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AG München: Mieter hat keinen Anspruch auf Genehmigung des Einbaus einer Ladestation für Elektrofahrzeuge durch selbstgewählten Anbieter

AG München
Urteil vom 01.09.2021
416 C 6002/21


Das AG München hat entschieden, dass ein Mieter keinen Anspruch auf Genehmigung des Einbaus einer Ladestation für Elektrofahrzeuge durch selbstgewählten Anbieter hat.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Privatladestation - Kein Anspruch auf Genehmigung des Einbaus durch selbstgewählten Anbieter

Das Amtsgericht München wies durch Urteil vom 01.09.2021 die Klage eines Ehepaares gegen die Augsburger Vermieterin auf Erlaubnis der Errichtung einer Elektroladestation für Elektrofahrzeuge auf eigene Kosten durch die von ihnen selbst gewählte Firma ab.

Die Kläger mieteten in München-Schwanthalerhöhe eine Wohnung samt Tiefgaragenstellplatz. Zu dem 2012 errichteten Wohnkomplex gehören bei rund 200 Mietparteien knapp 200 Tiefgaragenstellplätze, die über zwei Hausanschlüsse mit Strom versorgt werden.

Für ihr künftiges Hybridfahrzeug beabsichtigen die Kläger eine Fachfirma mit der Errichtung einer Ladestation zu beauftragen, die Einbaukosten von 1.600 – 1.700 Euro veranschlagt, keine Nutzungspauschale erhebt und die Ladestation direkt an den zur Wohnung gehörenden Stromzähler anschließen würde.

Die Beklagte hält dagegen, dass über jeden Hausanschluss nur fünf bis zehn Ladestationen angeschlossen werden könnten. 27 Mietparteien hätten aber bereits Interesse an einer Ladestation angemeldet. Die Beklagte verweist die Kläger deswegen an einen städtischen Versorger, der für die Errichtung bei einer Einmalzahlung von 1.499 Euro eine monatliche Nutzungspauschale von 45 Euro und eine nach Fahrzeugtypen gestaffelte monatliche Strompauschale in Rechnung stellen würde. Nur dieser könne durch technische Maßnahmen wie Verlegung von Brückenkabeln, die Erstellung eines Trafos, neuer Zuleitungsleitungen und neuer Zähler eine Versorgung so vieler Ladestationen ohne Überlastung der Hausanschlüsse gewährleisten. Die Kläger hätten angesichts der öffentlichen Förderung ohnehin nur einen Bruchteil dieser Kosten zu tragen. Aus Gründen der Gleichbehandlung und weil damit zu rechnen sei, dass in nächster Zeit mehrere Mieter nach Ladestationen verlangen, sei es nicht möglich den Klägern die erbetene Erlaubnis zu erteilen.

Die Kläger meinen, dass in ihrem Fall bei noch nicht erreichten 20 Ladestationen eine solche Überlastung des Stromnetzes eben noch nicht zu befürchten sei und sie nicht auf das langfristig für sie teurere Angebot verwiesen werden dürften.

Die zuständige Richterin am Amtsgericht München begründet ihr Urteil u.a. so:

„Gemäß § 554 I BGB kann der Mieter verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. (…)
Grundsätzlich soll dem Mieter im Rahmen der allgemeinen Vertragsfreiheit offenstehen, wen er für entsprechende bauliche Veränderungen an der Mietsache beauftragt. Dies ist insofern sachgerecht, als der Mieter die erforderlichen Kosten für die bauliche Veränderung zu tragen hat. (…) Allerdings ist es dem Vermieter auch nicht verwehrt, eine Gleichbehandlung mehrerer Mietparteien anzustreben. Dies kann sogar, wie für jeden nachvollziehbar, für einen friedvollen Umgang von mehreren Mietern in einer Wohnanlage sinnvoll sein. Insofern ist es den Mietern, hier den Klägern zumutbar, den Kontraktionszwang im Hinblick auf die sachlichen Argumente der Vermieterpartei hinzunehmen. Daher ist es mit Blick auf die Interessen der anderen Mietparteien nur gerecht, nunmehr eine für alle Interessierten gleiche Lösung mit der Errichtung durch die Stadtwerke München zu gewähren, welche eine Überlastung des Stromnetzes technisch verhindern können. Es wäre nicht akzeptabel, den Klägern vorliegend eine private Lösung zu erlauben, spätestens aber nach Ausschöpfen der geringen Kapazität weiteren Interessenten die Lösung aufgrund der Stromproblematik zu versagen. (…)
Im Ergebnis müssen die Interessen der Kläger mit der gewünschten Elektrofirma zu kontrahieren zurücktreten. Zu bedenken ist, dass die Beklagte dem Anspruch aus § 554 BGB insofern Rechnung trägt, als sie die Installation einer Ladevorrichtung für Elektro- und Hybridautos den Klägern grundsätzlich erlaubt, jedoch verbunden mit der Bedingung der Wahl des Vertragspartners durch die Beklagte. Diese Einschränkung ist im Hinblick auf die sachlichen Gründe (Problematik der ganzheitlichen Stromversorgung, Gleichbehandlung der nunmehr Interessierten) hinzunehmen.“

Urteil des Amtsgerichts München vom 01.09.2021
Aktenzeichen 416 C 6002/21

Das Urteil ist aufgrund Berufung der Kläger nicht rechtskräftig


AG Charlottenburg: Parkvorrecht für Elektroautos an Ladestation nur wenn diese für Ladevorgang genutzt wird

AG Charlottenburg
Urteil vom 16.11.2016
227 C 76/16


Das AG Charlottenburg hat entschieden, dass das Parkvorrecht für Elektroautos an Ladestationen nur gilt, wenn die Ladestation für den Ladevorgang genutzt wird

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Amtsgericht Charlottenburg: Nutzer eines Elektroautos genießt nicht in jedem Fall Vorrecht (PM 1/2017)

Das Amtsgericht Charlottenburg hat mit einem Urteil vom 16. November 2016 ausgeführt, dass der Nutzer eines Elektrofahrzeugs kein Vorrecht genießt, wenn er es an einer Ladestation in einer Privatstraße abstellt, ohne den Ladevorgang zu beginnen. Soweit deshalb das Fahrzeug abgeschleppt worden war und der Fahrer 150,00 EUR für die Abschleppkosten zahlen musste, um sein Fahrzeug wiederzuerlangen, besteht kein Anspruch gegen das Abschleppunternehmen, die Kosten zurückzuerstatten. Die Abteilung 227 des Amtsgerichts wies die auf Rückzahlung der 150,00 EUR gerichtete Klage des betroffenen Autofahrers ab.

Der Kläger hatte ein gemietetes Elektrofahrzeug am 2. Mai 2015 gegen 15:00 Uhr in einem Straßenabschnitt in Berlin, der zur Privatstraße umgewidmet worden und entsprechend als solche ausgeschildert war, abgestellt. In dem Straßenabschnitt hatte die Eigentümerin ein Halteverbotsschild mit dem Zusatz „Widerrechtlich geparkte Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt“ anbringen lassen; darunter war ein weiteres Schild mit dem Zusatz „Elektrofahrzeuge während des Ladevorgangs frei“ befestigt. Eine der beiden Ladestationen war bereits durch ein Fahrzeug belegt, das sich im Aufladevorgang befand; bei der zweiten – freien – Ladestation war das Kabel nicht für das von dem Kläger genutzte Fahrzeug des Typs BMW i3 geeignet. Dennoch stellte der Kläger das Fahrzeug auf den entsprechenden markierten Stellplatz. Als er gegen 18:30 Uhr zurückkehrte, musste er feststellen, dass sein Fahrzeug abgeschleppt worden war. Er erhielt es von dem später verklagten Abschleppunternehmen nur gegen Zahlung von 150,00 EUR zurück.

Der Kläger ist der Auffassung, die Eigentümerin der Privatstraße habe kostenlosen Parkraum für alle Elektrofahrzeuge anbieten wollen und er sei daher berechtigt gewesen, unabhängig von einem Ladevorgang dort zu parken. Daher hat er Klage auf Rückzahlung der Abschleppkosten gegen das Abschleppunternehmen erhoben.

Das Amtsgericht Charlottenburg erteilte diesem Begehren eine Absage. Soweit jemand ein Fahrzeug im Bereich einer Privatstraße abstelle, werde der Eigentümer dadurch in seinem Besitz beeinträchtigt und könne Schadensersatz verlangen, wenn diese Besitzstörung rechtswidrig war. Dies sei vorliegend der Fall gewesen. Die Eigentümerin habe durch die entsprechende Beschilderung zum Ausdruck gebracht, dass grundsätzlich das Parken verboten sei und sie nur als Ausnahme darin einwillige, das Parken von Elektrofahrzeugen während des Ladevorganges auf dem Gelände innerhalb der gekennzeichneten Flächen zu dulden.

Der Kläger habe das Fahrzeug offensichtlich gegen den Willen der Eigentümerin in der Privatstraße abgestellt. Denn er habe keinen Strom bezogen oder zumindest das Fahrzeug an die Ladesäule angeschlossen. Soweit die Eigentümerin für den Zweck des Ladevorgangs eine Ausnahme hinsichtlich des Parkverbotes gemacht habe, sei nicht ihr Ziel gewesen, kostenlosen Parkraum für sämtliche Elektrofahrzeuge anzubieten. Ziel dieser Ausnahmeregelung sei vielmehr gewesen, Parkraum nur für die zeitintensive Ladetätigkeit zur Verfügung zu stellen. Der Vergleich mit einer Zapfsäule für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor auf einem Tankstellengelände könne herangezogen werden. Auch derjenige Autofahrer, der keine freie Zapfsäule finde, dürfe sein Fahrzeug nicht für mehrere Stunden dort parken. Denn der Tankstellenpächter dulde nur für die Zeit des Betankungsvorganges und dessen Abwicklung, dass Fahrzeuge auf dem Tankstellengelände abgestellt würden.

Indem der Kläger unberechtigt geparkt habe, sei der Eigentümerin ein Schaden in Höhe der Abschleppkosten entstanden. Zwar habe sie ihre Schadensersatzansprüche an das beklagte Abschleppunternehmen abgetreten. Dies entlaste jedoch nicht den Kläger als Schädiger.

Die Beklagte habe aufgrund des an sie abgetretenen Schadensersatzanspruchs der Eigentümerin die Abschleppkosten von 150,00 EUR von dem Kläger mit Rechtsgrund ge-fordert und sei daher zur Rückzahlung nicht verpflichtet.

Die Entscheidungsgründe des Amtsgerichts Charlottenburg zu 227 C 76/16 liegen vor und sind nachstehend abrufbar.

Gegen das Urteil ist Berufung beim Landgericht Berlin zum Aktenzeichen 55 S 288/16 eingelegt worden. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung des Urteils, also bis Ende Januar 2017 zu begründen.

Amtsgericht Charlottenburg, Urteil vom 16. November 2016, Aktenzeichen 227 C 76/16 - Landgericht Berlin, Aktenzeichen 55 S 288/16