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LG Wiesbaden: Bei Verstoß gegen DSGVO kein Unterlassungsanspruch in analoger Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB

LG Wiesbaden
Urteil vom 22.01.2022
10 O 14/21

Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass der Betroffene bei einem Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO keinen Unterlassungsanspruch in analoger Anwendung von §§ 1004, 823 Abs. 1 BGB hat. Das Gericht ist der Ansicht, dass die Regelungen der DSGVO abschließend sind und gerade keinen Unterlassungsanspruch vorsehen.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Kläger hat schon nicht schlüssig dargelegt, wann er was in welchem konkreten Onlineshop der Beklagten bestellt haben will und ob es sich um einen allgemeinen Suchaufruf gehandelt hat oder ob Verstöße bei der konkreten Bestellung aufgefallen sind. Insbesondere wenn er geltend macht, dass seine Daten an bestimmte unter a) bis q) in seinem Antrag aufgelisteten Betreiber weitergeleitet worden seien, müssen sich irgendwelche Anhaltspunkte ergeben, dass dies auch tatsächlich der Fall war. Diesbezüglich bedarf es ein Mindestmaß an Informationen, so dass die Behauptung überhaupt nachvollziehbar ist. Denn grundsätzlich muss jemand, der Unterlassung von einem anderen verlangt, nachweisen, dass die beanstandete Handlung überhaupt stattgefunden hat. Wie der Kläger in seinem Schriftsatz vom 6.1.2022 (Bl. 29 d.A.) darlegt, geht der Kläger selbst von einer objektiven Klagehäufung aus und dass die Unterlassungsanträge hinsichtlich der genannten Dienste nicht alternativ, sondern kumulativ gestellt werden. Damit muss die Einbindung jeden Dienstes jeweils substantiiert dargelegt werden. Es reicht keinesfalls alle möglichen und denkbaren Betreiber aufzulisten, um der Darlegungslast nachzukommen.

Darüber hinaus weist die Beklagte zu Recht darauf hin (vgl. Schriftsatz vom 28 10.2021, Bl. 158 d. A.), dass auch jeglicher Vortrag dazu fehlt, dass die verwendete IP-Adresse (dynamische IP-Adresse?) eine Identifikation des Klägers überhaupt ermöglicht.

Es zeigt sich hier sehr deutlich, dass es dem Kläger wohl nicht um eine konkrete Betroffenheit geht und er seine personenbezogenen Rechte verletzt sieht, sondern um eine grundsätzliche abstrakte Klärung. Dies zeigt sich bereits darin, dass es in dem vorliegenden Fall offenbar keinerlei vorgerichtlichen Schriftverkehr gegeben hat, bei dem auch selbstverständlich bestimmte Mindestangaben erforderlich sind, damit sich die angegangene Partei überhaupt verteidigen kann.

2. Im Übrigen scheitert der Antrag des Klägers daran, dass der Kläger für seinen Anspruch keine Anspruchsgrundlage zur Verfügung steht. Ausdrücklich verlangt der Kläger Unterlassung und bezieht sich inhaltlich auf Normen, die sich in der DSGVO finden. Die DSGVO sieht allerdings gerade keinen Unterlassungsanspruch vor. Sofern er sich auf die Art. 6 und Art. 44 DSGVO bezieht, handelt es dabei gerade nicht um Anspruchsgrundlagen. Für einen zivilrechtlichen Anspruch reicht jedenfalls nicht aus, dass es Vorschriften im Sinne von Erlaubnis- oder Verbotsnormen gibt, sondern dass es muss Norm geben, die für den Einzelnen einen subjektiven Anspruch formuliert und damit als Grundlage für die Geltendmachung eines Anspruchs herangezogen werden kann.

Die Anspruchsgrundlage, die die DSGVO vorsieht, ist der Art. 17, der aber nicht das klägerische Begehren abdeckt, da es dem Kläger nicht um das Recht auf Löschung seiner Daten geht. Die Entscheidungen, die er für seinen Anspruch anführt, so z.B. BGH, Urteil vom 27. 7. 2020, Az. VI ZR 405/18 beschäftigen sich im Gegensatz zu seinem Begehren jedoch genau mit diesem Anspruch gemäß Art. 17 DSGVO. In diesem Fall, den der Kläger zur Begründung angeführt hat, ging es jedoch um die Voraussetzungen eines Auslistungsanspruchs gegen den Verantwortlichen eines Internet-Suchdienstes (Entfernung von links aus Suchergebnislisten) und gerade nicht um einen Unterlassungsanspruch.

Einen Unterlassungsanspruch, so wie ihn der Kläger geltend machen will, kennt die DSGVO nicht.

a) Sofern der Kläger der Ansicht ist, dass hier § 1004 BGB analog i.V.m. Art. 6 DSGVO gelten müsse, kann dem nicht gefolgt werden. Ein dem § 1004 BGB vergleichbaren Unterlassungsanspruch sehen die Regelungen der DSGVO nicht vor. Bei der DGSVO handelt es sich um vollharmonisiertes Gemeinschaftsrecht mit einem eigenen, abschließenden Sanktionssystem. Art.79 Abs. 1 DSGVO regelt das Recht auf wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsverarbeiter. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift bleiben lediglich verwaltungsgerichtliche oder außergerichtliche Rechtsbehelfe unbeschadet. Die Inanspruchnahme von Zivilgerichten gehört nicht dazu. Damit gibt es eine Sperrwirkung.

Eine entsprechende Öffnungsklausel in der DSGVO fehlt also, die eine Erweiterung der betroffenen Rechte durch den nationalen Gesetzgeber oder Gerichte erlauben würde. Eine solche Öffnungsklausel wäre aber erforderlich, da es sich um voll harmonisiertes Gemeinschaftsrecht handelt mit der Folge, dass die Mitgliedstaaten innerhalb des Anwendungsbereichs der DSGVO weder einen weiterreichenden noch einen geringeren Schutz vorsehen dürfen. Bei der Anwendung unionsrechtlich vollständig vereinheitlichter Regelungen sind diese aufgrund des grundsätzlichen Anwendungsvorrangs des Unionsrechts vorrangig. Dies bedeutet, dass die Anspruchsgrundlagen der DSGVO grundsätzlich als abschließend anzusehen sind.

b) Auch der Effektivitätsgrundsatz, auf den sich der Kläger auf im Schriftsatz vom 6.1.2022 (Bl.118 d.A.) beruft, führt nicht dazu, dass entgegen diesen allgemeinen Grundsätzen im Unionsrecht eine Anspruchsgrundlage für Unterlassungsansprüche zu bejahen ist. Subjektive Ansprüche bedürfen auch nach der deutschen Rechtsordnung grundsätzlich gesonderter Anspruchsgrundlagen. Auch wenn das europäische Datenschutzrecht dem Zweck dient, einen wirksamen und umfassenden Schutz der Grundrechte natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten, ist das nicht gleichbedeutend damit, dass jeder ein individuelles Klagerecht bekommen muss. Dies gilt gerade angesichts der Tatsache, dass der Kläger die Möglichkeit hat, sich an die Aufsichtsbehörde zu wenden, die genau die Aufgabe hat, entsprechende Fragestellungen einer Klärung zuzuführen. Denn die Person, die der Auffassung ist, dass ihre Daten in rechtswidriger Weise verarbeitet worden seien, hat die Möglichkeit gemäß Art. 79 DGSVO aufsichtsbehördliche Aufsichtsmaßnahmen anzuregen, auch wenn ihr kein Anspruch auf Ergreifung bestimmter Maßnahmen durch die Aufsichtsbehörde zustehen mag. Eine Rechtsschutzlücke, die einen Anspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB begründen könnte, liegt damit nicht vor.

c) Der Kläger vermag für seine Ansicht auch keine höchstrichterliche Entscheidung heranzuziehen. Auch die von ihm im Schriftsatz vom 7.1.2022 zitierte Entscheidung des BGH vom 21.1.2021, Az. I ZR 207/19 stützt seine Auffassung nicht. In dieser Entscheidung geht es um einen Unterlassungsanspruch wegen Verletzung des Rechts am eigenen Bild und des Rechts am eigenen Namen. In dieser Entscheidung erwähnt der BGH (Rn.39) zwar ausdrücklich die Ausführungen des Berufungsgerichts, in denen es dahingestellt habe sein lassen, ob sich der geltend gemachte Unterlassungsanspruch angesichts des zwischenzeitlichen Inkrafttretens der DSGVO weiterhin aus §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2 BGB, §§ 22, 23 KUG ableiten lasse oder inzwischen auf §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2, Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Der BGH trifft selbst aber auch keine Entscheidung in dem Sinne, dass ein Anspruch gemäß 1004 analog i.V.m. Art. 6 Abs. 1 DSGVO bestehe. Dies brauchte der BGH in seiner Entscheidung auch nicht, da er grundsätzlich einen Anspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 2 BGB und 22, 23 KUG geprüft hat.

d) Im Übrigen würde nach Auffassung des Gerichts selbst bei fehlender Sperrwirkung kein Unterlassungsanspruch gegeben sein. Mit § 1004 BGB analog können nicht beliebige quasinegatorische Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche begründet werden. Einen solchen Schutz können nur Rechtspositionen genießen, die dem Eigentum funktional entsprechen, da die spezifische Funktion von § 1004 BGB gerade im Schutz des Sacheigentums liegt. Das Recht an den eigenen Daten entspricht dem Eigentum funktional nicht, da das Eigentum für den Eigentümer ein umfassendes Ausschließungs- und Nutzungsrecht begründen nach § 903 BGB. Personenbezogene Daten sind jedoch nicht in diesem Sinne absolut geschützt, da der von der Datenverarbeitung betroffenen Person kein absolutes Recht an ihren Daten zusteht, sie also keine umfassende Nutzungs- und Ausschlussbefugnis hat (vgl. dazu Münchener Kommentar, 8.Auflage 2020, § 1004 BGB, Rn.34-36).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Wiesbaden: 1-Cent-Überweisung mit Werbung im Verwendungszweck ist unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG und abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

LG Wiesbaden
Urteil vom 01.06.2021
11 O 47/21


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass eine 1-Cent-Überweisung mit Werbung im Verwendungszweck eine unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG und abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Verfügungsklägerin hat einen Anspruch auf die beantragte Unterlassungserklärung wie tenoriert. Der Anspruch auf Unterlassung ergibt sich aus § 5 a Abs. 6 UWG. Die 1-Cent- Überweisungen stellen geschäftliche Handlungen im Sinne der Vorschrift dar. Geschäftliche Handlungen im Sinne des UWG bedeutet jedes Verhalten einer Person zu Gunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt, § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG. Mit den 1-Cent-Überweisungen bewirkt/fördert die Verfügungsklägerin die Crowd Investing-Plattform „[...] Crowd" der [...]Group, indem sie auf deren Domain ([...]-Crowd.com) und die dort angebotenen Emissionen verweist. Darüber hinaus fördert die Verfügungsbeklagte damit aber auch ihren eigenen Wettbewerb, weil sie selbst auf der Plattform Vermögensanlagen anbietet.

Nach § 5 a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt und das nicht kenntlich machen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Der kommerzielle Zweck wird vorliegend nicht kenntlich gemacht. Ein nicht kenntlich machen des kommerziellen Zwecks liegt vor, wenn das äußere Erscheinungsbild der geschäftlichen Handlung so gestaltet wird, dass der Verbraucher ihren kommerziellen Zweck nicht klar und eindeutig erkennen kann (BGH GRuR 2013, 644 Rdn. 15). Maßgebend ist nach § 3 Abs. 4 Satz 1 UWG die Sicht des durchschnittlich informierten situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers oder des durchschnittlichen Mitglieds der angesprochenen Verbrauchergruppe. Vorliegend wird der durchschnittliche Verbraucher im Zuge der 1-Cent- Überweisung davon ausgehen, dass er mit der Verfügungsbeklagten in einer konkreten geschäftlichen Beziehung gestanden hat, was sich aus dem dargelegten Verwendungszweck: "DANKESCHOEN fuer ihr Vertrauen“ ergibt. Die werbliche Zwecksetzung wird damit verschleiert. Tatsächlich bestand kein Anspruch auf den überwiesenen Geldbetrag und kein geschäftlicher Kontakt zwischen der Verfügungsbeklagten und den Überweisungsempfängern. Der kommerzielle Zweck folgt auch nicht aus den Umständen, denn für den unbefangenen Verbraucher ist es auf den ersten Blick nicht möglich zu erkennen, dass der Handlung ein kommerzieller Zweck, nämlich ein Werbezweck, zugrunde liegt. Es kann insoweit dahinstehen, ob der durchschnittliche Verbraucher nach einer analysierenden Betrachtung der Überweisung die werbliche Wirkung des Beitrags erkennt, weil dies nicht ausreichend ist (BGH GRUR 2013, 644, Rdn. 21).

Mit dem bezweckten Besuch der Website, den der Verbraucher zwecks weiterer Aufklärung des Vorgangs naheliegend aufsuchen wird, hat der Überweisungsempfänger eine geschäftliche Entscheidung getroffen, die er nicht getroffen hätte, wenn ihm bewusst gewesen wäre, dass es sich bei der Überweisung um Werbung handelt.

Die von der Verfügungsbeklagten vorgenommenen 1-Cent-Überweisungen sind zudem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG unzulässig. Danach ist eine geschäftliche Handlung, durch die ein Marktteilnehmer in unzumutbarer Weise belästigt wird, unzulässig. Eine geschäftliche Handlung liegt wie dargestellt vor.

Der Empfänger der Überweisung wird hierdurch auch belästigt. Gegenstand des Schutzes gemäß § 7 Abs. 1 UWG ist die Verhinderung des Eindringens des Werbenden in die Privatsphäre des Verbrauchers und die geschäftliche Sphäre. Es soll verhindert werden, dass den Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern Werbemaßnahmen gegen ihren erkennbaren oder mutmaßlichen Willen aufgedrängt werden. Verhindert werden soll darüber hinaus, dass die belästigende Werbung zu einer Bindung von Ressourcen des Empfängers (z.B. Zeitaufwand, Kosten etc.) führt (BGH, Urteil vom 21.04.2016, Aktenzeichen I ZR 276/16, Rdn. 16). Vorliegend rechnet der Verbraucher nicht damit, dass er Werbung im Verwendungszweck von Überweisungen findet, die noch dazu eine geschäftliche Beziehung zu dem Verbraucher suggerieren. Der betroffene Verbraucher kann mit einem solchen Geldeingang nichts anfangen. Es besteht die berechtigte Befürchtung des Verbrauchers, dass es sich um ein dubioses Geschäftsmodell handelt, mit der Gefahr, dass Kundendaten des Verbrauchers unlauter erworben werden. Um sich Gewissheit über den unvorhergesehenen Geldeingang zu verschaffen, muss der Verbraucher Recherchen bezüglich der Überweisung anstellen und wird in diesem Zusammenhang - wie von der Verfügungsbeklagten auch beabsichtigt — die im Verwendungszweck genannte Internetseite besuchen. Ein Besuch dieser Website ist daher nur aufgrund notwendiger Recherchetätigkeit vorgenommen und damit dem Verbraucher aufgedrängt worden.

Die Belästigung ist auch unzumutbar. Eine unzumutbare Belästigung ist gem. des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stets anzunehmen bei Werbung unter Verwendung einer automatischen Anrufmaschine, eines Faxgerätes oder elektronischer Post, ohne dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt.

Auch wenn es sich hier um eine Überweisung handelt, so ist doch der Gedanke des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG anzuwenden, dass ohne ausdrückliche Einwilligung des Überweisungsempfängers eine inhaltlich störende Werbemaßnahme aufgezwungen wird. Die Verfügungsbeklagte hat durch die Überweisung und den Text die Aufmerksamkeit des Überweisungsempfängers erregt und bedrängt den Verbraucher, sich mit dem Anliegen der Verfügungsbeklagten durch Recherche ihrer Internetseite auseinanderzusetzen. Auch ist weiterhin zu berücksichtigen, dass eine solche Verwendung kostengünstiger Werbemethoden, soweit diese als rechtmäßig angesehen werden, dazu führen wird. dass sich andere Mitwerber zur Nachahmung veranlasst sehen. Daraus würde in Zukunft eine erhebliche Zahl gleichartiger Handlungen entstehen, die auch in ihrer Summe eine wesentliche Belästigung der Verbraucher darstellen würden. Bei der Frage der Unzumutbarkeit der Belästigung ist weiterhin zu berücksichtigen, dass die Werbung in einem besonders sensiblen Bereich des Zahlungsverkehrs stattgefunden hat.

Die vorgenommenen 1-Cent-Überweisungen bergen darüber hinaus die Gefahr, dass der Verbraucher deswegen auf seinen Kontoauszügen andere wichtige Posten übersieht. In jedem Fall wird er mehr Zeit benötigen, um die Kontoauszüge sorgfältig zu prüfen. Ob eine unzumutbare Belästigung auch daraus folgt, dass der Empfänger der Überweisung verunsichert sein und sich fragen wird, ob er die Zahlung behalten darf oder diese erstatten muss, kann dahinstehen, da schon die bisherigen genannten Überlegungen eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 UWG begründen.

Die Dringlichkeit wird nach § 12 Abs. 1 UWG vermutet.



LG Wiesbaden: Mitbewerber sind bei Verstößen gegen DSGVO nicht zur Abmahnung befugt

LG Wiesbaden
Urteil vom 05.11.2018
5 O 214/18


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass Mitbewerber bei Verstößen gegen die DSGVO nicht zur Abmahnung befugt sind.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die aufgeworfenen Fragen können deshalb offenbleiben, weil der Verfügungsklägerin als Mitbewerberin nach den §§ 3 Abs. 1,3 a i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG weder anspruchsberechtigt noch klagebefugt ist..

Der Gesetzgeber hat in Kap. 8 (Rechtsbehelfe, Haftung und Sanktionen) der Datenschutzgrundverordnung eingehend geregelt, wie die Datenschutzbestimmungen durchzusetzen sind. Im Mittelpunkt steht dabei die von einem Verstoß "betroffene Person". Sie kann sich mit einer Beschwerde an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden (Art. 74, 78 DSGVO), die dann ihrerseits tätig wird. Die betroffene Person hat aber auch nach Art. 79 DSGVO selbst das "Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf", wenn sie der Ansicht ist, dass ihre Rechte aus der Datenschutzgrundverordnung verletzt worden sind. Die betroffene Person kann nach Art. 82 DGSVO Ersatz ihres materiellen und immateriellen Schadens verlangen. Nach Art. 80 Abs. 1 DSGVO ist die betroffene Person ferner berechtigt, "Organisationen" und "ähnlichen Einrichtungen, die bestimmte Anforderungen erfüllen" zu beauftragen, in ihrem Namen ihre Rechte unter anderem aus Art. 79 DSGVO wahrzunehmen. Art. 80 Abs. 2 DSGVO enthält eine so genannte Öffnungsklausel zu Gunsten der Mitgliedstaaten. Sie können vorsehen, dass jede der in Art. 80 Abs. 1 DSGVO genannten "Organisationen" unabhängig von einem Auftrag der betroffenen Person das Recht hat, deren Rechte aus Art. 77-79 DSGVO in Anspruch zu nehmen, wenn nach ihrer Ansicht deren Rechte verletzt worden sind. Diese Regelung ist nicht unumstritten, weil damit letztlich Dritte über das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Personen verfügen. Von einer entsprechenden Befugnis der Mitbewerbers des Verletzers, die Rechte der betroffenen Person ohne deren Zustimmung wahrzunehmen, ist in Art. 80 Abs. 2 DSGVO nicht die Rede.

Es wird die Frage diskutiert, ob die Durchsetzungsregelungen der DSGVO eine abschließende unionsrechtliche Regelung darstellen oder ob im jeweils nationalen Recht Erweiterungen zulässig sind. Es geht darum, ob der nationale Gesetzgeber über die Öffnungsklausel des Art. 80 Abs. 2 DSGVO hinaus zusätzliche Durchsetzungsregelungen aufstellen darf. Vor allem wird diskutiert, ob die Gerichte wegen eines Vorrangs des Unionsrechts daran gehindert sind, bestehende Regelungen des deutschen Rechtes anzuwenden, die zusätzliche Rechtsbehelfe gewähren könnten. Im Rahmen der Anwendung des §§ 3 Buchst. a UWG wird die Ansicht vertreten, die Vorschriften der Datenschutzgrundverordnung seien Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Buchst. a UWG und dementsprechend seien auch Mitbewerber des Verletzers nach § 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1 UWG berechtigt, gegen Verstöße vorzugehen (vergleiche Wolff ZD 2018,248). Diese Ansicht verkennt, dass § 3 Buchst. a UWG dann nicht anwendbar ist, wenn die betreffende Regelung in der Datenschutzgrundverordnung die Rechtsfolgen eines Verstoßes abschließend regelt, was wiederum durch Auslegung festzustellen ist (vergleiche im Einzelnen Köhler ZD 2018,337 ff.). Eine solche abschließende Regelung gegenüber § 3 Buchst. a UWG stellen, so Köhler und Barth (Köhler ZD 2018,337 ff., Barth WRP 2018,790) die Art. 70 ff. Datenschutz Grundverordnung dar. Diese Ansicht beruft sich auf den allgemeinen Grundsatz des Unionsrechts, dass Ausnahmeregelungen, wie hier Art. 80 Abs. 2 DSGVO, eng auszulegen sind (ständige Rechtsprechung: EuGH WRP 2015, 1206, Rn. 54) und dementsprechend nicht über den Wortlaut hinaus erweitert werden dürfen. Die Autoren schließen aus dem Umstand, dass der Unionsgesetzgeber nicht schon jedem Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person ohne deren Auftrag einräumt hat, sondern dafür ganz konkrete Anforderungen aufstellt, dass der Unionsgesetzgeber keine Erstreckung dieser Befugnis auf Mitbewerber des Verletzers zulassen wollte. Hätte der Unionsgesetzgeber, so die Autoren, dies gewollt, so hätte es nahegelegen, dass er eine dem Art. 11 Abs. 1 RL 2005/29/EG ("einschließlich Mitbewerbern") entsprechende Durchsetzungsregelungen eingeführt hätte. Köhler unterstreicht diese Argumentation durch die Herausarbeitung der unterschiedlichen Schutzzweckbestimmung der DSGVO auf der einen Seite und dem UWG auf der anderen Seite. Die Datenschutzgrundverordnung schützt "die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten", insoweit wird auf Art. 1 Abs. 2 DSGVO Bezug genommen. Damit bringe die Datenschutzgrundverordnung klar zum Ausdruck, dass es um den Individualschutz der Betroffenen geht, vergleichbar dem Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes nach den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 BGB analog. Demgegenüber stehe die Konzeption des UWG. Dieses Gesetz dient "dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen", insoweit wird auf § 1 S. 1 UWG Bezug genommen. Die gesetzliche Konzeption der Datenschutzgrundverordnung hat mit der dargestellten Regelung in Kap. VIII primär die Rechtsdurchsetzung bei den Aufsichtsbehörden angesiedelt, während § 8-10 UWG die Durchsetzung des Lauterkeitsrecht vollständig der privaten Initiative überlässt. Daraus folgt, dass einem Mitbewerber nach den §§ 3 Abs. 1,3 a UWG in Verbindung mit § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG die Klagebefugnis fehlt. Diese vornehmlich in der Literatur vertretene Ansicht findet ihre Bestätigung in der Entscheidung des Landgerichtes Bochum (Landgericht Bochum (12. Zivilkammer), Teil Versäumnis- und Schlussurteil vom 7.8.2018-I-12 O 85 / 18 zitiert nach Beck RS 2018,25219). Das Landgericht Bochum hat ausgeführt, dass dem Verfügungskläger eine Klagebefugnis nicht zusteht, weil die Datenschutzgrundverordnung in den Artikeln 77-84 eine die Ansprüche von Mitbewerbern abschließende und ausschließende Regelung enthält. Das Landgericht Bochum hat sich der Ansicht von Köhler mit dem Argument angeschlossen, dass die Datenschutzgrundverordnung eine detaillierte Regelung des anspruchsberechtigten Personenkreises enthält. Danach steht nicht jedem Verband ein Recht zur Wahrnehmung der Rechte einer betroffenen Person zu, sondern nur bestimmten Einrichtungen, Organisationen und Vereinigungen ohne Gewinnerzielungsabsicht unter weiteren Voraussetzungen. Hieraus sei zu schließen, dass der Uniongesetzgeber eine Erstreckung auf Mitbewerber des Verletzers nicht zulassen wollte. Diese Ansicht überzeugt, da es keine Rechtsschutzlücke besteht. Vor dem Hintergrund, dass keine Rechtsschutzlücke im Bereich der Datenschutzgrundverordnung besteht, muss sie auch nicht durch eine Anwendung des §§ 3 Buchst. a UWG geschlossen werden. An diese Überlegungen knüpft die Bundesratsinitiative des Freistaats Bayern an, wonach zur Anpassung zivilrechtlicher Vorschriften an die Datenschutzgrundverordnung ein Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht worden ist (Bundesratsdrucksache 304 18 vom 6. 20.6.2018) woraus sich ableiten lässt, dass eine Klagebefugnis eines angeblichen Mitbewerbers ausscheiden soll, da ihm bereits eine Abmahnungsmöglichkeit verwehrt wird.

Es ist streitig, ob die fehlende Anspruchsberechtigung und fehlende Klagebefugnis zur Abweisung der Klage als unzulässig oder als unbegründet führt, doch handelt es sich bei der Anspruchsberechtigung um eine Frage der Aktivlegitimation und damit um eine Prüfung im Rahmen der Begründetheit der Klage, so dass die Klage auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unbegründet abzuweisen war."




LG Wiesbaden: Bei der Katalog-Werbung für Ferienhäuser muss der angegebene Preis auch die Kosten der Endreinigung enthalten

LG Wiesbaden
Urteil vom 18.09.2015
13 O 5/15


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass bei der Katalog-Werbung für Ferienhäuser der angegebene Preis auch die Kosten der Endreinigung enthalten muss. Versteckte Kosten sind grundsätzlich unzulässig.

LG Wiesbaden: Werbung mit durchgestrichenem Preis über mehrere Wochen ist eine wettbewerbswidrige Irreführung

LG Wiesbaden
Urteil vom 10.06.2015
13 O 18/15


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass eine unveränderte Werbung mit einem durchgestrichenen Preis über mehrere Wochen (hier: 12 Wochen) eine wettbewerbswidrige Irreführung darstellt.

LG Wiesbaden: Wettbewerbswidrige Werbung für Insolvenzverkauf, wenn Ware nicht zur Insolvenzmasse gehört

LG Wiesbaden
Urteil vom 26.03.2013
13 O 64/12


Landgericht Wiesbaden hat mit Urteil vom 26.04.2013, Az. 13 O 64/12 (nicht rechtskräftig), entschieden, dass die Werbung mit Insolvenzverkäufen unzulässig ist, wenn die beworbene Ware nicht zur Insolvenzmasse gehört.




LG Wiesbaden: Anspruch auf Herausgabe von Adminstrationszugangsdaten zur Verwaltung von Domains / Webseiten und zu Email-Postfächern per einstweiliger Verfügung

LG Wiesbaden
Beschluss vom 29.05.2013
2 O 128/13


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass ein Anspruch auf Herausgabe von Adminstrationszugangsdaten zur Verwaltung von Domains / Webseiten und zu Email-Postfächern auch im Wege der einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist begründet. Der Antragstellerin steht ein entsprechender Verfügungsanspruch aus dem Gesellschaftsvertrag sowie aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 88 TKG zu.
[...]
Der Verfügungsgrund ergibt sich aus dem Umstand, dass die Antragstellerin den Zugang zu Ihrer Homepage und den maßgeblichen Einfluss auf deren Gestaltung unter Ausschluss einer im Gesellschaftsvertrag nicht vorgesehenen Veränderungsmöglichkeit des Antragsgegners dringend benötigt und insoweit eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren nicht ausreichend ist."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Wiesbaden: Wettbewerbsverstoß, wenn mit "Haushaltsgeräte zum halben Preis" geworben wird und erst im Ladengeschäft der Hinweis erfolgt, dass dies nicht für alle Geräte gilt

LG Wiesbaden
Urteil vom 14.10.2011
13 O 75/10,
Haushaltsgeräte zum halben Preis


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn eine Elektronikmarktkette mit dem Slogan "Haushaltsgeräte zum halben Preis" wirbt und erst im Ladengeschäft per Hinweisschilder darüber aufgeklärt wird, dass die Aktion nicht für Geräte aller Hersteller gilt. Im vorliegenden Fall hatte die Elektronikmarktkette die Produkte des hochwertigen Herstellers Miele von der Aktion ausgenommen.