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LG Köln: Co-Regisseur ist nach § 13 UrhG bei einer Preisverleihung für die Regie eines Filmwerks als Miturheber zu nennen

LG Köln
Urteil vom 09.09.2025
14 O 294/25


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Co-Regisseur nach § 13 UrhG bei einer Preisverleihung für die Regie eines Filmwerks als Miturheber zu nennen ist.

Aus den Entscheidungsgründen:
I. Der Antrag ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Köln gemäß §§ 12, 17 Abs. 1, 937 Abs. 1 ZPO örtlich zuständig, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in Köln hat.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist auch begründet.

1. Der erforderliche Verfügungsgrund ist – wie bereits in der Beschlussverfügung ausdrücklich dargelegt – gegeben. Die Kammer bleibt insoweit nach erneuter Prüfung bei den entsprechenden nachfolgend eingeblendeten Ausführungen:

„Es besteht eine besondere Dringlichkeit.

Die Dringlichkeit ergibt sich nicht schon daraus, dass eine Wiederholungsgefahr besteht. Die Frage, ob ein Verfügungsgrund anzunehmen ist, ist daher im Rahmen einer einzelfallorientierten Interessenabwägung zu beurteilen. Häufig ist ein wirksamer Schutz der Urheberrechte des Rechtsinhabers nur durch ein kurzfristiges Unterlassungsgebot zu erreichen. Aus diesem Grund ist ein Eilbedürfnis regelmäßig anzunehmen, wenn weitere Verletzungshandlungen drohen. Allerdings muss die Prüfung der Notwendigkeit der einstweiligen Verfügung auch berücksichtigen, ob wesentliche Nachteile drohen und die einstweilige Verfügung notwendig ist. In diesem Rahmen sind die sich gegenüberstehenden Belange der Parteien zu berücksichtigen. Dass eine einstweilige Verfügung erforderlich ist, ist vom Antragsteller darzulegen und erforderlichenfalls glaubhaft zu machen. Im Rahmen der Interessenabwägung ist auf der Seite des Antragstellers – wie dargelegt – im Ausgangspunkt deren Interesse an einem wirksamen Rechtsschutz zu berücksichtigen, weil die erfolgten Verletzungen nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Auf der Seite der Antragsgegnerin ist zu berücksichtigen, welche Nachteile durch die Vollziehung der einstweiligen Verfügung drohen. Ein besonders hoher Schaden kann etwa ins Gewicht fallen. Auch kann zu berücksichtigen sein, dass der Antragsgegner dringend auf die zu untersagende Nutzung angewiesen ist (OLG Köln, ZUM-RD 2023, 21, 28 – Berliner Runde m.w.N.; s. zum Ganzen auch Urteil der Kammer v. 15.4.2025 – 14 O 82/25, GRUR-RS 2025, 8150).

Nach diesen Grundsätzen fällt hier die Abwägung zugunsten des Antragstellers aus. Für ihn streitet insbesondere der Umstand, dass es sich bei dem Deutschen Fernsehpreis um einen medial beachteten Preis handelt, dessen Verleihung zudem Thema von Medienberichterstattung ist. Die besondere Eilbedürftigkeit besteht vor dem Hintergrund, dass die weithin bekannte und über eine große Reichweite verfügende Fernsehsendung zur Verleihung des Deutschen Fernsehpreises bereits am 10.9.2025 ausgestrahlt werden soll, was durch Vorlage des Screenshots aus dem Presseportal des H. (Anl. A9, Bl. 35 d. A.) glaubhaft gemacht ist. Der vom Antragsteller geltend gemachte Eindruck, den die Antragsgegnerin erweckt, wonach nicht auch er Regisseur der Serie „O. & O.“ sei, greift – was nachfolgend noch dargestellt wird – in schwerwiegender Weise in die geltend gemachte Rechtsposition des Antragsstellers ein. Dieser geltend gemachte Eingriff würde sich durch fortgesetzte Berichterstattung durch die Antragsgegnerin selbst wie auch durch Sekundärberichterstattung anderer Medien sowie insbesondere durch entsprechende naheliegende Behauptungen im Rahmen der anstehenden Fernsehsendung am 10.9.2025 noch erheblich vertiefen. Der so geschaffene und vertiefte Eindruck wird durch eine erst nach Abschluss eines Hauptsacheverfahrens womöglich erstrittene Unterlassungsverurteilung nicht in gleicher effektiver Weise beseitigt werden können wie durch den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Der Antragsgegnerin ist demgegenüber ohne erhebliche Nachteile möglich, ihre Berichterstattung bzw. zu erwartenden Äußerungen während der Fernsehsendung am 10.9.2025 dergestalt anzupassen, dass auch der Antragsteller als (Mit-)Regisseur genannt und anerkannt wird. Hierfür ist es insbesondere nicht notwendig – und vom Antragsgegner auch bereits nicht gewollt – die Berichterstattung und/oder Ausstrahlung der Sendung am 10.9.2025 gänzlich zu unterlassen.“

Der Verfügungskläger hat auch im Fortgang die Sache dringlich betrieben, insbesondere die Vollziehung der einstweiligen Verfügung unverzüglich und vor der oben genannten Preisverleihung vorgenommen.

2. Der Verfügungsanspruch auf Unterlassung ergibt sich aus §§ 97 Abs. 1, 13 S. 1, 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG.

a) Der Verfügungskläger ist auch weiterhin wegen der gesetzlichen Vermutung des § 10 Abs. 1 UrhG angesichts seiner Nennung als (Mit-) Regisseur der hier streitgegenständlichen Fernsehserie aktivlegitimiert (siehe Anlage A2). Als Regisseur des Filmwerks ist der Antragsteller auch jedenfalls Miturheber (vgl. etwa Loewenheim/Leistner, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl. 2020, § 2 UrhG Rn. 224).

Auf die von der Verfügungsbeklagten aufgeworfene Frage nach der „Federführung“ kommt es nicht weiter an. Es genügt, dass der Verfügungskläger ein Miturheber der Filmwerke nach § 8 Abs. 1 UrhG ist, was hier wie dargestellt gesetzlich vermutet wird. Die Verfügungsbeklagte hat nicht das Gegenteil glaubhaft gemacht.

b) Die Verfügungsbeklagte hat mit der Veröffentlichung der im Tatbestand ersichtlichen und auf ihrer Webseite abrufbaren Synopsis-Texte die (Mit-)Urheberschaft des Verfügungsklägers bestritten und damit sein Recht aus § 13 S. 1 UrhG verletzt.

Dabei wiederholt die Kammer zunächst nach erneuter Prüfung ihre Ausführungen aus der Beschlussverfügung wie folgt:

„Es liegt auch eine Verletzung des dem Urheber zustehenden Rechts auf Anerkennung seiner Urheberschaft gemäß § 13 Satz 1 UrhG vor. Hiervon umfasst ist der Schutz vor Leugnung der Urheberschaft. Demnach verstößt gegen § 13 Satz 1 UrhG unter anderem, wer die Urheberschaft des Urhebers bestreitet. Nach dem Vorbild der Namensleugnung gemäß § 12 BGB ist damit der Fall gemeint, dass die Urheberschaft des wahren Urhebers ausdrücklich oder konkludent in Frage gestellt wird (zum Ganzen Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl. 2020, § 13 UrhG Rn. 10, mit Hinweis auf BGH, Urt. v. 26.6.2003 – I ZR 296/00 – maxem.de, GRUR 2003, 897, zu § 12 BGB). Dabei setzt das Bestreiten der Urheberschaft keine Werknutzung voraus. Vielmehr kann der Urheber unter Berufung auf § 13 Satz 1 UrhG auch gegen bloße ausdrückliche oder konkludente Behauptungen vorgehen, er sei nicht der (Allein-)Urheber eines bestimmten Werkes (Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl. 2020, § 13 UrhG Rn. 11). Eine Urheberschaftsleugnung kann dabei bereits dann gegeben sein, wenn ein Miturheber nicht genannt wird (OLG München, Urt. v. 10.2.2011 – 29 U 2749/10 – Tatort-Vorspann, ZUM 2011, 422, 425; Peukert, in: Schricker/Loewenheim, UrhR, 6. Aufl. 2020, § 13 UrhG Rn. 12).

Nach diesen Grundsätzen hat die Antragsgegnerin hier in das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft des Antragstellers gemäß § 13 Satz 1 UrhG widerrechtlich eingegriffen. Die durch Vorlage der Screenshots der Internetseite der Antragsgegnerin als Anlagen A4 und A5 (Bl. 23, 24 d. A.) glaubhaft gemachte Berichterstattung über die Nominierung der Mit-Regisseure des Antragstellers M. und X. für den Deutschen Fernsehpreis ist aus Sicht eines objektiven Dritten so aufzufassen, dass es sich bei diesen um die beiden einzigen Regisseure der zweiten Staffel der Fernsehserie „O. & O.“ handelt. So werden auf der Übersichtsseite „Nominierungen“ lediglich ihre beiden Porträts unter der Überschrift „Beste Regie Unterhaltung“ eingeblendet und mit ihren beiden Namen unterschrieben (Anl. A4, Bl. 23 d. A.). Auf der Popup-Seite „Synopsis“ (Anl. A5, Bl. 24 d. A.) wird die Nennung lediglich ihrer beiden Namen in der Überschrift wiederholt; sodann ist im Fließtext von dem „Regie-Duo I. M. und C. X.“ die Rede, das „das nötige Gespür beweist“. Der Antragsteller wird hingegen an keiner Stelle genannt. Auch das denkbare Verständnis, es könne nichtsdestotrotz weitere Regisseure geben, die lediglich nicht für den Deutschen Fernsehpreis nominiert worden seien, ist nach Dafürhalten der Kammer ausgeschlossen. Denn die Beschreibung in der Synopsis als „Regie-Duo“ und die Wiedergabe der Handlung im Singular („beweist“) erwecken den Eindruck, als hätten die Mit-Regisseure M. und X. gemeinschaftlich als (einzige) Mitglieder eines Zweier-Teams und ohne Zutun weiterer Personen die Regie für die zweite Staffel der Fernsehserie geführt. Im Übrigen ist nach den oben dargelegten Grundsätzen zudem für die Urheberschaftsleugnung bereits die bloße Nichtnennung des Urhebers ausreichend, was hier in der Berichterstattung auf der Internetseite der Antragsgegnerin der Fall ist. Dass die Antragsgegnerin das Werk dabei nicht im Sinne der §§ 15 ff. UrhG genutzt bzw. verwertet haben mag, ist nach dem Gesagten ebenfalls unerheblich.“

Die Verfügungsbeklagte wendet dagegen mit ihrem Widerspruchsvorbringen nichts Erhebliches ein.

Zunächst überzeugt die Ansicht der Verfügungsbeklagten nicht, wonach eine Werknutzung Voraussetzung der Anwendbarkeit von § 13 S. 1 UrhG sei. Dies lässt sich weder aus der Gesetzeshistorie, noch aus dem Gesetzeszweck, noch aus der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung folgern. Vielmehr ist § 13 S. 1 UrhG geschaffen worden, um in Übereinstimmung mit Art. 6 bis der Brüsseler Fassung der Berner Übereinkunft dem Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft am Werk zu gewähren. Ziel der Bestimmung ist es, dem Urheber zu ermöglichen, gegen jeden Klage zu erheben, der seine Urheberschaft bestreitet oder sich selbst die Urheberschaft anmaßt (BT-Drs. IV/270, 44). Der Gesetzgeber wollte dem Urheber damit ein umfassendes, gegen jegliche Form des Bestreitens und der Anmaßung der Urheberschaft und gegen jede bestreitende oder anmaßende Person gerichtetes Abwehrrecht einräumen (BGH, GRUR 2024, 1101, Rn. 16 – Der Verratene Himmel). Eine Verknüpfung des Urheberbenennungsrechts mit der Nutzung des Werks würde dieser Schutzwirkung entgegen stehen und das Urheberpersönlichkeitsrecht systemwidrig einschränken und verkürzen. Demnach genügt – wie im vorliegenden Fall – die eindeutige Bezugnahme auf ein bestimmtes Werk, um den Anwendungsbereich von § 13 S. 1 UrhG zu eröffnen. Sodann kommt es darauf an, ob die Äußerung ein Bestreiten der Urheberschaft darstellt. Dies ist vorliegend wie bereits in der Beschlussverfügung ausführlich beschrieben geschehen.

Außerdem sind Verletzungen von § 13 S. 1 UrhG selbstverständlich über § 97 Abs. 1 UrhG im Wege der Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen durchsetzbar. Dies kann auch Äußerungen oder Behauptungen im Antragstenor betreffen (vgl. dazu BGH, GRUR 2024, 1101, Rn. 16 – Der Verratene Himmel, bei dem ebenfalls ein vergleichbarer Antrag gegenständlich war und die Klage nicht etwa wegen der Antragstellung keinen Erfolg hatte).

Ob es einen sachlichen Grund für die Unterscheidung der Nominierten und des Verfügungsklägers gibt und ob die beiden Nominierten federführend tätig geworden sind, kann dahinstehen. Die Kammer folgert aus § 13 S. 1 UrhG kein Recht des Verfügungsklägers auf eine irgendwie geartete Honorierung des Werks, sondern lediglich die meinungsneutrale Angabe des Namens des Mitregisseurs. Selbst wenn der Verfügungskläger nicht federführend tätig gewesen wäre, so wird seine Miturheberschaft wie bereits dargestellt nach § 10 Abs. 1 UrhG vermutet. Wie hoch seine Anteile an der Schöpfung sind, kann dahinstehen.

Der vorliegende Fall ist auch nicht mit einer Filmkritik oder einer Fernsehberichterstattung vergleichbar, in der ggf. nicht alle Urheber genannt werden. Denn vorliegend wird bezogen auf ein konkretes Werk mit erkennbar eingeschränktem Fokus auf die Regie eine Aussage zu den Verantwortlichen getroffen. In einem solchen Fall müssen nach Ansicht der Kammer auch alle entsprechenden Miturheber namentlich benannt werden, umso mehr wenn sie dies ausdrücklich fordern. Dass bei einer allgemeinen Filmkritik nur manche Urheber, etwa die Schauspieler/innen in den Hauptrollen, benannt werden, stellt eine nicht vergleichbare Situation dar, wenn hiermit allgemein das Werk beschrieben und gerade nicht ein konkreter Aspekt des Werks fokussiert wird sowie dabei nur ein Teil der Urheber/innen benannt werden. Im Übrigen ist aus einer faktischen Beobachtung von Berichterstattungen nicht der Rückschluss zulässig, dass diese Berichterstattungen frei von Rechtsverletzungen sind. Über andere Fälle ist hier nicht zu entscheiden.

Die Ansicht, dass das Bestimmungsrecht des Urhebers in Bezug auf die Anerkennung seiner Urheberschaft sich nur auf die vertraglichen und außervertraglichen Werknutzungen erstrecke, jedoch keine Dritten betreffe, die mit der Werknutzung nichts zu tun haben, sondern sich in anderer Weise mit dem Werk befassen, dringt ebenfalls nicht durch. Dies widerspricht ebenfalls dem oben dargelegten Gesetzeszweck, dass der Verfügungskläger als (Mit-)Urheber „gegen jeden Klage erheben (kann), der seine Urheberschaft bestreitet“.

Schlussendlich kommt es nach Ansicht der Kammer vorliegend nicht auf die Entscheidung der Preisjury an. Dabei kann an dieser Stelle sogar unterstellt werden, dass diese Jury unabhängig von der Verfügungsbeklagten ist. Die hier auf der Webseite dargestellte „Synopsis“ als Äußerung im Internet zur Information über den Fernsehpreis ist von den von der allgemeinen Meinungsfreiheit gedeckten Entscheidungen und Äußerungen der Jury zu unterscheiden. Insoweit muss die Verfügungsbeklagte jedenfalls in ihrer Außenkommunikation Rechte Dritter beachten. Dazu gehört auch das Urheberbenennungsrecht des Verfügungsklägers. Insofern war die Verfügungsbeklagte gehalten, die Äußerungen ihrer Jury ggf. um weitere Informationen zu ergänzen, wie hier durch den Namen des Verfügungsklägers. Dies ergibt sich auch aus einer Kontrollüberlegung: Wenn die Jury mit ihren Äußerungen in rechtsverletzender Weise Schmähkritik gegenüber Dritten oder falsche Tatsachen äußern würde, könnte die Verfügungsbeklagte solche Äußerungen auch nicht ungeprüft auf ihrer Webseite veröffentlichen und sich mit der unabhängigen Jury als „Schutzschild“ verteidigen.

Ob die Kundgaben der Jury mit der Veröffentlichung von Testergebnissen vergleichbar sind, kann dahinstehen. Denn jedenfalls müssen auch bei Testergebnissen zutreffende Tatsachen dargestellt werden. Insofern ist die als Tatsachen gem. § 10 Abs. 1 UrhG vermutete (Rechts-)Tatsache der Miturheberschaft des Verfügungsklägers von der Meinungsäußerung der Nominierung der beiden anderen Regisseure zu trennen und differenziert zu betrachten. Ein Recht auf Nominierung hat der Verfügungskläger aus § 13 S.1 UrhG nicht, das Recht auf Urheberbenennung kann ihm gleichwohl nicht verwehrt werden.

c) Wie in der Beschlussverfügung dargestellt, sind die Rechtswidrigkeit und die Wiederholungsgefahr indiziert. Sie bestehen auch zum Zeitpunkt der hiesigen Entscheidung fort.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH liegt vor: Werbung mit Preisermäßigung ist nur zulässsig bei gut lesbarer Angabe des niedrigsten Gesamtpreises der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung

BGH
Urteil vom 09.10.2025
I ZR 183/24
PAngV § 11 Abs. 1, § 1 Abs. 3 Satz 2; UWG § 5a Abs. 1, § 5b Abs. 4; ZPO § 308 Abs. 1
Jacobs Krönung


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Werbung mit Preisermäßigung ist nur zulässsig wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:
a) Nach § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV muss der zur Angabe eines Gesamtpreises Verpflichtete bei Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis, den er für das beworbene Produkt innerhalb der letzten 30 Tage vor Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat, in einer für den angesprochenen Verbraucher eindeutigen, klaren und verständlichen Weise angeben.

b) In Fällen der Verletzung des § 11 Abs. 1 PAngV ist die Unlauterkeit einer geschäftlichen Handlung nach §§ 5a und 5b UWG und nicht nach § 3a UWG zu beurteilen (Fortführung von BGH, Urteil vom 19. Mai 2022 - I ZR 69/21,
GRUR 2022, 1163 [juris Rn. 60] = WRP 2022, 977 - Grundpreisangabe im Internet; Urteil vom 23. März 2023 - I ZR 17/22, BGHZ 237, 1 [juris Rn. 65] - Aminosäurekapseln, jeweils mwN).

BGH, Urteil vom 9. Oktober 2025 - I ZR 183/24 - OLG Nürnberg - LG Amberg

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Werbung mit Preisermäßigung ist nur zulässsig wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird

BGH
Urteil vom 09.10.2025
I ZR 183/24


Der BGH hat entschieden, dass die Werbung mit einer Preisermäßigung nur zulässsig ist, wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung klar erkennbar und gut lesbar angegeben wird

Die Pressemitteilung des BGH:
Unzulässige Werbung mit einer Preisermäßigung

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Werbung mit einer Preisermäßigung unzulässig ist, wenn der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage vor der Preisermäßigung nicht in einer für den Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise angegeben wird.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist die Wettbewerbszentrale. Die Beklagte ist ein Lebensmitteldiscounter. In einem Werbeprospekt bewarb die Beklagte ein Kaffeeprodukt unter Angabe des aktuellen Verkaufspreises ("4.44") und eines weiteren klein gedruckten Preises ("6.991") sowie einer Preisermäßigung ("-36 %"). Die hochgestellte Ziffer 1 nach der Preisangabe "6.99" verweist auf den am Seitenende stehenden und in kleiner Schriftgröße gehaltenen Text "Bisheriger 30-Tage-Bestpreis, außer: [beworbenes Kaffeeprodukt] 4.44". Die Beklagte verlangte für das beworbene Kaffeeprodukt in der Vorwoche der Werbung einen Preis von 6,99 € und in der davorliegenden Woche einen Preis von 4,44 €.

Die Klägerin hält die Preiswerbung der Beklagten für wettbewerbswidrig. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten weitgehend zurückgewiesen.

Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige Klageabweisung weiter.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Preiswerbung der Beklagten gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstößt und daher nach § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG unlauter ist.

Die Beklagte ist nach § 3 Abs. 1 PAngV zur Angabe der Gesamtpreise verpflichtet. Sie hat deshalb nach § 11 Abs. 1 PAngV gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat. Zur Vermeidung eines Verstoßes gegen § 11 Abs. 1 PAngV reicht es nicht aus, dass der niedrigste Gesamtpreis in beliebiger Weise angegeben wird. Aus dem in § 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV normierten Gebot der Preisklarheit folgt vielmehr, dass diese Angabe in einer für den angesprochenen Verbraucher unmissverständlichen, klar erkennbaren und gut lesbaren Weise zu erfolgen hat. Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts wird die Werbung der Beklagten diesen Anforderungen nicht gerecht. Mit der unzureichenden Angabe des niedrigsten Gesamtpreises enthält die Beklagte den Verbrauchern eine wesentliche Information im Sinne von § 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 5b Abs. 4 UWG vor. Die Preiswerbung der Beklagten ist deshalb unzulässig.

Vorinstanzen:

Landgericht Amberg - Urteil vom 29. Januar 2024 - 41 HK O 334/23

Oberlandesgericht Nürnberg - Urteil vom 24. September 2024 - 3 U 460/24

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 5a Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG

(1) Unlauter handelt auch, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er ihm eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher oder der sonstige Marktteilnehmer nach den jeweiligen Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

2. deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

(2) Als Vorenthalten gilt auch (…)

2. die Bereitstellung wesentlicher Informationen in unklarer, unverständlicher oder zweideutiger Weise (…)

§ 5b Abs. 4 UWG

(4) Als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1 gelten auch solche Informationen, die dem Verbraucher auf Grund unionsrechtlicher Verordnungen oder nach Rechtsvorschriften zur Umsetzung unionsrechtlicher Richtlinien für kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht vorenthalten werden dürfen.

§ 1 Abs. 3 Satz 2 PAngV

(3) (...) Angaben über Preise müssen der allgemeinen Verkehrsauffassung und den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit entsprechen.

§ 3 Abs. 1 PAngV

(1) Wer als Unternehmer Verbrauchern Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Gesamtpreise anzugeben.

§ 11 Abs. 1 PAngV

(1) Wer zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, hat gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.



LG Wiesbaden: Wettbewerbswidrige Irreführung bei Werbung mit Stückpreis in Google Ads wenn dieser an eine Mindetsbestellmenge gekoppelt ist

LG Wiesbaden
Urteil vom 26.11.2024
11 O 61/24


Das LG Wiesbaden hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung bei Werbung mit einem Stückpreis in Google Ads vorliegt. wenn dieser an eine Mindetsbestellmenge gekoppelt ist und diese nicht angegeben wird.

Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat gegen die Beklagte Ansprüche auf Unterlassung der streitgegenständlichen geschäftlichen Handlung, §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG.

Die Beklagte verstößt mit der streitgegenständlichen Werbung gegen §§ 5, 5a UWG.

Gemäß § 5 Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Gemäß § 5a Abs. 1 UWG handelt unlauter, wer einen Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer irreführt, indem er eine wesentliche Information vorenthält, welche benötigt wird, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen und deren Vorenthalten dazu geeignet ist, den Verbraucher oder den sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte.

Indem die Beklagte in ihrer Werbung mittels Google-Anzeige gemäß Anlage K 4 ohne Angabe der Mindestbestellmenge von 120 Stück für bedruckte Werbeartikel wirbt, verstößt sie gegen die genannten Vorschriften. Mit der Anzeige erweckt die Beklagte den irreführenden Eindruck, dass das Produkt „Isolierdecke aus Aluminiumfolie“ mit einer Werbeanbringung zu einem Stückpreis von € 0,58 erworben werden könne, obwohl zu diesem Preis lediglich ein unbedrucktes Muster erworben werden kann bzw. der Preis mit Druck erst ab einer Stückzahl von 1.600 gilt.

Durch den Zusatz „opt. mit Logo bedrucken“ suggeriert die Beklagte - entgegen ihrer Auffassung - dass der ausgelobte Stückpreis von € 0,58 auch dann gilt, wenn sich der Kunde bei der Bestellung für eine Werbeanbringung entscheidet. Aus der Werbung ist nicht ersichtlich, dass diese optionale Mehrleistung des Logodrucks mit Mehrkosten verbunden ist. Die Aussage enthält lediglich die Information, dass das Produkt Isolierdecke wahlweise - optional - mit oder ohne Logobedruckung erworben werden kann. Der hierauf bezogene Preis wird in der Werbung mit € 0,58 zuzüglich Versand angegeben, ohne zu verdeutlichen, dass dies ein Preis für eine unbedruckte Ausgabe ist und die Bedruckung ab der Bestellmenge von mindestens 120 Stück nur zu einem höheren Stückpreis von € 1,05 (netto) erhältlich ist. Eine solche Verdeutlichung hätte beispielsweise dadurch zum Ausdruck gebracht werden können, dass mit einer Preisangabe „ab“ mit einem bestimmten Preis geworben worden wäre. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass bei Google Anzeigen hinter dem Betrag von 0,58 € keine weiteren Angaben platziert werden können, lassen sich jedoch auch andere Hinweise auf die Preisgestaltung denken. So hat der Prokurist der Beklagten nicht der Möglichkeit widersprochen, im Titel den Passus „gegen Aufpreis“ zur optionalen Werbeanbringung aufzunehmen.

Das Unterlassen entsprechender Hinweise und die Werbung mit einem Preis, der sich nach eigenen Aussagen der Beklagten auf kein Produkt bezieht, dass von ihrer Kundschaft im Regelfall nachgefragt wird: eine Werbedecke ohne Bedruckung, zeigt die Absicht der Beklagten, mittels dieses Lockpreises potenzielle Kunden auf die Werbedecke aufmerksam zu machen und sie zu der geschäftlichen Entscheidung zu verleiten, sich mit dem Angebot auseinanderzusetzen, obwohl sie es in Kenntnis der Mindestbestellmenge von 120 Stück zu einem tatsächlichen Preis von € 1,05 oder zu dem beworbenen Preis ab einer für Kaufentscheidungen unrealistischen Stückzahl von 1.600 voraussichtlich nicht getan hätten.

Zutreffend ist insoweit nach Ansicht des Gerichts die Sichtweise der Klägerin, dass die Kunden der Beklagten, wenn sie typischerweise nur bedruckte Produkte kaufen, erwarten, dass sich der angegebene Preis auf dieses bedruckte Produkt bezieht. Soweit die Beklagte behauptet, dass nach allgemeiner Geschäftspraxis höhere Abnahmemengen grundsätzlich zu niedrigeren Stückpreisen führen, kann dies, als wahr unterstellt für die streitgegenständliche Werbung nur die Erwartung auslösen, dass sich der beworbene Preis bei höheren Abnahmemengen reduziert.

Die dargestellten Zuwiderhandlungen führen vorliegend zu Wettbewerbsverzerrungen und beeinträchtigen somit auch die Interessen der Mitbewerber der Beklagten.

Der Kläger kann ferner von der Beklagten den Ersatz der Kosten verlangen, die ihm aufgrund der Abmahnung der Beklagten entstanden sind, § 13 Abs. 3 UWG. Soweit die Abmahnung berechtigt ist, ist der Abgemahnte verpflichtet, dem Abmahnenden die erforderlichen Aufwendungen zu ersetzen. Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von der Beklagten dabei den anteiligen Ersatz der Personal- und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG 13, Rn. 132). Die geltend gemachte Kostenpauschale in Höhe von € 374,50 (= € 350,00 zzgl. 7 % MwSt.) entspricht einem angemessenen Anteil der erforderlichen Aufwendungen des Klägers. Die diesbezügliche Berechnung hat die Beklagte nicht substantiiert angegriffen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


BGH: Bundesnetzagentur kann Energielieferanten verpflichten eine nach § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG rechtswidrige Preiserhöhung rückabzuwickeln

BGH
Beschluss vom 10.09-2024
EnVR 75/23
Rückerstattungsanordnung
EnWG § 41 Abs. 5 Satz 2, § 65 Abs. 1


Der BGH hat entschieden, dass die Bundesnetzagentur einen Energielieferanten verpflichten kann, eine nach § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG rechtswidrige Preiserhöhung rückabzuwickeln

Leitsatz des BGH:
Die Bundesnetzagentur darf einen Energielieferanten verpflichten, eine wegen Verstoßes gegen § 41 Abs. 5 Satz 2 EnWG unwirksame Preiserhöhung rückabzuwickeln.

BGH, Beschluss vom 10. September 2024 - EnVR 75/23 - OLG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

AG München: Reiseveranstalter kann Reisevertrag wegen eines zu niedrigen Preisen nicht anfechten wenn dieser auf einem Kalkulationsirrtum beruht

AG München
Urteil vom 14.04.2023
113 C 13080/22

Das AG München hat entschieden, dass ein Reiseveranstalter einen Reisevertrag wegen eines zu niedrigen Preisen nicht anfechten kann, wenn dieser auf einem Kalkulationsirrtum beruht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Reiseveranstalter an zu günstig berechneten Reisepreis gebunden - Kalkulationsirrtum rechtfertigt keine Anfechtung des Reisevertrages

Im Streit um Ansprüche aus einem Reisevertrag verurteilte das Amtsgericht München am 14.04.2023 eine Reiseveranstalterin mit Sitz in München zur Zahlung einer Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von 719,50 EUR.

Der Münchner Kläger hatte im April 2022 bei der Beklagten über deren Internetportal eine Flugpauschalreise nach Punta Cana in der Dominikanischen Republik über Weihnachten und Silvester 2022 einschließlich Hotelunterkunft und All-Inclusive-Verpflegung zu einem Reisepreis in Höhe von 2.878 EUR gebucht.

Wenige Tage nach der Buchung erklärte die Beklagte per E-Mail die Anfechtung des Reisevertrages aufgrund eines nicht näher beschriebenen „Eingabe/Tippfehlers“ und einem sich daraus ergebenden Preisunterschied. Die Beklagte bot dem Kläger an, die Reise zu einem Gesamtpreis von 6.260 EUR wahrzunehmen, was dieser ablehnte.

Aufgrund der nicht durchgeführten Reise forderte der Kläger von der Beklagten eine Entschädigung wegen entgangener Urlaubsfreude in Höhe der Hälfte des ursprünglich gebuchten Reisepreises.

Das Amtsgericht erachtete die Klage für teilweise begründet und sprach dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 25 % des Urlaubspreises zu.

Das Amtsgericht München führte in den Entscheidungsgründen wie folgt aus:

„Ein Anfechtungsgrund, insbesondere ein Erklärungsirrtum lag nicht vor. Sowohl Willensäußerung als auch Willensbildung der Beklagten waren fehlerfrei, es lag lediglich ein unbeachtlicher Kalkulationsirrtum vor.

Der Irrtum erfolgte hier nicht bei Abgabe der Willenserklärung der Beklagten gegenüber dem Kläger, sondern es handelt sich um einen Irrtum in der Erklärungsvorbereitung nämlich bei der Berechnung des Gesamtreisepreises. (…)

Die Beklagte hat, aufgrund der von der Firma M. falsch eingegebenen und anschließend falsch übermittelten Daten, ihren Willen bezüglich des Gesamtpreises falsch gebildet, da eine Kalkulationsgrundlage fehlerhaft war.

Wie vom Zeugen R. glaubhaft ausgesagt, übermittelt die Firma M. die Einkaufspreise pro Person in USD an das System der Beklagten. Dort werden die Preise vom System in Euro umgerechnet und anschließend mit der Verkaufsmarge der Beklagten versehen. Die so gefundenen Verkaufspreise werden dann vom System der Beklagten an C. [das von der Beklagten betriebene Buchungsportal] weiter übermittelt und verarbeitet. Entsprechend des vom Kläger bei Buchung angegebenen Zeitraums und der ausgewählten Zimmerkategorie, wird dann der Verkaufspreis vom System berechnet und dem Kunden angezeigt.

Die von der Firma M. übermittelten Daten dienten der Beklagten daher lediglich als Kalkulationsgrundlage für die Berechnung des Gesamtreisepreises. Der Irrtum entstand schon nicht bei der Beklagten, sondern bei einem Mitarbeiter der Firma M. Der Irrtum betraf auch nur einen Rechnungsfaktor, aus dem der Reisepreis später vom System der Beklagten gebildet wurde. (…)

Bei Buchung wurde dann entsprechend den Eingaben des Klägers bzgl. Zimmerkategorie und Reisezeitraum aus den für verschiedene Reisezeiträume festgesetzten Einzelpreisen der Gesamtreisepreis vom System errechnet. Diese Konfiguration erfolgte so wie vom System vorgesehen. Der dem Kläger gegenüber angegebenen Reisepreis entsprach den Konfigurationsvorgaben der Beklagten. Nachdem der Reisende keinen Einblick in die Kalkulation des Reisepreises hat, liegt hier nur ein interner Kalkulationsirrtum vor, der als Motivirrtum unbeachtlich ist. Ein Anfechtungsgrund stand der Beklagten daher nicht zu. (…)

Der Kläger kann nach §§ 651i Abs. 2 Nr. 7, 651n Abs. 2 BGB Entschädigung in Geld verlangen. (…)

Der Anspruch besteht jedoch nur in der Höhe von 719,50 €. Die Höhe des Entschädigungsanspruchs aus § 651n Abs. 2 BGB richtet sich nach einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Maßgebliches Kriterium kann dabei jedenfalls der tatsächlich vereinbarte Reisepreis sein, da dieser regelmäßig zeigt, wie viel Geld der mit der geplanten Reise verbundene immaterielle Gewinn dem Reisenden wert ist; hier 2.878,00 €.

Jedoch sind auch sonstige Umstände zu berücksichtigen. Hier erfolgte die Mitteilung der Beklagten, die Reise nicht zum gebuchten Preis durchführen zu wollen, nur wenige Tage nach der Buchung und mehr als halbes Jahr vor dem geplanten Reiseantritt. Der Kläger hatte somit noch nicht lange Zeit mit Vorfreude und Planung auf die gebuchte Reise verbringen können. Er hatte auch noch ausreichend Zeit sich um eine Alternativreise für den geplanten Weihnachtsurlaub zu bemühen. (…)

Das Gericht hält daher eine Entschädigung in Höhe von 25 % des Urlaubspreises für angemessen und ausreichend.“



LG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Werbung durch Amazon bei Google mit Produktpreisen wenn beworbene Preise nur für Amazon Prime-Kunden gelten

LG Frankfurt
Urteil vom 13.01.2023
3-10 O 93/22


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass es wettbewerbswidrig ist, wenn Amazon bei Google mit Produktpreisen wirbt, wenn die beworbene Preises nur für Amazon Prime-Kunden gelten und dies nicht für den Nutzer durch einen klaren Hinweis erkennbar ist. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

LG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch blickfangmäßig beworbene Rabattaktion wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden

LG München
Urteil vom 12.01.2023
17 HKO 17393/21


Das LG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch eine blickfangmäßig beworbene Rabattaktion vorliegt, wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Küchentage
Die 17. Handelskammer des Landgerichts München I hat heute der Klage eines Vereins zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb stattgegeben (Az. 17 HKO 17393/21). Der Verein hatte gegen eine Händlerin für Möbel wegen einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung geklagt.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb.

Die Beklagte ist Händlerin für Möbel und Küchen. Sie betreibt ein Möbelhaus in München.

Das Möbelhaus hatte am 19. August 2021 zu den sogenannten „KüchenTagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung abgedruckt. Der Verein nahm das Möbelhaus im Hinblick auf diese Werbeanzeige auf Unterlassung in Anspruch und verlangte die Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.

Die 17. Handelskammer hat die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige als irreführend für Verbraucher eingestuft und der Klage daher stattgegeben.

Für die Leser der Anzeige sei schon nicht klar ersichtlich, wie lange die beworbene Rabattaktion laufe. Auf der Werbeanzeige finde sich blickfangmäßig herausgestellt das Datum des 21.08., im Kleingedruckten sei jedoch ein Hinweis auf das Datum des 31.08.2021 enthalten.
Um den Vorwurf einer Irreführung über die Laufzeit der Rabattaktion auszuschließen, wäre es erforderlich gewesen, die Teilnahmebedingungen unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zuzuordnen und so den Verbraucher aufzuklären. Eine solch eindeutige Aufklärung über die Teilnahmebedingungen fehle jedoch in der streitgegenständlichen Werbeanzeige. Selbst wenn man zu Gunsten des Möbelhauses unterstelle, dass der Verbraucher den Hinweis auf das Aktionsende zum 31.08.2021 zur Kenntnis nehme, bliebe er im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeute.

Der Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.08. aufgebaut werde, könne durch eine solch uneindeutige weitere Datumsangabe im Kleingedruckten jedenfalls nicht beseitigt werden. Es sei insofern auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung auf den Leser ausübe.

Weiter sei aus der beanstandeten Werbeanzeige auch nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Voraussetzungen und bezüglich welcher Produkte des Möbelhauses der beworbene Rabatt Anwendung finde.

Die Kammer sah die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Der Leser bliebe im Zweifel, ob die Anzeige 20% und 20%, also insgesamt 40% Rabatt anpreise, oder nur jeweils 20% auf verschiedene Produkte. Eine solch blickfangmäßig herausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet sei, könne jedoch nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blickfang teilhat. An einem solchen Hinweis fehle es hier. Das von der Beklagten angeführte Kleingedruckte im unteren Teil der Werbeanzeige reiche insoweit nicht aus.




OLG Frankfurt: Auch einmaliger Ausreißer bei falscher Preisangabe im Online-Shop begründet Wettbewerbsverstoß wegen irreführender Preisangabe nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG

OLG Frankfurt
Urteil vom 24.11.2022
6 U 276/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass auch ein einmaliger Ausreißer bei falscher Preisangabe im Online-Shop einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß wegen irreführender Preisangabe nach § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG begründet.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die zulässige Berufung hat in der Sache einen Erfolg. Dem Kläger steht aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG ein Unterlassungsanspruch zu, da die Beklagte im Rahmen ihrer Rabattaktion im Hinblick auf das Produkt „X“ eine zur Täuschung geeignete Angabe gemacht hat, indem sie es zu einem Preis von 114,90 € brutto zum Verkauf angeboten, tatsächlich aber von dem Käufer Buchholz 175,00 € brutto verlangt hat.

1. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist z.B. dann irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis enthält, § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG. Wegen der Bedeutung des Preises für den Absatz ist ein wirksamer Schutz vor irrführenden Preisangaben unbedingt geboten und die wettbewerbliche Relevanz in der Regel gegeben (Köhler/Bornkamm/Feddersen UWG, 37. Aufl., § 5 Rn 3.22 f.).

Eine Angabe ist unwahr im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG, wenn das Verständnis, das sie bei den Verkehrskreisen erweckt, an die sie sich richtet, mit den tatsächlichen Verhältnissen nicht übereinstimmt. Für die Beurteilung kommt es darauf an, welchen Gesamteindruck sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen hervorruft (BGH GRUR 2013, 1254 Rn 15 - Matratzen Factory Outlet; BGH GRUR 2016, 1193 Rn 20 - Ansprechpartner; BGH GRUR 2018, 1263 Rn 11 - Vollsynthetisches Motorenöl; BGH GRUR 2019, 1202 Rn 18 - Identitätsdiebstahl).

Der Verkehr wird bei der Preisangabe in einem Online-Shop die Erwartung haben, dass er den angebotenen Artikel auch tatsächlich zu dem Preis erwerben kann. Dabei wird er zwar einkalkulieren, dass es ggf. durch begrenzte Vorräte im Einzelfall zu einer Verzögerung der Lieferung oder ggf. sogar zu einer fehlenden Lieferbarkeit kommen. Der Verkehr ist derartige Üblichkeiten gewöhnt. Der angesprochene Verkehr - zu dem die Mitglieder des Senats gehören - wird indes keine Veranlassung haben, einer vorbehaltslosen Preisangabe zu entnehmen, dass die Lieferung zu diesem Preis in Einzelfällen nicht zustande kommt und es nicht zu einer „Preiserhöhung“ in dem Sinne kommt, dass das Produkt nur zu einem um 50 % höheren Preis zustande kommt.

Die so verstandene Angabe der Beklagten ist unwahr. Die Beklagte hat tatsächlich im konkreten Fall eine Lieferung zum Angebotspreis nicht nur einmal, sondern auf konkrete Nachfrage des Kunden auch ein zweites Mal verweigert. Unabhängig von dem - bestrittenen - Vortrag der Beklagten zu den internen Abläufen auf Seiten der Beklagten war damit die Angabe der Beklagten unwahr. Soweit die Beklagte einwendet, es habe ein Fehler der zuständigen Mitarbeiterin vorgelegen, die dem System nicht entnommen habe, dass es sich um einen Angebotsartikel gehandelt habe, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Anknüpfungspunkt für den Unlauterkeitsvorwurf ist bei richtlinienkonformer Auslegung die (relevante) Unwahrheit bzw. Täuschungseignung der Angaben. Eine Täuschungsabsicht ist für den Art. 6 UGP-RL umsetzenden Irreführungsschutz des § 5 UWG nicht erforderlich (EuGH C-388/13 - EU:C:2015:225 Rn 47 (zu Art. 6 Abs. 1 UGP-RL) - UPC Magyarország). Auch andere Motive des Unternehmers spielen im Rahmen des § 5 UWG keine Rolle (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Dreyer UWG, 5. Aufl. 2021, § 5 Rn 304).

2. Es fehlt auch nicht an der nach § 5 Abs. 1 UWG erforderlichen Geeignetheit, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Es liegt auf der Hand, dass der Preis ein entscheidendes Element für die Kaufentscheidung darstellt. Dass bei einem Produkt im Wert von ca. 150 € ein Preisnachlass von 50 € ein ganz erheblicher kaufentscheidender Faktor ist, bedarf keiner ausführlichen Begründung.

Auch die Tatsache, dass es sich lediglich um einen Einzelfall handelt, würde die Geeignetheit nicht in Frage stellen, da diese auf die konkrete Handlung abstellt und in der konkreten Situation für den einen Verbraucher eine Veranlassung zu einer entsprechenden geschäftlichen Entscheidung möglich ist.

Die Tatsache, dass dem Kunden vor Abschluss des Kaufvertrages dann der tatsächliche Preis doch noch genannt wurde, ist nicht geeignet, eine Veranlassung zu einer geschäftlichen Entscheidung auszuschließen. Dann ist die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers, die Bestellung aufzugeben, nämlich unabhängig davon schon getroffen, ob tatsächlich ein Kauf zustande kommt. Die geschäftliche Entscheidung, zu deren Veranlassung die im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG relevante Irreführung geeignet ist, ist nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 9 UWG jede Entscheidung eines Verbrauchers oder sonstigen Marktteilnehmers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er ein Geschäft abschließen, eine Zahlung leisten, eine Ware oder Dienstleistung behalten oder abgeben oder ein vertragliches Recht im Zusammenhang mit einer Ware oder Dienstleistung ausüben will, unabhängig davon, ob der Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer sich entschließt, tätig zu werden. In der Rechtsprechung des EuGH wird der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ im Sinne der zugrundeliegenden Art. 2 lit. k UGP-RL, zu deren Vornahme der Verbraucher durch die Irreführung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 UGP-RL voraussichtlich veranlasst wird, weit definiert. Erfasst ist nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende, aber vorgelagerte Entscheidungen wie insbesondere das Betreten des Geschäfts (EuGH GRUR 2014, 196 Rn 36 - Trento Sviluppo) oder das Aufsuchen eines Verkaufsportals im Internet (BGH GRUR 2017, 1269 Rn 19 - MeinPaket.de II). Nach diesen Maßgaben kann daher auch eine Irreführung relevant sein, die lediglich einen „Anlockeffekt“ bewirkt, selbst wenn es nicht zur endgültigen Marktentscheidung - etwa dem Kauf der Ware - kommt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn 1.195).

Die Veranlassung einer der endgültigen Marktentscheidung vorgelagerten geschäftlichen Entscheidung des Verbrauchers ist regelmäßig für Mitbewerber potentiell schädlich, etwa, weil der in das Geschäft gelockte Verbraucher sich zwar gegen den Kauf der irreführend beworbenen Ware, aber für den Kauf einer anderen Ware entscheiden mag, und den Mitbewerbern dieses Geschäft dann entgeht. Insofern bewirkt das weite Verständnis des Begriffs der „geschäftlichen Entscheidung“ gem. § 2 Nr. 1, Art. 2 lit. k UGP-RL nicht nur den von der UGP-RL vorrangig bezweckten Verbraucherschutz, sondern dient mittelbar auch dem Mitbewerberschutz (vgl. Erwägungsgrund 8 der UGP-RL).

Dass die Gefahren, die von einer Irreführung mit bloßem Anlockeffekt ausgehen, in der Regel geringer sind als die einer Irreführung, die unmittelbar in eine durch Täuschung und mangelnde Aufklärung bewirkte (Kauf-)Entscheidung mündet, ist allerdings nicht zu bestreiten. Im Rahmen einer Interessenabwägung kann dieser Umstand ggf. berücksichtigt werden (vgl. BGH GRUR 1999, 1122 (1124) - EG-Neuwagen I; BGH GRUR 1999, 1125 (1126) - EG-Neuwagen II).

Der Senat sieht hierzu jedoch - auch unter dem Aspekt des von der Beklagten behaupteten „Ausreißers“ - keine Veranlassung. Der Verstoß als solcher bietet im Hinblick auf seine potentiellen Auswirkungen für den angelockten Verkehr keinen Spielraum. Zudem hatte der Kunde hier seine Kaufentscheidung sogar schon getroffen; dass es dann zu keinem Vertrag kam, lag nicht am Kaufentschluss des Kunden.

3. Dem Kläger steht aus § 13 Abs. 3 UWG auch ein Anspruch auf Ersatz der durch die Abmahnung ausgelösten Kosten zu.

Als Verband zur Förderung gewerblicher Interessen kann der Kläger von der Beklagten dabei den anteiligen Ersatz der Personal-und Sachkosten in Form einer Kostenpauschale verlangen. Der Kläger hat die Kostenpauschale auf 367,50 € brutto beziffert und dies ausführlich unter Darlegung der Parameter für das Jahr 2019 belegt (Bl. 6-8). Diesem Zahlenwerk ist die Beklagte nicht entgegengetreten, so dass es als unstreitig zu behandeln ist und damit einer Schätzung nach § 287 ZPO zugrunde gelegt werden kann.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit findet ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht erforderlich, da Revisionsgründe weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich sind.

Soweit die Beklagte eine Aussetzung und Vorlage an der Europäischen Gerichtshof beantragt, sieht der Senat hierzu keine Veranlassung, da sich keine Auslegungsprobleme im Hinblick auf die UGP-Richtlinie stellen. Soweit die Beklagte der Auffassung ist, die UGP-Richtlinie erfasse nicht Konstellationen, in denen die Angabe „im Nachhinein“ falsch werde, liegt hier - wie oben ausgeführt - kein solcher Fall vor. Vielmehr war schon die ursprüngliche Angabe falsch.

Soweit die Beklagte an der Vereinbarkeit mit Art. 6 Abs. 1 UGP-Richtlinie im Hinblick darauf zweifelt, dass nur ein einmaliger, nicht vorsätzlicher Verstoß vorliege, teilt der Senat diese Zweifel nicht. Auch eine einmalige Falschangabe kann eine Unlauterkeit begründen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit Preisempfehlung des Herstellers wenn diese vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten wird

LG Frankfurt
Urteil vom 05.08.2022
3-10 O 58/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers vorliegt, wenn diese vom Hersteller selbst dauerhaft unterschritten wird. Geklagte hatte die Wettbewerbszentrale.

BGH: Unzulässiger Ausbeutungsmissbrauch gemäß Art. 102 AEUV durch Preissystem eines marktbeherrschenden Unternehmens mit erheblichen Preisaufschlägen durch Regionalfaktoren

BGH
Urteil vom 08.02.2022
KZR 89/20
Regionalfaktoren
AEUV Art. 102


Der BGH hat im vorliegenden Fall einen unzulässiger Ausbeutungsmissbrauch gemäß Art. 102 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a AEUV durch das Preissystem eines marktbeherrschenden Unternehmens mit erheblichen Preisaufschlägen durch Regionalfaktoren angenommen.

Leitsatz des BGH:
Das Preissystem eines marktbeherrschenden Unternehmens, das einzelne Abnehmer mit erheblichen Preisaufschlägen belastet, ohne dass dies nach dem einschlägigen sektorspezifischen Marktordnungsrecht gerechtfertigt ist, kann unabhängig davon, ob das Verhalten geeignet ist, den Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt zu behindern und damit den Tatbestand des Diskriminierungsverbots nach Art. 102 Abs. 2 Buchst. c AEUV erfüllt, unter dem Gesichtspunkt des Ausbeutungsmissbrauchs einen eigenständigen Verstoß gegen Art. 102 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a AEUV darstellen.

BGH, Urteil vom 8. Februar 2022 - KZR 89/20 - OLG Dresden - LG Leipzig

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH: Die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten "engen Bestpreisklauseln" waren kartellrechtswidrig und unzulässig

BGH
Beschluss vom 18.05.2021
KVR 54/20
Booking.com
AEUV Art. 101 Abs. 1 und 3


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten "engen Bestpreisklauseln" waren kartellrechtswidrig und unzulässig über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Die von einer Hotelbuchungsplattform verwendete "enge Bestpreisklausel", die zwar günstigere Preise auf anderen Online-Reservierungsportalen oder, sofern dafür keine Online-Werbung oder -Veröffentlichung erfolgt, auch "offline", erlaubt, Hotels jedoch daran hindert, ihre Zimmer auf den eigenen Internetseiten zu niedrigeren Preisen oder besseren Konditionen anzubieten als auf der Plattform, stellt keine von der Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommene Nebenbestimmung dar.

b) Die von Booking.com verwendete "enge Bestpreisklausel" erfüllt nicht die Freistellungsvoraussetzungen des Artikels 101 Abs. 3 AEUV, weil die mit der Bekämpfung des Trittbrettfahrens allenfalls verbundenen Vorteile die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen in Form der erheblichen Behinderung des plattformunabhängigen Online-Eigenvertriebs der Hotels jedenfalls nicht ausgleichen, die sich daraus ergeben, dass die Hotels ihre Online-Angebote so bepreisen müssen, als wären sie mit den Kosten des plattformgebundenen Vertriebs belastet.

BGH, Beschluss vom 18. Mai 2021 - KVR 54/20 - OLG Düsseldorf

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten "engen Bestpreisklauseln" waren kartellrechtswidrig und unzulässig

BGH
Beschluss vom 18.05.2021
KVR 54/20


Der BGH hat entschieden, dass die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten "engen Bestpreisklauseln" kartellrechtswidrig und unzulässig waren.

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof bestätigt Unzulässigkeit der "engen Bestpreisklauseln" von Booking.com

Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass die bis Februar 2016 von Booking.com verwendeten sog. "engen Bestpreisklauseln" nicht mit dem Kartellrecht vereinbar sind.

Sachverhalt

Das Hotelbuchungsportal "booking.com" ermöglicht Hotelkunden Direktbuchungen. Für die Vermittlungsleistung erhalten die Betreiber des Portals von den Hotelunternehmen eine erfolgsabhängige Provision. Ab Juli 2015 sahen die allgemeinen Geschäftsbedingungen von "booking.com" eine "enge Bestpreisklausel" vor. Danach durften die Hotels ihre Zimmer auf der eigenen Internetseite nicht zu niedrigeren Preisen oder besseren Konditionen anbieten als auf "booking.com". Jedoch konnten die Hotelzimmer auf anderen Online-Buchungsportalen oder, unter der Voraussetzung, dass dafür online keine Werbung oder Veröffentlichung erfolgt, auch "offline" günstiger angeboten werden. Das Bundeskartellamt hat im Dezember 2015 festgestellt, dass eine solche Klausel kartellrechtswidrig sei, und ihre weitere Verwendung ab 1. Februar 2016 untersagt. Seitdem wird sie von Booking.com nicht mehr angewandt.

Bisheriger Prozessverlauf:

Auf die Beschwerde von Booking.com hat das OLG Düsseldorf die Verfügung des Bundeskartellamts aufgehoben. Es hat angenommen, die engen Bestpreisklauseln beeinträchtigten zwar den Wettbewerb, seien aber als notwendige Nebenabreden der Vermittlungsverträge mit den Hotelunternehmen vom Kartellverbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV nicht erfasst. Mit der vom Senat zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt das Bundeskartellamt die Wiederherstellung seiner Verfügung.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Kartellsenat hat die Entscheidung des OLG Düsseldorf aufgehoben und die Beschwerde von Booking.com zurückgewiesen.

Die enge Bestpreisklausel beschränkt den Wettbewerb beim Anbieten von Hotelzimmern. Die gebundenen Hotels dürfen im eigenen Onlinevertrieb keine günstigeren Zimmerpreise und Vertragsbedingungen anbieten als auf booking.com. Ihnen wird dadurch insbesondere die naheliegende Möglichkeit genommen, die eingesparte Vermittlungsprovision vollständig oder teilweise in Form von Preissenkungen weiterzugeben und dadurch Kunden zu werben.

Die Anwendung des Art. 101 Abs. 1 AEUV ist entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts nicht deshalb ausgeschlossen, weil die enge Bestpreisklausel als Nebenabrede zu einem kartellrechtsneutralen Austauschvertrag notwendig ist, um einen fairen und ausgewogenen Leistungsaustausch zwischen Booking.com als Portalbetreiber und den Hotels als Abnehmer der Vermittlungsdienstleistung zu gewährleisten. Ein solches Verständnis ist unvereinbar mit der Systematik des Art. 101 AEUV. Die für die engen Bestpreisklauseln geltend gemachten wettbewerbsfördernden Aspekte, wie die Sicherung einer angemessenen Vergütung für die Plattformleistung durch Lösung des "Trittbrettfahrerproblems" (Gäste buchen direkt beim Hotel, nachdem sie sich auf Booking.com informiert haben) oder eine erhöhte Markttransparenz für die Verbraucher, müssen vielmehr sorgfältig gegen ihre wettbewerbsbeschränkenden Aspekte abgewogen werden. Diese Abwägung kann nach der Systematik des Art. 101 AEUV allein bei der Prüfung der Voraussetzungen für eine Freistellung vom Kartellverbot nach Absatz 3 dieser Vorschrift stattfinden.

Die enge Bestpreisklausel könnte damit als Nebenabrede zum Plattformvertrag nur dann vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV ausgenommen sein, wenn sie für dessen Durchführung objektiv notwendig wäre. Das ist nicht der Fall. Zweck des Vertrags zwischen Booking.com und den Hotelunternehmen ist die Online-Vermittlung von Hotelzimmern. Für diesen Vertragszweck ist die enge Bestpreisklausel keine unerlässliche Nebenabrede. Ermittlungen des Bundeskartellamts, die auf Veranlassung des Beschwerdegerichts nach Aufgabe der Verwendung der engen Bestpreisklausel durchgeführt wurden, haben ergeben, dass Booking.com nach allen maßgeblichen Parametern wie Umsatz, Marktanteil, Buchungsmengen, Zahl der Hotelpartner und Anzahl der Hotelstandorte seine Marktstellung in Deutschland weiter stärken konnte.

Die enge Bestpreisklausel von Booking.com ist nicht nach Art. 2 Abs. 1 Vertikal-GVO vom Verbot des Art. 101 Abs. 1 AEUV gruppenfreigestellt, weil der Marktanteil von Booking auf dem relevanten Markt der Hotelbuchungsplattformen in Deutschland mehr als 30 % beträgt (Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO).

Die Anwendbarkeit des Art. 101 Absatz 1 AEUV auf die enge Bestpreisklausel ist auch nicht aufgrund einer Einzelfreistellung gemäß Abs. 3 dieser Vorschrift ausgeschlossen. Es fehlt bereits an der ersten Freistellungsvoraussetzung, einer Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder der Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts. Darunter sind durch die wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung bewirkte Effizienzvorteile zu verstehen. Zwar führt der Betrieb einer Hotelbuchungsplattform zu erheblichen Effizienzvorteilen sowohl für die Verbraucher als auch für die ihr angeschlossenen Hotels. Mit den Funktionen Suchen, Vergleichen und Buchen bietet das Hotelbuchungsportal dem Verbraucher ein komfortables, in dieser Form sonst nicht verfügbares, attraktives Dienstleistungspaket. Die Hotels erhalten durch die Hotelbuchungsplattformen den Vorteil einer deutlich erweiterten Kundenreichweite. Diese Effizienzvorteile setzen jedoch die enge Bestpreisklausel nicht voraus. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Trittbrettfahrerproblem besteht. Es bestehen aber – nach den Nachermittlungen des Bundeskartellamts und dem Vorbringen von Booking.com – keine Anhaltspunkte dafür, dass dieses Problem die Effizienz des Plattformangebots gravierend gefährdet. Andererseits behindert die enge Bestpreisklausel aber erheblich den plattformunabhängigen Onlinevertrieb der Hotels.

Vorinstanz:

OLG Düsseldorf - Beschluss vom 4. Juni 2019 – VI-Kart 2/16 (V), WuW 2019, 386

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

Art. 101 AEUV

(1) Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts bezwecken oder bewirken, insbesondere

die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;

die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.

(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf

Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,

Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,

aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,

die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen

Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder

Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.

Art. 2 Vertikal-GVO Freistellung

(1) Nach Artikel 101 Absatz 3 und nach Maßgabe dieser Verordnung gilt Artikel 101 Absatz 1

AEUV nicht für vertikale Vereinbarungen. …

Art. 3 Abs. 1 Vertikal-GVO Marktanteilsschwelle

(1) Die Freistellung nach Absatz 1 gilt nur, wenn der Anteil des Anbieters an dem relevanten Markt … nicht mehr als 30% beträgt.



EuGH: Internationale Zuständigkeit für Klage gegen Booking.com auf Unterlassung des etwaigen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung am Sitz des klagenden Hotels

EuGH
Urteil vom 25.11.2020
C-59/19
Wikingerhof GmbH & Co. KG / Booking.com BV


Der EuGH hat entschieden, dass für eine Klage gegen Booking.com auf Unterlassung des etwaigen Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung die internationale Zuständigkeit des Gerichts am Sitz des klagenden Hotels gegeben ist.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Die Plattform Booking.com kann von einem Hotel, das sie nutzt, grundsätzlich vor einem Gericht des Mitgliedstaats, in dem das Hotel liegt, auf Unterlassung eines etwaigen Missbrauchs einer beherrschenden Stellung verklagt werden

Auch wenn die Verhaltensweisen, deren Unterlassung begehrt wird, im Rahmen eines Vertragsverhältnisses stattfinden, ist die besondere Zuständigkeitsregelung der Brüssel-IaVerordnung für Verfahren anwendbar, die eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung zum Gegenstand haben.

Die Wikingerhof GmbH & Co. KG, eine Gesellschaft deutschen Rechts, die ein Hotel in Deutschland betreibt, schloss 2009 einen Vertrag mit der Booking.com BV, einer Gesellschaft niederländischen Rechts mit Sitz in den Niederlanden, die eine Buchungsplattform für Unterkünfte betreibt. Dabei wurde ein von Booking.com vorgelegtes Vertragsformular verwendet, das u. a. folgende Klausel enthielt: „Das Hotel erklärt, eine Kopie der Version 0208 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen ... von Booking.com erhalten zu haben. Diese liegen online auf Booking.com vor ... Das Hotel bestätigt, dass es die Bedingungen gelesen und verstanden hat und ihnen zustimmt. Die Bedingungen sind ein grundlegender Bestandteil dieses Vertrages...“. In der Folge änderte Booking.com mehrfach ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die in ihrem Extranet einsehbar waren.

Wikingerhof widersprach schriftlich der Einbeziehung einer neuen Version der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Booking.com am 25. Juni 2015 ihren Vertragspartnern bekannt gegeben hatte, in den fraglichen Vertrag. Wikingerhof war der Auffassung, dass sie wegen der beherrschenden Stellung von Booking.com auf dem Markt für Vermittlungsleistungen und für
Buchungsportale für Unterkünfte keine andere Wahl gehabt habe, als den fraglichen Vertrag abzuschließen und den Auswirkungen der späteren Änderungen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Booking.com zu unterliegen, auch wenn bestimmte Praktiken von Booking.com unbillig seien und somit gegen das Wettbewerbsrecht verstießen.

Im Anschluss daran erhob Wikingerhof vor dem Landgericht Kiel (Deutschland) eine Klage, mit der sie beantragte, Booking.com zu verbieten, (i) auf der Buchungsplattform für Unterkünfte einen von Wikingerhof ausgewiesenen Preis ohne deren Einwilligung mit der Bezeichnung „vergünstigter Preis“ oder „rabattierter Preis“ zu versehen, (ii) ihr den Zugang zu den von ihren Vertragspartnern über die Plattform überlassenen Kontaktdaten vorzuenthalten, und (iii) die Platzierung des von ihr betriebenen Hotels bei Suchanfragen von der Gewährung einer 15 % übersteigenden Provision abhängig zu machen. Das Landgericht Kiel erklärte sich für örtlich und international nicht zuständig. Dies wurde in der Berufungsinstanz durch das Oberlandesgericht Schleswig (Deutschland) bestätigt. Nach dessen Ausführungen bestand keine Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß der allgemeinen Regel der Verordnung Nr. 1215/2012 (Brüssel-Ia-Verordnung), da Booking.com ihren Sitz in den Niederlanden habe. Zudem seien im vorliegenden Fall weder die besondere Zuständigkeit des Erfüllungsorts der vertraglichen Verpflichtung nach Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 noch der deliktische Gerichtsstand am Ort des schädigenden Ereignisses nach Art. 7 Nr. 2 der Verordnung gegeben.

Wikingerhof legte beim Bundesgerichtshof (Deutschland) Revision ein und trug vor, dass das Oberlandesgericht Schleswig zu Unrecht für die fragliche Klage den deliktischen Gerichtsstand verneint habe. Der Bundesgerichtshof wiederum wandte sich mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof.

Dem Gerichtshof wird somit die Frage vorgelegt, ob Art. 7 Nr. 2 Verordnung Nr. 1215/2012 für eine Klage gilt, die auf die Unterlassung bestimmter Verhaltensweisen im Rahmen einer Vertragsbeziehung zwischen dem Kläger und dem Beklagten gerichtet ist und die darauf gestützt wird, dass der Beklagte unter Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht seine beherrschende Stellung missbräuchlich ausnutze.

Würdigung durch den Gerichtshof
In Beantwortung dieser Frage stellt der Gerichtshof fest, dass für die Anwendbarkeit von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 einerseits oder von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung andererseits das angerufene Gericht insbesondere die besonderen Voraussetzungen dieser Bestimmungen prüfen muss. Somit ist es erforderlich, dass das angerufene Gericht, wenn sich ein Kläger auf eine dieser Vorschriften beruft, prüft, ob die Ansprüche des Klägers – unabhängig von ihrer Einordnung nach nationalem Recht – im Sinne der Verordnung vertraglicher Art sind odervielmehr eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, zum Gegenstand haben. Insbesondere hat das angerufene Gericht, um eine
unter Vertragspartnern erhobene Klage als „vertraglich“ oder „deliktisch“ im Sinne der Verordnung Nr. 1215/2012 einzuordnen, zu prüfen, ob die Verpflichtung, die ihr als Grundlage dient, vertraglicher Art ist oder eine unerlaubte Handlung bzw. eine dieser gleichgestellte Handlung zum Gegenstand hat.

Eine Klage hat somit einen „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag" im Sinne von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 zum Gegenstand, wenn eine Auslegung des Vertrags zwischen dem Kläger und dem Beklagten unerlässlich erscheint, um zu klären, ob das Verhalten, das der Kläger dem Beklagten vorwirft, rechtmäßig oder vielmehr widerrechtlich ist. Beruft sich der Kläger in seiner Klageschrift hingegen auf die Regeln über die Haftung aus unerlaubter Handlung oder einer Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, d. h. auf einen Verstoß gegen eine gesetzliche Verpflichtung, und erscheint es nicht unerlässlich, den Inhalt des mit dem Beklagten geschlossenen Vertrags zu prüfen, um zu beurteilen, ob das diesem vorgeworfene Verhalten rechtmäßig oder rechtswidrig ist, so bilden eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand der Klage im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012. Im vorliegenden Fall beruft sich Wikingerhof in ihrer Klageschrift auf einen Verstoß gegen das deutsche Wettbewerbsrecht, das den Missbrauch einer beherrschenden Stellung unabhängig von einem Vertrag oder einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung allgemein verbiete. Mithin besteht die Rechtsfrage, die dem Ausgangsverfahren im Kern zugrunde liegt, darin, ob Booking.com eine beherrschende Stellung im Sinne des genannten Wettbewerbsrechts missbraucht hat. Indessen ist es für die Feststellung, ob die Booking.com vorgeworfenen Praktiken
nach diesem Wettbewerbsrecht rechtmäßig oder rechtswidrig sind, nicht unerlässlich, den Vertrag zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens auszulegen, da eine solche Auslegung allenfalls erforderlich ist, um das Vorliegen dieser Praktiken festzustellen.

Der Gerichtshof kommt zu dem Ergebnis, dass vorbehaltlich einer Prüfung durch das vorlegende Gericht davon auszugehen ist, dass die Klage von Wikingerhof, soweit sie auf die gesetzliche Verpflichtung gestützt ist, eine beherrschende Stellung nicht zu missbrauchen, eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder Ansprüche aus einer solchen Handlung im Sinne von Art. 7 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 zum Gegenstand hat.


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LG Amberg: Irreführung durch Werbung in Prospekt mit "auch online" wenn Online-Preis höher als im Ladengeschäft ist

LG Amberg
Urteil vom 09.12.2019
41 HK O 897/19


Das LG Amberg hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn in einem Prospekt mit dem Hinweis "auch online" geworben wird, wenn der Online-Preis höher als im Ladengeschäft ist. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.