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LG Augsburg: Keine unzulässige Werbung per E-Mail durch Angabe von URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in E-Mail-Signatur

LG Augsburg
Hinweisbeschluss vom 18.10.2023
044 S 2196/23


Das LG Augsburg führt in einem Hinweisbeschluss aus, dass die Angabe der URLs der Social-Media-Accounts und der Unternehmenswebsite des Absenders in der E-Mail-Signatur keine unzulässige Werbung per E-Mail darstellt. Damit bestätigt das LG Augsburg die Einschätzung der Vorinstanz.

Aus dem Beschluss:
Das Urteil des Amtsgerichts weist weder Rechtsfehler im Sinne des § 546 ZPO auf noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Hierbei kann im Ergebnis offen bleiben, ob es sich bei den bloßen Links auf Social-Media-Auftritte der Beklagten in der streitgegenständlichen Auto-Reply-Email vom 12.12.2022 überhaupt um Werbung im Sinne des Art. 2 Buchst. a der RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 handelt.

Denn jedenfalls fehlt es an der Rechtswidrigkeit eines etwaigen Eingriffs in das Persönlichkeitsrecht des Klägers bzw. in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Das Einblenden eines bloßen Links auf Social-Media-Präsenzen stellt sich nicht als rechtswidrig dar. Dem Amtsgericht ist beizupflichten, dass insoweit zu berücksichtigen ist, dass es sich um eine E-Mail im Rahmen einer vom Kläger initiierten Kommunikation gehandelt hat und die Nachricht informativen Charakter hatte, da dem Kläger die Abwesenheit des von ihm kontaktierten Mitarbeiters mitgeteilt worden ist. Auch stellt die bloße Verlinkung auf Social-Media-Auftritte der Beklagten, wenn man sie überhaupt als Werbung ansieht, keine konkrete Beeinträchtigung für den Kläger dar. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall zur Auto-Reply-Werbung (BGH BeckRS 2016, 2711) wird hier nicht für konkrete Produkte geworben, sondern nur ein Link eingeblendet, welcher für sich genommen keinen konkreten inhaltlichen Informationsgehalt hat. Daher musste sich der Kläger bei Lesen der E-Mail, anders als dies in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall gewesen ist, nicht gedanklich mit konkreten Angeboten der Beklagten auseinandersetzen. Wie das Amtsgericht vollkommen zutreffend ausgeführt hat, konnte der Kläger die Links einfach ignorieren. Ein zeitlicher Aufwand durch die Einblendung der Links entsteht für den Leser einer solchen Nachricht nicht. Links können bei Interesse angeklickt oder einfach nicht weiter beachtet werden. Eine gedankliche Auseinandersetzung mit einer derartigen Verlinkung erfolgt anders als bei konkreten Hinweisen auf bestimmte Servicedienstleistungen oder eine App, wie in dem vom BGH entschiedenen Fall, gerade nicht. Derartige Links sind mittlerweile als Teil der Signatur üblich, sodass für den Leser keinerlei Aufwand entsteht, um diese vom informatorischen Teil der Email zu trennen.

Die von der Klagepartei zitierte Rechtsprechung zu einer Kundenzufriedenheitsanfrage (BGH, Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 255/17) ist mit dem vorliegenden Fall schon deshalb nicht vergleichbar, da dort bereits die Nachricht als solche als Beeinträchtigung angesehen wurde.


Den Volltext des Hinweisbeschlusses finden Sie hier:

Bundesnetzagentur: Bislang in 2023 Abschaltung von 5.898 Rufnummern die von Betrügern für "Enkeltrick" genutzt werden

Die Bundesnetzagentur hat bislang im Jahr 2023 5.898 Rufnummern abgeschaltet, die von Betrügern für den sogenannten "Enkeltrick" missbraucht werden.

Die Pressemitteilung des Bundesnetzagentur:
Bundesnetzagentur schaltet Rufnummern zu Enkeltrick ab
Die Bundesnetzagentur hat im Jahr 2023 bisher 7.799 Rufnummern abgeschaltet. Allein 5.898 betrafen Fälle des sog. Enkeltricks, bei denen die Kontaktaufnahme per SMS oder Messenger erfolgte.

„Auch nach 20 Jahren hat die Bekämpfung von Rufnummernmissbrauch nichts von ihrer Bedeutung verloren. Immer wieder tauchen neue Szenarien auf und wir gehen konsequent dagegen vor“, sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. „Aktuell betreffen über zwei Drittel der von uns abgeschalteten Rufnummern das Enkeltrick-Szenario.“

Enkeltrick als aktueller Schwerpunkt
Unter dem Begriff „Enkeltrick“ werden Fälle zusammengefasst, in denen insbesondere ältere Menschen von angeblichen Verwandten, meistens Enkelkinder und Kinder, oder guten Bekannten kontaktiert werden. Er oder sie schildert eine akute Notsituation, die nur durch eine sofortige Geldüberweisung aufgelöst werden kann. Die Kontaktierten sind planmäßig erschrocken und bereit, alles zu tun, was den vermeintlichen Verwandten aus seiner misslichen Lage befreit. In der aktuellen Konstellation beginnt die Kontaktaufnahme mit „Hallo Papa oder Mama, das ist meine neue Nummer“.

Bei Tricknachrichten richtig verhalten
Betroffene sollten keinesfalls auf entsprechende Kontaktversuche eingehen:

Erhalten Sie eine SMS, in der Sie jemand auffordert, Geld zu überweisen oder persönliche Daten einzugeben, ignorieren Sie die Nachricht.
Geben Sie auf keinen Fall persönliche Informationen wie Namen oder Orte heraus. Jegliche Informationen dieser Art können Betrüger verwenden, um ihre Geschichten glaubwürdiger zu machen.
Verifizieren Sie den Absender. Meldet sich zum Beispiel Ihre Enkelin oder Ihr Enkel oder Ihr Kind mit einer Ihnen unbekannten Nummer, kontaktieren Sie sie persönlich. Erkundigen Sie sich über die Ihnen bekannten bisherigen Rufnummern.
Warnen Sie Ihr Umfeld vor diesen Tricks. Erzählen Sie insbesondere älteren Menschen davon, damit sie vorbereitet sind.


OLG Hamm: Direktnachrichten über Soziale Medien, Portale und Messengerdienste sind elektronische Post im Sinne von § 7 UWG und ohne Einwilligung des Empfängers unzulässig

OLG Hamm
Hinweisbeschluss vom 17.05.2023
18 U 154/22


Das OLG Hamm hat in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass auch Direktnachrichten über Soziale Medien, Portale und Messengerdienste elektronische Post im Sinne von § 7 UWG darstellen und ohne Einwilligung des Empfängers unzulässig sind.

Aus den Gründen:
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, nach der die Klägerin aus der Akquise-Vereinbarung keine Rechte herleiten kann, weil der Vertrag nichtig ist.

Gemäß § 134 BGB können Verträge nichtig sein, die zur Begehung unlauteren Wettbewerbs verpflichten. Voraussetzung hierfür ist, dass der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt (vgl. BGH, Urteil vom 14.05.1998 - I ZR 10/96, GRUR 1998, 945, beckonline; Senatsbeschluss vom 25.10.2021- 18 U 110/21, Rn. 46, juris; OLG; Frankfurt/M., Urteil vom 24.01.2018 - 13 U 165/16, NJW-RR 2018, 887, Rn. 43). Dies ist hier der Fall, weil die Akquise-Vereinbarung darauf gerichtet ist, unzulässige geschäftliche Handlungen nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. durchzuführen und damit zu einem wettbewerbswidrigen Handeln verpflichtet.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die Berufungsbegründung der Klägerin gibt Anlass zu folgenden ergänzenden Ausführungen:

a)

Auch hinsichtlich der Dienstleistung Chiffre-Kontakt liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. vor.

Die erstmalige Kontaktierung der Inserenten über die einzelnen Portale seitens der Mitarbeiter der Klägerin, wie es in § 5 der Akquise-Vereinbarung vorgesehen ist und mit einem Anschreiben über die Kontaktformulare der jeweiligen Immobilienportale geschieht, verstößt gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F., weil die Inserenten die für eine solche Kontaktaufnahme per elektronischer Post erforderliche vorherige ausdrückliche Einwilligung nicht erteilt haben (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021- 18 U 110/21, Rn. 9, juris).

Die Auffassung der Klägerin, das Anschreiben über ein Internetportal stelle keine elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. dar, weil die Nachrichten nicht direkt an die potenziellen Verkäufer der Immobilien, sondern an die Internetportale verschickt würden, und aus dem gleichen Grund die Verbraucher auch nicht Adressaten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. seien, geht fehl; sie ist insbesondere nicht mit dem Schutzzweck der Vorschrift vereinbar.

aa)

Der Begriff der "elektronischen Post" in § 7 Abs. Nr. 3 UWG a.F. ist unionsrechtskonform in Einklang mit Art. 2 S. 2 lit. h der RL 2002/58/EG (EK-DSRL - Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) auszulegen und umfasst daher "jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird". Durch die Bestimmung in Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG, die den Begriff der elektronischen Post aufgreift und deren Verwendung reglementiert, sollen die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung geschützt werden (vgl. ErwG 40 der RL 2002/58/EG). Angesichts dieses Schutzzwecks befürworten sowohl der Bundesgerichtshof als auch der Europäische Gerichtshof bei Beantwortung der Frage, welche elektronischen Kommunikationsmittel unter elektronische Post zu fassen sind, eine weite und an die Entwicklung der Technologie angepasste Auslegung.

Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom 30.01.2020 (Az. I ZR 25/19, GRUR 2020, 420 - Inbox-Werbung I) dem Europäischen Gerichtshof zur Auslegung von Art. 2 S. 2 lit. h und Art. 13 Abs. 1 der RL 2002/58/EG sowie Nr. 26 des Anh. I der RL 2005/29/EG mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. In diesem Zusammenhang hat er auch Ausführungen zum Begriff der elektronischen Post gemacht: Es sei nicht ersichtlich, dass der Richtliniengeber angesichts der absehbar rasch fortschreitenden technischen Entwicklung den Begriff der elektronischen Post statisch auf die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie bekannten "klassischen" Formen der E-Mail, der SMS oder der MMS festschreiben wollte. Näherliegend sei, dass er im Interesse des Schutzes der Privatsphäre der Nutzer einen dynamischen und technikneutralen Begriff gewählt habe (vgl. Mankowski in Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Aufl., § 7 Rn. 186), der es beispielsweise ermögliche, auch die erst in jüngerer Zeit relevant gewordenen elektronischen Mitteilungen im Rahmen von sozialen Netzwerken zu erfassen (vgl. Büscher/Büscher, § 7 Rn. 200; Ohly in Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Aufl., § 7 Rn. 65; Mankowski in Fezer/Büscher/Obergfell, § 7 Rn. 186). Denn die Privatsphäre der Nutzer elektronischer Kommunikationsmittel könne nicht nur durch im Wege der klassischen Formen der elektronischen Individualkommunikation wie E-Mail, SMS oder MMS übersandten unerbetene Nachrichten beeinträchtigt werden (vgl. BGH, Beschluss vom 30.01.2020 - I ZR 25/19, GRUR 2020, 420 Rn. 29, beckonline).

Der Europäische Gerichtshof hat anlässlich der Vorlagefragen durch Urteil vom 25.11.2021 diese Auffassung bestätigt und klargestellt, dass der Begriff der elektronischen Kommunikationsmittel aus technologischer Sicht entwicklungsfähig und mit Blick auf das Regelungsziel, dass den Nutzern der öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste der gleiche Grad des Schutzes personenbezogener Daten und der Privatsphäre geboten werden soll, weit auszulegen sei (vgl. EuGH, Urteil vom 25.11.2021 - C-102/20, GRUR 2022, 87 Rn. 38, 39, beckonline).

Daher fallen unter den Begriff der elektronische Post im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. neben E-Mails, SMS und MMS auch sämtliche Nachrichten über Social Media-Dienste wie Xing, Facebook, LinkedIn oder WhatsApp (vgl. OLG Nürnberg, Urteil vom 15.01.2019 - 3 U 724/18, GRUR-RR 2019, 170 Rn. 59, beckonline; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 264; Ohly/Sosnitza/Ohly, 8. Aufl. 2023, UWG § 7 Rn. 86).

Zwar handelt es sich bei dem Nachrichtendienst eines Immobilienportals nicht um einen Social-Media-Dienst. Die Funktionsweise des Postfachs ist jedoch dieselbe. Auch hier werden Nachrichten asynchron übermittelt und auf dem Server des jeweiligen Portalbetreibers für den jeweiligen Inserenten gespeichert, bis dieser sie abruft. Die Nachrichten erreichen den Nutzer in seinem eingerichteten und lediglich privat zugänglichen Postfach, das er über einen Nachrichten-Manager abrufen kann. Dementsprechend handelt es sich gleichermaßen um eine Art elektronischen Briefkasten. Angesichts des oben dargelegten Schutzzwecks des Art. 13 Abs. 1 RL 2002/58/EG kann daher für Nachrichten über Immobilienportale nichts anderes gelten als für Nachrichten über Social-Media-Dienste (oder per E-Mail).

bb)

Die Verbraucher sind weiter Adressaten im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG a.F. Die Argumentation der Klägerin, das Internetportal, an das die Nachrichten geschickt würden, sei der Adressat ihrer Nachrichten, ist nicht nachvollziehbar.

Adressat im Sinne der Vorschrift ist der Nutzer des Immobilienportals, den die Nachricht erreichen soll. Der Nutzer eines Immobilienportals erhält erst Zugang zu seinem Nachrichtenbereich, nachdem er seine Zugangsdaten und ein Passwort eingeben hat. Ihn erreichen die Nachricht also - wie oben dargelegt - in einem privaten Bereich, der ihm vorbehalten und für die Konsolidierung der privaten Inhalte in der Form der an ihn versandten Nachrichten bestimmt ist. Es ist ohne Belang, dass die Nachricht der Klägerin die Inserenten nicht "direkt", sondern über den Server des jeweiligen Internetportals erreicht.

cc)

Kontaktaufnahmen seitens der Klägerin, die darauf gerichtet sind, den Inserenten Maklerdienste anzubieten, sind auch bei Vorliegen eines grundsätzlichen Interesses des potentiellen Immobilienverkäufers an einer Kontaktaufnahme nicht von einer entsprechenden Einwilligung gedeckt. Grundsätzlich gilt: Hat ein Verbraucher eine Anzeige geschaltet, in der er eine Eigentumswohnung zum Verkauf anbietet und dabei zur Kontaktaufnahme seine Telefonnummer angibt, erklärt er seine ausdrückliche Einwilligung in Telefonanrufe von Kaufinteressenten, auch in solche von Maklern, die sich für ihre Suchkunden für die angebotene Wohnung interessieren. Telefonanrufe von Maklern, die darauf gerichtet sind, dem Inserenten Maklerdienste anzubieten oder mit diesem gar einen Maklervertrag zu schließen, sind von einer solchen Einwilligung nicht gedeckt (vgl. Senatsbeschluss vom 23.12.2021 - 18 U 110/21, Rn. 9, juris; OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.6.2018 - 8 U 153/17, NJW-RR 2018, 1263, beckonline). Auch die Bestimmungen der jeweiligen Portale sind nicht geeignet, die erforderliche Einwilligung des jeweiligen Nutzers zu ersetzen (vgl. Senatsbeschluss, a.a.O.).

b) Die Verschaffung der sog. Opt-Ins erfolgt ebenso unter Verstoß gegen die Vorschriften des UWG. Auch soweit sich auf die - wettbewerbswidrigen - Anschreiben die Inserenten melden und mit einer telefonischen Kontaktaufnahme einverstanden sind, kann sich die Klägerin nicht auf eine vorherige ausdrückliche Einwilligung gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. in einen Telefonanruf zur Herbeiführung eines Opt-In berufen. Auf die nicht ergänzungsbedürftigen Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen.

c) Die in § 14 der Akquise-Vereinbarung enthaltene salvatorische Klausel steht der Gesamtnichtigkeit des Vertrags nach § 139 BGB nicht entgegen. Der nichtige Vertragsteil ist von derart grundlegender Bedeutung, dass die Aufrechterhaltung nur des Restgeschäfts nicht mehr als vom durch Vertragsauslegung zu ermittelnden Willen der Vertragsparteien umfasst angesehen werden kann. Denn hier sind gerade die entscheidenden wesentlichen Vertragsbestimmungen unwirksam. Ohne diese verliert der Vertrag seinen Inhalt.


AG Augsburg: Keine unzulässige Werbung per E-Mail durch Angabe von URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in E-Mail-Signatur

AG Augsburg
Urteil vom 09.06.2023
12 C 11/23

Das AG Augsburg hat entschieden, dass die Angabe der URLs der Social-Media-Accounts und Unternehmenswebsite des Absenders in der E-Mail-Signatur keine unzulässige Werbung per E-Mail darstellt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht kein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte aufgrund eines rechtswidrigen Eingriffs in das allgemeinen Persönlichkeitsrecht gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK oder wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb nach §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S.2 BGB zu.

Die Verwendung von unaufgeforderter elektronischer Post für die Zwecke der Werbung kann zwar grundsätzlich einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers darstellen.

Es handelt sich jedoch bei dem vorliegend seitens des Klägers monierten Verweis auf Internetpräsenzen der Beklagten durch die bloße Angabe der URL mit E-Mail vom 12.12.2022 bereits nicht um Werbung. Ein unterstellter Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb durch Werbung wäre zudem auch nicht rechtswidrig. Die insoweit erforderliche Abwägung der widerstreitenden Interessen der Parteien geht zu Lasten des Klägers aus.

1) Keine Werbung

Die streitgegenständliche E-Mail der Beklagten hatte keinen werblichen Inhalt. Der Verweis auf die Internetpräsenzen der Beklagten durch die Angabe der URL stellt schon keine Werbung dar.

a) Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung – z.B. in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring – erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 fit. a RL 2006/114/EG des Europäischen Parlaments und des Rates v. 12.12.2006 über irreführende und vergleichende Werbung (ABI. EU L 376, S. 21) jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 15.12.2015 – VI ZR 134/15).

b) Nach diesen Grundsätzen stellt der bloße Verweis auf die Internetpräsenzen eines Unternehmens im Anschluss an Kontaktdaten des Mitarbeiters, ohne dass diese mit einem Produkt oder anderen werbenden Angaben verknüpft sind, keine Werbung dar. Denn dieser Verweis ist gerade nicht unmittelbar darauf gerichtet, die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen zu erreichen. Er dient vielmehr Informationszwecken, ebenso wie die Angabe der weiteren Kontaktdaten, in deren Zusammenhang die Nennung der Internetpräsenzen als Teil der Signatur des Mitarbeiters zu sehen ist. Auch eine mittelbare Absatzförderung durch Imagewerbung kann das Gericht hierin gerade nicht erkennen.

2) Keine Rechtswidrigkeit

Der Kläger müsste eine unterstellte Beeinträchtigung überdies dulden, da sie nach § 1004 Abs. 2 BGB analog rechtmäßig wäre.

Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht bzw. in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers wäre nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seiner Privatsphäre bzw. der Schutz der geschäftlichen Sphäre, insb. die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des Klägers die schutzwürdigen Belange der Beklagten, mit ihren Kunden zum Zwecke der Produktberatung zu kommunizieren, überwiegen würde Dies ist nicht der Fall. Die Interessenabwägung geht zu Gunsten der Beklagten aus.

Der Kläger erhielt die Abwesenheitsnachricht im Rahmen einer laufenden Produktberatung, zu welcher er selbst mehrfach mit dem Mitarbeiter der Beklagten Kontakt aufgenommen und bereits kommuniziert hat. Die in diesem Zusammenhang zugesandte Abwesenheits-E-Mail hatte für den Kläger als Kunden, welcher konkrete Produkte bei der Beklagten angefragt hatte, einen wesentlichen informatorischen Charakter, nämlich den Zweck zu verhindern, dass dieser wegen der Abwesenheit des Mitarbeiters keine Antwort auf seine Produktanfrage erhält. Unterstellt, der Verweis auf die Internetauftritte der Beklagten würde eine Werbung darstellen, wäre in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die unerwünschte Werbung durch Nennung der Mailadressen die Interessen des Klägers nur vergleichsweise geringfügig beeinträchtigt, zumal er diese einfach ignorieren konnte. Ein gedankliches Beschäftigen mit der Werbemail ist gerade nicht notwendig. Denn es handelte sich bei dem Hinweis der Beklagten offensichtlich nur um Internetauftritte derselben, Eine Trennung von anderen Informationen durch den Kläger ist nicht erforderlich. Vielmehr kann der Kläger es ohne jeden zeitlichen Aufwand unterlassen, die weiteren Internetpräsenzen der Beklagten anzuklicken. Ein Aussortieren eines werbenden Teils der E-Mail ist hierfür gerade nicht erforderlich. Die schutzwürdigen Belange des Klägers überwiegen vorliegend somit gerade nicht.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Bundesnetzagentur: Abschaltung diverser Rufnummern die für Fake-Hotlines zum betrügerischen Erfragen von Kreditkartendaten genutzt wurden

Die Bundesnetzagentur hat diverse Rufnummern, die für Fake-Hotlines zum betrügerischen Erfragen von Kreditkartendaten genutzt wurden, abgeschaltet.

Die Pressemitteilung der Bundesnetzagentur:
Bundesnetzagentur schaltet Fake-Hotlines ab

Die Bundesnetzagentur hat mehrere Rufnummern abgeschaltet, die für betrügerische Fake-Hotlines genutzt wurden. Dabei wurde vorgetäuscht, dass es sich um Hotlines verschiedener Fluggesellschaften handele. Die Rufnummern wurden auf gefälschten Internetseiten diverser Fluggesellschaften beworben.

"Wir gehen gegen solche Betrugsversuche vor. Vergewissern Sie sich im Zweifelsfall bei den Fluggesellschaften direkt", rät Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.

Gefahr erheblicher Vermögensschäden
Die angeblichen Mitarbeiter der Fluggesellschaften versuchten auf den falschen Hotlines Personalausweisdaten, Kontoverbindungen und Kreditkartendaten zu erlangen. Regelmäßig wurden Betroffene dazu aufgefordert, eine Software zur Ermöglichung von Fernzugriffen herunterzuladen. Teilweise wurden Zahlungen an unbekannte Dritte ausgelöst. Der Bundesnetzagentur sind Schäden zwischen 200 Euro und 5.000 Euro bekannt.

Vorspiegelung eines Anrufs bei der tatsächlichen Hotline
Anlass für die Abschaltungen waren Beschwerden bei der Bundesnetzagentur beziehungsweisebei den Fluggesellschaften. Kunden wollten zur Umbuchung eines Fluges oder wegen Verlusts eines Gepäckstücks die Kundenhotline kontaktieren. Dabei wurden sie Opfer von Betrügern.

Die missbräuchlich genutzten Rufnummern wurden von den Tätern überwiegend unter Verstoß gegen Namens- und Markenrechte der Fluggesellschaften auf Internetseiten beworben und konnten über gängige Suchmaschinen gefunden werden.



AG München: Einwilligung zur Zusendung von Werbung per E-Mail kann formlos u.a. per E-Mail widerrufen werden ohne dass Newsletterverwaltungssystem genutzt werden muss

AG München
Urteil vom 05.08.2022
142 C 1633/22


Das AG München hat entschieden, dass die Einwilligung zur Zusendung von Werbung per E-Mail formlos u.a. per E-Mail widerrufen werden kann, ohne dass das Newsletterverwaltungssystem des Anbieters genutzt werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Werbe-E-Mails ohne Zustimmung stellen Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht dar

Mit Urteil vom 05.08.2022 untersagte das Amtsgericht München einem Pay-TV Anbieter, im geschäftlichen Verkehr zu Werbezwecken mit dem Kläger per E-Mail Kontakt aufzunehmen, ohne dass dessen ausdrückliche Einwilligung vorliegt. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 EUR angedroht, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an dem oder den Geschäftsführer(n).

Der Kläger betrieb eine E-Mail-Adresse, die er unter anderem für berufliche Zwecke nutzte. Im Dezember 2021 widersprach er der werblichen Nutzung seiner personenbezogenen Daten, indem er eine E-Mail an die Beklagte sandte. Trotzdem erhielt er im Januar 2022 erneut elektronische Post der Beklagten, mit der diese für den Abschuss eines 12monatigen Abos warb.

Der Kläger forderte die Beklagte zunächst außergerichtlich zur Unterlassung auf. Nachdem keine Reaktion erfolgte, habe er Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, sein Widerspruch sei wirksam. Dieser könne nach der Datenschutzgrundverordnung jederzeit und insbesondere formlos erfolgen.

Die Beklagte trug vor, dem Kläger sei auf seine Nachricht vom Dezember mitgeteilt worden, dass er ganz einfach die entsprechende Einwilligung im Kundenverwaltungssystem entziehen könne. Da der Kläger dies nicht getan habe, habe sie davon ausgehen können, dass seine Einwilligung weiterhin Bestand haben könne.

Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Der zuständige Richter führte in der Begründung aus:

„(…) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht zu.

Die Verwendung von elektronischer Post für die Zwecke der Werbung gegen den eindeutig erklärten Willen des Klägers stellt einen Eingriff in seine geschützte Privatsphäre und damit in sein allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt den Bereich privater Lebensgestaltung und gibt dem Betroffenen das Recht, im privaten Bereich in Ruhe gelassen zu werden (vgl. Senat, Urteil vom 19. Dezember 1995 - VI ZR 15/95, BGHZ 131, 332, 337; BVerfGE 35, 202, 220; 44, 197, 203).

Hieraus folgt ein Recht des Einzelnen, seine Privatsphäre freizuhalten von unerwünschter Einflussnahme anderer, und die Möglichkeit des Betroffenen, selbst darüber zu entscheiden, mit welchen Personen und gegebenenfalls in welchem Umfang er mit ihnen Kontakt haben will. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht kann deshalb vor Belästigungen schützen, die von einer unerwünschten Kontaktaufnahme ausgehen. In der bloßen - als solche nicht ehrverletzenden - Kontaktaufnahme kann aber regelmäßig nur dann eine Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts liegen, wenn sie gegen den eindeutig erklärten Willen des Betroffenen erfolgt, weil ansonsten die Freiheit kommunikativen Verhaltens schwerwiegend beeinträchtigt wäre (BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 – VI ZR 134/15 –, Rn. 11 - 12, juris).

Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass die von ihr unstreitig nach dem Widerspruch des Klägers übersandten E-Mails Werbung enthalten. Nach dem Widerspruch des Klägers war das Übersenden von Werbung mittels elektronischer Post gem. § 7 Abs.?2 Nr.?3 UWG unzulässig, weil der Beklagten der entgegenstehende Wille des Klägers dann erkennbar war.

Nicht nachvollziehbar ist der Einwand der Beklagten, der Kläger habe in ihrem „Kundenverwaltungssystem“ darüber hinaus noch bestimmte Einstellungen selbst tätigen müssen. Der Widerspruch gegen die Zulässigkeit elektronischer Werbung ist an keine bestimmte Form gebunden; die Verwaltung ihrer Kundendaten obliegt allein der Beklagten und kann nicht auf den Kunden abgewälzt werden.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers ist auch rechtswidrig. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr wird durch das festgestellte rechtsverletzende Verhalten der Beklagten indiziert.

(…) Der Kläger hat der werblichen Nutzung seiner Daten ausdrücklich und unmissverständlich gegenüber der Beklagten widersprochen. Der Widerspruch gilt grundsätzlich zeitlich unbeschränkt, so dass für die Annahme einer mutmaßlichen Einwilligung durch die Beklagte künftig ohne weitere hinzutretenden Umstände kein Raum mehr ist. (…)“


Urteil des Amtsgerichts München vom 05.08.2022

Aktenzeichen 142 C 1633/22

Das Urteil ist nicht rechtskräftig.



OLG Hamm: Vertrag über Verkauf von Adressdaten nach § 134 BGB nichtig wenn er auf Kontaktaufnahmen unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG abzielt

OLG Hamm
18 U 110/21
Beschluss vom 25.10.2021


Das OLG Hamm hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass ein Vertrag über den Verkauf von Adressdaten nach § 134 BGB nichtig ist, wenn er auf Kontaktaufnahmen unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG abzielt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).

Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Landgerichts, wonach die Vereinbarung unwirksam ist, weil sie gegen § 134 BGB verstößt, nämlich darauf gerichtet ist, Kontaktaufnahmen unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG durchzuführen. Es handelt sich damit um einen sog. Basisvertrag, der zu einem wettbewerbswidrigen Handeln verpflichtet. Derartige Verträge sind nach § 134 BGB nichtig, sofern der rechtsgeschäftlichen Verpflichtung selbst das wettbewerbswidrige Verhalten innewohnt (BGH GRUR 1998, 945; Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG vor § 1 Rn. 7.9). Das ist hier aus den vom Landgericht genannten Gründen der Fall.

1. Was die Verpflichtung der Klägerin zur Verschaffung sog. Opt-Ins angeht, so wird damit, wie vom Landgericht dargelegt, gegen § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG verstoßen, wobei sich die Beklagte mit der Eingehung der Vereinbarung selbst gem. § 8 Abs. 2 UWG Unterlassungsansprüchen aussetzte.

a) Die Klägerin kann sich nicht auf das Urteil des OLG Karlsruhe vom 12.6.2018 (Az. 8 U 153/17) berufen. Aus dieser Entscheidung ergibt sich, dass Einwilligungen von (Privat-)Inserenten mit einer telefonischen Kontaktaufnahme die Anrufe von Maklern nur dann decken, wenn diese lediglich als Käufermakler (für ihre „Suchkunden“) an sie herantreten (s.a. Münchener Komm. zum Lauterkeitsrecht/Leible, 3. Aufl., § 7 UWG Rn. 123).

Dass die Vereinbarung ausschließlich oder auch nur überwiegend diesem Zweck diente, trägt die Klägerin nicht vor und ergibt sich auch nicht aus der Vereinbarung selbst. Vielmehr ist in § 1 davon die Rede, dass es dem Makler „obliegt …, den Verkäufer von seinen Leistungen zu überzeugen …“. Daraus folgt, dass die Einholung der Einwilligungen zumindest auch dem Zweck dienen sollte, dass sich die Beklagte den Inserenten als Makler (auf Verkäuferseite) empfehlen konnte.

Den von der Klägerin vorgelegten Klauselwerken der einschlägigen Portale, namentlich den als Anlage K10 und K11 zum Schriftsatz vom 21.6.2021 zu den Akten gereichten „Datenschutzbestimmungen“, lässt sich nicht entnehmen, dass die Inserenten wirksam weitergehende Einwilligungen abgegeben hätten, die auch eine Nutzung der Daten zur Kontaktaufnahme durch die Klägerin (im Auftrag der Beklagten als eines dem Inserenten fremden Maklers) umfasst haben. Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung nunmehr auf die „Hinweise“ an die Nutzer in den Portalen L und „M“ verweist, ersetzen sie die erforderliche Einwilligung des jeweiligen Nutzers nicht. Abgesehen davon erfüllt die Kontaktaufnahme durch die Klägerin - für die Beklagte - auch nicht den Tatbestand einer Datenweitergabe „zur möglichen Vereinbarung eines Beratungstermins“ mit einem „mit L kooperierenden Makler“.

b) Soweit sich die Klägerin zum Beweis des Umstands, dass sich ein (jeder) verkaufswilliger Immobilieneigentümer, der seine Telefonnummer im Rahmen des Inserats angibt, in jegliche Kontaktaufnahme einwilligt, auf einen Zeugen A berufen hat, brauchte dem nicht nachgegangen zu werden. Das Beweisangebot ist ungeeignet, weil der Zeuge über die Bedeutung der individuellen Entscheidung ihm persönlich unbekannter Inserenten, ihre Telefonnummer anzugeben, keine Erkenntnisse haben kann.

c)Der Passus in der Vereinbarung, wonach die Beklagte „ggf. … auch selbst“ kaufe, rechtfertigt gleichfalls keine andere rechtliche Würdigung des Sachverhalts. Abgesehen davon, dass die Beklagte die Geltung dieses Passus mit der Begründung nachvollziehbar in Abrede stellt, sie sei (insgesamt) von dem angekreuzten „Nein“ umfasst, handelt sich dabei lediglich um die allgemeine Feststellung, dass für die Beklagte unter nicht näher benannten Umständen auch ein Eigenerwerb der inserierten Immobilien in Betracht komme. Der Abschluss der Vereinbarung mit der Klägerin diente aber offensichtlich nicht dazu, der Beklagten die Anschaffung eines eigenen Immobilien-Portfolios oder dessen Erweiterung zu ermöglichen, sondern der Ausweitung ihres Maklergeschäfts.

2. Was die Mitteilung der Chiffre-Kontakte angeht, so bestand die Dienstleistung der Klägerin in diesen Fällen nicht in der Mitteilung einer Telefonnummer, sondern des jeweiligen von ihr recherchierten bzw. anderweitig erworbenen Datensatzes der betreffenden Inserenten.

Die Übermittlung dieser Datensätze an die Beklagte diente erkennbar dem Zweck, ihr die Kontaktaufnahme zu den Inserenten zu Werbezwecken für ihre Maklertätigkeit unter Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG auch dann zu ermöglichen, wenn es an einer ausdrücklichen Einwilligung des Adressaten in diese Werbung fehlte. Überdies erfolgte die Weitergabe der Daten unter Verstoß gegen die DSGVO.

Auch dieser Teil der Vereinbarung hat also gem. § 134 BGB keinen Bestand. Die Frage, ob bereits die Nichtigkeit der Verpflichtung zur Verschaffung der Opt-Ins gem. § 139 BGB zur Gesamtnichtigkeit der Vereinbarung führt oder ob dem § 15 („Salvatorische Klausel“) entgegensteht, bedarf deshalb keiner Beantwortung.

3. Zu Recht hat das Landgericht im vorliegenden Fall auch Ansprüche der Klägerin aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677ff. BGB) bzw. aus dem Bereicherungsrecht (§§ 812ff. BGB) verneint. Auf die Begründung wird verwiesen.


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BGH: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Einwilligung des Nutzers nach genauer Belehrung über Werbemodalitäten

BGH
Urteil vom 13.01.2022
I ZR 25/19
Inbox-Werbung II
Richtlinie 2002/58/EG Art. 2 Satz 2 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1; UWG § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr.


Der BGH hat auf die Entscheidung des EuGH hin entschieden, dass Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Einwilligung des Nutzers nach genauer Belehrung über die Werbemodalitäten bedarf.

Leitsatz des BGH:
Eine wirksame Einwilligung in eine Inbox-Werbung (automatisierte Werbeeinblendung auf bestimmten dafür vorgesehenen Flächen in der E-Mail-Inbox des Nutzers), die eine Werbung unter Verwendung elektronischer Post im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt, liegt nicht vor, wenn der Nutzer, der eine unentgeltliche, durch Werbung finanzierte Variante eines E-Mail-Dienstes gewählt hat, sich allgemein damit einverstanden erklärt, Werbeeinblendungen zu erhalten, um kein Entgelt für die
Nutzung des E-Mail-Dienstes zahlen zu müssen. Erforderlich ist vielmehr, dass der betroffene Nutzer vor einer Einwilligungserklärung klar und präzise über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung und insbesondere darüber informiert wird, dass Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden.

BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 25/19 - OLG Nürnberg - LG Nürnberg-Fürth

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LG Stendal: Verstoß gegen § 7 UWG und Unterlassungsanspruch wenn Newsletter-Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren selbst Werbung enthält

LG Stendal
Urteil vom 12.05.2021
22 S 87/20


Das LG Stendal hat entschieden, dass ein Verstoß gegen § 7 UWG vorliegt und ein Unterlassungsanspruch besteht, wenn die Newsletter-Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren selbst Werbung enthält.

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Unterlassungsanspruch im tenorierten Umfang gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 2, 823 Abs. 1 BGB.

Gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB kann der Inhaber eines absoluten Rechtsguts im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB im Falle einer Beeinträchtigung des Rechtsguts gegen den Störer auf Unterlassung klagen, wenn weitere Beeinträchtigungen zu besorgen sind.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben.

1. Durch die Zusendung der E-Mail, Anlage K 1, Bl. 9 d.A., an die nahezu ausschließlich geschäftlich genutzte E-Mail-Adresse des Klägers ":::::::::@web.de" am 23. Mai 2020 um 15:29 Uhr hat die Beklagte in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers rechtswidrig eingegriffen.

a) Der Zugang der E-Mail bei dem Kläger ist durch den von ihm vorgelegten Ausdruck der E-Mail, die als Empfänger die E-Mail-Adresse des Klägers im Adressfeld ausweist, zur Überzeugung der Kammer belegt. Es ist unstreitig, dass die Beklagte zum streitgegenständlichen Zeitpunkt E-Mails desselben Inhalts im Double-opt-in-Verfahren versandt hat. Dafür, dass es sich nicht um einen Ausdruck einer in diesem Verfahren von der Website der Beklagten generierten E-Mail, sondern um einen zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs eigenständig gefertigten Text handelt, fehlen konkrete Anhaltspunkte. Weder die allgemeine Lebenserfahrung noch die mehrfache Mandatierung des Prozessbevollmächtigten des Klägers in Unterlassungsklagen gegen Bestätigungsmails im Double-opt-in-Verfahren legen einen solchen Missbrauch nahe.

b) Die Zusendung der E-Mail stellt einen rechtswidrigen Eingriff in den Gewerbebetrieb des Klägers dar.

aa) Geschützt ist gemäß §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB nur der unmittelbare Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb (vgl. Sprau in: Palandt, BGB, 79. Aufl., § 823 Rn 135 mwN). Ein solcher liegt bereits bei dem Zugang nur einer einzelnen unverlangt zugesendeten Werbe-E-Mail an einen Gewerbetreibenden vor.

Im Rahmen der Prüfung eines Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gemäß § 823 Abs. 1 BGB kommen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen die Maßstäbe des § 7 UWG zur Anwendung (vgl. BGH, Urteil vom 14. März 2017 -VI ZR 721/15, BeckRS 2017, 106320, Rn 15 mwN). Gemäß § 7 Abs. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belä-stigt worden ist, unzulässig. Eine unzumutbare Belästigung ist gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen, wenn Werbung unter Verwendung elektronischer Post, ohne dass vorher eine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt, versandt wird. Dabei sind Marktteilnehmer gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG neben Mitbewerbern und Verbrauchern alle Personen, die als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen tätig sind, also auch der Consulting-Dienstleistungen erbringende Kläger (vgl. Bähr in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 2 Rn 198 ff (199)).

Gegenstand des Schutzes des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die geschäftliche Sphäre, insbesondere die Ungestörtheit der Betriebsabläufe des sonstigen Marktteilnehmers. Es soll verhindert werden, dass dem Marktteilnehmer Werbemaßnahmen gegen seinen erkennbaren und mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers führt. Unverlangt zugesendete E-Mail-Werbung erfolgt betriebsbezogen und beeinträchtigt den Betriebsablauf im Unternehmen des Empfängers. Das Verwenden von E-Mails mit unerbetener Werbung, die der Empfänger jeweils einzeln sichten muss und bei denen ein Widerspruch erforderlich ist, um eine weitere Zusendung zu unterbinden, führt zu einer nicht unerheblichen Belästigung (vgl. BGH aaO; BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 208/12, juris, Rn 15; Urteil vom 20. Mai 2009 -I 218/07, juris). Zudem können, soweit kein festes Entgelt vereinbart ist, zusätzliche Kosten für die Herstellung der Online-Verbindung und die Übermittlung der E-Mail durch den Provider anfallen. Die Zusatzkosten für den Abruf einer einzelnen E-Mail können zwar gering sein. Auch der Arbeitsaufwand für das Aussortieren einer E-Mail kann sich in engen Grenzen halten, wenn sich bereits aus dem Betreff entnehmen lässt, dass es sich um Werbung handelt. Anders fällt die Beurteilung aber aus, wenn es sich um eine größere Zahl unerbetener E-Mails handelt oder wenn der Empfänger der E-Mail ausdrücklich dem weiteren Erhalt von E-Mails widersprechen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 208/12-, juris, Rn 15). Mit der häufigen Übermittlung von Werbe-E-Mails ohne vorherige Einwilligung des Empfängers durch verschiedene Absender ist aber immer dann zu rechnen, wenn die Übermittlung einzelner E-Mails zulässig ist. Denn im Hinblick auf die billige, schnelle und durch Automatisierung arbeitssparende Versendungsmöglichkeit ist ohne Einschränkung der E-Mail-Werbung mit einem immer weiteren Umsichgreifen dieser Werbeart zu rechnen. Dies macht bereits die Zusendung einer einzelnen unverlangten Werbe-E-Mail unzulässig (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Mai 2009 -I ZR 218/07-, juris, Rn 12).

bb) Die streitgegenständliche E-Mail war rechtswidrig, da sie unverlangt zugesandte Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG enthält.

Zwar ist die Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren, bei dem nach einer Anmeldung mit einer E-Mail-Adresse das Unternehmen dem Anmeldenden eine Bestätigungsmail zur Verifizierung der Anmeldung schickt, unter Berücksichtigung der Wertungen des § 7 UWG zulässig (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011 -I ZR 164/09, juris, Rn 37; BGH, Beschluss vom 16. August 2012 -I ZB 2/12, MMR 2013, 169). Denn die Bestätigungsmail dient dem schützenswerten Zweck, dass sich der Unternehmer des tatsächlich vorliegenden Einverständnisses des Anmeldenden in das nachfolgende Versenden von Werbung versichert. Mit dem Verfahren wird sichergestellt, dass es nicht auf Grund von Falscheingaben zu einer Versendung von E-Mail-Werbung ohne Einwilligung kommt (vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2011, aaO). Danach ist eine Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren auch dann zulässig, wenn sie einen Adressaten erreicht, der sich nicht bei dem werbenden Unternehmen angemeldet hatte (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 17. März 2016 -I-15 U 64/15, juris, Rn 17; OLG Celle, Urteil vom 15. Mai 2014 -13 U 15/14, juris, Rn 19; wohl auch OLG München, Urteil vom 23. Januar 2017 -21 U 4747/15, juris, Rn 8; Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 7 UWG, Rn 136; aA OLG München, Urteil vom 27. September 2012 -29 U 1682/12, juris, Rn 52).

Dies gilt selbstverständlich nur, wenn die Bestätigungsmail aus dem schützenswerten Motiv versandt wurde, aufgrund einer tatsächlich erfolgten Anmeldung mit einer E-Mail-Adresse zu verifizieren, ob diese dem Anmeldenden gehört. Eine missbräuchlich versendete Bestätigungsmail bleibt nach den Wertungen des § 7 UWG unzulässig. Einen solchen Missbrauch hat der Kläger vorliegend zwar behauptet, indem er in den Raum gestellt hat, die Beklagte habe E-Mail-Adressen angekauft, mithin die angekaufte streitgegenständliche E-Mail-Adresse selbst auf seiner Website eingegeben oder eingeben lassen, um eine an sich zulässige Bestätigungsmail zur werbenden erstmaligen Kontaktaufnahme mit dem Kläger zu nutzen. Es fehlen indes konkrete Anhaltspunkte, von einem solchen Missbrauch seitens der Beklagten auszugehen. Weder hat der Kläger solche dargetan noch sind sie sonst ersichtlich. Zwar mag es der Lebenswirklichkeit entsprechen, dass unlautere Werbemethoden zwar nicht die Regel, aber auch keine vernachlässigenswerte Ausnahme darstellen (vgl. BGH, aaO, Rn 30; Leible in: Münchener Kommentar zum Lauterkeitsrecht, 3. Aufl., § 7 UWG, Rn 174). Der von der Kammer persönlich angehörten Geschäftsführers der Beklagten hat vorliegend indes den Vorwurf der eigenen Eingabe von angekauften E-Mail-Adressen überzeugend zurückgewiesen und erklärt, außer im streitgegenständlichen Fall keine weiteren Abmahnungen erhalten zu haben, was gegen einen systematischen Missbrauch durch die Beklagte spricht.

Danach ist die streitgegenständliche E-Mail, soweit mit ihr zu einer Bestätigung einer Anmeldung auf der Website der Beklagten aufgefordert wird, zulässig. Da die E-Mail über die reine Aufforderung zur Bestätigung hinaus aufgrund der Verwendung des Logos sowie der Sätze "Welcome to ZzZzZzZzZ" und "Hast du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über: info@ZzZzZzZzZ.de" einen werbenden Inhalt hat, stellt sie aber einen rechtwidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb der Beklagten dar. Im Einzelnen:

Der Begriff der Werbung umfasst nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind. Damit ist außer der unmittelbar produktbezogenen Werbung auch die mittelbare Absatzförderung -beispielsweise in Form der Imagewerbung oder des Sponsoring - erfasst. Werbung ist deshalb in Übereinstimmung mit Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/113/EG über irreführende und vergleichende Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2013 -I ZR 218/12, Rn 17).

Gemessen an dieser weiten Definition des Begriffs Werbung hat die streitgegenständliche Bestätigungsmail werbenden Charakter. Ihr Inhalt geht über den einer zulässigen, schlichten Transaktionsmail hinaus; diese wird durch die Hinzufügung werbender Elemente unzulässig (vgl. BGH, Urteil vom 15. Dezember 2015 -VI ZR 134/15, Rn 19; Härting in: Härting, Internetrecht, 6. Aufl., Rn 2182; Dr. Ott, Anmerkung zu OLG München, Urteil vom 27. September 2012 -29 U 1682/12, VuR 2013, 99; aA Micklitz/Schirmbacher in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 4. Aufl., § 7 UWG, Rn 137, 173 f; Simon Apel/Steffen Henn, Automatisch generierte Bestätungs-E-Mails als unerlaubte Werbung?, K & R, 2016, 236 ff). Das Logo und der einladende Spruch "Welcome to ZzZzZzZzZ" sind geeignet, anders als durch eine bloße Absenderangabe auf die Marke "ZzZzZzZzZ" einprägsam aufmerksam zu machen und ein Absatz förderndes Kundeninteresse zu erzeugen. Dies hat der Geschäftsführer der Beklagten persönlich angehört indirekt bestätigt, indem er erklärt hat, durch das Weglassen des Logos und des Spruchs "Welcome to ZzZzZzZzZ" sei die Nachfrage nach den Newslettern zurückgegangen. Aber auch der Zusatz "Hast Du Fragen zum Newsletter? Kontaktiere uns über info@ZzZzZzZzZ.de" wirkt mittelbar Absatz fördernd, da mit ihm ein Service, der das Ziel der Kundengewinnung hat, angeboten wird. Diese werbende Wirkung ist umso größer bei einem Adressaten, der durch die Bestätigungsmail erstmals mit der Beklagten in Kontakt kommt, da die Eingabe seiner E-Mail-Adresse auf der Website der Beklagten nicht von ihm veranlasst wurde. Nach Sinn und Zweck des Double-opt-in-Verfahrens sind aber gerade solche Erstkontakte durch die Bestätigungsmail nicht auszuschließen. Darüber hinaus wird einer missbräuchlichen Generierung an sich zulässiger Bestätigungsmails nur dann nachhaltig Einhalt geboten, wenn ein strenger Maßstab an den zulässigen Inhalt der Bestätigungsmail angelegt wird. Ist keinerlei werbender Zusatz erlaubt, so entfällt auch der Anreiz für einen Missbrauch. Für einen strengen Maßstab spricht schließlich auch die gesetzgeberische Wertung in § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Danach gibt es keine Bagatellgrenze. Auch "ein bisschen" Werbung in einer E-Mail ist ohne vorherige Einwilligung schlicht unzulässig. Dies gilt unabhängig davon, ob der Adressat ein Verbraucher oder wie vorliegend Gewerbetreibender ist. Dem Gewerbetreibenden ist danach, um einem Umsichgreifen unzulässiger E-Mail-Werbung im Sinne des Gesetzgebers entgegenzuwirken, ein Unterlassungsanspruch wegen Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb auch dann zuzugestehen, wenn er eine Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren erhält, die nur mit "dezenter" Werbung (vgl. Micklitz/Schirmbacher, aaO, Rn 174) ohne seine vorherige ausdrückliche Einwilligung versehen ist.

Eine Einwilligung des Klägers in die werbenden Elemente der Bestätigungsmail, die in einer von dem Kläger veranlassten Eingabe seiner E-Mail-Adresse auf der Website der Beklagten liegen könnte, hat die hierfür darlegungs- und beweisbelastete Beklagte vorliegend nicht nachgewiesen.

Da es sich bei der streitgegenständlichen E-Mail um Werbung im Sinne von § 7 UWG handelt, hat die Beklagte ferner in rechtswidriger Weise gegen § 7 Abs. 2 Nr. 4 b) UWG iVm § 6 Abs. 1 Nr. 2 TMG verstoßen, da keine ausreichende Identifizierbarkeit der werbenden Beklagten z.B. durch ein Impressum gegeben war.

2. Aufgrund vorangegangener rechtswidriger Beeinträchtigung ist eine Wiederholungsgefahr im Sinne von § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB zu vermuten (vgl. Herrler in: Palandt, BGB, 79. Aufl. § 1004 Rn 32 mwN). Diese Vermutung hat die Beklagte nicht widerlegt.

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EuGH: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Zustimmung des Nutzers - andernfalls unzulässige Werbung

EuGH
Urteil vom 25.11.2021
C-102/20
StWL Städtische Werke Lauf a.d Pegnitz


Der EuGH hat entschieden, dass die Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Zustimmung des Nutzers bedarf. Andernfalls handelt es sich um unzulässige Werbung.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Inbox advertising: Die Einblendung von Werbenachrichten in der E-Mail-Inbox in einer Form, die der einer tatsächlichen E‑Mail ähnlich ist, stellt eine Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung im Sinne der Richtlinie 2002/58 dar

Diese Nachrichten begründen eine Verwechslungsgefahr, die dazu führen kann, dass ein Nutzer, der auf die der Werbenachricht entsprechende Zeile klickt, gegen seinen Willen auf eine die betreffende Werbung enthaltende Internetseite weitergeleitet wird.

Die Städtische Werke Lauf a.d Pegnitz GmbH (im Folgenden: StWL) und die eprimo GmbH sind zwei miteinander im Wettbewerb stehende Stromlieferanten. Im Auftrag von eprimo schaltete eine Werbeagentur Werbeanzeigen, die in der Einblendung von Bannern in E‑Mail-Postfächern von Nutzern des kostenfreien E‑Mail-Dienstes T-Online bestanden.

Diese Nachrichten wurden eingeblendet, sobald die Nutzer des E-Mail-Dienstes ihre Inbox öffneten, wobei sowohl die betroffenen Nutzer als auch die eingeblendeten Nachrichten zufällig ausgewählt wurden (sog. „Inbox advertising“). Sie unterschieden sich optisch von der Liste der anderen E-Mails des Kontonutzers nur dadurch, dass das Datum durch die Angabe „Anzeige“ ersetzt war, dass kein Absender angegeben war und dass der Text grau unterlegt war. Die Betreffangabe des Listeneintrags enthielt einen Text zur Bewerbung vorteilhafter Preise für Strom und Gas.

StWL war der Ansicht, dass diese Werbepraxis, bei der elektronische Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten verwendet werde, gegen die Vorschriften über unlauteren Wettbewerb verstoße. Daher nahm StWL eprimo vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth (Deutschland) auf Unterlassung in Anspruch. Dieses Gericht gab der Klage von StWL statt und
verurteilte eprimo, eine solche Werbung zu unterlassen, da diese eine unzumutbaren Belästigung darstelle und irreführend sei.

Auf die von eprimo beim Oberlandesgericht Nürnberg (Deutschland) eingelegte Berufung stellte dieses Gericht fest, dass diese Werbemaßnahme keine wettbewerbsrechtlich unzulässige geschäftliche Handlung sei.

Der mit der von StWL eingelegten Revision befasste Bundesgerichtshof (Deutschland) ist der Auffassung, dass der Erfolg der Revision von der Auslegung des Unionsrechts abhänge, und hat dem Gerichtshof daher Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Er ersucht den Gerichtshof insbesondere, sich zu der Frage zu äußern, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine Praxis, bei der Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes, der diesem Nutzer unentgeltlich zur Verfügung gestellt und durch die von den Werbekunden bezahlte Werbung finanziert wird, angezeigt werden, als mit den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 2002/58 und 2005/291 vereinbar angesehen werden kann.

Der Gerichtshof weist erstens darauf hin, dass die Richtlinie 2002/58 u. a. darauf abzielt, die Teilnehmer gegen die Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung, insbesondere durch automatische Anrufsysteme, Faxgeräte und elektronische Post, einschließlich SMS, zu schützen. Dieses Ziel muss unabhängig von der zugrunde liegenden Technologie gewährleistet sein, weshalb ein weiter und aus technologischer Sicht entwicklungsfähiger Begriff der von dieser Richtlinie erfassten Art von Kommunikation geboten ist.

In Anbetracht der Modalitäten der Verbreitung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Werbenachrichten ist der Gerichtshof der Ansicht, dass eine solche Vorgehensweise eine Verwendung elektronischer Post darstellt, die geeignet ist, das Ziel, die Nutzer vor einer Verletzung ihrer Privatsphäre durch unerbetene Nachrichten für Zwecke der Direktwerbung zu
schützen, zu beeinträchtigen.

Zweitens ist der Gerichtshof der Auffassung, dass bereits die Art der Werbenachrichten, die die Bewerbung von Diensten zum Gegenstand haben, und der Umstand, dass sie in der Form einer E-Mail verbreitet werden, es erlauben, diese Nachrichten als „Nachrichten für die Zwecke der Direktwerbung“ einzustufen. Dem Umstand, dass der Adressat dieser Werbenachrichten nach dem Zufallsprinzip ausgewählt wird, kommt nach Ansicht des Gerichtshofs keinerlei Bedeutung zu; entscheidend ist, dass eine zu kommerziellen Zwecken vorgenommene Kommunikation vorliegt, die einen oder mehrere Nutzer von E-Mail-Diensten direkt und individuell erreicht.

Drittens stellt der Gerichtshof klar, dass die Verwendung elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung unter der Voraussetzung gestattet ist, dass ihr Empfänger zuvor darin eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung muss in einer Willensbekundung der betroffenen Person zum Ausdruck kommen, die ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgt.

Der E-Mail-Dienst T-Online wird den Nutzern in Form zweier Kategorien von E-Mail-Diensten angeboten, nämlich zum einen eines unentgeltlichen E-Mail-Dienstes, der durch Werbung finanziert wird, und zum anderen eines entgeltlichen E-Mail-Dienstes ohne Werbung. Der Gerichtshof ist daher der Ansicht, dass der Bundesgerichtshof festzustellen haben wird, ob der betroffene Nutzer, der sich für die unentgeltliche Variante des E-Mail-Dienstes T-Online entschieden hat, ordnungsgemäß über die genauen Modalitäten der Verbreitung einer solchen Werbung informiert wurde und tatsächlich darin einwilligte, Werbenachrichten zu erhalten.

Viertens ist der Gerichtshof zwar der Ansicht, dass die Einblendung dieser Werbenachrichten in der Liste der privaten E-Mails des Nutzers den Zugang zu diesen E-Mails in ähnlicher Weise behindert wie dies bei unerbetenen E-Mails (auch als „Spam“ bezeichnet) der Fall ist, weist aber darauf hin, dass die Richtlinie 2002/58 nicht das Erfordernis vorschreibt, festzustellen, dass die Belastung des Nutzers über eine Belästigung hinausgeht. Zugleich stellt der Gerichtshof fest, dass eine solche Einblendung von Werbenachrichten dem Nutzer jedenfalls tatsächlich eine Belastung auferlegt.

Schließlich ist der Gerichtshof der Ansicht, dass ein Vorgehen, das darin besteht, in der Inbox eines Nutzers eines E-Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der einer tatsächlichen E-Mail ähnlich ist, einzublenden, unter den Begriff des „hartnäckigen und unerwünschten Ansprechens“ der Richtlinie 2005/29 fällt, wenn die Einblendung dieser Werbenachrichten zum einen so häufig und regelmäßig war, dass sie als „hartnäckiges“ Ansprechen eingestuft werden kann, und zum anderen bei Fehlen einer von diesem Nutzer zuvor erteilten Einwilligung als „unerwünschtes“ Ansprechen eingestuft werden kann.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


LG Wiesbaden: 1-Cent-Überweisung mit Werbung im Verwendungszweck ist unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG und abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

LG Wiesbaden
Urteil vom 01.06.2021
11 O 47/21


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass eine 1-Cent-Überweisung mit Werbung im Verwendungszweck eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG und abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Verfügungsklägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Unterlassungserklärung wie tenoriert. Der Anspruch auf Unterlassung ergibt sich aus § 5 a Abs. 6 UWG. Die 1-Cent- Überweisungen stellen geschäftliche Handlungen im Sinne der Vorschrift dar. Geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG bedeutet jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Mit den 1-Cent-Überweisungen bewirkt/fördert die Verfügungsklägerin die Crowd Investing-Plattform „[...] Crowd" der [...]Group, indem sie auf deren Domain ([...]-Crowd.com) und die dort angebotenen Emissionen verweist. Darüber hinaus fördert die Verfügungsbeklagte damit aber auch ihren eigenen Wettbewerb, weil sie selbst auf der Plattform Vermögensanlagen anbietet.

Nach § 5 a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das nicht kenntlich machen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der kommerzielle Zweck wird vorliegend nicht kenntlich gemacht. Ein nicht kenntlich machen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann (BGH GRuR 2013, 644 Rdn. 15). Maßgebend ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG die Sicht des durchschnittlich informierten situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe. Vorliegend wird der durchschnittliche Verbraucher im Zuge der 1-Cent- Überweisung davon ausgehen, dass er mit der Verfügungsbeklagten in einer konkreten geschäftlichen Beziehung gestanden hat, was sich aus dem dargelegten Verwendungszweck: "DANKESCHOEN fuer ihr Vertrauen“ ergibt. Die werbliche Zwecksetzung wird damit verschleiert. Tatsächlich bestand kein Anspruch auf den überwiesenen Geldbetrag und kein geschäftlicher Kontakt zwischen der Verfügungsbeklagten und den Überweisungsempfängern. Der kommerzielle Zweck folgt auch nicht aus den Umständen, denn für den unbefangenen Verbraucher ist es auf den ersten Blick nicht möglich zu erkennen, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck, nämlich ein Werbezweck, zugrunde liegt. Es kann insoweit dahinstehen, ob der durchschnittliche Verbraucher nach einer analysierenden Betrachtung der Überweisung die werbliche Wirkung des Beitrags erkennt, weil dies nicht ausreichend ist (BGH GRUR 2013, 644, Rdn. 21).

Mit dem bezweckten Besuch der Website, den der Verbraucher zwecks weiterer Aufklärung des Vorgangs naheliegend aufsuchen wird, hat der Überweisungsempfänger eine geschäftliche Entscheidung getroffen, die er nicht getroffen hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass es sich bei der Überweisung um Werbung handelt.

Die von der Verfügungsbeklagten vorgenommenen 1-Cent-Überweisungen sind zudem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG unzulässig. Danach ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Eine geschäftliche Handlung liegt wie dargestellt vor.

Der Empfänger der Überweisung wird hierdurch auch belästigt. Gegenstand des Schutzes gemäß § 7 Abs. 1 UWG ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre. Es soll verhindert werden, dass den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern Werbemaßnahmen gegen ihren erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten etc.) führt (BGH, Urteil vom 21.04.2016, Aktenzeichen I ZR 276/16, Rdn. 16). Vorliegend rechnet der Verbraucher nicht damit, dass er Werbung im Verwendungszweck von Überweisungen findet, die noch dazu eine geschäftliche Beziehung zu dem Verbraucher suggerieren. Der betroffene Verbraucher kann mit einem solchen Geldeingang nichts anfangen. Es besteht die berechtigte Befürchtung des Verbrauchers, dass es sich um ein dubioses Geschäftsmodell handelt, mit der Gefahr, dass Kundendaten des Verbrauchers unlauter erworben werden. Um sich Gewissheit über den unvorhergesehenen Geldeingang zu verschaffen, muss der Verbraucher Recherchen bezüglich der Überweisung anstellen und wird in diesem Zusammenhang - wie von der Verfügungsbeklagten auch beabsichtigt — die im Verwendungszweck genannte Internetseite besuchen. Ein Besuch dieser Website ist daher nur aufgrund notwendiger Recherchetätigkeit vorgenommen und damit dem Verbraucher aufgedrängt worden.

Die Belästigung ist auch unzumutbar. Eine unzumutbare Belästigung ist gem. des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

Auch wenn es sich hier um eine Überweisung handelt, so ist doch der Gedanke des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG anzuwenden, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Überweisungsempfängers eine inhaltlich störende Werbemaßnahme aufgezwungen wird. Die Verfügungsbeklagte hat durch die Überweisung und den Text die Aufmerksamkeit des Überweisungsempfängers erregt und bedrängt den Verbraucher, sich mit dem Anliegen der Verfügungsbeklagten durch Recherche ihrer Internetseite auseinanderzusetzen. Auch ist weiterhin zu berücksichtigen, dass eine solche Verwendung kostengünstiger Werbemethoden, soweit diese als rechtmäßig angesehen werden, dazu führen wird. dass sich andere Mitwerber zur Nachahmung veranlasst sehen. Daraus würde in Zukunft eine erhebliche Zahl gleichartiger Handlungen entstehen, die auch in ihrer Summe eine wesentliche Belästigung der Verbraucher darstellen würden. Bei der Frage der Unzumutbarkeit der Belästigung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Werbung in einem besonders sensiblen Bereich des Zahlungsverkehrs stattgefunden hat.

Die vorgenommenen 1-Cent-Überweisungen bergen darüber hinaus die Gefahr, dass der Verbraucher deswegen auf seinen Kontoauszügen andere wichtige Posten übersieht. In jedem Fall wird er mehr Zeit benötigen, um die Kontoauszüge sorgfältig zu prüfen. Ob eine unzumutbare Belästigung auch daraus folgt, dass der Empfänger der Überweisung verunsichert sein und sich fragen wird, ob er die Zahlung behalten darf oder diese erstatten muss, kann dahinstehen, da schon die bisherigen genannten Überlegungen eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG begründen.

Die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 1 UWG vermutet.



EuGH-Generalanwalt: Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber bedarf der Zustimmung des Nutzers

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 24.06.2021
C-102/20
StWL Städtische Werke Lauf a.d. Pegnitz GmbH gegen eprimo GmbH,
Beteiligte: Interactive Media CCSP GmbH


Der EuGH-Generalanwalt kommt zu dem Ergebnis, dass Inbox-Werbung durch Einblendung von Werbung durch den E-Mail-Dienst-Betreiber der Zustimmung des Nutzers bedarf.

Schlussanträge:

1. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Einblendung von Werbenachrichten in der Inbox eines Nutzers eines E‑Mail-Dienstes in einer Form, die der von E‑Mails ähnlich ist, und an derselben Stelle wie diese E‑Mails, eine „Verwendung … elektronischer Post für die Zwecke der Direktwerbung“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, wobei es insoweit ohne Bedeutung ist, dass die Empfänger dieser Nachrichten nach dem Zufallsprinzip bestimmt werden, und keine Belastung des Nutzers festgestellt werden muss, die über eine Belästigung hinausgeht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob der Nutzer vor der Einblendung solcher Werbenachrichten in der Inbox seines E‑Mail-Kontos eine zumindest ohne Zwang, für den konkreten Fall und in Kenntnis der Sachlage erfolgte Einwilligung erteilt hat.

2. Der Begriff „hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über … E‑Mail“ im Sinne von Nr. 26 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) ist dahin auszulegen, dass er Verhaltensweisen wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden erfassen kann, die darin bestehen, dass in der Inbox eines Nutzers eines E‑Mail-Dienstes Werbenachrichten in einer Form, die der von E‑Mails ähnlich ist, und an derselben Stelle wie diese eingeblendet werden. Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, zum einen zu prüfen, ob die Einblendung dieser Werbenachrichten so häufig und regelmäßig war, dass sie als „hartnäckiges Ansprechen“ eingestuft werden kann, und zum anderen, ob die Einblendung dieser Nachrichten als „unerwünschtes Ansprechen“ eingestuft werden kann, wobei das Vorliegen oder Fehlen einer von diesem Nutzer vor der Einblendung erteilten Einwilligung und der von ihm geäußerte Widerspruch gegen ein solches werbliches Vorgehen zu berücksichtigen sind.

Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:




OLG Köln: Einmalige unzulässige Zusendung von Werbung per E-Mail oder Fax begründet Dringlichkeit für einstweilige Verfügung

OLG Köln
Beschluss vom 12.04.2021
15 W 18/21


Das OLG Köln hat entschieden, dass auch die einmalige unzulässige Zusendung von Werbung per E-Mail oder Fax die Dringlichkeit für ein einstweilige Verfügung begründet.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gegen die ihm übersandte Werbe-E-Mail vom 21.2.2021 aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB wegen eines rechtswidrigen Eingriffs in seinen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb zu. Er hat glaubhaft gemacht, der Antragsgegnerin zur Übersendung der streitgegenständlichen E-Mail keine Einwilligung erteilt zu haben. Die Antragsgegnerin ist dem im Rahmen der Abmahnung durch Schreiben vom 16.2.2021 nicht entgegengetreten; im Hinblick auf diese außergerichtliche Anhörung der Antragsgegnerin, die inhaltlich mit dem nunmehr gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung übereinstimmt, war im Verfahren bisher auch keine weitere Beteiligung der Antragsgegnerin aus dem Gesichtspunkt der prozessualen Waffengleichheit (vgl. BVerfG, Beschl. v. 30.9.2018 – 1 BvR 1783/17, AfP 2018, 508) geboten.

2. Abweichend von der Auffassung des Landgerichts bejaht der Senat auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes im Sinne von §§ 935, 940 ZPO. Denn auch wenn der Antragsteller nicht Mitbewerber der Antragsgegnerin gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG ist und ihm daher mangels eines Anspruchs aus §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG nicht unmittelbar zugutekommt, ist der Erlass einer einstweiligen Verfügung hier geboten, weil andernfalls ein effektiver Rechtsschutz nicht gewährleistet wäre.

Das Gesetz nennt in § 940 ZPO als Beispiel für das Vorliegen eines Verfügungsgrundes die Abwendung wesentlicher Nachteile und die Verhinderung drohender Gewalt, womit jedoch keine abschließende Regelung intendiert ist. Insofern kann hier die drohende, gegen den Antragsteller gerichtete unerlaubte Handlung in Form der Verletzung seines Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb in die Abwägung der gegenseitigen Interessen einbezogen werden, um so der Wahrung des Rechtsfriedens durch präventiven Rechtsschutz zu dienen (vgl. Vollkommer in: Zöller, Zivilprozessordnung, 33. Auflage, 2020, § 940 ZPO, Rn. 4). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Antragsteller bisher nur eine einzige Werbe-E-Mail von der Antragsgegnerin sowie ein weiteres Werbe-Fax am 4.3.2021 erhalten hat und die von ihm erlittene Beeinträchtigung damit bisher verhältnismäßig geringfügig ausgefallen sein mag. Denn die von dieser Übersendung indizierte Gefahr künftiger Belästigungen, die auch nicht durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung ausgeräumt wurde, ist nicht als derart gering einzustufen, dass das Vorgehen des Antragstellers im Wege des Eilrechtsschutzes unverhältnismäßig wäre (vgl. KG, Urt. v. 20.6.2002 – 10 U 54/02, CR 2003, 291; OLG Köln, Beschl. v. 23.12.2004 – 6 W 127/04, juris).

Der Senat verkennt bei dieser Bewertung ausdrücklich nicht, dass es angesichts der heutigen technischen Möglichkeiten keinen großen Aufwand darstellt, eine unverlangt übersandte E-Mail wieder zu löschen; gleiches dürfte auch hinsichtlich der Entsorgung eines unverlangt übersandten Werbe-Fax gelten. Diese rein auf die Frage des Beseitigungsaufwands fokussierende Betrachtung lässt jedoch außen vor, dass eine darüber hinausgehende Beeinträchtigung für den eingerichteten und ausgeübten Geschäftsbetrieb des Antragstellers darin besteht, für die tägliche Sichtung der E-Mail- und Faxeingänge Sorge zu tragen, sein Personal zu entsprechender Tätigkeit anzuhalten und anzuleiten, das Risiko von Fehlern bei der Löschung/Entsorgung solcher Werbenachrichtung zu tragen und dass – im Falle der Übersendung unerwünschter Werbung per Fax – auch letztlich ein Aufwand an Sachmitteln zu Buche schlägt. Auf der anderen Seite ist dagegen keinerlei schutzwürdiges Interesse der Antragsgegnerin ersichtlich, von einer einstweiligen Regelung des Rechtsverhältnisses verschont zu werden und die Zeit bis zur Erlangung eines zumindest vorläufig vollsteckbaren Urteils im Hauptsacheverfahren dazu nutzen zu können, dem Antragsteller weiterhin Werbung ohne seine Einwilligung zu übersenden. Die Antragsgegnerin hat auf die Abmahnung des Antragstellers mit Schreiben vom 16.2.2021 nicht nur nicht reagiert, sondern ihm vielmehr in der Folgezeit noch eine weitere unverlangte Werbung in Form des Fax vom 4.3.2021 zugeschickt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



KG Berlin: Vertreterbesuche ohne Ankündigung oder Opt-In sind keine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 UWG

KG Berlin
Urteil vom 01.12.2020
5 U 26/19


Das KG Berlin hat entschieden, dass Vertreterbesuche ohne Ankündigung oder Opt-In keine unzumutbare Belästigung im Sinne von § 7 Absatz 1 Satz 1 UWG sind.

Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Der Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 3 i.V. mit § 7 Abs. 1 S. 1 UWG.

Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 UWG ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, wobei offenbleiben kann, ob – wofür einige Ausführungen in den Entscheidungsgründen sprechen können – das Landgericht allein solche Haustürbesuche untersagt hat, die vom Unternehmer nicht angekündigt wurden, oder – wofür der Wortlaut des Tenors spricht – solche, in die der Verbraucher nicht eingewilligt hat. Der Senat hält daran fest, dass die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Haustürbesuchs weder zwingend von einer Ankündigung noch stets von einer Einwilligung abhängt.

a) Zwar folgt aus Haustürbesuchen von Vertriebspersonen eines Unternehmers für den Marktteilnehmer eine “Belästigung“ im Sinne von § 7 Abs. 1 S. 1 UWG.

aa) Belästigend ist eine geschäftliche Handlung, die dem Empfänger aufgedrängt wird und die bereits wegen ihrer Art und Weise unabhängig von ihrem Inhalt als störend empfunden wird (BGH, Urt. v. 25.04.2019 – I ZR 23/18, GRUR 2019, 750 Rn. 12 – WifiSpot; Urt. v. 03.03.2011 – I ZR 167/09, GRUR 2011, 747 Rn. 17 – Kreditkartenübersendung; Senat, Urt. v. 18.10.2013 – 5 U 138/12 –, Rn. 19, juris).

bb) Zutreffend stellt das Landgericht insoweit darauf ab, dass bei einem Klingeln der Vertriebsperson an der Haustür der Verbraucher seine aktuelle Tätigkeit unterbrechen muss, um zur Tür zu gehen und nachzusehen, wer der Besucher ist. Darüber hinaus muss sich der Verbraucher das Anliegen der Vertriebsperson anhören, um dann gegebenenfalls ablehnend die Tür zu schließen. Dabei besteht auch die Gefahr, dass der Verbraucher von geschulten Vertriebspersonen in ein längeres Gespräch verwickelt wird, ehe er sich in der Lage sieht, die Tür zu schließen. In jedem Fall aber wird dem Verbraucher ein Besuch aufgedrängt, den dieser unabhängig von dem Inhalt der Werbung vielfach als störend empfindet.

b) Es fehlt hier jedoch – entgegen der Annahme des Landgerichts – an einer “Unzumutbarkeit“ der Belästigung. Die Belästigung, die typischerweise aus einem weder angekündigten noch verabredeten Haustürbesuch folgt, ist für den Verbraucher nicht unzumutbar.

aa) Unzumutbar ist die Belästigung, wenn sie eine solche Intensität erreicht, dass sie von einem großen Teil der Verbraucher als unerträglich empfunden wird, wobei der Maßstab des durchschnittlich empfindlichen Adressaten zugrunde zu legen ist. Dabei kommt es nicht einseitig auf die Perspektive des Adressaten der geschäftlichen Handlung an. Die Unzumutbarkeit ist vielmehr zu ermitteln durch eine Abwägung der auch verfassungsrechtlich geschützten Interessen des Adressaten, von der Werbung verschont zu bleiben (Art. 2 Abs. 1 GG), und des werbenden Unternehmers, der seine gewerblichen Leistungen durch Werbung zur Geltung bringen will (Art. 5 Abs. 1, Art. 12 GG; vgl. BGH, Urt. v. 03.03.2011 – I ZR 167/09, GRUR 2011, 747 Rn. 17 – Kreditkartenübersendung; Senat, Urt. v. 18.10.2013 – 5 U 138/12 –, juris Rn. 22).

bb) Die Frage, ob die mit einer unbestellten Haustürwerbung typischerweise einhergehende Belästigung für den Marktteilnehmer unzumutbar ist, wird in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beantwortet.

(1) In der Literatur wird Haustürwerbung verbreitet – insbesondere unter Hinweis auf eine noch größere belästigende Wirkung als bei einer Telefonwerbung – als unzumutbare Belästigung angesehen und insoweit nicht nur eine Ankündigung des Hausbesuches gefordert, sondern sogar eine (ausdrückliche oder mutmaßliche) Einwilligung des Verbrauchers (Hecker, WRP 2006, 640, 644; Beater, Unlauterer Wettbewerb, 2011, Rn. 2443 ff.; Reich, GRUR 2011, 589, 595; MüKoUWG/Leible, 3. Auflage, UWG § 7 Rn. 241; Mankowski in: Fezer/Büscher/Obergfell, UWG, 3. Auflage, § 7 Rn. 311; Menebröcker in: Göttingen/Nordemann, UWG, 3. Auflage, § 7 Rn. 139; Ohly in: Ohly/Sosnitza, UWG, 7. Auflage, § 7 Rn. 80; Schöler in: Harte-Bavendamm, Henning-Bodewig, UWG, 4. Auflage, § 7 Rn. 93; Köhler in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Auflage, § 7 Rn. 46 ff.; Hasselblatt/Zarn in: Gloy/Loschelder/Dankwerts, Wettbewerbsrecht, 5. Auflage, § 61 Rn. 60; Pahlow in: Teplitzky/Peifer/Leistner, UWG, 3. Auflage, § 7 Rn. 64). Ein anderer Teil der Literatur lehnt hingegen – unter Hinweis auf den geringen Umfang und die hohen Kosten der Haustürwerbung sowie eine daraus folgende geringe Nachahmungsgefahr – die Annahme einer unzumutbaren Belästigung ab (Fernandez-Novoa, GRUR Int. 1973, 436, 440; Lehmann, GRUR 1974, 133; Hefermehl, GRUR 1980, 622, 626 f; Ulmer, WRP 1986, 445, 454; Möller, WRP 2010, 321, 323; Koch in: jurisPK-UWG, 4. Auflage, § 7 Rn. 67; Büscher in: Büscher, UWG, § 7 Rn. 76; Bittner, WRP 2019, 1529 Rn. 17 ff.).

(2) Der BGH hat bereits in älteren Entscheidungen keinen Anlass gesehen, den Hausbesuch zu Werbezwecken generell einzuschränken, etwa durch das Erfordernis einer Ankündigung oder einer Erlaubnis des Verbrauchers. Nur bei Vorliegen besonderer Umstände (zukünftige Bestattungsaufträge, Zusendung unbestellter Waren mit Ankündigung eines Vertreterbesuches, Grabsteinaufträge vor Ablauf von vier Wochen nach dem Todesfall; Aufforderung zur Einholung von Informationen mit tatsächlich nachfolgendem Vertreterbesuch, Grabsteinaufträge nach dem Todesfall auch ohne zeitliche Begrenzung, Gewinnübermittlung durch Verkaufsvertreter) hat er im jeweiligen Einzelfall den Hausbesuch zu Werbezwecken als unlauter angesehen (BGH, Urt. v. 08.07.1955 – I ZR 52/54, GRUR 1955, 541, 542; Urt. v. 11.11.1958 – I ZR 179/57, GRUR 1959, 277, 280 – Künstlerpostkarten; Urt. v. 01.02.1967 – Ib ZR 3/65 – Rn. 12 ff., juris – Grabsteinaufträge I; Urt. v. 15.05.1968 – I ZR 17/66 –, Rn. 18, juris – Farbbildangebot; Urt. v. 19.06.1970 – I ZR 115/68 –, Rn. 12 ff., juris – Telefonwerbung I; Urt. v. 12.03.1971 – I ZR 119/69 –, Rn. 22 ff., juris – Grabsteinaufträge II; Urt. v. 30.03.1971 – I ZR 130/69 –, Rn. 31 ff., juris – Schlankheitskur; Urt. v. 22.09.1972 – I ZR 104/71 –, Rn. 12, juris – Gewinnübermittlung). In mehreren Entscheidungen hat der BGH ausdrücklich ausgeführt, dass unangekündigte Besuche von Vertriebspersonen grundsätzlich wettbewerbsrechtlich erlaubt sind, weil historische Gegebenheiten den Schutz des erworbenen Besitzstandes rechtfertigen und weil üblicherweise jedermann frei in seiner Entscheidung ist, ob er einem ungebetenen Vertreter den Zutritt ins Haus gestatten will oder nicht und es erwartet werden kann, dass der Verbraucher von dieser Freiheit Gebrauch macht (Urt. v. 19.06.1970 – I ZR 115/68 –, Rn. 12, juris – Telefonwerbung I; Urt. v. 15.05.1968 – I ZR 17/66 –, Rn. 18, juris – Farbbildangebot; Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 285/91 –, Rn. 25, juris – Lexikothek; Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung; Urt. v. 01.04.2004 – I ZR 227/01 –, Rn. 23, juris – Ansprechen in der Öffentlichkeit; Urt. v. 18.06.2014 – I ZR 242/12 –, Rn. 29, juris – Geschäftsführerhaftung). Die grundsätzliche wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit unerlaubter Besuche von Vertriebspersonen hat der BGH dabei nicht nur nebenbei erwähnt (wie in den Entscheidungen Urt. v. 19.06.1970 – I ZR 115/68 –, Rn. 12, juris – Telefonwerbung I; Urt. v. 01.04.2004 – I ZR 227/01 –, Rn. 23, juris – Ansprechen in der Öffentlichkeit; Urt. v. 18.06.2014 – I ZR 242/12 –, Rn. 29, juris – Geschäftsführerhaftung), sondern auch als tragend seiner – den jeweiligen Vertreterbesuch erlaubenden – Entscheidung zugrunde gelegt (Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 285/91 –, Rn. 25, juris – Lexikothek; Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung). Unzulässig ist die unangekündigte Kontaktaufnahme im häuslichen Bereich hiernach nur dann, wenn aufgrund besonderer Umstände die Gefahr einer untragbaren oder sonst wettbewerbswidrigen Belästigung und Beunruhigung des privaten Lebensbereichs gegeben ist (BGH Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung).

cc) Auch der Senat ist bislang davon ausgegangen, dass Haustürwerbung unabhängig davon grundsätzlich zulässig ist, ob der Termin angekündigt worden oder der Verbraucher in den Besuch (ausdrücklich oder konkludent) eingewilligt hatte (vgl. Senat, Urt. v. 14.07.1992 – 5 U 5237/89, BeckRS 1992, 01453 Rn. 33). Er sieht auch nach erneuter Prüfung keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Die zur Feststellung der Unzumutbarkeit i.S. von § 7 Abs. 1 UWG gebotene Interessenabwägung führt vielmehr zu dem Ergebnis, dass die berechtigten Interessen der Verbraucher daran, vor der Haustürwerbung verschont zu bleiben, die Interessen der Beklagten, Haustürbesuche auch ohne Einwilligung oder Vorankündigung durchzuführen, grundsätzlich nicht überwiegen.

(1) Allerdings lassen sich weder aus dem Europarecht noch aus § 355 Abs. 1 i. V. mit § 312g Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB zwingende Vorgaben an die hier vorzunehmende Interessenabwägung ableiten.

(a) Aus dem Europarecht folgt nicht, dass unangekündigte Haustürbesuche oder Haustürbesuche ohne vorherige Einwilligung in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht grundsätzlich unzulässig sind. Umgekehrt folgt aus jenen Vorgaben aber auch nicht abschließend, unter welchen Voraussetzungen sie zulässig sind. Nach ihren Erwägungsgründen 6 und 8 bezweckt die UGP-Richtlinie (2005/29/EG; im Folgenden auch UGP-RL) eine vollständige Rechtsangleichung nur im Hinblick auf den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher. Sie will verhindern, dass Geschäftspraktiken das wirtschaftliche Verhalten der Verbraucher (Erwägungsgrund 13 Satz 2 UGP-RL), nämlich ihre Fähigkeit zu einer informierten und freien geschäftlichen Entscheidung, beeinträchtigen (Köhler, WRP 2017, 253 Rn. 7). Die UGP-RL behandelt in Art. 8 und Art. 9 sowie in Anh. I Nr. 25, 26 und 29 die Belästigung unter bestimmten Voraussetzungen als aggressive Geschäftspraktik und trifft insoweit eine abschließende Regelung, als die Geschäftspraktiken geeignet sind, die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher erheblich zu beeinträchtigen (Köhler in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG 38. Auflage, § 7 Rn. 9). Dieser Regelungsgehalt der UGP-RL ist im Falle einer Belästigung in § 4a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 UWG sowie im Anhang (zu § 3 Abs. 3) Nr. 26 übernommen worden. Dagegen bezieht sich die UGP-RL nach ihrem Erwägungsgrund 7 “nicht auf die gesetzlichen Anforderungen in Fragen der guten Sitten und des Anstands, die in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich sind“. Nach Auffassung des Unionsgesetzgebers sollten daher die Mitgliedstaaten “im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht (…) weiterhin Geschäftspraktiken aus Gründen der guten Sitten und des Anstands verbieten können, auch wenn diese Praktiken die Wahlfreiheit des Verbrauchers nicht beeinträchtigen“. Aus diesem Grunde war der deutsche Gesetzgeber durch die UGP-RL nicht gehindert, geschäftliche Handlungen, die eine unzumutbare Belästigung der Verbraucher darstellen, ohne Rücksicht darauf zu verbieten, ob sie darüber hinaus auch die Entschließungsfreiheit der Verbraucher beeinträchtigen (BGH, GRUR 2010, 1113 Rn. 14 – Grabmalwerbung; GRUR 2019, 750 Rn. 12 – WifiSpot; Köhler, aaO, § 7 Rn. 9). Daraus folgt zum einen, dass § 7 Abs. 1 UWG mit der UGP-RL 2005/29 grundsätzlich vereinbar ist (vgl. Köhler, aaO, § 7 Rn. 9). Zum anderen ergibt sich aus dem Vorstehenden, dass die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine unzumutbare Belästigung vorliegt, sich nach nationalen Maßstäben richten kann.

(b) Der Umstand, dass dem Verbraucher gem. § 355 Abs. 1 i.V. mit § 312g Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB grundsätzlich das Recht zusteht, seine auf den Abschluss eines außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrages gerichtete Willenserklärung zu widerrufen, lässt ebenfalls keinen Rückschluss auf die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der in Rede stehenden Werbeform zu. Denn das Vertragsrecht befasst sich insoweit nur mit den Folgen einer Direktansprache, während die Frage, ob die Werbung zulässig ist, dem Wettbewerbsrecht unterfällt. Der dem Verbraucher mit dem Recht des Widerrufs gewährte vertragliche Schutz vor den Folgen einer möglicherweise nach überraschender Ansprache unüberlegt abgegebenen rechtsgeschäftlichen Erklärung steht neben dem Schutz seines Rechts, unbelästigt zu bleiben (BGH, Urt. v. 01.04.2004 – I ZR 227/01 –, Rn. 21, juris – Ansprechen in der Öffentlichkeit; insoweit abweichend und die Billigung durch die Gewerbeordnung und das Haustürwiderrufsgesetz betonend noch Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 285/91 –, Rn. 25, juris – Lexikothek; Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung).

(2) Im Ausgangspunkt zutreffend weist das Landgericht darauf hin, dass unerwünschte Vertreterbesuche regelmäßig stärker als etwa eine – gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers erfordernde – Telefonwerbung in die Privatsphäre des Verbrauchers eingreifen. Ein Telefongespräch kann der Verbraucher ohne eine persönliche Nähe des Werbenden beenden, während er sich bei einem Besuch einer Vertriebsperson mit dieser persönlich von Angesicht zu Angesicht auseinandersetzen muss (vgl. Köhler, aaO, § 7 Rn. 47; Pahlow, aaO, § 7 Rn. 64). Demgegenüber erscheint es wenig überzeugend, wenn darauf hingewiesen wird, Telefonwerbung sei zeitlich unbeschränkter möglich und der Besuch einer Vertriebsperson könne leichter als Werbung erkannt werden als ein telefonischer Werbeanruf (dahingehend BGH, Urt. v. 16.12.1993 – I ZR 285/91 –, Rn. 18, juris – Lexikothek).

Die entscheidenden Unterschiede zwischen der unerlaubten Telefonwerbung und einer Werbung mittels Besuchs durch eine Vertriebsperson liegen nach Auffassung des Senats vielmehr in der unterschiedlichen Anzahl dieser Werbungen gegenüber dem einzelnen Verbraucher und in der bei der Telefonwerbung deutlich größeren Nachahmungsgefahr. Unerwünschte Besuche von Vertriebspersonen erhält der einzelne Verbraucher typischerweise allenfalls an sehr wenigen Tagen im Jahr. Telefonwerbung kann den einzelnen Verbraucher dagegen monatlich an sogar mehreren Tagen treffen, und dies trotz des geltenden ausdrücklichen Verbots der unerwünschten Telefonwerbung. Hintergrund ist schon an dieser Stelle der ungleich größere Kostenaufwand der Besuche von Vertriebspersonen im Vergleich zur Telefonwerbung.

Der sehr große Aufwand der Besuche, zudem noch verbunden mit einer eher geringen Erfolgserwartung, steht auch der Annahme entgegen, diese Werbeform könnte zukünftig einen erheblich größeren Umfang (und damit auch eine erheblich größere Belästigung der Verbraucher) annehmen als bislang (vgl. BGH, GRUR 1994, 818 juris Rn. 14 – Schriftliche Voranmeldung; Koch in: jurisPK-UWG, 4. Auflage, § 7 Rn. 67). Zwar mag die Erfolgserwartung von Telefonwerbung mag nicht größer sein als bei der Werbung an der Haustür. Der einzelne Telefonanruf verursacht aber typischerweise nur einen geringen Bruchteil derjenigen Kosten, die bei Besuchen von Vertriebspersonen anfallen. Daraus folgt ein ausgesprochen günstiges Kosten-/Nutzenverhältnis der Telefonwerbung, welches dazu geführt hat, dass schon in den letzten Jahren das geltende Verbot unerwünschter Telefonwerbung zahlreich übergangen wurde und die damit verbundenen Risiken von den werbenden Unternehmen vielfach hingenommen wurden. Bei einer Freigabe der Telefonwerbung wäre wohl damit zu rechnen, dass den Verbraucher nahezu täglich einzelne oder mehrere Werbeanrufe erreichten. Die Nachahmungsgefahr durch Wettbewerber war schon jeher in der Rechtsprechung ein zentrales Argument für die Annahme einer Unlauterkeit (vgl. Urt. v. 01.02.1967 – Ib ZR 3/65 – Rn. 12, juris – Grabsteinaufträge I; Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 14, juris – Schriftliche Voranmeldung). Wäre bei der unerwünschten Telefonwerbung anzunehmen, dass sie auch bei einer Freigabe auf vereinzelte Anrufe - wie im Bereich der Haustürbesuche - beschränkt bliebe, so gäbe es auch insoweit keinen hinreichenden Anlass, diese Werbeform zu untersagen.

Vor diesem Hintergrund überzeugt es auch nicht, wenn der Kläger aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber sich in § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG im Hinblick auf die Telefonwerbung für das sog. Opt-Out-Modell entschieden habe, ableitet, dass es generell nicht die Aufgabe des Verbrauchers sein könne, sich vor unerwünschter Werbung zu schützen. Ohne ein solches Opt-Out-Modell erschien es dem Gesetzgeber vielmehr nicht möglich, der ausufernden Telefonwerbung wirksam Einhalt zu gebieten. Der Regelung kann mithin der von dem Kläger beigemessene Inhalt nicht entnommen werden.

(3) Auch das Landgericht räumt ein, dass die Gefahr eines gehäuften Auftretens von Außendienstmitarbeitern wegen der damit verbundenen Kosten derzeit noch als gering einzuschätzen ist. Es mag möglich sein, dass sich Haustürwerbung zukünftig in bestimmten Branchen in einem größeren Umfang als bislang als wirtschaftlich erfolgreich erweisen kann, auch wenn der Direktvertrieb zunehmend auf eine Konkurrenz mit dem häufig kostengünstigeren Onlinehandel trifft, so dass ein wirtschaftliches Bedürfnis der Verbraucher an jener Absatzform auch sinken könnte (vgl. Koch in: jurisPK-UWG, 4. Auflage, § 7 Rn. 71; Pahlow, aaO, § 7 Rn. 66), zumal das Bedürfnis des Verbrauchers nach einer persönlichen Beratung zielgerichteter über den stationären Handel und häufig auch über den Internethandel abgedeckt werden kann (vgl. hierzu auch Koch in: juris PK-UWG, 4. Auflage, § 7 Rn. 71). Eine entsprechende Entwicklung ist derzeit nicht konkret absehbar. Weder der Kläger noch das Landgericht haben hierzu näher ausgeführt, eine entsprechende Entwicklung ist auch sonst nicht ersichtlich. Dann aber muss nicht schon heute gleichsam präventiv eine Einschränkung der Haustürwerbung erfolgen. Es kann zwanglos die weitere Entwicklung abgewartet werden, bis sich eine drohende Häufung von Vertreterbesuchen aufgrund eingetretener Veränderungen oder bestimmter Entwicklungen näher abzeichnet. Ein solches Abwarten erscheint auch im Hinblick auf einen gewissen Besitzstand der Unternehmer geboten. Das Wandergewerbe gehört zu den ältesten Handelsformen. Unangekündigte Haustürbesuche sind bis heute vom Gesetzgeber und von der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht ausdrücklich untersagt oder allgemein eingeschränkt worden (Urt. v. 19.06.1970 – I ZR 115/68 –, Rn. 12, juris – Telefonwerbung I), sondern als im Rahmen einer traditionell zulässigen gewerblichen Betätigung liegend betrachtet worden (BGH, Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung). Auch vor diesem Hintergrund erscheinen wettbewerbsrechtliche Einschränkungen nur dann als angemessen, wenn neuere Entwicklungen in der Gesellschaft hierzu ausreichenden Anlass geben (vgl. auch Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung). Daran fehlt es derzeit.

(4) Entgegen der Annahme des Landgerichts verfügt der Verbraucher regelmäßig über eine einfache und zumutbare Möglichkeit, Haustürbesuche von vornherein durch Anbringung eines entsprechenden Schildes oder Aufklebers am Briefkasten oder an der Wohnungstür zu unterbinden oder einzuschränken. Angesichts der auch vom Landgericht angenommenen großen Belästigungswirkung kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Vermieter das Anbringen solcher Schilder oder Aufkleber mietvertragsrechtlich dulden muss. Insoweit kann aus Sicht des Senats auf die Grundsätze abgestellt werden, die dann gelten, wenn ein Mieter auf dem Briefkasten einen Aufkleber zur Abwehr von Papierwerbung anbringt (s. etwa AG München, Urt. v. 11.01.1989 – 223 C 40534/88, WM 1989, 231; Reismann, WuM 2007, 361). Problematisch können insoweit nur Haustürbesuche in Häusern mit mehreren Wohnungen sein, die über eine Gegensprechanlage verfügen. Denn größere Klingeltableaus können nicht ohne weiteres individuell mit einem – Besuche von Vertriebspersonen abweisenden – Schild oder Aufkleber versehen werden, da die Interessen der dort wohnenden Verbraucher unterschiedlich sein können. In diesen Fällen erfolgt die belästigende Kontaktaufnahme jedoch bereits über die Klingel an der Haustür und nicht erst vor der Wohnungstür des einzelnen Wohnungsinhabers. Die belästigende Wirkung ist deshalb angesichts der fehlenden persönlichen Gegenüberstellung geringer und sie entspricht regelmäßig der Belästigung durch einen Telefonanruf. Dass gem. § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG ein Werbeanruf, in den der Verbraucher nicht eingewilligt hatte, als unzumutbare Belästigung anzusehen ist, führt freilich nicht dazu, die Haustürbesuche, die über einer Gegensprechanlage eingeleitet werden, ebenfalls für unzulässig zu halten. Denn mit § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Telefonwerbung vergleichsweise geringe Kosten verursacht und damit eine hohe Nachahmungsgefahr in sich trägt. Letzteres kommt bei einem persönlichen Besuch vor Ort nicht zum Tragen.

(5) Zwar mag es Fälle geben, in denen Vertriebspersonen die Situation, dass eine Person in das Haus hineingeht oder es verlässt, ausnutzen, um in das Haus “hineinzuschlüpfen“. Auch dies führt aber nicht dazu, dass Haustürbesuche grundsätzlich unzulässig sind. Ein solches – unter Umständen auch strafrechtlich relevantes – Verhalten ist jedenfalls nicht typisch und muss im Rahmen der hier vorzunehmenden Abwägung, in der allein der Ablauf eines typischen Haustürbesuchs in Ansatz zu bringen ist, außer Betracht bleiben.

(6) Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit eines Haustürbesuchs ist auch nicht zwingend davon abhängig, dass der Unternehmer diesen (schriftlich) ankündigt. Der Aufwand, der aus einem solchen Erfordernis für die Unternehmen folgen würde, wäre beträchtlich, zumal eine Datengrundlage geschaffen werden müsste, die Aufschluss darüber gibt, welche Verbraucher eine entsprechende Benachrichtigung erhalten haben. Demgegenüber wäre der Vorteil für den Schutz der Privatsphäre des Verbrauchers durch eine vorangehende Ankündigung eines Vertreterbesuches gering. In der Ankündigung kann typischerweise ohnehin nur ein Zeitfenster angegeben werden, in dem der Besuch stattfinden soll. Bei einem Klingeln an der Haustür innerhalb dieses Zeitfensters weiß der Verbraucher aber noch nicht sicher, ob die angekündigte Vertriebsperson, ein Freund, Bekannter oder ob sonst wer Einlass begehrt. Der Verbraucher muss also auch bei einer vorhergehenden Ankündigung des Besuchs seine aktuelle Tätigkeit unterbrechen und zur Haustür gehen, um näheres zu erfahren. Er mag dann nicht mehr so überrascht sein, wenn der Vertreter sein Begehren vorträgt (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 12, juris – Schriftliche Voranmeldung). Dieser Vorteil wird aber aufgewogen durch den Nachteil, dass der Verbraucher sich dem Vorwurf ausgesetzt sehen könnte, er hätte aufgrund der schriftlichen Voranmeldung den Vertreterbesuch rechtzeitig absagen können (vgl. BGH, Urt. v. 05.05.1994 – I ZR 168/92 –, Rn. 13, juris – Schriftliche Voranmeldung). So führt die schriftliche Voranmeldung des Besuchs zwar nicht zu einer weitergehenden Belästigung als der unangekündigte Vertreterbesuch, er kann aber eigene Beschwernisse für den Verbraucher haben. Insgesamt wäre daher das Erfordernis einer vorherigen Ankündigung des Besuchs angesichts der geringen Vorteile für den Verbraucher und der sehr erheblichen Nachteile für den Unternehmer unverhältnismäßig.

(7) Wollte man den durch Haustürbesuche werbenden Unternehmer für verpflichtet halten, zuvor die Einwilligung des Besuchten einzuholen, mag in den - freilich nicht immer gegebenen - Fällen, in denen eine konkrete Besuchszeit ausgemacht wird, die Überraschung auf Seiten des Besuchten noch geringer sein, als bei einer etwaigen Pflicht zur vorherigen Ankündigung. Dafür wäre aber der Aufwand auf Seiten des Unternehmers noch größer.


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BGH legt EuGH vor: (Un-)Zulässigkeit von Werbung im Posteingang eines Freemail-Anbieters - Inbox-Werbung

BGH
Beschluss vom 30.01.2020
I ZR 25/19
Inbox-Werbung
Richtlinie 2002/58/EG Art. 2 Satz 2 Buchst. h, Art. 13 Abs. 1; Richtlinie 2005/29/EG Nr. 26 des Anhangs I; UWG § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 3, Abs. 2 Nr. 4 Buchst. a


Der BGH hat dem EuGH diverse Fragen im Zusammenhang mit der (Un-)Zulässigkeit von Werbung im Posteingang eines Freemail-Anbieters vorgelegt.

Siehe zur Vorinstanz OLG Nürnberg: Werbeanzeigen im Posteingang eines kostenlosen E-Mail-Postfachs ist keine unzumutbare Belästigung nach § 7 UWG

Leitsatz des BGH:

Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 2 Satz 2 Buchst. h und Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) sowie Nr. 26 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist der Begriff des Verschickens im Sinne von Art. 2 Satz 2 Buchst. h der Richtlinie 2002/58/EG erfüllt, wenn eine Nachricht nicht von einem Nutzer eines elektronischen Kommunikationsdienstes an einen anderen Nutzer durch ein Dienstleistungsunternehmen an die elektronische "Anschrift" des zweiten Nutzers übersandt wird, sondern infolge des Öffnens der passwortgeschützten Internetseite eines E-Mail-Kontos automatisiert von Adservern auf bestimmten dafür vorgesehene Flächen in der E-Mail-Inbox eines nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Nutzers angezeigt wird (Inbox-Werbung)?

2. Setzt ein Abrufen einer Nachricht im Sinne von Art. 2 Satz 2 Buchst. h der Richtlinie
2002/58/EG voraus, dass der Empfänger nach Kenntniserlangung vom Vorliegen einer
Nachricht durch ein willensgetragenes Abrufverlangen eine programmtechnisch vorgegebene Übermittlung der Nachrichtendaten auslöst oder genügt es, wenn das Erscheinen einer Nachricht in der Inbox eines E-Mail-Kontos dadurch ausgelöst wird, dass der Nutzer die passwortgeschützte Internetseite seines E-Mail-Kontos öffnet?

3. Liegt eine elektronische Post im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG auch dann vor, wenn eine Nachricht nicht an einen bereits vor der Übermittlung konkret feststehenden individuellen Empfänger verschickt wird, sondern in der Inbox eines nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Nutzers eingeblendet wird?

4. Liegt die Verwendung einer elektronischen Post für die Zwecke der Direktwerbung im Sinne von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG nur dann vor, wenn eine Belastung des Nutzers festgestellt wird, die über eine Belästigung hinausgeht?

5. Liegt eine die Voraussetzungen eines "Ansprechens" erfüllende Individualwerbung im Sinne von Nr. 26 Satz 1 des Anhangs I der Richtlinie 2005/29/EG nur dann vor, wenn ein Kunde mittels eines herkömmlich zur Individualkommunikation zwischen einem Absender und einem Empfänger dienenden Mediums kontaktiert wird, oder reicht es aus, wenn - wie bei der im Streitfall in Rede stehenden Werbung - ein Individualbezug dadurch hergestellt wird, dass die Werbung in der Inbox eines privaten E-Mail-Kontos
und damit in einem Bereich angezeigt wird, in dem der Kunde individuell an ihn gerichtete Nachrichten erwartet?

BGH, Beschluss vom 30. Januar 2020 - I ZR 25/19 - OLG Nürnberg- LG Nürnberg-Fürth

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