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LG Düsseldorf: Bei der Werbung mit einer Preisermäßigung ist der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Vergleichspreis maßgeblich - Aldi Süd Preis-Highlight

LG Düsseldorf
Beschluss vom 31.10.2024
38 O 182/22


Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass bei der Werbung mit einer Preisermäßigung der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Vergleichspreis maßgeblich ist. Damit setzt das Gericht die EuGH-Rechtsprechung um (siehe dazu EuGH. Urteil vom 26.09.2024 - C-330/23).

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Die Bewerbung von Bananen und Ananas verstößt jeweils gegen § 11 Abs. 1 PAngV.

a) § 11 Abs. 1 PAngV schreibt (in Umsetzung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL) vor, dass derjenige, der zur Angabe eines Gesamtpreises verpflichtet ist, gegenüber Verbrauchern bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung für eine Ware den niedrigsten Gesamtpreis anzugeben hat, den er innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gegenüber Verbrauchern angewendet hat.

b) Ob die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Regelung erfüllt sind, beurteilt sich wie auch sonst bei Vorschriften, die (auch) eine Täuschung von Verbrauchern verhindern sollen, nach den gefestigten, ursprünglich zum Verbraucherschutzrecht entwickelten Grundsätzen, und damit nach der mutmaßlichen Erwartung eines normal informierten, verständigen und angemessen aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juni 2018 – C-44/17, Scotch Whisky Association/Michael Klotz [Rn. 45, 47]; Urteil vom 21. Januar 2016 – C-75/15, Viiniverla Oy/Sosiaali – ja terveysalan lupa – ja valvontavirasto [Rn. 22 und 25]; Urteil vom 28. Januar 1999 – C-303/97, Verbraucherschutzverein eV ./. Sektkellerei G.C. Kessler GmbH & Co. KG [Rn. 36]; Urteil vom 16. Juli 1998 – Rs. C-210/96, Gut Springenheide GmbH und Rudolf Tusky ./. Oberkreisdirektor des Kreises Steinfurt [Rn. 31 und 37]). Diese, bereits bei der Anwendung anderer Vorschriften der PreisangabenRL zugrunde gelegte (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Juli 2016 – C-476/14, Citroën Commerce GmbH/Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. [Rn. 30]), auf die Verbraucherwahrnehmung abstellende Sichtweise steht im Einklang mit dem allgemein von der PreisangabenRL verfolgten Ziel, ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen, was verlangt, dass Informationen über die Preise und die Methoden zur Berechnung bekannt gegebener Ermäßigung eindeutig sind (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 2024 – C-330/23, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg eV ./. Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG [Rn. 23 f.]).

c) Die Bewerbung der Bananen und der Ananas fällt in den Anwendungsbereich von § 1 Abs. 1 PAngV. Da es sich um Preiswerbung handelt, mussten in ihr gemäß § 3 Abs. 1 PAngV Gesamtpreise angegeben werden.

d) Die in dem Prospekt enthaltene Bewerbung der Bananen und der Ananas hat die Pflicht zur Angabe des niedrigsten für diese Artikel innerhalb der letzten 30 Tage vor dem 17. Oktober 2022 geforderten Preise ausgelöst. Für beide Artikel wird in der Werbung nach der Wahrnehmung des Verbrauchers eine Preisermäßigung bekanntgegeben. Das folgt bereits aus der Überschrift der Prospektseite, in der von einer Reduzierung der Preise für die sechs auf ihr vorgestellten Erzeugnisse die Rede ist. Davon unabhängig ergibt es sich für beide Produkte aus der Gegenüberstellung eines höheren durchgestrichenen – und auf diese Weise als nicht (mehr) gültig gekennzeichneten – Preises mit einem niedrigeren Preis. Für die Bananen kommt noch hinzu, dass eine negative Prozentzahl genannt wird, die vom Verkehr als Ermäßigungsfaktor wahrgenommen wird.

e) Der Verpflichtung zur Angabe des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage ist in der Werbung nicht (vollständig) entsprochen worden. Zwar wird sowohl für die Bananen als auch für die Ananas jeweils der niedrigste Preis der letzten 30 Tage genannt. Gleichwohl ist die Werbung nicht regelkonform gestaltet, weil sie weitere Elemente enthält, die auf die Vorteilhaftigkeit des Preises hinweisen, ohne dass diese Elemente auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen sind.

aa) Wie der Gerichtshof auf die Vorlagefrage der Kammer entschieden hat, erschöpft sich der Regelungsgehalt von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL nicht in der Verpflichtung, bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage anzugeben. Im Hinblick auf die von der PreisangabenRL allgemein und ihrem Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 im Besonderen verfolgten Ziele verlangt die Vorschrift darüber (und über ihren Wortlaut) hinaus, dass ein angegebener Ermäßigungsfaktor oder sonstige Werbeaussagen, mit denen die Ermäßigung bzw. die Vorteilhaftigkeit des abgesenkten Preises hervorgehoben werden soll, auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen sein müssen (vgl. EuGH, Urteil vom 26. September 2024 – C-330/23, Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V./Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG [Rn. 24 ff.]).

bb) Das Ergebnis dieser Auslegung von Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL ist auf § 11 Abs. 1 PAngV zu übertragen. Den von der Beklagten insoweit erhobenen Bedenken kann jedenfalls deshalb nicht beigetreten werden, weil eine von den Vorgaben des Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL abweichende Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV gegen Unionsrecht verstieße.

Zwar finden selbst klare, genaue und unbedingte Bestimmungen einer Richtlinie, die dem Einzelnen Rechte gewähren oder Verpflichtungen auferlegen, als solche im Rahmen eines zwischen Privaten geführten Rechtsstreits keine Anwendung und können deshalb nicht angeführt werden, um die Anwendung einer Vorschrift des nationalen Rechts, die gegen die Richtlinie verstößt und nicht unionsrechtskonform ausgelegt werden kann, auszuschließen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. August 2018 – C-122/17, David Smith ./. Patrick Meade u.a. [Rn. 41 ff.]). Davon unberührt bleibt aber die Verpflichtung der mit der Auslegung des nationalen Rechts betrauten nationalen Gerichte, bei dessen Anwendung sämtliche nationalen Rechtsnormen zu berücksichtigen und die im nationalen Recht anerkannten Auslegungsmethoden anzuwenden, um – ggf. unter Aufgabe einer gefestigten nationalen Rechtsprechung – seine Auslegung so weit wie möglich am Wortlaut und Zweck einer einschlägigen Richtlinie des Unionsrechts auszurichten, damit das darin festgelegte Ergebnis erreicht und Art. 288 Abs. 3 AEUV nachgekommen wird (vgl. EuGH, Urteil vom 11. September 2019 – C-143/18, Antonio Romano u.a. ./. DSL Bank… [Rn. 37 ff.]; Urteil vom 7. August 2018 – C-122/17, David Smith ./. Patrick Meade u.a. [Rn. 36 ff.]). Der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung unterliegt Grenzen lediglich dergestalt, dass die Verpflichtung des nationalen Richters, bei der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des innerstaatlichen Rechts das Unionsrecht heranzuziehen, ihre Schranken in den allgemeinen Rechtsgrundsätzen findet und nicht als Grundlage für eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem dienen darf (vgl. EuGH, Urteil vom 7. August 2018 – C-122/17, David Smith ./. Patrick Meade u.a. [Rn. 40]).

Einer richtlinienkonformen, einen Gleichklang mit Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL herstellenden Auslegung ist § 11 Abs. 1 PAngV zugänglich. Anders läge es nur, wenn die Vorschrift nach ihrem Wortlaut, der Systematik, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte eindeutig einen bestimmten (abweichenden) Regelungsgehalt hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Lässt eine Norm im Rahmen des nach dem innerstaatlichen Recht methodisch Erlaubten unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten im Rahmen dessen zu, was der gesetzgeberischen Zweck- und Zielsetzung entspricht, ist eine richtlinienkonforme Auslegung zulässig. So aber liegt es hier. Nach Zweck und Entstehungsgeschichte der PAngV ist nicht zweifelhaft, dass dieses Regelwerk der Umsetzung der Vorgaben der PreisangabenRL dient. Mit dem Wortlaut von § 11 Abs. 1 PAngV ist eine Übernahme der Auslegung, wie sie der Gerichtshof für Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL vorgenommen hat, nicht schlechthin unvereinbar, und die PAngV dient letztlich denselben Zielen, die mit der PreisangabenRL verfolgt werden.

Offenbleiben kann, ob sich der Begründung des (deutschen) Verordnungsgebers positive Hinweise darauf entnehmen lassen, dass dessen Vorstellungen zu § 11a Abs. 1 PAngV bereits so weit reichten, wie die Vorgaben, die der Gerichtshof Art. 6a Abs. 1 und Abs. 2 PreisangabenRL entnommen hat (vgl. dazu Stillner, WRP 2023, 1293 [1295 f.]). Selbst wenn dem nicht so sein sollte oder sich die Begründung der Bundesregierung (BR Drs. 669/21) sogar gegenteilig verstehen ließe, stünde das einer richtlinienkonformen Auslegung von § 11 Abs. 1 PAngV nicht entgegen. Nach den anerkannten nationalen Auslegungsgrundsätzen können die Materialien bei der Auslegung von Normen nur unterstützend und insgesamt nur insofern herangezogen werden, als sie auf einen „objektiven“ Norminhalt schließen lassen, weshalb der sogenannte Wille des Normgebers oder der am Normgebungsverfahren Beteiligten bei der Interpretation nur insoweit berücksichtigt werden kann, als er auch im Text seinen Niederschlag gefunden hat; die Materialien dürfen nicht dazu verleiten, die subjektiven Vorstellungen der normgebenden Instanzen dem objektiven Norminhalt gleichzusetzen, so dass sich Erkenntnisse zum Willen des Normgebers nicht gegenüber widerstreitenden gewichtigen Befunden durchsetzen können, die aus der Anwendung der anderen Auslegungskriterien gewonnen werden (vgl. BVerwG Beschluss vom 20. Juni 2022 – 5 PB 14.21 [Rn. 5]).

cc) Danach entspricht die Bewerbung der Bananen nicht den Vorgaben des § 11 Abs. 1 PAngV.

Für dieses Obst wird in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit den in der Preiskachel enthaltenen Preisen ein negativer Prozentsatz genannt. Dieser Prozentsatz stellt sich nach der Wahrnehmung des Verbrauchers als Angabe des Rabattfaktors dar.

Mithin ist der Prozentsatz Teil der Werbeaussagen, mit denen die angekündigte Preisermäßigung beschrieben wird. Folglich hätte er auf den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage bezogen sein müssen.

Letzteres ist nicht der Fall. Der Prozentsatz gibt nicht den Ermäßigungsfaktor im Vergleich zu dem niedrigsten Preis der letzten 30 Tage an, sondern denjenigen im Vergleich zu dem unmittelbar vor Eintritt der Preisermäßigung für die Bananen geforderten Preis.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Bei der Werbung mit einer Preisermäßigung ist der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Vergleichspreis maßgeblich - Aldi Süd Preis-Highlight

EuGH
Urteil vom 26.09.2024
C-330/23
Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V. gegen Aldi Süd Dienstleistungs SE & Co. OHG


Der EuGH hat entschieden, dass bei der Werbung mit einer Preisermäßigung der niedrigste Preis der letzten 30 Tage als Vergleichspreis maßgeblich ist.

Tenor der Entscheidung:
Art. 6a Abs. 1 und 2 der Richtlinie 98/6/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 über den Schutz der Verbraucher bei der Angabe der Preise der ihnen angebotenen Erzeugnisse in der durch die Richtlinie (EU) 2019/2161 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 geänderten Fassung

ist dahin auszulegen, dass

er verlangt, dass eine Preisermäßigung für ein Erzeugnis, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit des angegebenen Preises hervorgehoben werden soll, bekannt gegeben wird, auf der Grundlage des „vorherigen Preises“ im Sinne von Abs. 2 dieses Artikels zu bestimmen ist.

Die Pressemitteilung des EuGH:
Eine in der Werbung bekannt gegebene Preisermäßigung muss auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage berechnet werden

Eine deutsche Verbraucherzentrale beanstandet vor einem deutschen Gericht die Art und Weise, in der der Discounter Aldi Süd in seinen wöchentlichen Prospekten mit Preisermäßigungen oder „Preis-Highlights“, z. B. für Bananen und Ananas, wirbt:

[WIEDERGABE DER WERBUNG]

Die Verbraucherzentrale ist der Ansicht, dass Aldi eine in der Werbung angegebene Preisermäßigung nicht auf der Grundlage des Preises unmittelbar vor Angebotsbeginn (im ersten Beispiel 1,69 Euro) berechnen dürfe, sondern dies nach dem Unionsrecht1 auf der Grundlage des niedrigsten Preises der letzten 30 Tage tun müsse (im ersten Beispiel 1,29 Euro; dieser Preis ist jedoch mit dem angeblich „ermäßigten“ Preis identisch). Es genüge nicht, in der Bekanntgabe lediglich den niedrigsten Preis der letzten 30 Tage zu nennen. Das gelte auch für die Bezeichnung eines Preises als „Preis-Highlight“.

Das deutsche Gericht hat dem Gerichtshof hierzu Fragen vorgelegt.

Der Gerichtshof antwortet, dass eine Preisermäßigung, die von einem Händler in Form eines Prozentsatzes oder einer Werbeaussage, mit der die Vorteilhaftigkeit eines Preisangebots hervorgehoben werden soll, bekannt gegeben wird, auf der Grundlage des niedrigsten Preises zu bestimmen ist, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat.

Dadurch werden Händler daran gehindert, den Verbraucher irrezuführen, indem sie den angewandten Preis vor der Bekanntgabe einer Preisermäßigung erhöhen und damit gefälschte Preisermäßigungen ankündigen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG München: Wettbewerbswidrige Irreführung durch blickfangmäßig beworbene Rabattaktion wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden

LG München
Urteil vom 12.01.2023
17 HKO 17393/21


Das LG München hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch eine blickfangmäßig beworbene Rabattaktion vorliegt, wenn Zeitraum und Voraussetzungen nur im Kleingedruckten klargestellt werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Küchentage
Die 17. Handelskammer des Landgerichts München I hat heute der Klage eines Vereins zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb stattgegeben (Az. 17 HKO 17393/21). Der Verein hatte gegen eine Händlerin für Möbel wegen einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung geklagt.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb.

Die Beklagte ist Händlerin für Möbel und Küchen. Sie betreibt ein Möbelhaus in München.

Das Möbelhaus hatte am 19. August 2021 zu den sogenannten „KüchenTagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung abgedruckt. Der Verein nahm das Möbelhaus im Hinblick auf diese Werbeanzeige auf Unterlassung in Anspruch und verlangte die Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.

Die 17. Handelskammer hat die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige als irreführend für Verbraucher eingestuft und der Klage daher stattgegeben.

Für die Leser der Anzeige sei schon nicht klar ersichtlich, wie lange die beworbene Rabattaktion laufe. Auf der Werbeanzeige finde sich blickfangmäßig herausgestellt das Datum des 21.08., im Kleingedruckten sei jedoch ein Hinweis auf das Datum des 31.08.2021 enthalten.
Um den Vorwurf einer Irreführung über die Laufzeit der Rabattaktion auszuschließen, wäre es erforderlich gewesen, die Teilnahmebedingungen unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zuzuordnen und so den Verbraucher aufzuklären. Eine solch eindeutige Aufklärung über die Teilnahmebedingungen fehle jedoch in der streitgegenständlichen Werbeanzeige. Selbst wenn man zu Gunsten des Möbelhauses unterstelle, dass der Verbraucher den Hinweis auf das Aktionsende zum 31.08.2021 zur Kenntnis nehme, bliebe er im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeute.

Der Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.08. aufgebaut werde, könne durch eine solch uneindeutige weitere Datumsangabe im Kleingedruckten jedenfalls nicht beseitigt werden. Es sei insofern auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung auf den Leser ausübe.

Weiter sei aus der beanstandeten Werbeanzeige auch nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Voraussetzungen und bezüglich welcher Produkte des Möbelhauses der beworbene Rabatt Anwendung finde.

Die Kammer sah die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Der Leser bliebe im Zweifel, ob die Anzeige 20% und 20%, also insgesamt 40% Rabatt anpreise, oder nur jeweils 20% auf verschiedene Produkte. Eine solch blickfangmäßig herausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet sei, könne jedoch nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blickfang teilhat. An einem solchen Hinweis fehle es hier. Das von der Beklagten angeführte Kleingedruckte im unteren Teil der Werbeanzeige reiche insoweit nicht aus.




LG Ingolstadt: Im Online-Shop per Sonderaktion beworbene Ware muss sofort lieferbar sein - bei ausverkaufter Ware muss Website unverzüglich korrigiert werden

LG Ingolstadt
Urteil vom 15.06.2021
1 HKO 701/20


Das LG Ingolstadt hat entschieden, dass durch einen Online-Shop per zeitlich begrenzter Sonderaktion beworbene Ware sofort lieferbar sein muss. Sind Produkte ausverkauft und nicht mehr sofort lieferbar, muss die Website unverzüglich korrigiert werden.

OLG Brandenburg: "Bis Sommeranfang" keine ausreichende Angabe nach § 5a Abs. 2 S. 1 UWG für eine zeitlich begrenzte Rabattaktion

OLG Brandenburg
Beschluss vom 06.07.2021
6 W 36/21


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass der Hinweis "Bis Sommeranfang" keine ausreichende Angabe nach § 5a Abs. 2 S. 1 UWG für eine zeitlich begrenzte Rabattaktion ist.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die nach §§ 567, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist begründet. Den Antragsgegnern ist über die landgerichtlich tenorierte Unterlassungsverpflichtung hinaus im Wege einstweiliger Verfügung aufzugeben, es zu unterlassen, mit einer Rabattaktion zu werben, ohne den Zeitraum der Aktion bestimmbar anzugeben, § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 2 S. 1 UWG.

Die inkriminierte, wie in der Anlage dargestellte Werbung, ist unlauter, weil sie dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält, die er für eine informierte geschäftliche Entscheidung benötigt, und weil das Vorenthalten geeignet ist, den Verbraucher zu einer sonst nicht getroffenen geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Verbraucher die Angabe „bis Sommeranfang“ so versteht, dass das Angebot bis zum 21. Juni des jeweiligen Jahres gilt. Im allgemeinen Sprachgebrauch ist neben der kalendarischen Bestimmung des Sommeranfangs zum 21. Juni eines Jahres jedenfalls ebenso der meteorologische Sommeranfang gebräuchlich, der den 1. Juni eines Jahres bezeichnet. An beiden Daten wird in Presse und sonstigen Medien regelmäßig der jeweilige „Sommeranfang“ thematisiert. Aus diesem Grund vermag die Angabe „bis Sommeranfang“ dem angesprochenen Verkehrskreis die notwendige Gewissheit über den Zeitraum der befristet angebotenen Rabattaktion nicht zu vermitteln.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 20.000 € festgesetzt, dieser Betrag entspricht dem vom Senat in durchschnittlichen Wettbewerbssachen in Verfügungsverfahren regelmäßig festgesetzten Wert. Der Streitwert für den Rechtszug erster Instanz wird - unter Abänderung der landgerichtlichen Festsetzung im Beschluss vom 14.05.2021 - auf 30.000 € festgesetzt (§ 63 Abs. 3 Nr. 2 ZPO). Im Hinblick auf die Mehrzahl der geltend gemachten Verstöße, wie sie Gegenstand des Verfahrens erster Instanz waren, ist eine maßvolle Erhöhung auf insgesamt 30.000 € angemessen."




LG Dortmund: Wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung mit "20% auf Alles ohne Wenn und Aber" wenn es doch einen einschränkenden Sternchenhinweis gibt

LG Dortmund
Urteil vom 31.10.2018
20 O 22/18


Das LG Dortmund hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn mit "20% auf Alles ohne Wenn und Aber" geworben wird, aber es doch einen einschränkenden Sternchenhinweis gibt. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.


LG Köln: Unzulässige Klausel in Bedingungen eines selektiven Vertriebssystems - Verbot von durchgestrichener UVP und Werbung mit Sparpreisen

LG Köln Urteil
11.07.2018
26 O 128/17


Das LG Köln hat entschieden, dass eine Klausel in den Bedingungen eines selektiven Vertriebssystems, die Vertriebspartnern die Preisgegenüberstellung mit durchgestrichener UVP oder der Werbung mit Begriffen wie "Sparpreise" verbieten, unzulässig sind. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale gegen einen Hersteller von Schulranzen und Rucksäcken.


LG Dortmund: Wettbewerbswidrige Verlängerung einer befristeten Rabattaktion wenn Verlängerung aufgrund bei der Planung vorhersehbarer Umstände erfolgt

LG Dortmund
Urteil vom 14.06.2017
10 O 13/17


Das LG Dortmund hat entschieden, dass ein wettbewerbswidrige Verlängerung einer befristeten Rabattaktion vorliegt, wenn die Verlängerung aufgrund bei der Planung vorhersehbarer Umstände erfolgt.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Dem Kläger steht der verfolgte Unterlassungsanspruch aus §§ 8, 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 2 UWG gegen die Beklagte zu.

a)
Die beanstandete Werbung ist irreführend.

aa)
Es unterliegt zunächst keinem vernünftigen Zweifel, dass der Verbraucher die beanstandete Werbung dahin versteht, dass die Rabattaktion zeitlich bis zum 24.12.2016 begrenzt werden sollte.

Wie eine Werbung zu verstehen ist, hängt maßgeblich von der Auffassung der von ihr angesprochenen Verkehrskreise ab. Vorliegend handelt es sich um eine sogenannte Publikumswerbung, die sich an das allgemeine Publikum, mithin im Prinzip an jedermann richtet. Dessen Verkehrsauffassung können die Mitglieder der erkennenden Kammer aufgrund eigener Sachkunde beurteilen, ohne dass es hierfür besonderer Kenntnisse oder Erfahrungen bedürfen würde (vgl. in ähnlicher Konstellation OLG Hamm, Urteil vom 21.03.2017, AZ: 4 U 183/16; Köhler/Bornkamm, 35. Auflage, § 5 UWG, Rn. 1.233).

Die Kammer versteht die beanstandete Werbung eindeutig dahin, dass die Rabattaktion auf den 24.12.2016 befristet war. Dieses Datum ist ausdrücklich benannt und darüber hinaus nachfolgend mit einem Ausrufungszeichen versehen. Hinzu kommt noch, dass der 24. Dezember von dem Kunden regelmäßig als der Tag, welcher das „Weihnachtsgeschäft“ beendet, erkannt wird. Insofern hat der Verbraucher gerade keinen Anlass anzunehmen, die Beklagte werde nach den Weihnachtsfeiertagen bei den herabgesetzten Preisen bleiben.

Solches folgt auch nicht, wie die Beklagte meint, aus dem weiteren Inhalt der Werbung, wonach sie sich „für ein Wahnsinnsjahr“ im Kontext mit der „Auszeichnung Plus X Award 2016“ für Deutschlands besten Händler in der Kategorie Möbeldiscounter bedankte. Damit mag ein Verbraucher annehmen, die Rabatte würden aus „Dankbarkeit“ gewährt. Der Dank bestand dann aber gerade in der auf den 24.12.2016 befristeten Werbeaktion, ohne dass suggeriert würde, dass auch die Werbeaktion noch über das ganze Jahr, mithin bis zum 31.12.2016, andauern sollte.

bb) Wird mit einer befristeten Rabattaktion geworben, so liegt eine irreführende Angabe nicht nur dann vor, wenn der Unternehmer bereits bei Erscheinen der Werbung die Absicht hat, die Vergünstigung über die zeitliche Grenze hinaus zu gewähren, sondern auch dann, wenn die Rabattaktion aufgrund von Umständen verlängert wird, die für den Unternehmer unter Berücksichtigung fachlicher Sorgfalt voraussehbar waren und deshalb bei der Planung der befristeten Aktion und der Gestaltung der angekündigten Werbung hätten berücksichtigt werden können. Denn der Verkehr wird nach der Lebenserfahrung zwar in Rechnung stellen, dass ein befristeter Sonderpreis aus Gründen verlängert wird, die bei Schaltung der Werbung erkennbar nicht zugrunde gelegt wurden. Jedoch rechnet er nicht mit einer Verlängerung aus Gründen, die bei Schaltung der Anzeige bereits absehbar waren (BGH GRUR 2012, 213, Rn. 20, 21 – Frühlings-Special -; Köhler/Bornkamm, UWG, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.48 ff., § 5 Rn. 3.8). Vernünftige Gründe, bei denen der Verbraucher mit einer ausnahmsweisen Verlängerung der Aktion rechnet, können etwa bei einem Jubiläumsrabatt die unverschuldete Unterbrechung des Verkaufs wegen eines Wasserschadens oder bei einem Frühbucherrabatt die schleppende Nachfrage oder die Weitergewährung günstiger Einkaufspreise sein. Dagegen kann sich ein Unternehmer nicht darauf berufen, er habe eine Jubiläumsrabattaktion wegen ihres wirtschaftlichen Erfolgs verlängert. Auch wenn an sich vernünftige Gründe für eine Verlängerung vorliegen, steht dies der Annahme einer irreführenden Werbung nicht entgegen, wenn der Unternehmer sie bei Anwendung der unternehmerischen Sorgfalt hätte erkennen und bei der Planung der Aktion und der Gestaltung der Werbung hätte berücksichtigen können (Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.50 m.w.N.).

Bei alledem ist es Sache des Unternehmers, die Umstände darzulegen, die für die Unvorhersehbarkeit der Verlängerungsgründe und die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen (BGH a.a.O., Köhler a.a.O.).

An Vorstehendem gemessen liegt eine Irreführung vor. Zwar kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte bereits zum Zeitpunkt der Werbung den Entschluss gefasst hatte, die Rabattaktion über den 24.12.2016 hinaus zu verlängern. Die Beklagte hat aber keine konkreten Umstände dargelegt, die für die Unvorhersehbarkeit der Verlängerungsgründe und für die Einhaltung der fachlichen Sorgfalt sprechen. Soweit die Beklagte sich mit einer besonders hohen Anzahl massiver Werbemaßnahmen von Mitbewerbern konfrontiert gesehen haben will, reicht dies für eine hinreichende Darlegung nicht aus. Denn es ist bereits nicht ungewöhnlich, dass für die Zeit nach Weihnachten mit erheblichen Preisnachlässen geworben wird, im Hinblick auf die Zeit zwischen den Weihnachtsfeiertagen und Silvester. Worin die Besonderheit des werblichen Verhaltens der Mitbewerber durch Gewährung von Preisreduktionen in diesem Zeitraum gelegen haben soll, erschließt sich nicht. Es fehlt insoweit auch an einer Darlegung früherer Erfahrungen mit derartigen Aktionen (vgl. Diekmann in: Ullmann, juris PK-UWG, 4. Auflage, § 5 UWG, Rn. 496), wobei eine entsprechende Marktbeobachtung durch die Beklagte in der Vergangenheit nicht zweifelhaft sein kann

Lag insgesamt kein erheblicher Sachvortrag der Beklagten vor, so war auch der angebotene Zeugenbeweis nicht zu erheben.

b)
Die Irreführung ist relevant im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG. Denn sie ist geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätt. Eine Werbung wie die Vorliegende kann den Verbraucher veranlassen, wegen des zeitlichen Drucks das Angebot innerhalb der Frist in Anspruch zu nehmen oder zumindest sich damit näher auseinanderzusetzen, ohne sich mit den Angeboten von Mitbewerbern zu befassen (vgl. Köhler, a.a.O., § 5 a, Rn. 5.50; BGH GRUR 2012, 208, Rn .30 ff. – 10 % Geburtstagsrabatt –). Dies gilt hier, wie der Kläger zu Recht geltend macht, in besonderem Maße im Hinblick auf die Kürze des Zeitraums von einer Woche und der Höhe des Rabattes."



Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Volltext BGH zur wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit der DM Fremdcoupon-Werbeaktion liegt vor - Einlösen fremder Gutscheine ist keine gezielte Mitbewerberbehinderung

BGH
Urteil vom 23.06.2016
I ZR 137/15
Fremdcoupon-Einlösung
UWG § 4 Nr. 4 (§ 4 Nr. 10 aF)


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Einlösen der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern ist nicht unlauter und damit nicht wettbewerbswidrig über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Es stellt regelmäßig keine gezielte Mitbewerberbehinderung dar, wenn ein Unternehmen damit wirbt, Rabattgutscheine seiner Mitbewerber einzulösen.

b) Es ist grundsätzlich nicht unlauter, wenn Werbemaßnahmen eines Unternehmens mittelbar dazu führen, dass die Werbung von Mitbewerbern nicht oder nicht mehr so wie zuvor zur Geltung kommt, mag dies dem Werbenden auch bewusst sein.

c) Verfehlt eine Werbung ihre Wirkung erst aufgrund einer bewussten Entscheidung der Verbraucher, so liegt im Regelfall keine unlautere Beeinträchtigung der Werbung des Mitbewerbers vor.

BGH, Urteil vom 23. Juni 2016 - I ZR 137/15 - OLG Stuttgart - LG Ulm

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Bochum: Irreführung durch Werbung mit bisher-Preis wenn dieser nicht in jüngster Vergangenheit für das Produkt verlangt wurde - Verstoß gegen Pflicht zur Textilkennzeichnung ist wettbewerbswidr

LG Bochum,
Urteil vom 24.03.2016
I-14 O 3/16


Das LG Bochum hat entschieden, dass die Werbung mit einem "bisher-Preis" zu werben, wenn dieser nicht in jüngster Vergangenheit für das Produkt verlangt wurde. Eine Zeitspanne von 3 Monaten ist - so das Gericht - jedenfalls zu lang. Zudem hat das Gericht nochmals bekräftigt, dass ein Verstoß gegen die Pflicht zur Textilkennzeichnung nach dem Textilkennzeichnungsgesetz einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstelt

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung des Angebots von Textilien, ohne dass diese hinreichend gemäß Textilkennzeichnungsgesetz gekennzeichnet sind. Unstreitig bot die Beklagte am 23.10.2015 in ihrem Webshop ein G PIQUE SHIRT in grau an, das ausweislich der Anlage HKMW 1 (Bl. 9 f. der Akten) weder auf der Startseite selbst noch in den Reitern, insbesondere nicht unter „Spezifikation“ einen Hinweis auf die Textilzusammensetzung des angebotenen Shirts enthielt. Soweit die Beklagte darauf hinweist und einen entsprechenden Screenshot vorlegt, dass unter Spezifikation und Material die Faserzusammensetzung mit 100 % Polyester angegeben worden war, ist dies im Ergebnis unerheblich. Auf die Nachfrage der Beklagten hat die Klägerin bzw. ihr Prozessbevollmächtigter angegeben, mit welchem System die Angebote angesehen worden sind, dabei handelt es sich unstreitig nicht um seltene Sondersysteme. Angebote müssen so gestaltet sein, dass sie mit allen gängigen Browsern mit allen gängigen Systemen angesehen werden können. Wenn daher mit derartig gängigen Systemen Informationen nicht angezeigt werden, ist dies fehlerhaft. Entgegen der Auffassung der Beklagten liegt insoweit auch kein Bagatellverstoß vor, selbst wenn man nicht von einem gezielten Auslassen dieser Information bei diesem Angebot ausgehen würde. Denn ist im Rahmen der allgemeinen Sorgfalt eines Verkäufers ist dafür Sorge zu tragen, dass die erforderlichen Angaben stets aufgerufen werden können.

Weiter hat die Klägerin einen Anspruch gegen die Beklagte auf Unterlassung der Bewerbung von Produkten mit einem Bisher-Preis, wenn zwischen der Bewerbung und dem Angebot eine erhebliche Zeitspanne liegt. Das ist vorliegend unstreitig der Fall. Insoweit kann dahinstehen, ob gemäß den Angaben der Klägerin und aus dem Archiv ersichtlich die Werbung mit dem reduzierten Preis unter Gegenüberstellung eines „Bisher-Preises“ bereits seit dem 02.03.2015 vorhanden war. Denn auch wenn erst am 07.07.2015 die Werbung, wie von der Beklagten behauptet, umgestellt wurde, war eine Bewerbung in dieser Form am 23.10.2015 unzulässig. Der Verkehr verbindet mit einem „Bisher“-Preis einen Preis, der bis vor kurzem gefordert wurde für diesen Artikel. Eine genauere Eingrenzung dieser Zeitspanne ist vorliegend nicht nötig, jedenfalls ist eine Zeitspanne von mehr als drei Monaten zu lang. Von daher ist insoweit eine Irreführung des Verkehrs gegeben, der aufgrund dieser Gestaltung davon ausgeht, dass vor kurzem eine derartige Preisreduzierung stattgefunden hat.

Rechtsmissbräuchlichkeit ist zu verneinen, denn es ist nicht ersichtlich, dass die Klägerin bei Abmahnung eines anderen Vorfalls am 27.07.2015 den hier streitgegenständlichen Verstoß überhaupt erkannt hat.

Gemäß § 12 UWG stehen der Klägerin daher auch die Kosten der Abmahnung zu. Unter Berücksichtigung der Anrechnung im einstweiligen Verfügungsverfahren verbleibt es bei dem geltend gemachten Betrag von 659,60 €. Darüber hinaus kann die Klägerin auch die Kosten für die Aufforderung zur Abgabe eines Abschlussschreibens geltend machen. Die Auffassung der Beklagten, da die Berufungsfrist noch nicht abgelaufen sei, sei die Aufforderung zur Abgabe einer Abschlusserklärung verfrüht, ist unzutreffend. Zudem zeigt das weitere Verhalten der Beklagten, dass ein weiteres Zuwarten um einen Tag zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte, da die Beklagte unter dem 21.12.2015 Fristsetzung zur Erhebung der Hauptsacheklage beantragte, also nicht gewillt war, das Ergebnis der einstweiligen Verfügung als rechtsverbindlich zu akzeptieren. Der Höhe nach ist die Forderung begründet und auch nicht angegriffen. Der Zinsanspruch folgt aus § 286, 288 BGB.
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Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Wettbewerbswidrige Werbung einer Apotheke für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei Bewerbung mit überhöhtem Vergleichspreis

BGH
Urteil vom 31.03.2016
I ZR 31/15
Apothekenabgabepreis
UWG § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 Nr. 2; SGB V § 130 Abs. 1


Der BGH hat wenig überraschend entschieden, dass ein Wettbewerbsverstoß vorliegt, wenn eine Apotheke für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel mit einem Sonderpreis wirbt und dabei einen überhöhtem Vergleichspreis (regulärer Apothekenabgabepreis) angibt.

Leitsatz des BGH:

Die Angabe eines um 5% überhöhten Vergleichspreises in der Werbung einer
Apotheke für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ist im Sinne des § 5 Abs.
1 Satz 1 UWG geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung
zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.


BGH, Urteil vom 31. März 2016 - I ZR 31/15 - OLG Braunschweig - LG Braunschweig

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BGH: Einlösen der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern ist nicht unlauter und damit nicht wettbewerbswidrig

BGH
Urteil vom 23.06.2016
I ZR 137/15


Der BGH hat entschieden, dass das Einlösen der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern nicht unlauter und damit nicht wettbewerbswidrig ist.

Bundesgerichtshof zur Einlösung der Rabatt-Coupons von Mitbewerbern

Der unter anderem für das Lauterkeitsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute entschieden, dass es grundsätzlich nicht unlauter ist, wenn ein Unternehmen Rabatt-Coupons seiner Mitbewerber einlöst.

Die Beklagte betreibt bundesweit Drogeriemärkte. Sie warb damit, dass in ihren Filialen Kunden 10%-Rabatt-Coupons von Mitbewerbern vorlegen und einen entsprechenden Rabatt auf den Einkauf erhalten können.

Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, hält diese Werbung unter dem Gesichtspunkt der gezielten Behinderung der anderen Drogeriemärkte, die die Rabatt-Coupons ausgegeben haben, für wettbewerbswidrig. Die Beklagte ziele in erster Linie darauf ab, sich die Werbemaßnahmen der Mitbewerber zu eigen zu machen und deren Erfolg zu verhindern. Die Werbung sei zudem irreführend, weil den Kunden suggeriert werde, die Beklagte habe mit ihren Konkurrenten vereinbart, Rabattgutscheine gegenseitig anzuerkennen. Die Klägerin hat die Beklagte daher auf Unterlassung und Ersatz von Abmahnkosten in Anspruch genommen.

Die Klage hatte in beiden Vorinstanzen keinen Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Ein unlauteres Eindringen in einen fremden Kundenkreis ist der Beklagten nicht vorzuwerfen. Die Empfänger von Rabattgutscheinen sind für ihre nächsten Einkäufe noch keine Kunden des werbenden Unternehmens. Das gilt auch, wenn die Gutscheine an Inhaber einer Kundenkarte oder Teilnehmer eines Kundenbindungsprogramms versandt werden. Ob solche Gutscheine verwendet werden, entscheidet der Verbraucher regelmäßig erst später. Soweit die Beklagte mit Aufstellern in ihren Filialen wirbt, wendet sie sich zudem gezielt an eigene und nicht an fremde Kunden. Die Verbraucher werden ferner nicht daran gehindert, die Gutscheine bei dem jeweils ausgebenden Unternehmen einzulösen. Vielmehr erhalten sie die Möglichkeit, denselben wirtschaftlichen Vorteil auch durch einen Einkauf bei der Beklagten zu erlangen. Diese weitere Chance der Verbraucher, Rabatte zu erhalten, ist keine unlautere Werbebehinderung der Mitbewerber. Der Beklagten steht es frei, sich besonders um diejenigen Kunden zu bemühen, die von ihren Mitbewerbern mit Gutscheinen und Kundenbindungsprogrammen umworben werden.

Auch eine unlautere Irreführung liegt nicht vor. Die Werbung der Beklagten bezieht sich eindeutig nur auf ihr Unternehmen. Aus Verbrauchersicht liegt es fern, darin eine abgesprochene Werbemaßnahme mehrerer Unternehmen zu sehen.

Vorinstanzen:

LG Ulm - Urteil vom 20. November 2014 - 11 O 36/14 KfH, WRP 2015, 491

OLG Stuttgart - Urteil vom 2. Juli 2015 - 2 U 148/14, WRP 2015, 1128

Karlsruhe, den 23. Juni 2016

§ 4 UWG Mitbewerberschutz

Unlauter handelt, wer



4. Mitbewerber gezielt behindert.

§ 5 UWG Irreführende geschäftliche Handlungen

(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. …




BGH: Durchgestrichener Preis wird auch im Internet und bei Amazon vom Verbraucher so verstanden, dass dieser früher vom Unternehmen verlangt wurde

BGH
Urteil vom 05.11.2015
I ZR 182/14
Durchgestrichener Preis II
UWG § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2

Leitsatz des BGH:

Werbung mit einem durchgestrichenen Preis misst der Verbraucher nicht eine je nach Vertriebsform unterschiedliche Bedeutung bei. Auch im Internethandel und auf einer Handelsplattform wie Amazon.de erkennt der Verkehr in einer durchgestrichenen Preisangabe regelmäßig den früher von dem werbenden Unternehmer verlangten Preis.

BGH, Urteil vom 5. November 2015 - I ZR 182/14 - OLG Stuttgart - LG Stuttgart

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Irreführung durch Hinweis "Alle Angebote nur in teilnehmenden Märkten erhältlich" in einem Prospekt ohne klaren Hinweis welche Geschäfte teilnehmen - Fressnapf

BGH
Urteil vom 04.02.2016
I ZR 194/14
Fressnapf
UWG § 5a Abs. 3 Nr. 2; UWG § 5a Abs. 2 aF


Der BGH hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn in einem Prospekt Sonderangebote beworben werden und dabei nicht unmissverständlich klar gemacht wird, in welchen der aufgelisteten Geschäfte die Angebote zum Sonderangebotspreis erhältlich sind. Ein Hinweis "Alle Angebote nur in teilnehmenden Märkten erhältlich" reicht dabei nicht aus. Es ging um Werbung des Franchisegebers Fressnapf. Den Franchisenehmern war freigestellt, ob sie die Sonderangebote anbieten.


Leitsätze des BGH:

a) Ein Handeln eines Unternehmers für einen anderen Unternehmer im Sinne von § 5a Abs. 3 Nr. 2 UWG, bei dem die Identität und Anschrift des anderen Unternehmers mitzuteilen ist, für dessen Waren oder Dienstleistungen sich der Verbraucher auf der Grundlage des ihm gemachten Angebots entscheiden kann, setzt weder voraus, dass das Angebot bereits eine vertragliche
Bindung vorsieht, noch auch, dass ein Fall der offenen Stellvertretung oder eine vergleichbare Fallgestaltung vorliegt.

b) Wesentliche Informationen werden auch dann im Sinne des § 5a Abs. 2 UWG aF vorenthalten, wenn sie zwar bereitgestellt werden, dies aber auf unklare, unverständliche oder zweideutige Weise geschieht.

BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - I ZR 194/14 - OLG Düsseldorf - LG Krefeld

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BGH: Irreführung durch unzureichenden Warenvorrat für Sonderangebot auch wenn für das Angebot eines fremden Unternehmens geworben wird

BGH
Urteil vom 17.09.2015
I ZR 92/14
Smartphone-Werbung
UWG § 3 Abs. 3 iVm Nr. 5 des Anhangs, § 8 Abs. 1 und 3

Leitsätze des BGH:


a) Die durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verbotene Irreführung über die unzureichende Bevorratung kann nicht nur durch hinreichende Aufklärung über die tatsächlichen Verhältnisse (den unzulänglichen Warenvorrat), sondern auch durch Einwirkung auf die relevanten Tatsachen selbst (Sicherstellung einer hinreichenden Lagerhaltung) vermieden werden.

b) Wirbt ein Unternehmen für das Angebot eines fremden Unternehmens, so unterliegt es gleichermaßen der durch Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG normierten Aufklärungspflicht und muss sich, wenn ihm die entsprechenden Kenntnisse fehlen, über die dem Angebot zugrunde liegende Bevorratung informieren.

BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 92/14 - OLG Stuttgart - LG Heilbronn

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: