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OLG Nürnberg: Blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden

OLG Nürnberg
Urteil vom 23.07.2024
3 U 392/24 UWG


Das OLG Nürnberg hat entschieden, dass die blickfangmäßige Werbung mit Rabatt "auf alle Ostersüßwaren" wettbewerbswidrig ist, wenn per Fußnote diverse Ostersüßwaren von der Rabattaktion ausgeschlossen werden.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Senat wendet zur Prüfung, ob in Fällen der Blickfangwerbung der vorliegenden Art eine Irreführung gegeben ist, in Anschluss an Rechtsprechung und Literatur das folgende Stufenmodell an (OLG Nürnberg,, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 11 ff., wiederholt im Beschluss vom 23. Dezember 2023, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 10 ff.):

a) Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt (vgl. BGH, GRUR 2001, 78 juris-Rn. 16 – Falsche Herstellerpreisempfehlung), bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden), liegt eine sogenannte „dreiste Lüge“ vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden (Bornkamm/Feddersen, in Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. 2022, § 5 Rn. 1.89; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014 – 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Um der Erläuterung oder Korrektur zugänglich zu sein, muss die Aussage mithin eine solche sein, die nicht erkennbar unzutreffend ist und an der – trotz ihres irreführenden Charakters – von Seiten des Werbenden ein nachvollziehbares Interesse besteht. Dagegen kann eine dreiste Lüge, für die kein vernünftiger Anlass besteht, auch dann nicht zugelassen werden, wenn ein Sternchenhinweis eine Korrektur enthält (vgl. BGH GRUR 2001, 78 – Falsche Herstellerpreisempfehlung; GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bomkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.89).

Nicht durch einen Sternchen- oder Fußnotenhinweis korrekturfähig ist etwa die blickfangmäßige Aussage „20 % auf Alles ohne Wenn und Aber“ (LG Dortmund, Urteil vom 31. Oktober 2018 – 20 O 22/18, juris-Rn. 15) oder die Werbung eines Autohändlers, die den Eindruck vermittelt, dass ein angebotenes „Neufahrzeug“ zu dem angegebenen Preis von jedermann gekauft werden kann, obwohl der Preis nur dann gilt, wenn für den Wagen eine Tageszulassung vorgenommen wird und zum anderen nur für die Verbraucher, die ein Gebrauchtfahrzeug in Zahlung geben (OLG Köln, Urteil vom 5. April 2019 – I-6 U 179/18, juris-Rn. 21 ff.). Gleiches gilt für die Werbeaussage „30 % auf (fast) alles!“, wenn der Verbraucher die Einschränkung „fast“ dahingehend versteht, dass sich diese nur auf die in der Aufzählung nicht genannten Produktkategorien bezieht (OLG Köln, Urteil vom 20. April 2018 – I-6 U 153/17, juris-Rn. 34).

Als nicht korrigierbar wurde auch der Fall angesehen, dass in einem Anschreiben bei flüchtiger Betrachtung gezielt der Eindruck vermittelt wurde, die beworbene Leistung sei bereits bestellt und müsse deshalb bezahlt werden. Bei einer Werbung, die gerade auf den flüchtigen Eindruck ausgerichtet ist, muss davon ausgegangen werden, dass ein ausreichender Teil des in dieser Weise angesprochenen Verkehrs getäuscht wird (BGH GRUR 2012, 184 Rn. 28 – Branchenbuch Berg).

Dagegen wurde das Vorliegen einer dreisten Lüge verneint, wenn erkennbar eine unvollständige Kurzangabe, ähnlich einer Überschrift, vorliegt, die dazu einlädt, die ausführliche und präzise Information zur Kenntnis zu nehmen, auf die der Link verweist (BGH GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden).

b) In anderen Fällen, in denen eine blickfangmäßig herausgestellte Angabe in einer Werbung bei isolierter Betrachtung eine fehlerhafte Vorstellung vermittelt, kann der dadurch veranlasste Irrtum durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis ausgeschlossen werden, der selbst am Blickfang teilhat (BGH, GRUR 2016, 207 Rn. 16 – All Net Flat). Dabei reicht es nicht aus, wenn der beworbene Artikel zusammen mit weiteren Artikeln abgebildet wird, ohne die er nicht benutzt werden kann, und der aufklärende Hinweis nur ganz am Ende der Produktinformationen innerhalb der Produktbeschreibung steht, ohne am Blickfang teilzuhaben und die Zuordnung zu den herausgestellten Angaben zu wahren (BGH, GRUR 2003, 249 juris-Rn. 16 – Preis ohne Monitor).

So wurde beispielsweise ein Hinweis in einer Fußnote für unzureichend gehalten, wenn sich die Fußnotenziffer neben einer Preisangabe befindet, der Fußnotentext selbst mit Hinweisen zur Preisgestaltung beginnt und der darin weiter enthaltene Hinweis auf die regionale Verfügbarkeit nicht besonders hervorgehoben ist (OLG Frankfurt a. M., GRUR-RR 2015, 150 Rn. 31 f. – Entertain Comfort).

c) Auch ohne Stemchenhinweis oder unmittelbare räumliche Zuordnung zum Blickfang kann ausnahmsweise die Aufklärung in einem kurz und übersichtlich gestalteten weiteren Text genügen, wenn es sich um eine Werbung – etwa für langlebige und kostspielige Güter – handelt, mit der sich der Verbraucher eingehend und nicht nur flüchtig befasst, und die er aufgrund einer kurzen und übersichtlichen Gestaltung insgesamt zur Kenntnis nehmen wird.

2. Nach diesen Kriterien ist die verfahrensgegenständliche Werbung der Fallgruppe a) zuzuordnen, da sie eine aus sich heraus klare Aussage darstellt, die zweifelsfrei unrichtig ist, und hierfür auch keine vernünftigen Gründe sprechen.

a) Die Beklagte bedient sich einer sog. Blickfangwerbung, indem sie durch Verwendung einer großen Schrifttype und kontrastreicher Farben auf der Titelseite ihres Prospekts auf die Rabattaktion betreffend Ostersüßwaren hinweist. Hiergegen erinnert auch die Beklagte nichts.

b) Die Aussage, dass der näher beschriebene Rabatt auf „alle“ Ostersüßwaren gewährt wird, ist aus sich heraus klar verständlich und abschließend. Irgendein Bedarf nach Präzisierung oder Erläuterung stellt sich, weil das Adjektiv „alle“ keinerlei Relativierung enthält und einer solchen auch nicht zugänglich ist, nicht. Dies gilt sowohl, wenn man den Begriff „alle“ im logischen und grammatikalischen Sinn versteht, als auch nach dem Begriffsverständnis der durchschnittlichen Verbraucher als dem angesprochenen Verkehrskreis.

Die Richtigkeit der Aussage, dass die Rabattaktion sämtliche Artikel erfasst, die der Kategorie der Ostersüßwaren zuzuordnen ist, lässt sich leicht nachprüfen; Wertungsspielraum besteht nicht. Entweder gibt es den Rabatt tatsächlich für sämtliche Artikel dieser Kategorie, woran es bereits fehlt, wenn ein einzelnes Produkt ausgenommen sein soll, oder die Aussage ist unwahr.

Die Werbung kann deshalb nicht als erkennbar unvollständige Kurzangabe charakterisiert werden. Eine solche wäre gegeben, wenn klar ersichtlich wäre, dass es im Hinblick auf den „sachlichen Umfang“ weitere Informationen geben muss, um die Bedingungen abschließend wiederzugeben. Vielmehr stellt sich vorliegend der Eindruck ein, dass bereits alles gesagt sei (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 23), was den sachlichen Umfang der Rabattaktion – Einbeziehung von Ostersüßwaren – betrifft. Dementsprechend erwartet der Verbraucher auch nicht, dass sich Detailangaben zu diesem Aspekt in der Fußnote finden.

Insoweit betont der Senat, dass die Qualifikation als falsche Angabe oder dreiste Lüge keine Bewertung dahingehend enthält, dass bewusst getäuscht werden soll. Entscheidend ist, dass eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache vorliegt, für die es keinen vernünftigen Grund gibt, oder eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden; OLG Düsseldorf, Urteil vom 13. November 2014, 15 U 71/14, BeckRS 2015, 2183, Rn. 18).

Bei Sachverhalten, in denen eine unrichtige, aber vermeidbar unrichtige Aussage vorliegt, kann eine Richtigstellung durch eine erläuternde Angabe nicht erfolgen, auch wenn sie am Blickfang teilnimmt.

c) Die Angabe „alle Ostersüßwaren“ erscheint insbesondere auch deshalb nicht von vornherein erläuterungsbedürftig, weil dem Verbraucher klar sein müsste, dass diese Aussage nicht im strengen Wortsinne generell gemeint sein könne.

Zwar werden pauschale Aussagen mit nachfolgenden Einschränkungen nicht als irreführend angesehen, wenn sich die Einschränkungen im Rahmen dessen bewegen, mit dem der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher ohnehin rechnet (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2011, I ZR 119/10, GRUR 2012, 81 Rn. 12 – Innerhalb 24 Stunden). Es liegt aber nicht von vornherein fern, dass die Beklagte im Rahmen einer Sonderaktion ihr gesamtes Sortiment an Ostersüßwaren einschließlich solcher Artikel, die einem bestimmten Hersteller oder bestimmten Marken zuzuordnen sind, vergünstigt abgeben will. Insoweit ist es nach der Erfahrung des Verbrauchers keineswegs ungewöhnlich, dass Saisonartikel, zu denen Ostersüßwaren zweifellos zählen, in bestimmten Phasen mit besonderen Rabatten beworben werden, selbst wenn sie von Qualitätsherstellern stammen. Dies gilt nicht nur nach Ablauf des Festes, Anlasses etc., zu dem sie einen Bezug aufweisen, sondern kann auch in der Phase vor diesem geschehen.

d) Ohne Erfolg bleibt daher der Hinweis der Beklagten, der Verbraucher lese Handzettel der vorliegenden Art intensiver und gründlicher, als dies bei Plakatwerbung oder Fernsehspots der Fall ist.

e) Aus dem genannten Grund kann auch die Überlegung der Beklagten nicht verfangen, der Verbraucher, der mit Erläuterungen in einer erkennbar angebrachten Fußnote rechnet, lese diese sogleich und nehme deshalb die dort genannte Einschränkung zur Kenntnis, bevor er zu der Information „alle Ostersüßwaren“ gelangt. Der Verbraucher darf bei einer derart klar und einschränkungslos formulierten Aussage darauf vertrauen, dass sie in jeder Hinsicht zutrifft und sich in der angebrachten Fußnote keine Einschränkungen finden, die in diametralem Gegensatz zu der getroffenen Aussage stehen.

f) Eine Präzisierungsbedürftigkeit besteht auch im Übrigen nicht schon aus sachgegebenen Gründen. Eine solche könnte zwar angenommen werden, wenn die Abgrenzung von Ostersüßwaren und zu anderen Süßwaren nicht trennscharf möglich wäre. Die vorliegend unternommene Abgrenzung der erfassten von den nicht erfassten Waren beruht ausschließlich auf dem Hersteller und nicht danach, ob sie einen Bezug zu Ostern aufweisen.

Umgekehrt führt der Umstand, dass der Verbraucher möglicherweise Erläuterungen dazu erwartet oder wünscht, wie Ostersüßwaren von sonstigen Süßwaren abzugrenzen sind, nicht dazu, dass ein beachtlicher Erläuterungsbedarf auch im Hinblick darauf besteht, ob wirklich alle Ostersüßwaren erfasst sein sollen. Wie ausgeführt, lässt die gewählte Formulierung keinen Zweifel offen, dass jeder Artikel, der den „Ostersüßwaren“ zuzuordnen ist, auch von dem Rabatt erfasst sein soll.

g) Jedenfalls erwartet der Verbraucher eine Einschränkung des sachlichen Umfangs der Rabattaktion, d.h. der Produkte, die für einen solchen Rabatt infrage kommen, dann nicht, wenn sich das Fußnotenzeichen bei der Angabe „20 %“ befindet.

Eine Erläuterung wird vom angesprochenen Verkehr tendenziell für die Angabe erwartet, bei der der Hinweis darauf (Sternchen-, Fußnotenzeichen) angebracht ist; findet sie sich am Ende der Aussage, kann sich diese regelmäßig auf alle Elemente beziehen.

Dementsprechend impliziert die vorliegende Gestaltung, die korrespondierende Fußnote enthalte eine weitere Information dazu, wie gerade die Rabattquote von 20 % zu verstehen ist, also etwa, was für deren Berechnung im einzelnen gilt. Dagegen liegt die Vermutung, es solle erläutert werden, für welche Arten von Produkten der Rabatt beansprucht werden könne, eher fern (und zwar gerade dann, wenn man entsprechend der Herangehensweise der Beklagten danach fragt, mit welchen Erläuterungen der Verbraucher dann rechnet, wenn er die Werbeaussage Wort für Wort durchgeht). Eine Richtigstellung mit dem vorliegenden Inhalt, dass bestimmte Ostersüßwaren ausgenommen sind, würde der Verbraucher objektiv beim Wort „alle“ erwarten.

Es kann daher offenbleiben, ob entgegen dem eingangs genannten Stufenprogramm eine Fußnote, die deutlich sichtbar bei einem an sich einschränkungslosen Begriff angebracht ist, in einer eine Fehlvorstellung ausschließenden Weise signalisieren könnte, dass der Begriff doch nicht so zu verstehen sein soll, wie er sich findet.

Unerheblich muss demnach auch sein, dass die Angabe der Rabattquote von 20 % und das dort angebrachte Fußnotzenzeichen drucktechnisch größer gesetzt ist als der Bestandteil „auf alle Ostersüßwaren…“. Da ein Fußnoten-/Stemchenzeichen nicht übersehen werden darf, bedingt dies bereits, es entsprechend größer zu setzen, wenn die Worte, bei denen es sich befindet, größer gedruckt sind. Entscheidend ist aber ohnehin, dass der Verbraucher infolge der Einschränkungslosigkeit des Wortes „alle“ und der Positionierung nach dem %-Zeichen keinen Anlass hat, dem Verweis nachzugehen, um sicher zu sein, dass wirklich alle Ostersüßwaren rabattiert werden.

h) Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Beklagte keine zumutbare Alternativen offenstünden, in plakativer und wirkungsvoller Weise mit einem Rabatt, der etwa Ostersüßwaren des Herstellers Ferrero ausnimmt, zu werben.

Der Senat kann dahinstehen lassen, ob der Beklagten die klägerseits vorgeschlagene Lösung „fast alle“ zugemutet werden kann. Aus gegenwärtiger Sicht des Senats kann die Beklagte jedenfalls bei Aktionen der verfahrensgegenständlichen Art mit „20 % auf viele Ostersüßwaren“ oder „20 % auf die meisten Ostersüßwaren“ werben und dann mittels einer Fußnote den genauen Inhalt der entsprechenden Einschränkungen kommunizieren. Es liegt dann eine erkennbar ergänzungs-/erläuterungsbedürftige Aussage vor (weil erkennbar wird, dass zahlreiche, aber nicht sämtliche Ostersüßwaren betroffen sind), bei der der Verbraucher bemerkt, dass noch Detailangaben fehlen, und ihm zugemutet werden kann, dem Fußnotenhinweis nachzugehen. Auf diese Weise lässt sich das Interesse der Beklagten, auch für Rabattaktionen der vorliegenden Art blickfangmäßig werden zu können, umsetzen.

Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall in einem wesentlichen Punkt von dem Sachverhalt, der der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) zugrunde lag. Dort hätte es größeren und zusätzlichen Raum in Anspruch genommen, zu erläutern, dass das Angebot nur für gesetzlich versicherte Personen gilt. Vorliegend lässt sich die gebotene Klarheit aber durch Austausch des Worts „alle“ durch ein oder zwei andere, relativ kurze Worte bewerkstelligen. Die Werbeaussage wird dadurch nicht unübersichtlich oder so lang, dass sie nicht mehr plakativ präsentiert werden könnte. Aus diesem Grund verfängt auch die Überlegung nicht, es liege tendenziell im Interesse der Verbraucher, durch kurze und damit übersichtliche Aussagen auf Angebote hingewiesen zu werden.

Offen bleiben kann damit, ob der Standpunkt der Beklagten zutrifft, bei einer Werbung mit „20 % auf Ostersüßwaren …“ würden nur die Ostersüßwaren erfasst, die auch bildlich dargestellt werden.

i) Die Zulässigkeit der verwendeten Werbung unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kann entgegen der Auffassung des Landgerichts auch nicht auf den Umstand gestützt werden, dass nach dem unwidersprochen Vorbringen der Beklagten rund 80 % der von ihr bereitgehaltenen Ostersüßwaren von der Rabattaktion erfasst sind.

Der Senat hat bereits Zweifel daran, ob für die an dieser Stelle vorzunehmende Verhältnismäßigkeitsbetrachtung relevant sein kann, in welcher Quote von Fällen eine Aussage zutrifft oder nicht. Ob die Passage in der Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 13. November 2014 (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183, Rn. 22), die Werbeaussage sei für einen erheblichen Teil der angesprochenen Kunden zutreffend, in diesem Sinne zu verstehen ist, wie die Beklagte meint, hält der Senat für zweifelhaft. Jedenfalls hat der Senat nicht in seinem Beschluss vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22, GRUR-RS 2022, 46596, Rn. 16, eine derartige Betrachtung vorgenommen. Er hat lediglich deshalb auf einen „nicht unwesentliche[n] Teil“ der Waren abgestellt, weil klar sein musste, dass nicht sämtliche Waren aller Abteilungen heruntergesetzt sein sollten; dies stellt aber eine andere Überlegung dar.

Entscheidend ist in jedem Fall, ob es sachliche Gründe dafür gibt, sich einer Erläuterung in einer Fußnote zu bedienen, anstatt sich sogleich korrekt auszudrücken, und der damit verbundene Nachteil für den Verbraucher in einem angemessenen Verhältnis zu den Motiven und Interessen des Werbenden steht. Wie beschrieben, ist dies vorliegend nicht der Fall, weil keine unpräzise oder unvollständige Aussage vorliegt, die nicht in knapper Form korrekt formuliert hätte werden können, und dies ohne Nachteile vermieden hätte werden können.

j) Darauf, dass die Erläuterung ohne großen Aufwand wahrgenommen werden kann, da sie sich auf derselben Seite und in dem Bereich befindet, der zu der Werbung für die Ostersüßwaren gehört, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Soweit der Senat in seinem Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, auf die Notwendigkeit eines Scrollens abgestellt hat, stellte dies lediglich einen zusätzlichen Aspekt dar. Dasselbe gilt im Hinblick darauf, dass vorliegend (anders als in dem Sachverhalt, der dem Beschluss des Senats vom 23. Dezember 2022, 3 U 1720/22 zugrunde lag) nicht die Gefahr besteht, das Fußnotenzeichen könne anderweitig, zum Beispiel als Hinweis auf eine Markeneintragung, verstanden werden.

k) Unerheblich muss schließlich sein, dass der angesprochene Kunde durch sein Kaufverhalten die Voraussetzungen dafür schaffen kann, ob er den Rabatt erhält oder nicht, was die vorliegende Situation wiederum von dem vom OLG Düsseldorf am 13. November 2014 entschiedenen Fall (15 U 71/14, BeckRS 2015, 3183) unterscheidet, weil dort die Eigenschaft als gesetzlich oder privat Versicherter kaum beeinflussbar ist. Der Verbraucher, der den Prospekt sieht, kann sich in der berechtigten Erwartung, auch Ostersüßwaren der in der Fußnote genannten Markenhersteller mit den Rabattkonditionen kaufen zu können, in eine Filiale der Beklagten begeben; der Anlockeffekt ist dann eingetreten. Es ist auch nicht so, dass Süßwaren von Markenherstellern aus Sicht des Kunden in jeder Hinsicht gleichwertig mit Süßwaren anderer Markenhersteller oder unter Eigenmarken vertrieben Süßwaren sind.

l) Auch die vorzunehmende Gesamtbetrachtung führt zu keinem anderen Ergebnis.

Die Beklagte wirbt plakativ mit einer für Lebensmittel relativ hohen Rabattquote von 20 % und gibt weiter an, dass dies für alle Ostersüßwaren gelte, sofern der Einkaufswert 5 € erreicht. Für den Verbraucher, der von einer Sonderaktion anlässlich des bevorstehenden Osterfests ausgeht, erscheint die Aussage nicht weiter erläuterungsbedürftig; er hat keinen Anlass, damit zu rechnen, dass sich hinsichtlich der verbal erfassten Ostersüßwaren Einschränkungen ergeben könnten. Für den Verbraucher ist eine derartige Rabattaktion besonders dann interessant, wenn sie auch Produkte von Markenherstellern erfasst; gerade dies wird aber durch das Wort „alle“ suggeriert. Ostersüßwaren gehören auch nicht zu besonders hochpreisigen und langlebigen Artikeln, denen unterstellt werden kann, dass der Verbraucher sich mit Werbung eingehend befasst (vgl. Senat, Beschluss vom 16. August 2022, 3 U 747/22, GRUR-RR 2023, 37, Rn. 16). Die Fehlvorstellung könnte auf einfache Weise vermieden werden, ohne dass der Werbeeffekt für die Beklagte nennenswert leiden würde.

3. Über die übrigen Voraussetzungen eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruchs gem. § 8 Abs. 3 Nr. 3 i.V.m. §§ 3, 5 Abs. 1 u. 2 Nrn. 1 u. 2 UWG herrscht zwischen den Parteien kein Streit; auch der Senat konnte keine tatsächlichen oder rechtlichen Aspekte erkennen. Dem Unterlassungsantrag war daher zu entsprechen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Hamm: Irreführung durch blickfangmäßige Werbung mit "10 Jahre Garantie" wenn diese nicht für die Beschichtung der beworbenen Bratpfanne gilt

OLG Hamm
Beschluss vom 19.06.2024
4 U 28/24


Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn blickfangmäßig mit "10 Jahre Garantie" geworben wird, ohne dass im unmittelbaren Zusammenhang klargestellt wird, dass die Garantie nicht für die Beschichtung der beworbenen Bratpfanne gilt.

Aus den Entscheidungsgründen:
Zur Begründung wird zunächst auf den Hinweisbeschluss vom 04.07.2024 Bezug genommen. Die hierzu erfolgte Stellungnahme der Beklagten vom 19.07.2024 rechtfertigt eine andere Entscheidung nicht, sondern gibt lediglich zu folgender ergänzenden Begründung Anlass:

1. Dass das streitgegenständliche Garantiesymbol im Rahmen der Verkaufsofferte zusammen mit neun weiteren Symbolen/Piktogrammen wiedergegeben wird, ändert nichts daran, dass es sich hierbei um eine blickfangmäßige Werbung handelt. Denn durch die Verwendung des Symbols wird die Möglichkeit des Abschlusses der 10jährigen Garantie – ebenso wie die durch die weiteren neun Piktogramme/Symbole beschriebenen Eigenschaften – im Rahmen der gesamten Verkaufsofferte im Vergleich zu den sonstigen Angaben von der Beklagten besonders herausgestellt, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erwecken.

2. Es verbleibt auch unter Berücksichtigung der von der Beklagten weiter vorgetragenen Rechtsauffassungen dabei, dass der Blickfang irreführend ist. Denn er suggeriert dem durchschnittlich informierten und aufmerksamen sowie verständigen Verbraucher jedenfalls die Möglichkeit des Abschlusses – wenn nicht sogar das Bestehen (vgl. hierzu 3.) – einer umfassenden 10jährigen Garantie. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Verkaufsangebot der Beklagten vom durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher erwartungsgemäß nicht mit besonderer Sorgfalt studiert wird, weil es sich um ein gewöhnliches Kochwerkzeug handelt, dessen Erwerb aufgrund des Preises (99,99 €) nicht mit einer besonderen Investition verbunden ist. Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt maßgeblich von demjenigen, mit dem sich der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 18.12.2014 (I ZR 129/13 – Schlafzimmer komplett) auseinandergesetzt hat. Denn in dem seinerzeit vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall war maßgeblich, dass sich die angesprochenen Verbraucher mit der streitgegenständlichen Werbung – anders als hier – erwartungsgemäß eingehend und nicht nur flüchtig auseinandersetzten, weil sie langlebige und kostspielige Güter zum Gegenstand hatte.

Dass der vorgenannten Entscheidung insoweit Ausnahmecharakter zukommt und die Annahme, der Verbraucher werde die Einschränkung einer blickfangmäßig herausgestellten Werbeaussage durch eine andere, nicht am Blickfang teilhabenden Aussage in der Werbung erkennen, nur unter engen Voraussetzungen gerechtfertigt ist, hat der Bundesgerichtshof in seinem vom Senat bereits im Hinweisbeschluss vom 04.07.2024 zitierten Urteil vom 15.10.2015 (I ZR 260/14 – All Net Flat) herausgestellt. Daher kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, ob sich der richtige Sinn der mit dem Garantiesymbol getroffenen Werbeaussage bei näherer Befassung der Werbung aus anderen, ihrerseits nicht blickfangmäßig hervortretenden Angaben entnehmen lässt.

Wie der Senat ebenfalls bereits in dem Hinweis vom 04.07.2023 ausgeführt hat, liegt eine im Sinne des § 5 UWG relevante Irreführung – anders als die Beklagte meint – auch dann schon vor, wenn der Verkehr durch den missverständlichen Blickfang veranlasst wird, sich mit dem Angebot näher zu beschäftigen (vgl. BGH, Urteil vom 17.02.2000 - I ZR 254/97 – Computerwerbung, GRUR 2000, 911, beck-online; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Bornkamm/Feddersen, 42. Aufl. 2024, UWG § 5 Rn. 1.90).

3.Ohne, dass es nach den vom Senat bereits gemachten Ausführungen hierauf entscheidend ankommt, suggeriert das von der Beklagten verwendete Garantiesymbol dem von der Werbung angesprochenen, durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher nicht lediglich die Möglichkeit des Abschlusses einer uneingeschränkten – d. h. auch die Beschichtung umfassenden – Garantie. Vielmehr wird hierdurch der Eindruck hervorgerufen, dass die umfassende Garantie bereits in dem beworbenen Verkaufspreis von 99,99 € inkludiert ist. Dies folgt daraus, dass das Symbol einerseits aus der farblich und ihrer Größe nach besonders hervorgehobenen Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ und andererseits dem deutlich kleiner und farblich unscheinbarer gehaltenen Zusatz „jetzt aktivieren“ besteht. Da die vorliegende Werbung – wie der Senat bereits ausgeführt hat – auch vom verständigen Verbraucher nur flüchtig wahrgenommen wird, ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil der angesprochenen Verbraucher, lediglich die in dem Symbol besonders hervorgehobene Aussage „10 JAHRE GARANTIE“ zur Kenntnis nehmen und infolgedessen davon ausgehen, dass sie die Garantie zusammen mit der beworbenen Pfanne für den Preis von 99,99 € erwerben (können).

Dass das Garantiesymbol durch einen Link mit einer weiteren Internetseite verknüpft ist, auf der über die näheren Bedingungen der beworbenen Garantie aufgeklärt wird, ändert hieran nichts. Es spricht nämlich nichts dafür, dass der Verbraucher die Angebotsseite mit seinem Cursor auf etwaige hinterlegte Links durchsucht, so dass es letztlich dem Zufall überlassen bleibt, ob der Link – und damit die weitergehenden Informationen zu der Garantie – von ihm „entdeckt“ werden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch blickfangmäßig beworbene Rabattaktion wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden

LG München
Urteil vom 12.01.2023
17 HKO 17393/21


Das LG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch eine blickfangmäßig beworbene Rabattaktion vorliegt, wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Küchentage
Die 17. Handelskammer des Landgerichts München I hat heute der Klage eines Vereins zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb stattgegeben (Az. 17 HKO 17393/21). Der Verein hatte gegen eine Händlerin für Möbel wegen einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung geklagt.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb.

Die Beklagte ist Händlerin für Möbel und Küchen. Sie betreibt ein Möbelhaus in München.

Das Möbelhaus hatte am 19. August 2021 zu den sogenannten „KüchenTagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung abgedruckt. Der Verein nahm das Möbelhaus im Hinblick auf diese Werbeanzeige auf Unterlassung in Anspruch und verlangte die Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.

Die 17. Handelskammer hat die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige als irreführend für Verbraucher eingestuft und der Klage daher stattgegeben.

Für die Leser der Anzeige sei schon nicht klar ersichtlich, wie lange die beworbene Rabattaktion laufe. Auf der Werbeanzeige finde sich blickfangmäßig herausgestellt das Datum des 21.08., im Kleingedruckten sei jedoch ein Hinweis auf das Datum des 31.08.2021 enthalten.
Um den Vorwurf einer Irreführung über die Laufzeit der Rabattaktion auszuschließen, wäre es erforderlich gewesen, die Teilnahmebedingungen unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zuzuordnen und so den Verbraucher aufzuklären. Eine solch eindeutige Aufklärung über die Teilnahmebedingungen fehle jedoch in der streitgegenständlichen Werbeanzeige. Selbst wenn man zu Gunsten des Möbelhauses unterstelle, dass der Verbraucher den Hinweis auf das Aktionsende zum 31.08.2021 zur Kenntnis nehme, bliebe er im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeute.

Der Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.08. aufgebaut werde, könne durch eine solch uneindeutige weitere Datumsangabe im Kleingedruckten jedenfalls nicht beseitigt werden. Es sei insofern auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung auf den Leser ausübe.

Weiter sei aus der beanstandeten Werbeanzeige auch nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Voraussetzungen und bezüglich welcher Produkte des Möbelhauses der beworbene Rabatt Anwendung finde.

Die Kammer sah die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Der Leser bliebe im Zweifel, ob die Anzeige 20% und 20%, also insgesamt 40% Rabatt anpreise, oder nur jeweils 20% auf verschiedene Produkte. Eine solch blickfangmäßig herausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet sei, könne jedoch nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blickfang teilhat. An einem solchen Hinweis fehle es hier. Das von der Beklagten angeführte Kleingedruckte im unteren Teil der Werbeanzeige reiche insoweit nicht aus.




OLG Köln: Wettbewerbswidrige Irreführung wenn Algorithmus eines Online-Automarktes aufgrund falscher km-Angabe Angebot blickfangmäßig als Top-Angebot platziert

OLG Köln
Beschluss vom 09.03.2020
6 W 25/20


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Algorithmus eines Online-Automarktes aufgrund falscher km-Angabe ein Angebot blickfangmäßig als Top-Angebot platziert

Die Pressemitteilung des OLG Köln:

Wo „TOP-Angebot“ drauf steht, muss auch „TOP-Angebot“ drin sein- Zu irreführenden Angaben in KFZ-Onlinebörsen

Die irrtümlich erheblich zu geringe Angabe des Kilometerstandes in einem Gebrauchtwagenangebot auf einer Internetplattform (2.040 km statt 204.032 km) ist irreführend, wenn sie aufgrund des Algorithmus der Plattform zu einer blickfangmäßig hervorgehobenen Bewertung als „TOP-Angebot“ führt, auch wenn der Verkehr die Diskrepanz zwischen dem Kaufpreis und der angeblich geringen Laufleistung sofort erkennt oder auf einem eingestellten Foto den tatsächlichen Tachostand erkennen kann.

Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln mit Beschluss vom 09.03.2020 – 6 W 25/20 – entschieden.

Der Beklagte bewarb auf der Plattform autoscout24.de einen Pkw Golf unter Angabe eines Kilometerstandes von 2.040 km für 1.100 Euro. Tatsächlich betrug der Kilometerstand 204.032 km, was auf einem dem Angebot beigefügten Foto zu erkennen war.

Nachdem der Beklagte die vom Kläger begehrte Unterlassungserklärung abgegeben und dessen vorgerichtliche Kosten erstattet hatte, erklärten beide Parteien den Rechtsstreit für erledigt. Das Landgericht Köln legte die Kosten dem Kläger mit der Begründung auf, dass eine Irreführung nicht vorliege. Der angesprochene Verkehr würde aufgrund der Diskrepanz den offensichtlichen Eingabefehler erkennen und weiter durch das Foto vom Tachometer ausreichend aufgeklärt. Daran ändere auch die Bewertung als „TOP Angebot“ nichts.

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat die Entscheidung des Landgerichts Köln aufgehoben und die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auferlegt. Zur Begründung führt er aus, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 3, 5 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG zugestanden habe. Die Angabe eines Tachostandes von nur 2.040 km sei unlauter, weil insbesondere das Verhältnis von Tachostand und Kaufpreis entscheidend für die Bewertung des Angebots durch den Algorithmus der Internetplattform sei. Obwohl das Angebot tatsächlich nicht die Kriterien für die Bewertung als „TOP- Angebot“ erfüllt habe, habe die fehlerhafte Kilometerangabe im Text zu einer Einordnung als ein solches „TOP-Angebot“ geführt. Es liege damit eine blickfangmäßig hervorgehobene unwahre Bewertung vor, die nicht ausreichend aufgeklärt werde. Solange ein Verbraucher nicht wisse, wie sich die Bewertung zusammensetze und er möglicherweise annehme, dass auch noch andere Umstände eine maßgebliche Rolle spielen, bestehe eine Irreführungsgefahr i.S.d. § 5 UWG. Diese bestehe so lange fort, wie das Siegel „TOP-Angebot“ weiterhin gültig sei. Unerheblich sei letztlich, dass die Bewertung seines Angebots als „TOP-Angebot“ nicht durch den Beklagten selbst vorgenommen worden sei, da der Algorithmus jedenfalls auf die von ihm zur Verfügung gestellten Daten zugegriffen und diese ausgewertet habe. Ein schuldhaftes Handeln des Beklagten sei keine Voraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gem. § 5 UWG.

Der Beschluss ist rechtskräftig.

Beschluss des Oberlandesgerichts Köln vom 09.03.2020 – Az. 6 W 25/20.



BGH: Irreführende blickfangmäßige Angabe in Werbung kann nicht durch Hinweis am Ende eines nachfolgenden unübersichtlichen Textes ausgeräumt werden

BGH
Versäumnisurteil vom 21. September 2017
I ZR 53/16
Festzins Plus
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; UWG § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 1


Der BGH hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß durch irreführende Blickfangangabe in der Werbung nicht durch Hinweis am Ende eines nachfolgenden umfangreichen und unübersichtlichen Textes ausgeräumt werden kann.

Leitsatz des BGH:
Der durch eine irreführende Blickfangangabe verursachte Irrtum wird auch bei ,wirtschaftlich bedeutsamen Erwerbsvorgängen regelmäßig nicht durch einen Hinweis am Ende eines nachfolgenden umfangreichen und unübersichtlichen ,Texts ausgeräumt, dessen inhaltlicher Bezug zum Blickfang nicht klargestellt wird.

BGH, Versäumnisurteil vom 21. September 2017 - I ZR 53/16 - OLG München - LG München I

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt Oder: Irreführung durch blickfangmäßige Werbung mit 30 Monate Garantie auf gebrauchte Mobilfunkgeräte wenn nicht auf notwendige Registrierung des Geräts hingewiesen wir

LG Frankfurt Oder
Urteil vom 23.09.2016
12 O 136/16


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrig Irreführung vorliegt, wenn blickfangmäßige mit 30 Monate Garantie auf gebrauchte Mobilfunkgeräte geworben wird, wenn nicht deutlich auf eine für die Garantie notwendige Registrierung des Geräts hingewiesen wird

LG Bonn: Irreführende Werbung eines Bestattungsunternehmens für Urnenbestattung - Urne ohne Bestattung an Angehörige zum Festpreis

LG Bonn
Urteil vom 28.04.2015
30 O 44/14


Das LG Bonn hat entschieden, dass die Werbung eines Bestattungsunternehmens für Urnenbestattungen mit dem Slogan - "Urne an Angehörige zum Festpreis" irreführend ist, da dies fälschlicherweise den Eindruck erweckt, dass die Angehörigen frei über die Totenasche verfügen können.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die streitgegenständliche Passage des Internetauftritts der Beklagten ist gem. § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG irreführend. Sie erweckt bei den angesprochenen Verkehrskreisen, Angehörigen von Verstorbenen, den Eindruck, dass Deutsche, die den angebotenen Weg über die T wählen, danach genauso frei über die Totenasche verfügen können, wie Ter. Da in der T – wie in dem Internetauftritt ausdrücklich dargelegt - diese Freiheit das Recht beinhaltet, die Urne mit der Totenasche für die Zeit der persönlichen Abschiednahme zeitlich unbefristet zu sich nach Hause nehmen zu können, wird bei dem Leser die Fehlvorstellung geweckt, dass auch er von dieser Freiheit Gebrauch machen und er die Urne zu sich nach Hause nehmen kann. Eine solche Rückführung und anschließende Aufbewahrung der Urne mit der Totenasche im privaten Bereich ist indes nach deutschem Recht (§§ 13, 15 BestGNRW) nicht gestattet, wie der Geschäftsführer der Beklagten auf Nachfrage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 25.03.2015 selbst klarstellend erläutert hat.

Zwar weist die Beklagte eingangs der Seite in einer kursiv gedruckten Werbepassage darauf hin, dass in Deutschland die Aufbewahrung von Totenasche zu Hause eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Indes wird durch die weiteren Formulierungen, in denen als Vergleichsszenario die Situation in der T mit den dortigen Freiheiten beschrieben und sodann im Anschluss formuliert wird „Für Deutsche, die wie die Ter freier über die Urnenasche verfügen möchten“ suggeriert, der von der Beklagten beworbene Weg ermögliche es, dass sich Deutsche die Freiheiten im Umgang mit der Totenasche verschaffen könnten, die für Ter bestehen, insbesondere der Möglichkeit der Aufbewahrung im privaten Bereich.

Dieser – inhaltlich falsche - Eindruck wird zudem blickfangmäßig betont durch den Einschub in Fettdruck „Urne an Angehörige“ zum Festpreis von EUR 1.975,-“ in der Mitte der Internetseite.


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LG Düsseldorf: Irreführung durch Werbung "0 Euro Zuzahlung" für Mobilfunkverträge wenn Zuzahlung zunächst erforderlich ist und später erstattet wird

LG Düsseldorf
Urteil vom 11.03.2016
38 O 66/15


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn blickfangmäßig für Mobilfunkverträge mit "0 Euro Zuzahlung" gewoben wird, tatsächlich aber zunächst eine Zuzahlung erforderlich ist und diese lediglich später erstattet wird.

OLG Frankfurt: Blickfangmäßige objektiv unrichtige Webeaussage kann auch ohne aufklärenden Sternchenhinweis zulässig sein

OLG Frankfurt
Beschluss vom 23.11.2015
6 W 99/15

Das OLG Frankfurt hat in einer bedenklichen Entscheidung entschieden, dass eine blickfangmäßige objektiv unrichtige Werbeaussage auch ohne aufklärenden Sternchenhinweis zulässig sein kein. Voraussetzung dafür ist, dass sich der Betrachter vor einer geschäftlichen Entscheidung mit dem gesamten Text der Werbung befasst und dort die Blickfangwerbung richtiggestellt wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Bundesgerichtshof hat in der Entscheidung vom 18. Dezember 2014 (Az.: I ZR 129/13 = GRUR 2015, 698 - Schlafzimmer komplett) ausgeführt, dass eine objektiv unzutreffende Aussage, die blickfangmäßig herausgestellt ist, auch ohne einen Sternchenhinweis aufgeklärt werden kann, wenn sich der Verbraucher vor einer geschäftlichen Entscheidung mit dem gesamten Text befassen wird. Eine geschäftliche Entscheidung ist nach den Vorgaben in Art. 2 Buchst. k der Richtlinie 2005/29 EG jede Entscheidung eines Verbrauchers darüber, ob, wie und unter welchen Bedingungen er einen Kauf tätigen will. Dieser Begriff umfasst zwar auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen, wie beispielsweise das Aufsuchen des Ladengeschäfts. Dagegen ist die Entscheidung des Verbrauchers, sich mit einem beworbenen Angebot in einer Werbeanzeige überhaupt näher zu befassen, für sich gesehen noch keine geschäftliche Entscheidung, weil ihr der unmittelbare Zusammenhang mit einem Erwerbsvorgang fehlt (BGH aaO. Tz. 20).

Nach diesen Vorgaben müssen hier sämtliche Angaben der Werbeanzeige einschließlich der Erläuterungen in der Fußnote bei der Ermittlung der Verkehrserwartung berücksichtigt werden. Anders als in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall handelt es sich hier zwar nicht um das Angebot für ein langlebiges und kostspieliges Wirtschaftsgut, bei dem sich der Verbraucher erfahrungsgemäß intensiver mit dessen Umfang und den Kaufbedingungen beschäftigt. Die Werbeanzeigen gem. Anlagen AST 3 und AST 5 sind aber so gestaltet, dass der Verbraucher durch die blickfangmäßig hervorgehobene Aussage bzw. durch den vorangestellten oder in der Nähe des Blickfangs dargestellten Text noch gar keine Vorstellung davon erhält, welches Produkt überhaupt beworben wird und sich deshalb mit der kurzen und übersichtlich gestalteten Werbeanzeige beschäftigen wird:

Ein Interessent, der durch die Vorderseiten des Angebots AST 3 und/oder durch die blickfangmäßig hervorgehobene Aussage "Bei Magenta EINS inklusive" angelockt wird, weiß zunächst noch gar nicht, was bei "Magenta EINS" inklusive sein soll. Er muss erst den weiteren Text der Werbeanzeige lesen, um sich überhaupt eine Vorstellung von dem Angebot machen zu können. Dies wird auch durch die Ausführungen der Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 19. November 2015 nicht in Zweifel gezogen.

Wenn sich der Interessent mit der Werbeanzeige beschäftigt, so stößt er unmittelbar auf die unter dem Blickfang angebrachte Überschrift "Mit der Handykarte, die mitwächst", unter der verschiedene Leistungen dieser "Handykarte" aufgeführt sind. Die hinter dem Wort "mitwächst" angebrachte Fußnote stellt sich erkennbar als Auflösung des Angebots der bis dahin nicht konkret bezeichneten "Handykarte" dar. Ein Verbraucher wird unter diesen Umständen eine geschäftliche Entscheidung erst dann treffen können, wenn er den gesamten Text der Werbeanzeige einschließlich des Fußnotentextes zur Kenntnis genommen hat. Im Fußnotentext wird erstmals der Produktname "Family Card Start" genannt und zugleich hinreichend klargestellt, dass "Magenta EINS - Kunden" lediglich von der monatlichen Grundgebühr, nicht aber von der Aktivierungsgebühr und von weiteren Telefonkosten befreit sind."


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LG Leipzig: Unzureichende und wettbewerbswidrige Umsetzung der Button-Lösung - "Jetzt anmelden" und kleingedruckter Hinweis auf Kostenfplicht - melango.de

LG Leipzig
Urteil vom 26.07.2013
08 O 3495/12


Die Button-Lösung wird nach wie vor nicht immer ordnungsgemäß umgesetzt. Im vorliegenden Rechtsstreit ging es um die (kostenpflichtige) Anmeldung bei den Abofallen "melango.de" und "wir-lieben-grosshandelspreise.de". Der Button wurde gut sichtbar mit "Jetzt anmelden" beschriftet. Es befand sich lediglich ein kaum lesbarer Zusatz, dass mit Betätigung des Buttons ein zahlungspflichtiger Zugang bestellt wird. Dies reicht - so das Gericht zutreffend - nicht aus.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Ebenso wenig ergibt sich aus dem Feld "Jetzt anmelden" angesichts dessen konkreter Gestaltung War und unmißverständlich, dass ein gewerblich zahlungspflichtiger Zugang bestellt wird. Während die Buchstaben 'Jetzt anmelden" deutlich und dick im Anmeldefeld erscheinen, ist die Information in diesem Feld, dass ein gewerblicher Zugang zahlungspflichtig bestellt wird, erheblich kleiner und dünner geschrieben und ist bei kleinen Bildschirmen fast nicht lesbar und kann auch ansonsten aufgrund des Größenverhältnisses leicht übersehen werden.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie in ihren allgemeinen Geschäftsbedingungen den Ausschluss von Privatkunden deutlich geregelt hat. Eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen wird vom Verbraucher leicht übersehen, da der durchschnittliche Verbraucher die tigern einen Geschäftsbedingungen vor Vertragsabschluss nicht zur Kenntnis nimmt, im übrigen dürfte eine solche Klausel auch überraschend und damit unwirksam nach § 305 c BGB sein."



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OLG Düsseldorf: Werbung mit Freiminuten wettbewerbswidrig, wenn sich die Freiminutenangabe nur auf Gespräche im Festnetz bezieht

OLG Düsseldorf
Urteil vom 19.5.2009
Aktenzeichen I-20 U 77/08


Das OLG Düsseldorf hat dem Telekommunikationsanbieter Tele2 untersagt, mit dem Slogan „Als Startgeschenk erhalten Sie von uns 180 Freiminuten.“ zu werben. Das Gericht sieht darin eine wettbewerbswidrige Irreführung, wenn sich die Freiminuten nur auf Gespräche im Fesetznetz bezieht, da so keine echten Freiminuten gewährt werden. In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

"Die Werbung erwecke den unzutreffenden Eindruck, dass der Kunde einschränkungslos 180 Minuten in alle Netze telefonieren könne, ohne dass Telefonkosten anfielen. Tatsächlich könnten die Kunden mit dem „Startgeschenk“ jedoch bei Auslands- oder Mobilfunkgesprächen nur wesentlich kürzer telefonieren, in Mobilfunknetze nur 21 Minuten. Im Kern werde daher mit einer Gutschrift von 4,18 Euro und nicht mit Freiminuten geworben. Auch der Hinweis in der Fußnote ändere hieran nichts, weil schon die blickfangmäßige Werbung objektiv unrichtig gewesen sei."


Die Pressemitteilung des OLG Düsseldorf finden Sie hier:

"OLG Düsseldorf: Werbung mit Freiminuten wettbewerbswidrig, wenn sich die Freiminutenangabe nur auf Gespräche im Festnetz bezieht" vollständig lesen

OLG Frankfurt: Sternchenhinweise bei Blickfangwerbung müssen deutlich sichtbar sein

OLG Frankfurt a.M.
Urteil vom 31.03.2009
11 U 2/09


Das Gericht hat in dieser Entscheidung noch einmal klargestellt, dass Sternchenhinweise zur Aufklärung von Missverständnissen in Blickfangwerbung deutlich sichtbar sein müssen. Zudem müssen die aufklärenden Hinweise derart gestaltet sein, dass sich diese den jeweiligen Aussagen eindeutig zuzuordnen sind.


Den Volltext der Entscheidung finden sie hier:




"OLG Frankfurt: Sternchenhinweise bei Blickfangwerbung müssen deutlich sichtbar sein" vollständig lesen