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LAG Köln: Beschluss einer arbeitsrechtlichen Einigungsstelle auch wirksam wenn durch Verwendung des Videokonferenzsystems Cisco Webex möglicherweise gegen DSGVO verstoßen wurde

LAG Köln
Beschluss vom 25.06.2021
9 TaBV 7/21


Das LAG Köln hat entschieden, dass der Beschluss einer arbeitsrechtlichen Einigungsstelle auch wirksam ist, wenn durch Verwendung des Videokonferenzsystems Cisco Webex möglicherweise gegen die Vorgaben der DSGVO verstoßen wurde.

Aus den Entscheidungsgründen:

1.) Der Beschluss der Einigungsstelle begegnet keinen durchgreifenden formellen Bedenken. Dass die Einigungsstelle den Beschluss am 14.05.2020 im Rahmen einer Videokonferenz gefasst hat, führt nicht zu dessen Unwirksamkeit.

a) Die Zulässigkeit von Videokonferenzen im Rahmen von Betriebsratssitzungen und zur Durchführung von Einigungsstellenverfahren war umstritten, wurde zuletzt aber zunehmend bejaht (etwa Fündling/Sorber, NZA 2017, 552; Thüsing/Beden, BB 2019, 372; Lütkehaus/Powietzka NZA 2020, 552; kritisch hingegen Däubler/Klebe, NZA 2020, 545, 546). Gemäß der rückwirkend für die Zeit ab dem 01.01.2020 zunächst bis zum 31.12.2020 befristeten und derzeit bis zum 30.06.2021 verlängerten Vorschrift des § 129 Abs. 1 und 2 BetrVG hatte der Gesetzgeber ausdrücklich festgelegt, dass die Teilnahme an Einigungsstellensitzungen sowie die Beschlussfassung während der Corona-Pandemie mittels Video- und Telefonkonferenz erfolgen können, wenn sichergestellt ist, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Letzteres dient dem Datenschutz und konkretisiert zugleich den „elementaren Verfahrensgrundsatz“ (BAG, Beschluss vom 18. Januar 1994 – 1 ABR 43/93 –, BAGE 75, 261-266, Rn. 17), dass die Einigungsstelle einen Spruch in Abwesenheit der Betriebsparteien auf Grund nichtöffentlicher mündlicher Beratung. Dies entspricht dem Prinzip der Nichtöffentlichkeit nach § 30 Abs. 1 Satz 4 BetrVG (Däubler/Klebe, NZA 2020, 545, 548; ErfK/Kania, 21. Aufl. 2021, § 129, Rn. 2). Ein Verstoß gegen diesen Grundsatz würde den Spruch der Einigungsstelle unwirksam machen (vgl. BAG, Beschluss vom 18. Januar 1994 – 1 ABR 43/93 –, BAGE 75, 261-266, Rn. 17; Fitting, 30. Aufl. 2020, § 76 BetrVG, Rn. 74).

b) Die heutigen marktgängigen Konferenzsysteme bieten durchweg die Möglichkeit einer hinreichend sicheren und verschlüsselten Kommunikation (Althoff/Sommer, ArbRAktuell 2020, 250, 252). Auch C W gehört zu den hinreichend sicheren Konferenzsystemen, wie sie der Gesetzgeber bei der Einführung des § 129 BetrVG vor Augen hatte. So heißt es in den Gesetzesmaterialien ausdrücklich, dass die Regelung „für einen begrenzten Zeitraum, Sitzungen und Beschlussfassungen mittels Video- und Telefonkonferenz einschließlich online gestützter Anwendungen wie Webex Meetings oder Skype“ ermöglichen soll (BT-Drs. 19/18753, S. 28). Mit dieser Einschätzung steht der Bundesgesetzgeber nicht allein. Auch der Landesbetrieb IT.NRW, der für die IT-Infrastruktur der nordrhein-westfälischen Landesverwaltung zuständig ist, stellt den Behörden C W zur Durchführung von Online-Konferenzen und Gerichtsverhandlungen zur Verfügung. Eine mutwillige, heimliche und damit unzulässige Aufzeichnung durch Teilnehmer mag zwar technisch nicht ausgeschlossen sein. Dies wäre jedoch kein taugliches Kriterium, um im Einigungsstellenverfahren die Zulässigkeit einer Videokonferenz verneinen zu können. Denn eine technische Aufzeichnung wäre mit Smartphones und Tablets auch bei Präsenzsitzungen nicht ausgeschlossen (Althoff/Sommer, ArbRAktuell 2020, 250, 252).

c) Dass das Videokonferenzsystem C W nach Darlegung der Arbeitgeberin personenbezogene (Daten) ein Land außerhalb der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums wie die U übermittelt, schloss seine Nutzung für die Einigungsstelle nicht aus.

aa) Eine Übermittlung personenbezogener Daten in Drittländer ist gemäß Art. 44 Satz 1 DSGVO nur zulässig, wenn der Verantwortliche und der Auftragsverarbeiter die Bestimmungen der DSGVO einhalten. Gemäß Art. 45 Abs. 1 Satz 1 DSGVO darf eine Übermittlung personenbezogener Daten an ein Drittland oder eine internationale Organisation vorgenommen werden, wenn die Kommission beschlossen hat, dass das betreffende Drittland ein angemessenes Schutzniveau bietet. Mit Durchführungsbeschluss (EU) 2016/1250 (ABl. L 207 vom 01.08.2016, S. 1-112) hatte die Kommission festgestellt, dass die USA mit der EU-US-Datenschutzvereinbarung (Privacy Shield) ein angemessenes Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleisten. Der Europäische Gerichtshof hat diesen Durchführungsbeschluss zwar für unwirksam erklärt (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2020 – C-311/18 –, NJW 2020, 2613 – Schrems II). Jedoch darf ein Verantwortlicher oder ein Auftragsverarbeiter personenbezogene Daten an ein Drittland gemäß Art. 46 DSGVO auch dann übermitteln, wenn er geeignete Garantien vorgesehen hat und den betroffenen Personen durchsetzbare Rechte und wirksame Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen. So können die von der Kommission gemäß Art. 46 Abs. 2 Buchst. c DSGVO erlassenen Standarddatenschutzklauseln grundsätzlich weiterhin genutzt werden. C beruft sich insoweit auch darauf, dass die C Datenschutz-Rahmenvereinbarung („Master Data Protection Agreement - MDPA“) schon vor der Schrems-II-Entscheidung die EU-Standarddatenschutzklauseln enthalten habe (https://konferenzen.t .de/fileadmin/Redaktion/conference/c -W /C -Datenschutz-Statement.pdf).

bb) Ob dies ausreicht, um die Anforderungen der DSGVO zu erfüllen, kann hier aber dahin stehen, da die Nutzung des Videokonferenzsystems C W jedenfalls keinen Verstoß gegen elementare Verfahrensgrundsätze darstellt, die zur Unwirksamkeit des Einigungsstellenbeschlusses führen könnte. Denn der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung in § 129 BetrVG Rechtssicherheit schaffen wollen. An die notwendige Sicherstellung der Nichtöffentlichkeit dürfen daher keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Solange für den Geschäftsverkehr gängige Konferenzsysteme verwandt werden, die über eine Verschlüsselung nach dem Stand der Technik verfügen, wie dies bei Cisco Webex im Mai 2020 der Fall war, sind keine zusätzlichen technischen Sicherungsmaßnahmen erforderlich (ErfK/Kania, 21. Aufl. 2021, § 129, Rn. 2).

d) Im Übrigen hatte die Einigungsstelle hinreichend sichergestellt, dass Dritte vom Inhalt der Sitzung keine Kenntnis nehmen können. Nach der unwidersprochenen Darlegung des Betriebsrats hatten sich die Sitzungsteilnehmer mit ihrem Namen oder den ihnen zugeordneten Zugangsdaten angemeldet, wobei das Konferenzsystem ständig eine Liste der teilnehmenden Person angezeigt hatte. Die Mitglieder der Einigungsstelle waren belehrt worden, dass sie mitzuteilen hätten, wenn eine andere Person den Raum betrete, indem sie sich befänden. Jeder Teilnehmer hatte zudem auf Nachfrage bestätigt, dass er sich allein in einem geschlossenen Raum befinde. Die Einigungsstelle ist damit den in der Literatur aufgeführten Empfehlungen gefolgt (etwa Däubler/Klebe, NZA 2020, 545, 548 f.).


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Sinupret - Wettbewerbswidrige Irreführung durch Wirkversprechen wenn keine human-pharmakologischen Untersuchungen zur Wirksamkeit vorliegen

BGH
Urteil vom 05.11.2020
I ZR 204/19
Sinupret
UWG § 3a; HWG § 3 Satz 1 und 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass ein wettbewerbswidrige Irreführung nach § 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 HWG vorliegt, wenn Wirkversprechen für ein Arzneimittel gemacht werden, obwohl keine human-pharmakologischen Untersuchungen zur Wirksamkeit vorliegen^.

Leitsatz des BGH:

Eine Werbung, die einem Arzneimittel aus Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Werbeadressaten eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen bei einer Anwendung am Menschen beilegt (hier eine entzündungshemmende und antivirale Wirkung bei der Behandlung von Patienten mit akuten, unkomplizierten Entzündungen der Nasennebenhöhlen), ist nach § 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 HWG irreführend und unzulässig, wenn sie nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, weil sie allein auf Angaben in der Fachinformation gestützt wird, wonach sich diese Wirkungen zwar bei Tests an tierischen Organismen (hier einer Rattenpfote) und außerhalb lebender Organismen (in vitro) gezeigt haben, aber bisher keine human-pharmakologischen Untersuchungen zur klinischen Relevanz dieser Ergebnisse vorliegen.

BGH, Urteil vom 5. November 2020 - I ZR 204/19 - OLG Nürnberg - LG Nürnberg-Fürth

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Stuttgart: Wettbewerbswidrige Werbung für Staubsauger mit "super Helfer im Kampf gegen Corona"

LG Stuttgart
Urteil vom 11.01.2021
11 O 573/20


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn ein Staubsauger mit der Aussage "super Helfer im Kampf gegen Corona" beworben wird. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


OLG Dresden: Wettbewerbsverstoß durch Werbung für Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika mit Hinweis für Arzneimittel "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..."

OLG Dresden
Urteil vom 15.01.2019
14 U 941/18


Das OLG Dresden hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika mit dem für Arzneimitteln vorgeschriebenen Hinweis "Zu Risiken und Nebenwirkungen ..." beworben werden. Durch den Hinweis wird fälschlicherweise eine Wirksamkeit suggeriert, wie sie üblicherweise nur Arzneimitteln zukommt.


OLG Frankfurt: Einstweilige Verfügung gegen Werbung mit therapeutischer Wirksamkeit - Antragsteller muss darlegen und glaubhaft machen dass Wirkweise wissenschaftlich umstritten ist

OLG Frankfurt
Beschluss vom 10.01.2019
6 W 96/18


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Antragsteller bei Beantragung einer einstweiligne Verfügung gegen Werbung mit therapeutischer Wirksamkeit darlegen und glaubhaft machen muss, dass die Wirkweise wissenschaftlich umstritten ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch nach § 8 I, III Nr. 2 UWG zu, da die Werbeaussagen des Antragstellers nach § 3 S. 1 HWG irreführend sind. Nach dem Sach- und Streitstand im Beschwerdeverfahren ist davon auszugehen, dass die Werbeaussagen des Antragsgegners wissenschaftlich umstritten sind.

1.) Nach § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG liegt eine unzulässige irreführende Werbung insbesondere dann vor, wenn Verfahren und Behandlungen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkung beigelegt werden, die sie nicht haben. Insoweit sind - wie allgemein bei gesundheitsbezogener Werbung - besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (BGH, Urteil vom 6. Februar 2013 - I ZR 62/11, WRP 2013, 772 ff., Rn. 15 - Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis entspricht (BGH, a. a. O., Rn. 16 m. w. Nachw.). Diese Voraussetzung liegt nicht vor, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftliche gesicherte Erkenntnis fehlt, um die werbliche Behauptung stützen zu können, oder mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen (BGH, a. a. O.).

Das Landgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, grundsätzlich dem Kläger bzw. Antragsteller als Unterlassungsgläubiger obliegt. Eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast kommt allerdings dann in Betracht, wenn der Beklagte/Antragsgegner mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben hat, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen. Der Werbende übernimmt in einem derartigen Fall dadurch, dass er eine bestimmte Aussage trifft, die Verantwortung für die Richtigkeit, die er im Streitfall auch beweisen muss. Ob die beanstandete Aussage wissenschaftlich umstritten ist, muss wiederum vom Kläger dargelegt und bewiesen werden. Eine entsprechende Umkehr der Darlegungs- und Beweislast gilt, wenn der Kläger darlegt und nachweist, dass nach der wissenschaftlichen Diskussion die Grundlage, auf die der Werbende sich stützt, seine Aussagen nicht rechtfertigt oder sogar jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage für die Behauptung fehlt (BGH, a. a. O. Rn. 32 m. w. Nachw.).

Entscheidend ist daher nicht, ob das Landgericht - wie die Antragstellerin meint - von "der Existenz einer doppelten Realität" ausgeht, sondern vielmehr, ob die Antragstellerin die Anforderungen an einen substantiierten Vortrag erfüllt.

2.) Diesen Anforderungen ist der Vortrag der Antragstellerin gerecht geworden. Das Landgericht hat zwar zu Recht auf die dürftigen Belege hingewiesen, die der Antragsteller vorgelegt hat. Die Gestaltung der Seite www.(...).com entspricht entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht einer "genuin-wissenschaftlichen Vorgehensweise", da ihre Autoren anonym sind; das ist das genaue Gegenteil einer wissenschaftlichen Vorgehensweise. Sie enthält jedoch Verweise insbesondere auf die Funktionsweise des Geräts sowie einen durchgeführten Test in einer Sendung des Senders1 samt Fundstellenangaben, die eine völlige Wirkungslosigkeit der Apparatur belegen sollen. Inhalt und Ergebnis insbesondere dieses Test hat die Antragsgegnerin in ihrer vor dem Senat abgegebenen Stellungnahme nicht bestritten. Hinzu kommt, dass der Senat keine Bedenken hat, der von der Antragstellerin vorgenommenen Gleichsetzung der "X Analyse" mit der Bioresonanztherapie zu folgen. Die wissenschaftliche Umstrittenheit der Bioresonanztherapie hat die Antragstellerin in den Anlagen A 9 - A 11 glaubhaft gemacht. Aus der dort dargestellten Funktionsweise ergibt sich eine Parallelität zur Darlegung des Antragsgegners für die "X Analyse": Der Patient hält Elektroden in seinen Händen, durch die in irgendeiner Form Strom in den Körper geleitet wird, so dass bei dessen Rückfluss seine Veränderung als Messwerte den Rückschluss auf bestimmte Körperfunktionen erlauben soll. Nichts anderes schildert der Antragsteller auf seiner Webseite (Anlage A 3) und in seiner Stellungnahme im Beschwerdeverfahren, wenn er beschreibt, dass die Messung über eine Sonde erfolgt, die in der Hand gehalten wird und über die elektrischer Strom fließt. Soweit der Antragsgegner dem entgegenhält, im Gegensatz zur Bioresonanztherapie schreibe sich die Methode des Antragsgegners nicht auf die Fahne, Krankheiten mit Hilfe von Schwingungen heilen zu können, ist dem entgegenzuhalten, dass der Antragsgegner sich auf die Fahne schreibt, Diagnose mithilfe von elektrischen Schwingungen erstellen zu können und dies immerhin für 240 Parameter. Dies entspricht aber genau dem Ansatz der Bioresonanztherapie, biochemische Reaktionen und elektrophysikalische Prozesse in Nervenfasern und Muskeln zu erfassen und hieraus Informationen zu gewinnen. Dies ist nach den Darlegungen in Anlagen A 8 - A 11 indes wissenschaftlich nicht haltbar.

Die Antragstellerin hat damit substantiiert dargelegt und glaubhaft gemacht, dass die im Antrag aufgeführten Angaben zur Wirkung der "X Analyse" wissenschaftlich umstritten sind. Es wäre daher an dem Antragsgegner gewesen, nunmehr darzulegen und glaubhaft zu machen, dass die Richtigkeit der Angaben wissenschaftlich gesichert ist.

3.) Der Senat war auch nicht gehalten, den Antragsgegner nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen, dass der Senat die Darlegungslast des Antragstellers als erfüllt ansieht und der Antragsgegner nunmehr die Wirksamkeit seiner Behauptungen hätte belegen müssen. Der Antragsgegner ist verpflichtet, seinen Tatsachenvortrag rechtzeitig vorzubringen und nicht erst gestuft nach dem Stand des Verfahrens. Dies wäre - schon gar im Eilverfahren - mit der allgemeinen Prozessförderungspflicht § 282 I ZPO nicht vereinbar. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs steht dem nicht entgegen. Ist im Eilverfahren rechtliches Gehör nämlich schon dadurch ausreichend gewährt, dass eine auf eine vorgerichtliche Abmahnung eingereichte Schutzschrift berücksichtig wird (BVerfG NJW 2018, 3631), muss es erst recht als ausreichend angesehen werden, wenn der Antragsgegner in Kenntnis der Antragsschrift, der Entscheidung des Landgerichts, der Beschwerde sowie der Nichtabhilfeentscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme erhält.


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OLG Frankfurt: Unzulässige Werbung mit Wirksamkeit Craniosakraler Osteopathie wenn kein Wikungsnachweis vorliegt

OLG Frankfurt
Urteil vom 21.06.2018
6 U 74/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine unzulässige Werbung mit Wirksamkeit Craniosakraler Osteopathie vorliegt, wenn wie im entschiedenen Fall kein Wikungsnachweis erbracht werden kann.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Werbung mit Wirksamkeit Craniosakraler Osteopathie

Werbung mit Wirkungsaussagen medizinischer Behandlungsmethoden ist zulässig, solange nicht dargelegt wird, dass die Behauptung wissenschaftlich umstritten ist oder ihr jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage fehlt, urteilte das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG). Ist die Wirkaussage umstritten, muss der Werbende nachweisen, dass die Aussage zutreffend ist. Für die Behandlungsmethode der Craniosakralen Osteopathie fehle ein derartiger Wirkungsnachweis.

Der Kläger ist ein gewerblicher Unternehmensverband. Der Beklagte ist Arzt und warb auf seiner Homepage für verschiedene Heilverfahren im Bereich der Osteopathie. Osteopathie eigne sich seinen Angaben nach u.a. zur „schnelle(n) Schmerzlinderung und Wiederherstellung der gestörten Gelenkfunktion“. Auch „somatische Dysfunktionen“ könnten „gefunden“ und in zahlreichen Anwendungsgebieten „sanft beseitigt“ werden. Die Säuglingsosteopathie weise ebenfalls unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten auf, etwa „Geburtstraumatischen Erlebnissen“ und „Schlafstörungen“. Das Behandlungsverfahren der Craniosakralen Osteopathie schließlich habe u.a. den Vorteil, dass „mit dem Einfühlen in den Craniosacral-Rhythmus ... der Arzt die Möglichkeit (hat), Verspannungen, Knochenverschiebungen, Krankheiten und Verletzungen aufzuspüren und zu lösen“.

Der Kläger nimmt den beklagten Arzt wegen einer Vielzahl von werbenden Wirkungsangaben auf Unterlassen in Anspruch. Er ist der Ansicht, die genannten Behandlungsverfahren zählten zu den alternativmedizinischen Heilmethoden, denen der wissenschaftliche Wirksamkeitsnachweis fehle.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. Die Werbebehauptungen für das Behandlungsverfahren der „Craniosakralen Osteopathie“ seien, so das OLG, zu unterlassen. Die Wirksamkeitsangaben zu den Verfahren der Osteopathie und Säuglingsosteopathie dagegen dürfe der beklagte Arzt weiter werbend einsetzen. Das OLG betont zunächst die allgemeinen Anforderungen an gesundheitsbezogene Werbung. Werbung mit bestimmten Wirkaussagen einer medizinischen Behandlung sei nur zulässig, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche. Grundsätzlich seien strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können.

Den Nachweis dieser Wirksamkeit müsse der beklagte Arzt jedoch erst führen, wenn der Kläger hinreichend konkret darlege, dass die Werbebehauptung wissenschaftlich umstritten sei oder ihr jegliche tragfähige wissenschaftliche Grundlage fehle. Dabei müsse die wissenschaftliche Absicherung des Wirkungsversprechens bereits im Zeitpunkt der Werbung dokumentiert sein. Nicht ausreichend sei es dagegen, sich erst im Prozess auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu berufen. Studienergebnisse seien nur tragfähig, wenn es sich um randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien handele.

Hinsichtlich der Behandlungsmethode der sog. Craniosakralen Osteopathie habe der Kläger hier nachgewiesen, dass es für die Wirksamkeit an jeglicher tragfähigen wissenschaftlichen Grundlage fehle. Der Beklagte habe demgegenüber nicht valide Studien vorlegen können, die die Wirksamkeit der beworbenen Methode zum Zeitpunkt der Werbeaussagen belegten.

Hinsichtlich der Osteopathie und der Säuglingsosteopathie dagegen habe der Kläger nicht hinreichend konkret ausgeführt, dass die beworbenen Methoden in ihrer Gesamtheit und für die vom Beklagten beworbenen Indikationen ungesichert seien. Die zum Verfahren der Osteopathie vorgelegten Auszüge aus dem Online-Lexikon Wikipedia seien ungeeignet, da es sich nicht um objektive Quellen handele. Vorgelegte Fachartikel ließen sich nicht in Bezug zu den angegriffenen Werbeaussagen setzen. Aus der Stellungnahme der Bundesärztekammer folge sogar, dass es bei einigen Krankheitsbildern durchaus zuverlässige Aussagen zur Wirksamkeit gebe.

Auch aus den zur Säuglingsosteopathie vorgelegten Unterlagen ergebe sich nicht, dass es für die osteopathische Behandlungsmethode bei Kindern generell an einer wissenschaftlichen Absicherung fehle.

Das Urteils nicht rechtskräftig; der Kläger kann binnen einen Monats eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 21.06.2018, Az. 6 U 74/17
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 08.03.2017, Az. 2-06 O 302/16)



OLG Köln: Als Reaktion auf Shitstorm kann Diskussion über Wirkstoff durch Arzneimittelhersteller bei Facebook mit werbenden Aussagen entgegen § 10 HWG zulässig sein

OLG Köln
Urteil vom 12.01.2018
6 U 92/17


Das OLG Köln hat entschieden, dass als Reaktion auf einen Shitstorm im Internet die Diskussion über Wirkstoff durch Arzneimittelhersteller bei Facebook mit werbenden Aussagen entgegen § 10 HWG zulässfig sein kann.

Die Pressemitteilung des OLG Köln:

Werbung für Arznei gegen Hundeflöhe bei Facebook - Bei "Shitstorm" im Internet gegen ein Flohmittel für Hunde können Facebook-Posts mit werbendem Inhalt zulässig sein

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hatte in einem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Zulässigkeit von Werbung auf Facebook für Tierarzneimittel zu entscheiden.

In dem Verfahren geht es um eine verschreibungspflichtige Kautablette zur Behandlung von Zecken- und Flohbefall bei Hunden. Weil in den sozialen Medien massiv negativ über das Arzneimittel diskutiert wurde ("Shitstorm"), insbesondere was mögliche Nebenwirkungen anging, verbreitete die Herstellerfirma über Facebook mehrere Posts, gerichtet an die Zielgruppen "kritische Hundehalter" und "Tiermediziner/Tiermedizinische Fachangestellte". Ein Wettbewerber klagte auf Unterlassung, weil gem. § 10 Abs. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) Werbung für verschreibungspflichtige Medikamente nur bei den sogenannten Fachkreisen - insbesondere Tierärzten - zulässig, Werbung in der allgemeinen Öffentlichkeit aber verboten ist.

Das Landgericht Köln hatte dem Antrag vollständig stattgegeben. Auf die hiergegen gerichtete Berufung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln in seiner Entscheidung differenziert:

Ein Post, der den Wirkstoff als "als sicheres und wirksames Mittel gegen Flöhe und Zecken" bezeichnet, bleibt verboten. Zur Begründung führte der Senat im Wesentlichen aus, dass das Werbeverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 10 Abs. 1 HWG auch für Tiermedizin verfassungsrechtlich zulässig sei. Der gesetzliche Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Berufs- und Meinungsfreiheit der Hersteller von Tierarzneimitteln sei gerechtfertigt. Die Norm solle den Tierarzt vor Einflussnahme schützen. Diesem bleibe die Entscheidung vorbehalten, ob und welche Medikamente er aufgrund seiner Expertise verschreiben möchte. Diese Möglichkeit der freien Entscheidung des Tierarztes könne durch Werbung für das Medikament in der allgemeinen Öffentlichkeit erheblich beeinflusst werden. So könnten Tierhalter aufgrund der Werbung einen Tierarzt zur Verschreibung drängen oder versuchen, das Arzneimittel ohne Konsultation eines Tierarztes zu erhalten. Damit diene das Werbeverbot letztlich auch dem Tierwohl. Der Post sei wegen der Nennung des Wirkstoffs und des Logos der Herstellerin als produktbezogene Werbung einzuordnen, die über Facebook auch außerhalb der Fachkreise geschaltet worden sei. Die Werbung sei darüber hinaus auch innerhalb der Fachkreise - also gegenüber Tierärzten u.ä. - zu unterlassen, denn durch die besondere Herausstellung der Sicherheit des Mittels würde bei den angesprochenen Verkehrskreisen der unrichtige Eindruck erweckt, das Arzneimittel habe keine Nebenwirkungen. Der Umstand, dass das Arzneimittel behördlich zugelassen sei, genüge nicht, um es als "sicher" zu bezeichnen, weil sich aus der Zulassung nur ein positives Verhältnis zwischen Nebenwirkungen und Behandlungserfolg ergebe.

Ein Post mit der Frage "Ist dieses verschreibungspflichtige Medikament sicher für meinen Hund?" ist dagegen erlaubt. Auch dieser Post sei zwar als Werbung einzuordnen. Diese sei aber bei verfassungskonformer Auslegung von § 10 HWG zulässig. Der Post werde nur für denjenigen als Werbung für ein konkretes Produkt erkennbar, der den "Shitstorm" gegen das Produkt kenne. Facebook-Nutzer, deren Interesse nicht aufgrund einer anderweitigen Kenntnis von der Diskussion über das Arzneimittel geweckt worden sei, würden sich mit der Darstellung nicht weiter auseinandersetzen. Außerdem würden in dem Post nicht die besonderen Vorteile des Mittels beworben, sondern die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Produktes, welche gerade Gegenstand der auf Facebook geführten Diskussion sei. Insgesamt würde daher letztlich nicht ein breiter Kreis von Tierhaltern angesprochen, sondern lediglich Personen, denen das Arzneimittel und die Diskussion hierüber bereits bekannt seien. Die mit einer solchen Werbung verbundenen Risiken, denen der Gesetzgeber durch das Werbeverbot begegnen wollte, könnten sich daher bei diesem Personenkreis kaum verwirklichen. Im Ergebnis überwiege das Interesse des Herstellers, sich in die Diskussion über die Gefahren und Risiken ihres Arzneimittels einzubringen.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar. Der Beschluss ist im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de veröffentlicht. Den genauen Link finden Sie hier.

Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 12.01.2018 - 6 U 92/17

Urteil des Landgerichts Köln vom 24.05.2017 - 84 O 67/17



OLG Celle: Irreführung durch Werbung für ein pflanzliches Antibiotikum - nicht in Wirksamkeit mit herkömmlichen Antibiotika vergleichbar

OLG Celle
Urteil vom 09.07.2015
13 U 17/15


Das OLG Celle hat entscheiden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn für ein pflanzliches Antibiotikum geworben wird. Der angesprochene Verbraucher erwartet in einem solchen Fall, dass die Wirksamkeit mit herkömmlichen Antibiotika vergleichbar ist. Dies ist tatsächlich jedoch nicht der Fall-

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Werbung für A. A.-I. N mit der Aussage, „das pflanzliche Antibiotikum gegen Bakterien und Viren“ (Anlage A) ist irreführend gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2 lit. a) HWG, weil sie von einem rechtlich beachtlichen Teil der angesprochen Verbraucher dahin verstanden wird, dass es in einem umfassenden Anwendungsbereich ebenso wirksam ist wie ein „klassisches“ verschreibungspflichtiges Antibiotikum.

Die konkrete Werbeaussage ist hier schon deshalb irreführend, weil der durchschnittlichen Verbraucher von einer umfassenden antibakteriellen Wirkung gegen jegliche Bakterien und Viren ausgehen wird, die das Mittel unstreitig nicht hat. Darüber hinaus liegt es, anders als die Verfügungsbeklagte meint, ausgesprochen nahe, dass sich der durchschnittliche Verbraucher aufgrund der Werbung irrig einen Einsatzbereich des Arzneimittels wie bei einem „klassischen“ Antibiotikum vorstellen und er annehmen wird, A. A.-I. N werde Infekte ähnlich wie ein verschreibungspflichtiges Antibiotikum bekämpfen. Dies indiziert wiederum die Gefahr, dass die angesprochenen Personen sich auch in Fällen, in denen dies nicht angezeigt ist, selbst therapieren, anstatt sich in ärztliche Behandlung zu begeben. Dass - so die Verfügungsbeklagte - generell die Gefahr bestehend mag, dass ein Arzneimittel bei einer Selbstdiagnose keine oder nur unzureichende Wirkung zeige, spielt demgegenüber keine Rolle. Denn es geht nicht darum, dass ein Verbraucher eigenmächtig ein Arzneimittel falsch anwendet, sondern er durch die Beschreibung davon abgehalten werden kann, einen Arzt überhaupt erst aufzusuchen. Die Art und Weise, in der die Verfügungsbeklagte für ihr Produkt wirbt, ist jedenfalls geeignet, Missverständnisse und eine darauf beruhende - ggf. unzureichende - Selbsttherapie zu fördern. Soweit die Verfügungsbeklagte auf die dem Schriftsatz vom 20. April 2015 beigefügten Gebrauchsinformationen (Anlage AG 18, Bl. 516 ff. GA III) Bezug nimmt, wonach empfohlen wird, bei über einen bestimmten Zeitraum hinaus anhaltenden Beschwerden (Atemwegsinfekte: eine Woche; Harnwegsinfekte: fünf Tage) und bestimmten näher beschriebenen Symptomen einen Arzt aufzusuchen, sind diese für die Beurteilung der Werbung, die den Absatz des Arzneimittels fördern soll, nicht maßgeblich, denn diese Informationen werden - wenn überhaupt - erst nach Erwerb des Produkts wahrgenommen. Die Argumentation der Verfügungsbeklagten, die Verschreibungspflicht von herkömmlichen Antibiotika beruhe allein darauf, dass die Gefahr von Resistenzen bestehe, die bei dem Arzneimittel A. A.-I. N von vornherein nicht aufträten, überzeugt ebenfalls nicht. Selbst wenn dies so wäre, gälte es gleichwohl zu vermeiden, dass der Verbraucher das Arzneimittel in dem Glauben erwirbt, es habe die Wirkung eines herkömmlichen Antibiotikums, anstatt seine Erkrankung ärztlich behandeln zu lassen.

Insbesondere liegt es nahe, dass ein rechtlich erheblicher Teil der Verbraucher sein Augenmerk auf die Eigenschaft des Arzneimittels als „Antibiotikum“ richten und dabei nicht zwischen einem pflanzlichen und einem synthetischen Produkt unterscheiden wird. Selbst wenn - wie die Verfügungsbeklagte vorträgt - auch synthetische Antibiotika nicht alle gleich wirken und es mildere und stärkere Präparate gibt, die unterschiedliche Einsatzgebiete haben, darf nicht übersehen werden, dass solche Medikamente verschreibungspflichtig sind und gezielt zur Bekämpfung bestimmter Erkrankungen vom behandelnden Arzt ausgesucht und eingesetzt werden, während das hier in Rede stehende „pflanzliche Antibiotikum“ nicht verschreibungspflichtig ist und daher von jedermann zur Eigentherapie erworben werden kann. Der Verbraucher wird auch eine Unterscheidung von milderen oder stärkeren Präparaten nicht ohne weiteres vornehmen, sondern sich von der plakativen Bezeichnung „Antibiotikum“ leiten lassen und annehmen, dadurch werde seine Erkrankung wirksam geheilt werden können.

Allein der Hinweis auf die pflanzliche Herkunft von A. A.-I. N genügt nicht, um den Durchschnittsverbraucher annehmen zu lassen, es handele sich um ein „milderes“ Arzneimittel, das nur bei „harmloseren“ Infekten einsetzbar ist."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Zur Wirksamkeit des Erwerbs eines GmbH-Geschäftsanteils wenn dadurch Freistellung der Gesellschaft vom Verbot des § 1 GWB entfällt

BGH
Urteil vom 27.01.2015
KZR 90/13
Dentalartikel
GmbHG § 16 Abs. 1 aF; GWB § 1

Leitsatz des BGH:

Wird der Erwerb eines Geschäftsanteils an einer GmbH nach § 16 Abs. 1 GmbHG aF ordnungsgemäß bei der Gesellschaft angemeldet, gilt der Gesellschaft gegenüber der Erwerber auch dann als Gesellschafter, wenn durch den Beitritt die Voraussetzungen für eine Freistellung der Gesellschaft vom Verbot des § 1 GWB entfallen sind.

BGH, Urteil vom 27. Januar 2015 - KZR 90/13 - OLG Frankfurt am Main - LG Frankfurt am Main

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Schleswig: "Stoppt Durchfall" unzulässige Werbung für Medikament, wenn Durchfall nicht binnen weniger Stunden endet

OLG Schleswig
Urteil vom 30.01.2014
6 U 15/13


Das OLG Schleswig hat zutreffend entschieden, dass eine unzulässige Werbung für ein Medikament vorliegt, wenn dieses mit dem Slogan "Stoppt Durchfall" beworben wird und die Erkrankung durch das Medikament nicht binnen weniger Stunden gestoppt wird. Der Hersteller verwendet nunmehr den Slogan "Bekämpft Durchfall".


Die Pressemitteilung des OLG Schleswig:

"Die Werbung für ein Medikament gegen Durchfall mit der Anpreisung "L. stoppt Durchfall" ist unzulässig, wenn das Medikament den Durchfall nicht binnen weniger Stunden beendet.

Der für Wettbewerbssachen zuständige 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichtes untersagte in einem vor kurzem veröffentlichten Urteil die Verwendung des Slogans.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte ist ein Arzneimittelanbieter. Sie vertreibt in Deutschland unter anderem das Präparat L., dessen Wirkstoff aus gefriergetrockneten Milchsäurebakterien besteht. Sie warb für das Medikament unter anderem mit den Angaben "L. stoppt Durchfall". In ihrer Werbung nahm sie Bezug auf eine wissenschaftliche Studie, aus der hervorging, dass die Durchfalldauer sich bei einer Behandlung mit L. im Mittel um 1,3 Tage auf knapp zwei Tage verringerte im Vergleich zu einer Gruppe die Placebos erhalten hatte.

Der klagende Verein, der den Zweck hat, die lautere Werbung auf dem Gebiet des Gesundheitswesens zu wahren, mahnte die Beklagte wegen irreführender Werbung ab, weil nicht erwiesen sei, dass das Medikament den Durchfall stoppe, also der Erfolg schnell, sofort und eindeutig auftrete. Die Beklagte wies die Abmahnung zurück. Aus ihrer Sicht begründet der Werbeslogan bei dem Adressaten nur die Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden "spürbar gelindert" sei Daraufhin klagte der Verein auf Unterlassung der Werbung.

Aus den Gründen: Die Werbeaussage "L. stoppt Durchfall" ist irreführend und stellt damit eine unzulässige geschäftliche Handlung nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) dar. Der Slogan begründet in dem Adressaten die - unstreitig enttäuschte - Erwartung, dass der Durchfall binnen weniger Stunden (jedenfalls nicht erst nach 2 Tagen) vollständig beendet sei, das heißt, dass schon dann jegliche Symptome verschwunden seien. Wenn der Durchfall binnen weniger Stunden nicht vollständig beendet, sondern nur spürbar gelindert ist, wird diese Erwartung nicht erfüllt. Das Gericht folgt nicht der Argumentation der Beklagten, dass der Begriff "Stoppen" lediglich den Beginn eines Vorgangs bezeichnet. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch "stoppt" beispielsweise ein Auto nicht schon dann an einer Ampel, wenn es immer langsamer wird, während es an der Ampel vorbeifährt, sondern nur dann, wenn es schon an der Ampel wirklich stehen bleibt.

Auch wenn die Beklagte zwischenzeitlich in ihrer Internetwerbung den Slogan "L. stoppt Durchfall" durch den Slogan "L. bekämpft Durchfall" ersetzt hat, entfällt hierdurch nicht die Wiederholungsgefahr (die Voraussetzung für den Unterlassungsanspruch ist). Zumal sie im Printbereich noch mit den ursprünglichen Slogans wirbt.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 30.01.2014, Aktenzeichen 6 U 15/13)"



BGH: Zum Nachweis der Wirksamkeit diätetischer Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke nach § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV - ARTROSTAR

BGH
Urteil vom 15.03.2012
I ZR 44/11
ARTROSTAR
UWG §§ 3, 4 Nr. 11; Richtlinie 1999/21/EG Art. 3 Abs. 2; DiätV § 14b Abs. 1 Satz 2; LFGB § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2; ZPO § 286 Abs. 1

Leitsatz des BGH:

Für den gemäß § 14b Abs. 1 Satz 2 DiätV zu führenden Nachweis der Wirksamkeit eines als diätetisches Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (ergänzende bilanzierte Diät) beworbenen und vertriebenen Mittels bedarf es insbesondere auf dem Gebiet der Schmerzlinderung in Fällen, in denen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt, placebokontrollierter Studien.

BGH, Urteil vom 15. März 2012 - I ZR 44/11 - OLG Karlsruh - LG Freiburg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: