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OLG Frankfurt: Wenn ein Waschbär in der Werbung die Unternehmensfarbe des Mitbewerbers übersprüht - Herabsetzung und damit unzulässige vergleichende Werbung

OLG Frankfurt
Urteil vom 09.10.2014
6 U 199/13 6. Zivilsenat


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Werbung mit einem Waschbären, der die Unternehmensfarbe eines Mitbewerbers mit der Unternehmensfarbe des Werbenden übersprüht, eine Herabsetzung des Mitbewerbers darstellt und damit eine unzulässige vergleichende Werbung ist.


Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 3, 6 II Nr. 5, 8 I, III Nr. 1 UWG auf Unterlassung zu, einen Vergleich mit einem Bildmotiv zu bewerben, bei dem die Unternehmensfarbe „Rot“ der Klägerin durch die Unternehmensfarbe „Blau“ der Beklagten übersprüht wird, wie in den Werbeanzeigen Anlagen K3, K4 geschehen.

aa) Den Streitgegenstand der Klage bildet entgegen der Ansicht der Beklagten nicht allein das isolierte Bildmotiv der Anlagen K3 und K4. Wie oben dargelegt, hat in der vorliegenden Konstellation, in der andere Elemente der konkreten Verletzungsform bereits Gegenstand gesonderter Angriffe waren, der abstrakt beschreibende Teil des Antrags maßgebliche Bedeutung für die Bestimmung des Streitgegenstands. Daraus ergibt sich, dass ein Werbevergleich verboten werden soll, bei dem die den Unternehmensauftritt der Klägerin bestimmende Farbe „Rot“ übersprüht wird. Als Werbevergleich greift die Klägerin jedoch nicht allein das - textfreie - Bildmotiv an, das für sich genommen ohne Aussagegehalt ist. Erst aus dem Text der Werbeanzeige erschließt sich, dass Preise für die Leistungen zweier Telekommunikationsunternehmen verglichen werden sollen. Der Unlauterkeitsvorwurf soll sich allerdings - unabhängig vom konkreten Text - daraus ergeben, dass die Unternehmensfarbe „Rot“ übersprüht wird, wie in dem angegriffenen Bildmotiv dargestellt. Nicht zur Überprüfung steht die Frage, ob auch der in dem Slogan „Was ist blau und günstiger als X?“ liegende Werbevergleich für sich genommen unlauter ist. Diese Frage war bereits Gegenstand des rechtskräftig abgeschlossenen Verfügungsantrags zu 1. Letztlich möchte die Klägerin verhindern, dass mit dem gleichen Bildmotiv ähnliche Werbevergleiche mit abgeändertem Text geschaltet werden. Es ist also zu prüfen, ob sich die behauptete Herabsetzung unabhängig von dem konkreten Slogan bereits daraus ergibt, dass die den Unternehmensauftritt der Klägerin bestimmende Farbe „Rot“ übersprüht wird. In den Kernbereich des angestrebten Verbots können dabei nur solche Werbeanzeigen fallen, in denen Preise für Telekommunikationstarife der Parteien verglichen werden. Es würde zu weit greifen, das Bildmotiv grundsätzlich für jede denkbare Art des Vergleichs zu untersagen. Dies ist mit der Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform sichergestellt.

bb) Nach § 6 Abs. 1 UWG ist vergleichende Werbung jede Werbung, die unmittelbar oder mittelbar einen Mitbewerber oder die von einem Mitbewerber angebotenen Waren oder Dienstleistungen erkennbar macht. Der Begriff der vergleichende Werbung setzt bei richtlinienkonformer Auslegung neben dem Erkennbarmachen konkreter Wettbewerber zwingend einen Vergleich der von diesen angebotenen, hinreichend austauschbaren Produkte voraus (BGH RUR 2012, 74, Rn. 18 - Coaching-Newsletter). Das streitgegenständliche Bildmotiv in Verbindung mit einer Werbebotschaft, in der Preise für Telekommunikationstarife verglichen werden, macht sowohl die Parteien des Rechtsstreits als auch ihre Leistungen erkennbar. Nach den - insoweit unangegriffenen - Feststellungen des Landgerichts ist die Farbe „Blau“ die Unternehmensfarbe der Beklagten, die vom Verkehr im Zusammenhang mit Telekommunikationsleistungen als solche auch erkannt wird. Das Landgericht hat weiterhin zutreffend angenommen, dass es sich bei der Farbe „Rot“ um die Unternehmensfarbe der Klägerin handelt, die vom Verkehr im Zusammenhang mit der Bewerbung von Telekommunikationsdienstleistungen ebenfalls als solche erkannt wird. Diese Feststellung greift die Beklagte ohne Erfolg an.

[...]

Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass in dem vollständigen Übersprühen der Unternehmensfarbe „Rot“ der Klägerin eine unzulässige Herabsetzung liegt. Gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG handelt unlauter, wer vergleichend wirbt, wenn der Vergleich die Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft.

(1) Herabsetzend im Sinne von § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG ist ein Vergleich nur, wenn zu den mit jedem Werbevergleich verbundenen (negativen) Wirkungen für die Konkurrenz besondere Umstände hinzutreten, die ihn als unangemessen abfällig, abwertend oder unsachlich erscheinen lassen. Maßgeblich ist, ob die angegriffene Werbeaussage sich noch in den Grenzen einer sachlichen Erörterung hält oder bereits eine pauschale Abwertung der fremden Erzeugnisse darstellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Werbung zu einem nicht unerheblichen Teil von Humor und Ironie lebt und begleitet wird. Solange der Werbende mit ironischen Anklängen lediglich Aufmerksamkeit und Schmunzeln erzielt, mit ihnen aber - weil der Verkehr die Aussage nicht wörtlich und damit ernst nimmt - keine Abwertung des Mitbewerbers oder des konkurrierenden Angebots verbunden ist, liegt darin noch keine unzulässige Herabsetzung. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, dass der Durchschnittsverbraucher zunehmend an pointierte Aussagen in der Werbung gewöhnt ist und sie als Ausdruck lebhaften Wettbewerbs empfindet. Ein humorvoller oder ironischer Werbevergleich kann daher auch dann zulässig sein, wenn er sich nicht auf feinen Humor und leise Ironie beschränkt. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte stellt vielmehr erst dann eine unzulässige Herabsetzung dar, wenn sie den Mitbewerber dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt oder von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen und daher als Abwertung verstanden wird (BGH, GRUR 2010, 161, Rn. 16-20 - Gib mal Zeitung).

(2) Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe stellt sich die Werbung der Beklagten als Herabsetzung dar. Das Bild eines lächelnden oder grinsenden Waschbären, der eine rote Wand übersprüht, mag vom Verkehr durchaus als lustig empfunden werden. Von leiser Ironie oder feinem hintergründigen Humor, wie er etwa der BGH-Entscheidung „Gib mal Zeitung“ zugrunde lag, kann jedoch keine Rede sein. Vielmehr handelt es sich bei dem Übersprühen der Unternehmensfarbe der Klägerin eher um eine plumpe, aggressive Maßnahme. Die Unternehmensfarbe wird ausgelöscht und restlos durch jene der Beklagten ersetzt. Die Werbung erweckt den Eindruck, dass die Leistungen der Klägerin der Vergangenheit angehören, nicht mehr zeitgemäß sind und verschwinden werden. Sie werden damit pauschal abgewertet. Zwar nimmt der Verkehr die in dem Bild liegende Werbebehauptung nicht wörtlich. Jedoch gibt die Beklagte die Leistungen der Klägerin dem Spott und der Lächerlichkeit preis. Der Bereich der sachlichen Erörterung wird mit dieser Darstellung verlassen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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