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Volltext BGH liegt vor: Vorläufige Bestätigung der Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen rechtswidriger Verarbeitung von Nutzerdaten

BGH
Beschluss vom 23.06.2020
KVR 69/19
Facebook
GWB § 19 Abs. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH bestätigt vorläufig die Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen rechtswidriger Verarbeitung von Nutzerdaten in Form der Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Die Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung setzt bei einem Konditionenmissbrauch nach § 19 Abs. 1 GWB nicht stets einen Kausalzusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem missbilligten Verhalten (Verhaltenskausalität) voraus. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der Marktbeherrschung und dem Marktergebnis (Ergebniskausalität) kann genügen, wenn aufgrund der besonderen Marktbedingungen das Verhalten des marktbeherrschenden Unternehmens zu Marktergebnissen führt, die bei funktionierendem Wettbewerb nicht zu erwarten wären, und zudem das beanstandete Verhalten nicht nur eine Ausbeutung darstellt, sondern gleichzeitig auch geeignet ist, den Wettbewerb zu behindern.

b) Ein solcher kausaler Zusammenhang zwischen Marktbeherrschung und Marktergebnis kann bei zweiseitigen Plattformmärkten insbesondere dann gegeben sein, wenn die Ausbeutung auf der einen Marktseite durch den Intermediär zugleich geeignet ist, den Wettbewerb auf dem beherrschten Markt sowie auf der anderen Marktseite zu beeinträchtigen.

c) Bedingt sich der marktbeherrschende Betreiber eines sozialen Netzwerks in den Nutzungsbedingungen aus, dem Nutzer ein "personalisiertes Erlebnis" bereitzustellen, für dessen Inhalt personenbezogene Daten des Nutzers verwendet werden, die durch die Erfassung des Aufrufs von Internetseiten außerhalb des sozialen Netzwerks gewonnen werden, kann hierin die missbräuchliche Ausnutzung seiner marktbeherrschenden Stellung liegen.

BGH, Beschluss vom 23. Juni 2020 - KVR 69/19 - OLG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH bestätigt vorläufig die Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen rechtswidriger Verarbeitung von Nutzerdaten in Form der Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen

BGH
Beschluss vom 23.06.2020
KVR 69/19


Der BGH hat die Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen der rechtswidrigen Verarbeitung von Nutzerdaten in Form der Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen vorläufig bestätigt.

Die Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs

Bundesgerichtshof bestätigt vorläufig den Vorwurf der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch Facebook

Facebook verwendet Nutzungsbedingungen, die auch die Verarbeitung und Verwendung von Nutzerdaten vorsehen, die bei einer von der Facebook-Plattform unabhängigen Internetnutzung erfasst werden. Das Bundeskartellamt hat Facebook untersagt, solche Daten ohne weitere Einwilligung der privaten Nutzer zu verarbeiten. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass dieses Verbot vom Bundeskartellamt durchgesetzt werden darf.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Facebook Ireland Limited (im Folgenden: Facebook) betreibt in Europa das soziale Netzwerk Facebook, mit dem privaten Nutzern eine Kommunikationsplattform im Internet zur Verfügung gestellt wird. Weitere Tochtergesellschaften des Facebook-Konzerns bieten weitere Internetdienste wie insbesondere Instagram, WhatsApp, Masquerade und Oculus an.

Private Nutzer zahlen kein Entgelt für die Nutzung des sozialen Netzwerks. Ihre Teilnahme am Netzwerk setzt aber voraus, dass sie bei der Registrierung den Facebook-Nutzungsbedingungen zustimmen. Diese sehen vor, dass Facebook jedem Nutzer ein personalisiertes Erlebnis bereitstellt. Dafür werden personenbezogene Daten des Nutzers verwendet, die Facebook aus der Nutzung anderer konzerneigener Dienste wie Instagram sowie aus sonstigen Internetaktivitäten des Nutzers außerhalb von facebook.com zur Verfügung stehen. Die Nutzungsbedingungen nehmen auf eine Datenrichtlinie Bezug, in der die Erhebung und Nutzung personenbezogener Daten näher erläutert wird.

Das Netzwerk wird durch Online-Werbung finanziert. Hierzu kann zum einen Werbung auf Facebook-Seiten platziert werden. Mit verschiedenen von Facebook bereitgestellten Programmierschnittstellen ("Facebook Business Tools") können Unternehmen zum anderen eigene Internetseiten oder Anwendungen für Mobilgeräte (Apps) in vielfältiger Form mit Facebook-Seiten verbinden. So können Facebook-Nutzer über Plugins ihr Interesse an diesen Seiten oder bestimmten Inhalten bekunden ("Gefällt-mir-Button" oder "Teilen-Button") oder Kommentare abgeben und sich über ein "Facebook-Login" auf Interseiten Dritter mit ihren bei Facebook registrierten Nutzerdaten einwählen. Über von Facebook angebotene Mess- und Analysefunktionen und -programme kann der Erfolg der Werbung eines Unternehmens gemessen und analysiert werden. Dabei wird nicht nur das Verhalten der privaten Nutzer auf Facebook-Seiten erfasst, sondern über entsprechende Schnittstellen (Facebook Pixel) auch der Aufruf von Drittseiten, ohne dass der Nutzer hierfür aktiv werden muss. Über die analytischen und statistischen Funktionen von "Facebook Analytics" erhalten Unternehmen aggregierte Daten darüber, wie Facebook-Nutzer über verschiedene Geräte, Plattformen und Internetseiten hinweg mit den von ihnen angebotenen Diensten interagieren.

bisheriger Verfahrensverlauf:

Das Bundeskartellamt sieht in der Verwendung der Nutzungsbedingungen einen Verstoß gegen das Verbot nach § 19 Abs. 1 GWB, eine marktbeherrschende Stellung missbräuchlich auszunutzen. Facebook sei auf dem nationalen Markt der Bereitstellung sozialer Netzwerke marktbeherrschend. Es missbrauche diese Stellung, indem es entgegen den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) die private Nutzung des Netzwerks von seiner Befugnis abhängig mache, ohne weitere Einwilligung der Nutzer außerhalb von facebook.com generierte nutzer- und nutzergerätebezogene Daten mit den personenbezogenen Daten zu verknüpfen, die aus der Facebook-Nutzung selbst entstehen. Mit Beschluss vom 6. Februar 2019 hat das Bundeskartellamt Facebook und weiteren Konzerngesellschaften untersagt, entsprechende Nutzungsbedingungen zu verwenden und personenbezogene Daten entsprechend zu verarbeiten.

Das OLG Düsseldorf hat über die dagegen eingelegte Beschwerde noch nicht entschieden. Es hat aber auf Antrag von Facebook nach § 65 Abs. 3 GWB wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung die aufschiebende Wirkung der Beschwerde angeordnet. Eine solche Anordnung hat zur Folge, dass die Verfügung des Bundeskartellamts nicht vollzogen werden darf, bis über die Beschwerde entschieden ist.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Kartellsenat hat die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde abgelehnt.

Es bestehen weder ernsthafte Zweifel an der marktbeherrschenden Stellung von Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke noch daran, dass Facebook diese marktbeherrschende Stellung mit den vom Kartellamt untersagten Nutzungsbedingungen missbräuchlich ausnutzt.

Maßgeblich hierfür ist nicht die vom Kartellamt in der angefochtenen Verfügung in den Vordergrund gerückte Frage, ob die Verarbeitung und Nutzung von personenbezogenen Daten der Facebook-Nutzer, die aus deren Nutzung des Internets außerhalb von facebook.com und unabhängig von einem Facebook-Login entstehen, mit den Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung in Einklang steht.

Entscheidend ist vielmehr, dass Nutzungsbedingungen missbräuchlich sind, die den privaten Facebook-Nutzern keine Wahlmöglichkeit lassen,

- ob sie das Netzwerk mit einer intensiveren Personalisierung des Nutzungserlebnisses verwenden wollen, die mit einem potentiell unbeschränkten Zugriff auf Charakteristika auch ihrer "Off-Facebook"-Internetnutzung durch Facebook verbunden ist, oder

- ob sie sich nur mit einer Personalisierung einverstanden erklären wollen, die auf den Daten beruht, die sie auf facebook.com selbst preisgeben.

Das Missbrauchsurteil – das nach gefestigter Rechtsprechung sowohl die Feststellung nachteiliger Wirkungen auf den betroffenen Märkten voraussetzt als auch eine Abwägung aller beteiligten Interessen erfordert, die sich an der auf die Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Funktion des GWB orientiert – beruht dabei im Wesentlichen auf folgenden Überlegungen:

Facebook ist als Betreiber eines sozialen Netzwerks auf zwei Märkten tätig. Es bietet zum einen privaten Nutzern die Plattform als Medium zur Darstellung der Person des Nutzers in ihren sozialen Beziehungen und zur Kommunikation an. Es ermöglicht zum anderen Unternehmen Werbung im Netzwerk und finanziert damit auch die Nutzerplattform, für deren Nutzung die Nutzer kein (monetäres) Entgelt zahlen. Indem Facebook seinen Nutzern personalisierte Erlebnisse und damit über die bloße Plattformfunktion hinaus Kommunikationsinhalte bereitzustellen verspricht, ergeben sich allerdings fließende Übergänge und Verschränkungen zwischen Leistungen gegenüber den Nutzern und der Refinanzierung der Plattformbereitstellung durch unterschiedliche Formen der Online-Werbung.

Als marktbeherrschender Netzwerkbetreiber trägt Facebook eine besondere Verantwortung für die Aufrechterhaltung des noch bestehenden Wettbewerbs auf dem Markt sozialer Netzwerke. Dabei ist auch die hohe Bedeutung zu berücksichtigen, die dem Zugriff auf Daten aus ökonomischer Perspektive zukommt.

Die fehlende Wahlmöglichkeit der Facebook-Nutzer beeinträchtigt nicht nur ihre persönliche Autonomie und die Wahrung ihres – auch durch die DSGVO geschützten – Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Vor dem Hintergrund der hohen Wechselhürden, die für die Nutzer des Netzwerks bestehen ("Lock-in-Effekte"), stellt sie vielmehr auch eine kartellrechtlich relevante Ausbeutung der Nutzer dar, weil der Wettbewerb wegen der marktbeherrschenden Stellung von Facebook seine Kontrollfunktion nicht mehr wirksam ausüben kann. Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts wünschen erhebliche Teile der privaten Facebook-Nutzer einen geringeren Umfang der Preisgabe persönlicher Daten. Bei funktionierendem Wettbewerb auf dem Markt sozialer Netzwerke wäre ein entsprechendes Angebot zu erwarten. Hierauf könnten Nutzer ausweichen, für die der Umfang der Datenpreisgabe ein wesentliches Entscheidungskriterium wäre.

Die so ausgestalteten Nutzungsbedingungen sind auch geeignet, den Wettbewerb zu behindern. Zwar ist die Marktstellung von Facebook in erster Linie durch direkte Netzwerkeeffekte geprägt, da der Nutzen des Netzwerks für die privaten Nutzer wie für die werbetreibenden Unternehmen mit der Gesamtzahl der dem Netzwerk angeschlossenen Personen steigt. Die Marktposition von Facebook kann auch nur dann erfolgreich angegriffen werden, wenn es einem Konkurrenten gelingt, in überschaubarer Zeit eine für die Attraktivität des Netzes ausreichende Zahl von Nutzern zu gewinnen. Jedoch handelt es sich bei dem Zugang zu Daten nicht nur auf dem Werbemarkt um einen wesentlichen Wettbewerbsparameter, sondern auch auf dem Markt sozialer Netzwerke. Der Zugang von Facebook zu einer erheblich größeren Datenbasis verstärkt die ohnehin schon ausgeprägten "Lock-in-Effekte" weiter. Außerdem verbessert diese größere Datenbasis die Möglichkeiten der Finanzierung des sozialen Netzwerks mit den Erlösen aus Werbeverträgen, die ebenfalls von Umfang und Qualität der zur Verfügung stehenden Daten abhängen. Wegen der negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb um Werbeverträge lässt sich schließlich auch eine Beeinträchtigung des Marktes für Online-Werbung nicht ausschließen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts bedarf es insoweit keiner Feststellung, dass es einen eigenständigen Markt für Online-Werbung für soziale Medien gibt und Facebook auch auf diesem Markt über eine marktbeherrschende Stellung verfügt. Die Beeinträchtigung muss nicht auf dem beherrschten Markt eintreten, sondern kann auch auf einem nicht beherrschten Drittmarkt eintreten.

Vorinstanz:

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 26. August 2019 – VI-Kart 1/19 (V), WRP 2019, 1333

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Relevante Bestimmungen des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB):

§ 19 Verbotenes Verhalten von marktbeherrschenden Unternehmen

(1)Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.



§ 65 Anordnung der sofortigen Vollziehung



(3) 1Auf Antrag kann das Beschwerdegericht die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise wiederherstellen, wenn

1.die Voraussetzungen für die Anordnung nach Absatz 1 nicht vorgelegen haben oder nicht mehr vorliegen oder

2.ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen oder

3.die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

2In den Fällen, in denen die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung hat, kann die Kartellbehörde die Vollziehung aussetzen; die Aussetzung soll erfolgen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 vorliegen. 3Das Beschwerdegericht kann auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 2 oder 3 vorliegen.



OLG Düsseldorf: Nichtigkeit des Vertrages bei Vereinbarung von Schwarzarbeit per WhatsApp-Chat

OLG Düsseldorf
Urteil vom 21.01.2020
I-21 U 34/19


Das OLG Düsseldorf hat wenig überraschend entschieden, das auch die Vereinbarung von Schwarzarbeit per WhatsApp-Chat zur Nichtigkeit des Vertrages führt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Das Landgericht hat zutreffend entschieden, dass der zwischen der Klägerin und dem Beklagten geschlossene Werkvertrag wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG i.V.m. § 134 BGB nichtig ist, so dass der Klägerin gegen den Beklagten kein Werklohnanspruch zusteht. Die Klägerin hat gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG verstoßen, indem sie mit dem Beklagten vereinbart hatte, über einen erheblichen Teil ihrer Leistungen keine betriebliche, die Mehrwertsteuer ausweisende Rechnung zu erstellen und sie insoweit keine Umsatzsteuer verlangen und abführen wollte. Der Beklagte hat nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des Landgerichts diese Absicht zumindest erkannt und zu seinem Vorteil nutzen wollen. Dies reicht aus, um einen zur Nichtigkeit des Vertrags führenden Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot anzunehmen (vgl. BGH, Urt. v. 10.04.2014 – VII ZR 241/13, Rn. 13, Juris; Urt. v. 01.08.2013 – VII ZR 6/13, BGHZ 198, 141).

2. Das Landgericht hat hierbei zutreffend das Zustandekommen einer Schwarzgeldabrede zwischen den Parteien nicht nur vermutet, sondern als bewiesen angesehen. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden und im Ergebnis zutreffend.

a) Kein Grund für eine Beanstandung ist, dass die Beweiswürdigung grundsätzlich auf Indizien beruht. Für die Überzeugungsbildung, dass die Parteien konkludent vereinbart hatten, dass die Klägerin dem Beklagten gegenüber ihre Leistungen ohne Ansetzen der Mehrwertsteuer abrechnete, war weder erforderlich, dass eine Partei sich ausdrücklich auf eine solche Abrede berief oder diese gar bestätigte. Vielmehr hat das Landgericht zutreffend aus dem feststehenden Sachverhalt und den von den Parteien vorgelegten Unterlagen gefolgert, dass diese stillschweigend übereingekommen waren, dass die Klägerin einen erheblichen Teil der durch sie gegenüber dem Beklagten erbrachten Leistungen „ohne Rechnung“ unter Verzicht des Ansetzens einer Mehrwertsteuer erbringen sollte.

b) Zu Recht hat das Landgericht in diesem Zusammenhang seine auf die WhatsApp-Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin vom 28.12.2017 (Anlage B10, Bl. 277) gestützt. In dieser hat der Geschäftsführer der Klägerin den Beklagten gebeten, den zu überweisenden Betrag von 35.000,- Euro in Beträge von 20.000,- Euro aufzuteilen, damit „nicht so viel an die Augen von F….. kommt“. Dass das Landgericht diese Nachricht dahingehend verstanden hat, dass mit „F…..“ das Finanzamt gemeint ist, ist nicht zu beanstanden. Aus dem Kontext der WhatsApp-Nachricht und dem bewussten Nichtausschreiben des Wortes „F…“ aber auch dem weiteren Verhalten der Parteien (siehe hierzu die weiteren unter c) bis h) folgenden Ausführungen) ist die Nachricht nicht anders zu verstehen.

Soweit der Geschäftsführer der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2019 angegeben hat, mit „F…“ sei eine Frau L… von einer Bank gemeint gewesen, hat das Landgericht dies nachvollziehbar und auch zur Überzeugung des Senats zu Recht als Schutzbehauptung gewertet.

Die Nachricht ist in einer Weise geschrieben, dass dem Beklagten aus der Sicht des Geschäftsführers der Klägerin ohne weiteres klar sein sollte, um wen es sich bei „F….“. handelt. Aus der Abkürzung „F…“ in Verbindung mit dem Umstand, dass es sich um jemanden handelt, für den der Vorgang relevant ist, vor dem dieser jedoch verborgen werden sollte, geht auch aus Sicht des Senats eindeutig hervor, dass es sich hierbei um das Finanzamt handeln sollte. Eine plausible Erklärung, um wen es sich hierbei stattdessen handeln solle, hat die Klägerin nicht abgegeben. So ist bereits nicht erkennbar, dass der Beklagte eine Frau oder einen Herrn L… bei der die Klägerin betreuenden Bank kennt. Berücksichtigt man ferner, dass die Abkürzung „F…“ von dem Nachnamen des behaupteten Bankmitarbeiters abweicht, ist noch weniger ersichtlich, dass der Beklagte hätte erkennen können, um wen es sich dabei handeln sollte.

Darüber hinaus sind die Ausführungen der Klägerin hierzu auch widersprüchlich. Während die Angaben des Geschäftsführers in der Sitzung vom 14.02.2019 offenbar dahingehend verstanden werden sollten, dass er das mit „F“ beginnende (vom Nachnamen abweichende) Wort deshalb nicht ausgeschrieben hat, weil es sich hierbei um ein weibliches Schimpfwort handele, widerspricht diesem Verständnis, dass die Klägerin nunmehr im Berufungsverfahren vorträgt, mit „F….“ sei ein Herr L… gemeint, dessen Vorname mit dem Buchstaben „F“ beginne. Doch auch diese Erklärung vermag angesichts der insoweit abweichenden spontanen Einlassung des Geschäftsführers der Klägerin in der Sitzung vom 14.02.2019, in der dieser wiederholt gerade nicht von einem Herrn, sondern einer Frau L… gesprochen hatte (vgl. Bl. 146 GA), nicht zu überzeugen.

c) Ferner belegt auch die zwischen den Parteien geführte WhatsApp-Korrespondenz bezüglich des beabsichtigten notariellen Schuldanerkenntnisses, dass die Parteien zunächst einvernehmlich übereingekommen waren, dass über einen großen Teil der von der Klägerin erbrachten Leistungen einschließlich Material keine betriebliche, die Mehrwertsteuer ausweisende Rechnung erstellt werden sollte.

Dass zwischen den Parteien zunächst verhandelte Schuldanerkenntnis betraf lediglich den Werklohn für die Arbeiten der Klägerin, die nach ihrer Auffassung noch nicht mit den von dem Beklagten gezahlten Beträgen abgegolten waren. Aus den WhatsApp-Nachrichten des Geschäftsführers der Klägerin geht hervor, dass nach seiner Vorstellung im Falle der Abgabe des Schuldanerkenntnisses durch den Beklagten im Übrigen keine weitere betriebliche Rechnung erstellt werden würde.

So hat der Geschäftsführer der Klägerin in seiner WhatsApp-Nachricht vom 14.01.2018 (vgl. Bl. 390 GA) ausgeführt:

„….habe ich erwartet, dass bis heute eine Lösung finden können wegen der Restbezahlung eines Schuldenerkennungsvertrages abzuschließen und damit die Sache vorbei ist …“).

Er entschloss sich ersichtlich erst nachdem insoweit keine Einigung zustande gekommen war, dem Beklagten die Arbeiten der Klägerin insgesamt in Rechnung zu stellen. So heißt es in seiner WhatsApp-Nachricht vom 20.01.2018 (vgl. Bl. 393 GA):

„Ich dachte dass bis heute Abend eine Lösung finden könnten für das Geld, aber es scheint so dass ich immer hinterher rennen muss […] Jetzt ich stelle Rechnungen für ganze Arbeit was wir geleistet haben

[…].

Für die Rechnungen Was gegeben und kein Geld bekommen habe ich erwarte bis morgen zurück zu bringen sonst lass ich neu erstellen das ich weiter in Rechnung mit normalen Gewinn einsetzen kann“ (Bl. 393 GA).

Gleiches geht aus der WhatsApp-Nachricht des Geschäftsführers der Klägerin vom 15.03.208 (Bl. 397 GA) hervor, in der er schreibt:

„…gebe ich Ihnen Zeit bis nächste Woche Dienstag um 12 Uhr dass schreiben bei Notar zu unterschreiben wenn nicht habe keine andere Lösung mehr als die Rechnungen zu stellen und ich bitte Sie zum letzten Mal dass ich meine Rechnungen im Original zurück zu schicken sonst ich lasse die neue wieder herstellen auf deine Kosten und melde die ganze Rechnung bei Finanzamt […]

Insbesondere die zuletzt genannte Nachricht belegt, dass die Klägerin zunächst beabsichtigt hatte, im Falle der erfolgten Abgabe des verlangten Schuldanerkenntnisses ihre bis dahin geleisteten Arbeiten nicht mehr in Rechnung zu stellen und die dem Beklagten übergebenen Materialrechnungen, einschließlich der auf sie ausgestellten Belege, dem Finanzamt gegenüber nicht in Ansatz zu bringen.

Der Umstand, dass sich der Geschäftsführer der Klägerin einseitig, entgegen der zunächst mit dem Beklagten Übereinkunft, später entschloss, seine Arbeiten doch in Rechnung zu stellen, macht den wegen des Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG gem. § 134 BGB nichtigen Vertrag nicht rückwirkend wirksam. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin von seinem Vorhaben, über einen großen Teil seiner Leistungen keine ordnungsgemäße Rechnung auszustellen, die die Mehrwertsteuer ausweist, später abgerückt ist, mag er sich unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte des schuldbefreienden Rücktritts unter bußgeld- und strafrechtlichen Gesichtspunkten keiner Verfolgung (mehr) ausgesetzt sehen. Diese Grundsätze gelten jedo
ch nicht für die zivilrechtliche Beurteilung im Hinblick auf eine beidseitige nichtige Vereinbarung.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




Volltext LG München liegt vor: Mittelbare Patentverletzung von Blackberry-Patent durch Facebook, WhatsApp und Instagram - Benutzerschnittstelle für Nachrichtendienstanwendungen

LG München
Urteil vom 05.12.2019
7 O 5314/18
Benutzerschnittstelle für Nachrichtendienstanwendungen


Das LG München hat entschieden, dass eine mittelbare Patentverletzung eines Blackberry-Patent durch die Apps von Facebook, WhatsApp und Instagram vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist auch begründet.
I. Das Klagepatent betrifft eine Benutzerschnittstelle für Nachrichtendienstanwendungen, insbesondere ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Umschalten zwischen mehreren Nachrichtensitzungen. Gegenstand gemäß Patentanspruch 1 ist das Verfahren und gemäß Patentanspruch 11 die entsprechende elektronische Vorrichtung.

1. Der Gegenstand des Klagepatents betrifft die Umschaltmöglichkeit zwischen mehreren Nachrichtensitzungen. Die rechts eingebildete Abbildung 11 zeigt ein bevorzugtes Ausführungsbeispiel der Erfindung:
[...]
Die patentgemäße Benutzerschnittstelle umfasst zwei Teile. In einem ersten Teil wird eine erste Kommunikation geführt (hier zwischen Mike und John). In einem zweiten Teil werden eingehende Nachrichten aus einer zweiten Kommunikation angezeigt (hier „Rob says…“). Diese Nachrichten enthalten einen Kontaktteil und einen Aktivitätsteil. Der Kontaktteil (in Figur 11 „Rob“) dient der Identifizierung des Absenders, der Aktivitätsteil (in Figur 11 „says…“) dient der Identifizierung der Aktivität des Absenders. Anspruchsgemäß ist vorausgesetzt, dass der Aktivitätsteil einen Teil der Nachricht umfasst. Der zweite Teil stellt die Möglichkeit bereit, auf entsprechende Nutzereingabe hin zu der zweiten Kommunikation zu wechseln. Erfindungsgemäß soll der Nutzer in einer ersten Konversation mithin in dem zweiten Teil über eine eingehende Nachricht aus einer zweiten Konversation informiert werden, und die Möglichkeit erhalten, in diese zweite Konversation zu wechseln.
[...]
Die angegriffene Ausführungsform verletzt das Klagepatent, weil eine mittelbare Patentverletzung nach § 10 Abs. 1 PatG vorliegt.

1. Eine angegriffene Ausführungsform ist z. B. die Anwendung „GI“.

2. Die Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung sind gemäß § 10 Abs. 1 PatG erfüllt. Der Gefährdungstatbestand nach § 10 PatG wird objektiv und subjektiv verwirklicht.

a) Mittel ist die angegriffene Ausführungsform (Anwendung „GI “) als Software, weil sie ein Gegenstand ist, der selbst noch nicht die Lehre des Patentanspruchs (wortsinngemäß oder äquivalent) verwirklicht, aber geeignet ist, zur unmittelbaren Benutzung der Erfindung (in wortsinngemäßer oder äquivalenter Form) verwendet zu werden. Mittel können auch nicht körperliche Gegenstände sein, eine Beschränkung auf körperliche Gegenstände ist nicht gerechtfertigt.

b) Dieses Mittel bezieht sich auf ein wesentliches Element der Erfindung. Die Anwendung „GI “ steuert eine ihn nutzende elektronische Vorrichtung, und lässt sie den beanspruchten Gegenstand ausführen. Da die in den geltend gemachten Ansprüchen enthaltenen Merkmale maßgeblich durch die angegriffene Ausführungsform verwirklicht werden, trägt die angegriffene Ausführungsform damit zum erfindungsgemäßen Leistungsergebnis maßgeblich bei.

c) Die angegriffene Ausführungsform „GI “ ist objektiv zur unmittelbaren Patentbenutzung geeignet. Wird die angegriffene Ausführungsform von dritter Seite bestimmungsgemäß auf einem elektronischen Gerät genutzt, sind die Voraussetzungen zur Anwendung des Verfahrens nach Anspruch 1 und der geschützten Vorrichtung nach Anspruch 11 hergestellt. Das angegriffene Mittel ist geeignet, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Nach der objektiven Beschaffenheit der angegriffenen Ausführungsform und seiner Einbindung in iOS ist dies der Fall, weil eine unmittelbare wortsinngemäße Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Nutzer möglich ist. Diese Benutzung durch die Nutzer ist auch unstreitig bereits erfolgt.

Patentanspruch 1 wird durch die Nutzer wortsinngemäß benutzt. Auch hinsichtlich der streitigen Merkmale 1.3/11.3.3, 1.2.1.2/11.3.2.1.2, 11.2.1/11.3.1.2.1 verwirklicht die angegriffene Ausführungsform das Klagepatent. Die Benutzung der übrigen Merkmale der geltend gemachten Patentansprüche 1 und 11 sind zu Recht unstreitig.

aa) Soweit dies mit Blick auf Merkmal 1.3/ 11.3.3 streitig ist, ist das Merkmal gleichwohl verwirklicht.

Unstreitig löst der Nutzer das Umschalten zu einer parallelen Chat-Session aus, indem er unmittelbar und in einem einschrittigen Prozess das Benachrichtigungsbanner anklickt oder -tippt. Nach der oben dargelegten Auslegung ist dieser einschrittige Wechselprozess, ausgelöst durch eine Nutzereingabe, zur Verwirklichung des Merkmals ausreichend.

bb) Auch Merkmal 1.2.1.2/ 11.3.2.1.2 ist verwirklicht. Soweit - für sich gesehen unstreitig - die bei Eingehen einer Nachricht aus der zweiten Nachrichtensitzung eingehende Mitteilung nicht explizit eine Aktivität angibt, insbesondere kein Verb zur Aktivitätsidentifzierung verwendet, ist dies nach oben dargelegter Auslegung entbehrlich. Ein Teil der eingehenden Nachricht wird angezeigt, was zur Verwirklichung bereits ausreicht.

cc) Schließlich ist auch Merkmal 1.1.2.1 (nach klägerischer Diktion 1.4) erfüllt. Auch wenn unstreitig das Mitteilungsbanner nach 5 Sekunden wieder ausgeblendet wird, unabhängig davon, ob die neue Nachricht bereits gelesen wurde, und der freiwerdende Platz hauptsächlich dem Informationsbalken zugutekommt, ist dies nach obiger Lesart für die Verwirklichung ausreichend. Im Übrigen hat die Beklagtenseite nicht bestritten, dass der freiwerdende Platz in irgendeiner Form dem ersten Teil zugutekommt, wie die Klägerin unterstreicht.

d) Das Angebot oder die Lieferung im Inland zur Benutzung der Erfindung im Inland ist erfolgt.

Das Programm „GI “ wird im Inland zur Benutzung im Inland unstreitig angeboten, indem zum Beispiel im App-Store von Apple die Anwendung „GI “ zum Herunterladen und zur Installation auf iOS-Geräten angeboten wird.

aa) Dass die Beklagte zu 1) als Entität, in deren Eigentum bzw. Kontrolle die Anwendung steht, hierfür verantwortlich ist, ist unstreitig.

bb) Auch die Beklagte zu 3) ist hierfür mit verantwortlich. Denn beide Gesellschaften handeln als Mittäter und die Beklagte zu 3) muss sich das Handeln ihrer Mittäterin zurechnen lassen.

(A) Mittäterschaft besteht, weil ein arbeitsteiliges Vorgehen aufgrund eines gemeinsamen Tatplans (nämlich: die Anwendung „GI “ auch in der Bundesrepublik Deutschland zu vertreiben) vorliegt.

(B) Die Beklagte zu 1) als Tochtergesellschaft der Beklagten zu 3) ist eine weisungsgebundene Gesellschaft und wird von der Mutter, der hiesigen Beklagten zu 3), kontrolliert und beherrscht. Hierin liegt ihr Tatbeitrag.

Dass die Beklagte zu 1) weisungsgebunden gegenüber der Beklagten zu 3) ist, bestreitet die Beklagtenseite nicht hinreichend substantiiert. Sie zieht sich allgemein darauf zurück, dass die Klägerin ihrerseits nur pauschal vorgetragen habe, wenn sie unter anderem Strategieaussagen aus einem Jahresbericht vorlegt, der bei der US-Börsenaufsichtsbehörde eingereicht worden ist. Aus diesem ergibt sich unstreitig, dass die Beklagte zu 3) die angegriffene Anwendung „GI “ als „ihr Produkt“ bezeichnet und Einnahmen hieraus als „ihre Einnahmen“ bewertet. In diesem Sinne liest sich auch der Vortrag der Beklagtenseite im Rahmen des Vollstreckungsschutzantrags, wonach der Konzern der Beklagtenseite durch die Vollstreckung eines Unterlassungstitels wirtschaftlich belastet würde. Die Beklagtenseite trifft eine sekundäre Darlegungslast, weil die Klägerin alle ihr zur Verfügung stehenden - öffentlich verfügbaren - Erkenntnismöglichkeiten über die rechtliche und tatsächliche Einbindung der Beklagten zu 3) in die Handlungen der Beklagten zu 1) sowie über eine entsprechende Weisungsgebundenheit dieser Gesellschaft gegenüber der Beklagten zu 3) ausgeschöpft hat. Dieser Bewertung steht nicht entgegen, dass die von der Klägerin vorgelegten Informationen nicht ausdrücklich die Bundesrepublik Deutschland betreffen. Im Rahmen dieser sekundären Darlegungslast wären nach Überzeugung der Kammer der Beklagtenseite nähere Angaben zu den genannten Umständen ohne weiteres möglich und auch zumutbar gewesen.
[...]
e) Auch der subjektive Tatbestand ist (unstreitig) gegeben.

Die subjektive Bestimmung des Abnehmers zur unmittelbaren patentverletzenden Verwendung ist offensichtlich, weil die angegriffene Ausführungsform die patentverletzende Funktionalität vorsieht und davon auszugehen ist, dass sie entsprechend ausgeführt wird, auch weil sie entsprechend beworben wird. Die objektive Eignung und die Verwendungsbestimmung der Abnehmer sind für die Beklagtenseite offensichtlich. Die „GI “-Anwendung ist von der Beklagtenseite auf die patentgemäße Benutzung zugeschnitten und wird hierfür explizit angeboten.

III. Die Beklagten sind passivlegitimiert (s.o.).

IV. Wegen der Patentverletzung hat die Klägerin die folgenden Ansprüche:

1. Der Anspruch auf Unterlassung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 1 PatG. Hinsichtlich der angegriffenen Ausführungsform besteht Wiederholungsgefahr mit Blick auf die Tathandlungen „anbieten“ und „liefern“. Denn die Wiederholungsgefahr wird durch die festgestellten rechtswidrigen Benutzungshandlungen indiziert.

Ein Schlechthinverbot ist gerechtfertigt. Die angegriffene Ausführungsform kann technisch und wirtschaftlich sinnvoll nur in patentverletzender Weise verwendet werden. Die Anwendung „GI “ ohne die patentverletzende Verwirklichung der Anspruchsmerkmale zu verwenden, scheidet aus.

2. Der Anspruch auf Auskunft und Rechnungslegung folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 140b Abs. 1, Abs. 3 PatG, §§ 242, 259 BGB.

Die Beklagten sind auch verpflichtet, über die Nutzungshandlungen der Beklagten zu 1) Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Es ist davon auszugehen, dass auch die Beklagte zu 3) die Möglichkeit hat, über Nutzungshandlungen der Beklagten zu 1) Auskunft zu erteilen. Die (insoweit darlegungs- und beweisbelastete) Beklagte zu 3) hat jedenfalls nicht dargetan, dass ihr eine solche Auskunft unmöglich ist, § 275 BGB. Sie hat auch die mittels des Jahresberichtes K-B-4 substantiierte Behauptung der Klägerin, die Beklagte zu 3) kontrolliere die Beklagte zu 1), nicht substantiiert bestritten (s.o.).

3. Der Schadensersatzanspruch folgt aus Art. 64 Abs. 1 EPÜ, § 139 Abs. 2 PatG.

Die Gesamtschuldnerstellung der Beklagten folgt aus § 840 Abs. 1 BGB.
C. Eine Aussetzung mit Blick auf die von der Beklagtenseite erhobene Nichtigkeitsklage nach § 148 ZPO ist nicht veranlasst."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Düsseldorf: Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen Verarbeitung von Nutzerdaten möglicherweise rechtswidrig und einstweilen außer Vollzug

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 26.08.2019
VI-Kart 1/19 (V)

Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass die Anordnungen des Bundeskartellamtes gegen Facebook wegen der Verarbeitung von Nutzerdaten möglicherweise rechtswidrig sind und diese einstweilen außer Vollzug gesetzt.

Die Pressemitteilung des OLG Düsselorf:

Facebook: Anordnungen des Bundeskartellamts möglicherweise rechtswidrig und deshalb einstweilen außer Vollzug

Der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf hat unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Jürgen Kühnen am 26. August 2019 die aufschiebende Wirkung der Beschwerden des Facebook-Konzerns angeordnet. Diese Beschwerden richten sich gegen Beschränkungen, die das Bundeskartellamt Facebook bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt hat. Wegen der Einzelheiten der Entscheidung des Bundeskartellamts wird auf dessen Pressemitteilung vom 7. Februar 2019 verwiesen.

An der Rechtmäßigkeit dieser kartellbehördlichen Anordnungen hat der 1. Kartellsenat schon auf der Grundlage einer bloß summarischen rechtlichen Prüfung ernstliche Zweifel. Selbst wenn die beanstandete Datenverarbeitung gegen Datenschutzbestimmungen verstoße, liege darin nicht zugleich ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Wegen der Einzelheiten dieser und der weiteren vorläufigen Überlegungen des Gerichts wird auf dessen verlinkten Beschluss Bezug genommen (Aktenzeichen: VI-Kart 1/19 (V)).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bedeutet, dass Facebook die Entscheidung des Bundeskartellamts zunächst nicht umsetzen muss. Über den Bestand der kartellbehördlichen Anordnungen wird in dem bereits anhängigen Beschwerdeverfahren entschieden. In diesem Verfahren ist noch kein Verhandlungstermin bestimmt. Über den Fortgang werde ich zu gegebener Zeit in einer weiteren Pressemitteilung berichten.

Der Beschluss über die aufschiebende Wirkung der Beschwerden kann mit der vom 1. Kartellsenat zugelassenen Rechtsbeschwerde angefochten werden, über die dann der Bundesgerichtshof zu entscheiden hätte.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



Interview in der Internet World Business mit Rechtsanwalt Marcus Beckmann zur Ankündigung von WhatsApp den Newsletterversand ab 07.12.2019 zu verbieten

Im Rahmen des Beitrags "Aus für den Newsletter" von Helmut van Rinsum in Heft 13/19, S. 22-23 der Internet World Business ist ein Interview mit Rechtsanwalt Marcus Beckmann erschienen. In dem Beitrag und dem Interview geht es um die Ankündigung on WhatsApp, den Newsletter-Versand über den Messenger ab dem 07.12.2019 zu verbieten.



VG Berlin: Verbreitung heimlich erstellter Fotos und Videos von Lehrkräften auf Instagram rechtfertigt vorläufige Suspendierung des Schülers vom Schulunterricht

VG Berlin
Beschlüsse vom 07.06.2019
VG 3 L 357.19 und VG 3 L 363.19


Das VG Berlin hat entschieden, dass die Verbreitung heimliche erstellter Fotos und Videos von Lehrkräften auf Instagram die vorläufige Suspendierung des Schülers vom Schulunterricht rechtfertigt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Heimliche Fotos und Videos von Lehrkräften auf Instagram: Vorläufige Suspendierung vom chulunterricht gerechtfertigt

Zwei Schüler einer zehnten Klasse einer Integrierten Gesamtschule in Berlin dürfen vorläufig vom Unterricht suspendiert werden, weil sie heimlich Videos und Fotos von Lehrkräften angefertigt und an einen Mitschüler weitergeleitet haben, der sie auf Instagram verbreitet und teilweise mit sexistischen und beleidigenden Kommentaren versehen hat.

Das hat das Verwaltungsgericht Berlin in zwei Eilverfahren entschieden.

Die Schulleiterin habe die beiden Schüler vorläufig für neun Schultage vom Unterricht suspendieren dürfen. Einer der beiden Schüler hatte zugegeben, heimlich Bilder eines Lehrers aus dem Unterricht angefertigt und an den Betreiber des Instagram-Accounts weitergeleitet zu haben. Der andere Schüler hatte jedenfalls nicht bestritten, dem Mitschüler solche Fotos und Videosequenzen geschickt zu haben. Die Schulleiterin habe davon ausgehen dürfen, dass die beiden Schüler zumindest in Kauf genommen hätten, dass der Mitschüler das Bild- und Videomaterial auf seiner Instagram-Seite veröffentlichen und mit beleidigenden und sexistischen Inhalten versehen würde. Es sei lebensfremd anzunehmen, dass sie nicht gewusst hätten, was der Mitschüler mit dem Bild- und Videomaterial machen würde, zumal einer der Schüler selber einen solchen Account betreibe.

Es liege auch auf der Hand, dass bei der hier nahe liegenden Weiterverbreitung und Kommentierung in den so genannten sozialen Medien durch einen Mitschüler das geordnete Schulleben beeinträchtigt werde und dadurch das Vertrauen der Schülerschaft in einen regelgeleiteten und friedlichen schulischen Rahmen fortwährend erschüttert sei. Das gelte in besonderem Maße, wenn die weiterverbreiteten Inhalte geeignet seien, die betroffenen Lehrkräfte in der Öffentlichkeit bloßzustellen.

Gegen die Entscheidungen kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Beschlüsse der 3. Kammer vom 7. Juni 2019 (VG 3 L 357.19 und VG 3 L 363.19)



Volltext veröffentlicht - Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen

Bundeskartellamt
Beschluss vom 07.02.2019
B6-22/16


Wir hatten bereits in dem Beitrag "Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen" über die Entscheidung berichtet.

Den Volltext finden Sie hier:

Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen

Das Bundeskartellamt hat Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen untersagt.

Die Pressemitteilung des Bundeskartelamtes:

Bundeskartellamt untersagt Facebook die Zusammenführung von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook weitreichende Beschränkungen bei der Verarbeitung von Nutzerdaten auferlegt.

Nach den Geschäftsbedingungen von Facebook können Nutzer das soziale Netzwerk bislang nur unter der Voraussetzung nutzen, dass Facebook auch außerhalb der Facebook-Seite Daten über den Nutzer im Internet oder auf Smartphone-Apps sammelt und dem Facebook-Nutzerkonto zuordnet. Alle auf Facebook selbst, den konzerneigenen Diensten wie z.B. WhatsApp und Instagram sowie den auf Drittwebseiten gesammelten Daten können mit dem Facebook-Nutzerkonto zusammengeführt werden.

Die Entscheidung des Amtes erfasst verschiedene Datenquellen:

(i) Künftig dürfen die zum Facebook-Konzern gehörenden Dienste wie WhatsApp und Instagram die Daten zwar weiterhin sammeln. Eine Zuordnung der Daten zum Nutzerkonto bei Facebook ist aber nur noch mit freiwilliger Einwilligung des Nutzers möglich. Wenn die Einwilligung nicht erteilt wird, müssen die Daten bei den anderen Diensten verbleiben und dürfen nicht kombiniert mit den Facebook-Daten verarbeitet werden.

(ii) Eine Sammlung und Zuordnung von Daten von Drittwebseiten zum Facebook-Nutzerkonto ist in der Zukunft ebenfalls nur noch dann möglich, wenn der Nutzer freiwillig in die Zuordnung zum Facebook-Nutzerkonto einwilligt.

Fehlt es bei den Daten von den konzerneigenen Diensten und Drittwebsites an der Einwilligung, kann Facebook die Daten nur noch sehr stark eingeschränkt sammeln und dem Nutzerkonto zuordnen. Enstsprechende Lösungsvorschläge hierfür muss Facebook erarbeiten und dem Amt vorlegen.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir nehmen bei Facebook für die Zukunft eine Art innere Entflechtung bei den Daten vor. Facebook darf seine Nutzer künftig nicht mehr zwingen, einer faktisch grenzenlosen Sammlung und Zuordnung von Nicht-Facebook-Daten zu ihrem Nutzerkonto zuzustimmen.Die Kombination von Datenquellen hat ganz maßgeblich dazu beigetragen, dass Facebook einen so einzigartigen Gesamtdatenbestand über jeden einzelnen Nutzer erstellen und seine Marktmacht erreichen konnte. Der Verbraucher kann in Zukunft verhindern, dass Facebook seine Daten ohne Beschränkung sammelt und verwertet. Die bisherige Zusammenführung aller Daten unter dem Facebook-Nutzerkonto in faktisch schrankenlosem Ausmaß hängt für die Zukunft von der freiwilligen Einwilligung der Nutzer ab. Und Freiwilligkeit heißt, dass die Nutzung der Facebook-Dienste nicht von der Einwilligung des Nutzers in diese Art der Datensammlung und -zusammenführung abhängig gemacht werden darf. Wenn der Nutzer die Einwilligung nicht erteilt, darf Facebook ihn nicht von seinen Diensten ausschließen und muss auf eine Datensammlung und -zusammenführung aus den verschiedenen Quellen verzichten.“

Facebook ist auf dem Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend

Im Dezember 2018 hatte Facebook weltweit 1,52 Mrd. täglich und 2,32 Mrd. monatlich aktive Nutzer. Auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke ist Facebook marktbeherrschend. Hier hat Facebook mit 23 Mio. täglichen und 32 Mio. monatlichen Nutzern einen Marktanteil von über 95 Prozent bei den täglich aktiven Nutzern und von über 80 Prozent bei den monatlich aktiven Nutzern. Der Wettbewerber Google+ hat unlängst angekündigt, sein soziales Netzwerk bis April 2019 einzustellen. Dienste wie Snapchat, YouTube oder Twitter, aber auch berufliche Netzwerke wie LinkedIn und Xing bieten jeweils nur einen Ausschnitt der Leistungen eines sozialen Netzwerkes an und sind deshalb nicht in den relevanten Markt einzubeziehen. Aber auch unter Einbeziehung dieser Dienste würde der Facebook-Konzern inklusive seiner Tochterunternehmen Instagram und WhatsApp auf so hohe Marktanteile kommen, die die Annahme eines Monopolisierungsprozesses nahelegen.

Andreas Mundt: „Als marktbeherrschendes Unternehmen unterliegt Facebook besonderen kartellrechtlichen Pflichten und muss bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells berücksichtigen, dass die Facebook-Nutzer praktisch nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können. Ein obligatorisches Häkchen bei der Zustimmung in die Nutzungsbedingungen des Unternehmens stellt angesichts der überragenden Marktmacht des Unternehmens keine ausreichende Grundlage für eine derartig intensive Datenverarbeitung dar. Der Nutzer hat ja nur die Wahl, entweder eine umfassende Datenzusammenführung zu akzeptieren oder aber auf die Nutzung des sozialen Netzwerkes zu verzichten. Von einer freiwilligen Einwilligung in die Datenverarbeitungsbedingungen kann in einer solchen Zwangssituation des Nutzers keine Rede sein.“

Missbrauch der Marktmacht durch Umfang der Sammlung, Verwertung und Zuführung der Daten auf dem Nutzerkonto

Der Umfang, in dem Facebook Daten ohne Einwilligung der Nutzer sammelt, dem Nutzerkonto zuführt und verwertet ist missbräuchlich.

Das Bundeskartellamt hat keine Entscheidung getroffen, wie die Verarbeitung von Daten, die bei der Nutzung der originären Facebook-Website selbst anfallen, kartellrechtlich zu bewerten ist. Aufgrund der direkten Zuordnung zu dem konkreten Dienst wissen Nutzer, dass ihre Daten dort in einem bestimmten Umfang erhoben und genutzt werden. Dies ist auch wesentlicher Bestandteil eines sozialen Netzwerkes und dessen datenbasiertem Geschäftsmodell.

Was vielen jedoch nicht bewusst ist: Die private Nutzung des Netzwerks ist u.a. auch davon abhängig, dass Facebook nahezu unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammelt, den Facebook-Konten der Nutzer zuordnet und zu zahlreichen Datenverarbeitungsvorgängen verwendet. Drittquellen sind dabei die konzerneigenen Dienste wie z.B. Instagram oder WhatsApp aber auch Drittseiten, die mit Schnittstellen, wie z.B. dem „Like-“ oder „Share-Button“, versehen sind. Wenn Webseiten und Apps derartige sichtbare Schnittstellen eingebunden haben, fließen schon mit deren Aufruf bzw. Installation Daten an Facebook. Es ist also beispielsweise nicht notwendig, einen „Like-Button“ zu berühren oder gar zu betätigen. Schon der Aufruf einer Seite, in der ein „Like-Button“ eingebunden ist, löst den Datenfluss zu Facebook aus. Solche Schnittstellen sind millionenfach auf deutschen Webseiten und in Apps verbreitet.

Aber auch wenn für den Internetnutzer gar kein Facebook-Symbol auf einer Website sichtbar ist, fließen vielfach Daten des Nutzers von einer Internetseite zu Facebook. Dies ist etwa dann der Fall, wenn ein Homepage-Betreiber im Hintergrund den Analysedienst „Facebook Analytics“ einsetzt, um damit Auswertungen über die Nutzer seiner Homepage durchzuführen.

Andreas Mundt: „Durch die Kombination von Daten aus der eigenen Website, konzerneigenen Diensten und der Analyse von Drittwebseiten erhält Facebook ein sehr genaues Profil seiner Nutzer und weiß, was sie im Internet machen.“

Europäische Datenschutzvorschriften als Maßstab für den Ausbeutungsmissbrauch

Die Nutzungsbedingungen und die Art und der Umfang der Sammlung und Verwertung der Daten durch Facebook verstoßen zu Lasten der Nutzer gegen europäische Datenschutzvorschriften. Das Bundeskartellamt hat hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Fragestellungen eng mit führenden Datenschutzbehörden zusammengearbeitet.

Das Bundeskartellamt bewertet das Verhalten von Facebook vor allem als einen sogenannten Ausbeutungsmissbrauch. Marktbeherrschende Unternehmen dürfen die Marktgegenseite – hier also die Verbraucher als Facebook-Nutzer – nicht ausbeuten. Das gilt vor allem dann, wenn durch die Ausbeutung gleichzeitig auch Wettbewerber behindert werden, die keinen solchen Datenschatz anhäufen können. Diese kartellrechtliche Herangehensweise ist nicht neu, sondern entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wonach nicht nur überhöhte Preise, sondern auch die Unangemessenheit von vertraglichen Regelungen und Konditionen eine missbräuchliche Ausbeutung darstellen (sog. Konditionenmissbrauch).

Andreas Mundt: „Daten sind heute ein entscheidender Faktor im Wettbewerb. Gerade für Facebook sind sie sogar der wesentliche Faktor für die Dominanz des Unternehmens. Auf der einen Seite steht eine kostenlose Dienstleistung für die Nutzer. Auf der anderen Seite steigt die Attraktivität und der Wert der Werbeplätze mit der Menge und der Tiefe der Daten über die Nutzer. Gerade bei der Datensammlung und Verwertung muss sich Facebook deshalb als marktbeherrschendes Unternehmen an die in Deutschland und Europa geltenden Regeln und Gesetze halten.“

Die Entscheidung des Bundeskartellamtes ist noch nicht rechtskräftig. Facebook hat die Möglichkeit innerhalb eines Monats Beschwerde gegen die Entscheidung einzulegen, über die dann das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheiden würde."


OLG Oldenburg: 500 EURO Geldentschädigung wegen ungenehmigter Verbreitung per WhatsApp übersandter intimer Fotos durch Ex-Freund an Bekannten

OLG Oldenburg
Beschluss vom 06.04.2018
13 U 70/17


Das OLG Oldenburg hat entschieden, dass wegen der ungenehmigter Verbreitung per WhatsApp übersandter intimer Fotos durch den Ex-Freund an einen Bekannten eine Entschädigung in Höhe von 500 EURO angemessen ist. Daneben besteht zudem ein Unterlassungsanspruch.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Weiterverbreitung von Nacktfotos – Geldentschädigung

Aber in welcher Höhe? Wer Nacktfotos von andern gegen deren Willen verbreitet, muss mit einer Forderung auf Geldentschädigung rechnen. Hat der Abgebildete einen eigenen Beitrag zu der Weiterverbreitung der Bilder gesetzt, kann das eine Rolle für die Höhe der Entschädigung spielen. Über einen solchen Fall hat kürzlich der 13. Senat des Oberlandesgerichts Oldenburg zu entscheiden.

Eine junge Frau aus dem Osnabrücker Raum hatte Fotos von sich aufgenommen, die unter anderem ihre Brüste und ihren Genitalbereich zeigten. Sie verschickte die Fotos per WhatsApp nach eigenen Angaben an ihren damaligen Freund. Eine frühere Freundin erhielt die Fotos ebenfalls, wobei der genaue Hergang nicht mehr aufgeklärt werden konnte. Jedenfalls leitete diese die Fotos an einen anderen Freund weiter. Daraufhin erhob die Abgebildete Klage gegen ihre frühere Freundin.

Der Senat hat die Entscheidung des Landgerichts Osnabrück bestätigt, nach dem die Beklagte unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,- Euro verurteilt wurde, eine Weiterverbreitung der Bilder zu unterlassen und der Klägerin eine Entschädigung von 500,- Euro zu zahlen. Eine Weiterleitung von Nacktfotos ohne Einwilligung des Abgebildeten sei eine Verletzung der Intimsphäre und des Rechts am eigenen Bild und damit des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Der Abgebildete habe daher einen Unterlassungsanspruch. Dies gelte auch dann, wenn der Name des Abgebildeten nicht erwähnt werde. Eine Entschädigung in Höhe von 500,- Euro sei im vorliegenden Fall angemessen, aber auch ausreichend, so die Richter. Denn die Klägerin habe durch die Aufnahme und das Verschicken der Bilder eine wesentliche Ursache für deren Weiterverbreitung gesetzt. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Fotos nur per WhatsApp an eine weitere Person weitergeleitet und nicht etwa ins Internet gestellt worden seien.

Oberlandgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 05.03.2018, Beschluss vom 06.04.2018, Az. 13 U 70/17



ArbG Mainz: Rechtswidrige und fremdenfeindliche Äußerungen in kleiner privater WhatsApp-Gruppe sind kein Kündigungsgrund

ArbG Mainz
Urteile vom 15.11.2017
4 Ca 1240/17, 4 Ca 1241/17, 4 Ca 1242/17, 4 Ca 1243/17


Das ArbG Mainz hat entschieden, dass rechtswidrige und fremdenfeindliche Äußerungen in kleiner privater WhatsApp-Gruppe kein Kündigungsgrund sind.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

"Keine Kündigungen wegen Äußerungen in kleiner WhatsApp-Gruppe

Das Arbeitsgericht Mainz hat am 15.11.2017 den Kündigungsschutzklagen von vier Mitarbeitern der Stadt Worms stattgegeben.

Die Angestellten waren fristlos gekündigt worden, weil sie in einer WhatsApp-Gruppe unter anderem fremdenfeindliche Bilder ausgetauscht hatten.

Das Arbeitsgericht sah hierhin jedoch keinen Kündigungsgrund, weil dies auf den privaten Smartphones der Mitarbeiter geschah und diese darauf vertrauen durften, dass dies nicht nach außen getragen würde.

Auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (z. B. BAG, Urteil vom 10.12.2009, 2 AZR 534/08, Rd.-Ziff. 18) entschied das Arbeitsgericht, dass es arbeitsrechtlich nicht zu Lasten des sich äußernden Arbeitnehmers gehen darf, wenn ein Gesprächspartner diese Vertraulichkeit aufhebt und den Arbeitgeber informiert."


OVG Hamburg: Facebook darf personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer mangels ausreichender Einwillungserklärung nach deutschem Recht nicht verwenden

OVG Hamburg
Entscheidung vom 01.03.2018
5 Bs 93/17


Das OVG Hamburg hat im Rahmen eines Eilverfahrens entschieden, dass Facebook personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer mangels ausreichender Einwillungserklärung nach deutschem Recht nicht verwenden darf. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei - so das Gericht - jedoch offen. Im Eilverfahren würden jedoch jedenfalls die Interessen deutscher WhatsApp-Nutzer am Schutz ihrer personenbezogenen Daten überwiegen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Vorerst weiter keine Verwendung personenbezogener Daten deutscher WhatsApp-Nutzer durch Facebook

Das Hamburgische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Facebook Ireland Ltd. (Facebook) die personenbezogenen Daten deutscher WhatsApp-Nutzer vorerst nicht auf der Grundlage der bisher abgeforderten Einwilligung erheben und speichern darf (5 Bs 93/17). Damit bestätigt es die vorausgegangene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hamburg, das einen Eilantrag von Facebook gegen eine sofort vollziehbare Untersagungsverfügung des Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit (Datenschutzbeauftragter) abgelehnt hatte (13 E 5912/16).

Zur Begründung hat das Hamburgische Oberverwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Es sei offen, ob die beanstandete Untersagungsverfügung rechtmäßig sei. Offen sei insbesondere, ob deutsches Datenschutzrecht zur Anwendung gelange und – wenn ja – ob der Datenschutzbeauftragte gegen Facebook mit Sitz in Irland vorgehen dürfe. In diesem Fall erweise sich die beanstandete Untersagung allerdings nicht als offensichtlich rechtswidrig. Denn die seit August 2016 abgeforderte Zustimmung der WhatsApp-Nutzer zu den neuen Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien entspreche voraussichtlich nicht den deutschen Datenschutzvorschriften. Die vor diesem Hintergrund vorzunehmende Interessenabwägung führe zu einem Überwiegen der Interessen deutscher WhatsApp-Nutzer am Schutz ihrer personenbezogenen Daten.



LG Saarbrücken: Til Schweiger durfte private Facebook-Nachricht veröffentlichen - Meinungsfreiheit und Informationsinteresse überwiegen Persönlichkeitsrecht in diesem Fall

LG Saarbrücken
Urteil vom 23.11.2017
4 O 328/17


Das LG Saarbrücken hat entschieden, dass Til Schweiger eine private Facebook-Nachricht veröffentlichen durfte. Zwar verstößt die Veröffentlichung einer privaten Facebook-Nachricht gegen das Persönlichkeitsrecht, im vorliegenden Fall überwiegt - so das Gericht - die Meinungsfreiheit und Informationsinteresse das Persönlichkeitsrecht.

Die Pressemitteilung des LG Saarbrücken:

Landgericht Saarbrücken weist Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Til Schweiger zurück

Im Streit um eine Nachricht auf Facebook zwischen einer Frau aus Sulzbach (Klägerin) und dem Schauspieler Til Schweiger (Beklagter) hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts heute Morgen den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

Die Klägerin hatte den Beklagten nach der Bundestagswahl in einer privaten Nachricht gefragt, ob er nun Deutschland verlassen werde, nachdem er vor der Bundestagswahl angekündigt haben soll, dass er bei einem Einzug der AfD in den Bundestag Deutschland verlassen wolle. Der Beklagte hatte diese Nachricht über seine Facebook-Seite veröffentlicht. Die Klägerin hatte deshalb Unterlassung begehrt, weil sie ihr Persönlichkeitsrecht verletzt sah. Dem ist das Landgericht Saarbrücken nicht gefolgt. Das Gericht hält zwar den Vorwurf einer Verletzung des Persönlichkeitsrechts für berechtigt, weil der Inhalt privater Nachrichten unabhängig von dem gewählten Kommunikationsweg grundsätzlich nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden dürfe. Die Kammer sieht den Eingriff in das Persönlichkeitsrecht allerdings durch das Informationsinteresse und das Recht des Beklagten auf Meinungsfreiheit gedeckt. Die Klägerin habe sich mit ihrer Äußerung über ein großes soziales Netzwerk an den prominenten Beklagten gewandt, um an einer in der Öffentlichkeit geführten kontroversen Debatte teilzunehmen. Dabei habe sie sich ihrerseits nicht neutral verhalten, sondern Kritik am Beklagten geäußert und sich zudem auf eine Behauptung des Beklagten gestützt, die nicht erwiesen werden konnte. Die Klägerin habe sich deshalb ebenfalls der öffentlichen Diskussion und der in diesem Zusammenhang geäußerten Kritik, etwa durch Kommentare auf Facebook, stellen müssen. Dabei habe der Beklagte auch den Namen der Klägerin veröffentlichen dürfen. Maßgebend hierfür sei, dass die Klägerin ihrerseits vor der Veröffentlichung durch den Beklagten unter Angabe ihres vollständigen Namens an die Öffentlichkeit gegangen sei, nämlich in einem Internet-Forum mit ca. 25.000 Mitgliedern.

Gegen das Urteil ist die Berufung zum Saarländischen Oberlandesgericht zulässig.

Landgericht Saarbrücken, Urteil vom 23. November 2017 – 4 O 328/17


LAG Baden-Württemberg: Weitergabe von Patientendaten per WhatsApp durch Mitarbeiterin einer Arztpraxis rechtfertigt fristlose Kündigung

LAG Baden-Württemberg
Urteil vom 11.11.2016
12 Sa 22/16


Das LAG Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Weitergabe von Patientendaten per WhatsApp durch Mitarbeiterin einer Arztpraxis eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung rechtfertigt.

Aus dem Sachverhalt und den Entscheidungsgründen:

"Die Klägerin war in der Praxis der Beklagten u.a. für die Terminverwaltung zuständig. Am 22. Oktober 2015 sagte eine Patientin, die sowohl der Klägerin als auch ihrer Tochter persönlich bekannt war, einen vereinbarten Untersuchungstermin ab. Die Klägerin rief das elektronisch gespeicherte Terminblatt der Patientin auf. Aus dem Terminblatt ist ersichtlich: Name und Geburtsdatum der Patientin, zu untersuchender Körperbereich und damit korrespondierend das für die Untersuchung zu reservierende MRT-Gerät. Nachdem das Terminblatt auf dem Bildschirm erschienen war, fotografierte die Klägerin es mit Hilfe ihres Smartphones und leitete das Foto, mit einem Kommentar versehen, per WhatsApp an ihre Tochter weiter.

Vom 09. bis zum 15. November 2015 war die Klägerin arbeitsunfähig. Am 09. November rief der Vater der Patientin, die am 22. Oktober abgesagt hatte, in der Praxis der Beklagten an. Er beschwerte sich darüber, dass die Tochter der Klägerin im Sportverein die WhatsApp-Nachricht ihrer Mutter weitergezeigt habe. Die Klägerin habe das Foto des Terminblatts mit dem Kommentar versehen „Mal sehen, was die schon wieder hat…“ Seine Tochter habe hiervon erfahren. Die Beklagten hörten die Klägerin nach ihrer Wiedergenesung am 16. November zu den Vorwürfen des Vaters der Patientin an. Die Klägerin räumte ein, das Foto an ihre Tochter weitergeleitet und es mit dem Satz „mal sehen, was die schon wieder hat…“ kommentiert zu haben.

[...]

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sind die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB in zwei Schritten zu prüfen. Zunächst ist festzustellen, ob der Kündigungssachverhalt ohne seine Besonderheiten „an sich“, d.h. typischer Weise geeignet ist, als wichtiger Grund die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen. Kann dies bejaht werden, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob dem Kündigenden bei Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls und der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 10. Juni 2010, 2 AZR 541/09, NZA 2010, 1227, Rn. 16; Urteil vom 25. Oktober 2012, 2 AZR 495/11, NZA 2013, 319, Rn. 14).

2. Das Verhalten der Klägerin am 22. Oktober 2015 war an sich - losgelöst von den besonderen Umständen und den beiderseitigen Interessen - geeignet, eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien zu begründen.

a) Das Verhalten am 22. Oktober 2015 stellt eine schwerwiegende vorsätzliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflicht der Klägerin dar (§ 2.1.1 des Arbeitsvertrags). Die Klägerin hat den Namen und den zu untersuchenden Körperbereich der ihr persönlich bekannten Patientin vorsätzlich an ihre Tochter weitergeleitet. Dabei unterlag sie keinem Verbotsirrtum. Sie selbst trägt vor, sie habe sich nichts dabei gedacht, als sie das Terminblatt der Patientin fotografierte und das Foto an die Tochter versandte. Es hat sie nicht gekümmert, ob sie das durfte. Sie nahm damit die Möglichkeit einer erheblichen Vertragsverletzung billigend in Kauf (bedingter Vorsatz). Ein Verbotsirrtum würde dagegen die Vorstellung der Klägerin voraussetzen, es sei ihr erlaubt, die Patientendaten zur Befriedigung familiärer Neugier weiterzuleiten. Gedankenlosigkeit begründet eine derartige Vorstellung nicht. Der Vortrag der Klägerin lässt insoweit konsequenter Weise offen, worauf sich eine solche Vorstellung hätte stützen können. Auch in der Laiensphäre - die Klägerin ist allerdings medizinische Fachkraft - war klar, Patientennamen gehen die Tochter nichts an. Das gilt erst recht, wenn die Patientin persönlich bekannt ist.

b) Es stellt grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung eines Arbeitsverhältnisses dar, wenn die medizinische Fachangestellte einer Arztpraxis Patientendaten unbefugt nach außen gibt. Die Gewährleistung der ärztlichen Schweigepflicht auch durch das nichtärztliche Personal ist grundlegend für das erforderliche Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Die Betreiber medizinischer Einrichtungen haben daher ein gewichtiges Interesse daran, dieses Vertrauen bei Störungen durch Preisgabe von Patientendaten möglichst schnell wiederherzustellen.

3. Die außerordentliche Kündigung der Beklagten war nicht unverhältnismäßig, weil die Beklagten die Klägerin wegen der schwerwiegenden Verletzung ihrer arbeitsvertraglichen Verschwiegenheitspflichten hätte abmahnen können.

a) Der Arbeitnehmer, der auf Grund eines steuerbaren Verhaltens seine arbeitsvertraglichen Pflichten in erheblichem Maße verletzt, ist grundsätzlich vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Das gilt auch dann, wenn die Vertragsverletzung des Arbeitnehmers das Vertrauen des Arbeitgebers in seine Person beeinträchtigt, soweit mit einer Wiederherstellung des Vertrauens gerechnet werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 04. Juni 1997, 2 AZR 526/96, DB 1997, 2386 (2387)). Einer Abmahnung bedarf es demnach nicht, wenn eine Verhaltensänderung in der Zukunft selbst nach einer Abmahnung nicht zu erwarten ist oder wenn es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass der Arbeitnehmer erkennen konnte, der Arbeitgeber werde diese nicht hinnehmen und das Arbeitsverhältnis beenden (vgl. BAG, Urteil vom 09. Juni 2011, 2 AZR 381/10, NZA 2011, 1027, Rn. 18).

b) Die Weitergabe des Patientennamens einschließlich der beabsichtigten Untersuchung (Körperbereich/MRT) wiegt so schwer, dass die Klägerin erkennen konnte, die Beklagten würden das gemeinsame Arbeitsverhältnis bei einer derartigen Vertragsverletzung beenden. Eine Abmahnung der Klägerin hätte das Vertrauen der Beklagten in ihre Diskretion nicht wiederherstellen können. Der vertrauliche Umgang mit Patientendaten ist für eine Arztpraxis zum einen so grundlegend, dass sich jede Mitarbeiterin bewusst ist, sie stellt ihr Arbeitsverhältnis in Frage, wenn sie Daten unbefugt nach außen gibt. Zum anderen ist der vertrauliche Umgang mit Patientendaten auch so selbstverständlich, dass ein Verstoß hiergegen das für das Arbeitsverhältnis erforderliche Vertrauen der Praxisbetreiber in die Diskretion seiner Angestellten besonders nachhaltig und deshalb unwiederbringlich beeinträchtigt. Das gilt erst recht im Falle der Klägerin, die den im Arbeitsvertrag ausdrücklich aufgenommenen Passus zum Schutz der Patientendaten nur als ein Detail unter Vielen betrachtet und sich deshalb dann, wenn es darauf ankommt, nicht mehr daran erinnern kann und die den Namen der ihr bekannten Patientin ohne Not gedankenlos aus einer Laune heraus weitergibt, was eine erhebliche Gleichgültigkeit gegenüber den Belangen der Patientin deutlich macht. Eine Abmahnung der Klägerin wäre daher nicht geeignet gewesen, das verloren gegangene Vertrauen in die Diskretion der Klägerin wiederherzustellen.

4. Auch die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses war für die Beklagten keine geeignete Handlungsalternative. Den Beklagten war es nicht zumutbar, das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin bis zum Ablauf der gesetzlichen Kündigungsfrist von einem Monat zum Monatsende am 31. Dezember 2015 fortzusetzen. Ihr Interesse an einer sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses überwog das Interesse der Klägerin an der Einhaltung der Kündigungsfrist."


Den Volltext der Entscheidung fidnen sie hier:

VG Hamburg: Facebook darf personenbezogene Daten von WhatsApp-Nutzern nur bei Vorliegen einer ausreichenden Einwilligungserklärung nach deutschem Recht nutzen

VG Hamburg
Beschluss vom 24.04.2017
13 E 5912/16

Das VG Hamburg hat entschieden, dass Facebook personenbezogene Daten von WhatsApp-Nutzern nur bei Vorliegen einer ausreichenden Einwilligungserklärung nach deutschem Recht nutzen darf.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des VG Hamburg:

Verwaltungsgericht Hamburg entscheidet: Facebook darf vorerst personenbezogene Daten deutscher WhatsApp-Nutzer nur bei Vorliegen einer den deutschen Datenschutzvorschriften entsprechenden Einwilligung verwenden

Ende August 2016 hat WhatsApp Inc., die 2014 von der Facebook Unternehmensgruppe übernommen worden ist, eine Aktualisierung seiner Nutzungsbedingungen und Datenschutzrichtlinien bekannt gegeben, durch die eine - bis dahin nach den Nutzungsbedingungen nicht zugelassene - Weitergabe von personenbezogenen Daten an die Facebook Unternehmensgruppe vorgesehen ist. Mit sofort vollziehbarem Bescheid vom 23. September 2016 untersagte der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit (Datenschutzbeauftragte) der Facebook Ireland Ltd. (Facebook) - dem internationalen Hauptsitz der Facebook Unternehmensgruppe -, die personenbezogenen Daten deutscher WhatsApp-Nutzer zu erheben und zu speichern, soweit und solange ein den deutschen Datenschutzvorschriften entsprechende Einwilligung nicht vorliege (Ziffer 1). Zugleich ordnete der Datenschutzbeauftragte die Löschung von personenbezogenen Daten an, die ohne die notwendige Einwilligung erhoben worden sind, sowie die Dokumentation der Löschung (Ziffer 2 und 3). Gegen diese Verfügung legte Facebook Widerspruch ein und beantragte einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Hamburg.
AZ: 13 E 5912/16
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass der Bescheid des Datenschutzbeauftragten der Freien und Hansestadt Hamburg, soweit er die angeordnete Löschung und deren Dokumentation betrifft, aufgrund eines formellen Fehlers nicht sofort vollziehbar sei; insoweit muss der Bescheid nicht befolgt werden.
Hingegen dürfe Facebook personenbezogene Daten von deutschen WhatsApp-Nutzern ohne eine Einwilligung, die den Anforderungen an die deutschen Datenschutzvorschriften entspreche, auch während des laufenden Verfahrens nicht nutzen. Zwar sei offen, ob Facebook mit seinem Widerspruch Erfolg haben werde. Derzeit sei noch nicht hinreichend geklärt, ob deutsches Datenschutzrecht zur Anwendung komme und der Datenschutzbeauftragte gegen die in Irland firmierende Facebook Ltd. vorgehen könne. Sofern das deutsche Datenschutzrecht zur Anwendung komme, wäre die Anordnung des Datenschutzbeauftragten jedoch voraussichtlich rechtmäßig. Denn die von WhatsApp benutzten Zustimmungserklärungen würden den Anforderungen des deutschen Datenschutzrechts nicht genügen.

Im Rahmen der daher vorzunehmenden Interessenabwägung überwiege das Interesse der deutschen WhatsApp-Nutzer. Denn der Schutz der personenbezogenen Daten stelle ein grundrechtlich geschütztes Rechtsgut von hohem Wert dar, in das durch die geplante Weitergabe qualitativ und quantitativ erheblich eingegriffen werde.

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann Beschwerde an das Hamburgische Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.