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EuGH: Der deutsche Rundfunkbeitrag ist europarechtskonform - Kein Verstoß gegen Rechtsvorschriften der Union über staatliche Beihilfen

EuGH
Urteil vom 13.12.2018
Rechtssache C-492/17
Südwestrundfunk / Tilo Rittinger u. a.


Der EuGH hat entschieden, dass der deutsche Rundfunkbeitrag europarechtskonform ist. Insbesondere liegt kein verstoß gegen Rechtsvorschriften der Union über staatliche Beihilfen vor.

Der Tenor der Entscheidung:

1. Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] ist dahin auszulegen, dass eine Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eines Mitgliedstaats, die wie in den Ausgangsverfahren darin besteht, eine Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten ist, durch einen Rundfunkbeitrag zu ersetzen, der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte zu entrichten ist, keine Änderung einer bestehenden Beihilfe im Sinne dieser Vorschrift darstellt, von der die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV zu unterrichten ist.

2. Die Art. 107 und 108 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren, die öffentlich-rechtlichen Sendern vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse einräumt, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben, nicht entgegenstehen.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Der deutsche Rundfunkbeitrag ist mit dem Unionsrecht vereinbar

In Deutschland wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk hauptsächlich durch den Rundfunkbeitrag finanziert, den u. a. jeder Erwachsene zahlen muss, der Inhaber einer Wohnung im Inland ist. Dieser Rundfunkbeitrag ersetzte vom 1. Januar 2013 an die alte Rundfunkgebühr, die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war. Was die Einziehung des Rundfunkbeitrags angeht, verfügen die öffentlich-rechtlichen Sender über vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse, die es ihnen erlauben, die Zwangsvollstreckung von rückständigen Forderungen selbst zu betreiben.

In den Jahren 2015 und 2016 erstellte die Landesrundfunkanstalt Südwestrundfunk (SWR) gegen Herrn Rittinger und andere Rundfunkbeitragsschuldner Vollstreckungstitel zur Beitreibung nicht gezahlter Beträge. Da die Zahlungen weiterhin ausblieben, leitete der SWR gestützt auf diese Titel die Zwangsbeitreibung seiner Forderungen ein. Herr Rittinger und die übrigen Schuldner legten vor den deutschen Gerichten gegen die sie betreffenden Vollstreckungsmaßnahmen Rechtsmittel ein. Das in zweiter Instanz mit diesen Verfahren befasste Landgericht Tübingen war der Auffassung, der Rundfunkbeitrag und die hoheitlichen Vorrechte der öffentlich-rechtlichen Sender bei der Beitreibung verstießen gegen das Unionsrecht, insbesondere das Recht der staatlichen Beihilfen, und hat dem Gerichtshof mehrere Fragen vorgelegt.

Mit seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr (die für den Besitz eines Rundfunkempfangsgeräts zu entrichten war) durch den Rundfunkbeitrag (der insbesondere für das Innehaben einer Wohnung oder einer Betriebsstätte zu entrichten ist) keine erhebliche Änderung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland darstellt. Es war daher nicht erforderlich, die Kommission von dieser Änderung als Änderung einer bestehenden Beihilfe zu unterrichten (die Kommission hatte im Jahr 2007 befunden, dass die Rundfunkgebühr als bestehende Beihilfe einzustufen sei).

Der Gerichtshof verweist hierzu u. a. darauf, dass die Ersetzung der Rundfunkgebühr durch den Rundfunkbeitrag im esentlichen darauf abzielt, die Voraussetzungen für die Erhebung des Rundfunkbeitrags vor dem Hintergrund der technologischen Entwicklung in Bezug auf den Empfang der Programme der öffentlich-rechtlichen Sender zu vereinfachen. Außerdem hat diese Änderung zu keiner wesentlichen Erhöhung der Vergütung geführt, die die öffentlich-rechtlichen
Sender erhalten, um die Kosten zu decken, die mit der Erfüllung ihres öffentlichen Auftrags verbunden sind.

Der Gerichtshof stellt zweitens fest, dass es die Rechtsvorschriften der Union über staatliche Beihilfen nicht verbieten, dass öffentlich-rechtlichen Sendern vom allgemeinen Recht abweichende Befugnisse eingeräumt werden, die es ihnen erlauben, die
Zwangsvollstreckung von Forderungen aus rückständigen Rundfunkbeiträgen selbst zu betreiben.

Der Gerichtshof führt insoweit aus, dass die fraglichen Vorrechte von der Kommission bei ihrer Prüfung der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Jahr 2007 berücksichtigt wurden und seither unverändert geblieben sind. Außerdem sind derartige Vorrechte als ein dem öffentlichen Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender inhärenter Aspekt anzusehen. Die übrigen Fragen des Landgerichts Tübingen zur Vereinbarkeit der Finanzierungsregelung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland mit dem Unionsrecht erachtet der Gerichtshof für unzulässig.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



OLG Stuttgart: Kamermann des Films "Das Boot" erhält urheberrechtliche Nachvergütung aus § 32a UrhG

OLG Stuttgart
Urteil vom 26.09. 2018
4 U 2/18


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass der Kamermann des Films "Das Boot" eine urheberrechtliche Nachvergütung aus § 32a UrhG erhält.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Oberlandesgericht Stuttgart entscheidet über Nachvergütungsansprüche des Chef-Kameramannes von „Das Boot“

Der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Stuttgart unter dem Vorsitz von Matthias Haag hat mit seinem heute verkündeten Urteil auf die Berufung des Kameramannes diesem u.a. rund 315.000 € nebst Umsatzsteuer als weitere angemessene Beteiligung für die Nutzung der Filmproduktion „Das Boot“ in Gemeinschaftsprogrammen der 8 beklagten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zugesprochen.

Der Kläger war als Chefkameramann an der Filmproduktion eines der bislang erfolgreichsten deutschen Kinofilme aller Zeiten in den Jahren 1980/1981 beteiligt. Nach den Feststellungen des Senats hatte der Kameramann seinerzeit 204.000 DM (=104.303,64 €) als vereinbarte Vergütung erhalten. Mit diesem und einem bereits vom Oberlandesgericht München am 21.12.2017 entschiedenen Verfahren (29 U 2619/16) strebt der 84-jährige Kläger Nachvergütungsansprüche gemäß § 32a Urheberrechtsgesetz (UrhG) an. Vom OLG München wurden ihm seinerzeit gegen die Filmherstellerin, die Videoverwertungsgesellschaft sowie den WDR insgesamt und mit Zinsen rund 588.000,- € zugesprochen. In Stuttgart macht er seine Ansprüche gegenüber den weiteren Rundfunkanstalten, die die ARD bilden, geltend. Diese betreiben jeweils ihr eigenes sog. drittes Programm und haben dort und in den Gemeinschaftsprogrammen der ARD bis zum 12.03.2016 wiederholt „Das Boot“ ausgestrahlt.

Im Berufungsverfahren begehrte der Kameramann beim Oberlandesgericht mehr als die ihm vom Landgericht Stuttgart zugesprochenen rund 77.000 €, die Rundfunkanstalten wollen dagegen gar keine Nachvergütung bezahlen.

Der Senat stellte fest, dass dem Kläger für 41 Ausstrahlungen der Produktion in den Jahren 2002-2016 eine angemessene weitere Beteiligung gemäß § 32a Abs. 2 Satz 1 UrhG zusteht. Zwischen der vom Kläger mit der Filmproduktionsfirma vereinbarten Vergütung für die Einräumung des Nutzungsrechts und den aus der Nutzung erzielten Erträgnissen und Vorteilen der jeweiligen Sender bestehe ein auffälliges Missverhältnis im Sinne des seit 2002 normierten sog. Fairnessparagraphen.

Bei der Bemessung der Vorteile der Rundfunkanstalten durch die Ausstrahlungen orientiert sich das Berufungsgericht an tariflichen Wiederholungsvergütungssätzen, wie sie die Tarifverträge der drei größten ARD-Anstalten für die Ausstrahlung von Wiederholungssendungen vorsehen. Demgegenüber wird der erstinstanzliche Lösungsansatz, die Vorteile und Erträgnisse der Sendeanstalten nach den Lizenzkosten zu bemessen, für nicht sachgerecht angesehen. Dagegen spreche u.a., dass es im Filmlizenzgeschäft keine allgemeingültigen Preise gäbe und derselbe Film einmal günstig und ein andermal viel teurer eingekauft werden könne.

Die unter Berücksichtigung der Vorteile der Beklagten angemessene Vergütung betrage somit insgesamt 315.018,29 €. Dabei sei die tatsächliche Vergütung des Kameramanns durch die Filmnutzungen bis zum Stichtag 28.03.2002 (Verkündung des § 32a UrhG) bereits „verbraucht“. Der Nachvergütungsbetrag wird zu rund 60 % von den 8 beklagten ARD-Sendern für die Ausstrahlungen in den Gemeinschaftsprogrammen gesamtschuldnerisch geschuldet, der restliche Betrag entfällt auf die einzelnen Sender für die Ausstrahlungen in den jeweiligen „dritten Programmen“. Entgegen der Auffassung des OLG Münchens und des Landgerichts sei der Zahlbetrag nicht zu verzinsen, da der sog. Vertragsanpassungsanspruch keine Geldschuld betreffe.

Für die Zeit nach dem 12.03.2016 und die Zukunft stellte der Senat fest, dass für die jeweilige Nutzung der Filmproduktion „Das Boot“ eine weitere angemessene Beteiligung von den Beklagten an den Kameramann zu bezahlen sei.

Gegen das Urteil wurde die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Aktenzeichen
Oberlandesgericht Stuttgart 4 U 2/18 Urteil vom 26.09. 2018
Landgericht Stuttgart 17 O 127/11 Urteil vom 28.11.2017

Relevante Normen:

Gesetz über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte Urheberrechtsgesetz
§ 32a Weitere Beteiligung des Urhebers

(1) Hat der Urheber einem anderen ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt, die dazu führen, dass die vereinbarte Gegenleistung unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen des Urhebers zu dem anderen in einem auffälligen Missverhältnis zu den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werkes steht, so ist der andere auf Verlangen des Urhebers verpflichtet, in eine Änderung des Vertrages einzuwilligen, durch die dem Urheber eine den Umständen nach weitere angemessene Beteiligung gewährt wird. Ob die Vertragspartner die Höhe der erzielten Erträge oder Vorteile vorhergesehen haben oder hätten vorhersehen können, ist unerheblich.

(2) Hat der andere das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt und ergibt sich das auffällige Missverhältnis aus den Erträgnissen oder Vorteilen eines Dritten, so haftet dieser dem Urheber unmittelbar nach Maßgabe des Absatzes 1 unter Berücksichtigung der vertraglichen Beziehungen in der Lizenzkette. Die Haftung des anderen entfällt.

§ 132 Verträge
(3) Auf Verträge oder sonstige Sachverhalte, die vor dem 1. Juli 2002 geschlossen worden oder entstanden sind, sind die Vorschriften dieses Gesetzes vorbehaltlich der Sätze 2 und 3 in der am 28. März 2002 geltenden Fassung weiter anzuwenden. § 32a findet auf Sachverhalte Anwendung, die nach dem 28. März 2002 entstanden sind. Auf Verträge, die seit dem 1. Juni 2001 und bis zum 30. Juni 2002 geschlossen worden sind, findet auch § 32 Anwendung, sofern von dem eingeräumten Recht oder der Erlaubnis nach dem 30. Juni 2002 Gebrauch gemacht wird.


BVerfG: Rundfunkbeitrag im privaten und nicht privaten Bereich verfassungsgemäß - Beitragspflicht für Zweitwohnungen unzulässig

BVerfG
Urteil vom 18. Juli 2018
1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17,1 BvR 981/17


Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der Rundfunkbeitrag in der derzeitigen Ausgestaltung im privaten und nicht privaten Bereich im wesentlichen verfassungsgemäß ist. Die Beitragspflicht für Zweitwohnungen ist hingegen unzulässig.


Leitsätze des Bundesverfassungsgerichts:

1. Das Grundgesetz steht der Erhebung von Vorzugslasten in Form von Beiträgen nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr - potentiell - einen Nutzen haben.

Der mit der Erhebung des Rundfunkbeitrags ausgeglichene Vorteil liegt in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können.

2. Auch eine unbestimmte Vielzahl oder gar alle Bürgerinnen und Bürger können zu Beiträgen herangezogen werden, sofern ihnen jeweils ein Vorteil individuell-konkret zugerechnet werden kann und soweit dessen Nutzung realistischerweise möglich erscheint.

3. Die Landesgesetzgeber durften die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich an das Innehaben von Wohnungen in der Annahme anknüpfen, das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks werde typischerweise in der Wohnung in Anspruch genommen. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an.

Die Nutzungsmöglichkeit zu betrieblichen Zwecken rechtfertigt die gesonderte Inanspruchnahme von Inhabern von Betriebsstätten und von nicht ausschließlich zu privaten Zwecken genutzten Kraftfahrzeugen zusätzlich zur Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich.

4. Ein Beitragsschuldner darf zur Abschöpfung desselben Vorteils nicht mehrfach herangezogen werden.

Inhaber mehrerer Wohnungen dürfen für die Möglichkeit privater Rundfunknutzung nicht mit insgesamt mehr als einem vollen Rundfunkbeitrag belastet werden.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts:

Vorschriften zur Erhebung des Rundfunkbeitrages für die Erstwohnung und im nicht privaten Bereich verfassungsgemäß

Die Rundfunkbeitragspflicht ist im privaten und im nicht privaten Bereich im Wesentlichen mit der Verfassung vereinbar. Mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nicht vereinbar ist allerdings, dass auch für Zweitwohnungen ein Rundfunkbeitrag zu leisten ist. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts mit Urteil vom heutigen Tage auf die Verfassungsbeschwerden dreier beitragspflichtiger Bürger und eines Unternehmens hin entschieden und die gesetzlichen Bestimmungen zur Beitragspflicht für Zweitwohnungen für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt. Er hat den zuständigen Landesgesetzgebern aufgegeben, insofern bis zum 30. Juni 2020 eine Neuregelung zu treffen. Nach dem Urteil steht das Grundgesetz der Erhebung von Beiträgen nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr - potentiell - einen Nutzen haben. Beim Rundfunkbeitrag liegt dieser Vorteil in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es nicht an. Die Rundfunkbeitragspflicht darf im privaten Bereich an das Innehaben von Wohnungen anknüpfen, da Rundfunk typischerweise dort genutzt wird. Inhaber mehrerer Wohnungen dürfen für die Möglichkeit privater Rundfunknutzung allerdings nicht mit insgesamt mehr als einem vollen Rundfunkbeitrag belastet werden.

Sachverhalt:

Drei der der Entscheidung zugrundeliegenden Verfassungsbeschwerden wenden sich gegen die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich, wobei einer der Beschwerdeführer insbesondere die Beitragspflicht für Zweitwohnungen angreift. Die vierte Verfassungsbeschwerde eines im Bereich der Autovermietung tätigen Unternehmens richtet sich gegen die Beitragserhebung im nicht-privaten Bereich und hier insbesondere gegen die Entrichtung von zusätzlichen Beiträgen für Kraftfahrzeuge.

Wesentliche Erwägungen des Senats:

Die Rundfunkbeitragspflicht für Erstwohnungsinhaber, Betriebsstätteninhaber und Inhaber nicht ausschließlich privat genutzter Kraftfahrzeuge steht mit der Verfassung im Einklang.

I. Die Ausgestaltung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich mit Ausnahme der Beitragspflicht für Zweitwohnungen ist verfassungsgemäß.

1. Für die Regelungen zur Erhebung des Rundfunkbeitrags haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz, da es sich beim Rundfunkbeitrag nicht um eine Steuer, sondern um einen Beitrag im finanzverfassungsrechtlichen Sinn handelt, der für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Leistung, die Möglichkeit der Rundfunknutzung, erhoben wird. Die Kompetenz für die Erhebung solcher nichtsteuerlicher Abgaben wird von derjenigen für die jeweilige Sachmaterie - hier der Länderkompetenz für den Rundfunk - umfasst.

2. Auch materiell ist die Rundfunkbeitragspflicht für Erstwohnungen mit der Verfassung vereinbar. Insbesondere werden die Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG eingehalten.

a) Der Rundfunkbeitrag gilt einen individuellen Vorteil ab, der im Tatbestand der Wohnungsinhaberschaft sachgerecht erfasst wird. In der Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seiner Funktion als nicht allein dem ökonomischen Wettbewerb unterliegender, die Vielfalt in der Rundfunkberichterstattung gewährleistender Anbieter, der durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen Orientierungshilfe bietet, liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags als Beitrag rechtfertigende individuelle Vorteil. Zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hat beizutragen, wer die allgemein zugänglichen Angebote des Rundfunks empfangen kann, aber nicht notwendig empfangen muss.

b) Mit der Anknüpfung an die Wohnungsinhaberschaft haben die Gesetzgeber den Kreis der Vorteilsempfänger in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise erfasst. Die Gesetzgeber halten sich damit innerhalb des ihnen zustehenden weiten Spielraums bei der Ausgestaltung der Beitragsverpflichtung. Zugrunde liegt die durch statistische Erhebungen gedeckte Erwägung, dass die Adressaten des Programmangebots den Rundfunk typischerweise in der Wohnung empfangen und dass deshalb das Innehaben einer solchen Raumeinheit ausreichende Rückschlüsse auf die Nutzungsmöglichkeit als abzugeltenden Vorteil zulässt. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist von Verfassungs wegen grundsätzlich zulässig. Der Gesetzgeber muss keinen Wirklichkeitsmaßstab wählen, sondern kann auch einen Ersatz- oder Wahrscheinlichkeitsmaßstab zugrunde legen und damit auch auf die tatsächlich überwiegende Nutzung in der Wohnung abstellen.

c) Demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob in jeder beitragspflichtigen Wohnung tatsächlich Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden. Die Gesetzgeber dürfen die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgeräts vorsehen. Maßgeblich ist, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Sie ist stets gegeben, weil den Beitragsschuldnern durch das Beschaffen von entsprechenden Empfangsgeräten ein Empfang im gesamten Bundesgebiet möglich ist. Wo es Beitragsschuldnern objektiv unmöglich ist, zumindest über irgendeinen Übertragungsweg Rundfunk zu empfangen, soll auf Antrag eine Befreiung nach § 4 Abs. 6 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) erfolgen. Darüber hinaus erwiese sich eine Anknüpfung an Empfangsgeräte auch als nicht mehr praktikabel. Insbesondere angesichts der Diversifizierung der Empfangsmöglichkeiten sind effektive Kontrollen kaum möglich.

d) Ebenfalls unerheblich ist, ob einzelne Beitragsschuldner bewusst auf den Rundfunkempfang verzichten, denn die Empfangsmöglichkeit besteht unabhängig vom Willen des Empfängers.

e) Die Bemessung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich ist im Wesentlichen belastungsgleich ausgestaltet.

aa) Die Gesetzgeber haben den bestehenden weiten Gestaltungsspielraum bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags zum 1. Januar 2013 nicht überschritten. Die Länder wollten sich bei der Festsetzung des Rundfunkbeitrags an den Berechnungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten orientieren. Die tatsächlichen Mehreinnahmen aus Rundfunkbeiträgen lagen auch nicht wesentlich über den von der Kommission prognostizierten Einnahmen. Im Übrigen werden Überschüsse am Ende der Beitragsperiode vom Finanzbedarf für die folgende Periode abgezogen. Letztlich ist verfassungsrechtlich entscheidend, dass die Beiträge nicht für andere Zwecke erhoben werden als die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Finanzierung der Aufgaben nach § 40 Abs. 1 RStV.

bb) Die einheitliche Erhebung des Rundfunkbeitrags pro Wohnung verstößt nicht gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit. Dem Rundfunkbeitrag steht eine äquivalente staatliche Leistung, nämlich ein umfangreiches, so auf dem freien Markt nicht erhältliches Angebot in Form von Vollprogrammen, Spartenprogrammen und Zusatzangeboten, einem Bildungsprogramm, zahlreichen Hörfunkprogrammen und Telemedienangeboten gegenüber.

Darin, dass sich mehrere Wohnungsinhaber den Beitrag untereinander aufteilen können und dadurch weniger belastet werden als Einzelpersonen, liegt zwar eine Ungleichbehandlung. Diese beruht jedoch auf Sachgründen, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen noch genügen. Die Landesgesetzgeber stützen die wohnungsbezogene Erhebung des Rundfunkbeitrags darauf, dass der private Haushalt in der Vielfalt der modernen Lebensformen häufig Gemeinschaften abbildet, die auf ein Zusammenleben angelegt sind, und dass die an dieser Gemeinschaft Beteiligten typischerweise das Rundfunkangebot in der gemeinsamen Wohnung nutzen. An diese gesellschaftliche Wirklichkeit darf der Gesetzgeber anknüpfen. Die Gemeinschaften unterfallen darüber hinaus vielfach dem Schutz des Art. 6 Abs. 1 GG. Die Regelung ist vom weiten Einschätzungsspielraum der Landesgesetzgeber gedeckt. Die Ungleichbehandlung kann auch deshalb hingenommen werden, weil die ungleiche Belastung das Maß nicht übersteigt, welches das Bundesverfassungsgericht in vergleichbaren Fällen angelegt hat. Die Leistung des öffentlich-rechtlichen Programmangebots ist auch dann der Beitragshöhe äquivalent, wenn der Inhaber eines Einpersonenhaushalts zu einem vollen Beitrag herangezogen wird.

II. Hingegen verstößt die Bemessung des Beitrags bei Zweitwohnungen gegen den aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatz der Belastungsgleichheit.

Soweit Wohnungsinhaber nach der derzeitigen Regelung für eine Wohnung bereits zur Leistung eines Rundfunkbeitrags herangezogen worden sind, ist der Vorteil bereits abgegolten; Zweitwohnungsinhaber würden für den gleichen Vorteil mehrfach herangezogen. Gründe der Verwaltungsvereinfachung tragen die Regelung nicht, da den Rundfunkanstalten die relevanten Meldedaten übermittelt werden und die Anzeigepflicht auf die Angabe von Erst- und Mehrfachwohnung erstreckt werden kann. Auch ist die Regelung nicht aus Gründen einer Missbrauchs- und Umgehungsgefahr gerechtfertigt, da Beitragspflichtige, die eine Wohnung als Erstwohnung innehaben, unabhängig von der zusätzlichen Präsenz von Zweitwohnungsinhabern zur Zahlung verpflichtet sind. Durch einen Meldeverstoß können auch Inhaber von Erstwohnungen der Beitragszahlung rechtswidrig entgehen; in diesem Fall können jedoch bewusst falsche Angaben als Ordnungswidrigkeit oder gar als Straftat verfolgt werden.

Allerdings dürfen die Gesetzgeber bei einer Neuregelung Vorkehrungen treffen, um den Verwaltungsaufwand für die Erfassung von Zweitwohnungen im Rahmen zu halten. So können sie die Befreiung von dem Rundfunkbeitrag für Zweitwohnungen von einem Antrag sowie einem Nachweis der Anmeldung von Erst- und Zweitwohnung als solche abhängig machen. Dabei können sie auch für solche Zweitwohnungsinhaber von einer Befreiung absehen, die die Entrichtung eines vollen Rundfunkbeitrags für die Erstwohnung durch sie selbst nicht nachweisen. Dabei darf dieselbe Person jedoch für die Möglichkeit der privaten Rundfunknutzung nicht zu mehr als einem insgesamt vollen Beitrag herangezogen werden.

III. Im nicht privaten Bereich verstoßen weder die Beitragspflicht für Betriebsstätten noch die Beitragspflicht für nicht zu ausschließlich privaten Zwecken genutzte Kraftfahrzeuge gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit.

1. Die Möglichkeit des Rundfunkempfangs vermittelt den Betriebsstätteninhabern einen Vorteil. Sie können sich aus dem Rundfunkangebot Informationen für den Betrieb beschaffen sowie das Rundfunkangebot zur Information oder Unterhaltung ihrer Beschäftigten und ihrer Kundschaft nutzen.

2. Ein zusätzlicher erwerbswirtschaftlicher Vorteil erwächst den Betriebsstätteninhabern durch die Möglichkeit, Rundfunk in betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zu empfangen. Bei Unternehmen, deren erwerbswirtschaftliche Betätigung schwerpunktmäßig in der Nutzung von Kraftfahrzeugen liegt, wird der Nutzungsvorteil zum Hauptvorteil. Bei Mietwagen liegt der abgeltungsfähige Vorteil im preisbildenden Faktor der Empfangsmöglichkeit.

3. Die Gesamtheit dieser zusätzlichen Vorteile haben die Gesetzgeber in verfassungsgemäßer Weise erfasst. Der Vorteil ist den Inhabern von Betriebsstätten und betrieblich genutzten Kraftfahrzeugen zurechenbar. Die konkrete Ausgestaltung der Beitragspflicht für Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge ist belastungsgleich.

a) Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag macht die Höhe des Beitrags von der Anzahl der in der jeweiligen Betriebsstätte neben dem Inhaber Beschäftigten abhängig, wobei mit zunehmender Belastung eine Degression eintritt. Diese Bemessung ist vorteilsgerecht. Dass es bei gleicher Beschäftigtenzahl zu unterschiedlichen Belastungen kommt, je nachdem auf wie viele Betriebsstätten sich die Beschäftigten verteilen, bewirkt keinen Gleichheitsverstoß. Die Landesgesetzgeber durften die Beitragspflicht sowohl an die Betriebsstätte als denjenigen Ort anknüpfen, in dem von der Möglichkeit der Rundfunknutzung typischerweise Gebrauch gemacht wird, als auch den nach der Größe einer Betriebsstätte zu bemessenden Vorteil im Wege einer degressiven Staffelung an die Beschäftigtenzahl knüpfen.

Dabei kommt es nicht darauf an, dass es bezogen auf die Gesamtzahl der Beschäftigten mitunter zu unterschiedlich hohen Belastungen kommen kann, denn die Gesetzgeber haben nicht die Beschäftigtenzahl eines Unternehmens, sondern die der Betriebsstätte zur Bemessung des Rundfunkbeitrags herangezogen.

b) Für betrieblich genutzte Kraftfahrzeuge ist deren Inhaber für jedes zugelassene Fahrzeug zur Zahlung eines Drittels des Rundfunkbeitrags verpflichtet. Davon ist jeweils ein Kraftfahrzeug für jede beitragspflichtige Betriebsstätte des Inhabers ausgenommen. Diese zusätzliche Beitragspflicht ist ebenfalls vorteilsgerecht ausgestaltet. Die Landesgesetzgeber konnten auch Kraftfahrzeuge als Orte, an denen der Rundfunk typischerweise intensiv genutzt wird, mit einem eigenen (Teil-) Beitrag belasten, um damit auch Unternehmer ohne Betriebsstätte zu erfassen. Insbesondere mussten die Gesetzgeber nicht zwischen solchen Kraftfahrzeugen unterscheiden, die der Betriebsstätteninhaber unmittelbar für die Zwecke des Betriebs einsetzt, und solchen, die an Kunden vermietet werden. Die Landesgesetzgeber mussten diese Unterscheidung nicht in unterschiedliche Beitragsregelungen übersetzen. Sie konnten sich vielmehr darauf beschränken, die Beitragslast auf drei verschiedene Nutzungsarten im Betrieb aufzuteilen, um insgesamt die Vielgestaltigkeit der Nutzungsmöglichkeiten im betrieblichen Bereich zu erfassen und die Betriebsstätten in angemessener Höhe zu belasten.

Die Beschwerdeführerin im Verfahren 1 BvR 836/17 profitiert jedenfalls als Vermieterin von Kraftfahrzeugen vom kommunikativen Nutzen ihrer Kundschaft dadurch, dass sie Kraftfahrzeuge mit Möglichkeit zur Rundfunknutzung teurer beziehungsweise überhaupt vermieten kann. Dieser Nutzen ist durch den Beitrag der Betriebsstätte noch nicht erfasst, kann also als Leistung von den Gesetzgebern mit einer Pflicht zur Gegenleistung in Form eines (Drittel-)Beitrags belegt werden.

c) Schließlich ist das Erhebungsverfahren des Rundfunkbeitrags im nicht privaten Bereich belastungsgleich. Die Rundfunkanstalten verfügen über hinreichende Möglichkeiten, die beitragsrelevanten Tatbestände zu ermitteln, und machen davon auch Gebrauch. Ein strukturelles Erhebungsdefizit ist nicht erkennbar.

IV. Auch im Übrigen ist die Rundfunkbeitragspflicht verfassungsgemäß.

1. Das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 GG folgende Grundrecht der Informationsfreiheit schützt den Zugang zu allgemein zugänglichen Informationsquellen und zugleich die eigene Entscheidung darüber, sich aus solchen Quellen zu informieren. Der Aspekt des Auswählenkönnens ist der Grundtatbestand jeder Information. Ob das Grundrecht der Informationsfreiheit darüber hinaus auch gleichrangig im Sinne einer negativen Komponente davor schützt, sich gegen den eigenen Willen Informationen aufdrängen zu lassen, oder ob insoweit der Schutzbereich des Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig ist, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn die Rundfunkbeitragspflicht begründet keinen Zwang zur Konfrontation mit den über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbreiteten Informationen, so dass es jedenfalls an einem Eingriff fehlt.

2. Es liegt auch nicht deshalb ein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot vor, weil die Höhe des Rundfunkbeitrags nicht im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, sondern im Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag geregelt ist. Der Zweck eines Gesetzes kann aus dem Gesetzestext in Verbindung mit den Materialien deutlich werden und sich auch aus dem Zusammenhang ergeben, in dem die Regelung zu dem zu regelnden Lebensbereich steht. Die Höhe des Rundfunkbeitrags ist allgemein bekannt und ergibt sich zudem aus den frei verfügbaren Informationen des ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice. Auch weist die Gesetzesbegründung zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ausdrücklich auf das nach dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag bestehende Festsetzungsverfahren hin.

V. Im Übrigen begegnen auch die angegriffenen Entscheidungen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie entziehen den Beschwerdeführern nicht ihren gesetzlichen Richter. Insbesondere begründet es keinen Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, dass das Bundesverwaltungsgericht die Durchführung eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 3 AEUV über die Frage unterlassen hat, ob durch den Systemwechsel von der Rundfunkgebühr zum Rundfunkbeitrag eine Beihilfe umgestaltet wurde, die der Kommission der Europäischen Union hätte notifiziert werden müssen. Das Bundesverwaltungsgericht hat eine etwaige Vorlagepflicht weder verkannt noch ist es bewusst von bestehender Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgewichen. Es durfte in vertretbarer Weise davon ausgehen, die Rechtslage zur Notifizierungspflicht sei in einer Weise geklärt, die keinen vernünftigen Zweifel offenlässt. Nach dieser Rechtsprechung wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn sie von der in der Genehmigungsentscheidung zugelassenen Regelung wesentlich abweicht, insbesondere, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Auf dieser Grundlage hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorliegen einer geklärten Rechtslage nicht willkürlich und nicht ohne sachlich einleuchtende Begründung bejaht. Nicht zu beanstanden ist, dass es eine Änderung im Kern verneint, weil der Rundfunkbeitrag ebenso wie die vormalige Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogrammangebot erhoben wird, um die staatsferne bedarfsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sicherzustellen. Dass nun auch weitere Personen abgabepflichtig sind, obwohl sie kein Empfangsgerät besitzen, hat das Bundesverwaltungsgericht wegen ihres geringen Anteils am Gesamtaufkommen als nicht wesentlich eingestuft. Dies leuchtet ohne weiteres ein.

VI. Eine Neuregelung durch die Gesetzgeber hat spätestens bis zum 30. Juni 2020 zu erfolgen. Ab dem Tag der Verkündung dieses Urteils sind bis zu einer Neuregelung Personen, die Ihrer Rundfunkbeitragspflicht bezüglich der Erstwohnung nachkommen, auf Antrag von einer Beitragspflicht für weitere Wohnungen zu befreien. Wer bereits Rechtsbehelfe anhängig gemacht hat, über die noch nicht abschließend entschieden ist, kann einen solchen Antrag rückwirkend stellen. Bereits bestandskräftige Festsetzungsbescheide vor der Verkündung dieses Urteils bleiben hingegen unberührt.


OLG Düsseldorf: ARD und ZDF müssen Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelt für Übertragung im Kabelnetz zahlen

OLG Düsseldorf
Urteil vom 12.07.2017
VI-U (Kart) 16/13


Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ARD und ZDF Kabelnetzbetreiber Einspeiseentgelt für die Übertragung im Kabelnetz zahlen müssen.

Die Pressemitteilung des OLG Düsseldorf:

Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten müssen für Übertragung im Kabelnetz bezahlen

In dem seit 2013 andauernden Rechtsstreit um "Einspeiseentgelte" für die Nutzung des Kabelnetzes durch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten hat der 1. Kartellsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf am 12. Juli 2017 zu Gunsten der Kabelnetzbetreiber entschieden. Die Rundfunkanstalten müssen für die Nutzung des Kabelnetzes insgesamt ca. 3,5 Millionen EUR zahlen. Streitgegenständlich waren allein die Entgelte für das Jahr 2013 und das erste Quartal 2016.

Die Parteien streiten darüber, ob die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verpflichtet sind, für die Verbreitung ihres Rundfunkprogramms über das Kabelnetz Entgelte zu zahlen. Noch bis 2012 hatten die beklagten Rundfunkanstalten der Netzbetreiberin jährlich über 20 Millionen EUR gezahlt. Grundlage für die Zahlungen war ein im Jahr 2008 zwischen den Beteiligten geschlossener "Einspeisevertrag". Im Frühjahr 2011 hatten sich die beklagten Rundfunkanstalten jedoch gemeinsam dazu entschlossen, den Einspeisevertrag zu kündigen und fortan keine Zahlungen mehr zu leisten.

Nach der Auffassung des Senats ist der zwischen den Beteiligten in 2008 geschlossene Einspeisevertrag nicht wirksam gekündigt worden, so dass die Rundfunkanstalten weiterhin verpflichtet seien, Einspeiseentgelte zu zahlen. Die Kündigungserklärungen der Rundfunkanstalten seien kartellrechtswidrig. Sie verstießen gegen § 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), weil sie nicht auf Grund individueller wirtschaftlicher Erwägungen erfolgt seien, sondern auf der Grundlage einer unzulässigen Absprache zwischen den Rundfunkanstalten. Es bestehe eine tatsächliche Vermutung, dass der unstreitig stattgefundene Informationsaustausch zwischen den Rundfunkanstalten ursächlich für die im Juni 2012 erklärten Kündigungen war. Tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Rundfunkanstalten die Kündigungen jeweils auf Grund eines eigenständig gefassten Entschlusses erklärt hätten, bestünden nicht. Dokumente, Entscheidungsvorlagen, Protokolle oder Beschlüsse der zuständigen Gremien, die auf ein selbständiges Handeln der Anstalten deuteten, seien nicht vorgelegt worden. Genau das hatte aber der Bundesgerichtshof in seinem Revisionsurteil vom 12. April 2016 (KZR 31/14) in diesem Zusammenhang verlangt.

Der Senat führte außerdem aus, der Einspeisevertrag sei als solcher wirksam. Er begegne insbesondere keinen kartellrechtlichen Bedenken. Die Entgeltsetzung verstoße nicht gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot des § 19 GWB; ebenso wenig sei ein Verstoß gegen die rundfunkrechtlichen Entgeltvorgaben des § 52d Rundfunkstaatsvertrag oder ein sog. Preishöhenmissbrauch festzustellen. Eine wirtschaftliche Übermacht der Klägerin im Verhältnis zu den beklagten Rundfunkanstalten bestehe nicht. Die Vertragsparteien unterlägen hinsichtlich der Signaleinspeisung einer wechselseitigen Abhängigkeit. Eine wettbewerbsrechtlich relevante Ausbeutung der Rundfunkanstalten liege nicht vor.

In erster Instanz hatte das Landgericht Köln die Klage der Netzbetreiberin abgewiesen. Das zunächst ergangene Berufungsurteil des erkennenden Senats wurde vom Bundesgerichtshof in der Revisionsinstanz zum Teil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.


Volltext BGH zur Zulässigkeit des Satire-Beitrags in ZDF-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner liegt vor

BGH
Urteile vom 10.01.2017
VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15
GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Behauptungen in ZDF-Satire-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner doch zulässig berichtet. Grundsätzlich sind Äußerungen im Rahmen von Satire-Beiträgen stets im Gesamtzusammenhang zu betrachten und darauf abzustellen, wie ein verständiges und unvoreingenommenes Publikum die Inhalte auffasst.

Leitsatz des BGH:

Zur Erfassung ihres objektiven Sinngehalts muss eine Äußerung in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts
von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Mehr noch als beim geschriebenen Wort ist bei dem in einem Fernsehbeitrag gesprochenen Wort angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei dem verständigen und unvoreingenommenen Publikum ankommt.

BGH, Urteil vom 10. Januar 2017 - VI ZR 562/15 - Hanseatisches OLG LG Hamburg

Die Volltexte der Entscheidungen finden Sie hier:
VI ZR 562/15
VI ZR 561/15


BGH: Behauptungen in ZDF-Satire-Sendung Die Anstalt über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner doch zulässig

BGH
Urteile vom 10.01.2017
VI ZR 561/15 und VI ZR 562/15


Der BGH hat entschieden, dass die Behauptungen in der ZDF-Satire-Sendung "Die Anstalt" über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner über über Verbindung zu transatlantischen Lobby-Organisationen doch zulässig war.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof zur Ermittlung des Aussagegehalts von Äußerungen in einer Satiresendung

Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 561/15 ist Mitherausgeber, der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist einer der Redakteure der Wochenzeitung "DIE ZEIT". Die Kläger machen gegen die Beklagte, das ZDF, Ansprüche auf Unterlassung von Äußerungen geltend. Die Beklagte strahlte am 29. April 2014 das Satireformat "Die Anstalt" aus. Gegenstand der Sendung war ein Dialog zwischen zwei Kabarettisten, in dem es um die Frage der Unabhängigkeit von Journalisten bei dem Thema Sicherheitspolitik ging. Die Kläger sind der Auffassung, im Rahmen dieses Dialogs sei die unzutreffende Tatsachenbehauptung aufgestellt worden, sie seien Mitglieder, Vorstände oder Beiräte in acht bzw. drei Organisationen, die sich mit sicherheitspolitischen Fragen befassen. Der Kläger in dem Verfahren VI ZR 562/15 ist darüber hinaus der Auffassung, es sei der Wahrheit zuwider behauptet worden, er habe an der Vorbereitung der Rede des Bundespräsidenten vor der Münchener Sicherheitskonferenz im Januar 2014, über die er später als Journalist wohlwollend berichtet hat, mitgewirkt.

Das Oberlandesgericht hat die Beklagte zur Unterlassung der angegriffenen Äußerungen verurteilt. Die vom Senat zugelassenen Revisionen haben zur Aufhebung der Berufungsurteile und zur Abweisung der Klagen geführt, weil das Berufungsgericht den angegriffenen Äußerungen einen unzutreffenden Sinngehalt entnommen hat. Bei korrekter Ermittlung des Aussagegehalts haben die Kabarettisten die oben genannten Aussagen nicht getätigt, so dass sie nicht verboten werden können. Zur Erfassung des Aussagegehalts muss eine Äußerung stets in dem Gesamtzusammenhang beurteilt werden, in dem sie gefallen ist. Äußerungen im Rahmen eines satirischen Beitrags sind zudem zur Ermittlung ihres eigentlichen Aussagegehalts von ihrer satirischen Einkleidung, der die Verfremdung wesenseigen ist, zu entkleiden. Bei einem satirischen Fernsehbeitrag ist in den Blick zu nehmen, welche Botschaft bei einem unvoreingenommenen und verständigen Zuschauer angesichts der Vielzahl der auf einen Moment konzentrierten Eindrücke ankommt. Dies zugrunde gelegt lässt sich dem Sendebeitrag im Wesentlichen nur die Aussage entnehmen, es bestünden Verbindungen zwischen den Klägern und in der Sendung genannten Organisationen. Diese Aussage ist zutreffend.

Vorinstanzen:

LG Hamburg – Entscheidungen vom 21. November 2014 – 324 O 443/14 und 324 O 448/14

Hanseatisches OLG – Entscheidungen vom 8. September 2015 – 7 U 121/14 und 7 U 120/14



Staatsanwaltschaft Mainz: Kein Ermittlungsverfahren wegen Schnitzel-Post der heute-show auf Facebook - kein strafbares Verhalten

Die Staatsanwaltschaft Mainz hat im Ergebnis völlig zutreffend entschieden, dass kein Ermittlungsverfahren wegen des Schnitzel-Posts der heute-show auf Facebook eingeleitet wird. Es fehlt an einem strafbares Verhalten.

Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Mainz:

Keine Ermittlungen wegen "Facebook"-Postings der "heute-show"

(Mainz) Kein Ermittlungsverfahren wegen "Facebook"-Postings der ZDF-„heute-show“
Die Staatsanwaltschaft Mainz hat von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen eines Beitrags auf der Seite der Sendung „heute-show“ in dem Internetportal „Facebook“ abgesehen.

Seit dem 26. April 2016 sind bei der Staatsanwaltschaft Mainz mehrere Strafanzeigen von Privatpersonen eingegangen, die sich auf einen Beitrag auf der Seite der Sendung „heute show“ in dem Internetportal „Facebook“ beziehen.

Der Inhalt dieses „Postings“ vom 25. April 2016, 12.41 Uhr, lässt sich so beschreiben:

Unter der Frage „Was ist verkehrt mit euch, liebe Nachbarn?“ folgt eine Abbildung, eines Schnitzels, das in Form eines Hakenkreuzes auf einem Teller liegt. Daneben findet sich - in der Art eines Plakates - der Text: „Österreicher wählen eben so, wie sie es vom Schnitzel kennen: Möglichst flach und schön braun.“

Nach dem vorgetragenen Sachverhalt ist kein Anfangsverdacht für ein strafbares Verhalten gegeben (§ 152 Abs. 2 Strafprozessordnung). Der Inhalt dieses Beitrages und dessen Verbreitung erfüllen keine Strafvorschrift.

Die von einigen Anzeigeerstattern genannte Vorschrift des § 103 StGB (Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten) ist schon deshalb nicht erfüllt, weil sich der Beitrag ersichtlich nicht mit dem Bundespräsidenten der Republik Österreich befasst. Eine - auch nur indirekte - Bezugnahme auf das Staatsoberhaupt ist nicht erkennbar. Auf Präsidentschaftskandidaten oder sonstige Personen des politischen Lebens, die weder Staatsoberhaupt noch Regierungsmitglied sind, ist die Vorschrift nicht anwendbar. Zudem bestünde ein Verfahrenshindernis, da weder ein Strafverlangen der österreichischen Regierung gestellt noch eine Ermächtigung der Bundesregierung zur Strafverfolgung erteilt wurden (§ 104a Strafgesetzbuch).

Die Abbildung in Form eines Hakenkreuzes stellt auch kein strafbares Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen im Sinne von § 86a Strafgesetzbuch dar. Nach der Rechtsprechung ist die Verwendung solcher Symbole straflos, die dem Schutzzweck des § 86a eindeutig nicht zuwiderlaufen oder auf eine offene Gegnerschaft zu der verbotenen Organisation abzielen. Die Strafnorm schützt den demokratischen Rechtsstaat vor einer Wiederbelebung verfassungswidriger Organisationen und vor ihrer „Verharmlosung“ durch Gewöhnung an bestimmte Kennzeichen.

Einem solchen Schutzzweck des Gesetzes läuft die Verwendung des Symbols - in Schnitzelform - erkennbar nicht zuwider. In dem veröffentlichten Beitrag geht es darum, den Ausgang der ersten Runde der österreichischen Bundespräsidentenwahl am 24. April 2016 zu beleuchten. Für das Publikum wird das Wahlergebnis - in überspitzter Form - dergestalt kritisch beleuchtet, dass diesem ein Erstarken eher rechtsgerichteter politischer Kräfte zu entnehmen sei. Eine Identifikation mit verfassungswidrigen Organisationen, der die Vorschrift des § 86a Strafgesetzbuch entgegenwirken soll, ist hierin nicht zu sehen.

Eine Strafbarkeit wegen Volksverhetzung (§ 130 Strafgesetzbuch) ist auch nicht gegeben. § 130 Strafgesetzbuch setzt voraus, dass in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine bestimmte nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe zum Hass aufgestachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen aufgefordert oder etwa die Menschenwürde anderer dadurch angegriffen wird, dass eine derartige Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet wird.

Anhaltspunkte hierfür sind dem zur Anzeige gebrachten Beitrag nicht zu entnehmen. Trotz des pauschalen Hinweises auf das Wahlverhalten „der Österreicher“ soll der Beitrag bei verständiger Würdigung ersichtlich nicht etwa zum Hass gegen alle österreichischen Staatsangehörigen aufrufen oder diese beschimpfen, sondern - wie ausgeführt - das Wahlergebnis in überspitzt-pointiert als rechtsorientiert darstellen. Es handelt sich um eine durch die Grundrechte der Meinungs- und Kunstfreiheit geschützte zulässige Meinungsäußerung zu tagespolitischem Geschehen.

Zudem ist der Beitrag nach Inhalt, Art und konkreten Fallumständen erkennbar nicht geeignet, den öffentlichen Frieden im Sinne einer allgemeiner Rechtssicherheit und dem friedlichen Zusammenlebens der Bürgerinnen und Bürger zu stören.

Schließlich kommt auch eine strafrechtliche Verfolgung wegen eines Beleidigungsdeliktes (§ 185 ff. Strafgesetzbuch) nicht in Betracht. Zunächst ist festzustellen, dass bislang kein wirksamer Strafantrag eines potentiell Verletzten im Sinne von § 194 Strafgesetzbuch gestellt ist, also ein Verfahrenshindernis zur Verfolgung dieser Delikte besteht.

Ungeachtet dessen ist aber auch der objektive Tatbestand eines Beleidigungsdeliktes zum Nachteil etwa der österreichischen Bevölkerung oder der Wählerinnen und Wähler des Kandidaten der „FPÖ“ bei der genannten Wahl nicht verwirklicht. Zwar ist die Beleidigung einer Mehrheit einzelner Personen unter einer Kollektivbezeichnung grundsätzlich möglich, wenn mit der Bezeichnung einer bestimmten Personengruppe alle ihre Angehörigen getroffen werden sollen. Allerdings muss feststehen, welche einzelnen Personen beleidigt sind; die bezeichnete Personengruppe muss sich auf Grund bestimmter Merkmale so deutlich aus der Allgemeinheit herausheben, dass der Kreis der Betroffenen klar umgrenzt und damit die Zuordnung eines einzelnen zu ihr nicht zweifelhaft ist. Zudem muss der fragliche Personenkreis zahlenmäßig überschaubar sein.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt: Sowohl die österreichische Gesamtbevölkerung von etwa 8,7 Millionen Einwohnern als auch die Gruppe der Wählerinnen und Wähler der „FPÖ“ bei der Bundespräsidentenwahl am 24. April 2016 – nach den unter www.bundespraesidentschaftswahl.at/ergebnisse.html veröffentlichten Daten etwa 1,5 Millionen Stimmen - sind offensichtlich zahlenmäßig keineswegs überschaubar. Die rechtlichen Voraussetzungen einer sogenannten „Kollektivbeleidigung“ sind daher nicht erfüllt.

Von der Einleitung eines Verfahrens war daher abzusehen.


OLG Hamburg: Behauptungen in ZDF-Kabarett-Sendung "Die Anstalt" über Zeit-Herausgeber Joffe und Zeit-Redakteur Bittner über Verbindung zu transatlantischen Lobby-Organisationen waren rechtswidrig -

OLG Hamburg
Urteile vom 09.09.2015
7 U 120/14 und 7 U 121/14


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass die Behauptungen in der ZDF-Kabarett-Sendung "Die Anstalt" wonach die Zeit-Herausgeber Josef Joffe und der Zeit-Redakteur Dr. Jochen Bittner mit transatlantischen Lobby-Organisationen in Verbindung stehen, rechtswidrig war und die weitere Verbreitung dieser Behauptungen sowie die Wiederholung der entsprechenden Passagen etwa in der ZDF-Mediathek untersagt.




OVG Münster: Rundfunkbeitrag ist verfassungsgemäß - Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen

OVG Münster
Urteile vom 13.03.2015
2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14


Das OVG Münster hat entschieden, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß ist. Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde wenig verwunderlich zugelassen.

Die Pressemitteilung des OVG Münster:
"Rundfunkbeitrag verfassungsgemäß

Mit Urteilen vom heutigen Tag hat der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen die Berufungen von drei Klägern zurückgewiesen, die sich gegen die Erhebung von Rundfunkbeiträgen im privaten Bereich durch den WDR gewandt hatten. Die klageabweisenden Urteile der Verwaltungsgerichte Arnsberg und Köln wurden damit bestätigt. Die Kläger hatten insbesondere geltend gemacht, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV), der seit dem 1. Januar 2013 die Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen darstellt, verfassungswidrig sei.

In der mündlichen Urteilsbegründung hat die Vorsitzende des 2. Senats im Wesentlichen ausgeführt, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag begegne keinen durchgreifenden europarechtlichen oder verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere sei er in allen seinen Regelungsteilen formell und materiell verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz für die Erhebung des Rundfunkbeitrags liege bei den Ländern. Der durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sowohl für den privaten Bereich als auch für den nicht privaten Bereich ausgestaltete Rundfunkbeitrag sei keine (verdeckte) Steuer, die der Gesetzgebungskompetenz des Bundes unterfiele. Auch wenn die Anknüpfung der Beitragserhebung an die Wohnung (im privaten Bereich) bzw. an die Betriebsstätte (im nicht privaten Bereich) allgemein gefasst sei, handele es sich noch um einen echten Beitrag. Der Rundfunkbeitrag bleibe eine Gegenleistung für die individuelle Empfangsmöglichkeit öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit einer speziellen, zweckgebundenen Finanzierungsfunktion nach einem bestimmten Verteilungsschlüssel. Mit Blick auf seinen weiten Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der Rundfunkordnung, der seinerseits verfassungsrechtlich garantiert sei, habe der Gesetzgeber typisierend annehmen dürfen, dass von der Rundfunkempfangsmöglichkeit üblicherweise in den gesetzlich bestimmten Raumeinheiten Wohnung und Betriebsstätte Gebrauch gemacht wird. Besondere Härtefälle könnten über die ausnahmsweise Befreiungsmöglichkeit des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV gelöst werden. In materieller Hinsicht verstoße der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag namentlich nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz. Auch insoweit bewege sich der Gesetzgeber noch im Bereich einer zulässigen Typisierung als sachlichem Grund für die Anbindung der Beitragspflicht an die Wohnung bzw. die Betriebsstätte. Dies gelte gerade unter Berücksichtigung sowohl der gesetzlich vorgesehenen Befreiungsmöglichkeiten und Ausnahmen als auch der degressiven Staffelung der Beitragspflicht für Betriebsstätten nach der Anzahl der Beschäftigten. Zuletzt seien auch die im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehenen Nachweis- und Anzeigepflichten ebenso wie der einmalige Meldedatenabgleich mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht vereinbar. Aus den vorstehenden Gründen sei eine Vorlage der Sachen an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG nicht in Betracht gekommen.

Der Senat hat die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Aktenzeichen: 2 A 2311/14, 2 A 2422/14 und 2 A 2423/14

(I. Instanz: VG Arnsberg 8 K 3279/13 und 8 K 3353/13 und VG Köln 6 K 7543/13)"



BVerfG: ZDF-Staatsvertrag in Teilen verfassungswidrig - Gebot der Staatsferne - Einfluss der Politik muss verringert werden

BVerfG
Urteil vom 25.03.2014
1 BvF 1/11
1 BvF 4/11


Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass der ZDF-Staatsvertrag in Teilen verfassungswidrig ist. Aus dem Gebot der Staatsferne folgt, dass der Einfluss der Politik auf die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten verringert werden muss.

Leitsätze des BVerfGs:

1. Die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten. Danach sind Personen mit möglichst unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens einzubeziehen.

a) Der Gesetzgeber hat dafür zu sorgen, dass bei der Bestellung der Mitglieder dieser Gremien möglichst unterschiedliche Gruppen und dabei neben großen, das öffentliche Leben bestimmenden Verbänden untereinander wechselnd auch kleinere Gruppierungen Berücksichtigung finden und auch nicht kohärent organisierte Perspektiven abgebildet werden.

b) Zur Vielfaltsicherung kann der Gesetzgeber neben Mitgliedern, die von gesellschaftlichen Gruppen entsandt werden, auch Angehörige der verschiedenen staatlichen Ebenen einbeziehen.

2. Die Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss als Ausdruck des Gebots der Vielfaltsicherung dem Gebot der Staatsferne genügen. Danach ist der Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien konsequent zu begrenzen.

a) Der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder darf insgesamt ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigen.

b) Für die weiteren Mitglieder ist die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks konsequent staatsfern auszugestalten. Vertreter der Exekutive dürfen auf die Auswahl der staatsfernen Mitglieder keinen bestimmenden Einfluss haben; der Gesetzgeber hat für sie Inkompatibilitätsregelungen zu schaffen, die ihre Staatsferne in persönlicher Hinsicht gewährleisten.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuG: EU-Staaten dürfen Exklusivermarktung der Fußball-WM und EM über PayTV verbieten

EuG
Urteil vom 18.07.2013
C-201/11 P, C-204/11 P und C-205/11 P


Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuG) hat entscheiden, dass die EU-Staaten die Exklusivermarktung der Fußball-WM und EM über PayTV verbieten können. Der EuG wies entsprechende Rechtsmittel der UEFA und der FIFA zurück. Somit sind Regelungen die eine Ausstrahlung im Free-TV vorsehen rechtlich nicht zu beanstanden.

Aus der Pressemitteilung des EuG:

"Die Richtlinie über die Ausübung der Fernsehtätigkeit gestattet jedem Mitgliedstaat, die Exklusivübertragung von Ereignissen, denen er eine erhebliche gesellschaftliche Bedeutung beimisst, zu verbieten, wenn eine solche Übertragung einem bedeutenden Teil der Öffentlichkeit die Möglichkeit nähme, diese Ereignisse in einer frei zugänglichen Fernsehsendung zu verfolgen."

Die Pressemitteilung des EuG mit Links zu den Entscheidungen im Volltext finden Sie hier:

Kleine Anmerkung am Rande: Es handelt sich nicht um Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sondern um Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuG). Dies wird von vielen Nachrichtenseiten falsch berichtet.