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OLG Frankfurt: Keine Geldentschädigung für Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger wegen staatsanwaltlicher Ermittlungen in Sommermärchenaffäre

OLG Frankfurt
Urteil vom 08.02.2018
1 U 112/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger wegen staatsanwaltlicher Ermittlungen in der Sommermärchenaffäre keine Geldentschädigung enthält. Es fehlt an einer Amtspflichtverletzung.

Die Pressemitteilung des OLG Frankfurt:

Kein Schmerzensgeld für ehemaligen DFB-Präsidenten

Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) bestätigt, dass Ermittlungsverfahren gegen ehemaligen DFB-Präsidenten wegen schwerer Steuerhinterziehung keine Amtspflichtverletzung darstellt. Schmerzensgeldansprüche bestehen nicht.

Der Kläger war 2004 bis 2012 Präsident des Deutschen Fußballbundes (DFB) und bis September 2006 auch Vizepräsident des Weltmeisterschafs-Organisationskomitees (WM-OK). Er begehrt vom Land Hessen Schadensersatz wegen eines gegen ihn gerichteten Ermittlungsverfahrens.

Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt seit Ende 2015 gegen den Kläger wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall. In diesem Zusammenhang wurde die Wohnung des Klägers durchsucht; zudem gelangten Informationen aus der Ermittlungsakte an die Presse.

Hintergrund des Ermittlungsverfahrens ist eine Überweisung i.H.v. 6,7 Mio. € an die FIFA, welche der Kläger für das WM-OK 2005 freigegeben hatte. Der Verwendungszweck dieser Zahlung bezog sich auf eine „FIFA-Gala“. Diese fand nie statt. Ob die Zahlung der Rückführung eines Darlehens gegenüber Robert D. dienen sollte, ist zwischen den Parteien streitig.

Der Betrag wurde im Jahr 2006 als steuermindernde Betriebsausgabe gebucht und im Rahmen der Bilanzaufstellung als Betriebsausgabe erfasst. Die Steuererklärung für das Jahr 2006 wurde nicht vom Kläger unterzeichnet.

Das Landgericht Frankfurt am Main hat die auf den Vorwurf der Amtspflichtverletzung gestützte Klage auf Zahlung von mindestens € 25.000,00 abgewiesen. Dies bestätigte das OLG mit heute veröffentlichtem Urteil. Das OLG bekräftigte, dass der Kläger keine Geldentschädigung verlangen könne.

Die Einleitung und Fortführung des Ermittlungsverfahrens stelle keine Amtspflichtverletzung dar. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungsmaßnahmen seien im Amtshaftungsprozess nur darauf
überprüfbar, ob sie „vertretbar“ erschienen. Unvertretbar seien sie nur, „wenn bei Würdigung auch der Belange einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege das staatsanwaltschaftliche Verhalten nicht mehr verständlich erscheint“, betont das OLG. Dies könne hier nicht festgestellt werden. Vielmehr sei es nach kriminalistischer Erfahrung nicht unvertretbar, aus der seitens des Klägers freigegebenen und steuermindernd berücksichtigten Betriebsausgabe „FIFA-Gala“ einen Anfangsverdacht für eine Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall abzuleiten.

Auch aus der Durchsuchung könne keine Amtspflichtverletzung hergeleitet werden. Sie habe dem Auffinden von Beweismitteln gedient und stünde „im Hinblick auf den Vorwurf der schweren Steuerhinterziehung ... nicht außer Verhältnis zu dem Tatvorwurf“, wertet das OLG.

Schließlich könne der Kläger nicht Schadensersatz verlangen, soweit Informationen aus dem Ermittlungsverfahren an die Presse gelangt seien. Es fehle an einer schwerwiegenden Verletzung seines Persönlichkeitsrechts. Der hier maßgebliche Bericht in einem bundesweiten Boulevardblatt habe sich nur am Rande mit dem Kläger befasst. Es sei allein mitgeteilt worden, dass gegen den Kläger ermittelt werde. Dies sei der Öffentlichkeit jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt gewesen.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen Monatsfrist mit der Beschwerde vor dem Bundesgerichtshof angegriffen werden.

Das Urteil ist in Kürze unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de im Volltext abrufbar.

OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 08.02.2018, Az.: 1 U 112/17
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 22.03.2017, Az. 2-04 O 328/16)


LG Düsseldorf: Zwanziger-Aussage "Katar ist ein Krebsgeschwür des Weltfußballs" ist keine Schmähkritik sondern zulässige Meinungsäußerung

LG Düsseldorf
Urteil vom 19.04.2016
6 O 226/15

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass Theo Zwanziger den kommenden WM-Ausrichter Katar als "Krebsgeschwür des Weltfußballs" bezeichnen darf. Die Aussage ist - so das Gericht - von der allgemeinen Meinungsfreiheit in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gedeckt und keine unzulässige Schmähkritik.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Kein Unterlassungsanspruch der Qatar Football Association gegen Dr. Theo Zwanziger

Mit Urteil vom 19.04.2016 hat die 6. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf (6 0 226/15) die Klage der Qatar Football Association gegen Dr. Theo Zwanziger, früheres Mitglied des Exekutivkomitees der FIFA, abgewiesen. Die Klägerin kann von dem Beklagten nicht Unterlassung der Äußerung „Ich habe immer klar gesagt, dass Katar ein Krebsgeschwür des Weltfußballs ist" verlangen. Diese Aussage ist nach Auffassung des Gerichts durch die im Grundgesetz in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 gewährte allgemeine Meinungsfreiheit gerechtfertigt.

Mit der Unterlassungsklage hatte der offizielle Fußballverband des Staates Katar sich gegen die entsprechende Äußerung von Dr. Theo Zwanziger in einem Interview gegenüber dem Hessischen Rundfunk am 02.06.2015 gewandt.

Die 6. Zivilkammer des Landgerichts urteilte, dass die Bezeichnung ..Krebsgeschwür" eine Beleidigung im Sinne von § 185 Strafgesetzbuch sei. Die Aussage „Krebsgeschwür" sei ein Werturteil, das der Qatar Football Association Eigenschaften zuspreche, die in höchstem Maße negativ und schädlich seien. Es sei massiv herabwürdigend, weil die Qatar Football Association damit den Status einer tödlichen Krankheit erhalte, die mit aller Macht zu bekämpfen sei. „Krebsgeschwür" stehe für einen bösartigen Tumor, der sich im menschlichen Körper ausbreite und schlimmstenfalls zum Tode führe.

Die Qatar Football Association kann jedoch nicht Unterlassung der beleidigenden Äußerung, Katar sei ein „Krebsgeschwür des Weltfußballs", verlangen. Denn die Aussage sei, so das Gericht, durch die grundrechtlich geschützte Freiheit der Meinungsäußerung in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz gerechtfertigt. Dr. Theo Zwanziger habe die Aussage in Wahrnehmung des berechtigten Interesses getätigt, die öffentliche Debatte über die Vergabe der Fußball-WM nach Katar anzuregen und die Vergabeentscheidung zu kritisieren. Entgegen der Auffassung der Klägerin spreche nichts dafür, dass Dr. Theo Zwanziger das Interview inszeniert habe, um von eigenem Fehlverhalten abzulenken. Der Vergleich der Klägerin mit einem Krebsgeschwür übersteige (noch) nicht die Grenze der Erforderlichkeit und Angemessenheit und sei keine Schmähkritik. Es habe nicht die öffentliche Diffamierung der Qatar Football Association, sondern die Rechtmäßigkeit und Überprüfung der Vergabeentscheidung für die Fußballweltmeisterschaft 2022 in Katar im Vordergrund gestanden.

Wer Kritik an öffentlichen Missständen übe, sei nicht auf das mildeste Mittel zur Verdeutlichung seines Standpunktes beschränkt. Im Hinblick auf die sportliche, wirtschaftliche und politische Bedeutung des Austragungsorts einer Fußballweltmeisterschaft sei der Zweck der Äußerung, die Augen der Öffentlichkeit kritisch auf die Arbeitsweise und Entscheidungsfindung der FIFA zu lenken, höher anzusetzen, als der Ehrenschutz der Qatar Football Association.

Der Streitwert beträgt 100.000,- €. Gegen das Urteil kann Berufung zum Oberlandesgericht eingelegt werden.