Skip to content

OLG Hamburg: Irreführung durch Werbung für Arzneimittel mit "weniger einnehmen" wenn tatsächlich übliche Menge des Wirkstoffs enthalten ist - Sternchenhinweis räumt Irreführung nicht aus

OLG Hamburg
Urteil vom 06.06.2019
3 U 158/18


Das OLG Hamburg hat entschieden, dass eine irreführende Werbung für ein Arzneimittel mit dem Slogan "weniger einnehmen" vorliegt, wenn tatsächlich die übliche Menge des Wirkstoffs enthalten ist. Ein Sternchenhinweis mit einen Hinweis auf die enthaltene Wirkstoffmenge räumt die Irreführung nicht aus

Aus den Entscheidungsgründen:

Die streitgegenständliche Angabe ist irreführend.

a)

Das Verkehrsverständnis des situationsadäquat aufmerksamen, durchschnittlich informierten und vernünftigen Fachverkehrs, hier: Ärzte, die mit der Behandlung der COPD vertraut sind, vermögen die Mitglieder des Senats, die sich hierbei auf ihre eigene Sachkunde und Lebenserfahrung stützen können, selbst zu beurteilen. Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist die Beurteilung des Verkehrsverständnisses von Ärzten durch die Mitglieder des Gerichts jedenfalls dann möglich, wenn der Erkenntnisstand der Wissenschaft im Hinblick auf den maßgebenden Sachverhalt vorgetragen wurde und außerdem – wie hier – keine Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dass der angesprochene Arzt die deutsche Sprache anders verstehen könnte als jemand, der ebenfalls ein wissenschaftliches Studium absolviert hat (OLG Hamburg, PharmaR 2007, 204, 206).

b)

Die Antragstellerin hat zum Verkehrsverständnis vorgetragen, dass der angesprochene Fachverkehr aufgrund der streitgegenständlichen Werbung davon ausgehe, dass die Angabe „WENIGER EINNEHMEN“ den falschen Eindruck erwecke, dass der Patient bei Verwendung des Arzneimittels T.® weniger Arzneimittel bzw. weniger Wirkstoff einnehme, als bei der Anwendung anderer zur Behandlung der COPD zugelassenen Präparate.

aa)

Der Senat teilt diese Annahmen zum Verkehrsverständnis. Schon die Wortwahl „WENIGER“ lässt auf eine Angabe zur Menge schließen. Das Wort „WENIGER“ wird – so wie es hier verwendet wird – nach seinem regelmäßigen Wortsinn als Mengenangabe, nicht aber als Angabe zur Häufigkeit (eines Ereignisses, hier: der Anwendung des Medikaments) verstanden.

Das gilt auch bei Berücksichtigung der von der Antragsgegnerin zweitinstanzlich vorgelegten Ausdrucke aus dem DUDEN (Anlagen 8 und AG 9), die lediglich zeigen, dass die Bedeutung der Wörter „wenig“ bzw. „weniger“ von dem jeweiligen Kontext abhängt, in dem sie benutzt werden. Die Antragstellerin hat zudem zutreffend darauf hingewiesen, dass zur Angabe einer geringeren Häufigkeit üblicherweise die Angabe „seltener“ verwendet wird. Es ist deshalb davon auszugehen, dass maßgebliche Teile des angesprochenen Fachverkehrs die Angabe „WENIGER EINNEHMEN“ dahin verstehen, dass der Patient bei Verwendung des Arzneimittels T.® eine geringere Menge Arzneimittel bzw. Wirkstoff einnehme, als bei Verwendung der weiteren für die Behandlung der COPD zugelassenen Präparate.

Dieses Verkehrsverständnis kann auch nicht durch den nachfolgenden Claim „Die einzige 1 x tägliche Triple-Therapie mit der innovativen Fixkombination aus ICS, LAMA und LABA“ und den Fußnotenhinweis „* COPD Triple-Therapie mit nur einer Inhalation täglich“ beeinflusst werden.

Wird auf der einen Seite im Rahmen der §§ 5 UWG, 3 HWG – wie es geboten ist – das Bild eines durchschnittlich informierten und verständigen Adressaten, der das Werbeverhalten mit einer der Situation angemessenen Aufmerksamkeit verfolgt, zu Grunde gelegt, muss auf der anderen Seite auch gewährleistet sein, dass das Irreführungsverbot seine ureigenste Aufgabe zu erfüllen imstande ist, nämlich den Einsatz der Unwahrheit in der Werbung zu verhindern. Im Streitfall hat die Antragsgegnerin in der Werbeanzeige die Formulierung „WENIGER EINNEHMEN“ verwendet und damit unmittelbar den falschen Eindruck vermittelt, dass der Patient bei Verwendung des Arzneimittels T.® eine geringere Menge Arzneimittel bzw. Wirkstoff einnehme als bei Verwendung der COPD-Konkurrenzpräparate. Dieses Verständnis des Verkehrs von der Angabe ist eindeutig. Der Verkehr erwartet keine davon abweichende Bedeutung der Werbeaussage. An dem so werblich vermittelten Aussagegehalt muss sich die Antragsgegnerin festhalten lassen. Wollte sie die geringe Zahl der Einnahmen bewerben, hätte es nahe gelegen, dies durch entsprechende klare Formulierungen zum Ausdruck zu bringen. Das Irreführungsverbot muss in der Lage sein, auch die durch nichts zu rechtfertigende „dreiste Lüge“ zu erfassen, selbst wenn sie sich im äußeren Erscheinungsbild von der irrtümlichen Falschangabe nicht unterscheidet (vgl. BGH, GRUR 2001, 78, 79 – Falsche Herstellerpreisempfehlung; BGH, GRUR 2002, 715, 716 – ScannerWerbung; BGH, GRUR 2012, 81, Rn. 14 – Innerhalb 24 Stunden).

Wird – wie hier – eine „dreiste Lüge”, also eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht, im Blickfang verwendet, kann dieser durch einen entsprechenden Fußnotenhinweis oder eine sonstige weitere werbliche Angabe keine von dem eindeutigen Inhalt der Werbeangabe abweichende Botschaft zugewiesen werden(BGH, GRUR 2001, 78, 79 – Falsche Herstellerpreisempfehlung).

Der kurzen und blickfangmäßig hervorgehobenen Angabe „WENIGER EINNEHMEN“ kommt bereits eine auf den ersten Blick klare Aussage zu, und zwar eine Angabe zur Menge, nicht zur Häufigkeit der Einnahme des beworbenen Arzneimittels. Diese klare Angabe kann schon im Hinblick darauf, dass werbliche Aussagen nicht durch nachfolgende Erläuterungen in ihr Gegenteil verkehrt bzw. konterkariert bzw. mit einem gänzlich anderen Sinn versehen werden dürfen, weder durch den weiteren werblichen Claim noch durch die Fußnotenangabe relativiert werden.

Selbst wenn jedoch der genannte weitere Claim und der Fußnotenhinweis berücksichtigt werden könnten – wie nicht – wären sie nicht geeignet, der Gefahr der Irreführung des angesprochenen Fachverkehrs hinreichend entgegen zu wirken. Denn diese Angaben können – neben der werblichen Aussage „WENIGER EINNEHMEN“ – auch als weitere Aussagen zu dem beworbenen Medikament verstanden werden. Daher werden maßgebliche Teile des angesprochenen Verkehrs zu der Annahme gelangen, dass mit dem beworbenen Präparat weniger Wirkstoff bzw. Arzneimittel eingenommen wird und dass zudem das beworbene Präparat nur einmal täglich einzunehmen ist. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass es aus der Sicht des angesprochenen Verkehrs wenig naheliegend erscheint, dass in der Werbung gleich an drei Stellen auf denselben Umstand hingewiesen werden soll, nämlich dass das Medikament nur einmal täglich einzunehmen ist.

bb)

Der erzeugte Eindruck, dass bei Anwendung von T.® weniger Arzneimittel bzw. Wirkstoff eingenommen werde, ist falsch. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Patient bei der Verwendung von T.® mehr oder mindestens genauso viel Wirkstoff einnimmt wie bei Anwendung der für die Behandlung der COPD zugelassenen Mono- oder Kombinationspräparate Incruse® Ellipta®, Anoro® Ellipta® und Relvar® Ellipta® (Anlagen AS 8 bis AS 10) oder bei einer freien Kombination dieser Präparate. Die Antragstellerin hat sowohl erstinstanzlich als auch zweitinstanzlich substantiierten Vortrag zu den jeweiligen Wirkstoffmengen bei Anwendung der genannten COPD-Arzneimittel gehalten. Dem ist die Antragsgegnerin nicht substantiiert entgegen getreten, so dass der Antragstellervortrag als zugestanden und damit unstreitig anzusehen ist.

Soweit die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf die Anlage AG 6 vorgetragen hat, dass der Patient bei der Verwendung von T.® weniger Wirkstoff einnehme als bei der Verwendung des weiteren für die Behandlung der COPD zugelassenen Dreifachkombinationspräparats Trimbow® (in der empfohlenen Dosis), räumt dies die Irreführung des angesprochenen Fachverkehrs im Hinblick auf die vorgenannten weiteren COPD-Präparate nicht aus.

cc)

Mithin ist die streitgegenständliche Angabe „WENIGER EINNEHMEN“ irreführend. Auf die zwischen den Parteien streitige Frage, ob der durch die Angabe herbeigeführte falsche Eindruck durch die nachfolgende Angabe „MEHR AUFNEHMEN“ deutlich verstärkt wird, kommt es danach für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits nicht mehr.

Der geltend gemachte Unterlassungsantrag ist gemäß §§ 3, 8, 5 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 3a UWG i. V. m. § 3 HWG begründet, so dass das landgerichtliche Urteil auf die Berufung der Antragstellerin abzuändern und das beantragte Verbot erneut zu erlassen ist.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Frankfurt Oder: Irreführung durch blickfangmäßige Werbung mit 30 Monate Garantie auf gebrauchte Mobilfunkgeräte wenn nicht auf notwendige Registrierung des Geräts hingewiesen wir

LG Frankfurt Oder
Urteil vom 23.09.2016
12 O 136/16


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrig Irreführung vorliegt, wenn blickfangmäßige mit 30 Monate Garantie auf gebrauchte Mobilfunkgeräte geworben wird, wenn nicht deutlich auf eine für die Garantie notwendige Registrierung des Geräts hingewiesen wird

OLG Köln: Irreführende Spitzenstellungswerbung bei Bezeichnung als "eines der wichtigsten Institute" wenn entsprechende Markstellung nicht nachgewiesen werden kann

OLG Köln
Urteil vom 24.06.2016
6 U 190/15


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Irreführende Spitzenstellungswerbung bei Bezeichnung als "eines der wichtigsten Institute" vorliegt, wenn eine entsprechende Markstellung nicht nachgewiesen werden kann.

BGH: Irreführung durch unzureichenden Warenvorrat für Sonderangebot auch wenn für das Angebot eines fremden Unternehmens geworben wird

BGH
Urteil vom 17.09.2015
I ZR 92/14
Smartphone-Werbung
UWG § 3 Abs. 3 iVm Nr. 5 des Anhangs, § 8 Abs. 1 und 3

Leitsätze des BGH:


a) Die durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verbotene Irreführung über die unzureichende Bevorratung kann nicht nur durch hinreichende Aufklärung über die tatsächlichen Verhältnisse (den unzulänglichen Warenvorrat), sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst (Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung) vermieden werden.

b) Wirbt ein Unternehmen für das Angebot eines fremden Unternehmens, so unterliegt es gleichermaßen der durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG normierten Aufklärungspflicht und muss sich, wenn ihm die entsprechenden Kenntnisse fehlen, über die dem Angebot zugrunde liegende Bevorratung informieren.

BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14 - OLG Stuttgart - LG Heilbronn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Freiburg: Zur Werbung für Bachblütenprodukte und mögliche Verstöße gegen HCVO und LFGB durch Verwendung allgemeiner Begriffe die einen Bezug zum Wohlbefinden haben

LG Freiburg
Urteil vom 16.3.2015
12 O 9/15 KfH


Das LG Freiburg hat sich in dieser Entscheidung mit der Bewerbung von Bachblütenprodukten befasst. Dabei kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bewerbung mit allgemeinen Begriffen, die mit dem allgemeinen Wohlbefinden assoziert werden können, nicht ohne weiteres einen Bezug zwischen dem beworbenen Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits herstellt und zulässig sein kann. Die Entscheidung ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da andere Gerichte die Vorgaben der Health-Claims Verordnung und des LFGB weitaus strenger auslegen.

Aus den Entscheidungsgründen:

" 1. Die Verordnung 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel (HCVO) definiert in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 als gesundheitsbezogene Angabe jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Erforderlich ist also ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits, wobei der Zusammenhang nicht näher definiert ist und deshalb weit zu verstehen ist. Eine gesundheitsbezogene Angabe kann auch eine Bezeichnung sein wie "Bekömmlich", verbunden mit dem Hinweis auf einen reduzierten Gehalt an Stoffen, die von einer Vielzahl von Verbrauchern als nachteilig angesehen werden (EuGH - Urteil v. 6.9.2012 - C-544/10). Der Gesundheitsbegriff umfasst auch psychische Funktionen, wie sich aus Art. 13 Abs. 1 b HCVO ergibt.

2. Die vom Kläger beanstandete Werbung erhält einen derart definierten Bezug zwischen dem beworbenen Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits nicht. Vielmehr befasst sich die Werbung mit Ausnahme der Anträge Nr. 27 und 28 mit völlig unspezifischen Allerweltsbegriffen, die auch nicht im weiteren Sinne als gesundheitsbezogen gewertet werden können. Es wäre unzulässig, die in der Werbung angesprochene Harmonisierung von Körper und Seele mit auch aus Sicht des Verbrauchers wissenschaftlich definierten psychischen Funktionen oder Verhaltensfunktionen gleichzusetzen. Vielmehr hat die angegriffene Werbung lediglich appellativen Charakter ohne den Anspruch aufzustellen, eine irgendgeartete inhaltliche Bedeutung zu haben. Solche inhaltsleeren Werbesprüche gehören nicht zum Regelungsgegenstand der Verordnung 1924/2006. Ausweislich Nr. 8 der Erwägungsgründe sollen mit der Verordnung allgemeine Grundsätze für alle Angaben über Lebensmittel festgesetzt werden, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten und dem Verbraucher die notwendigen Informationen für eine sachkundige Entscheidung zu liefern. Wohlfühlbegriffe wie - so die hier zu beurteilenden Werbesprüche - Harmonie, Seele, Seelenstreichler, Dynamik, Zuversicht, Urvertrauen, Entspannung, Creativ, "Yes You Can", Antrieb, Erdung, Freude, Energie, Optimismus, Mut, hellwach, Selbstwert, Keep Cool, Willenskraft, Klarheit, Lebenslust, Konflikt, unter Druck, Neustart, loslassen, Trost, Nachtträume, Fülle, Innere Ruhe, Gelassenheit, alles wird gut, Krisenfall, Lebenslust haben mit gesundheitsbezogenen Informationen nichts zu tun. Wie dargelegt, bezweckt die Verordnung nicht das vollständige Verbot von Werbung für Lebensmittel (vgl. a. BGH GRUR 2014,1013 - Original Bach-Blüten).

3. Ebenso wenig ist ein Verstoß gegen §§ 11 LFGB, 5 UWG dargetan. Nach § 11 Abs. 1 LFBG ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden, einem Lebensmittel Wirkungen beigelegt werden, die ihm nach den Erkenntnissen der Wissenschaft nicht zukommen oder die wissenschaftlich nicht hinreichend gesichert sind, zu verstehen gegeben wird, dass ein Lebensmittel besondere Eigenschaften hat, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften haben oder einem Lebensmittel der Anschein eines Arzneimittels gegeben wird. Abzugrenzen hiervon sind Aussagen, denen der Verbraucher keinerlei Gehalt zumessen wird, wie beispielsweise "neue Lebensenergie" (OLG Hamm - Urteil vom 22.11.2012 - 4 U 9712) oder "so fühle ich mich wohl"-Kaugummi , "Gute Laune Drops" oder "Trostschokolade" (vgl. OLG Hamm WRP 2015,228). Eine Werbeaussage, die nach der Auffassung des Verkehrs inhaltlich nichts aussagt, ist begrifflich keine Angabe, weil ihr der Informationsgehalt fehlt, sie kann deshalb auch nicht irreführend sein. Die Werbung versucht das Publikum oft durch positive Assoziationen für das beworbene Produkt einzunehmen. Das gut aussehende Mannequin erweckt den Eindruck, dass das beworbene Kleidungsstück besonders schmücke, der drahtige junge Mann, der den Schokoriegel zu sich nimmt, macht manchen glauben, die Figur werde unter dieser Köstlichkeit nicht leiden, die gute Laune, die in der Werbung für ein alkoholisches Getränk vermittelt wird, lässt den Schwermütigen meinen, auf diese Weise ließen sich seine Probleme lösen, der einsame Junggeselle glaubt an die Illusion, ihm fehle für den Erfolg bei den Frauen nur der beworbene Sportwagen. In all diesen Fällen fehlt es nicht nur an einem hinreichend konkreten Aussagegehalt, der Durchschnittsverbraucher kennt auch die gewöhnlichen Mechanismen der Werbung und ist sich bewusst, dass die positiven Assoziationen keinen realen Hintergrund haben (so zutreffend Bornkamm in Köhler/Bornkamm UWG 31. Auflage § 5 Rdnr. 2.43 f). Mit dem Oberlandesgericht Celle (Urteil vom 23.5.2013 - 13 U 199/12), welche Entscheidung der Kläger vorgelegt und auch erstritten hat, handelt es sich hierbei um bloße, nichtssagende Anpreisungen, die den Irreführungstatbestand nicht erfüllen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Irreführung durch Online-Buchungsportal für Kreuzfahrten "über 23.400 Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen", wenn nur 386 Schiffe buchbar sind

OLG Frankfurt
Beschluss vom 16.10.2014
6 U 92/14


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Online-Buchungsportal für Kreuzfahrten mit dem Slogan "über 23.400 Kreuzfahrten auf mehr als 400 Schiffen" wirbt, tatsächlich aber nur 386 Schiffe zur Auswahl stehen.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Durchschnittsverbraucher entnimmt der Angebotsseite gemäß Anlage AST 2 auf Grund ihres Gesamtinhalts, dass sich der Hinweis auf 23.400 Kreuzfahrten „auf mehr als 400 Schiffen“ auf die Buchbarkeit über die zugleich zur Verfügung gestellte „Schnellsuche“ bezieht. Der Kasten mit der Überschrift „Schnellsuche“ ist innerhalb der angegriffenen Verletzungsform derart hervorgehoben, dass diese Verknüpfung für den situationsadäquat aufmerksamen Nutzer ohne weiteres nahelegt wird. Für die Annahme, dass die genannte Zahl auch Schiffe einschließe, die lediglich außerhalb der „Schnellsuche“ über eine - wenn auch ebenfalls online durchzuführende - Buchungsanfrage gebucht werden können, ergibt sich aus der Werbung jedenfalls kein hinreichender Anhaltspunkt.

Die hervorgerufene Fehlvorstellung führt auch zu einer relevanten Irreführung, da eine hohe Zahl der über die „Schnellsuche“ buchbaren Schiffe die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers beeinflussen kann.“


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Deutschlands bestes Reiseportal - unzulässige Spitzenstellungsbehauptung, wenn kein deutlicher Vorsprung vor Mitbewerbern besteht - CHECK24

LG München
Urteil vom 14 07.2014
33 O 12924/14


Das LG München hat in Einklang mit der ganz herrschenden Rechtsprechung entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Spitzenstellungsbehauptung durch den Slogan "Deutschlands bestes Reiseportal" vorliegt, wenn kein deutlicher Vorsprung vor Mitbewerbern besteht und dies durch entsprechende Studien belegt werden kann. Der Betreiber des Reiseportals konnte lediglich eine einzige Studie vorlegen, wonach ein Vorsprung von 2-4% auf die Plätze 2-5 bestand. Dies genügt nicht, um von einer Spitzenstellung zu sprechen.

Die Werbung mit Alleinstellungsbehauptungen / Spitzenstellungsbehauptungen bedarf großer Vorsicht und ist immer wieder Gegenstand von Abmahnungen und rechtlichen Auseinandersetzungen.







OLG Saarbrücken: 5 Jahre alte Kugellager dürfen nicht als "neu" beworben werden, auch wenn diese ungebraucht sind

OLG Saarbrücken
Urteil vom 02.04.2014
1 U 11/13


Das OLG Saarbrücken hat entschieden, dass ein KFZ-Händler 5 Jahre alte Kugellager nicht als "neu" beworben darf, auch wenn diese noch ungebraucht sind. Das Gericht begründet die Entscheidung damit, dass bei einer langen Lagerdauer eine Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit nicht ausgeschlossen werden kann, da es sich um ein technisch sensibles Ersatzteil handelt. Durch die Verwendung des Atributs "neu" liegt - so das Gericht - daher eine Irreführung vor. Die Grundsätze dieser Entscheidung lassen sich auch auf andere Waren übertragen.