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OLG München: Widerrufsrecht bei Vertrag über Lieferung von digitalen Inhalten erlischt nach § 356 Abs. 5 BGB auch dann vorzeitig wenn längerfristiger Zugriff auf ein Portal mit digitalen Inhalten

OLG München
Urteil vom 30.06.2016
6 U 732/16


Das OLG München hat entschieden, dass das gesetzliche Widerrufsrecht bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten nach § 356 Abs. 5 BGB auch dann vorzeitig erlischt, wenn ein längerfristiger Zugriff auf ein Portal mit diversen digitalen Inhalten eingeräumt wird.

Leitsatz des OLG München:

Ein Widerrufsrecht erlischt nach § 356 Abs. 5 BGB bei einem Vertrag über die Lieferung von digitalen Inhalten auch dann vor Ablauf der Frist des § 355 Abs. 2 BGB, wenn die vom Unternehmer geschuldete Leistung nicht die einmalige Bereitstellung eines bestimmten digitalen Inhalts betrifft, sondern, wie bei Abonnements, einen pro rata temporis zu vergütenden längerfristigen Zugriff auf ein Portal mit nicht im Einzelnen konkretisierten digitalen Inhalten.

Aus den Entscheidungsgründen:

"1. Ein Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 3, 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 3a UWG (bzw. 4 Nr. 11 UWG a. F.), § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 lit. b UWG setzte voraus, dass der beanstandete Hinweis der Beklagten auf das Erlöschen des dem Abonnenten S. in § 312g BGB eingeräumten Rechts zum Widerruf seines im Wege des Fernabsatz abgeschlossenen Vertrags mit der wahren Rechtslage, wie sie in § 356 Abs. 5 BGB normiert ist, nicht in Einklang steht.

Die Norm sieht - in Abweichung vom Grundsatz, wonach die (vorbehaltlich der Kautelen des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB bzw. Art. 246b § 2Abs. 1 EGBGB regelmäßig mit Vertragsschluss, §§ 355 Abs. 2 Satz 2, 356 Abs. 2 Nr. 2 letzte Var. BGB, beginnende) vierzehntägige Widerrufsfrist des § 355 Abs. 2 BGB mit Fristablauf erlischt
- bei Verträgen über die Lieferung von digitalen Inhalten, die sich nicht auf einem körperlichen Datenträger befinden, einen weiteren Erlöschenstatbestand für den Fall vor, dass der Unternehmer (hier: die Beklagte) mit der Vertragsausführung vor Ablauf der Widerrufsfrist begonnen hat, der Verbraucher (hier: der Kunde S.) diesem - vorzeitigen
- Beginn der Vertragsausführung ausdrücklich zugestimmt hat und er des Weiteren seine Kenntnis von dem Umstand bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung zum vorzeitigen Beginn der Vertragsausführung mit Beginn der Vertragsausführung sein Widerrufsrecht verliert.

Dass diese Tatbestandsvoraussetzungen des § 356 Abs. 5 BGB im Fall des Kunden S. ausnahmslos vorlagen, steht, wie die Parteien in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt haben, zwischen ihnen nicht im Streit, so dass an sich die Rechtsfolge der genannten Norm eingetreten, d. h. das Widerrufsrecht des Kunden S. mit Beginn der Vertragsausführung erloschen (und die inkriminierte Aussage daher zutreffend, mithin nicht unlauter) war - es sei denn, dass (wie der Kläger dies vertritt), der von der Beklagten offerierte Abonnementsvertrag nicht in den Anwendungsbereich der Norm fällt, weil ein (nicht nur für das einmalige Herunterladen oder Streamen einer konkreten Datenmenge, sondern längerfristig ausgelegter) Zugang zu einem - bloßen - Portal mit (nicht näher konkretisierten) digitalen Inhalten, für welchen die Gegenleistung pro rata temporis bemessen wird, nicht unter den Terminus der „Lieferung“ zu subsumieren sei. Einem solchen Verständnis hat das Landgericht indes zu Recht eine Absage erteilt.

a. Die Auslegung einer Rechtsnorm hat, ausgehend von der Wortbedeutung (sprachlichgrammatikalische Auslegung) unter Berücksichtigung des Regelungszusammenhangs, in dem sie steht (systematische Auslegung), den objektiven Sinngehalt des Gesetzes zu erforschen (Sprau in: Palandt, BGB, 75. Aufl., Einl. vor § 1 Rdnr. 40 ff.), wobei der mit der Regelung verfolgte innere Zweck, die ratio legis, zu ermitteln ist (teleologische Auslegung). Bei Normen, die - wie § 356 Abs. 5 BGB, vgl. BT-Drs. 17/12637 vom 06. März 2013 - in Umsetzung einer EU-Richtlinie erlassen worden sind, ist maßgeblich deren systematischen Kontext wie auch deren Sinn und Zweck für die Auslegung heranzuziehen, um die Wirksamkeit des Unionsrechts im Rahmen nationaler Rechtsanwendung zu gewährleisten (Sprau, a. a. O. Rdnr. 43). Das danach gewonnene Ergebnis ist grundsätzlich verbindlich. Erweist sich allerdings, dass eine Rechtsnorm planwidrig auch Konstellationen erfasst, die ihrem Regelungszweck eindeutig zuwiderlaufen, sind diese im Wege der teleologischen Reduktion aus dem Anwendungsbereich durch Einschränkung auszunehmen (Sprau, a. a. O., Rdnr. 49, 55).

b. Ausgehend von diesen Grundsätzen vermag der Senat der vom Kläger favorisierten Bedeutung des Terminus „Lieferung“ dahingehend, dass damit ausschließlich das Verschaffen der einmaligen, punktuellen Zugriffsmöglichkeit des Verbrauchers auf eine konkrete (nicht auf einem Datenträger verkörperte) Datenmenge bezeichnet werde, nicht hingegen das Bereitstellen und Bereithalten beliebiger digitaler Inhalte auf einem Portal über einen längeren Zeitraum, wobei die Gegenleistung nicht pro Datenmenge, auf welche zugegriffen wird, sondern pro rata temporis der Bereithaltung bemessen wird, nicht beizutreten.

Nach allgemeinem juristischen Sprachgebrauch (vgl. Creifelds Rechtswörterbuch, 15. Aufl., 2000, S. 1315) ist der Begriff der Lieferung im Sinne eines Verschaffens der Verfügungsmacht dergestalt, dass der Empfänger darauf zugreifen kann, zu verstehen. Dass dies für unkörperliche Vertragsgegenstände wie die hier in Rede stehenden „digitalen Inhalte“ nicht in Form einer Aushändigung oder Übergabe erfolgen kann, stellt auch der Kläger nicht in Abrede, wenn er einräumt, dass die Lieferung in diesen Fällen im Verschaffen einer Zugriffsmöglichkeit auf die digitalen Inhalte, d. h. in deren Bereitstellen zum Abruf besteht. Ist der Terminus der „Lieferung“ schon bei der semantischen Bestimmung seiner Bedeutung weder an eine Gegenleistung oder eine bestimmte Bemessung derselben, d. h. an ein synallagmatisches Austauschverhältnis, geknüpft (auch der Gegenstand einer Schenkung kann „geliefert“ werden) noch auf einmalige, punktuelle Vorgänge beschränkt (ein zeitliches Moment enthält bereits der Wortlaut des § 356 Abs. 5 BGB, wenn dort vom „Beginn der Ausführung des Vertrags“ seitens d es Unternehmers die Rede ist - ausweislich der Gesetzesbegründung, BT-Drs. 17/12637, S. 36 in bewusster Abkehr von der bis dahin geltenden Regelung, nach welcher das Widerrufsrecht auch bei einem Vertrag über die Lieferung nicht trägergebundener digitaler Inhalte erst nach Fristablauf oder nach vollständiger, auf Wunsch des Verbrauchers erfolgter beidseitiger Erfüllung erlosch), lassen sich die vom Kläger verfochtenen Einschränkungen des Anwendungsbereichs von § 356 Abs. 5 BGB auch der - für die Auslegung der Norm maßgeblichen - Richtlinie 2011/83/EU nicht entnehmen, die (anders als die englische Fassung, wo unterschiedslos der Ausdruck „supply“ gebraucht wird) im Kontext (unkörperlicher) digitaler Inhalte die Termini des „Bereitstellens“ und des „Lieferns“ synonym verwendet.

Dass und inwiefern der Text der Richtlinie einen Anhalt dafür gäbe, dass nach dem dort zugrunde gelegten Begriffsverständnis die „Lieferung“ digitaler Inhalte an eine bestimmte Art der Bemessung der Gegenleistung geknüpft wäre, vermochte der Kläger ohnehin nicht aufzuzeigen. Aber auch für ein Verständnis im Sinne des einmaligen Bereitstellens nur einer konkreten Datenmenge (eines bestimmten Videos oder Musiktitels) lässt sich der Richtlinie nichts entnehmen. Im Gegenteil werden dort schon in Erwägungsgrund 19 im Rahmen der Begriffsbestimmung von „digitalen Inhalten“ Verträge, in denen sich der Anbieter von (nicht auf Datenträgern verkörperten) digitalen Inhalten zur „Bereitstellung“ solcher Inhalte verpflichtet, ausdrücklich mit Verträgen „über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom“ gleichgesetzt, sofern „sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge ... angeboten werden, mithin mit Verträgen, bei welchen der Anbieter dem Verbraucher nicht lediglich einmalig, sondern auf (eine durch die Vertragslaufzeit bestimmte) Dauer die Zugriffsmöglichkeit auf eine von ihm, dem Abnehmer, jeweils festzulegende Menge des betreffenden Guts verschafft. Spricht bereits diese Gleichstellung gegen eine Einschränkung des Anwendungsbereichs auf Verträge über (nicht trägergebundene) digitale Inhalte, die lediglich den einmaligen Abruf solcher Inhalte zum Gegenstand haben, bestimmt darüber hinaus auch Art. 16 lit. m der Richtlinie ausdrücklich, dass das (nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie bei Fernabsatzverträgen an sich obligatorische) Widerrufsrecht des Verbrauchers im nationalen Recht - unter bestimmten, nämlich den in § 356 Abs. 5 BGB angeführten, Kautelen - nicht vorzusehen sei, wenn der Fernabsatzvertrag beliebige (nicht verkörperte) digitale Inhalte betrifft.

Das gewonnene Verständnis einer einschränkungslosen Anwendung von Art. 16 lit. m der Richtlinie bzw. § 356 Abs. 5 BGB auf nicht auf einem Datenträger verkörperte digitale Inhalte unabhängig davon, ob die einmalige oder die auf Dauer angelegte Möglichkeit eines Datenabrufs Vertragsgegenstand ist, wird weiter bestätigt durch die Systematik der Normen: Die mit Art. 16 lit. m der Richtlinie geschaffene Privilegierung des Unternehmens durch vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts des Verbrauchers korrespondiert mit der Regelung des Art. 14 Abs. 4 lit. b RL (umgesetzt in § 357 Abs. 9 BGB), wonach der Verbraucher im Widerrufsfall unter bestimmten (dem vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts nach Art. 16m der Richtlinie kongruenten) Voraussetzungen nicht zum Wertersatz für die seitens des Unternehmers geleistete Bereitstellung von (nicht auf Datenträger verkörperten) digitalen Inhalten verpflichtet ist (den ihm eröffneten Zugriff auf nicht trägergebundene digitale Inhalte mithin kostenlos empfangen hat), was (nicht nur im Fall der vollständigen, sondern) auch im Fall der „teilweisen“ Bereitstellung solcher Inhalte gelte (vgl. auch § 356 Abs. 5 BGB, der vom „Beginn der Vertragsausführung“ spricht) - eine Variante, die bei Verträgen über den einmaligen Abruf digitaler Inhalte schwerlich einen Anwendungsfall hätte und daher ins Leere ginge (auch der Klägervertreter vermochte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat insoweit keine Konstellation zu benennen), der indes zwanglos ein Anwendungsbereich zugeordnet werden kann, wenn die Richtlinie auch für Verträge der streitgegenständlichen Art, in welchen sich der Anbieter zur Bereitstellung beliebiger digitaler Inhalte auf Dauer verpflichtet, Geltung beansprucht, insofern eine „teilweise“ Bereitstellung dann vorliegen kann, wenn sie nicht über die gesamte an sich geschuldete Zeitspanne erfolgt, sondern der Zugriff auf die digitalen Inhalte nur während eines Teils dieser Zeitspanne (nämlich bis zum Widerruf) möglich ist. Dass sich die Auslegung einer Vorschrift in einer Weise, welche für eine Teilregelung ins Leere ginge, schon aus systematischen Erwägungen verbietet, bedarf keiner vertieften Erörterung. Es erschiene im Übrigen auch nicht interessengerecht, dem Verbraucher einerseits nach Eröffnung des Zugangs zu digitalen Inhalten das Widerrufsrecht zu erhalten, ihn aber gleichzeitig für die Zeit der Vertragsdurchführung von der Verpflichtung zum Wertersatz auszunehmen (Art. 14 Abs. 4 lit. b; § 357 Abs. 9 BGB). Soweit der Kläger hierzu meint, den berechtigten Belangen des Unternehmers könne in Konstellationen wie der vorliegenden dadurch Rechnung getragen werden, dass der Abnehmer einen nach der Zeitdauer der ihm zur Verfügung gestellten Zugriffsmöglichkeit bemessenen Wertersatz zu leisten habe, kann dahinstehen, ob die Erwägung zutrifft: das Argument bestätigt lediglich, dass der Richtliniengeber mit dem Zusammenspiel von Art. 16 lit. m und Art. 14 Abs. 4 lit. b (ebenso wie der nationale Gesetzgeber in Umsetzung der Richtlinie durch §§ 356 Abs. 5, 357 Abs. 9 BGB) eine andere Gewichtung vorgenommen und eine abweichende Regelung (mag sie auch vom Kläger als nicht sachdienlich erachtet werden) dahingehend getroffen hat, dass das Widerrufsrecht auch bei Dauerschuldverhältnissen nach Beginn der Vertragsdurchführung unter den in Art. 16 lit. m RL/§ 356 Abs. 5 BGB genannten Bedingungen erlischt, sich die Frage des Wertersatzes nach Erklärung des Widerrufs mithin nicht stellt.

Für die gewonnene Lesart des Art. 16 lit. m der Richtlinie dahingehend, dass dem Verbraucher ein Test der vom Unternehmer bereitzustellenden (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte während der Widerrufsfrist auch bei Abonnementverträgen der streitgegenständlichen Art versagt ist, spricht zudem der Gleichlauf mit der (trägergebundene digitale Inhalte betreffenden) Regelung nach Art. 16 lit. i der Richtlinie, welche ein vorzeitiges Erlöschen des Widerrufsrechts für Verträge über versiegelt gelieferte Datenträger ebenfalls bereits bei Entfernung der Versiegelung (und nicht erst bei Verwendung des Datenträgers) vorsieht. Eine sachliche Begründung dafür, dass dem Abnehmer -abweichend vom Regelfall der Verträge über digitale Inhalte - die Testung des unternehmerischen Angebots spezifisch bei Dauerschuldverhältnissen ermöglicht werden solle, vermochte auch der Kläger nicht anzuführen.

Ein weiterer Anhalt für das vom Richtliniengeber mit Art. 16 lit. m RL intendierte (vorzeitige) Erlöschen des Widerrufsrechts auch bei (Gas-, Strom- und Wasserversorgungsverträgen vergleichbaren) Dauerschuldverhältnissen findet sich im Übrigen in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie, wenn dort die (den Zeitpunkt der Lieferung betreffende) Regelung nach Art. 18 der Richtlinie für nicht anwendbar erklärt wird auf „Verträge über die Lieferung von (Wasser, Gas oder Strom, wenn sie nicht in einem begrenzten Volumen oder in einer bestimmten Menge zum Verkauf angeboten werden oder von) digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden“: Da der Abnehmer bei derartigen Vertragstypen über den jeweiligen Zeitpunkt des Zugriffs auf die ihm auf Dauer bereitgestellten Produkte selbst befindet, bedarf es einer Normierung der Leistungszeit nicht.

Als nicht durchgreifend erachtet der Senat schließlich den klägerischen Einwand, nach der ratio legis des § 356 Abs. 5 BGB sollten lediglich solche „Lieferungen“ (nicht trägergebundener) digitaler Inhalte vom vorzeitigen Erlöschen des Widerrufsrechts erfasst sein, bei welchen der Abnehmer, wie bei einmaligen Austauschverhältnissen, bereits Zugriff auf die bereitgestellte Datenmenge genommen habe, nicht hingegen Abonnements als Dauerschuldverhältnisse, bei welchen mit der „Aktivierung“ des Vertrags durch Eingabe der ihm seitens des Unternehmers zur Verfügung gestellten PIN noch kein Datenabruf einhergehe, sondern lediglich die Möglichkeit eröffnet sei - vergleichbar dem Betreten des Foyers vor einer Theateraufführung: Das Argument verkennt, dass die vom Unternehmer geschuldete Leistungshandlung sich im einen wie im anderen Fall (Verschaffen der einmaligen oder der dauerhaften Zugriffsmöglichkeit auf eine Datenmenge) darin erschöpft, dem Abnehmer die (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte zum Abruf bereitzuhalten und ihm dadurch die Zugriffsmöglichkeit auf diese Inhalte zu verschaffen. Damit hat er für beide Konstellationen das seinerseits Erforderliche getan und seine vertragliche Verpflichtung erfüllt. Wann und ob der Abnehmer von der ihm eröffneten Möglichkeit Gebrauch macht und tatsächlich auf die vom Unternehmer bereitgehaltenen Daten zugreift, liegt nicht mehr in der Einflusssphäre des Anbieters. Die vom Kläger insinuierte Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte kann daher nicht konstatiert werden.

Ergibt mithin die Auslegung der Vorschrift des § 356 Abs. 5 BGB nach keiner der anerkannten Methoden die klägerseits gewünschte Beschränkung ihres Anwendungsbereichs auf einmalige, punktuelle Austauschverhältnisse, sieht sich der Senat in seiner Beurteilung zudem bestätigt durch den (zwar nicht verbindlichen, indes indizielle Wirkung entfaltenden) „Leitfaden der Generaldirektion Justiz“ (Europäische Kommission GD Justiz, Juni 2014, S. 77 ff.), der den Onlinehandel mit digitalen Produkten ausdrücklich auch in der Variante der Abonnementverträge durch Bereitstellung einer Reihe von digitalen Inhalten als von der Richtlinie 2011/83/EU erfasst ansieht.

c. Eine hilfsweise geltend gemachte teleologische Reduktion des Anwendungsbereichs des § 356 Abs. 5 BGB auf einmalige Austauschverhältnisse kommt ebenfalls nicht in Betracht: Wie sich aus den Ausführungen unter oben II.2.b. ergibt, beruht der Umstand, dass auch bei Abonnementverträgen der streitgegenständlichen Art das Widerrufsrecht des Verbrauchers mit Bereitstellung der (nicht trägergebundenen) digitalen Inhalte unter den in der Norm genannten Voraussetzungen erlischt, nicht auf einem Versehen des Gesetz- bzw. Richtliniengebers, der es plan- und sachwidrig unterlassen hätte, eine Ausnahmevorschrift für Dauerschuldverhältnisse vorzusehen; dass die getroffene Regelung auch auf Abonnementverträge anwendbar ist, entspricht nicht nur dem Willen des Gesetzgebers, sondern fügt sich - anders als die klägerseits favorisierte Ausgestaltung - auch im Übrigen (etwa hinsichtlich der Frage der Pflicht des Verbrauchers zum Wertersatz nach Widerruf des Fernabsatzvertrags) in die Gesamtsystematik ein.

d. Ist demnach die Vorschrift des § 356 Abs. 5 BGB auch auf Abonnementverträge der streitgegenständlichen Art anwendbar, stellt sich der Verweis der Beklagten auf das Erlöschen des Widerrufsrechts des Kunden S. in der E-Mail vom 09. April 2015 (Anlage K 2) - insofern er die Rechtsfolge dieser Norm zutreffend wiedergibt - weder unter dem Gesichtspunkt der Irreführung noch des Rechtsbruchs als unlauter dar, so dass der Kläger mangels berechtigter Abmahnung i. S. v. § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG/§ 5 UKlG auch den Ersatz der Abmahnkosten nicht verlangen kann, die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts mithin in vollem Umfang zu bestätigen war."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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