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OLG Köln: Meta darf Daten aus öffentlichen Profilen bei Facebook und Instagram für das KI-Training verwenden - kein Verstoß gegen DSGVO und DMA

OLG Köln
Urteil vom 23.05.2025
15 UKl 2/25


Das OLG Köln hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass Meta Daten aus öffentlichen Profilen bei Facebook und Instagram für das KI-Training verwenden darf. Das Gericht sah insbesondere keinenn Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO und des DMA.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Meta darf Daten aus öffentlich gestellten Nutzerprofilen für KI-Training verwenden

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat heute (23.05.2025) in einem Eilverfahren einen Antrag der Verbraucherzentrale NRW e.V. gegen den Mutterkonzern von "Facebook" und "Instagram" abgelehnt, mit dem eine Verarbeitung öffentlich gestellter Nutzerdaten ab der kommenden Woche verhindert werden sollte.

Im April 2025 kündigte die Meta Platforms Ireland Limited (nachfolgend: Meta) öffentlich an, ab dem 27.05.2025 personenbezogene Daten aus öffentlichen Profilen ihrer Nutzer zum Training von Künstlicher Intelligenz zu verwenden. Meta betreibt unter anderem die Dienste "Facebook" und "Instagram". Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e.V. ist ein qualifizierter Verbraucherverband. Sie geht mit ihrem Antrag vom 12.05.2025 auf Grundlage des Unterlassungsklagengesetzes (UKlaG) gegen Meta vor. Betroffen sind Daten von Verbrauchern und von Dritten in öffentlich gestellten Profilen, soweit die Nutzer keinen Widerspruch eingelegt haben.

Nach vorläufiger und summarischer Prüfung im Rahmen des am 12.05.2025 eingeleiteten Eilverfahrens liegt weder ein Verstoß von Meta gegen Vorschriften der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) noch gegen den Digital Markets Act (DMA) vor. Diese Einschätzung stimmt mit der aufsichtsrechtlichen Bewertung durch die für Meta zuständige irische Datenschutzbehörde überein. Diese führt wegen des Sachverhalts keine aufsichtsrechtlichen Maßnahmen durch und hat angekündigt, die Handlungen zu begleiten. Hinsichtlich der Daten, die von Nutzern nach Mitte des Jahres 2024 öffentlich gestellt wurden, sieht auch der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit die Verarbeitung als rechtlich möglich an. Er wurde in der mündlichen Verhandlung am 22.05.2025 angehört.

Die angekündigte Verwendung der Daten für KI-Trainingszwecke stellt sich bei vorläufiger Betrachtung auch ohne Einwilligung der Betroffenen als rechtmäßig im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f) DSGVO dar. Meta verfolgt mit der Verwendung zum Training von Systemen Künstlicher Intelligenz einen legitimen Zweck. Dieser Zweck kann nicht durch gleich wirksame andere Mittel, die weniger einschneidend wären, erreicht werden. Unzweifelhaft werden für das Training große Datenmengen benötigt, die nicht zuverlässig vollständig anonymisiert werden können. Im Rahmen der Abwägung der Rechte von Nutzern und Meta als Betreiberin überwiegen die Interessen an der Datenverarbeitung. Diese heutige Bewertung beruht unter anderem auf einer Stellungnahme des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) aus Dezember 2024, welcher die Beklagte durch verschiedene Maßnahmen Rechnung getragen hat. Es sollen ausschließlich öffentlich gestellte Daten verarbeitet werden, die auch von Suchmaschinen gefunden werden. Der Umstand, dass große Mengen von Daten, auch von Dritten einschließlich Minderjährigen und auch sensible Daten im Sinne des Art. 9 DSGVO, betroffen sind, überwiegt bei der Abwägung nicht. Meta hat insoweit wirkungsvolle Maßnahmen ergriffen, welche den Eingriff wesentlich abmildern. Die geplante Verarbeitung wurde bereits im Jahre 2024 angekündigt. Die Nutzer wurden über die Apps und - soweit möglich - auf anderem Wege informiert. Sie haben die Möglichkeit, die Datenverarbeitung durch Umstellung ihrer Daten auf "nicht-öffentlich" oder durch einen Widerspruch zu verhindern. Die verwendeten Daten enthalten keine eindeutigen Identifikatoren wie Name, E-Mail-Adresse oder Postanschrift einzelner Nutzer.

Nach Ansicht des Senats liegt bei vorläufiger und summarischer Prüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens auch kein Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 DMA vor. Es fehlt bei vorläufiger rechtlicher Würdigung an einer "Zusammenführung" von Daten, weil Meta im Rahmen der beabsichtigten Vorgehensweise keine Daten aus Nutzerprofilen bei verschiedenen Diensten oder aus anderen Quellen im Hinblick auf einen einzelnen konkreten Nutzer kombiniert. Insoweit fehlt es an einschlägiger Rechtsprechung. Dem Senat war im Eilverfahren auch keine in der Rechtsgrundlage vorgesehene Kooperation mit der Europäischen Kommission möglich.

Das heutige Urteil ist in einem Eilverfahren infolge einer summarischen Prüfung ergangen. Es gelten hier abweichende rechtliche Anforderungen, insbesondere an die Beurteilung von streitigem Tatsachenvortrag. Die Parteien können ihre Rechte in einem gesonderten Hauptsacheverfahren wahrnehmen.

Das heute verkündete Urteil ist rechtskräftig. Die Revision zum Bundesgerichtshof findet nicht gegen Entscheidungen eines Oberlandesgerichts im einstweiligen Rechtschutz statt (§ 542 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Für Verfahren nach dem Unterlassungsklagengesetz sind die Oberlandesgerichte in erster Instanz zuständig. Die örtliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Köln folgt aus dem behaupteten Ort des drohenden Verstoßes gegen Verbraucherschutzgesetze (vergleiche § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UKlG).

Aktenzeichen: 15 UKl 2/25

EU-Kommission verhängt Geldbußen gegen Apple (500 Mio. Euro) und Meta (200 Mio. Euro) wegen Verstößen gegen den Digital Markets Act (DMA)

Die EU-Kommission hat gegen Apple eine Geldbuße in Höhe von 500 Mio. Euro und gegen Meta in Höhe 200 Mio. Euro wegen Verstößen gegen den Digital Markets Act (DMA) verhängt.

Die Pressemitteilung der EU-Kommission:
Kommission stellt fest, dass Apple und Meta gegen das Gesetz über digitale Märkte verstoßen

Die Europäische Kommission hat heute festgestellt, dass Apple gegen seine Anti-Steering-Verpflichtung gemäß dem Gesetz über digitale Märkte (DMA) verstoßen hat und dass Meta gegen die DMA-Verpflichtung verstoßen hat, den Verbrauchern die Wahl eines Dienstes zu geben, der weniger ihrer personenbezogenen Daten verwendet. Daher hat die Kommission gegen Apple und Meta Geldbußen in Höhe von 500 Mio. EUR bzw. 200 Mio. EUR verhängt.

Die beiden Entscheidungen erfolgen nach einem intensiven Dialog mit den betroffenen Unternehmen, der es ihnen ermöglicht, ihre Ansichten und Argumente ausführlich darzulegen.

Nichteinhaltungsentscheidung zu Apples Lenkungsbedingungen
Im Rahmen des DMA sollten App-Entwickler, die ihre Apps über den Apple App Store vertreiben, in der Lage sein, Kunden kostenlos über alternative Angebote außerhalb des App Stores zu informieren, sie auf diese Angebote zu lenken und ihnen zu ermöglichen, Einkäufe zu tätigen.

Die Kommission stellte fest, dass Apple dieser Verpflichtung nicht nachkommt. Aufgrund einer Reihe von Einschränkungen, die von Apple auferlegt wurden, können App-Entwickler nicht in vollem Umfang von den Vorteilen alternativer Vertriebskanäle außerhalb des App Store profitieren. Ebenso können Verbraucher nicht in vollem Umfang von alternativen und günstigeren Angeboten profitieren, da Apple App-Entwickler daran hindert, die Verbraucher direkt über solche Angebote zu informieren. Das Unternehmen hat nicht nachgewiesen, dass diese Beschränkungen objektiv notwendig und verhältnismäßig sind.

Im Rahmen der heutigen Entscheidung hat die Kommission Apple angewiesen, die technischen und kommerziellen Lenkungsbeschränkungen aufzuheben und davon abzusehen, das nicht konforme Verhalten in Zukunft fortzusetzen, wozu auch die Annahme eines Verhaltens mit einem gleichwertigen Zweck oder einer gleichwertigen Wirkung gehört.

Die gegen Apple verhängte Geldbuße berücksichtigt die Schwere und Dauer der Nichteinhaltung.

Die Kommission hat heute auch die Untersuchung der Nutzerwahlverpflichtungen von Apple eingestellt, da Apple frühzeitig und proaktiv an einer Compliance-Lösung beteiligt war. Weitere Informationen zu diesen Entscheidungen finden Sie hier.

Entscheidung über die Nichteinhaltung des „Zustimmungs- oder Vergütungsmodells“ von Meta
Gemäß dem Gesetz über digitale Märkte müssen Gatekeeper die Zustimmung der Nutzer zur Kombination ihrer personenbezogenen Daten zwischen Diensten einholen. Nutzer, die nicht zustimmen, müssen Zugang zu einer weniger personalisierten, aber gleichwertigen Alternative haben.

Im November 2023 führte Meta ein binäres „Consent or Pay“-Werbemodell ein. Nach diesem Modell hatten die EU-Nutzer von Facebook und Instagram die Wahl zwischen der Zustimmung zur Kombination personenbezogener Daten für personalisierte Werbung oder der Zahlung eines monatlichen Abonnements für einen werbefreien Dienst.

Die Kommission stellte fest, dass dieses Modell nicht mit dem Gesetz über digitale Märkte vereinbar ist, da es den Nutzern nicht die erforderliche spezifische Wahlmöglichkeit gab, sich für einen Dienst zu entscheiden, der weniger personenbezogene Daten verwendet, aber ansonsten dem Dienst „personalisierte Anzeigen“ gleichwertig ist. Das Modell von Meta erlaubte es den Nutzern auch nicht, ihr Recht auf freiwillige Zustimmung zur Kombination ihrer personenbezogenen Daten auszuüben.

Im November 2024 führte Meta nach zahlreichen Austauschen mit der Kommission eine weitere Version des Modells der kostenlosen personalisierten Werbung ein, die eine neue Option bietet, bei der angeblich weniger personenbezogene Daten für die Anzeige von Werbung verwendet werden. Die Kommission prüft derzeit diese neue Option und setzt ihren Dialog mit Meta fort und fordert das Unternehmen auf, Nachweise für die Auswirkungen dieses neuen Anzeigenmodells in der Praxis vorzulegen.

Unbeschadet dieser laufenden Bewertung betrifft die heutige Entscheidung, mit der Verstöße festgestellt werden, den Zeitraum, in dem Endnutzern in der EU die binäre Option „Consent or Pay“ nur zwischen März 2024, als die DMA-Verpflichtungen rechtsverbindlich wurden, und November 2024, als das neue Anzeigenmodell von Meta eingeführt wurde, angeboten wurde.

Die gegen Meta verhängte Geldbuße berücksichtigt auch die Schwere und Dauer der Nichteinhaltung, wobei darauf hingewiesen wird, dass die heutigen Entscheidungen gegen Apple und Meta die ersten im Rahmen des DMA erlassenen Entscheidungen über die Nichteinhaltung sind.

Die Kommission hat heute auch festgestellt, dass der Online-Vermittlungsdienst Facebook Marketplace von Meta nicht mehr im Rahmen des DMA benannt werden sollte. Der Beschluss folgt auf einen Antrag von Meta vom 5. März 2024, die Benennung des Marktplatzes zu überdenken. Nach einer sorgfältigen Prüfung der Argumente von Meta und infolge der zusätzlichen Durchsetzungs- und kontinuierlichen Überwachungsmaßnahmen von Meta, um der Nutzung von Marketplace durch Unternehmen gegenüber Verbrauchern entgegenzuwirken, stellte die Kommission fest, dass Marketplace im Jahr 2024 weniger als 10 000 gewerbliche Nutzer hatte. Meta erfüllt daher nicht mehr den maßgeblichen Schwellenwert, der die Vermutung begründet, dass Marketplace ein wichtiges Zugangstor für gewerbliche Nutzer ist, um Endnutzer zu erreichen.

Die nächsten Schritte
Apple und Meta sind verpflichtet, den Entscheidungen der Kommission innerhalb von 60 Tagen nachzukommen, andernfalls riskieren sie Zwangsgelder.

Die Kommission setzt ihre Zusammenarbeit mit Apple und Meta fort, um die Einhaltung der Entscheidungen der Kommission und des Gesetzes über digitale Märkte im Allgemeinen sicherzustellen.

Hintergrund
Am 25. März 2024 leitete die Kommission Verstöße gegen die Vorschriften von Apple über die Lenkung im App Store und das „Pay-or-Consent-Modell“ von Meta ein. Am 24. Juni 2024 bzw. 1. Juli 2024 unterrichtete die Kommission Apple und Meta über ihre vorläufige Auffassung, dass die Unternehmen gegen das Gesetz über digitale Märkte verstoßen.

Apple und Meta hatten die Möglichkeit, ihre Verteidigungsrechte wahrzunehmen, indem sie alle Dokumente in den Untersuchungsakten der Kommission eingehend prüften und umfassend schriftlich auf die vorläufigen Feststellungen der Kommission antworteten. Die Kommission kann gegen Unternehmen, die die Vorschriften nicht einhalten, Geldbußen in Höhe von bis zu 10 % ihres weltweiten Jahresumsatzes verhängen.


AG Frankfurt: Streaming-Einnahmen durch Videos mit strafbaren Inhalten können nach § 73c StPO eingezogen werden

AG Frankfurt
Urteil vom 09.08.2024
916 Ds 6443 Js 211140/23


Das AG Frankfurt hat entschieden, dass Streaming-Einnahmen durch Videos mit strafbaren Inhalten nach § 73c StPO eingezogen werden können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die für die Aufrufe des verfahrensgegenständlichen Musikvideos bei diversen Internetplattformen und Streamingdiensten erlangten Einnahmen des Angeklagten unterliegen als Erträge aus einer rechtswidrigen Tat der Einziehung gem. §§ 73 Abs. 1, 73 c StGB. Das Musikvideo hatte zum Stand der Hauptverhandlung über Spotify 313.803, über Youtube 179.825, auf Facebook 4.733, und über Telegram 107.000 Aufrufe.

Durch das Hochladen und das Verbreiten des Videos hat der Angeklagte einen Beitrag in

Höhe von 1322,83 € erlangt.

Der Beitrag errechnet sich zum einen aus den vom Angeklagten selbst zur Verfügung gestellten Abrechnungsunterlagen. Hiernach ergibt sich, dass die Vermarktung des Musikvideos zentral über den Dienstleister TuneCore Inc. mit Sitz in Brooklyn, New York erfolgte. Im Zeitraum bis September 2023 erzielte der Angeklagte demnach einen Beitrag von 524, 85 US$ (bei einem Umrechnungskurs vom Tag der Hauptverhandlung von 1 US $ = 0,92€; 482,86 €) bei rund 400.000 Aufrufen. Angesichts der zwischenzeitlich rund 600.000 Aufrufe kann derweil von einer Steigerung der Einnahmen um 30 % ausgegangen werden, wonach sich ein Betrag von 627,71€ ergibt.

Zum anderen erhielt der Angeklagte über das auf den Namen seiner Tochter S eingerichtete PayPal Konto Spenden für das Musikvideo. In Höhe von 695,12 € stehen diese inhaltlich im Zusammenhang mit der Veröffentlichung des verfahrensgegenständlichen Videos. Ein diesen Betrag übersteigender Betrag wurde dann auf sein eigenes Konto überwiesen.

Folgende Zusätze würden bei den Überweisungen angegeben:
-Bitte dringen um Nachricht auf [...]@afd.de-es geht um das Wahlvideo
-Dafür deine Songs
-Danke für deinen geilen AFD-Song-gute Leute wie dich braucht das Land im Kampf gegen die woke Scheiß-Agenda
-Danke für den aktuellen Song
-Danke für den aktuellsten Song: D
-Für dieses schöne Weihnachtsgeschenk an uns. Den AFD Song meine ich.
-Gutes Musikvideo!
-Hallo Freund, Chapeau!
-Musik
-Schenkung zur freien Verfügung. Wir lieben Dich
-Schenkung. Der nächste Kaffee geht auf mich.
-Spende Mutiger Song. Da es vermutlich kein offizieller AFD Wahrswerbespot ist, ist er für mich ein großes Kunstwerk.
-Trink dir was! Und Prost
-Wertschätzung!!!!!!!

Bei den folgenden Zusätzen konnte das Gericht keinen sicheren Bezug zu dem veröffentlichten Video erkennen:

- Der Artikel ist gut verpackt angekommen und in Gutem Zustand. Der Sound ist super. 5 Sterne Bewertung.

-Für dein Angebot, deine Lieder kostenlos zur Verfügung zu stellen.

Vom Gesamtbetrag von 720,12 € waren daher 25 € abzuziehen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Erfurt legt EuGH Fragen zum Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO bei Kontrollverlust im Zusammenhang mit Facebook-Scraping vor

LG Erfurt
Beschluss vom 03.04.2025
8 O 895/23


Das LG Erfurt hat dem EuGH Fragen zum Schadensersatz aus Art. 82 DSGVO bei Kontrollverlust im Zusammenhang mit Facebook-Scraping zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Tenor:
Das Ausgangsverfahren wird ausgesetzt. Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden gemäß Art. 267 AEUV die folgenden Fragen zur Auslegung von Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vorgelegt:

Frage 1
Ist Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht bei einem Verstoß gegen die DSGVO einer betroffenen Person Schadensersatz zusprechen muss, die lediglich nachgewiesen hat, dass ein Dritter (und nicht der beklagte datenschutzrechtlich Verantwortliche) ihre personenbezogenen Daten im Internet veröffentlicht hat? Mit anderen Worten: Stellt der bloße und ggf. nur kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene Daten einen immateriellen Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO dar?

Frage 2
Falls Frage 1 bejaht wird: Inwieweit unterscheidet sich die Antwort oder macht es einen Unterschied, wenn die veröffentlichten Daten nur aus bestimmten personenbezogenen Daten bestehen (einschließlich allenfalls numerische Nutzer-ID, Name und Geschlecht), welche die betroffene Person bereits selbst im Internet veröffentlicht hatte, in Verbindung mit der Telefonnummer der betroffenen Person, die ein Dritter (bei dem es sich nicht um den beklagten datenschutzrechtlich Verantwortlichen handelt) mit diesen personenbezogenen Daten verknüpft hat?

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Gegenstand des Ausgangsverfahrens und zugrundeliegender Sachverhalt

Mit ihrer beim Landgericht Erfurt eingereichten Klage - einem Scraping-Fall - macht die Klägerin immateriellen Schadensersatz und eine Reihe weiterer Ansprüche aufgrund von Verstößen der Beklagten gegen die Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“) geltend. Die Beklagte, deren Sitz in Irland ist, betreibt die Social-Media-Plattform Facebook in Europa („Plattform der Beklagten”).

Die Klägerin unterhält ein Nutzerkonto auf der Plattform der Beklagten. Im Rahmen der Registrierung auf der Plattform der Beklagten müssen Nutzer bestimmte Informationen wie Name und Geschlecht angeben. Diese Informationen (zusammen mit der von der Beklagten generierten Nutzer-ID) sind im Rahmen des Nutzerprofils stets öffentlich einsehbar, worüber Nutzer in Kenntnis gesetzt werden. Diese öffentlichen Nutzerinformationen erleichtern die Kontaktaufnahme mit anderen Menschen. Dies entspricht dem Unternehmenszweck der Plattform der Beklagten, nämlich Menschen die Möglichkeit zu geben, Gemeinschaften zu bilden und die Welt näher zusammenzubringen.

Neben den immer öffentlichen Nutzerinformationen können Nutzer in ihrem Profil nach ihrer individuellen Präferenz weitere Informationen angeben. In diesem Zusammenhang können sie festlegen, welche anderen Gruppen von Nutzern diese Informationen sehen können („Freunde“, [auch] „Freunde von Freunden“, „Öffentlich“). Die Beklagte stellt hierfür Privatsphäre-Einstellungen zur Verfügung, durch die Nutzer bestimmen können, inwieweit von ihnen bereitgestellte Informationen öffentlich einsehbar sein sollen (sog. „Zielgruppenauswahl“). Über die Funktion und Bedeutung dieser Privatsphäre-Einstellungen informierte die Beklagte ihre Nutzer in ihrem Hilfebereich.

Entschied sich ein Nutzer - wie die Klägerin - dafür, seine Telefonnummer anzugeben, war die Standard-Zielgruppenauswahl während des relevanten Zeitraums „Freunde“. Die Telefonnummer war demnach nicht öffentlich einsehbar. Im Hinblick auf die Sichtbarkeit ihrer Handynummer hatte die Klägerin es bei der Standardeinstellung der Beklagten belassen, sodass diese nicht öffentlich sichtbar war.

Die Privatsphäre-Einstellungen auf der Plattform der Beklagten ermöglichten es den Nutzern auch, festzulegen, wer ihre Profile anhand ihrer Telefonnummern suchen kann (sog. „Suchbarkeits-Einstellungen“). Entschied sich ein Nutzer dafür, seine Telefonnummer anzugeben, war die Standard-Suchbarkeitseinstellung während des relevanten Zeitraums „Alle“. Nutzer konnten jedoch ihre Suchbarkeitseinstellungen jederzeit auf „Freunde“, „Freunde von Freunden“ oder (ab Mai 2019) auf „Nur ich“ festlegen. Die letztgenannte Einstellung verhinderte, dass andere Nutzer das betreffende Profil über die Telefonnummer finden konnten.

Die Möglichkeit, das Profil eines Nutzers anhand einer Telefonnummer zu finden, sollte ebenfalls dem Ziel dienen, Menschen miteinander zu verbinden. Die Plattform der Beklagten hat weltweit Milliarden von Nutzern. Die Suche nach einem Nutzerprofil allein anhand des Namens mag daher nicht ausreichen, um einen anderen Nutzer sicher zu identifizieren.

Die Klägerin entschloss sich dazu, ihre Telefonnummer auf der Plattform der Beklagten anzugeben, wobei sie die Standard-Suchbarkeitseinstellung „Alle“ nicht änderte.

Bis September 2019 ermöglichte die sog. Kontakt-Importer-Funktion Nutzern, Kontakte von ihren Mobilgeräten auf der Plattform der Beklagten hochzuladen. Hierdurch konnten die Nutzer diese Kontakte auf der Plattform der Beklagten finden und mit ihnen in Kontakt treten, sofern die Suchbarkeitseinstellungen des gesuchten Nutzers auf „Alle“ eingestellt waren (so wie dies bei der Klagepartei der Fall war).

Über einen bestimmten Zeitraum hinweg haben unbekannte Dritte (sog. „Scraper“), die in keiner Verbindung zur Beklagten standen, über die Kontakt-Importer-Funktion Mobiltelefonnummern hochgeladen. Die Mobiltelefonnummern hatten die Scraper bereits vorher anderweitig (d. h. nicht auf der Plattform der Beklagten) erlangt oder generiert. Wurden beim Hochladen der Telefonnummern Nutzerprofile gefunden, sammelten die unbekannten Dritten die Daten, die in den Profilen der Nutzer öffentlich einsehbar waren, und machten sich diese nutzbar.

Bei der Kontakt-Importer-Funktion handelte es sich um eine regulär vorgesehene Funktion der Plattform der Beklagten. Die Scraper wandten automatisierte Tools an, um diese Funktion auszunutzen und um auf Daten zuzugreifen, die in diesem Fall öffentlich einsehbar waren. Diese ohne Erlaubnis erfolgte Datenerhebung mit automatisierten Tools und Methoden fand während des relevanten Zeitraums statt und war (und ist immer noch) durch die Nutzungsbedingungen der Beklagten untersagt.

Die Scraper sammelten unzulässigerweise öffentlich einsehbare Daten zahlreicher Nutzer, fügten diese den Telefonnummern dieser Nutzer hinzu und veröffentlichten diese Daten in einer Datenbank im Internet bzw. Darknet. Dieses Vorgehen umfasste auch personenbezogene Daten der Klägerin, nämlich deren Telefonnummer in Verbindung mit den aus ihrem öffentlich einsehbaren Profil abgegriffenen Informationen (Nutzer-ID, Vorname, Nachname und Geschlecht).

Die Klägerin fordert unter anderem immateriellen Schadensersatz auf der Grundlage von Art. 82 DSGVO. Sie bringt vor, sie habe allein aufgrund der Tatsache, dass ihre Daten abgegriffen und in einer Datenbank veröffentlicht wurden, die Kontrolle über diese Daten verloren. Nach Ansicht der Klägerin stellt dieser Kontrollverlust schon als solcher einen immateriellen Schaden dar.

Die Beklagte macht demgegenüber geltend, dass Art. 82 DSGVO nicht dazu diene, vom Scraping betroffenen Personen Schadensersatz zu gewähren, die zwar von Datenschutzverletzungen betroffen sind, aber keinen konkreten, über den bloßen Kontrollverlust hinausgehenden Schaden erlitten haben. Dabei ist die Beklagte der Auffassung, dass der Scraping-Sachverhalt bereits keinen „Datenschutzverstoß“ darstelle. Die Beklagte macht ferner geltend, dass die bloße erneute Veröffentlichung der Daten der Klagepartei – die gemäß ihren individuellen Privatsphäre-Einstellungen bereits vorher öffentlich einsehbar waren – keinen immateriellen Schadensersatz begründen könne.


II. Einschlägige unionsrechtliche Bestimmungen

Art. 82 DSGVO (Haftung und Recht auf Schadensersatz)

Erwägungsgrund 75 DSGVO (Risiken für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen)

Erwägungsgrund 83 S. 3 DSGVO (Sicherheit der Verarbeitung)

Erwägungsgrund 85 S. 1 DSGVO (Pflicht zur Meldung von Datenschutzverletzungen an die Aufsichtsbehörde)

III. Relevante nationale Rechtsprechung

Die deutsche Rechtsprechung divergiert zu der Frage, ob der bloße Kontrollverlust einen immateriellen Schaden darstellt. Die bereits vorliegenden Entscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Union werden unterschiedlich interpretiert.

In nahezu identischen Verfahren haben mehrere deutsche Oberlandesgerichte Klagen auf immateriellen Schadensersatz abgewiesen. Sie haben dabei festgestellt, dass die auf Scraping beruhende erneute oder erstmalige Veröffentlichung von Daten und der damit einhergehende Kontrollverlust allein nicht ausreichen, um einen immateriellen Schaden zu begründen.

Der Bundesgerichtshof hat allerdings kürzlich in einem Verfahren wegen des unzulässigen Datenscrapings judiziert, dass ein bloßer und selbst kurzzeitiger Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten schon an sich als immaterieller Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO einzuordnen ist und zu einem, wenn auch überschaubaren, Geldanspruch führt (BGH, Urteil vom 18.11.2024 - VI ZR 10/24). Dies soll somit unabhängig davon gelten, ob die Klagepartei individuelle immaterielle Beeinträchtigungen und Nachteile aufgrund des Kontrollverlusts darlegt und nachweist. Weder muss eine konkrete missbräuchliche Verwendung der Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein, wie ein Identitätsdiebstahl, noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen.

Zu dem jedenfalls erforderlichen „Kontrollverlust“ fehlt es allerdings an einer Definition oder näheren Maßgaben.

IV. Entscheidungserheblichkeit und Erläuterung der Vorlagefragen

Die Antworten des Gerichtshofes der Europäischen Union zu den Vorlagefragen sind entscheidungserheblich. Das vorlegende Gericht geht von einem Datenschutzverstoß der Beklagten mit negativen Folgen aus. Es ist jedoch zweifelhaft, ob ein immaterieller Schaden zu bejahen ist. Abhängig davon, ob die bloße - erneute oder erstmalige - Veröffentlichung von personenbezogenen Daten im Internet als immaterieller Schaden eingestuft wird oder nicht, kann das Gericht dem Klageantrag auf immateriellen Schadenersatz entweder (zumindest teilweise) stattgeben oder ihn abweisen.

Insbesondere hält das Gericht eine Klarstellung des Gerichtshofs für erforderlich, ob Art. 82 Abs. 1 DSGVO es einem nationalen Gericht ermöglicht, einer betroffenen Person Schadensersatz zuzusprechen, obwohl diese keinen konkreten und individuellen materiellen oder immateriellen Schaden nachgewiesen hat, wie begründete Befürchtungen eines Missbrauchs oder andere psychische Beeinträchtigungen, sondern sich lediglich darauf beruft, dass ihre Daten im Internet veröffentlicht wurden und sie somit die Kontrolle hierüber verloren habe. Dieser Klarstellung dient die Vorlagefrage zu 1.

Für den Fall, dass die Vorlagefrage zu 1 bejaht wird, ersucht das Gericht mit der Vorlagefrage zu 2. den Gerichtshof um Klärung, ob der Gerichtshof zu einer anderen Einschätzung gelangt, wenn die (erneut) veröffentlichten Daten lediglich aus solchen personenbezogenen Daten bestehen, deren Veröffentlichung im Internet die betroffene Person vorher selbst veranlasst hatte (einschließlich allenfalls numerische Nutzer-ID, Name und Geschlecht), sowie der Telefonnummer der betroffenen Person.

Bei dieser Bewertung könnte zu berücksichtigen sein, dass die unzulässiger Weise abgegriffenen Daten der Klägerin auf deren Nutzerprofil öffentlich einsehbar waren, während die Mobiltelefonnummer der Klägerin weder abgegriffen noch anderweitig aus dem Nutzerprofil der Klagepartei abgerufen wurde. Damit unterscheidet sich dieser Sachverhalt wohl von den Fällen, die bisher Gegenstand von Vorabentscheidungsverfahren zu Art. 82 DSGVO waren. Es stellt sich die Frage, ob die Klägerin nicht bereits vor dem Datenschutzverstoß die Kontrolle über ihre vom Scraping betroffenen personenbezogenen Daten verloren hatte, was zu einem Ausschluss von Ersatzansprüchen führen könnte.

Nach alledem bestehen Zweifel, ob es sich bei der Problematik des „bloßen Kontrollverlustes“ bereits um einen „acte éclairé“ handelt. Die bisherigen Urteile des Gerichtshofes könnten jedenfalls so verstanden werden, dass ein bloßer Kontrollverlust als solcher noch keinen Schaden darstellt, vielmehr - mit höherem Begründungs- und Beweisaufwand - weitere Voraussetzungen und Umstände hinzutreten müssen, wie etwa psychische Beeinträchtigungen oder ein tatsächlicher Missbrauch von Daten (s. nur EuGH, Urteil vom 25.01.2024, C-687/21, Rn. 67, EuGH, Urteil vom 14.12.2023, C-340/21, Rn. 84, und EuGH, Urteil vom 14.12.2023, C-456/22, Rn. 22).

Den Parteien des Ausgangsverfahrens wurde ausgiebig rechtliches Gehör gewährt. Die Befugnis des Einzelrichters, unionsrechtliche Fragestellungen zu würdigen und vor den Gerichtshof zu bringen, beruht auf Art. 267 AEUV (eingehend LG Erfurt, Hinweisbeschluss vom 4. Februar 2025 - 8 O 211/24, juris). Ein Einzelrichter ist nicht gehalten, gemäß § 348 Abs. 3 ZPO seine Kammer zur Entscheidung über eine Übernahme anzurufen. Dies hat Generalanwalt Rantos in einem Dieselfall herausgestellt (EuGH, Schlussanträge des Generalanwalts vom 2. Juni 2022, C-100/21, Rn. 75 ff.):

„Daher bin ich der Ansicht, dass Art. 267 AEUV einer nationalen Regelung entgegensteht, die, wenn ein Einzelrichter meint, dass sich im Rahmen einer bei ihm anhängigen Rechtssache eine Frage nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts stellt, die eine Entscheidung des Gerichtshofs erfordert, diesem vorschreibt, diese Frage einer Zivilkammer vorzulegen, und er folglich daran gehindert ist, den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.“


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Berlin II: Facebook / Meta zur Zahlung von Schadensersatz, Auskunft und Löschung wegen datenschutzwidriger Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten über Meta Buisness Tools verurteilt

LG Berlin II
Urteile vom 04.04.2025
39 O 56/24, 39 O 67/24, 39 O 57/24, 39 O 97/24, 39 O 218/24, 39 O 184/24


Das LG Berlin II hat in mehreren Fällen Facebook / Meta zur Auskunftserteilung, Löschung und Zahlung von Schadensersatz an die jeweiligen Betroffenen wegen datenschutzwidriger Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten über die Meta Buisness Tools verurteilt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Landgericht Berlin II verpflichtet Meta in sechs Fällen unter anderem zur Auskunft, Löschung von Daten und Schadensersatz

Das Landgericht Berlin II hat in sechs Urteilen vom 4. April 2025 den Klagen mehrerer Personen gegen Meta unter anderem auf Auskunft über und Anonymisierung bzw. Löschung ihrer über die Meta Business Tools erhobenen personenbezogenen Daten stattgegeben und ihnen zudem eine Schadensersatzzahlung in Höhe von jeweils 2.000 € zugesprochen.

Die Kläger*innen machen jeweils geltend, dass die Beklagte alle digitalen Bewegungen auf Webseiten und mobilen Apps sämtlicher Nutzer*innen von Facebook und Instagram auslese und aufzeichne, wenn die Dritt-Webseiten und Apps die Meta Business Tools installiert haben. Die Meta Business Tools erlauben die so gesammelten Daten mit einem einmal angelegten Nutzerkonto zu verbinden und so ein Profil über Personen anzulegen, das etwa ihre politische und religiöse Einstellung, ihre sexuelle Orientierung oder etwa Erkrankungen erfassen kann. So könnten z. B. Informationen über Bestellungen bei Apotheken, Angaben zu problematischem Suchtverhalten oder bei dem Wahl-O-Mat ausgelesen werden. Es sei unklar, mit wem die Beklagte die so erstellten Profile teile.

Der Einsatz der Meta Business Tools auf Webseiten und Apps ist dabei nur eingeschränkt erkennbar. Schätzungen gehen davon aus, dass diese bei mindestens 30 bis 40 Prozent der Webseiten weltweit und auf der überwiegenden Mehrzahl der meistbesuchten 100 Webseiten in Deutschland zum Einsatz kommen. Dies erfolge nicht nur ohne, sondern auch gegen den ausdrücklichen Willen der Nutzer*innen.

Die Beklagte wendet dagegen ein, die Drittunternehmen seien für die Installation und Nutzung der Business Tools und somit für die Offenlegung der Daten verantwortlich. Sie selbst nehme eine Datenverarbeitung jedenfalls zur Bereitstellung personalisierter Werbung nur vor, wenn die Nutzer*innen ausdrücklich hierin einwilligen. Anderenfalls würden übermittelte Daten nur für begrenzte Zwecke, wie Sicherheits- und Integritätszwecke, genutzt.

In der mündlichen Verhandlung wies das Gericht darauf hin, dass den Kläger*innen der Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zustehe, da die Beklagte die über die Meta Business Tools erhaltenen personenbezogenen Daten der Kläger*innen zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen verarbeitet und gespeichert habe. Der Löschungs- bzw. Anonymisierungsanspruch bestehe nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO, da für die Datenverarbeitung keine Rechtsgrundlage bestehe. Hierfür lägen keine Einwilligungen der Kläger*innen vor. Wegen der Verstöße gegen die DSGVO stünden den Kläger*innen zudem Ansprüche auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO zu. Für die weiteren Einzelheiten müssen die schriftlichen Urteilsgründe abgewartet werden.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Es kann dagegen Berufung beim Kammergericht innerhalb eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingelegt werden.

Landgericht Berlin II: Urteile vom 4. April 2025, Aktenzeichen 39 O 56/24, 39 O 67/24, 39 O 57/24, 39 O 97/24, 39 O 218/24, 39 O 184/24



Volltext BGH liegt vor: Mitbewerber und Verbraucherschutzverbände können DSGVO-Verstöße abmahnen und als Wettbewerbsverstoß gerichtlich geltend machen

BGH
Urteil vom 27.03.2025
I ZR 186/17
App-Zentrum III
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e, Art. 80 Abs. 2;
UWG § 5a Abs. 1, § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Nr. 13, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Mitbewerber und Verbraucherschutzverbände können Datenschutzverstöße abmahnen und als Wettbewerbsverstoß gerichtlich geltend machen über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Qualifizierten Einrichtungen steht gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG die Befugnis zu, wegen Verstößen gegen Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO unabhängig von der konkreten Verletzung von Rechten einzelner betroffener Personen und ohne Auftrag einer betroffenen Person wegen Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 13 UKlaG, und der Verwendung einer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung gemäß § 1 UKlaG im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.

b) In dem Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO liegt zugleich ein Verstoß gegen Lauterkeitsrecht unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens einer wesentlichen Information gemäß § 5a Abs. 1 UWG.

c) Ausgehend von der wirtschaftlichen Bedeutung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten für internetbasierte Geschäftsmodelle, deren Nutzung der Verbraucher mit der Preisgabe personenbezogener Daten vergütet, kommt den Unterrichtungspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO zentrale Bedeutung zu, um sicherzustellen, dass der Verbraucher bei seiner mit einer Nachfrageentscheidung verknüpften Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten über Umfang und Tragweite dieser Einwilligungserklärung möglichst umfassend ins Bild gesetzt wird, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.

BGH, Urteil vom 27. März 2025 - I ZR 186/17 - KG Berlin - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Beruht Berichterstattung auf einer von einem Hacker erstellten Datei müssen Authentizität der Datei und Vertrauenswürdigkeit des Hackers mit besonderer Sorgfalt geprüft werden

OLG Frankfurt
Urteil vom 27.03.2025
16 U 9/23


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass wenn eine Berichterstattung auf einer von einem Hacker erstellten Datei beruht, Authentizität der Datei und die Vertrauenswürdigkeit des Hackers mit besonderer Sorgfalt geprüft werden müssen.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Echtheitsnachweis - Hohe Anforderungen an die Prüfung der Zuverlässigkeit einer Quelle

Stützt sich die Berichterstattung über rechtsextremistische Inhalte eines Chatverlaufs einer namentlich benannten Person auf eine von einem Hacker erstellte sog. html-Datei, muss die Authentizität der Datei und die Vertrauenswürdigkeit des Hackers besonders sorgfältig geprüft werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit heute veröffentlichter Entscheidung die Beklagten zum Unterlassen verurteilt, da sie nicht nachgewiesen haben, dass die Chat-Inhalte tatsächlich vom Kläger stammten.

Der Kläger wendet sich gegen Berichterstattung der Beklagten in zwei Artikeln aus dem Jahr 2018. In den Artikeln finden sich Zitate aus Chatprotokollen auf Facebook mit rechtsextremistischen und fremdenfeindlichen Aussagen. Die Beklagten stützen diese Berichterstattung auf eine sog. html-Datei, die sie ihren Angaben nach von einem Hacker erhalten haben. Die Beklagten schreiben diese Chat-Inhalte dem namentlich benannten Kläger zu.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassen in Anspruch und behauptet, diese Aussagen nicht getätigt zu haben. Das Landgericht hatte der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens und Zeugeneinvernahme zu einem geringen Teil stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Auf die Berufung des Klägers hat der Pressesenat des OLG der Klage weitgehend stattgegeben. Der Kläger könne sich auf einen Unterlassungsanspruch stützen, führte der Senat aus. Die angegriffenen und im Indikativ stehenden Aussagen verstehe der Leser als feststehende Tatsache. Die Zuschreibung von Zitaten zu einer Person stelle eine Tatsachenbehauptung dar. Da es sich hier um „nicht erweislich wahre Tatsachenbehauptungen bzw. Meinungsäußerungen“ handele, greife die Berichterstattung in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ein.

Die Beklagten hätten nicht nachweisen können, dass die Chatbeiträge authentisch seien, d.h. tatsächlich vom Kläger stammten. Der Beweiswert des nicht signierten privaten elektronischen Dokuments in Form der html-Datei sei frei zu würdigen. Die Datei sei gemäß den Angaben des Sachverständigen nicht fälschungssicher, sondern könne nachträglich beliebig von einem Editor geändert werden. Die Beklagten hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass an der Datei keine Manipulationen vorgenommen worden seien. Richtig sei zwar, dass die Beklagten ihre Informanten nicht nennen müssten. Sie müssten dann aber „so viele Einzelfallumstände offenlegen, dass ein Rückschluss auf die Verlässlichkeit des Informanten und der Zuverlässigkeit und Richtigkeit der Information gezogen werden kann“, führte der Senat weiter aus. Daran fehle es hier.

Die von der Autorin der Artikel bei ihrer Anhörung gemachten Angaben zu ihrer Quelle seien hier nicht ausreichend, um die Zuverlässigkeit der Quelle beurteilen zu können. Die Autorin habe sich lediglich allgemein geäußert. Aus welchem Anlass die Quelle die Datei erstellt und den Beklagten zugespielt habe, sei unklar geblieben. Die Antworten seien insgesamt unbestimmt und zurückhaltend gewesen.

Zu berücksichtigen sei, dass hier erhöhte Anforderungen an die Prüfung der Zuverlässigkeit der Quelle gelten würden, da die Datei durch eine Straftat durch einen Hacker erlangt worden sei, deren Begehung eine gewisse kriminelle Energie erfordere. Die Beklagten hätten nicht dargelegt, wie sie sich Gewissheit über die Identität ihrer Informanten verschafft hätten. Über welche konkrete Qualifikation bzw. welches Fachwissen der von den Beklagten hinzugezogene Computerexperte verfügte, bliebe ebenfalls unklar. Die Angaben der Autorin enthielten zudem Unstimmigkeiten.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 27.3.2025, Az. 16 U 9/23
(vorgehend LG Frankfurt am Main, Urteil vom 15.12.2022, Az. 2-03 O 344/19)



BGH: Mitbewerber und Verbraucherschutzverbände können Datenschutzverstöße abmahnen und als Wettbewerbsverstoß gerichtlich geltend machen

BGH
Urteil vom 27.03.2025 - I ZR 186/17
Urteil vom 27.03.2025 - I ZR 222/19
Urteil vom 27.03.2025 - I ZR 223/19


Der BGH hat entschieden, dass Mitbewerber und Verbraucherschutzverbände Datenschutzverstöße abmahnen und als Wettbewerbsverstoß gerichtlich geltend machen können.

Die Pressemitteilung des BGH:
Verbraucherschutzverbände und Mitbewerber sind befugt, Verstöße gegen das Datenschutzrecht im Wege einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten zu verfolgen

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass ein Verstoß des Betreibers eines sozialen Netzwerks gegen die datenschutzrechtliche Verpflichtung, die Nutzer dieses Netzwerks über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu unterrichten, wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche begründet und von Verbraucherschutzbänden im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen (?), Deine E-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr." Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: "Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er ist der Ansicht, dass die Beklagte die Nutzer ihres Netzwerks mit den unter dem Button "Sofort spielen" gegebenen Hinweisen nicht hinreichend über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer personenbezogenen Daten unterrichtet und damit gegen die gesetzlichen Anforderungen an die Einholung einer wirksamen datenschutzrechtlichen Einwilligung verstößt. Er sieht darin zugleich ein wettbewerbswidriges Verhalten und hat die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch genommen. In dem abschließenden Hinweis bei einem Spiel sieht der Kläger eine den Nutzer unangemessen benachteiligende Allgemeine Geschäftsbedingung.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben. Mit der Revision hat die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren mit Beschlüssen vom 28. Mai 2020 und vom 10. November 2022 ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union jeweils Fragen zur Auslegung der Verordnung (EU) Nr. 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung - DSGVO) zur Vorabentscheidung vorgelegt (Beschluss vom 28. Mai 2020 - I ZR 186/17, GRUR 2020, 896 = WRP 2020, 1182 - App-Zentrum I; Beschluss vom 10. November 2022 - I ZR 186/17, GRUR 2023, 193 = WRP 2023, 189 - App-Zentrum II). Dieser hat die Fragen mit Urteilen vom 28. April 2022 und vom 11. Juli 2024 beantwortet (Urteil vom 28. April 2022, C-319/20, GRUR 2022, 920 = WRP 2022, 684 - Meta Platforms Ireland I; Urteil vom 11. Juli 2024, C-757/22, GRUR 2024, 1357 = WRP 2024, 1049 - Meta Platforms Ireland II).

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Art. 80 Abs. 2 DSGVO bildet eine geeignete Grundlage für die Verfolgung von Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung durch Verbände nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und dem Unterlassungsklagengesetz. Den genannten Verbraucherverbänden steht daher nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG die Befugnis zu, gegen Verletzungen von Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst.?c und e DSGVO wegen Verstößen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb und gegen ein Verbraucherschutzgesetz im Sinne von § 2 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 13 UKlaG sowie der Verwendung einer unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingung gemäß § 1 UKlaG im Wege einer Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen. Unschädlich ist insoweit, dass der Kläger seine Klage unabhängig von der konkreten Verletzung von Datenschutzrechten einer betroffenen Person und ohne Auftrag einer solchen Person erhoben hat. Da von einer Einrichtung im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO nicht verlangt werden kann, dass sie diejenige Person im Voraus individuell ermittelt, die von einer Verarbeitung von Daten, die mutmaßlich gegen die Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung verstößt, konkret betroffen ist, ist die Benennung einer Kategorie oder Gruppe von identifizierbaren natürlichen Personen für die Erhebung einer solchen Verbandsklage ausreichend. Es genügt außerdem, wenn sich die Einrichtung darauf beruft, dass die Verletzung der Rechte dieser Person anlässlich einer Verarbeitung personenbezogener Daten geschieht und auf einer Missachtung der Pflicht beruht, die dem Verantwortlichen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO obliegt, weil im Streitfall nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Kläger mit seiner Klage rein hypothetische Verstöße geltend macht.

Die Präsentation von Spielen im App-Zentrum der Beklagten verstößt gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO, weil der Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs nicht über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten in allgemein verständlicher Form sowie über die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung und die Empfänger der persönlichen Daten unterrichtet wird.

In dem Verstoß gegen die datenschutzrechtlichen Informationspflichten liegt zugleich ein Verstoß gegen Lauterkeitsrecht unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens einer wesentlichen Information gemäß § 5a Abs. 1 UWG. Ausgehend von der wirtschaftlichen Bedeutung der Verarbeitung von personenbezogenen Daten für internetbasierte Geschäftsmodelle, deren Nutzung der Verbraucher mit der Preisgabe personenbezogener Daten vergütet, kommt den datenschutzrechtlichen Unterrichtungspflichten zentrale Bedeutung zu. Sie sollen sicherstellen, dass der Verbraucher bei seiner Nachfrageentscheidung, die mit einer Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten verknüpft ist, möglichst umfassend über Umfang und Tragweite dieser Einwilligungserklärung ins Bild gesetzt wird, um eine informierte Entscheidung treffen zu können.

Der abschließende Hinweis "Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten" stellt eine den Nutzer wegen des Verstoßes gegen die datenschutzrechtlichen Informationspflichten unangemessen benachteiligende und daher unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung dar, deren Verwendung der Kläger nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG untersagen lassen kann.

Urteile vom 27. März 2025 - I ZR 222/19 und ZR 223/19

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat in diesen beiden Revisionsverfahren entschieden, dass ein Apotheker, der auf einer Internet-Verkaufsplattform Arzneimittel vertreibt, wobei ohne ausdrückliche Einwilligung von Kunden deren Bestelldaten (Name des Kunden, Lieferadresse und Informationen zur Individualisierung des Medikaments) erhoben werden, gegen die für Gesundheitsdaten geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstößt, und dass ein solcher Verstoß von einem anderen Apotheker mit einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann.

Sachverhalt:

Die Parteien in beiden Verfahren sind Apotheker. Die beklagten Apotheker vertreiben Arzneimittel über die Plattform des Anbieters Amazon.

In beiden Verfahren beanstanden die klagenden Apotheker, dass die Beklagten gegen die für Gesundheitsdaten geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen verstoßen, weil die von Kunden bei der Bestellung eingegebenen Daten wie der Name des Kunden, die Lieferadresse und Informationen zur Individualisierung des Medikaments ohne ausdrückliche Einwilligung erhoben, verarbeitet und genutzt werden.

Im Verfahren I ZR 222/19 rügt der Kläger darüber hinaus, der Vertrieb apothekenpflichtiger Arzneimittel über die Plattform verstoße gegen den Vertrieb von Arzneimitteln reglementierende Vorschriften des Arzneimittelgesetzes, des Heilmittelwerbegesetzes, des Apothekengesetzes und der Apothekenbetriebsordnung sowie die Berufsordnung für Apotheker.

Die Kläger haben die Beklagten in beiden Verfahren auf Unterlassung und im Verfahren I ZR 222/19 auch auf Schadensersatz in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

In beiden Verfahren haben die Berufungsgerichte der Klage insoweit stattgegeben, als sie den jeweiligen Beklagten wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen zur Unterlassung verurteilt haben. Soweit der Kläger im Verfahren I ZR 222/19 auch Verstöße gegen weitere Vorschriften geltend gemacht und Schadensersatz beansprucht hat, hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen.

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren I ZR 223/19 mit Beschluss vom 12. Januar 2023 (GRUR 2023, 264 - Arzneimittelbestelldaten I) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung zur Vorabentscheidung vorgelegt. Das Verfahren I ZR 222/19 hat der Bundesgerichtshof bis zur Entscheidung über das Vorabentscheidungsersuchen in der Sache I ZR 223/19 ausgesetzt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die ihm vorgelegten Fragen mit Urteil vom 4. Oktober 2024 - C-21/23 (GRUR 2024, 1721 = GRUR 2024, 1318 - Lindenapotheke) beantwortet.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die von den Beklagten in beiden Verfahren eingelegten Revisionen gegen ihre Verurteilung zur Unterlassung wegen Verstoßes gegen die für Gesundheitsdaten geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen hatten keinen Erfolg. Die vom Kläger im Verfahren I ZR 222/19 eingelegte Revision hatte Erfolg, soweit der Kläger die Verurteilung des Beklagten zum Schadensersatz erstrebte, sie hatte keinen Erfolg, soweit er die Verurteilung des Beklagten wegen Verstößen gegen weitere Vorschriften begehrte.

Die Datenschutz-Grundverordnung steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die Mitbewerbern die Befugnis einräumt, wegen Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung gegen den mutmaßlichen Verletzer im Wege einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten vorzugehen.

Die Verarbeitung und Nutzung der von Kunden der Beklagten bei der Onlinebestellung eines Arzneimittels über den Account eines Apothekers beim Amazon-Marketplace eingegebenen Daten wie der Name des Kunden, die Lieferadresse und die für die Individualisierung des bestellten Medikaments notwendigen Informationen verstößt, wenn sie - wie im Streitfall - ohne ausdrückliche Einwilligung der Kunden erfolgt, gegen Art. 9 Abs. 1 DSGVO. Bei den Bestelldaten handelt es sich um Gesundheitsdaten im Sinne dieser Vorschrift und zwar auch dann, wenn das Arzneimittel keiner ärztlichen Verschreibung bedarf.

Art. 9 Abs. 1 DSGVO ist eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG, so dass der Verstoß gegen diese Vorschrift von einem Mitbewerber gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG im Wege einer wettbewerbsrechtlichen Klage vor den Zivilgerichten verfolgt werden kann. Die Bestimmungen zum Erfordernis der Einwilligung in die Verarbeitung personenbezogener Daten dienen dem Schutz der Persönlichkeitsrechtsinteressen der Verbraucher gerade auch im Zusammenhang mit ihrer Marktteilnahme. Die Verbraucher sollen frei darüber entscheiden können, ob und inwieweit sie ihre Daten preisgeben, um am Markt teilnehmen und Verträge abschließen zu können.

Vorinstanzen:

I ZR 186/17

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

und

I ZR 222/19

LG Magdeburg - Urteil vom 18. Januar 2019 - 36 O 48/18

OLG Naumburg - Urteil vom 7. November 2019 - 9 U 6/19

und

I ZR 223/19

LG Dessau-Roßlau - Urteil vom 28. März 2018 - 3 O 29/17

OLG Naumburg - Urteil vom 7. November 2019 - 9 U 39/18

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 und 3 UWG

(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. [...]

(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:

1. jedem Mitbewerber, der Waren oder Dienstleistungen in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich vertreibt oder nachfragt, [...]

3. den qualifizierten Verbraucherverbänden, die in der Liste nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes eingetragen sind, [...]

§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UKlaG

(1) Die in den §§ 1 bis 2a bezeichneten Ansprüche auf Unterlassung, auf Widerruf und auf Beseitigung stehen zu:

1. den qualifizierten Verbraucherverbänden, die in der Liste nach § 4 eingetragen sind, [...]

Art. 9 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a DSGVO

(1) Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische und ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder weltanschauliche Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von genetischen Daten, biometrischen Daten zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person, Gesundheitsdaten oder Daten zum Sexualleben oder der sexuellen Orientierung einer natürlichen Person ist untersagt.

(2) Absatz 1 gilt nicht in folgenden Fällen:

a) Die betroffene Person hat in die Verarbeitung der genannten personenbezogenen Daten für einen oder mehrere festgelegte Zwecke ausdrücklich eingewilligt, [...]

Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO

(1) Der Verantwortliche trifft geeignete Maßnahmen, um der betroffenen Person alle Informationen gemäß den Artikeln 13 und 14 und alle Mitteilungen gemäß den Artikeln 15 bis 22 und Artikel 34, die sich auf die Verarbeitung beziehen, in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache zu übermitteln; [...]

Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO

(1) Werden personenbezogene Daten bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Erhebung dieser Daten Folgendes mit: [...]

c) die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung; [...]

e) ob die Bereitstellung der personenbezogenen Daten gesetzlich oder vertraglich vorgeschrieben oder für einen Vertragsabschluss erforderlich ist, ob die betroffene Person verpflichtet ist, die personenbezogenen Daten bereitzustellen, und welche mögliche Folgen die Nichtbereitstellung hätte [...]

Artikel 80 Abs. 1 und 2 DSGVO

(1) Die betroffene Person hat das Recht, eine Einrichtung, Organisationen oder Vereinigung ohne Gewinnerzielungsabsicht, die ordnungsgemäß nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründet ist, deren satzungsmäßige Ziele im öffentlichem Interesse liegen und die im Bereich des Schutzes der Rechte und Freiheiten von betroffenen Personen in Bezug auf den Schutz ihrer personenbezogenen Daten tätig ist, zu beauftragen, in ihrem Namen eine Beschwerde einzureichen, in ihrem Namen die in den Artikeln 77, 78 und 79 genannten Rechte wahrzunehmen und das Recht auf Schadensersatz gemäß Artikel 82 in Anspruch zu nehmen, sofern dieses im Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen ist.

(2) Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass jede der in Absatz 1 des vorliegenden Artikels genannten Einrichtungen, Organisationen oder Vereinigungen unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person in diesem Mitgliedstaat das Recht hat, bei der gemäß Artikel 77 zuständigen Aufsichtsbehörde eine Beschwerde einzulegen und die in den Artikeln 78 und 79 aufgeführten Rechte in Anspruch zu nehmen, wenn ihres Erachtens die Rechte einer betroffenen Person gemäß dieser Verordnung infolge einer Verarbeitung verletzt worden sind.



LG Stuttgart: Datenschutzwidrige Speicherung von Meta Business Tools Off-Site-Daten durch Facebook wenn dies ohne Einwilligung des Nutzers erfolgt

LG Stuttgart
Urteil vom 05.02.2025
27 O 190/23


Das LG Stuttgart hat entschieden, dass die Speicherung von Meta Business Tools Off-Site-Daten durch Facebook datenschutzwidrig ist, wenn dies ohne Einwilligung des Nutzers erfolgt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Soweit die Klage zulässig ist, ist sie teilweise begründet.

1. Der Klageantrag Ziffer 3 ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.

a) Soweit der Kläger sich zur Begründung dieses Anspruchs darauf stützt, dass nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO Daten nur mit seiner Einwilligung verarbeitet werden dürfen, wobei unter Verarbeitung gemäß Art. 4 Nr. 2 DSGVO auch die Löschung falle, greift das nicht durch.

Tatbestandlich setzt ein Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO voraus, dass die Verarbeitung gemäß Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde. Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob die Voraussetzungen des Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO vorliegen und der Kläger deshalb von der Beklagten eine Einschränkung der Verarbeitung verlangen kann. Denn unabhängig davon ist die Verarbeitung jedenfalls derzeit nicht eingeschränkt im Sinne von Art. 4 Nr. 3 DSGVO. Denn gemäß Art. 4 Nr. 3 DSGVO ist eine Einschränkung der Verarbeitung die Markierung gespeicherter personenbezogener Daten mit dem Ziel, ihre künftige Verarbeitung einzuschränken. Wie sich aus Erwägungsgrund 67 der DSGVO ergibt, muss für eine Einschränkung der Verarbeitung durch Einrichtung geeigneter Verfahren bzw. technische Maßnahmen ferner sichergestellt sein, dass die markierten Daten nur noch für eingeschränkte Zwecke nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO verarbeitet werden (vgl. Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 29). Die bei der Beklagten gespeicherten personenbezogenen Daten des Klägers erfüllen diese Anforderungen nicht und sind somit nicht in der Verarbeitung eingeschränkt.

Selbst wenn dem Kläger ein Anspruch auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 Buchst b DSGVO zustehen sollte, hat er derzeit keinen Anspruch nach Art. 18 Abs. 2 DSGVO, da dies voraussetzen würde, dass die Verarbeitung der Daten zuvor bereits eingeschränkt wurde. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut der Norm („Wurde die Verarbeitung eingeschränkt…“) als auch der systematischen Unterscheidung in Art. 18 Abs. 1 und Abs. 2 DSGVO zwischen den zeitlich und inhaltlich aufeinander aufbauenden Ansprüchen des Betroffenen. Die Rechte aus Art. 18 Abs. 2 DSGVO stehen dem Betroffenen daher erst dann zu, nachdem die Verarbeitung nach Art. 18 Abs. 1 DSGVO eingeschränkt wurde (Herbst in Kühling/Buchner DSGVO/BDSG, 4. Aufl., Art. 18 DSGVO Rn. 34), woran es im Streitfall gerade fehlt.

b) Dem Kläger steht auch nicht aus § 1004 BGB iVm § 823 Abs. 1 BGB ein Anspruch darauf zu, dass die Beklagte seine personenbezogenen Daten ab sofort unverändert am gespeicherten Ort belässt und sie erst löscht, wenn der Kläger sie hierzu auffordert.

Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein Unterlassungsanspruch des nationalen Rechts neben der DSGVO anwendbar ist oder ob diese insoweit Sperrwirkung entfaltet. Wird die Anwendbarkeit eines Unterlassungsanspruchs im rechtlichen Ausgangspunkt zu Gunsten des Klägers unterstellt, so besteht ein Unterlassungsanspruch jedenfalls in der Sache nicht. Denn die Beklagte ist gerade nach dem Grundsatz der Speicherbegrenzung gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst e DSGVO verpflichtet, die Speicherung personenbezogener Daten zeitlich auf das notwendige Mindestmaß zu begrenzen. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 18 Abs. 2 DSGVO stünde es in Widerspruch zu diesem gesetzlichen Grundsatz, wenn man dem Verantwortlichen die Löschung der Daten verbieten würde.

2. Der Klageantrag Ziffer 4 ist begründet.

a) In tatsächlicher Hinsicht steht auf der Grundlage der Parteianhörung des Klägers zur vollen Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) fest, dass die Beklagte auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers speichert.

Wie der Kläger im Rahmen der Parteianhörung glaubhaft angegeben hat, besucht er regelmäßig die Internetseite bild.de. Überdies hat er den Vorhalt seines Prozessbevollmächtigten auf der Grundlage der diesem gegenüber schriftlich gemachten Angaben des Klägers bestätigt, dass er gelegentlich die Websites PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com nutze. Es handelt sich hierbei sämtlich um Internetseiten, welche Facebook Business Tools installiert haben. Damit steht fest, dass es in der Vergangenheit zur Übermittlung von auf diesen Seiten angefallenen Daten des Klägers an die Beklagte gekommen ist.

b) Es kann dahinstehen, ob die bloße Entgegennahme von Daten, welche Drittunternehmen der Beklagten im Rahmen der Facebook Business Tools übermittelt haben, als „Erheben“ von Daten durch die Beklagte im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO anzusehen ist und ob im Hinblick auf die Übermittlung personenbezogener Daten des Klägers die Betreiber der Drittwebseiten oder Apps hierzu die Einwilligung des Klägers eingeholt haben. Denn jedenfalls speichert die Beklagte die Daten, wofür sie sich nicht auf eine vom Anbieter der Drittwebseite oder App eingeholte Einwilligung berufen kann.

aa) Social-Media-Anbieter wie die Beklagte sind bei der Erhebung von Off-Site-Daten gemeinsam mit Drittunternehmen Verantwortliche im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO für den Datenerhebungsvorgang (EuGH, Urteil vom 29.07.2019 – C-40/17, GRUR 2019, 977 Rn. 81 ff.). Es obliegt jedoch nicht dem Social-Media-Anbieter, sondern (nur) dem Drittunternehmen als Initiator des Datenverarbeitungsprozesses, die Einwilligung der betroffenen Person einzuholen (EuGH, aaO Rn. 102). Dieser Differenzierung liegt die Vorstellung zugrunde, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit nicht zwangsläufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit zur Folge hat, und dass der Grad der Verantwortlichkeit jedes Mitverantwortlichen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist (EuGH, aaO Rn. 70). Sollten die vom Kläger besuchten Drittwebseiten sowie Apps die Einwilligung des Klägers zur Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so rechtfertigte dies die Entgegennahme der Daten durch die Beklagte folglich auch dann, wenn dieser Vorgang auch in der Person der Beklagten als „Erheben“ von Daten zu qualifizieren sein sollte.

bb) Ob der Kläger beim Besuch von Drittwebsites oder der Benutzung von Apps, die Meta Business Tools eingebunden haben - namentlich der regelmäßigen Nutzung von bild.de sowie der gelegentlichen Nutzung von PayPal.com, jameda.de, shop-apotheke.de, eventim.de, ikea.de, zalando.de und netflix.com - seine Einwilligung erteilt hat, dass Daten über seine „Events“ an die Beklagte weitergeleitet werden, ist offen.

Soweit die Beklagte vorbringt, dass nach der mit ihrem jeweiligen Vertragspartner der Meta Business Tools getroffenen Vereinbarung es diesem obliege, die für die Weiterleitung von Daten erforderliche Einwilligung beim jeweiligen Nutzer der Website oder App einzuholen, bestehen erhebliche Zweifel, ob die Beklagte mit der Bereitstellung der Meta Business Tools tatsächlich das Ziel verfolgt, nur im Falle positiv erteilter Einwilligung Daten übermittelt zu erhalten. Die technische Ausgestaltung der Meta Business Tools legt eher die Annahme nahe, dass die Datenübermittlung in jedem Fall stattfinden solle. Denn ihren Vertragspartnern der Meta Business Tools stellt die Beklagte Cookies („fbc“ und „fbc“) zur Verfügung, welche auf den Websites der Vertragspartner als eigene Cookies („First Party Cookies“) installiert werden können. Blockiert ein Nutzer in seinem Browser Drittanbietercookies („Third Party Cookies“), so können diese von der Beklagten bereitgestellten Cookies gleichwohl gesetzt werden, weil es sich nicht in diesem Sinne um Drittanbietercokies handelt. Damit erfüllen die Meta Business Tools ihre Funktion der Weiterleitung von Daten auch dann, wenn beim Surfen im Internet sensibilisierte Einstellungen zum Schutz der Privatsphäre vorgenommen werden, was typischerweise keine Einwilligung zur Weiterleitung von Daten vermuten lässt. Auch bewirbt die Beklagte ihre sog. Conversions API gerade damit, dass dieses Tool Events von Nutzern aggregieren kann, die sich gegen die Nutzung ihrer Daten entscheiden haben (sog. Meta Playbook der Beklagten, Anlage K 11, S. 23).

cc) Entscheidend kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten Daten des Klägers ohne seine Einwilligung weitergeleitet worden sind. Denn jedenfalls fehlt die erforderliche Einwilligung des Klägers in die Speicherung der Daten durch die Beklagte.

(1) Wird unterstellt, dass die Vertragspartner der Beklagten im Rahmen der Meta Business Tools auf allen vom Kläger besuchten Websites oder verwendeten Apps die Einwilligung des Klägers in die Weiterleitung von Daten an die Beklagte eingeholt haben, so bedarf die Speicherung dieser Daten gleichwohl einer gesonderten Rechtfertigung. Denn die Speicherung von Daten als Aufbewahrung zum Zweck weiterer Verarbeitung oder Nutzung stellt nach Art. 4 Nr. 2 DSGVO einen eigenständigen Fall der Datenverarbeitung dar, wobei im Hinblick auf die Speicherung die Beklagte nicht mehr gemeinsam mit dem Drittunternehmen handelt, sondern die Speicherung allein durch die Beklagte erfolgt. Auch die Beklagte selbst bringt zutreffend vor, dass es nach der Übermittlung von Daten durch Drittunternehmen an die Beklagte der Beklagten obliege, für die anschließende Verarbeitung dieser Daten eine eigene Rechtsgrundlage nach Art. 6 DSGVO herzustellen (Duplik vom 03.12.2024 Rn. 40 = eAkte Bl. 365).

Soweit die Beklagte in der Klageerwiderung und in der Duplik die Auffassung vertreten hat, die vom Kläger beanstandete Datenverarbeitung finde gar nicht statt, weil die Beklagte aufgrund der vom Kläger verweigerten Einwilligung beim Kläger Off-Site-Daten nicht für personalisierte Werbung nutze, geht dies jedoch am Klägervortrag vorbei. Denn der Kläger hat der Beklagten bereits in der Klageschrift (S. 27 = eAkte Bl. 27) vorgeworfen, dass die Beklagte lediglich die Möglichkeit biete, der Nutzung der Daten für personalisierte Werbung zu widersprechen, jedoch der Sammlung und Speicherung der Daten nicht widersprochen werden könne. Dass die Beklagte die ihr übermittelten Off-Site-Daten speichert, auch wenn ein Facebook-Nutzer - wie der Kläger - in deren Nutzung für die Anzeige personalisierter Werbung nicht eingewilligt hat, ist in tatsächlicher Hinsicht jedenfalls zuletzt unstreitig (Schriftsatz der Beklagten vom 17.01.2025 = eAkte Bl. 544).

(2) Es liegt weder eine Einwilligung des Klägers in die Datenspeicherung vor (Art. 6 Abs. 1 Buchst a DSGVO), noch ist die Speicherung durch eine der in Art. 6 Abs. 1 Buchst b bis f DSGVO genannten Tatbestände gerechtfertigt.

Die Notwendigkeit für die Erfüllung eines Vertrags oder vorvertragliche Maßnahmen gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst b DSGVO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beklagte es ihren Nutzern gerade freistellt, ob die Off-Site-Daten für nutzerspezifische Werbung verwendet werden dürfen. Damit ist die Nutzung von Off-Site-Daten kein notwendiger Bestandteil des Vertragsverhältnisses, was die Beklagte auch nicht behauptet hat. Dass eine Ansammlung der Daten, welche bei - wie im Streitfall - verweigerter Einwilligung für personalisierte Werbung gar nicht zur Verfügung stehen, zur Erfüllung des Vertragsverhältnisses über ein Facebook-Konto aus anderen Gründen notwendig wäre, hat die Beklagte nicht dargelegt.

Die Speicherung ist auch nicht zur Wahrung der berechtigten Interessen der Beklagten erforderlich (Art. 6 Abs. 1 Buchst f DSGVO). Soweit die Beklagte vorgebracht hat, sie speichere die Off-Site-Daten, um die Sicherheit ihrer Server zu schützen und um sicherzustellen, dass Kriminelle die streitgegenständlichen Business Tools nicht ausnutzen, um über diese Produkte Spam, Scraping oder andere Cyberangriffe durchzuführen, wird der Rechtfertigungstatbestand berechtigter Interessen nicht schlüssig dargelegt. Es erscheint geradezu widersinnig, dass die Beklagte deshalb über bei ihr gespeicherte Daten verfügen müsste, um die missbräuchliche Verwendung eben dieser Daten zu bekämpfen, welche die Beklagte im Übrigen überhaupt nicht benötigt und mit welchen sie - da es sich um auf Drittwebseiten und Apps angefallene Daten handelt - auch überhaupt nichts zu schaffen hat, sofern sie die Daten nicht für personalisierte Werbung nutzen darf.

Verweigert ein Facebook-Nutzer die Einwilligung, Off-Site-Daten für personalisierte Werbung zu nutzen, so liegt der einzig rechtmäßige Umgang mit aufgrund der Meta Business Tools der Beklagten übermittelten Daten dieses Nutzers darin, die Daten zu löschen. Weshalb die Beklagte die Daten gleichwohl nicht löscht, bleibt im Dunkeln. Entscheidend kommt es auf die von der Beklagten mit der Datenakkumulation verfolgten Zwecke nicht an. Da die Beklagte als Verantwortliche für die Datenspeicherung nach Art. 5 Abs. 2 DSGVO die Beweislast für einen Rechtfertigungstatbestand trägt (vgl. EuGH, Urteil vom 24.02.2022 - C-175/20, EuZW 2022, 527 Rn. 77, 81) und ein Rechtfertigungstatbestand schon nicht schlüssig vorgetragen ist, ist die Speicherung rechtswidrig.

c) Nachdem die Beklagte die von Drittwebseiten oder Apps im Rahmen der Facebook Business Tools ihr übermittelten Daten rechtswidrig speichert, kann der Kläger nach Art. 17 Abs. 1 DSGVO die Löschung verlangen.

3. Der Klageantrag Ziffer 5 ist dem Grunde nach, aber nicht in der geltend gemachten Höhe begründet.

a) Wie ausgeführt, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass im Rahmen von Facebook Business Tools auf Drittwebseiten oder Apps angefallene Daten des Klägers an die Beklagte übermittelt worden sind und von dieser gespeichert werden, ohne dass hierfür ein Rechtfertigungstatbestand vorläge. Der Kläger hat auch nachgewiesen, dass ihm ein immaterieller Schaden erwachsen ist (Art. 82 Abs. 1 DSGVO).

Der Betroffene eines Datenschutzrechtsverstoßes muss nachweisen, dass ihm über den bloßen Verstoß hinaus ein immaterieller Schaden entstanden ist (EuGH, Urteil vom 25.01.2024 – C-687/21, EuZW 2024, 278 Rn. 60; vom 11.04.2024 – C-741/21, NJW 2024, 1561 Rn. 36). Dabei kann aber selbst ein nur kurzzeitiger Verlust der Kontrolle des Betroffenen über seine personenbezogenen Daten einen immateriellen Schaden darstellen, ohne dass dieser Begriff des immateriellen Schadens den Nachweis zusätzlicher negativer Folgen erforderte (EuGH, Urteil vom 04.10.2024 – C-200/23, NJW 2025, 40 Rn. 156). Der Betroffene muss aber jedenfalls nachweisen, dass er einen Schaden in Form des Kontrollverlusts erlitten habe (EuGH, Urteil vom 20.06.2024 - C-590/22, ZIP 2024, 2035 Rn. 33; BGH, Urteil vom 18.11.2024 – VI ZR 10/24, NJW 2025, 298 Rn. 31 f.).

Gemessen hieran ist dem Kläger ein Schaden erwachsen. Es steht fest, dass der Kläger Webseiten besucht hat, welche Facebook Business Tools nutzen und daher Daten an die Beklagte übermittelt hat. Diese Daten kann der Kläger zwar von seinem Nutzerkonto trennen, so dass sie diesem nicht mehr zugeordnet werden können, er kann sie jedoch nicht durch Konfiguration seines Kontos löschen. Welchen Zweck die Beklagte mit diesen angesammelten Daten verfolgt, bleibt im Dunkeln. Dadurch hat der Kläger keine Kontrolle damit, was mit den auf Drittwebseiten angefallenen Eventdaten bei der Beklagten geschieht.

b) Bei der Höhe des dem Kläger zuzuerkennenden Schadensersatzes berücksichtigt das Gericht, dass einerseits eine Mehrzahl von Datenübertragungen gegenständlich ist, weil der Kläger mehrere Webseiten unter Einbindung von Facebook Business Tools besucht hat, namentlich bild.de regelmäßig. Andererseits hat der Kläger im Rahmen der Parteianhörung nicht den Eindruck erweckt hat, als verursache dieser Umstand ihm größeren seelischen Schmerz, vielmehr gab er lediglich an, es wäre ihm lieber, die Daten würden gelöscht. Unter Abwägung dieser Gesichtspunkte erachtet das Gericht einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 300 € als angemessen.

Soweit der Kläger vorgebracht hat, es müsse auch der Gesichtspunkt der Prävention gegen künftige Verstöße sowie der Vergeltung zu berücksichtigen sein, handelt es sich hierbei um Umstände, welche im Rahmen von Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht von Bedeutung sind, nachdem diese Regelung ausschließlich eine Ausgleichsfunktion erfolgt (EuGH, Urteil vom 11.04.2024 - C-741/22, NJW 2024, 1561 Rn. 59 f., 64 f.). Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des aus Art. 1 und 2 GG abgeleiteten allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei ein höherer immaterieller Schadensersatz zuzuerkennen. Unabhängig von der Frage, inwieweit neben Art. 82 Abs. 1 DSGVO der Rückgriff auf weitergehende Schadensersatznormen nach nationalem Recht überhaupt eröffnet ist, liegt jedenfalls kein solcher Sachverhalt vor, bei welchem der Rechtsschutz von Würde und Ehre des Menschen als verkümmert anzusehen wäre, wenn nicht eine Sanktion in Form einer Geldentschädigung verhängt würde (vgl. zu diesem Maßstab BGH, Urteil vom 17.12.2013 - VI ZR 211/12, BGHZ 199, 237 Rn. 40 mwN). Immerhin lassen sich die von der Beklagten gesammelten Daten vom Nutzerkonto trennen. Auch wenn sich diese Trennung für den Nutzer wie den Kläger nicht kontrollieren lässt und er sich auf deren Unumkehrbarkeit jedenfalls nicht verlassen kann, so gibt es doch keinen Anhaltspunkt für eine nennenswert fühlbare Beeinträchtigung des Klägers durch die rechtswidrige Datenspeicherung bei der Beklagten.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH setzt Verfahren Künast gegen Meta / Facebook zur Haftung der Betreiber sozialer Netzwerke für Inhalte der Nutzer bis zur Entscheidung des EuGH im Verfahren C-492/23 aus

BGH
Beschluss vom 18.02.2025
VI ZR 64/24


Der BGH hat das Verfahren Künast gegen Meta / Facebook zur Haftung der Betreiber sozialer Netzwerke für Inhalte der Nutzer bis zur Entscheidung des EuGH im Verfahren C-492/23 (siehe dazu: EuGH-Generalanwalt: Zur Haftung des Betreibers eines Online-Marktplatzes nach der DSGVO und der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr) ausgesetzt.


Die Pressemitteilung des BGH:
Bundesgerichtshof: Aussetzung des Verfahrens zur Haftung des Betreibers eines sozialen Netzwerks
für von seinen Nutzern eingestellte rechtswidrige Inhalte

Der VI. Zivilsenat hat am 18. Februar 2025 über wechselseitige Revisionen verhandelt, in denen sich die Frage stellt, welche Ansprüche gegen den Betreiber eines sozialen Netzwerks Betroffenen zustehen, über die auf der Plattform dieses Netzwerks falsche Tatsachenbehauptungen verbreitet werden. Hinsichtlich des Sachverhalts und des bisherigen Prozessverlaufs wird auf die Pressemitteilung Nr. 027/2025 vom 6. Februar 2025 hingewiesen.

Nach ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung hat der VI. Zivilsenat am Ende der Sitzung das Verfahren analog § 148 ZPO bis zu der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem dort anhängigen Verfahren C-492/23 ausgesetzt.

Vorinstanzen:

LG Frankfurt a.M. - Entscheidung vom 8. April 2022 - 2-03 O 188/21

OLG Frankfurt a.M. - Entscheidung vom 25. Januar 2024 - 16 U 65/22


BGH: Zur Bemessung des Streitwerts in Facebook-Scraping-Fällen für Ansprüche auf Unterlassung, Zahlung, Auskunft und Feststellung

BGH
Beschluss vom 10.12.2024
VI ZR 7/24


Der BGH hat sich in diesem Beschluss zur Bemessung des Streitwerts in Facebook-Scraping-Fällen für Ansprüche auf Unterlassung, Zahlung, Auskunft und Feststellung geäußert.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Senat hat den Streitwert für das Revisionsverfahren auf die Gebührenstufe bis 4.000 € festgesetzt und die Klageanträge dabei - wie zuvor das Berufungsgericht - wie folgt bemessen: 1.000 € (Zahlungsantrag) + 500 € (Feststellungsantrag) + 1.500 € (Unterlassungsanträge) + 500 € (Auskunftsantrag) = 3.500 €. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wendet sich allein gegen die Wertfestsetzung für die Unterlassungsanträge, die er - wie zuvor das Landgericht - mit insgesamt 5.000 € (2 x 2.500 €) bemessen haben möchte.

Eine Höherfestsetzung des Streitwerts für die Unterlassungsanträge ist nicht veranlasst. Der Streitwert ist nach allgemeinen Regeln unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen (§ 48 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 GKG, § 3 ZPO). Maßgeblich bei einem Unterlassungsantrag nach - wie im Streitfall geltend gemacht - bereits erfolgter Verletzungshandlung ist das Interesse des Anspruchstellers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße, welches maßgeblich durch die Art des Verstoßes, insbesondere seine Gefährlichkeit und Schädlichkeit für den Inhaber des verletzten Rechts bestimmt wird. Allerdings kann auch anderen, von der bereits erfolgten Verletzungshandlung unabhängigen Faktoren - etwa dem Grad der Wahrscheinlichkeit künftiger Zuwiderhandlungen - Rechnung zu tragen sein (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, NJW 2017, 814 Rn. 33 ff. mwN). Das Gefährdungspotential ist dabei allein mit Blick auf das konkrete Streitverhältnis zu bestimmen. Für generalpräventive Erwägungen ist bei der Bewertung eines zivilrechtlichen Unterlassungsanspruchs ebenso wenig Raum (BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - I ZR 1/15, NJW 2017, 814 Rn. 42 mwN) wie für eine Orientierung an einem etwaigen (Gesamt-)Schaden unter Einbeziehung anderer Betroffener (vgl. Senat, Beschluss vom 30. November 2004 - VI ZR 65/04, juris Rn. 2; OLG Hamm, Urteil vom 15. August 2023 - 7 U 19/23, juris Rn. 277; OLG Frankfurt/M., K&R 2024, 673). Schließlich darf das Gesamtgefüge der Bewertung nichtvermögensrechtlicher Streitgegenstände nicht aus den Augen verloren werden (BGH, Beschluss vom 26. November 2020 - III ZR 124/20, K&R 2021, 127 Rn. 11).

Nach diesen Grundsätzen ist die erfolgte Festsetzung des Wertes der Unterlassungsanträge auf insgesamt 1.500 € (2 x 750 €) sachgerecht (vgl. zu Parallelfällen auch OLG Hamm, Urteil vom 15. August 2023 - 7 U 19/23, juris Rn. 279 ff.; OLG Frankfurt/M., K&R 2024, 673: jeweils insgesamt 1.000 €). Der Kläger selbst hat seinen Zahlungsanspruch auf Ersatz des bereits eingetretenen Schadens auf 1.000 € beziffert. Der Senat hat hierzu in einem weiteren Parallelverfahren näher ausgeführt, dass er auch eine Bemessung in der Größenordnung von 100 € für den bloßen Kontrollverlust von Rechts wegen nicht beanstanden würde (Urteil vom 18. November 2024 - VI ZR 10/24, juris Rn. 100). Seinen Antrag auf Feststellung hinsichtlich etwaiger zukünftiger Schäden hat auch der Kläger mit 500 € bewertet; dies erscheint angesichts der absehbaren Schwierigkeiten beim Nachweis der Ursächlichkeit künftiger Schäden auch sachgerecht. Die Verletzungshandlung liegt bereits fünf Jahre zurück, ohne dass es bislang jenseits des bloßen Kontrollverlustes zum Eintritt nachweisbarer Schäden oder einer weiteren Verletzungshandlung gekommen wäre; die Beklagte hat die Suchbarkeitsfunktion in der dem Streitfall inmitten stehenden Ausgestaltung vielmehr zwischenzeitlich deaktiviert. Beide Unterlassungsanträge nehmen ihren Ausgangspunkt in derselben Verletzungshandlung und hängen in der Sache eng zusammen.


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EuG: EU-Kommission muss Nutzer der Website der Konferenz zur Zukunft Europas Schadensersatz für datenschutzwidrige Übermittlung personenbezogener Daten in USA zahlen

EuG
Urteil vom 08.01.2025
T-354/22
Bindl ./. EU-Kommission


Das EuG hat entschieden, dass die EU-Kommission einem Nutzer der Website der Konferenz zur Zukunft Europas Schadensersatz für die datenschutzwidrige Übermittlung personenbezogener Daten in die USA zahlen muss.

Sowohl der Kläger wie auch die EU-Kommission haben Rechtsmittel gegen die Entscheidung des EuG eingelegt, so das der EuGH Gelegenheit erhält, die Sache zu entscheiden.

Die Pressemitteilung des Gerichts_
Das Gericht verurteilt die Kommission, einem Besucher der Website der Konferenz zur Zukunft Europas, die von der Kommission betrieben wird, den durch die Übermittlung personenbezogener Daten an die Vereinigten Staaten entstandenen Schaden zu ersetzen

Mit dem auf der Website von „EU Login“ angezeigten Hyperlink „Sign in with Facebook“ hat die Kommission die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die IP-Adresse des Betroffenen an das amerikanische Unternehmen Meta Platforms, Inc. übermittelt wurde.

Ein in Deutschland lebender Bürger wirft der Kommission vor, sein Recht auf Schutz seiner personenbezogenen Daten verletzt zu haben, als er 2021 und 2022 die von der Kommission betriebene Website der Konferenz zur Zukunft Europas1 besucht habe. Er hatte sich über diese Website zu der Veranstaltung „GoGreen“ angemeldet und hierzu den Authentifizierungsdienst „EU Login“ der Kommission verwendet, bei dem er sich für die Anmeldeoption „Mit Facebook anmelden“ entschieden hatte.

Der Betroffene meint, bei seinen Besuchen der Website der Konferenz zur Zukunft Europas seien ihn betreffende personenbezogene Daten an Empfänger in den Vereinigten Staaten übermittelt worden, insbesondere seine IPAdresse sowie Browser- und Geräteinformationen.

Ihn betreffende personenbezogene Daten seien zum einen an das amerikanische Unternehmen Amazon Web Services übermittelt worden, das das Content Delivery Network „Amazon CloudFront“ betreibe, über das die betreffende Website laufe, und zum anderen an das amerikanische Unternehmen Meta Platforms, Inc., nämlich bei seiner Anmeldung zu der Veranstaltung „GoGreen“ über sein Facebook-Konto.

Die Vereinigten Staaten hätten aber kein angemessenes Schutzniveau. Die ihn betreffenden personenbezogenen Daten seien deshalb der Gefahr eines Zugriffs durch die Sicherheits- und Nachrichtendienste der Vereinigten Staaten ausgesetzt. Die Kommission habe keine geeigneten Schutzmaßnahmen genannt, die die Datenübermittlungen zu rechtfertigen vermöchten.

Der Betroffene beantragt als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm durch die streitigen Datenübermittlungen entstanden sei, 400 Euro. Er beantragt ferner, die Übermittlungen der ihn betreffenden personenbezogenen Daten für nichtig zu erklären, festzustellen, dass die Kommission es rechtswidrig unterlassen habe, zu einem Antrag auf Auskunft Stellung zu nehmen, und die Kommission zu verurteilen, an ihn als Ersatz des immateriellen Schadens, der ihm durch die Verletzung seines Auskunftsrechts entstanden sei, 800 Euro zu zahlen.

Das Gericht weist den Antrag auf Nichtigerklärung als unzulässig ab und stellt fest, dass der Rechtsstreit, was den Antrag auf Feststellung der Untätigkeit angeht, in der Hauptsache erledigt ist. Es weist auch den auf die Verletzung des Auskunftsrechts gestützten Schadensersatzantrag zurück, weil der behauptete immaterielle Schaden nicht vorliegt.

Den auf die streitigen Datenübermittlungen gestützten Schadensersatzantrag weist das Gericht zurück, soweit es um die Datenübermittlungen über „Amazon CloudFront“ geht.

Das Gericht stellt insoweit fest, dass bei einer der streitigen Verbindungen die Daten nicht an die Vereinigten Staaten, sondern nach dem Prinzip der Proximität an einen Server4 in München übermittelt worden sind. Nach dem Vertrag, den die Kommission mit dem Betreiber von „Amazon CloudFront“, der luxemburgischen Gesellschaft Amazon Web Services EMEA SARL, geschlossen hat, musste Letztere gewährleisten, dass die Daten im Ruhezustand und bei der Übermittlung in Europa bleiben.

Bei einer anderen Verbindung ist die Weiterleitung an Server in den Vereinigten Staaten, die durch den RoutingMechanismus von „Amazon CloudFront“ erfolgte, auf das Verhalten des Betroffenen selbst zurückzuführen. Dieser gab sich nämlich mit Hilfe einer technischen Einstellung für jemanden aus, der sich in den Vereinigten Staaten befand.

Soweit es um Anmeldung des Betroffenen zu der Veranstaltung „GoGreen“ geht, stellt das Gericht hingegen fest, dass die Kommission mit dem Hyperlink „Sign in with Facebook“, der auf der Website von „EU Login“ angezeigt wird, die Voraussetzungen für die Übermittlung der IP-Adresse des Betroffenen an Facebook geschaffen hat. Die IPAdresse des Betroffenen gehört zu den personenbezogenen Daten. Sie wurde mit dem Hyperlink „Sign in with Facebook“ an die Meta Platforms, Inc., eine Gesellschaft mit Sitz in den Vereinigten Staaten, übermittelt. Diese Datenübermittlung ist der Kommission zuzurechnen.

Zum Zeitpunkt dieser Datenübermittlung (30. März 2022) gab es aber keinen Beschluss, mit dem festgestellt worden wäre, dass die Vereinigten Staaten für die personenbezogenen Daten der Unionsbürger ein angemessenes Schutzniveau geboten hätten. Die Kommission hat auch nicht dargetan, ja nicht einmal behauptet, dass es eine geeignete Garantie gegeben hätte, etwa eine Standarddatenschutzklausel oder eine Vertragsklausel5 . Für die Anzeige des Hyperlinks „Sign in with Facebook“ auf der Website von „EU Login“ galten schlicht und einfach die Nutzungsbedingungen von Facebook.

Mithin hat die Kommission die Voraussetzungen für die Übermittlung personenbezogener Daten an ein Drittland durch ein Organ, eine Einrichtung oder eine Stelle der Union nicht beachtet.

Das Gericht stellt fest, dass die Kommission einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, begangen hat. Der Betroffene hat auch einen immateriellen Schaden erlitten. Er befindet sich nämlich in einer Lage, in der er nicht sicher ist, wie die ihn betreffenden personenbezogenen Daten, insbesondere seine IP-Adresse, verarbeitet werden. Außerdem besteht zwischen dem von der Kommission begangenen Verstoß und dem immateriellen Schaden, der dem Betroffenen entstanden ist, ein hinreichend unmittelbarer Kausalzusammenhang.

Da die Voraussetzungen der außervertraglichen Haftung der Union erfüllt sind, verurteilt das Gericht die Kommission, an den Betroffenen, wie von ihm beantragt, 400 Euro zu zahlen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Irische Datenschutzbehörde: Bußgeld in Höhe von 251 Millionen EURO gegen Meta wegen Datenschutzverstößen im Zusammenhang mit einem Facebook-Datenleck

Die Irische Datenschutzbehörde hate eine Bußgeld in Höhe von 251 Millionen EURO gegen Meta wegen Datenschutzverstößen im Zusammenhang mit einem Facebook-Datenleck verhängt.

Die Pressmeitteilung der Irischen Datenschutzbehörde:
Irish Data Protection Commission fines Meta €251 Million

The Irish Data Protection Commission (DPC) has today announced its final decisions following two inquiries into Meta Platforms Ireland Limited (‘MPIL’). These own-volition inquiries were launched by the DPC following a personal data breach, which was reported by MPIL in September 2018.

This data breach impacted approximately 29 million Facebook accounts globally, of which approximately 3 million were based in the EU/EEA. The categories of personal data affected included: user’s full name; email address; phone number; location; place of work; date of birth; religion; gender; posts on timelines; groups of which a user was a member; and children’s personal data. The breach arose from the exploitation by unauthorised third parties of user tokens[1] on the Facebook platform. The breach was remedied by MPIL and its US parent company shortly after its discovery.

The decisions, which were made by the Commissioners for Data Protection, Dr. Des Hogan and Dale Sunderland, included a number of reprimands and an order to pay administrative fines totalling €251 million.

The DPC submitted a draft decision to the GDPR cooperation mechanism in Sept 2024, as required under Article 60 of the GDPR[2]. No objections to the DPC’s draft decision were raised. The DPC is grateful for the cooperation and assistance of its peer EU/EEA supervisory authorities in this case.

The DPC’s final decisions record the following findings of infringement of the GDPR:

Decision 1
Article 33(3) GDPR - By not including in its breach notification all the information required by that provision that it could and should have included. The DPC reprimanded MPIL for failures in regards to this provision and ordered it to pay administrative fines of €8 million.
Article 33(5) GDPR - By failing to document the facts relating to each breach, the steps taken to remedy them, and to do so in a way that allows the Supervisory Authority to verify compliance. The DPC reprimanded MPIL for failures in regards to this provision and ordered it to pay administrative fines of €3 million.
Decision 2
Article 25(1) GDPR - By failing to ensure that data protection principles were protected in the design of processing systems. The DPC found that MPIL had infringed this provision, reprimanded MPIL, and ordered it to pay administrative fines of €130 million.
Article 25(2) - By failing in their obligations as controllers to ensure that, by default, only personal data that are necessary for specific purposes are processed. The DPC found that MPIL had infringed these provisions, reprimanded MPIL, and ordered it to pay administrative fines of €110 million.
DPC Deputy Commissioner Graham Doyle commented:

“This enforcement action highlights how the failure to build in data protection requirements throughout the design and development cycle can expose individuals to very serious risks and harms, including a risk to the fundamental rights and freedoms of individuals. Facebook profiles can, and often do, contain information about matters such as religious or political beliefs, sexual life or orientation, and similar matters that a user may wish to disclose only in particular circumstances. By allowing unauthorised exposure of profile information, the vulnerabilities behind this breach caused a grave risk of misuse of these types of data.”

The DPC will publish the full decision and further related information in due course.


Volltext BGH liegt vor: 100 EURO Schadensersatz in Facebook-Scraping-Fällen aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Kontrollverlustes soferm keine wirksame Einwilligung vorlag

BGH
Urteil vom 18.11.2024
VI ZR 10/24
DS-GVO Art. 82 Abs. 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: 100 EURO Schadensersatz in Facebook-Scraping-Fällen aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Kontrollverlustes sofern keine wirksame Einwilligung vorlag - dann auch Unterlassungsanspruch über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:
Immaterieller Schaden im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO kann auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung sein. Weder muss eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen.

BGH, Urteil vom 18. November 2024 - VI ZR 10/24 - OLG Köln - LG Bonn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: 100 EURO Schadensersatz in Facebook-Scraping-Fällen aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Kontrollverlustes sofern keine wirksame Einwilligung vorlag - dann auch Unterlassungsanspruch

BGH
Urteil vom 18.11.2024
VI ZR 10/24


Der BGH hat im Leitentscheidungsverfahren nach § 552b ZPO entschieden, dass in Facebook-Scraping-Fällen ein Anspruch auf Schadensersatz aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen Kontrollverlustes in Höhe von 100 EURO angemessen sein dürfte, sofern keine wirksame Einwilligung in die Datenverarbeitung vorlag. Dies hat die Vorinstanz nunmehr zu prüfen. Der BGH hat zudem entschieden, dass dann auch Unterlassungsanspruch und ein Feststellungsinteresse für einen Schadensersatzfeststellungsanspruch besteht.

Die Pressmeiteilung des BGH:
Bundesgerichtshof entscheidet über Ansprüche im Zusammenhang mit einem Datenschutzvorfall beim
sozialen Netzwerk Facebook (sog. Scraping)

Sachverhalt:

Die Beklagte betreibt das soziale Netzwerk Facebook. Anfang April 2021 wurden Daten von ca. 533 Millionen Facebook-Nutzern aus 106 Ländern im Internet öffentlich verbreitet. Unbekannte Dritte hatten sich zuvor den Umstand zu Nutze gemacht, dass die Beklagte es in Abhängigkeit von den Suchbarkeits-Einstellungen des jeweiligen Nutzers ermöglicht, dass dessen Facebook-Profil mithilfe seiner Telefonnummer gefunden werden kann. Die unbekannten Dritten ordneten durch die in großem Umfang erfolgte Eingabe randomisierter Ziffernfolgen über die Kontakt-Import-Funktion Telefonnummern den zugehörigen Nutzerkonten zu und griffen die zu diesen Nutzerkonten vorhandenen öffentlichen Daten ab (sog. Scraping).

Von diesem Scraping-Vorfall waren auch Daten des Klägers (Nutzer-ID, Vor- und Nachname, Arbeitsstätte und Geschlecht) betroffen, die auf diese Weise mit dessen Telefonnummer verknüpft wurden. Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe keine ausreichenden Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, um eine Ausnutzung des Kontakt-Tools zu verhindern. Ihm stehe wegen des erlittenen Ärgers und des Kontrollverlusts über seine Daten Ersatz für immaterielle Schäden zu. Darüber hinaus begehrt der Kläger die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm in diesem Zusammenhang auch alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, und nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Auskunft in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und dem Kläger aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO Schadensersatz in Höhe von 250 € zugesprochen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage unter Zurückweisung der Anschlussberufung des Klägers insgesamt abgewiesen. Weder reiche der bloße Kontrollverlust zur Annahme eines immateriellen Schadens im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO aus noch habe der Kläger hinreichend substantiiert dargelegt, über den Kontrollverlust als solchen hinaus psychisch beeinträchtigt worden zu sein.

Mit Beschluss vom 31. Oktober hat der Bundesgerichtshof das Revisionsverfahren zum Leitentscheidungsverfahren gemäß § 552b ZPO n.F. bestimmt (Pressemitteilung 206/24). Nachdem die Revision nicht zurückgenommen wurde oder sich anderweitig erledigt hat, hat der Bundesgerichtshof jedoch am 11. November 2024 mündlich zur Sache verhandelt und nach allgemeinen Regeln durch Urteil über die Revision des Klägers entschieden.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision des Klägers war teilweise erfolgreich.

Der Anspruch des Klägers auf Ersatz immateriellen Schadens lässt sich mit der Begründung des Berufungsgerichts nicht verneinen. Nach der für die Auslegung des Art. 82 Abs. 1 DSGVO maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH kann auch der bloße und kurzzeitige Verlust der Kontrolle über eigene personenbezogene Daten infolge eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein immaterieller Schaden im Sinne der Norm sein. Weder muss insoweit eine konkrete missbräuchliche Verwendung dieser Daten zum Nachteil des Betroffenen erfolgt sein noch bedarf es sonstiger zusätzlicher spürbarer negativer Folgen.

Erfolg hatte die Revision auch, soweit das Berufungsgericht die Anträge des Klägers auf Feststellung einer Ersatzpflicht für zukünftige Schäden, auf Unterlassung der Verwendung seiner Telefonnummer, soweit diese nicht von seiner Einwilligung gedeckt ist, und auf Ersatz seiner vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen hat. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht an dem notwendigen Feststellungsinteresse des Klägers, da die Möglichkeit des Eintritts künftiger Schäden unter den Umständen des Streitfalles ohne Weiteres besteht. Der genannte Unterlassungsanspruch ist hinreichend bestimmt und dem Kläger fehlt insoweit auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Im Übrigen (weiterer Unterlassungsantrag und Auskunftsantrag) blieb die Revision hingegen ohne Erfolg.

Im Umfang des Erfolges der Revision hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Für die weitere Prüfung hat der Bundesgerichtshof das Berufungsgericht zum einen darauf hingewiesen, dass die von der Beklagten vorgenommene Voreinstellung der Suchbarkeitseinstellung auf "alle" nicht dem Grundsatz der Datenminimierung entsprochen haben dürfte, wobei das Berufungsgericht ergänzend die Frage einer wirksamen Einwilligung des Klägers in die Datenverarbeitung durch die Beklagte zu prüfen haben wird. Zum anderen hat der Bundesgerichtshof Hinweise zur Bemessung (§ 287 ZPO) des immateriellen Schadens aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO erteilt und ausgeführt, warum unter den Umständen des Streitfalles von Rechts wegen keine Bedenken dagegen bestünden, den Ausgleich für den bloßen Kontrollverlust in einer Größenordnung von 100 € zu bemessen.

Vorinstanzen:

LG Bonn - Urteil vom 29. März 2023 - 13 O 125/22

OLG Köln - Urteil vom 7. Dezember 2023 - 15 U 67/23

Die maßgebliche Vorschrift lautet:

Artikel 82 Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) - Haftung und Recht auf Schadenersatz

(1) Jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, hat Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter.

(…)