Rechtliche Aspekte bei der Gestaltung von Softwareprojekt- und Softwareerstellungsverträge (Vertragsrecht, IT-Recht, EDV-Recht)

Bei der Gestaltung von Softwareprojekt- und Softwareerstellungsverträge sind eine Vielzahl von rechtlichen Besonderheiten zu beachten: In der Rechtsprechung hatte sich in der Vergangenheit eine mehr oder weniger gefestigte Ansicht durchgesetzt. Durch die Schuldrechtsreform sind die Karten neu gemischt worden.

I. Ausgangslage

Wie ein Blick in die Praxis zeigt wird selbst bei großen Projekten der Gestaltung des Vertragswerkes nicht die genügende Aufmerksamkeit geschenkt. Dies beginnt bereits bei den häufig völlig unzureichende Beschreibungen des Vertragsgegenstandes und des Leistungsumfangs im Pflichtenheft. Mitunter sind sich die Parteien Vertragsparteien in Wirklichkeit gar nicht einig, was der Vertragsgegenstand leisten soll:

- Die Verträge sind lückenhaft
- Verwendung von Standardverträgen die entweder veraltet sind oder nicht dem tatsächlich Gewollten entsprechen
- Vertragsvorschläge von Großkunden werden unkritisch übernommen
- fehlendes Projektmanagement (!)

Die Nachlässigkeit bei Gestaltung und Abschluss des Vertrages und während des Projektes sind sehr gefährlich. Gerade bei umfangreichen Projekten kommt es immer wieder zu unnötigen rechtlichen Auseinandersetzungen, die bei ordnungsgemäßer Vertragsgestaltung vermieden worden wäre. Rechtsstreitigkeiten sind mit erheblichen Risiken und Kosten verbunden. Bei Großprojekten kann ein verlorener Prozess schnell in die Insolvenz führen.

II. Rechtliche Grundüberlegungen und neue Rechtslage

Die Rechtsprechung hat in der Vergangenheit der Software ist keine Sache, wird aber wie eine Sache behandelt. Nach altem Recht (bis 31.12.2001) hatte sich in der Rechtsprechung eine mehr oder minder klare Abgrenzung herausgebildet: Werkvertragsrecht für Individualsoftware und Kaufrecht für Standardsoftware

Durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz wurden diese Kriterien durch einen gesetzgeberischen Missgriff ausgehebelt und der Anwendungsbereichs der kaufrechtlichen Vorschriften auf nichtvertretbare Sachen, also auch Individualsoftware, erweitert. Der Gesetzgeber hat die damit einhergehenden Probleme im Softwarevertragsrecht schlicht übersehen. Die hat zur Folge, dass das gesetzliche Regelstatut als nicht interessengerecht empfunden wird und sich auch erheblich vom üblichen Rechtsverständnis der Vertragsparteien unterscheidet.

Konsequenz der Anwendung der kaufrechtlichen Vorschriften:

- Abnahmeerfordernis entfällt.
- Wahlrecht, ob Nachbesserung oder Neuerfüllung, liegt beim Auftraggeber.
- Fälligkeit und Beginn der Gewährleistungsfristen mit Ablieferung der Sache

Daneben gelten ergänzend folgende Vorschriften aus dem Werkvertragsrecht:

- Kündigungsrecht bei unterlassener Mitwirkung des Bestellers
- Verantwortlichkeit des Bestellers für eigene Anweisungen
- Kostenvoranschläge sind nicht zu vergüten

Daher ist es wichtig, dass diese und zahlreiche weitere Punkte im Vertrag ausdrücklich geregelt werden. Viele alte Vertragsmuster sind noch nicht an die neuen Regelungen angepasst.

III. Checkliste der regelungsbedürftigen Punkte

Ein Softwareprojektvertrag oder Softwareerstellungsvertrag sollte eine ausgewogene und ausführliche Regelung der Vertragsbeziehungen enthalten. Schon bei der gemeinsamen Erarbeitung des Vertrages lassen sich so im Vorfeld die Interessen beider Parteien herausarbeiten und einvernehmlich regeln. Häufig wird erst bei dieser intensiven Vorarbeit deutlich, was der Kunde eigentlich will und was die Software bzw. der Anbieter / Dienstleister eigentlich leisten können. Folgende Aufzählung gibt einen ersten Überblick über zahlreiche Punkte, die vertraglich geregelt werden sollten:

- Vertragsgegenstand, Leistungsumfang und Qualitätsstandards
(Einzelheiten regelt ein ausführliches Pflichtenheft)
- Verwendung und Einsatzgebiet der Software
- Systemanforderungen
- Integration von Änderungswünschen
- Terminierung einzelner Projektstufen
- Gewährleistungsregelung mit Fehlerklassifizierung
- Gewährleistungsfristen
- Abnahmeregelung ggf. Teilabnahmen
- Zahlungsmodalitäten
- Dokumentation
- Übergabe des Quellcodes ggf. Hinterlegung des Quellcodes (Escrow-Vereinbarung)
- Nutzungs- und Verwertungsrechte
- Installation
- Schulungen
- Wartung und Support
- Schiedsgerichtsklausel

Diese List kann natürlich nur ein erster Anhaltspunkt sein, kann aber als erste Hilfestellung dienen.


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