Antragsgegnerin unterlässt. Ohne einen solchen Zugriff werden seine persönlichen Daten nicht erfasst und auch nicht weitergegeben. Dass ihm ein solches Unterlassen jedenfalls für den begrenzten Zeitraum bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht möglich oder auch nur unzumutbar wäre, hat er nicht glaubhaft gemacht.
Auch der Hinweis des Antragstellers darauf, im Hinblick auf die Drittlandsübermittlung und sonstige Verarbeitung sei eine unionrechtskonforme Auslegung von § 123 VwGO und Art. 19 Abs. 4 GG geboten, weil der EuGH in einer näher bezeichneten Entscheidung dahingehend erkannt habe, dass eine Datenschutz-Aufsichtsbehörde nach Art. 58 Datenschutzgrundverordnung unzulässige Drittlandsübermittlungen unterbinden müsse, wenn die Erfordernisse der Art. 45 und 46 Datenschutzgrundverordnung nicht anderweitig sichergestellt werden könnten, greift schon deswegen nicht durch, weil eine Aufsichtsbehörde im vorliegenden Fall nicht beteiligt ist, so dass auch etwaige Pflichten einer solchen Behörde hier nicht zum Tragen kommen können. Entgegen der Annahme des Antragstellers kann auch keine Rede davon sein, dass durch fragwürdige Auslegungen deutschen Rechts die Durchsetzung des Vorrangs europäischen Verordnungsrechts in unzulässiger Weise behindert werde. Diesem Aspekt kann nämlich im Hauptsacheverfahren hinreichend Rechnung getragen werden, ohne dass es insofern einer vorläufigen Regelung in einem Verfahren einstweiligen Rechtsschutzes bedarf. Vorläufiger Rechtsschutz ist nur ausnahmsweise zu gewähren, wenn sonst ein irreparabler Rechtsverlust durch eine Hauptsacheentscheidung nicht mehr verhindert werden könnte, wie der Antragsteller selbst auf Seite 35, letzter Absatz, seines Schriftsatzes vom 5. Januar 2022 vorträgt. Dies ist jedoch hier deswegen nicht zu gewärtigen, weil nicht vorgetragen und ersichtlich ist, dass der Antragsteller notwendigerweise auf die Nutzung der Website der Antragsgegnerin angewiesen ist und hierauf auch nicht zeitweilig bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens verzichten könnte, ohne wesentliche Nachteile zu erleiden.
Auch der Hinweis des Antragstellers darauf, der Europäische Gerichtshof habe in einer näher bezeichneten Entscheidung dahingehend erkannt, dass es einem nationalen Verfassungsgericht aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts versagt sei, im einstweiligen Rechtsschutz jedenfalls bei anhängiger EuGH-Vorlage eine einstweilige nicht grundrechtskonforme Regelung zu treffen und den EuGH auch nur zeitweise zu präjudizieren, gebietet keine andere Entscheidung. Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine den europarechtlichen Regelungen widersprechende Rechtslage, die vorläufig aufrechterhalten werden soll. Vielmehr ist im Streit, ob die Handlungsweise der Antragsgegnerin mit den Regelungen und Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung in Einklang stehen und ob und in welchem Umfang sich gegebenenfalls Abwehr- oder Unterlassungsansprüche des Antragstellers ergeben können. Von der auch nur zeitweilig erfolgenden „Aufrechterhaltung entgegenstehenden nationalen Rechts“ kann daher hier keine Rede sein.
Zu Unrecht wendet sich der Antragsteller auch gegen die Auffassung der Beigeladenen, im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei nur eine summarische Prüfung angezeigt, so dass eine komplexe Rechtslage in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht geklärt werden könne. Diese Auffassung der Beigeladenen trifft vielmehr zu. Allein der Umfang der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und ihre Anlagen sowie die Vielzahl der infrage stehenden tatsächlichen und rechtlichen Fragen sprechen deutlich gegen die Geeignetheit einer Klärung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Erneut sei darauf hingewiesen, dass es sich hierbei nur um ein Sonderverfahren zur Sicherung der Rechte der Beteiligten handelt, und um kein abgekürztes Hauptsacheverfahren.
Schließlich ist auch der Hinweis des Antragstellers auf Seite 35 seines Schriftsatzes vom 5. Januar 2022, eine Regelung eines vorläufigen Zustandes sei nach § 123 Abs. 1 VwGO ausdrücklich auch schon vor Klageerhebung vorgesehen, nicht geeignet, eine für ihn günstigere Entscheidung herbeizuführen. Diese Regelung bedeutet lediglich, dass das Verwaltungsgericht bereits dann eine Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO oder auch eine Regelungsanordnung nach Satz 2 der Vorschrift treffen kann, wenn ein Hauptsacheverfahren noch nicht anhängig ist, so dass es an einer „Hauptsache“ im Sinne von § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO (noch) fehlt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die sonstigen spezifischen gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung unbeachtet gelassen werden könnten. Vielmehr kann eine einstweilige Anordnung nur unter den mit Absicht und zu Recht sehr enggefassten gesetzlichen Voraussetzungen des § 123 Abs. 1 VwGO ergehen, die nach den obigen Ausführungen hier nicht erkennbar sind und sich insbesondere nicht aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben.
Auf die zulässigen Beschwerden ist daher der angefochtene Beschluss aufzuheben, ohne dass es eines Eingehens auf die übrigen Einwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen bedarf. Dabei sind allerdings die Einstellungsentscheidung in Satz 1 des Tenors sowie die Streitwertfestsetzung im letzten Satz des Tenors hiervon auszunehmen. Die Anträge der Antragsgegnerin und der Beigeladenen auf Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Beschlusses sind damit ebenfalls erledigt.
Über die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge ist hier zu entscheiden (§ 161 Abs. 1 VwGO). Die Kosten fallen grundsätzlich nach § 154 Abs. 1 VwGO dem Antragsteller als unterliegendem Teil zur Last. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Einstellungsentscheidung hinsichtlich des von den (ursprünglichen) Beteiligten im Termin vor der Kammer des Verwaltungsgerichts für erledigt erklärten Teils des Verfahrens unanfechtbar ist und auch nicht angefochten worden ist. Von der Unanfechtbarkeit ist nach § 158 Abs. 2 VwGO auch die diesen Teil betreffende Kostenentscheidung umfasst. Das Verwaltungsgericht hat in den Gründen des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass die Kosten des erledigten Teils dem Antragsteller zur Last fielen und die Kosten des verbliebenen Teils, der zu seinen Gunsten entschieden worden ist, der Antragsgegnerin aufzuerlegen seien. Es hat daher unter Annahme einer kostenmäßigen Gleichwertigkeit beider Teile die Kosten des Verfahrens insgesamt gegeneinander aufgehoben. Dies hat zur Folge, dass die Gerichtskosten jedem der Beteiligten zur Hälfte zur Last fallen (§ 155 Abs. 1 Satz 2 VwGO) und beide Beteiligte ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Nach der Aufhebung der erlassenen einstweiligen Anordnung hat der Antragsteller auch die hierauf entfallenden Gerichtskosten zu tragen. Gleiches gilt für die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens, so dass ihm die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens beider Instanzen aufzuerlegen sind. Die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren müssen jedoch bei ihr verbleiben, weil insofern die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die gegenseitige Aufhebung der Kosten aufrechtzuerhalten ist. Dem Antragsteller können daher von den außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren nur die Hälfte auferlegt werden, die sich auf den hier noch streitigen Teil des erstinstanzlichen Verfahrens bezogen haben. Hingegen hat er die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren in vollem Umfang zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind unter Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO ebenfalls dem Antragsteller aufzuerlegen, zumal sich die Beigeladene durch Einlegung des Rechtsmittels und Stellung eines Antrags selbst in ein Kostenrisiko begeben hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 und Abs. 2 GKG. Wegen der Vorläufigkeit der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutz ist der Auffangwert des § 52 Abs. 2 VwGO in Anlehnung an die Empfehlung in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit um die Hälfte zu reduzieren. Im vorliegenden Beschwerdeverfahren war nur noch ein ursprünglich vom Antragsteller verfolgter Antragsteil Beschwerdegegenstand, so dass nur vom einfachen Auffangwert des § 52 Abs. 2 VwGO auszugehen und dieser zu halbieren ist.