Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union werden zur Auslegung von Art. 56 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Schließt es die Dienstleistungsfreiheit eines Glücksspielanbieters mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aus, einen über das Internet geschlossenen privatrechtlichen Vertrag über Sportwetten, die ohne die hierfür nach dem nationalen Recht erforderliche Erlaubnis angeboten wurden, als nichtig zu betrachten, wenn der Anbieter in Deutschland eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte und das für diesen Antrag geltende Verfahren auf Konzessionserteilung unionsrechtswidrig durchgeführt wurde ?
2. Schließt es die Dienstleistungsfreiheit eines Glücksspielanbieters mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aus, das nationale Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet als Schutzgesetz mit der möglichen Folge einer Schadensersatzpflicht zu betrachten, wenn der Anbieter in Deutschland eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte und das für diesen Antrag geltende Verfahren auf Konzessionserteilung unionsrechtswidrig durchgeführt wurde ?
BGH, Beschluss vom 25. Juli 2024 - I ZR 90/23 - LG Ulm - AG Geislingen an der Steige
Der BGH hat dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Dienstleistungsfreiheit Erstattungsansprüchen gegen Anbieter in Deutschland unzulässiger Online-Sportwetten / Online-Glücksspielen entgegensteht.
Die Pressemitteilung des BGH: Bundesgerichtshof legt EuGH die Frage vor, ob die Dienstleistungsfreiheit eines Anbieters von Sportwetten einer Erstattung der im Rahmen unerlaubter Online-Sportwetten erlittenen Verluste von Spielern entgegensteht
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob ein Veranstalter von Sportwetten im Internet, der nicht über die nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 erforderliche Konzession der zuständigen deutschen Behörde verfügte, die verlorenen Wetteinsätze eines Spielers erstatten muss. Er hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob es die nach dem Unionsrecht gewährleistete Dienstleistungsfreiheit eines Glücksspielanbieters mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausschließt, einen solchen Sportwettenvertrag als nichtig zu betrachten, wenn der Anbieter in Deutschland eine Erlaubnis für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte und das für diesen Antrag geltende Verfahren zur Konzessionserteilung unionsrechtswidrig durchgeführt wurde.
Sachverhalt:
Die Beklagte mit Sitz in Malta bietet Sportwetten über eine deutschsprachige Webseite mit einer deutschen Top-Level-Domain an. Der Kläger nahm von 2013 bis zum 9. Oktober 2020 im Internet an Sportwetten der Beklagten teil.
In diesem Zeitraum verfügte die Beklagte in Deutschland nicht über eine Konzession zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie hatte eine solche Konzession zwar nach dem damals geltenden Glücksspielstaatsvertrag 2012 beantragt, aber nicht erhalten. Ihr wurde erst mit Bescheid vom 9. Oktober 2020 - in einem neuen Konzessionserteilungsverfahren auf Grundlage der ab 1. Januar 2020 geltenden Fassung des Glücksspielstaatsvertrags 2012 - eine Erlaubnis zum Veranstalten von Sportwetten und Online-Sportwetten in Deutschland erteilt.
Der Kläger macht geltend, die mit der Beklagten geschlossenen Wettverträge seien nichtig, weil das unerlaubte Angebot von Online-Sportwetten gegen den Glücksspielstaatsvertrag 2012 verstoßen habe. Er hat die Beklagte auf Rückzahlung verlorener Wetteinsätze in Höhe von 3.719,26 € in Anspruch genommen.
Bisheriger Prozessverlauf:
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Landgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt der Kläger seine Anträge weiter.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt.
In seinem Vorlagebeschluss hat der Bundesgerichtshof zur zivilrechtlichen Rechtslage ausgeführt: Das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für die Veranstaltung öffentlicher Sportwetten in § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1, § 10a Abs. 2 und 3 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar. Die Beklagte hat dagegen verstoßen, indem sie in Deutschland öffentlich im Internet Sportwetten angeboten hat, ohne im für den Streitfall relevanten Zeitraum über die hierfür erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Aus dem Verstoß folgt grundsätzlich die Nichtigkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Sportwettenverträge (§ 134 BGB) und ein Anspruch des Klägers auf Erstattung seiner Verluste (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB). Der Zweck des gesetzlichen Verbots, die Bevölkerung vor von öffentlichen Glücksspielen ausgehenden Gefahren zu schützen, erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der auf Grundlage eines Internetangebots unter einseitigem Verstoß gegen die Erlaubnispflicht geschlossenen Glücksspielverträge.
Der Bundesgerichtshof hat weiter ausgeführt, dass sich im Streitfall die Frage stellt, ob aus unionsrechtlichen Gründen eine andere Beurteilung geboten ist, weil die Beklagte im maßgeblichen Zeitraum bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten in Deutschland beantragt hatte und das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren unionsrechtswidrig durchgeführt wurde. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in einem gleichfalls unerlaubte Sportwetten betreffenden strafrechtlichen Ausgangsverfahren entschieden, dass nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts kein Mitgliedstaat eine strafrechtliche Sanktion für ein Verhalten verhängen darf, mit dem der Betroffene einer verwaltungsrechtlichen Anforderung nicht genügt hat, wenn der Mitgliedstaat die Erfüllung der Anforderung unter Verstoß gegen das Unionsrecht abgelehnt oder vereitelt hat (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Februar 2016 - C336/14, ZfWG 2016, 115 [juris Rn. 63 und 94] - Ince). Es stellt sich daher die Frage, ob unter Umständen wie denen des Streitfalls im Rahmen nicht erlaubter Online-Angebote abgeschlossene Sportwettenverträge zivilrechtlich als nichtig angesehen werden dürfen.
Der Bundesgerichtshof hat deutlich gemacht, dass er - auch unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union - dazu neigt, diese Frage zu bejahen. Die zivilrechtliche Rechtsfolge der Nichtigkeit stellt keine Strafe dar, sondern eine Einschränkung der Privatautonomie zum Schutz des allgemeinen Rechtsverkehrs. Die im Verhältnis des Staats zum Sportwettenanbieter eintretenden Rechtsfolgen lassen sich nicht ohne Weiteres auf das Verhältnis des Sportwettenanbieters zum Spieler als privatem Dritten übertragen. Die einen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit rechtfertigenden zwingenden Gründe des Allgemeininteresses - darunter der Schutz der Bevölkerung vor übermäßigen wirtschaftlichen Schäden durch öffentliches Glücksspiel - bestehen auch dann, wenn das Verfahren der Konzessionserteilung unionsrechtswidrig ausgestaltet war.
Im vorliegenden Revisionsverfahren kommt es vorerst nicht auf die in einem Hinweisbeschluss in einem anderen Verfahren vertretene vorläufige Ansicht des Bundesgerichtshofs an, dass es jedenfalls für solche unerlaubten Online-Sportwettenangebote, die auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wären, insbesondere weil die angebotenen Sportwetten wegen Nichteinhaltung des grundsätzlich auf 1.000 € begrenzten monatlichen Höchsteinsatzes je Spieler dem materiellen Glücksspielrecht widersprachen, bei der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB verbleibt (vgl. BGH, Beschluss vom 22. März 2024 - I ZR 88/23, NJW 2024, 1950). Da das Berufungsgericht hierzu keine Feststellungen getroffen hat, ist im vorliegenden Revisionsverfahren zugunsten der Beklagten davon auszugehen, dass sie die spielerschützenden Regelungen des materiellen Glücksspielrechts gegenüber dem Kläger eingehalten hat.
Ergänzender Hinweis:
Der Bundesgerichtshof hat zwei Parallelverfahren über die Erstattung von Verlusten aus Sportwetten bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union im vorliegenden Verfahren ausgesetzt. Zumindest einer dieser Fälle betrifft eine Konstellation, in der sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts neben dem Verstoß gegen die formelle Erlaubnispflicht auch ein Verstoß gegen das materielle Glücksspielrecht und insbesondere die grundsätzliche Verpflichtung zur Begrenzung des Höchsteinsatzes ergibt.
Vorinstanzen:
AG Geislingen an der Steige - Urteil vom 28. April 2022 - 3 C 459/21
LG Ulm - Urteil vom 24. Mai 2023 - 1 S 46/22
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 4 GlüStV 2012
(1) Öffentliche Glücksspiele dürfen nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind verboten.
(…)
(4) Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.
(5) Abweichend von Absatz 4 können die Länder zur besseren Erreichung der Ziele des § 1 den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten im Internet erlauben, wenn keine Versagungsgründe nach § 4 Abs. 2 vorliegen und folgende Voraussetzungen erfüllt sind: (…)
§ 4a Abs. 1 GlüStV 2012
Soweit § 10 Abs. 6 im Rahmen der Experimentierklausel für Sportwetten nach § 10a nicht anwendbar ist, dürfen die dort den Veranstaltern nach § 10 Abs. 2 und 3 vorbehaltenen Glücksspiele nur mit einer Konzession veranstaltet werden. § 4 Abs. 1 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
§ 10a GlüStV 2012
(1) Um eine bessere Erreichung der Ziele des § 1, insbesondere auch bei der Bekämpfung des in der Evaluierung festgestellten Schwarzmarktes, zu erproben, wird § 10 Abs. 6 auf das Veranstalten von Sportwetten bis zum 30. Juni 2021 nicht angewandt. (...)
(2) Sportwetten dürfen in diesem Zeitraum nur mit einer Konzession (§§ 4a bis 4e) veranstaltet werden.
(3) Die Konzession gibt dem Konzessionsnehmer nach Maßgabe der gemäß § 4c Abs. 2 festgelegten Inhalts- und Nebenbestimmungen das Recht, abweichend vom Verbot des § 4 Abs. 4 Sportwetten im Internet zu veranstalten und zu vermitteln. § 4 Abs. 5 und 6 ist entsprechend anzuwenden. (...)
Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet.
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Anspruch auf Entfernung von Inhalten aus dem Google-Suchindex gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO auch gegenüber Google Ireland und nicht nur gegenüber Google USA geltend gemacht werden kann.
Aus den Entscheidungsgründen: 2. Die Berufung hat Erfolg. Der Klageantrag zu 1 ist entgegen der Auffassung des Landgerichts zulässig und begründet. Über den in der Berufungsinstanz hilfsweise gestellten Antrag zu 3 ist deshalb nicht zu entscheiden.
a) Der mit dem Antrag zu 1 b geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO.
aa) In Fällen, in denen ein Betroffener - wie vorliegend der Kläger - vom Betreiber einer Internetsuchmaschine die Auslistung bestimmter Ergebnislinks verlangt, ist das in Art. 17 Abs. 1 DSGVO niedergelegte Recht auf Löschung schon aufgrund der für den Betroffenen letztlich unwägbaren und zudem stetem Entwicklungsfortschritt unterworfenen technischen Voraussetzungen der beanstandeten Datenverarbeitung nicht auf das schlichte Löschen von Daten zu verengen, sondern es umfasst unabhängig von der technischen Umsetzung auch das Begehren, eine erneute Listung zu unterlassen (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2023 - VI ZR 97/22, GRUR 2023, 2472 Rn. 20 mwN).
bb) Die Haftung der Beklagten ist nicht subsidiär gegenüber der Haftung derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 12; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8.12.2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184).
cc) Der für das Auslistungsbegehren erforderliche Antrag ist jedenfalls in der Klageschrift zu sehen, in der der Kläger die Beklagte in formeller Hinsicht hinreichend deutlich auf die aus seiner Sicht vorliegende Rechtswidrigkeit der Datenverarbeitung hingewiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 29 mwN). Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht hat, dass der Antrag keine Rückwirkung entfaltet, trifft dies zwar zu. Für den Unterlassungsanspruch kommt es jedoch nur darauf an, dass der Antrag geeignet ist, für die Zukunft eine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Beklagten zu begründen.
dd) Der auf den Internetseiten, auf die in den Suchergebnissen verwiesen wird, veröffentlichte Artikel vom 00.00. 2019 enthält unstreitig den Kläger betreffende personenbezogene Daten (Art. 4 Nr. 1 DSGVO).
ee) Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist die Beklagte Verantwortlicher. Verantwortlicher ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, von der auch das Landgericht ausgegangen ist, soll durch die weite Definition des Ausdrucks „Verantwortlicher“ ein wirksamer und umfassender Schutz der betroffenen Person gewährleistet werden (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Die Tätigkeit einer Suchmaschine, die darin besteht, von Dritten ins Internet gestellte oder dort veröffentlichte Informationen zu finden, automatisch zu indexieren, vorübergehend zu speichern und schließlich den Internetnutzern in einer bestimmten Rangfolge zur Verfügung zu stellen, ist, sofern die Informationen personenbezogene Daten enthalten, als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne von Art. 4 Nummern 1 und 2 DSGVO einzustufen. Ferner ist der Betreiber einer solchen Suchmaschine als für diese Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 4 Nr. 7 DSGVO anzusehen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 49 mwN). Vorliegend ist unstreitig, dass die Beklagte in Deutschland und anderen europäischen Ländern Betreiberin der MN.-Suchmaschine ist (vgl. auch LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29).
Unerheblich ist es, dass die Beklagte nach ihrem Vortrag lediglich den Zugang zu der Suchmaschine anbietet, während die Entscheidungen darüber, wie auf eine Suchanfrage reagiert wird und wie die relevanten Suchergebnisse angezeigt werden, nicht von ihr, sondern der MN. LLC getroffen werden. Bei seiner abweichenden Würdigung hat das Landgericht ebenso wie die Landgerichte Rostock und Mosbach in ihren von der Beklagten als Anlage BB 1 vorgelegten Entscheidungen (LG Rostock, Urteil vom 24. Mai 2023 - 3 O 95/22; LG Mosbach Urteil im Verfahren 2 O 86/24) nicht berücksichtigt, dass nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs bereits die Anzeige personenbezogener Daten auf einer Seite mit Suchergebnissen eine Verarbeitung dieser Daten darstellt (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 57; zu einer Veröffentlichung auch EuGH, Urteil vom 11. Januar 2024 - C-231/22, NJW 2024, 641 Rn. 28). Indem die Beklagte - wie von ihr selbst vorgetragen - den deutschen Internetnutzern den Zugang zur MN.-Suchmaschine anbietet, stellt sie den Nutzern die von ihrer Muttergesellschaft aufbereiteten Suchergebnisse bereit und führt damit, soweit personenbezogene Daten in Rede stehen (Art. 4 Nr. 1 DSGVO), eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO aus (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 28; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32). Dass die Beklagte sich die Inhalte der verlinkten Internetseiten zu eigen macht, ist dafür nicht erforderlich, weshalb die entsprechenden Erwägungen des Landgerichts dahinstehen können.
Ebenfalls unerheblich ist es, dass in der auf der Seite MN..com veröffentlichten Datenschutzerklärung die MN. LLC als zuständige Datenverantwortliche benannt ist. Denn nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Landgerichts kann die Beklagte sich nicht durch eine Datenschutzerklärung von ihrer aus den tatsächlichen Umständen folgenden Verantwortlichkeit befreien.
Soweit das Kammergericht in einem von der Beklagten vorgelegten Hinweisbeschluss (Beschluss vom 4. Februar 2022 - 10 W 1024/20, Anlage B 5) eine Verantwortlichkeit der Beklagten letztlich allein mit der Erwägung verneint hat, der Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 13) habe ausgeführt, dass im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Suchmaschine MN. die MN. LLC Verantwortliche im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO sei, überzeugt dies nicht. Denn eine Verantwortlichkeit der MN. LLC schließt es, wie auch die Vorschrift des § 26 DSGVO zeigt, nicht aus, dass daneben auch die Beklagte Verantwortlicher im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist (vgl. LG München, Urteil vom 22. März 2023 - 26 O 1037/21, MMR 2023, 602 Rn. 29; LG Heidelberg, Urteil vom 31. März 2023 - 6 S 1/22, juris Rn. 32).
ff) Die personenbezogenen Daten des Klägers werden unrechtmäßig verarbeitet (Art. 17 Abs. 1 Buchstabe d DSGVO) und die Verarbeitung ist nicht erforderlich zur Ausübung des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Information (Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO). Die insoweit gebotene Gesamtabwägung der widerstreitenden Grundrechte, nämlich der Grundrechte des Klägers auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 GRCh) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) sowie des Rechts der Beklagten auf unternehmerische Freiheit (Art. 16 GRCh), des Rechts der Inhalteanbieter auf Meinungsfreiheit (Art. 11 GRCh) und der Informationsinteressen der Nutzer (vgl. BGH, Urteile vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18, BGHZ 226, 285 Rn. 20 ff.; vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 14 ff.) geht zu Gunsten des Klägers aus. Denn der Artikel vom 00.00. 2019 enthält zumindest eine für das Gesamtverständnis des Artikels bedeutsame Information, die tatsächlich unwahr ist und die der Kläger nicht hinnehmen muss (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 65; BGH, Beschluss vom 27. Juli 2020 - VI ZR 476/18, GRUR 2020, 1338 Rn. 24; Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 32).
(1) Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs obliegt der Person, die wegen der Unrichtigkeit eines aufgelisteten Inhalts die Auslistung begehrt, der Nachweis, dass die in diesem Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist. Damit dieser Person jedoch keine übermäßige Belastung auferlegt wird, die die praktische Wirksamkeit des Rechts auf Auslistung beeinträchtigen könnte, hat sie lediglich die Nachweise beizubringen, die unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls von ihr vernünftigerweise verlangt werden können, um diese offensichtliche Unrichtigkeit festzustellen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 68; BGH, Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, BGHZ 237, 137 Rn. 33 f.).
Der Betreiber der Suchmaschine ist im Rahmen der Prüfung der Anwendungsvoraussetzungen von Art. 17 Abs. 3 Buchstabe a DSGVO nicht verpflichtet, bei der Suche nach Tatsachen, die von dem Auslistungsantrag nicht gestützt werden, aktiv mitzuwirken, um festzustellen, ob dieser Antrag stichhaltig ist. Daher ist der Betreiber der Suchmaschine bei der Bearbeitung eines solchen Antrags nicht verpflichtet, den Sachverhalt zu ermitteln und hierfür mit dem Inhalteanbieter einen kontradiktorischen Schriftwechsel zu führen, der darauf gerichtet ist, fehlende Angaben zur Richtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erlangen. Denn da eine solche Verpflichtung den Betreiber der Suchmaschine dazu zwingen würde, selbst einen Beitrag zum Nachweis der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des aufgelisteten Inhalts zu erbringen, würde sie zu einer Belastung dieses Betreibers führen, die über das hinausginge, was von ihm im Hinblick auf seinen Verantwortungsbereich, seine Befugnisse und seine Möglichkeiten vernünftigerweise erwartet werden kann (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 70 f.).
Folglich ist der Betreiber der Suchmaschine, wenn die eine Auslistung begehrende Person relevante und hinreichende Nachweise vorlegt, die ihren Antrag zu stützen vermögen und belegen, dass die in dem aufgelisteten Inhalt enthaltenen Informationen offensichtlich unrichtig sind oder zumindest ein für diesen gesamten Inhalt nicht unbedeutender Teil dieser Informationen offensichtlich unrichtig ist, verpflichtet, diesem Auslistungsantrag stattzugeben (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 72).
Wenn die fraglichen Informationen zu einer Debatte von allgemeinem Interesse beitragen können, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information besondere Bedeutung beizumessen. Zudem wäre eine Auslistung von Artikeln mit der Folge, dass es schwierig würde, im Internet Zugang zu der Gesamtheit dieser Artikel zu haben, auch dann unverhältnismäßig, wenn sich nur bestimmte Informationen, die im Hinblick auf den gesamten Inhalt dieser Artikel von untergeordneter Bedeutung sind, als unrichtig erweisen (vgl. EuGH, Urteil vom 8. Dezember 2022 - C-460/20, GRUR 2023, 184 Rn. 73 f.).
(2) Gemessen daran hat im Streitfall der Kläger den ihm obliegenden Nachweis durch sein Vorbringen in der Klageschrift geführt.
Er hat aufgezeigt, dass die in dem Artikel vom 00.00. 2019 aufgestellte Behauptung, auf einem von ihm auf seinem Blog geposteten und neben dem Artikel gezeigten Bild habe er an der Uniform einen Patch des T. getragen, offensichtlich nicht der Wahrheit entspricht. Der Kläger hat durch Vorlage zweier Lichtbilder des von ihm getragenen Abzeichens (Anlage K 3) und durch Vorlage zweier Internetausdrucke (Anlagen K 4 und 5) belegt, dass das von ihm getragene Abzeichen einem von der Logistikschule der Bundeswehr verwandten Logo (Anlage K 4) entspricht und sich - was bei Betrachtung der Anlagen K 3 bis 5 bereits auf den ersten Blick klar erkennbar ist - stark unterscheidet von dem Vereinszeichen des Y. TR. (Anlage K 5). Dass das als Anlage K 3 vorgelegte Lichtbild dasselbe Abzeichen zeigt, das der Kläger auch auf dem im Artikel vom 00.00. 2019 eingeblendeten Foto getragen hat, ist jedenfalls bei einer Vergrößerung des eingeblendeten Fotos, die der Beklagten ebenso wie dem Senat unschwer möglich ist und die Beklagte nicht unzumutbar belastet, ebenfalls hinreichend erkennbar. Soweit der Senat das Foto in der mündlichen Verhandlung als nicht eindeutig bezeichnet hat, bezog sich dies, wie der Senat von Anfang ausgeführt und auf den Einwand des Prozessbevollmächtigten der Beklagten bereits in der Verhandlung auch nochmals klargestellt hat, nicht auf den angeblichen Patch des T., sondern nur auf den angeblichen DR.-Orden.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Falschbehauptung nicht wertneutral. Denn zwar bestreitet der Kläger nicht, Mitglied im T. zu sein, der in dem Artikel vom 00.00. 2019 als ein „„Zitat wurde entfernt““ vorgestellt wird. Die angegriffene Falschbehauptung enthält aber eine Kritik am Kläger, die über den Vorwurf der Mitgliedschaft in einem militaristischen Verein hinausgeht. Mit der angegriffenen Falschbehauptung wird dem Kläger nämlich vorgehalten, sich auch bei der Ausübung seines Dienstes als N. und beim Tragen einer Uniform öffentlich als Mitglied des Verbandes zu erkennen gegeben zu haben, weshalb er „„Zitat wurde entfernt““ müsse. Ein derartiger Vorwurf ist deutlich schwerwiegender.
Die Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, ist auch kein ganz unbedeutender Teil des Artikels vom 00.00. 2019. Denn zwar enthält der Artikel eine Vielzahl weiterer Informationen und ist der Kläger nicht der einzige Politiker, der in dem Artikel vorgestellt wird. Die Vorstellung seiner Person ist aber für den Gesamtinhalt des Artikels zumindest ebenso bedeutend wie die Vorstellung der anderen Personen, zumal die den Kläger betreffenden Ausführungen an zweiter Stelle stehen und außer ihm nur noch zwei weitere Politiker auch im Bild gezeigt werden. Es kommt noch hinzu, dass der Kläger eine Auslistung nur insoweit begehrt, als die Nutzer der Suchmaschine Suchbegriffe eingeben, die zumindest seinen Nachnamen enthalten. Für diese Nutzer wird die Vorstellung des Klägers typischer Weise von größerer Bedeutung sein als die Vorstellung der anderen Politiker. Schließlich ist die Falschbehauptung betreffend das angebliche Tragen eines Patches des T. auch im Verhältnis zu den anderen den Kläger betreffenden Aussagen nicht nur von untergeordneter Bedeutung. Das folgt schon daraus, dass die fragliche Falschbehauptung durch das den Kläger zeigende Foto belegt werden soll. Zudem ist - wie ausgeführt - der gegen den Kläger gerichtete Vorwurf, er habe sich bei der Ausübung seines Dienstes als OM. als Mitglied eines militaristischen Verbandes zu erkennen gegeben, von erheblicher Tragweite.
Des Weiteren fällt entgegen der Auffassung der Beklagten die Abwägung nicht deshalb zu ihren Gunsten aus, weil dem Kläger die erfolgreiche Inanspruchnahme derjenigen Personen, die für die Veröffentlichung des Artikels vom 00.00. 2019 unmittelbar verantwortlich sind, möglich und - ohne erhebliche Maßnahmen und Zeitaufwand - zumutbar wäre. Die für diesen - möglichen - Einwand darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2022 - VI ZR 832/20, GRUR 2022, 1009 Rn. 56) hat hierzu jedenfalls nicht ausreichend vorgetragen. Nach dem unwiderlegten Vortrag des Klägers war ihm eine Inanspruchnahme anderer Verantwortlicher nicht zuzumuten, weil die hinter den beiden fraglichen Internetseiten stehende Antifaschistische Aktion und die für sie handelnden Personen nicht greifbar und die Registrare der beiden Domains im Ausland ansässig sind.
Entgegen der Auffassung der Beklagten steht es dem Auslistungsbegehren des Klägers schließlich auch nicht entgegen, dass die Beklagte den Artikel vom 00.00. 2019 dem Antrag des Klägers zufolge nicht schon bei bloßer Eingabe des Namens des Klägers (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 13. Mai 2014 - C-131/12, GRUR 2014, 895 Rn. 80), sondern nur bei zusätzlicher Eingabe weiterer - im Antrag wiedergegebener - Suchbegriffe nicht anzeigen soll. Der Kläger hat insoweit zu Recht geltend gemacht, dass allein auf Grund der Eingabe der weiteren Suchbegriffe nicht davon ausgegangen werden kann, dass der jeweilige Nutzer den rechtswidrigen Drittinhalt bereits kennt und gezielt nach ihm sucht.
Da das Auslistungsbegehren nach alledem alleine auf Grund der Falschbehauptung, der Kläger habe auf dem Foto einen Patch des T. getragen, gerechtfertigt ist, kommt es auf die Angriffe des Klägers gegen weitere Inhalte des Artikels vom 00.00. 2019 nicht an.
b) Der mit dem Antrag zu 1 a geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus § 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG.
Das neben dem Artikel vom 00.00. 2019 gezeigte Lichtbild wird urheberrechtlich jedenfalls nach § 72 Abs. 1 UrhG geschützt. Das Recht stand nach § 72 Abs. 2 UrhG zunächst der Ehefrau des Klägers als Lichtbildnerin zu, da die Ehefrau das Bild nach den nicht angegriffenen tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts, die Beweis für das mündliche Parteivorbringen liefern (§ 314 Satz 1 ZPO), aufgenommen hat. Der Umstand, dass das Foto nach Angaben des Klägers im Bereich seiner Arbeitsstelle aufgenommen worden ist, schließt es im Übrigen keineswegs aus, dass die Ehefrau das Bild aufgenommen hat. Mit Vertrag vom 15. März 2021 hat die Ehefrau als Rechteinhaberin dem Kläger das ausschließliche, zeitlich, räumlich und inhaltlich unbeschränkte Recht eingeräumt, das Lichtbild umfassend zu nutzen, weshalb nunmehr der Kläger aktiv legitimiert ist. Dafür, dass die Ehefrau vor Abschluss des Vertrags Rechte an dem Bild an Dritte übertragen hatte, gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
Dadurch, dass die Beklagte ihren Nutzern Hyperlinks auf die beiden im Klageantrag wiedergegebenen Internetseiten anzeigt, auf denen das Lichtbild veröffentlicht ist, verletzt sie ein unbenanntes ausschließliches Recht des Klägers zur öffentlichen Wiedergabe des Lichtbildes (§ 15 Abs. 2 UrhG). Zwar ist die Bereitstellung eines Hyperlinks nur dann als öffentliche Wiedergabe anzusehen, wenn der Betreffende wusste oder hätte wissen müssen, dass der von ihm gesetzte Link Zugang zu einem unbefugt im Internet veröffentlichten Werk schafft, etwa weil er vom Urheberrechtsinhaber zuvor darauf hingewiesen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 21. September 2017 - I ZR 11/16, GRUR 2018, 178 Rn. 55, 67).
Ein solcher Hinweis ist aber im Streitfall mit den vorgerichtlichen Abmahnungen und dem Vortrag in der Klageschrift erfolgt. Der Kläger hat insbesondere durch Vorlage des schriftlichen Vertrags vom 15. März 2021 hinreichend nachgewiesen, dass seine Ehefrau das Bild aufgenommen und sie dem Kläger umfassende Nutzungsrechte eingeräumt hat. Dass der Vereinbarung nicht das Ursprungsbild, sondern offenbar nur ein Screenshot des Verletzungsmusters beigefügt war, ändert daran nichts.
Die öffentliche Wiedergabe des Fotos ist - wovon sich die Beklagte ohne eingehende rechtliche Prüfung überzeugen konnte und kann (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 2021 - C-682/18 u.a., GRUR 2021, 1054 Rn. 116) - auch nicht nach § 51 Satz 1 UrhG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke des Zitats zulässig, sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung scheidet im Streitfall offensichtlich aus. Der Zweck der Nutzung des Fotos lag vorliegend darin, dass es dem Verfasser des Artikels vom 00.00. 2019 als Beleg für seine Behauptungen diente, der Kläger habe an seiner Uniform einen Patch des T. - eines Militaristenverbandes - und ein Abzeichen des DR.-Ordens - eines seltsamen Templerordens - getragen. Bei der ersten Behauptung handelt es sich - wie ausgeführt - um eine Falschbehauptung, deren Unwahrheit der Kläger der Beklagten gegenüber nachgewiesen hat. Zum Beleg der zweiten Behauptung ist das Foto nicht geeignet, weil das fragliche Abzeichen auf dem Foto schon nicht hinreichend deutlich zu erkennen ist; hiervon geht die Beklagte selbst aus. Unter diesen Umständen ist nicht zweifelhaft, dass das Recht des Verfassers des Artikels auf Meinungsfreiheit hinter dem Recht des Klägers am geistigen Eigentum zurücktreten muss.
Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte sich erstmals in der mündlichen Verhandlung auf § 50 UrhG berufen hat. Die insoweit gebotene Abwägung der betroffenen Grundrechte (vgl. BGH, Urteil vom 30. April 2020 - I ZR 228/15, GRUR 2020, 859 Rn. 48) geht aus den oben zu § 51 UrhG genannten Gründen zu Lasten der Beklagten aus. Aus den als Anlage BB2 vorgelegten Entscheidungen des Landgerichts Hamburg (Beschluss vom 21. Februar 2023 - 308 O 2/23) und des Hanseatischen Oberlandesgerichts (Beschluss vom 4. August 2023 - 5 W 3/23) folgt nichts anderes, weil in dem von diesen Gerichten entschiedenen Fall eine Falschbehauptung nicht in Rede stand.
Der BGH hat in einem Hinweisbeschluss ausgeführt, dass Teilnehmer an in Deutschland unzulässigen und nicht genehmigungsfähigen Sportwetten nach vorläufiger Einschätzung einen Anspruch auf Erstattung verlorener Einsätze gegen den Anbieter haben.
Aus den Gründen: III. Die Revision dürfte nach vorläufiger Einschätzung des Senats keinen Erfolg haben.
1. Das Berufungsgericht ist zu Recht und von der Revision nicht angegriffen davon ausgegangen, dass die deutschen Gerichte international zuständig sind, die Klage auch im Übrigen zulässig ist und sich die geltend gemachten Ansprüche nach deutschem Sachrecht beurteilen.
2. Dem Kläger dürfte im vom Berufungsgericht zuerkannten Umfang ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch gegen die Beklagte zustehen. Wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zur Herausgabe verpflichtet. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. Die Beklagte hat die Beträge, die der Kläger als Spieleinsätze an sie gezahlt hat, durch dessen Leistung erlangt. Die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge dürften hierfür keinen rechtlichen Grund darstellen. Die Beklagte hat durch das öffentliche Angebot von Sportwetten gegen die Regelungen in § 4 Abs. 1, 4 und 5 , § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen, die ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB darstellen (dazu III 2 a). Aus diesem Verstoß dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der Sportwettenverträge folgen (dazu III 2 b).
a) Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen. Diese unionsrechtskonformen Regelungen stellen ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar.
aa) Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 dürfen öffentliche Glücksspiele nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde des jeweiligen Landes veranstaltet oder vermittelt werden. Das Veranstalten und das Vermitteln ohne diese Erlaubnis (unerlaubtes Glücksspiel) sowie die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel sind gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verboten. Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verboten. Ein Erlaubnisvorbehalt für öffentliche Glücksspiele im Internet besteht nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien sowie die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten, nicht jedoch für sonstige öffentliche Glücksspiele wie insbesondere Casino- und Automatenspiele. Für Sportwetten sieht § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 eine entsprechende Anwendung des Verbots nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 vor; allerdings ermöglicht § 4a Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 im Rahmen der sogenannten Experimentierklausel des § 10a GlüStV 2012 die Erteilung einer Konzession. Diese gab dem Konzessionsnehmer nach näherer Maßgabe des § 10a Abs. 4 Satz 1 GlüStV 2012 das Recht, abweichend vom Verbot des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 Sportwetten auch im Internet zu veranstalten und zu vermitteln.
Ein Glücksspiel liegt gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2012 vor, wenn im Rahmen eines Spiels für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt. Nach Satz 2 hängt die Entscheidung über den Gewinn in jedem Fall vom Zufall ab, wenn dafür der ungewisse Eintritt oder Ausgang zukünftiger Ereignisse maßgeblich ist. Unter den Begriff der Glücksspiele fallen nach Satz 3 auch Wetten gegen Entgelt auf den Eintritt oder Ausgang eines zukünftigen Ereignisses. Satz 4 definiert Sportwetten als Wetten zu festen Quoten auf den Ausgang von Sportereignissen oder Abschnitten von Sportereignissen. Öffentlich ist ein Glücksspiel gemäß § 3 Abs. 2 GlüStV 2012, wenn für einen größeren, nicht geschlossenen Personenkreis eine Teilnahmemöglichkeit besteht oder es sich um gewohnheitsmäßig veranstaltete Glücksspiele in Vereinen oder sonstigen geschlossenen Gesellschaften handelt.
bb) Das im Glücksspielstaatsvertrag 2012 vorgesehene Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Sportwetten steht mit dem Unionsrecht in Einklang.
[…]
cc) Die Vorschrift des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 stellt ein gesetzliches Verbot im Sinn des § 134 BGB dar.
(1) Als Verbotsgesetz kommen auch landesrechtliche Normen in Betracht (vgl. BGH, Urteil vom 22. Januar 1986 - VIII ZR 10/85, NJW 1986, 2360 [juris Rn. 10]). Der zwischen den Ländern geschlossene Glücksspielstaatsvertrag 2012 wurde von den einzelnen Landesgesetzgebern ratifiziert und jeweils in den Rang eines Landesgesetzes erhoben (vgl. beispielsweise § 1 Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg vom 20. November 2012 [GBl. S. 604]). (2) Für den Streitfall kommt es nicht auf die Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags in der am 1. Juli 2021 in Kraft getretenen Fassung (GlüStV 2021) an, die ihrerseits in § 4 Abs. 1 und 4 GlüStV 2021 einen Erlaubnisvorbehalt für das Veranstalten von Sportwetten vorsehen. Maßgeblich für die Beurteilung der Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB ist das zum Zeitpunkt des Verstoßes geltende Verbotsgesetz. Wird das Verbot nachträglich aufgehoben, führt nur eine bestätigende Neuvornahme gemäß § 141 BGB zur Wirksamkeit (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2007 - VIII ZR 150/06, WuM 2007, 440 [juris Rn. 10] mwN).
[…]
b) Aus dem Verstoß gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 dürfte im Streitfall die Nichtigkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Sportwettenverträge folgen. Grundsätzlich erfordert der Schutzzweck dieses gesetzlichen Verbots die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB (dazu III 2 b bb). Der Senat muss im Streitfall nicht entscheiden, ob dies ausnahmsweise anders zu sehen ist, wenn ein Anbieter zum maßgeblichen Zeitpunkt bereits eine Konzession für die Veranstaltung von Sportwetten beantragt hatte, das für diesen Antrag geltende Konzessionserteilungsverfahren aber unionsrechtswidrig war, und das Sportwettenangebot dieses Anbieters daher weder strafrechtlich sanktioniert noch verwaltungsrechtlich untersagt werden konnte (dazu III 2 b cc). Denn jedenfalls für Sportwettenangebote, die - wie im Streitfall - auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wären, dürfte es bei der Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB verbleiben.
[...]
(2) Die effektive Durchsetzung der genannten legitimen Ziele erfordert grundsätzlich die Nichtigkeit der unter Verstoß gegen die Erlaubnispflicht auf Grundlage eines Internetangebots geschlossenen Glücksspielverträge. Über das Internet angebotene Spiele weisen wegen des Fehlens eines unmittelbaren Kontakts zwischen Verbraucher und Anbieter und einer sozialen Kontrolle sowie wegen der Anonymität und Isolation der Spieler ein besonderes Gefährdungspotential für jugendliche und spielsuchtgefährdete oder spielsüchtige Verbraucher auf, das mit erhöhten Betrugsrisiken einhergeht. Dabei fällt insbesondere auch die für das Internet typische besonders leichte und ständige Zugänglichkeit zu einem sehr großen internationalen Spielangebot ins Gewicht (vgl. BGH, Urteil vom 28. September 2011 - I ZR 92/09, GRUR 2012, 193 [juris Rn. 44] = WRP 2012, 201 - Sportwetten im Internet II mit Verweis unter anderem auf EuGH, ZfWG 2010, 344 [juris Rn. 102 f.] - Carmen Media Group; BVerfG, NVwZ 2008, 1338 [juris Rn. 40]; BVerwGE 140, 1 [juris Rn. 34]).
Gegen die Schutzbedürftigkeit der Spieler spricht dabei nicht, dass das Verlustrisiko bei erlaubten Spielen ebenfalls besteht und jedem Spieler bekannt sein muss. Das gesetzliche Verbot dient auch dem Schutz des Spielers vor sich selbst. Wegen der auf viele Menschen wirkenden besonderen Reize von Glücksspielen und der niedrigen sozialen Hemmschwellen beim Online-Glücksspiel soll es verhindern, dass spielsüchtige und spielsuchtgefährdete Menschen außerhalb jeder aufsichtsrechtlichen Kontrolle in die Lage geraten, trotz des vorhandenen Wissens um das Verlustrisiko - womöglich erhebliche - Verluste zu erleiden (vgl. EuGH, ZfWG 2010, 344 [juris Rn. 102 f.] - Carmen Media Group; BVerwGE 140, 1 [juris Rn. 34]; BVerwG, ZfWG 2018, 139 [juris Rn. 29]). Ginge man dagegen von der zivilrechtlichen Wirksamkeit der verbotenen Glücksspielverträge aus und verwiese die Spieler lediglich auf Schadensersatzansprüche, wenn es im Einzelfall zu einer Verletzung ihrer geschützten Interessen kommt, wie etwa bei fehlender Rücksichtnahme auf die Schutzbedürftigkeit des Spielers oder bei Manipulation des Spiels (vgl. Köhler, NJW 2023, 2449, 2453), bliebe der mit dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 angestrebte Schutz der Bevölkerung unzureichend.
Das gesetzliche Verbot richtet sich nicht lediglich gegen eine bestimmte Art der Durchführung des Geschäfts, sondern soll insbesondere die negativen wirtschaftlichen und gesundheitlichen Folgen für die Spieler verhindern, die durch das Glücksspiel eintreten können. Aus diesem Grund ist die von der Revision angeführte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Wirksamkeit von unter Verstoß gegen Ordnungsvorschriften geschlossenen, aber ansonsten unbedenklichen Rechtsgeschäften (zum Vertriebsvertrag über verschreibungspflichtige Arzneimittel bei fehlender Apothekenzulassung vgl. BGH, Urteil vom 23. April 1968 - VI ZR 217/65, NJW 1968, 2286, [juris Rn. 26 bis 30]; zum Maklervertrag bei fehlender Gewerbeerlaubnis vgl. BGH, Urteil vom 23. Oktober 1980 - IVa ZR 33/80, BGHZ 78, 269 [juris Rn. 12 bis 17]; zum Werkvertrag bei fehlender Eintragung in die Handwerksrolle vgl. BGH, Urteil vom 22. September 1983 - VII ZR 43/83, BGHZ 88, 240 [juris Rn. 9 bis 14]; zum Darlehensvertrag bei fehlender Erlaubnis für das Betreiben von Kreditgeschäften vgl. BGH, Urteil vom 19. April 2011 - XI ZR 256/10, WM 2011, 1168 [juris Rn. 20]) nicht auf Glücksspielverträge übertragbar.
(3) Entgegen der Ansicht der Revision führt auch die in § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 vorgesehene Möglichkeit, die Veranstaltung von Sportwetten - anders als etwa von Casino- oder Automatenspielen - im Internet zu erlauben, nicht dazu, dass die Nichtigkeit unerlaubter Sportwettenverträge nicht mehr erforderlich ist. Nach dem Wortlaut der Vorschrift dient die Erlaubnismöglichkeit der besseren Erreichung der Ziele des § 1 GlüStV 2012; hierzu zählen insbesondere die Kanalisierung des Glücksspielangebots (§ 1 Nr. 2 GlüStV 2012), der Spielerschutz (§ 1 Nr. 3 GlüStV 2012) und die Kriminalitätsbekämpfung (vgl. § 1 Nr. 4 GlüStV 2012). Der Spielerschutz wird beim erlaubten Glücksspiel in Form von Sportwetten insbesondere dadurch verwirklicht, dass minderjährige und gesperrte Spieler ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 1 GlüStV 2012) sowie der monatliche Höchsteinsatz je Spieler grundsätzlich einen Betrag von 1.000 € grundsätzlich nicht übersteigen darf (§ 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012). Besondere Suchtanreize durch schnelle Wiederholung müssen ausgeschlossen werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 3 GlüStV 2012). Wetten und Lotterien dürfen weder über dieselbe Internetdomain angeboten noch darf auf andere Glücksspiele verwiesen oder verlinkt werden (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012). Zudem werden Sportwettenanbieter einer erweiterten Zuverlässigkeitsüberprüfung unterzogen (§ 4a Abs. 4 Nr. 1 GlüStV 2012), müssen ihre Leistungsfähigkeit nachweisen (§ 4a Abs. 4 Nr. 2 GlüStV 2012) sowie Transparenz- und Sicherheitsanforderungen erfüllen (§ 4a Abs. 4 Nr. 3 GlüStV 2012), insbesondere - zur Vorbeugung von Spielmanipulationen - Schnittstellen zur Prüfung aller Spielvorgänge in Echtzeit zur Verfügung stellen (§ 4a Abs. 4 Nr. 3 Buchst. f GlüStV 2012). Das Genehmigungsverfahren besteht mithin nicht um seiner selbst willen; vielmehr erfüllt es eine eigenständige, auf das jeweilige gesetzliche Schutzgut bezogene gestaltende Funktion zur Gewährleistung effektiven Rechtsgüterschutzes (vgl. BGH, Urteil vom 27. Februar 2020 - 3 StR 327/19, ZfWG 2020, 352 [juris Rn. 16]).
[…]
(5) Zu keinem anderen Ergebnis führt die Erwägung, dass durch die Nichtigkeitsfolge für Spieler Fehlanreize entstehen könnten, wenn diese animiert würden, risikolos Einsätze zu tätigen. Gemäß § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 BGB ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt (zu den Voraussetzungen dieser Vorschrift vgl. BGH, Urteil vom 10. April 2014 - VII ZR 241/13, BGHZ 201, 1 [juris Rn. 18]; Urteil vom 10. Januar 2019 - IX ZR 89/18, NJW 2019, 1147 [juris Rn. 28], jeweils mwN), etwa durch strafbare Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel nach § 285 StGB. Ob und unter welchen Voraussetzungen § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 BGB einschränkend auszulegen ist (vgl. hierzu BGHZ 201, 1 [juris Rn. 21 f.] mwN; NJW 2019, 1147 [juris Rn. 34]), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung (vgl. dazu ergänzend Rn. 57). Etwaige Fehlanreize bei Spielern betreffen zudem nur Einzelfälle, während der die Regelungsziele des Glücksspielstaatsvertrags unterstützende Anreiz, das vorgesehene Konzessionserteilungsverfahren zu durchlaufen und auf nicht erlaubnisfähige Glücksspielangebote zu verzichten, für alle Anbieter besteht.
[…]
dd) Die vom Kläger mit der Beklagten geschlossenen Sportwettenverträge dürften jedoch bereits deswegen nach § 134 BGB nichtig sein, weil das Sportwettenangebot der Beklagten im maßgeblichen Zeitraum vom 11. Oktober 2018 46 47 48 - 21 - bis zum 28. Dezember 2018 auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionsverfahren nicht ohne Weiteres erlaubnisfähig gewesen wäre.
(3) Der Verstoß des Sportwettenangebots der Beklagten gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 dürfte die Nichtigkeit der mit dem Kläger geschlossenen Sportwettenverträge erfordern. Der Zweck des Verbotsgesetzes dürfte in diesem Fall nicht anders zu erreichen sein als durch die zivilrechtliche Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB. Dagegen spricht nicht, dass bei einem erlaubten Sportwettenangebot aus dem Verstoß gegen die Auflage möglicherweise keine Nichtigkeit des Sportwettenvertrags folgt. In diesem Sinn hat der Bundesgerichtshof zu der in einer Spielbankerlaubnis nach dem Hessischen Spielbankgesetz vom 21. Dezember 1988 (GVBl. 1989 I S. 1) vorgesehenen Auflage, dass jeder Spieler vor Spielbeginn ein Limit bestimmt, entschieden, dass bei Missachtung der Auflage die Veranstaltung des Glücksspiels nicht nach § 284 Abs. 1 StGB strafbar und deswegen auch der Spielvertrag nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 284 Abs. 1 StGB nichtig ist (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2008 - III ZR 190/07, WRP 2008, 958 [juris Rn. 19]; vgl. auch BGH, Urteil vom 25. April 1967 - VII ZR 1/65, BGHZ 47, 393 [juris Rn. 26]). Dies ergibt sich daraus, dass § 284 Abs. 1 StGB an die behördliche Erlaubnis anknüpft, die nicht ipso iure durch den Verstoß gegen die Auflage, sondern erst nach einem Widerruf der Behörde entfällt und die Auflage selbst kein Verbotsgesetz im Sinn des § 134 BGB darstellt. Darauf kommt es im Streitfall jedoch nicht an, weil die Beklagte unmittelbar gegen das gesetzliche Verbot des § 4 Abs. 1, 4 und 5, § 4a Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2012 verstoßen hat. Anders als im Fall eines Verstoßes gegen Auflagen in einer Konzession kann die Einhaltung des Höchsteinsatzes nach § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 unter den Umständen des Streitfalls zudem nicht von der zuständigen Behörde überwacht und durchgesetzt werden.
Es ist zudem unerheblich, ob sich der Verstoß der Beklagten gegen § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 konkret auf die mit dem Kläger geschlossenen Sportwettenverträge ausgewirkt hat, also jeder einzelne Wettvertrag unter Verstoß gegen den monatlichen Höchsteinsatz von 1.000 € je Spieler zustandegekommen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass das Sportwettenangebot im maßgeblichen Zeitraum nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schon grundsätzlich nicht erlaubnisfähig war.
(4) Das Unionsrecht gebietet es nicht, materiell nicht erlaubnisfähige Sportwettenangebote zivilrechtlich als wirksam zu behandeln. Die Beklagte kann aus einer Unvereinbarkeit des Konzessionserteilungsverfahrens mit dem Unionsrecht keine Rechte herleiten, die sie auch in einem unionsrechtskonformen Konzessionserteilungsverfahren nicht hätte erlangen können. Das Unionsrecht lässt es zu, ein erlaubtes Sportwettenangebot durch effektive Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung zu begrenzen (vgl. Rn. 16). Der Mitgliedstaat ist lediglich gehalten, Entscheidungen über auf eine Genehmigung gerichtete Anträge auf der Grundlage objektiver und nichtdiskriminierender Kriterien zu treffen (vgl. EuGH, GRUR 2013, 524 [juris Rn. 45] - Stanleybet International u.a.). Einen bestimmten Inhalt dieser Entscheidungen gibt ihm das Unionsrecht nicht vor (vgl. BVerwG, ZfWG 2019, 36 [juris Rn. 14]; BGH, ZfWG 2023, 262 [juris Rn. 24]).
(5) Das zu § 4 Abs. 5 Nr. 2 GlüStV 2012 Ausgeführte gilt auch für weitere spielerschützende Erlaubnisvoraussetzungen, beispielsweise die vollständige Trennung der Wetten von anderen Glücksspielen (§ 4 Abs. 5 Nr. 5 GlüStV 2012) und den Ausschluss von sogenannten Ereigniswetten auf einzelne Vorgänge während des laufenden Sportereignisses (§ 21 Abs. 4 Satz 3 Halbsatz 2 GlüStV 2012), auf die sich der Kläger beruft, zu denen das Berufungsgericht jedoch keine Feststellungen getroffen hat. Sollte es hierauf noch streitentscheidend ankommen, käme eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht zur Ermöglichung weiterer Feststellungen in Betracht. Dass die Beklagte die materiellen Voraussetzungen des Erlaubnisvorbehalts erfüllt, dürfte dann in ihre Darlegungs- und Beweislast fallen (zu § 3a UWG vgl. BGH, Urteil vom 11. Juni 2015 - I ZR 226/13, GRUR 2016, 88 [juris Rn. 23] = WRP 2016, 35 - Deltamethrin I).
3. Zutreffend und von der Revision nicht konkret beanstandet dürfte das Berufungsgericht angenommen haben, dass der Rückforderungsanspruch des Klägers aus tatsächlichen Gründen nicht nach § 814 Fall 1, § 817 Satz 2 Halbsatz 1 Teilsatz 1 und aus rechtlichen Gründen nicht nach § 762, § 242 BGB ausgeschlossen ist sowie die von der Beklagten erhobene Einrede der Verjährung nicht greift.
IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV dürfte nicht veranlasst sein (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - 283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom 1. Oktober 2015 - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom 6. Oktober 2021 - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Die Folgen einer möglichen Unionsrechtswidrigkeit von Regelungen im Bereich des Glücksspiels und die Anforderungen an ein System der vorherigen behördlichen Genehmigung für das Angebot von Glücksspielen sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union hinreichend geklärt (vgl. BGH, Beschluss vom 8. November 2023 - I ZR 79/22, juris Rn. 19; BGH, ZfWG 2024, 66 [juris Rn. 18]). Die Vorlagefragen in dem Vorabentscheidungsersuchen des Civil Court Malta (Rechtssache C-440/23) betreffen die Vereinbarkeit der Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag 2012 zu Online-Casino-Glücksspielen und (Zweit-)Lotterien mit dem Unionsrecht, nicht aber die Regelungen im Glücksspielstaatsvertrag 2012 zu Sportwetten.
BGH
Urteil vom 06.02.2024 VI ZR 15/23
DSGVO Art. 15 Abs. 1, 3
Der BGH hat abermals entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO keinen Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen einer privaten Krankenversicherung gewährt.
Leitsatz des BGH:
Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben samt Anlagen zu Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung (Anschluss an BGH, Urteil vom27. September 2023 - IV ZR 177/22, NJW 2023, 3490 Rn. 45 ff.).
BGH, Urteil vom 6. Februar 2024 - VI ZR 15/23 - OLG Celle - LG Verden
Das OLG Köln hat entschieden, dass ein Cookie-Banner so gestaltet sein muss, dass das Ablehnen genauso bequem wie das Akzeptieren ist. Zudem hat das Gericht entschieden, dass das Schließen des Cookie-Banners mit "X" keine wirksame Einwilligung darstellt.
Aus den Entscheidungsgründen: Durch eine Gestaltung der Cookie-Banner wie in der vom Kläger in Bezug genommenen konkreten Verletzungsform wird dem Verbraucher weder auf der ersten noch auf der zweiten Ebene eine gleichwertige, mithin auf klaren und umfassenden Informationen beruhende, Ablehnungsoption angeboten, weshalb er – wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt – zur Abgabe der Einwilligung hingelenkt und von der Ablehnung der Cookies abgehalten wird, so dass die erteilte Einwilligung nicht als freiwillig und hinreichend aufgeklärt im Sinne von § 25 Abs. 1 TTDSG, Art. 4 Nr. 11 DSGVO angesehen werden kann. Die erste Ebene enthält überhaupt keine Ablehnungsoption für den Verbraucher. Vielmehr kann dieser durch den Button „Einstellungen“ lediglich auf die zweite Ebene gelangen. Hier hat der Verbraucher dann die Auswahl zwischen dem Button „Alles Akzeptieren“ und dem Button „Speichern“. Wie vom Landgericht zutreffend ausgeführt, erschließt sich dem Durchschnittsnutzer aber bereits nicht, welche Funktion sich konkret hinter dem jeweiligen Button verbirgt bzw. mit welchem Button er nunmehr tatsächlich die Ablehnung der Cookies erreichen kann. Die Beklagte hat in erster Instanz selbst wiederholt ausgeführt, dass für den Verbraucher eine echte Wahlmöglichkeit gegeben sein müsse. Dies ist indes bei der hier aufgezeigten Gestaltung der Cookie-Banner gerade nicht der Fall.
Die Zurückweisung des Antrages zu b) – den der Kläger in der Berufungsinstanz in unveränderter Form gestellt hat – ist durch das Landgericht zu Unrecht erfolgt. Auch wenn der Kläger sich in der mündlichen Verhandlung zunächst dahingehend positioniert hat, dass es ihm gerade auf den Einschub zu a) ankomme und daher allenfalls dieser von dem beantragten Verbot isoliert erfasst sein solle, hat er letztlich den Antrag wie angekündigt gestellt und demgemäß hieran gerade nicht festgehalten. Durch die Verknüpfung und/oder bestand zwischen den Anträgen zu a) und b) ein echtes Alternativverhältnis, weshalb das Landgericht auch isoliert über den Antrag zu b) hätte entscheiden müssen. Eine andere Auslegung lässt entgegen der Auffassung der Beklagten auch das den Antrag zu b) einleitende Wort „dabei“ nicht zu, da dies ohne weiteres auch Sinn ergibt, wenn dieser Antrag nur isoliert geltend gemacht wird.
Dieser hinreichend bestimmte Antrag hat in der Sache ebenfalls Erfolg. Die Gestaltung der Cookie-Banner mit dem verlinkten Button „Akzeptieren & Schließen X“ in der rechten oberen Ecke verstößt gegen die Grundsätze von Transparenz und Freiwilligkeit der Einwilligung und führt zu deren Unwirksamkeit. Insoweit kann wiederum auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden. Das „X“-Symbol ist Nutzern bekannt als Möglichkeit, um ein Fenster zu schließen, nicht aber, um in die Verwendung von Cookies und anderen Technologien durch den Websitebetreiber einzuwilligen. Dass hiermit eine Einwilligung erklärt wird, wird dem durchschnittlichen Nutzer nicht bewusst sein. Zwar steht unmittelbar neben dem „X“- Symbol „Akzeptieren & Schließen“. Die Verknüpfung dieser beiden Funktionen ist aber irreführend und intransparent für die Nutzer. Auch wird für die Nutzer nicht ohne weiteres erkennbar, dass es sich bei „Akzeptieren & Schließen“ und dem „X“-Symbol um ein und denselben Button handelt. Vor diesem Hintergrund kann die Einwilligung mithilfe des „X“-Symbols weder als unmissverständlich oder eindeutig bestätigend, noch als freiwillig im Sinne von § 25 Abs. 1 TTDSG, Art 4 Nr. 11 DSGVO bewertet werden
Das OLG Köln hat im vorliegenden Fall einen Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG über mehr als 3,7 Millionen Euro zzgl. Zinsen gegen ein Telekommunikationsunternehmen wegen überhöhter Pauschalen für Mahnkosten und Rücklastschriften bejaht.
Aus den Entscheidungsgründen: 3. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung dem Grunde nach einen Abschöpfungsanspruch aus § 10 UWG festgestellt. Danach kann derjenige, der vorsätzlich eine nach §§ 3 oder 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern einen Gewinn erzielt, von den gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 bis 4 UWG Berechtigten auf Herausgabe dieses Gewinns an den Bundeshaushalt in Anspruch genommen werden.
a. Die Aktivlegitimation des Klägers nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG als einer in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragenen Einrichtung steht außer Frage. Gemäß dem im Verfahren 26 O 74/16 LG Köln erlassenen Anerkenntnisurteils ist auch unstreitig, dass die Beklagte von 2013 bis einschließlich Juni 2016 in ihren AGB zu hohe Schadenspauschalen für Mahnungen und Rücklastschriften in Ansatz gebracht und insoweit eine nach § 3 UWG i.V.m. § 4 Nr. 11 a.F. / § 3a n.F. UWG § 309 Nr. 5a BGB unzulässige weil unlautere geschäftliche Handlung vorgenommen hat. Dass sie hierdurch zu Lasten einer Vielzahl ihrer Kunden einen Gewinn erzielt hat, stellt die Beklagte ebenfalls nicht in Abrede. Sie wendet sich mit ihrer Berufung nur gegen den Vorwurf eines vorsätzlichen Verhaltens und die vom Landgericht vorgenommene Berechnung des Gewinns.
b. Die Beklagte handelte vorsätzlich. Sie muss sich als juristische Person das Verschulden ihrer Organe nach § 31 BGB und ein etwaiges Organisationsverschulden zurechnen lassen. Dafür, dass wirtschaftlich so wesentliche Entscheidungen wie die Festsetzung von Kosten-Pauschalen in AGB auf der Geschäftsführungsebene getroffen werden, spricht eine tatsächliche Vermutung.
Eine vorsätzliche Begehung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn der Täter sein Handeln nach einer Abmahnung fortsetzt (KBF/Köhler, UWG, 41. Aufl., § 10 Rn. 6, m.w.N.). Vor dem Hintergrund, dass die Beklagte an ihren rechtswidrigen AGB nicht nur nach der Abmahnung vom 23.11.2015, sondern auch noch nach Zustellung der Unterlassungsklage im März 2015 und selbst nach dem Anerkennen des Unterlassungsanspruchs im Mai festgehalten und erst ab Juli 2016 die Pauschalen herabgesetzt hat, bestehen angesichts der Offenkundigkeit des Wettbewerbsverstoßes keine Zweifel daran, dass die Beklagte auch schon vor Erhalt der Abmahnung die überhöhten Beträge billigend in Kauf genommen hat.
Dass die Beklagte bzw. ihre Geschäftsführung bereits ab Februar 2013 bedingt vorsätzlich gehandelt hat, folgt aus den vom Senat bereits im Verfahren 6 U 26/18 mit Urteil vom 20.067.2018 angeführten Umständen. Auf die angefochtenen Entscheidung, in der aus diesem Urteil zitiert wird, wird Bezug genommen. Die Beklagte wusste, dass in ihren Pauschalen Kosten eingerechnet gewesen waren, die nach der gefestigten und in den gängigen Kommentaren angeführten Rechtsprechung des BGH nicht berücksichtigt werden durften. Die Rechtswidrigkeit der Pauschalen der Beklagten von 5 € bzw. 9 €, die das der Beklagten bekannte Preisniveau der Wettbewerber deutlich überstiegen, lag insoweit auf der Hand. Die Beklagte verfügt über eine Rechtsabteilung. Dafür, dass dieser die eindeutige Rechtslage bekannt gewesen war, spricht eine tatsächliche Vermutung. Sollte die Geschäftsführung die Pauschalen ohne Einschaltung der Rechtsabteilung festgesetzt habe, wäre von einem Organisationsverschulden auszugehen.
Soweit die Beklagte Beweis für die Tatsache ihrer Unkenntnis von der Wettbewerbswidrigkeit der Pauschalbeträge durch Vernehmung des Zeugen N.N. angeboten hat, ist diesem ungeeigneten Beweisantritt nicht nachzugehen. Darauf, ein Zeuge namentlich zu benennen ist, muss eine anwaltlich vertretene Partei nicht hingewiesen werden. Im Übrigen hat die Beklagte auch im Berufungsverfahren weder Tatsachen dargetan, aus denen gefolgert werden könnte, dass ihr - trotz der evidenten Wettbewerbswidrigkeit der Pauschalen - das Bewusstsein der Rechtswidrigkeit fehlte, noch den Zeugen N.N. namhaft gemacht.
Die Darstellung der Beklagten, es habe "offenbar" zunächst die Rechtsüberzeugung bestanden, dass die Pauschalen zulässig seien, und das spätere Anerkenntnis zeige, dass es eine Änderung in der Bewertung gegeben habe, ist nicht nachvollziehbar. Den in Ansatz gebrachten Pauschalen stand - entgegen der Darstellung der Beklagten - die Rechtswidrigkeit gleichsam "auf der Stirn geschrieben". Die Ansicht, die Klauseln seien rechtmäßig, weil sie im Wesentlichen zur Kostendeckung eingesetzt würde und auch nötig seien, war und ist nicht vertretbar. Die Rechtswidrigkeit der alten Schadenspauschalen konnte der Beklagten unmöglich erst sieben Monate nach der Abmahnung und vier Monate nach der Klageerhebung aufgefallen sein.
4. Den nach § 10 UWG abzuschöpfenden Gewinn hat das Landgericht nicht zu hoch, sondern zu niedrig bemessen.
Ein Gewinn liegt vor, wenn sich die Vermögenslage des Unternehmens durch die Zuwiderhandlung verbessert hat. Der Gewinn errechnet sich im Grundsatz aus den Umsatzerlösen abzüglich der Kosten. Zu den abzugsfähigen Kosten gehören die Kosten für die Anschaffung oder Herstellung der Waren oder Dienstleistungen und die darauf entfallenden Betriebskosten. Gemeinkosten und sonstige betriebliche Aufwendungen, die auch ohne das wettbewerbswidrige Verhalten angefallen wären, sind nicht abzugsfähig. Ist die Höhe des Gewinns streitig, ist er nach § 287 ZPO zu schätzen (KBF/Köhler, UWG, 41. Aufl., § 10 Rn. 7).
a. Hier hat sich die Vermögenslage der Beklagten durch die Berechnung der überhöhten Kostenpauschalen in Höhe von insgesamt 3.740.579 € verbessert. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten erteilten Auskunft, die dem Kläger gerade ermöglichen soll, den Anspruch aus § 10 UWG zu beziffern. Dass das Landgericht die Berechnung des Gewinns an diese Auskunft anknüpft, ist nicht zu beanstanden. Es ist nunmehr Sache der Beklagten, zumindest im Rahmen einer sekundären Darlegungslast substantiiert vorzutragen, dass sie tatsächlich geringere Einnahmen erzielt hat, als sich aus den Buchungspositionen ergibt. Ihre allgemeinen Ausführungen dazu, dass aus gebuchten Einnahmen nicht geschlossen werden könne, dass diese auch vereinnahmt wurden, genügt insoweit nicht.
In welcher Höhe die geltend gemachten Forderungen nicht realisiert werden konnten, hat die Beklagte - auch nach einem entsprechenden Hinweis der Kammer - nicht schlüssig dargetan. Sie trägt selbst vor, dass sie die Höhe der tatsächlichen Einnahmen derzeit nicht ermitteln könne. Ihr vager Vortrag zu Forderungsausfällen zwischen 860.000 € und 1.000.000 € ist weder für den Kläger einlassungsfähig, noch als Tatsachenvortrag für eine Beweisaufnahme ausreichend noch als Grundlage für die Schätzung eines tatsächlichen Forderungsausfalles geeignet. Die Beklagte müsste, will sie nach Auskunftserteilung für die Gewinnermittlung von den gebuchten Beträgen abweichen, schon nachvollziehbar darlegen, welche konkreten Erlöse sie sonst erzielt haben will. Dies hat sie nicht getan. Sie hat in zweiter Instanz nicht einmal die vom Landgericht in der angefochtenen Entscheidung aufgeworfene Frage zum Nichterfolg des Inkassos beantwortet.
b. Abzugsfähige Kosten hat die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte nicht schlüssig dargetan. Sie beruft sich in zweiter Instanz weiterhin auf Kosten für die Einforderung der Pauschalen, u.a. Druck, Versand und Porto, sowie Personal- und IT-Kosten.
aa. Da allgemeine Vorhaltekosten wie Personalkosten und IT-Kosten nicht als Verzugskosten geltend gemacht werden können und deshalb auch nicht in AGB-Schadenspauschalen eingepreist werden dürfen, kann die Beklagte solche Positionen bei der Berechnung des abzuschöpfenden Betrages ebenfalls nicht in Ansatz bringen. Andernfalls stünde sie nach der Gewinnabschöpfung wirtschaftlich noch immer besser dar, als sie stehen würde, wenn sie sich rechtmäßig verhalten und die Gemeinkosten nicht in ihre Pauschale eingerechnet hätte.
Außerdem ist der Vortrag der Beklagten zu den Personal- und IT-Kosten inhaltlich nicht nachvollziehbar. Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, kann die Einsparung von Personalkosten - und damit verbunden auch von IT-Lizenzen - auf zahlreichen Ursachen beruhen. Die Beklagte hat keine konkreten Tatsachen vorgetragen, die ihre pauschale Behauptung stützen könnten, dass sie den kostenintensiven Betrieb nur und allein wegen der hohen Pauschalen überhaupt vorgehalten habe. Eine ausforschende Beweisaufnahme kommt nicht in Betracht.
bb. Die Behauptung der Beklagten, dass die Kosten für Mahnungen wie Druck, Versand und Porto auf den überhöhten Pauschalen beruhten und durch die überhöhten Pauschalen auch Kosten für zusätzliche Rechnungen (Druck, Versand und Porto) angefallen seien, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Tatsachen, die diese Behauptung stützen könnten, sind nicht dargetan, eine ausforschende Beweisaufnahme ist unzulässig. Für die Geltendmachung von überhöhten Pauschalen fallen im Regelfall keine zusätzlichen Kosten an. Mahnkosten werden regelmäßig bereits durch den Ausfall der Hauptforderung verursacht, ohne die es der Mahnung nicht bedurft hätte. Bestreit der Kunde den Erhalt der Rechnung, muss eine zusätzliche Rechnung erstellt werden, die unabhängig von den Pauschalen Kosten auslöst.
cc. Warum die Ausführungen des Landgerichts zu den Rücklastschriftgebühren, die auch ohne die unwirksamen Pauschalen angefallen wären, unrichtig sein sollen, trägt die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung nicht vor.
dd. Die vom Landgericht geschätzten Steuern sind nicht von dem Gewinn in Abzug zu bringen. Insoweit hat die Berufung des Klägers Erfolg.
Die Beklagte hat bereits nicht schlüssig dargelegt, dass sie auf den - nach ihrer Berechnung bilanziell nicht vorhandenen - Gewinn durch die Pauschalen überhaupt Steuern gezahlt hat.
Außerdem kommt eine Berücksichtigung etwa gezahlter Steuern auf den Abschöpfungsbetrag nicht in Betracht, weil dies im Ergebnis zu einer steuerlichen Begünstigung des Abschöpfungsschuldners führen würde, der tatsächlich keinen Steuernachteil erleidet (ebenso Hoof, Anmerkung zu OLG Schleswig, 2 U 5/17, in: jurisPR-WettbR 10/2018, Anm. 5, unter C.). Dass der Schuldner den Abschöpfungsbetrag im Jahr der Abführung als Betriebsausgaben verbuchen kann, stellt die Beklagte nicht in Abrede. Der Schuldner erhält daher etwa gezahlte Steuern vom Finanzamt zurück. Könnten die gezahlten Steuern bei der Gewinnabschöpfung gewinnmindernd berücksichtigt werden, bliebe dem Schuldner aus der vorsätzlichen Rechtsverletzung ein ungerechtfertigter wirtschaftlicher Vorteil in Höhe ersparter Steuern (s. die Beispielsrechnung Bl. 310 f. eA), was in Widerspruch zu Sinn und Zweck der Gewinnabschöpfung stünde.
Die vom Landgericht angeführte Literaturansicht, nach der es sich bei gezahlten Steuern um eine abzugsfähige Position handelt (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewich/Goldmann, UWG, § 10 Rn. 150) überzeugt nicht. Die Kommentierung verweist ohne nähere Begründung auf die Entscheidung des OLG Schleswig (Urteil vom 07.06.2018, 2 U 5/17, GRUR 2018, 1071), das jedoch über die Frage der Abzugsfähigkeit von Steuern bei einem Gewinnabschöpfungsanspruch nach § 10 UWG nicht entschieden hatte, weil der dortige Kläger den Steuerabzug bereits selbst vorgenommen und nicht mit eingeklagt hatte.
5. Zinsen kann der Kläger bereits ab Rechtshängigkeit der Stufenklage (08.03.2017) verlangen, nicht erst ab Rechtshängigkeit des vorliegenden Verfahrens. Durch die Erhebung der Stufenklage ist auch der noch nicht bezifferte Zahlungsanspruch rechtshängig geworden und insoweit Verzug eingetreten. Gemäß § 286 Abs. 1 BGB steht die Erhebung der Klage auf Leistung der Mahnung gleich. Eine Stufenklage genügt, vorausgesetzt, der Auskunftsanspruch besteht und ist fällig (Grüneberg/Grüeberg, BGB, 81. Aufl., § 286 Rn. 21; MüKo/Ernst, BGB, 9. Aufl., § 286 Rn. 71). Dass die Rechtshängigkeit der Zahlungsklage durch die Teilklagerücknahme rückwirkend entfallen ist, § 269 Abs. 3 ZPO, ist ohne Belang. Der Kläger hat damit nicht zu erkennen gegeben, den Zahlungsanspruch nicht mehr weiter geltend machen zu wollen. Die von der Beklagten herangezogene Parallele zur Beendigung des Verzuges durch Rücknahme der Mahnung unter Verweis auf MüKo/Ernst, BGB, 9. Aufl., § 268 Rn. 120, überzeugt insoweit nicht. Aus der angeführten Fundstelle ergibt sich zur Beendigung des Verzuges durch teilweise Rücknahme einer Stufenklage nichts.
Das OLG Köln hat entschieden, dass bei einem Verstoß gegen die Informationspflichten aus § 312d BGB nicht mehr das Spürbarkeitskriterium nach § 3a UWG zu prüfen ist, sondern die durch die UGP-Richtlinie harmonisierten Maßstäbe entscheidend sind.
Aus den Entscheidungsgründen: 2. Der Unterlassungsanspruch ist ausreichend bestimmt und nicht zu weit gefasst. Da die Beklagte eine Reservierungsmöglichkeitanbietet, darf auch der Unterlassungsanspruch auf ein solches Angebot bezogen werden.
3. Die Berufung ist begründet. Der Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 3 Abs. 1, 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG i.V.m. den unionsrechtlich angebundenen bürgerlich-rechtlichen Informationspflichten aus § 312d BGB.
a) Eine Haftung aus §§ 3 Abs. 1; 3a UWG i.V.m. mit den genannten Informationspflichten kommt nach neuerer Judikatur, der sich der Senat anschließt, nicht in Betracht. Die frühere Rechtsprechung, wonach die Verletzung unionsrechtlicher Informationspflichten sowohl die Verletzung einer Marktverhaltensnorm im Sinne von § 3a UWG als auch die Verletzung des § 5a Abs. 4 UWG früherer Fassung (jetzt § 5b Abs. 4 UWG 2022) begründen können, hat der BGH in der Entscheidung Knusper-Müsli II zugunsten der letztgenannten Vorschrift aufgegeben (BGH, Urt. v. 7.4.2022 – I ZR 143/19, – Knusper-Müsli II, Rn. 23). Daher sind die Informationspflichten des Fernabsatzes nach den durch die UGP-Richtlinie harmonisierten Maßstäben und nicht mehr nach den nationalen Grundsätzen des § 3a UWG zu prüfen. Daraus folgt, dass es im Falle eines Verstoßes gegen die Informationspflicht nicht mehr auf das Spürbarkeitskriterium in § 3a UWG ankommt. Der diesbezügliche Einwand der Beklagten, dass ein etwaiger Verstoß nicht spürbar ist, geht daher ins Leere.
b) Die vorvertraglichen Informationspflichten des § 312d BGB i.V.m. Art. 246, 246a Abs. 1 § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB werden durch den streitgegenständlichen Internetauftritt der Beklagten verletzt.
aa) Die Informationspflichten finden vorliegend allerdings nicht schon deswegen Anwendung, weil es um einen Verbrauchervertrag geht, bei dem sich der Verbraucher zur Zahlung eines Preises verpflichtet. Der Webauftritt der Beklagten stellt in ausreichender Form klar, dass eventuelle Vertragspflichten des Kunden gegenüber dem Mietwagenunternehmer erst entstehen, wenn ein Mietwagen abgeholt wird. Die Frage, ob Stornogebühren („no show“) oder auch eine Provision zugunsten des Vermittelnden anfallen, stellt sich insoweit nicht. Stornogebühren unabhängig von einem Vertragsschluss mit dem Mietwagenunternehmer sind nicht ersichtlich, auch nicht genügend vorgetragen. Provisionen, die den Mietpreis indirekt verteuern können, würden den Verbraucher erst treffen, wenn dieser das Mietwagenangebot gegenüber dem Mietwagenunternehmer annimmt. Das geschieht bei Reservierung ausweislich der gewählten Vertragskonstruktion noch nicht.
bb) Allerdings sind auch ohne konkrete Preisverpflichtung die Informationspflichten aus Kapitel 1 und Kapitel 2 der §§ 312 BGB anwendbar, also auch § 312d BGB i.V.m. Art. 246, 246a EGBGB, wenn der Verbraucher personenbezogene Daten bereitstellt (§ 312 Abs. 1a BGB). Das ist hier der Fall. Stellt eine Fluggesellschaft auf ihrer Website eine Möglichkeit zur Reservierung von Mietfahrzeugen zur Verfügung, aufgrund derer Verbraucher personenbezogene Daten zu Zwecken der Reservierung bereitstellen müssen, so sind die Informationspflichten nach Art. 246a EGBGB gem. § 312 Abs. 1a BGB daher auch dann zu erfüllen, wenn über das Reservierungsformular noch kein Vertrag mit dem Mietwagenunternehmer zustande kommt.
Unstreitig muss der Verbraucher bei der hier gewählten Konstruktion personenbezogene Daten im Sinne des Art. 4 Nr. 1 DSGVO (Verordnung [EU] 2016/679) bereitstellen, wenn er ein Fahrzeug reserviert. Das zeigt der in Anl. K 1 bis K 3 dargestellte Buchungsvorgang, der klarstellt, dass Name, E-Mail, ggf. auch Miles & More-Nummern und Telefonnummer, also Informationen, die auf eine individuelle Person hinweisen und diese identifizieren können, angegeben werden müssen oder können. Diese Daten werden vom Verbraucher selbst bereitgestellt, wenn er sie in die Maske eingibt, was nach § 312 Abs. 1a BGB genügt. Der Umstand, dass manche Daten nur optional eingegeben werden müssen, ändert nichts daran, dass der Verbraucher sie möglicherweise allein deswegen eingibt, weil hierfür ein Feld vorgesehen ist. Auch dann werden diese personenbezogenen Daten bereitgestellt. An einer relevanten Bereitstellung fehlt es nicht deswegen, weil der Verbraucher seine Daten auch für die Flugbuchung in einer Weise bereitstellt, die es dem Beklagten ermöglichen, die Hauptleistung, die Buchung eines Fluges, durchzuführen. Das ist zwar grundsätzlich im Rahmen der Buchung der Fall und auch zu erwarten, allerdings zeigt die Buchungsmaske für den Mietwagen, dass der Verbraucher für die Reservierung des Fahrzeugs die personenbezogenen Daten nochmals bereitstellen muss, und zwar dieses Mal für eine Leistung, die nicht unmittelbar zur Flugbuchung gehört, für die sie auch nicht erforderlich ist, die also eine sekundäre Nutzung dieser Daten ermöglicht, die für die Hauptleistung nicht erforderlich ist und auch nicht benötigt wird. Nur eine für die Hauptleistung erforderliche und auf sie begrenzte Datenerhebung ist nach § 312 Abs. 1 a BGB „privilegiert“ (vgl. zur engen Fassung dieser Zweckbindung MK-BGB-Wendehorst, § 312 Rn. 54). Dies würde sich auch nicht ändern, wenn die Reservierungsmaske anhand der vom Fluginteressierten bereits eingegebenen (identischen) personenbezogenen Daten aufgefüllt wird, der Fluggast also nicht aktiv bereitstellt, sondern die Daten aus bereits vorliegenden Informationen vom Beklagten genutzt werden (vgl. MK-BGB-Wendehorst, § 312 Rn. 52 mit Hinweis auf Begr. RegE, BT-Drucks. 19/27653, S. 39; Europäische Datenschutzbeauftragte, Stellungnahme 4/2017, S. 12). In beiden Fällen geht es um eine sekundäre Verwendung personenbezogener Daten, die einem neuen Zweck dient.
c) Die Informationspflichten aus Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB haben eine unionsrechtliche Grundlage in den Art. 6 bis 8 der Richtlinie 2011/73/EU (sog. Verbraucherrechte-Richtlinie). Die Erweiterung des Anwendungsbereichs der Informationspflichten auf die Zurverfügungstellung personenbezogener Daten hat ihre Grundlage in Art. 4 Nr. 2b) der Richtlinie (EU) 2019/2161 v. 27.11.2019 (EU-Abl. L 328/7). Die Informationspflichten sind daher gem. § 5b Abs. 4 UWG wesentliche Informationen, die bei verbraucherbezogenen Angeboten bereitzustellen sind.
d) Das Fehlen von Informationen über die Rolle der Fluggesellschaft beim Reservierungsvortrag betrifft eine wesentliche Information über eine Dienstleistung gem. §§ 5a Abs. 1, 5b Abs. 4 UWG, die der Verbraucher benötigt, um eine informierte Entscheidung darüber zu treffen, ob er die Reservierung vornehmen möchte, weil er Klarheit darüber erwartet, ob und inwieweit er den Dienstleister in Bezug auf die Dienstleistung in Anspruch nehmen kann. Die Informationen werden vom Verbraucher daher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung im Sinne des § 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UWG zu treffen. Sie sind überdies für diese Entscheidung relevant (§ 5a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 UWG). Auch wenn das Mietverhältnis über ein konkretes Fahrzeug nicht schon durch die Ausfüllung der Reservierung entsteht, insbesondere die Beklagte nicht selbst in die Vermieterstellung rückt, so nimmt die Beklagte dennoch auf den Inhalt dieses Mietverhältnisses Einfluss. Sie ist nicht derart passiv, dass sie nur ein Buchungsfenster zugänglich macht. Sie baut diese Buchungsmöglichkeit in ihren Webauftritt ein, zudem signalisiert sie durch weitere Angaben, dass bestimmte Vertragsbedingungen (z.B. Freikilometer oder auch ein besonderer Buchungspreis für Flugkunden) in der Reservierung gesichert werden können. Sie nimmt damit einerseits auf die Reservierungsbereitschaft Einfluss, andererseits erweckt sie den Eindruck, dass Z.-Kunden besondere Konditionen erhalten. Dies führt sie in die Position eines Dienstleistungserbringers. Wichtig wird das, wenn es Streit darüber gibt, ob die Reservierungsbedingungen auch tatsächlich halten. Das betrifft das Risiko von Flugverspätungen wie das Preisrisiko und die Frage, ob die reservierte Leistung tatsächlich so wie reserviert auch bereitgestellt wird, und wer für diese Bedingungen einsteht, wenn dies nicht so ist. Wäre dies nur der Mietwagenunternehmer, so bestünde für den Verbraucher das Risiko, dass erhoffte Konditionen von dessen Entscheidung und Bereitschaft abhängen. Ob und wie die Beklagte für diese Konditionen auch selbst einsteht, sei es durch vertragliche Bedingungen, die sie mit dem Mietwagenunternehmer vereinbart hat, sei es durch eigene Zusatzleistungen (Gewährleistungen), bleibt offen. Bleibt all dies dem Mietwagenunternehmer überlassen, liegt genau hierin eine mögliche Benachteiligung des Verbrauchers, der über das Z.-Portal bucht, aus der konsequenterweise das Informationsbedürfnis des Verbrauchers folgt. Daher besteht aus Verbrauchersicht ein berechtigtes Anliegen, darüber aufgeklärt zu werden, in welcher Rolle die Beklagte vermittelnd oder nur zugangsöffnend oder aber auch mit einer Leistungsbereitschaft tätig wird. Die Beklagte kann nicht darauf verweisen, dass dies dem Verbraucher gleichgültig sei oder der Verbraucher schon selbst verstehen werde, dass er sich nur an das Mietwagenunternehmen halten könne. Schon die Bereitschaft, bestimmte Konditionen im Mietwagenvertrag bereits in der Reservierung sichern zu können und dies über die Vermittlung der Beklagten zu tun, zeigt, dass ein Informationsbedarf besteht, den die Beklagte nicht erfüllt.
e) Für den Verbraucher ist entscheidungsrelevant, ob und in welcher Weise er auch die Beklagte für den Inhalt des Reservierungsvorgangs in Anspruch nehmen kann.
f) Auf die Spürbarkeit der Wettbewerbspraktik kommt es bei §§ 5a, 5b UWG nicht an. Selbst wenn es auf sie ankäme, besteht aber auch kein Zweifel daran, dass die Praktik, die sich an eine Mehrzahl von flugbuchenden Verbrauchern richtet, von erheblicher Bedeutung für die Mietwagenentscheidung dieser Personen ist.
g) Da der Unterlassungsanspruch besteht, war auch die vorgerichtliche Abmahnung berechtigt. Der Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten ist daher ebenfalls begründet.
Das OLG Köln hat im Rechtsstreit zwischen Ankerkraut und Penny wegen des Produkts "BUTCHER´s by Penny" entschieden, dass keine Markenrechtsverletzung durch Verwendung der Wortfolge "Beef Booster" vorliegt. Zudem hat das Gericht auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche abgelehnt.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus Markenrecht zu. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 5, Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind zwar insoweit erfüllt, als die Klägerin Inhaberin der u.a. für Gewürze und Gewürzmischungen eingetragenen und in Kraft stehenden Wortmarke „Beef Booster“ ist, der trotz der beschreibenden Anklänge eine zumindest geringe Kennzeichnungskraft zukommt, und die Beklagten bei der Trockenmarinade „BEEF BOOSTER“ ein mit der eingetragenen Marke identisches Zeichen für identische Ware verwendet haben. Es fehlt jedoch an der für die Feststellung einer Markenrechtsverletzung erforderlichen markenmäßigen Verwendung des geschützten Zeichens. Für die Beurteilung der - für einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG stets erforderlichen und unabhängig von der Kennzeichnungskraft der Marke zu prüfenden - markenmäßigen Benutzung kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalles an, auf die konkrete Aufmachung, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt, unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor. Dies trägt die Klägerin selbst in der Berufungsbegründung zutreffend vor. Insoweit kann sie aus Urteilen zu anderen Sachverhalten nichts zu ihren Gunsten herleiten. Weder die von ihr angeführte Entscheidung des OLG München (Urteil vom 17.11.2005, 29 U 1927/05: Verwechslungsgefahr zwischen der Wortmarke MEMORY und einem Zeichen mit den Wortbestandteilen EDUCA memory game für Legekartenspiele) noch die Entscheidung des Senats im Verfahren 6 U 203/08 (Urteil vom 20.05.2009: Verwechslungsgefahr zwischen der Wortmarke „Powermoon“ und der Bezeichnung „LED-LENSER V 13 Power Moon" für Beleuchtungsgeräte) sind in tatsächlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Anders als in den vom OLG München bzw. dem Senat entschiedenen Fällen werden die Marke „BUTCHER´S by PENNY“ und die Bezeichnung „BEEF BOOSTER“ nicht in unmittelbaren Zusammenhang zueinander bzw. als ein Gesamtzeichen verwendet. Die von der Klägerin dafür, dass die Verwendung mehrere Marken zur Kennzeichnung eines Produktes eine weit verbreitete Praxis darstelle, angeführte Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 29.01.2009, 3 U 44/07) hat eine markenmäßige Verwendung von „Yoghurt Gums“ für Fruchtgummi mit Schaumzucker in der konkreten Aufmachung als rein beschreibend verneint. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall. Aus der maßgeblichen Sicht des informierten Durschnittverbrauchers, die der Senat, dessen Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis gehören, ohne weiteres selbst beurteilen kann, haben die Beklagten „BEEF BOOSTER“ in der angegriffenen Produktausstattung nicht herkunftshinweisend verwendet, sondern zur näheren Beschreibung des Produkts. Die Bezeichnung erfolgt weder an einer Stelle, an der der Verbraucher einen weiteren Herstellerhinweis erwartet, noch in einer Art und Weise, die auf eine markenmäßige Verwendung hindeutet. Die Herstellerangabe „BUTCHERS by Penny“ befindet sich hervorgehoben und als solche eindeutig erkennbar über der Produktangabe „TROCKENMARINADE“. Das angegriffene Zeichen befindet sich getrennt von der prominenten Herstellerangabe unter der ebenfalls groß hervorgehobenen Produktangabe in einem kleinen farbigen Feld. In einem solchen Feld erwartet der Verbraucher keine weitere Herstellerangabe, sondern eine nähere Angabe zur Sorte bzw. dem Verwendungszweck der Trockenmarinade. Dementsprechend fügt sich das angegriffene Zeichen nicht nur in die Produktlinie der Beklagten mit den drei weiteren Sorten-Bezeichnungen „CHICKEN BOOSTER“, „HOT CAJUN“ und „MAJIC DUST“ ein sondern entspricht letztlich auch der Kennzeichnungsgewohnheit der Klägerin selbst, die in einem Farbfeld unter der prominent hervorgehobenen Herstellerangabe „ANKERKRAUT“ die verschiedenen Geschmacksrichtungen bzw. Anwendungsbereiche wie „Rührei Kräuter“, „Chili-Pfeffer Salz“, „Pizza Gewürz“, „Omas Liebling“ pp. anführt er Vortrag der Klägerin, es entspreche den Kennzeichnungsgewohnheiten in der Gewürzmittelbranche, Dachmarken mit Untersorten zu führen, denen unterscheidungskräftige Untermarken/ Zweitmarken zugewiesen seien, ist nicht mit hinreichenden Tatsachen untermauert. Der Verweis auf rund zehn eigene Marken („Bang Boom Bang“, „Mango No. 5“, „Pull that Piggy“, „Smoking Zeus“, „Teufelskerl“, „Cherry Chipotle“, „SPIC KNOCKOUT“, „TERI AKI RUMBLE“, „TONKI-KONG“) sowie die Marken „just egg“ der Just Spice GmbH, „Sweet Tonka Kiss“ der Hartkorn Gewürzmühle GmbH und „Manina D Oro“ der Firma Edo Gewürze genügt für die Feststellung einer allgemeinen Gewohnheit nicht.
Soweit die Klägerin behauptet, ihre Marke erfreue sich so hoher Bekanntheit, dass der Verkehr das Zeichen als Unterscheidungsmittel auffasse, kann nicht festgestellt werden, dass die Klagemarke „Beef Booster“ überhaupt in nennenswertem Umfang für Gewürze / Gewürzmischungen verwendet wird, erst Recht nicht, dass sie eine hohe Bekanntheit genießt. Aus dem unlesbaren Screenshot Bl. 427 eA kann zu Gunsten der Klägerin nichts hergeleitet werden, und ihr Vortrag Bl. 427 f. eA zu 1.370 Kundenrezensionen sowie 300 Verkäufen im letzten Monat ist für Feststellungen zum tatsächlichen Absatz unzureichend. In keinem Fall folgt aus diesen geringen Mengen eine hohe Bekanntheit der Klagemarke.
Im Übrigen sind die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass „Beef Booster“ auch von Mitbewerbern als Geschmacksangabe verwendet wird, nicht zu beanstanden. Die Richtigkeit dieses Vortrags der Beklagten wird durch die Anlagen Schmitt-Teworte (S-T) 31 und B6 („BEEF BOOSTER“ von BBQ / Aldi Süd), die Anlage B7 (Knorr Beef Booster) und die Anlage B8 (Beef Booster von Hanse & Pepper) belegt. Der Begriff „Booster“ wird im Gewürzbereich allgemein für Fleisch und Geflügel (Anl. B8: „FLEISCH BOOSTER“, „Steak Booster“, „BBQ BOOSTER“; Anl. S-T 9: „CHICKEN BOOSTER“), sonstige Produkte (Anl. B8: „BUTTER BOOSTER“) und sogar isoliert (Anl. B8: „Spice Booster“) verwendet.
2. Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 8 Abs. 1 UWG. Die Parteien sind zwar Mitbewerber, die Klägerin also nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UGW klagebefugt, und der Vertrieb der angegriffenen Produkte durch die Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung dar, diese ist jedoch mangels Unlauterkeit nicht nach § 3 UWG unzulässig. Keiner der von der Klägerin geltend gemachten Unlauterkeitstatbestände ist erfüllt. Es liegt weder eine unlautere Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG vor noch eine Herkunftstäuschung nach § 5 Abs. 2 UWG a.F. / § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F.
a. Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, kann das Anbieten einer Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände – wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produktes – hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (ständige Rechtsprechung, s. zuletzt z.B. BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD, juris, Tz. 25).
Unter welchen Voraussetzungen wettbewerbliche Eigenart vorliegt, hat das Landgericht ebenfalls bereits zutreffend und umfassend dargelegt. Hierauf kann Bezug genommen werden. Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die konkrete Gestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen (BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD, juris, Tz. 34). Dies kann der Senat, dessen Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis der Verbraucher gehören, ohne weiteres selbst feststellen.
Die Produktverpackung der ANKERKRAUT-Traditionslinie ist von wettbewerblicher Eigenart, die aus der Kombination folgender Gestaltungsmerkmale folgt:
- handelsübliches Korkenglas (Gewürzglas), ca. 10 cm hoch, ca. 170 ml. Füllvolumen;
- Korken und Glas verbunden mit einem kreisförmigen Papiersiegel in der Grundfarbe Schwarz, im Durchmesser etwas kleiner als der Korken, mit zwei seitlichen Streifen, die über den Korken und den oberen Glasrand reichen, so dass das Glas nicht geöffnet werden kann, ohne das Siegel sichtbar zu beschädigen;
- rundes Ankerkraut-Logo (Anker mit Zusatz AK) in der Mitte des Papiersiegels auf farbigem Grund; Farbe entsprechend der im unteren Drittel des Etiketts
- rechteckiges Etikett auf der Schauseite, zweifarbig, oberes Drittel Schwarz, unteres Drittel meist Braunrosa;
- Etikett auf der Schauseite im oberen Drittel unter dem silbernen Ankerkraut-Logo beschriftet jeweils in Silber mit groß „ANKERKRAUT“ und darunter klein „GESCHMACKSMANUFAKTUR“, im unteren Drittel beschriftet jeweils in Schwarz in großer Schreibschrift mit der Geschmacksrichtung (z.B. „Bratkartoffel Gewürz“) und darunter in kleiner Druckschrift einer ergänzenden Charakterangabe (z.B. „WÜRZIG UND RUSTIKAL“);
- rechteckiges Etikett auf der Rückseite, überwiegend Schwarz, mit den Pflichtangaben pp. in silberner Druckschrift.
Besonders prägend für die wettbewerbliche Eigenart ist die Gestaltung des Etiketts auf der Schauseite, an dem sich der angesprochene Verbraucher bei Produkten des täglichen Bedarfs - und so auch hier - in erster Linie orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2000, I ZR 225/98 - Vienetta, juris, Tz. 30, 33). Die Verwendung eines Korkenglases für Gewürze ist eine als solche nicht schutzfähige gestalterische Grundidee. Dass ein Korkenglas gegen Öffnen vor dem Verkauf geschützt werden muss, liegt auf der Hand, so dass die Verwendung eines Papiersigels als einfache und preiswerte Lösung ebenfalls nicht monopolisiert werden darf.
Die wettbewerbliche Eigenart der Produktlinie der Klägerin ist von Hause aus als gering zu bewerten. Das zurückhaltend gestaltete Schauseiten-Etikett mit seinen Angaben zu der Herstellerin und dem Produkt hat letztlich einen rein beschreibenden Charakter, ebenso wie das handelsübliche Korkenglas. Solche Gläser werden regelmäßig für Gewürze verwendet. Dies entspricht der Lebenserfahrung und wird durch das von den Beklagten vorgelegte Produktumfeld belegt. Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung die Marktrelevanz des Produktumfeldes mit Nichtwissen bestreitet, ist ihr Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Die Beklagten hatten bereits in der Klageerwiderung zur Marktbedeutung vorgetragen und insbesondere für die von Aldi, Lidl und der Altenburger Senf- und Feinkost GmbH & Co. (unter Senfonia Premium) veräußerten Produkte konkrete Verkaufszahlen dargelegt. Die Klägerin hat auf die Berufungserwiderung nicht repliziert und ist dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Im Übrigen haben die Beklagten für die von Aldi und Lidl vertriebenen Produkte mit der Berufungserwiderung Belege für erhebliche Verkaufszahlen in Deutschland von insgesamt über 1,5 Mio. Stück im Zeitraum 2020 bis 2022 vorgelegt (s. Anl. B6 für Aldi / BBQ, Anl. B4 für Lidl / Kania; Anl. B5 für Lidl / Grillmeister; das Aldi-Produkt Grillmeister ist ausweislich der Katalogabbildungen Bl. 218 ff. eA außerdem noch im April 2023 veräußert worden). Dass die streitbefangenen Gläser typischerweise für Gewürze verwendet werden, ergibt sich sogar aus dem von der Klägerin selbst angeführten Designpreis red dot award, den sie im Jahr 2014 für das Verpackungskonzept des sich in „klassischen Gewürzgläser(n)“ präsentierenden Sortiments erhalten hat. Dass der Produktausstattung von Hause aus durchschnittliche oder gar überdurchschnittliche wettbewerbliche Eigenart zukommt, folgt aus der Verleihung des Designpreises nicht. Die Begründung zur Preisverleihung stellt im Wesentlichen auf den „unverwechselbaren Namen Ankerkraut“ und den deutlichen Bezug zur Hafenmetropole Hamburg mit dem Logo eines Ankers als traditionelles Seefahrersymbol ab.
Mit dem Landgericht kann von einer Steigerung der wettbewerblichen Eigenart aufgrund der Bekanntheit der Marke „Ankerkraut“ durch die Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ ausgegangen werden, jedenfalls in Verbindung mit den von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragungen (Anlagen K6 bis K8), wobei dahinstehen kann, ob die Gutachten methodisch in jeder Hinsicht einwandfrei sind und/oder alleine für eine Feststellung der Steigerung ausreichend wären.
Dahinstehen kann auch, ob die wettbewerbliche Eigenart durch die von der Klägerin im März 2020 bzw. April 2021 ausdrücklich gebilligten Nachahmungen, die durch Lidl unter „Edle Gewürze … Kania“ (s. Anl. S-T 30) und Aldi unter „BBQ“ (s. Anl. S-T 31) vertrieben worden sind, und/oder die ebenfalls von Lidl unter „Grillmeister“ vertriebenen Gewürzmischungen und/oder das von der Klägerin lizensierte Produkt MOESTA
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wieder verwässert worden ist.
Selbst wenn von einer von Hause aus geringen und durch Verkehrsbekanntheit gesteigerten, mithin durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart ausgegangen würde, wären die allenfalls nachschaffenden Nachahmungen der Beklagten (dazu aa.) nicht zu beanstanden. Bei der nachschaffenden Nachahmung bedarf es nämlich ausgeprägter besonderer Begleitumstände, um von der Unlauterkeit ausgehen zu können (s. Wille in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 61), an denen es hier fehlt (dazu bb. und cc.).
aa. Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn das angebotene Produkt nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen von den die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmales des Originalprodukts aufweist. Die sich gegenüberstehenden Produkte müssen ungeachtet kleinerer Abweichungen im Detail im Gesamteindruck einander so ähnlich sein, dass sie vom Verkehr praktisch nicht auseinandergehalten werden können. Eine nachschaffende Nachahmung liegt vor, wenn die fremde Leistung lediglich als Vorbild benutzt wird und eine bloße Annäherung an das Originalprodukt vorliegt. Dies ist der Fall, wenn das angebotene Produkt sich dem Originalprodukt in seinen die wettbewerbliche Eigenart begründenden Markmalen erkennbar annähert aber deutlich sichtbare Abweichungen im Gesamteindruck bestehen. Weisen die sich gegenüberstehenden Produkte allein in ihrer abstrakten Grundidee, aber nicht in ihrer diese umsetzenden konkreten Gesamterscheinung Übereinstimmungen auf, ist nicht einmal eine nachschaffende Nachahmung gegeben (s. Wille in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 60 f.).
Im vorliegenden Fall nähern sich die Produktverpackungen der Parteien in erster Linie in der Grundidee der Verwendung eines handelsüblichen Korkenglases mit einer edel wirkenden Aufmachung (Siegel, schwarzes Etikett) an. In der konkreten Umsetzung dieser Grundidee finden sich dagegen so deutliche Unterschiede, dass im Erinnerungseindruck die Konkurrenzprodukte unverwechselbar sind. Insoweit liegt allenfalls eine nachschaffende Nachahmung vor.
Die wettbewerbliche Eigenart der Traditionslinie der Klägerin wird maßgeblich geprägt durch die zweifarbige Gestaltung des Etiketts auf der Schauseite und des Papiersiegels sowie dem bekannten, einprägsamen Namen Ankerkraut und das Ankerkraut-Logo. In diesen Elementen weicht die Produktausstattung der Beklagten deutlich vom Original ab. Die Beklagten verwenden für das Etikett bereits eine andere Grundform mit einer gerundeten Oberkante. Außerdem ist die Grundfarbe des Etiketts und des Siegels ausschließlich Schwarz. Das farbige untere Drittel der Etiketten der Klägerin findet eine allenfalls angedeutete Entsprechung in dem kleinen Farbfeld für die Geschmacksrichtung, wobei das Farbkonzept der Beklagten mit drei verschiedenen Farben für die drei Geschmacksrichtungen nicht dem der Klägerin mit ganz überwiegend einem Farbton entspricht. Die Papiersiegel sind jeweils mit den unverwechselbaren Logos der Parteien beschriftet. Auch die Marken ANKERKRAUT und BUTCHER´S by Penny sind einander in keiner Hinsicht ähnlich. Die Eigenmarke der Beklagten „BUTCHER´S by Penny“ ruft Assoziationen (nur) zum Fleischbereich hervor, das auf die Seefahrt verweisende Zeichen „Ankerkraut“ dagegen Assoziationen zu allen weltweit gehandelten Gewürzen für jedes erdenkliche Gericht. Schließlich fügt sich das angegriffene Design ohne weiteres in das sonstige unter „BUTCHER`S by Penny“ vertrieben Angebot der Beklagten ein. Die Beklagten vertreiben Hamburger-Zubehör (Patties, Brötchen, Fritten, Gewürze, Pommes-Salz), Steaks, Spare Ribs, Würstchen, Saucen etc. unter Verwendung der Grundfarbe Schwarz und des geschwungenen Butcher´s-Emblems mit kleinteiligen Zusätzen und der kleinen Abbildung eines Metzgers. Die entsprechenden typischen Gestaltungen der verschiedenen Produkte des breiten Sortiments folgt aus dem bindenden Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Seite 6 LGU) sowie den von den Beklagten zu Akte gereichten Unterlagen (Präsentation der Eigenmarke und der Produkte 2022, Anl. S-T 5 und S-T 6; Präsentation der Eigenmarke 2023, Anl. B 1). Die Wortmarke „BUTCHER´s by Penny“ ist seit 2017 eingetragen. Ihre aktuelle Verwendung u.a. auf den streitbefangenen Produkten entspricht im Gesamteindruck dem Design, in dem ausweislich der von den Beklagten vorgelegten Prospekte und Fotos aus dem Jahr 2017 (Anl. B 10 und B 11) bereits seit Jahren die Wort-Bildmarke der Beklagten BUTCHER´S Burger (Anl. B 2) verwendet worden ist.
Die Unterschiede in der Gestaltung treten nicht als geringfügig zurück, sondern führen zu einem abweichenden Gesamteindruck. Die Ausstattung der Klägerin wirkt in ihrer klaren Zweifarbigkeit und dem Bezug zur Seefahrt edel, puristisch und hanseatisch-weltoffen. Der Gesamteindruck der angegriffenen Produkte der Beklagten ist zwar auch hochwertig, dabei aber kleinteilig, bodenständig und westernmäßig-rustikal:
Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.
Insgesamt nähern sich die Beklagten dem Produkt der Klägerin nicht dichter an als die von Aldi und Lidl unter „BBQ“ bzw. „Edle Gewürze … Kania“ und „Grillmeister“ vertriebenen Produkte:
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bb. Nach § 4 Nr. 3 lit. a) UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Dabei ist zwischen einer unmittelbaren Herkunftstäuschung und einer mittelbaren Herkunftstäuschung zu unterscheiden. Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handele es sich um das Originalprodukt. Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht oder wenn er die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält.
Soll die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung mit dem Argument bejaht werden, die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, dass lizenzvertragliche Verbindungen zwischen dem Hersteller des Originalprodukts und dem Anbieter der Nachahmung bestehen, müssen bei einer deutlichen Kennzeichnung der Produkte mit einem abweichenden Herstellerkennzeichen - über die Nachahmung hinausgehende - Hinweise vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Ein solcher Hinweis kann beispielsweise darin liegen, dass die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren. Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung damit begründet werden soll, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, müssen entsprechende Feststellungen zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt und zum Verständnis der von den Produkten angesprochenen Verkehrskreise getroffen werden (BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22-KERRYGOLD, juris, Tz. 46).
(1) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist bereits aufgrund der auf den Produkten deutlich aufgebrachten unterschiedlichen Kennzeichen ausgeschlossen. Nicht nur Herstellermarken, auch Handelsmarken/Eigenmarken schließen eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus (vgl. BGH, Urteil vom – Knoblauchwürste, juris, Tz. 14). Der Ansicht der Klägerin, das Zeichen „by Penny“ gehe in der Gesamtgestaltung unter, kann nicht beigetreten werden. Der Zusatz ist unübersehbarer Teil der auf die streitbefangenen Produkte prominent angebrachten Eigenmarke der Beklagten zu 1.
(2) Eine mittelbare Herkunftstäuschung kommt vorliegend insoweit in Betracht, als es sich bei dem Kennzeichen der Beklagten erkennbar um eine Eigenmarke handelt. Bei Eigenmarken ist dem Verkehr bekannt, dass sich dahinter andere Hersteller verbergen können. Insoweit besteht jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit, dass der angesprochenen Verbraucher von lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien ausgehen könnte. Dagegen gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Verbraucher könnte die Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin oder die Bezeichnung „BUTCHER´S by Penny“ für einer Zweitmarke der Klägerin halten.
Tatsächlich besteht aber auch keine Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung unter dem Gesichtspunkt des Anscheins möglicher lizenz- oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien. Gegen eine solche Annahme spricht bereits die Tatsache, dass die Klägerin bereits in zwei Fällen den Vertrieb mindestens so deutlicher Nachahmungen ihrer Produktlinie durch große Discounter (Aldi und Lidl) nicht nur toleriert, sondern sogar werbewirksam gutgeheißen hat. Der Verbraucher hat keine Veranlassung davon auszugehen, dass der Discounter Penny – anders als Aldi und Lidl – in einer vertraglichen Beziehung zur Klägerin steht. Außerdem fügt sich die angegriffene Produktaufmachung unverkennbar in die gesamte „BUTCHER´S by Penny“-Serie der Beklagten ein. Der Verbraucher hat keine Veranlassung, auf die Klägerin als mögliche Herstellerin der Gewürzmischungen zu schließen. Das Renommee und die besondere Unternehmensgeschichte legen eine vertragliche Zusammenarbeit mit Discountern nicht nahe, jedenfalls nicht in der Form, dass die Produkte unauffällig in die Eigenmarke eingegliedert werden. Beim Bestehen lizenz- oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen würde der Verbraucher vielmehr eine werbewirksame eindeutige Bezugnahme auf die Klägerin erwarten. Insgesamt betrachtet hält die angegriffene Produktausstattung einen so deutlichen Abstand zum Originalprodukt der Klägerin, dass unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen der wettbewerblichen Eigenart, dem Grad der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen der Vorwurf einer unlauteren Nachahmung nicht begründet ist.
cc. Eine unangemessene Rufausnutzung oder Rufbeeinträchtigung nach § 4 Nr. 3 lit. b) UWG liegt nicht vor, auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass das Produkt der Klägerin einen guten Ruf genießt. Bei durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart und einer allenfalls nachschaffenden Nachahmung gelten nach dem Grundsatz der Wechselwirkung relativ hohe Anforderungen an die Feststellung des Unlauterkeitstatbestandes. Besondere Begleitumstände, die hier ohne das Bestehen von Verwechslungsgefahr zu einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung führen könnten, sind nicht dargetan. Der angesprochene Verkehr erkennt die Leistungsergebnisse der Parteien als das, was sie sind, nämlich als Konkurrenzprodukte. Dass / in welcher Hinsicht die Nachahmung im Wesentlichen nicht dieselbe Qualität aufweisen soll wie ihre Gewürzmischungen, hat die Klägerin überdies nicht schlüssig vorgetragen. Soweit die angegriffenen Produkte aufgrund der Verwendung von Korkengläsern, Papiersiegeln und schwarzen Etiketten Assoziationen an das Originalprodukt und insoweit Aufmerksamkeit erwecken mögen, genügt dies für eine Rufübertragung i.S.d. § 3 Nr. 3 lit. b) UWG nicht.
b. Aus § 5 Abs. 2 UWG a.F. / § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F., wonach eine geschäftliche Handlung irreführend und insoweit unlauter sein kann, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft, können im vorliegenden Fall keine weitergehenden Rechte hergeleitet werden als aus § 4 Nr. 3 lit. a) UWG, § 14 MarkenG. Dies sieht auch die Klägerin selbst so. Eine irreführende Produktvermarktung als Sonderfall der Irreführung über die betriebliche Herkunft ist aus den o.a. Gründen nicht feststellbar.
Das OLG Köln hat im Rechtsstreit KERRYGOLD gegen DAIRYGOLD entschieden, dass auch verpackte Produkte wie Butter wettbewerbliche Eigenart aufweisen und lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes genießen können.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Die Aktivlegitimation der Klägerin ist gegeben. Wie der BGH bereits in früheren Entscheidungen und auch im hiesigen Revisionsurteil ausgeführt hat, dienen Ansprüche aus wettbewerblichem Leistungsschutz vorrangig dem Schutz individueller Leistungen und daneben dem Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb. Sie sollen grundsätzlich nur von demjenigen geltend gemacht werden können, der die zu schützende Leistungen erbracht hat. Das ist in der Regel der Hersteller der nachgeahmten Ware. Es kann aber auch der in seinem Vertrieb behinderte Alleinvertriebsberechtigte eines nachgeahmten Erzeugnisses als unmittelbarer Verletzter im Sinne von § 4 Nr. 3 a) UWG anzusehen sein, wenn durch den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses über die Herkunft aus dem Betrieb eines bestimmten Herstellers und damit auch die Herkunft aus dem Betrieb des ausschließlich Vertriebsberechtigten getäuscht wird (vgl. RU Rn. 12 sowie BGH, Urteil vom 14.04.1988 – I ZR 35/86, GRUR 1988, 620 [juris Rn. 17] – Vespa-Roller; Urteil vom 18.10.2990 – I ZR 283/88, GRUR 1991, 223 [juris Rn. 15] – Finnischer Schmuck; Urteil vom 24.03.1994 – I ZR 42/93, GRUR 1994, 630 [juris Rn. 42] – Cartier-Armreif; Urteil vom 15.07.2004 – I ZR 142/01, GRUR 2004, 941 [juris Rn. 39] – Metallbett).
Vorliegend ist aufgrund der von der Klägerin als Anlagen K 23 a und b vorgelegten Unterlagen sowie der Aussage des Zeugen L. von einer Alleinvertriebsberechtigung der Klägerin für die irische Produktherstellerin auszugehen. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 16.06.2023 – dort auf S. 1 ff. – weiter zu ihrer ausschließlichen Vertriebsberechtigung ausgeführt und das Sole Distribution Agreement vom 28.12.2005 (Anlagen K 23 a) nebst deutscher Übersetzung (Anlage K 23 b) sowie als Anlage K 24 ein Amendment to the Sole Distribution Agreement vom 21.12.2017 vorgelegt. Bei dem „Sole Distribution Agreement“ handelt es sich um eine Alleinvertriebsvereinbarung der Klägerin (damals noch J. Deutschland GmbH) mit der Muttergesellschaft (damals noch J. Limited). In der Präambel des Vertrags wird festgehalten, dass die Klägerin eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Klägerin ist. Unter Ziffer 1. der Vereinbarung ist sodann die Ernennung der Klägerin zum exklusiven Alleinvertriebshändler für Verpackung, Vertrieb, Bewerbung und Verkauf der unter Ziffer 2. genannten Vertragsprodukte, worunter alle Milcherzeugnisse irischen Ursprungs und insbesondere Butter und Käse fallen, im unter Ziffer 3. bezeichneten Vertragsgebiet, welches das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland umfasst, geregelt. Unter Ziffer 4. findet sich die Verpflichtung der Muttergesellschaft im Vertragsgebiet die Vertragsprodukte nicht selbst zu vertreiben und keinem anderen die diesbezüglichen Rechte einzuräumen. Unter Ziffer 11. der Vereinbarung ist schließlich geregelt, dass der Vertrag am 01.01.2006 beginnt und auf unbestimmte Zeit geschlossen ist, wobei er von beiden Seiten mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende des Jahres gekündigt werden kann. Dass dieser Vertrag mit diesen Bestimmungen seinerzeit zwischen den dort genannten Parteien so geschlossen wurde, hat zudem der Zeuge L. glaubhaft im Rahmen seiner Vernehmung bestätigt. Insbesondere hat dieser auch ausgesagt, wofür zudem bereits die Überschriften der einzelnen „geschwärzten“ Passagen sprechen, dass diese Textabschnitte nicht die Frage der Vertriebsberechtigung betrafen, und zudem bekundet, dass die Vereinbarung bis zu seinem Ausscheiden aus dem Betrieb der Klägerin am 31.12.2019 und damit nach der Klageerhebung im hiesigen Verfahren ungekündigt fortbestand und seines Kenntnisstandes nach immer noch unverändert fortbestehe. Anhaltspunkte dafür, dass dem entgegen zwischenzeitlich eine Kündigung dieser Vereinbarung erfolgt wäre, sind nicht ansatzweise ersichtlich und auch von der insoweit darlegungsbelasteten Beklagten nicht dargetan. Die Richtigkeit des Vertragstextes als solches oder der Umstand, dass es sich bei der Klägerin um das Nachfolgeunternehmen der J. Deutschland GmbH handelt, wird seitens der Beklagten bereits nicht in Abrede gestellt.
Sofern die Beklagte darüber hinaus die Auffassung vertritt, dass auch bei bestehender Alleinvertriebsberechtigung der Klägerin die Aktivlegitimation mangels Vorliegens weiterer hierfür erforderlicher Voraussetzungen nicht gegeben sei, kann sie damit nicht durchdringen. Wie der BGH in seinem Revisionsurteil - dort auf S. 8 - unter Verweis auf seine frühere Rechtsprechung ausgeführt hat, kann der in seinem Vertrieb behinderte Alleinvertriebsberechtigte als unmittelbar Verletzter im Sinne von § 4 Nr. 3 UWG anzusehen sein, wenn durch den Vertrieb eines nachgeahmten Erzeugnisses über die Herkunft aus dem Betrieb eines bestimmten Herstellers und damit auch die Herkunft aus dem Betrieb des ausschließlich Vertriebsberechtigten getäuscht wird. Nach diesen Grundsätzen ist ein besonderes schutzwürdiges Interesse der Klägerin an der Unterbindung unlauterer Nachahmungen hier gegeben. Hierbei kann es zunächst entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf ankommen, ob es sich um eine nahezu identische Nachahmung handelt, da der Grad der Nachahmung nicht für die Anspruchsberechtigung, sondern nur für die Frage, ob in der Sache überhaupt ein Anspruch besteht, relevant ist. Ferner ist davon auszugehen, dass der Verkehr durch den Vertrieb der nachgeahmten Produkte auch über die Herkunft aus dem Betrieb der Klägerin getäuscht wird, mithin der Verbraucher die unternehmerische Leistung der Herstellerin auch dem Betrieb der Klägerin zuordnet. Bei einem ausschließlich Vertriebsberechtigten ist hiervon in der Regel auszugehen (vgl. Senatsurteil vom 24.07.2020 – 6 U 298/19 -, juris Rn. 50 ff. – Jeanshose mit V-Naht; Spoenle in: Seichter, jurisPK-UWG, 5. Aufl., § 4 Nr. 3 UWG, Stand: 10.01.2023, Rn. 42). Da die Klägerin zudem unstreitig auf jeder einzelnen Produktverpackung namentlich mit ihrer deutschen Adresse angeben ist, wird sie von den Verbrauchern in Deutschland auch als das Unternehmen wahrgenommen werden, von dem die Produkte stammen. Auch kann die Beklagte nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Klägerin ein für die Aktivlegitimation erforderliches eigenes Leistungsschutzrecht mangels schutzwürdiger Eigenleistung sowie eigenem wirtschaftlichen Interesse nicht zustehe. Dem exklusiven Vertriebsberechtigen steht - anders als einem bloßen Händler - bereits im Hinblick auf seine besondere Eigenleistung für den Vertrieb ein selbständiges wettbewerbsrechtliches Leistungsschutzrecht zu, da er in seinem Individualinteresse an der Vermarktung des Originalprodukts beeinträchtigt ist (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, 41. Auflage, § 4 UWG Rn. 3.85). Sofern die Beklagte meint, dies verhalte sich vorliegend bei der Klägerin ausnahmsweise anders, da diese aufgrund der Konzernstrukturen kein eigenes betriebswirtschaftliches Risiko übernehme und ihr diese Strukturen zudem auch keine eigenen betrieblichen Entscheidungen hinsichtlich des Vertriebs der Produkte erlaubten, ist sie bereits der ihr für diese - klägerseits ausdrücklich bestrittene - Behauptung obliegenden Darlegungslast nicht nachgekommen. Aus den von ihr in Bezug genommenen Unterlagen (Anlagen K 23, K 24, BB 4 und BB5 – Jahresabschlussbericht der Klägerin 2019, 2020), kann dies nicht hergeleitet werden. Alleine der Umstand, dass nach den Jahresabschlussberichten Preis- und Marktschwankungen für den Rohstoff Butter keine Risikoposition für die Klägerin darstellen, vermag keinen Hinweis darauf zu geben, dass die Klägerin generell kein wirtschaftliches Risiko trägt. Weiterer substantiierter Vortrag der Beklagten hierzu fehlt gänzlich, vielmehr mutmaßt sie lediglich, dass der Klägerin durch die als Anlage K 23 vorgelegte Vereinbarung keine eigene Leistungsposition oder Einkommensmöglichkeit eingeräumt werden sollte, sondern diese alleine steuerliche Gründe habe.
2. Im Weiteren ist vorliegend auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung anzunehmen.
Auszugehen ist - gemäß den vom BGH nicht beanstandeten Feststellungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 25.10.2021 - von einer im durchschnittlichen Bereich liegenden wettbewerbsrechtlichen Eigenart der klägerischen Produktverpackungen und einer jedenfalls nachschaffenden Nachahmung dieser Produktverpackungen durch die Produktverpackungen der Beklagten.
Der Senat hatte ursprünglich offengelassen, ob von einer unmittelbaren Herkunftstäuschung ausgegangen werden kann, und eine mittelbare Herkunftstäuschung angenommen. Hierzu hat der BGH weitere Feststellungen des Senats vermisst, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergeben, dass Verbraucher die „Dairygold“-Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin ansehen oder die Bezeichnung „DAIRYGOLD“ für eine Zweitmarke der Klägerin halten.
Hierauf kommt es indes im Weiteren nicht an, da der Senat nach nochmaliger Prüfung der Sach- und Rechtslage vorliegend eine unmittelbare Herkunftstäuschung für gegeben erachtet. Aufgrund der hier von der Beklagten vorgenommenen Gestaltung der Produktverpackung ist die Gefahr begründet, dass der angesprochene Verkehrskreis der Endverbraucher, zu dem auch die Mitglieder des Senats gehören, annimmt, bei der Nachahmung handle es sich um das Originalprodukt.
Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist grundsätzlich auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH GRUR 2005, 166 (168) – Puppenausstattungen; BGH GRUR 2005, 600 (602) – Handtuchklemmen; BGH GRUR 2007, 795 Rn. 32 – Handtaschen; BGH GRUR 2009, 1069 Rn. 20 – Knoblauchwürste). Hierbei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH GRUR 2007, 795 Rn. 34 – Handtaschen; BGH GRUR 2010, 80 Rn. 41 – LIKEaBIKE; BGH GRUR 2016, 730 Rn. 47 – Herrnhuter Stern; BGH WRP 2018, 950 Rn. 65 – Ballerinaschuh). Die Herkunftstäuschung setzt nicht voraus, dass alle Gestaltungsmerkmale des Produkts eines Mitbewerbers übernommen werden. Vielmehr kommt es darauf an, dass gerade die übernommenen Gestaltungsmerkmale geeignet sind, im Verkehr auf die betriebliche Herkunft hinzuweisen (vgl. hierzu Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 41. Aufl. 2023, UWG § 4 Rn. 3.43-3.43c). Bei - wie vorliegend - Produkten des täglichen Bedarfs, die sich in der äußeren Erscheinungsform und insbesondere in der Gestaltung ihrer Verpackung von ähnlichen Produkten wenig unterscheiden, orientiert sich der Verkehr in erster Linie an der Produktbezeichnung und der Herstellerangabe (BGH GRUR 2001, 443 (445) – Viennetta). Allerdings ist – dies hat der BGH in seinem Revisionsurteil in diesem Verfahren ausdrücklich klargestellt - eine Herkunftstäuschung durch eine nachgeahmte Produktverpackung bei unterschiedlicher Produkt- oder Herstellerbezeichnung nicht stets ausgeschlossen, dies auch dann nicht, wenn keine identische Übernahme aller wesentlicher Gestaltungsmerkmale vorliegt. Sofern der Leitsatz seiner Senatsentscheidung „Vienetta“ in diese Richtung zu verstehen sein sollte, halte er hieran nicht fest. Insoweit müssten vielmehr alle Umstände des Einzelfalls in den Blick genommen werden. Insbesondere sei zu berücksichtigen, welche Produkt und Herkunftsbezeichnung auf der Nachahmung verwendet werden und in welcher Weise dies geschehe (BGH RU Rn. 50).
Unter Beachtung dieser Grundsätze besteht vorliegend die Gefahr einer unmittelbaren Herkunftstäuschung. Die Beklagte hat für ihre Produktverpackungen gerade jene Gestaltungselemente übernommen, die die wettbewerbsrechtliche Eigenart der Verpackung der Klägerin begründen. Der BGH hat vor diesem Hintergrund die Beurteilung des Senats, nach der von einer nachschaffenden Übernahme der Butterverpackung der Klägerin durch die Beklagte und darüber hinaus von einer fast identischen Übernahme der Gestaltung der Verpackung der Mischstreichfette auszugehen sei, gebilligt. Überdies hat der BGH auch die Feststellung des Senats bestätigt, dass Butter und Mischstreichfette, die aus Butter und Rapsöl bestehen, Konkurrenzprodukte sind und derselben Warenkategorie angehören. Von der Beklagten ist zwar eine abweichende Produkt- und Herkunftsbezeichnung auf den Verpackungen angebracht worden, was – wie ausgeführt – grundsätzlich einer Herkunftstäuschung entgegenwirken kann, allerdings besteht insoweit – wie auch vom BGH in seinem Revisionsurteil im hiesigen Verfahren (dort Rn. 52) ausgeführt – die Besonderheit, dass die Produkt- und Herstellerbezeichnungen sich nicht deutlich unterscheiden. Die Bezeichnung „DAIRYGOLD“ ist sprachlich vielmehr stark an die Bezeichnung „Kerrygold“ angelehnt, lediglich der Anlaut unterscheidet sie sich, was indes im Gesamteindruck nicht ins Gewicht fällt. Die Ähnlichkeit wird zudem noch dadurch verstärkt, dass die Beklagte unter die Angabe „DAIRYGOLD“ – welche prominent an gleicher Stelle wie die Bezeichnung „Kerrygold“ auf der Verpackung der Klägerin platziert ist - die Herkunftsbezeichnung „From County Kerry“ angebracht und damit beide Wortbestandteile der Produkt- bzw. Herstellerbezeichnung der Klägerin „Kerry“ und „Gold“ aufgegriffen hat. Bezieht man all dies ein, wird sich einem nicht unerheblichen Teil des angesprochenen Verkehrs der Eindruck aufdrängen, die Produkte stammten von demselben Hersteller.
Das OLG Köln hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass der Teilnehmer an in Deutschland unzulässigen Sportwetten einen Anspruch auf Erstattung verlorener Einsätze gegen den Anbieter hat.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist die internationale Zuständigkeit gegeben. Diese folgt aus Art. 18 Abs. 1 EuGVVO, da es sich bei dem Kläger um einen Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EuGVVO handelt. Als Verbraucher ist (in autonomer Auslegung) jede natürliche Person anzusehen, die Verträge zur Deckung ihres privaten Eigenbedarfs schließt, sofern diese nicht ihrer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Verbraucher ist daher auch die Person, die einen Vertrag über die Teilnahme am Online-Poker-Spiel mit dem Ziel abschließt, daraus erhebliche Gewinne zu erwirtschaften (Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Auflage 2022, Brüssel Ia-VO, Art. 17). Auch richtet die Beklagte ihre Tätigkeit auf Deutschland aus. So sind ihre Glücksspielangebote gerade auch in deutscher Sprache verfügbar; wird den Verbrauchern auf der Website die Verwendung einer anderen Sprache als derjenigen ermöglicht, die in dem Mitgliedstaat des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendet wird, so kann dies einen Anhaltspunkt bilden, der die Annahme erlaubt, dass die Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf andere Mitgliedstaaten ausgerichtet ist (EuGH, Urteil vom 07.12.2010 - C-585/08, C-144/09, juris, Rn. 84). Vorliegend kommt durch das Angebot in deutscher Sprache gerade auch die Absicht der Beklagten zum Ausdruck, um deutsche Kunden zu werben. Von der Regelung gemäß Art. 17, 18 EuGVVO erfasst sind auch Bereicherungsansprüche als Folge der Rückabwicklung des Vertrages (Gottwald in: Münchener Kommentar zur ZPO, Brüssel Ia-VO Art. 17 Rn. 5).
In der Rechtsfolge kann der Kläger als Verbraucher nach Art. 18 Abs. 1 EuGVVO den Gerichtsstand an seinem Wohnsitz wählen, der neben der internationalen zugleich auch die örtliche Zuständigkeit umfasst (vgl. Gottwald, a.a.O.).
2. Die Klage ist auch begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB ein Anspruch auf Zahlung von 44.362,08 € zu.
a. Die Anwendung deutschen Rechts folgt aus Art. 6 Abs. 1 lit b) Rom-I-VO. Hiernach unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die Voraussetzungen liegen bei Spielerklagen gegen ausländische Online-Glücksspielanbieter - entsprechend den vorstehenden Ausführungen zu Art. 18 Abs. 1 EuGVVO - hier vor.
b. Der Kläger kann Rückzahlung seiner Spieleinsätze gemäß §§ 812 Abs. 1 S. 1, 1.Alt., 818 Abs. 2 BGB verlangen, da die zwischen den Parteien geschlossenen Spielverträge gemäß § 134 BGB von Anfang an nichtig waren.
Soweit die Beklagte zur Stütze ihrer Rechtsauffassung den Hinweisbeschluss des Senats vom 11.05.2023 (Az. 19 U 123/22, juris) zitiert (S. 25 f. der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 143 f. d. A.), wird klargestellt, dass sich dieser Beschluss im Wesentlichen mit den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 817 BGB befasst hat, es deren Vorliegen für die Bejahung eines Anspruchs aus § 812 BGB indes nicht bedarf, da es sich um jeweils eigene Anspruchsgrundlagen handelt (vgl. Senat, Urteil vom 17.11.2023, 19 U 123/22, NRWE; BGH, Urteil vom 28.01.1953 – II ZR 265/51, juris, Rn. 58; OLG Dresden, Urteil vom 31.05.2023 – 13 U 1753/22, BeckRS 2023, 12231, Rn. 45; Schwab in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 7, 8. Auflage 2020, § 817 BGB, Rn. 4).
aa. Die Beklagte hat einen Vermögensvorteil durch Gutschrift der Wetteinsätze des Klägers auf ihren Konten erlangt.
bb. Die zwischen den Parteien zustande gekommenen Verträge sind gemäß § 134 BGB nichtig, da sie gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verstießen. Nach dieser Vorschrift war in dem Zeitraum, in welchem die vorliegend geltend gemachten Einzahlungen zum Zweck der Teilnahme an Sportwetten erfolgten, das Veranstalten derselben im Internet ohne eine hierfür erteilte Lizenz verboten.
Die Bestimmungen des GlüStV 2012 zum Verbot des Internet-Glücksspiels waren in demjenigen Zeitraum, in dem der Kläger seine Wetteinsätze bei der Beklagten tätigte, wirksam und auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar, insbesondere stellten sie keine inkohärente Beschränkung des freien Dienstleistungsverkehrs gem. Art. 56 AEUV dar (vgl. hierzu ausführlich BGH, Urteil vom 28.09.2011 - I ZR 92/09, juris, Rn. 33 ff.; BGH, Urteil vom 22.07.2021 - I ZR 194/20, juris, Rn. 45; BVerwG, Urteil vom 26.10.2017 – 8 C 18/16, juris, Rn. 38 ff.; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2022 - 23 U 55/21, juris, Rn. 48; OLG Köln, Urteile vom 10.05.2019 – I-6 U 196/18, juris, Rn. 70, 82 und vom 31.10.2022 – 19 U 51/22, juris, Rn. 53; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.04.2023, 14 U 256/21, juris, 60-71; OLG Dresden, Urteil vom 31.5.2023 - 13 U 1753/22, BeckRS 2023, 12231, Rn. 30ff.).
Der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB steht auch nicht entgegen, dass sich die Verbotsnorm des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 nur an die Beklagte, nicht jedoch an den Kläger richtete. Betrifft das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner, so hat dies im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge; anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss (BGH, Urteile vom 22.05.1978 – III ZR 153/76, juris, Rn. 17; und vom 12.05.2011 − III ZR 107/10, juris, Rn. 12 m.w.N.). Sinn und Zweck der Verbote des GlüStV 2012 und insbesondere auch des § 4 Abs. 3 GlüStV 2012 war insbesondere auch die Verhinderung der Entstehung von Spielsucht sowie der Jugend- und Spielerschutz (OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.04.2023, 14 U 256/21, juris, 59). Diesen Zielen liefe es zuwider, geschlossene Verträge über Online-Glücksspiele trotz des Verbots als wirksam anzusehen (vgl. auch Vossler in: BeckOGK-BGB, Stand: 01.09.2023, § 134 BGB, Rn. 219; Armbrüster in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 1, 9. Auflage 2021, § 134 BGB, Rn. 175).
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass hinsichtlich der hier streitgegenständlichen Sportwetten gemäß § 4 Abs. 5 GlüStV 2012 ein Erlaubnisvorbehalt geregelt ist, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Erlaubnis für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten erteilt werden kann. Denn die Beklagte verfügte über eine solche Erlaubnis in Nordrhein-Westfalen im hier streitgegenständlichen Zeitraum gerade nicht.
cc. Das Nichtigkeitsverdikt wird durch eine etwaige passive oder aktive Duldung (S. 21-23 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 139-141 d. A.) des Internet-Sportwettenangebotes der Beklagten durch die für eine etwaige Ahndung zuständigen Behörden ebensowenig in Frage gestellt wie durch verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, kraft derer eine Einschätzung der Beklagten, es sei mit behördlichen Maßnahmen gegen ihr Internet-Sportwettenangebot nicht zu rechnen, gerechtfertigt gewesen sein mag.
Die Frage der Duldung durch Verwaltungsbehörden kann deshalb dahinstehen, weil der durch zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen gewährte Schutz privater (natürlicher oder juristischer) Personen einerseits und die Frage der verwaltungsbehördlichen Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Verhaltenspflichten andererseits grundsätzlich unabhängig voneinander zu beantworten sind. Der Bestand und die Durchsetzbarkeit eines zivilrechtlichen Anspruchs (hier aus § 812 Abs. 1 BGB) hängt nicht davon ab, ob mit einer Durchsetzung öffentlich-rechtliche Verhaltenspflichten seitens der zuständigen Behörden zu rechnen ist, weshalb eine Berufung darauf, die zuständige Verwaltungsbehörde sei gegen einen Gesetzesverstoß nicht vorgegangen, zivilrechtlich nicht verfängt und insbesondere der Anwendung von § 134 BGB nicht entgegensteht (BGH, Urteil vom 22.07.2021 – I ZR 194/20, Rn. 53, juris; KG Berlin Urteil vom 06.10.2020 - 5 U 72/19, Rn. 53, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 08.04.2022 – 23 U 55/21, juris, Rn. 49; OLG Dresden, Urteil vom 27.10.2022 – 10 U 736/22, Rn. 48 - 51, juris; Senat, Urteil vom 17.11.2023 – 19 U 123/22, NRWE). Selbst wenn in Zusammenhang mit einer Duldung öffentlich-rechtliche Sanktionen nicht hätten erfolgen können oder/und die materiellen Voraussetzungen einer Erlaubniserteilung vorlagen oder/und ein Anspruch auf Erteilung einer Konzession bestanden hätte, so führte dies demgemäß nicht dazu, dass ohne tatsächliche Konzessionserteilung oder in der Zeit vor Erteilung in dem allein zivilrechtlich zu bewertenden Verhältnis zum spielenden Verbraucher zu dessen Nachteil der Schutz des GlüStV 2012 entfiele und aus dem verbotenen Angebot eines Online-Glücksspiels bereits ein erlaubtes Online-Glücksspiel würde (LG Köln, Urteil vom 30.03.2023 – 36 O 290/20, juris, Rn. 46, juris).
Abweichendes lässt sich auch nicht aus dem Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung (S. 2, 22 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 120, 140 d. A.) herleiten, da dieser einer unterschiedlichen Erfassung eines Lebenssachverhaltes im öffentlich-rechtlichen Regelungskontext gegenüber der Behandlung in Zusammenhang mit der Frage des Eingreifens einer zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage nicht entgegensteht. Der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips verpflichtet die rechtsetzenden Organe des Bundes und der Länder, die Inhalte von Rechtssätzen so aufeinander abzustimmen, dass den Normadressaten keine gegenläufigen Regelungen erreichen (BVerfG, Urteil vom 07.05.1998 – 2 BvR 1991/95, juris, Rn. 58; vgl. hierzu auch Ossenbühl in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2007, § 100 Rn. 85 ff.). Dieser Grundsatz ist jedoch nicht verletzt, wenn der Normgeber mit abweichenden Regelungen der Eigenart der verschiedenen Regelungsbereiche Rechnung trägt, was insbesondere unterschiedliche Wertungen im Zivilrecht gegenüber dem öffentlichen Recht rechtfertigen kann (BVerfG, Beschluss vom 15.07.1969 – 1 BvR 457/66, juris, Rn. 21 zu unterschiedlichen Wertungen im Steuer- und Handelsrecht).
Mit diesem Gehalt ist der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung von der fachgerichtlichen Rechtsprechung aufgegriffen worden (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 – 11 C 9/99, juris, Rn. 20 ff.; BSG, Urteil vom 24.10.2019 – B 9 SB 1/18 R, juris, Rn. 27). Im zivilrechtlichen Kontext ist er insbesondere dafür herangezogen worden, um im Rahmen einer systematischen Auslegung zur Bestimmung des objektiven Willens des Gesetzgebers auf Normen anderer Gesetze zurückzugreifen (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12.06.2006 - II ZB 21/05, juris, Rn. 10; Urteil vom 06.12.2017 - XII ZR 95/16, juris, Rn. 22, Urteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, juris, Rn. 73), wobei abweichende Wertungen im öffentlichen Recht gegenüber dem Zivilrecht insbesondere mit den Aspekten der schon im Grundsatz nach Sachbereichen differenzierten Rechtsordnung sowie der unterschiedlichen Zielsetzungen in den jeweiligen Regelungszusammenhängen als gerechtfertigt bewertet worden sind (BGH, Urteil vom 13.10.2021 – VIII ZR 91/20, Rn. 73 zu unterschiedlichen Wertungen im Sozialrecht und Mietrecht).
Vorliegend stellte sich demgegenüber kein Auslegungsproblem – das Rechtswidrigkeitsverdikt des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 ist eindeutig und wird auch von den verwaltungsgerichtlichen Wertungen, auf welche sich die Beklagte beruft (vgl. S. 9-18 der Berufungsbegründungsschrift, Bl. 127-136 d. A.; Anlagen B 23- B 25, Bl. 150-187 d. A.) nicht in Frage gestellt. Ferner ergibt sich auch kein Wertungswiderspruch, da sich nicht nur die Wirkung der Duldung, sondern auch der Aussagegehalt der sie tragenden Erwägungen auf den öffentlich-rechtlichen Bereich und die Frage des Drohens einer öffentlich-rechtlichen Sanktionierung beschränkt.
dd. Die Rückforderung ist vorliegend nicht gemäß § 762 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen, da die Regelung nur dann anzuwenden ist, wenn der Spiel- oder Wettvertrag wirksam ist (Haertlein in: BeckOGK-BGB, Stand: 01.07.2023, § 762 BGB, Rn. 116). Verstößt der Spiel- oder Wettvertrag dagegen - wie vorliegend - gegen ein gesetzliches Verbot, ist der Rückforderungsausschluss nach § 762 Abs. 1 S. 2 BGB nicht anwendbar (BGH, Urteil vom 12.07.1962 – VII ZR 28/61, juris, Rn. 15; Laukemann in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Auflage, Stand: 14.07.2023, § 762 BGB, Rn. 42).
ee. Der Rückforderung steht auch nicht die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB entgegen. Der Ausschluss der Rückforderung nach dieser Vorschrift greift nur ein, wenn der Leistende vorsätzlich verbots- oder sittenwidrig gehandelt oder sich der Einsicht in das Verbots- oder Sittenwidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat (BGH, Urteile vom 26.01.2006 - IX ZR 225/04, juris, Rn. 28; vom 14.12.2016 - IV ZR 7/15, juris, Rn. 43 und vom 01.10.2020 – IX ZR 247/19, juris, Rn. 33).
Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.
Wendet der Bereicherungsschuldner ein, dass dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten zur Last fällt, so trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast, da es sich bei § 817 S. 2 BGB um eine rechtshindernde Einwendung handelt (Schwab in: Münchener Kommentar zum BGB, Band 7, 8. Auflage 2020, § 817 BGB, Rn. 89). Ihrer Darlegungs- und Beweislast im Hinblick auf einen Gesetzesverstoß des Klägers ist die Beklagte indes nicht nachgekommen. Insbesondere kann von einem Verstoß des Klägers gegen § 285 StGB nicht ausgegangen werden. Dieser erforderte zumindest bedingten Vorsatz (Schönke/Schröder/Heine/Hecker, 30. Auflage 2019, § 285 StGB, Rn. 4). Einen solchen hat die Beklagte indes nicht hinreichend dargetan.
Der Kläger ist demgegenüber seiner sekundären Darlegungslast dadurch nachgekommen ist, dass er angegeben hat, erst im November 2022 erfahren zu haben, dass die Beklagte nicht die erforderliche Lizenz besaß (S. 3 des angefochtenen Urteils).
ff. Der Anspruch ist auch nicht nach § 817 S. 2 BGB deshalb ausgeschlossen, weil der Kläger sich der Erkenntnis der Unerlaubtheit des Sportwettenangebotes der Beklagten leichtfertig verschlossen hätte. Zwar stünde ein leichtfertiges Verschließen der vorhandenen Kenntnis gleich (BGH, Urteil vom 02.12.2021 – IX ZR 111/20, Rn. 31, juris). Anhaltspunkte für Leichtfertigkeit des Klägers sind indes nicht ersichtlich. Insbesondere kann der Inhalt von § 4 GlüStV 2012, zumal bei einem juristischen Laien, nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden.
gg. Jedenfalls aber wäre - wollte man Vorsatz oder ein leichtfertiges Sich-Verschließen auf Seiten des Klägers annehmen - eine teleologische Reduktion von § 817 S. 2 BGB vorzunehmen. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des in Rede stehenden Verbotsgesetzes kann eine einschränkende Auslegung der Vorschrift geboten sein (BGH, Urteile vom 31.05.1990 - VII ZR 336/89, juris, Rn. 14 f. und vom 10.11.2005 - III ZR 72/05, juris, Rn. 11-13), da der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm innerhalb der Leistungskondiktion nicht dadurch konterkariert werden darf, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand über § 817 S. 2 BGB perpetuiert wird, wodurch überdies womöglich weiterem sitten- oder verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet würde (BGH, Urteile vom 13.03.2008 - III ZR 282/07, juris, Rn. 10 und vom 18.12.2008 - III ZR 132/08, juris, Rn. 14). Die Regelungen des GlüStV 2012 sind - wie ausgeführt - u. a. dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels zu schützen. Auch die konkret einschlägige Verbotsnorm gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verfolgt jedenfalls unter anderem den Zweck des Spielerschutzes. Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch unterlaufen, wenn die Spieleinsätze kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben (so auch OLG Köln, Urteil vom 31.10.2022 - 19 U 51/22, juris, Rn. 67; OLG Dresden, Urteile vom 27.10.2022 – 10 U 736/22, juris, Rn. 56 ff. und vom 31.05.2023 – 13 U 1753/22, BeckRS 2023, 12231, Rn. 51; OLG München, Beschluss vom 20.09.2022 – 18 U 538/22, juris, Rn. 24).
hh. Da eine positive Kenntnis des Klägers von einem Nichtbestehen seiner Leistungspflicht - wie ausgeführt - nicht angenommen werden kann, steht der Rückforderung auch nicht § 814 BGB entgegen.
ii. Hinsichtlich einer Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB fehlt es bereits an konkretem Vortrag der Beklagten. Eine solche könnte allenfalls dann - teilweise - angenommen werden, wenn und soweit die Beklagte die erhaltenen Zahlungen tatsächlich weitergeleitet hätte und die der Beklagten ihrerseits aufgrund der Nichtigkeit der geschlossenen Spielerverträge zustehenden Bereicherungsansprüche gegen andere Spieler nicht erfolgversprechend durchgesetzt werden könnten. Hierzu hat die Beklagte indes nichts dargetan.
kk.
Der Rückzahlungsanspruch ist vorliegend auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit gemäß § 242 BGB ausgeschlossen.
Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten kann schon aufgrund ihres eigenen gesetzeswidrigen Handelns nicht angenommen werden. Vor diesem Hintergrund erscheinen ihre Interessen auch nicht als vorrangig schutzwürdig i.S.v. § 242 BGB. Hinzukommt, dass die Beklagte es unterließ, einen ihr ohne weiteres möglichen Hinweis dahin zu erteilen, dass ihr Online-Glücksspielangebot in Nordrhein-Westfalen wegen Fehlens einer Lizenz unzulässig war oder sein könnte. Dass das Behalten von Geldern, die die Beklagte durch die rechtswidrige Veranstaltung von Sportwetten eingenommen hat, besonders schutzwürdig wäre, ist nicht ersichtlich. Im Ergebnis ist die Zurückforderung der Spieleinsätze nicht treuwidrig (so auch: Senat, Urteile vom 31.10.2022 – 19 U 51/22, juris, Rn. 72 und vom 17.11.2023 – 19 U 123/22, NRWE; OLG Braunschweig, Beschluss vom 03.12.2021 - 8 W 20/21, BeckRS 2021, 55956, Rn. 17; OLG Hamm Beschluss vom 12.11.2021 - 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639, Rn. 23; OLG Karlsruhe, Urteil vom 06.04.2023 – 14 U 256/21, juris, Rn. 107-109; OLG Dresden, Urteil vom 31.5.2023 – 13 U 1753/22, BeckRS 2023, 12231, Rn. 52).
Das OLG Köln hat entschieden, dass Nameserver-Betreiber mit CDN-System nicht aber DNS-Resolver für Urheberrechtsverletzungen auf Sharehosting-Plattform haften können.
Aus den Entscheidungsgründen: Die zulässige Berufung ist in der Sache teilweise begründet. Der Klägerin steht ein Unterlassungsanspruch nur bezüglich des CDN zu, nicht auch bezüglich des DNS-Resolvers. Insoweit kann die Klägerin auch nur anteilig Erstattung der Abmahnkosten verlangen.
1. Die Klage ist zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ist gegeben. Auf die mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit stellt sich in zweiter Instanz nicht, § 513 Abs. 2 ZPO.
Die auf bestimmte Hyperlinks als konkrete Verletzungsform bezogenen Unterlassungsanträge sind hinreichend bestimmt. Die Beklagte erhebt auch insoweit keine Einwände mehr. Mit den Anträgen zu Ziff. 1 und 2 nimmt die Klägerin die Beklagte als täterschaftlich Handelnde in Anspruch, wobei darüber, was mit der angeführten Verletzungshandlung des öffentlichen Zugänglichmachens (§ 19a UrhG) gemeint ist, keine Unklarheiten bestehen, und aus dem Vorbringen der Klägerin sowie den Entscheidungsgründen folgt, dass mit „verweisen“ die Funktion des DNS-Resolvers angesprochen ist. Die Hilfsanträge zu Ziff. 1a und 1b sind bezogen auf den CDN-Dienst bzw. den DNS-Resolver der Beklagten auf eine DNS-Sperre nach § 7 Abs. 4 TMG ausgerichtet, unter konkreter Bezeichnung der Domain, die gesperrt werden soll. Die Handlungspflicht der Beklagten ist ebenfalls klar umrissen (vgl. BGH, Urteil vom 13.10.2022, I ZR 111/21 – DNS-Sperre, juris, Tz. 15).
2. Die geltend gemachten Ansprüche sind gemäß den zutreffenden und mit der Berufung nicht angegriffenen Ausführungen des Landgerichts nach deutschem Recht zu beurteilen.
3. Grundlage für die Unterlassungsansprüche ist § 97 Abs. 1 UrhG. Danach kann derjenige, der ein nach dem UrhG geschütztes Recht widerrechtlich verletzt, bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
a. Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch besteht nur, wenn das beanstandete Verhalten der Beklagten sowohl zum Zeitpunkt seiner Vornahme rechtswidrig war als auch zum Zeitpunkt der Berufungsentscheidung rechtswidrig ist. Für beide Zeitpunkte maßgeblich sind die §§ 97, 85, 15, 19a UrhG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG. Das seit August 2021 in Kraft befindliche UrhDaG ist für das vorliegende Verfahren ohne Belang. Wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat, ist die Beklagte keine Diensteanbieterin i.S.d. § 2 UrhDaG. Einwände hiergegen sind nicht erhoben.
b. Die Ausführungen des Landgerichts zur Aktivlegitimation der Klägerin sind berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dafür, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte des Tonträgerherstellers ist, spricht gemäß §§ 85 Abs. 4, 10 Abs. 3 UrhG, die der Umsetzung des Art. 5 der RL 2004/48/EG vom 29.04.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums dienen, eine tatsächliche Vermutung. Ähnlich wie beim Urheber, dessen Urheberschaft für das konkrete Werk vermutet wird, wenn er auf Vervielfältigungsstücken dieses Werkes in üblicher Weise als Urheber bezeichnet ist, § 10 Abs. 1 UrhG, wird gemäß Art. 5 lit. b) der RL 2004/48/EG die Inhaberschaft des Tonträgerherstellerrechts zu Gunsten desjenigen vermutet, der auf den Tonträgern in üblicher Weise als Inhaber der Rechte bezeichnet ist. Die Vermutung gilt nicht nur zu Gunsten des originären Herstellers des Tonträgers, entsprechend § 10 Abs. 1 UrhG, sondern auch für den Inhaber abgeleiteter Rechte, § 10 Abs. 3 UrhG. Wird der Rechtsinhaber im Copyright-Vermerk auf der CD-Box sowie auf den einzelnen CD´s der Box genannt, ist zu vermuten, dass er die ausschließlichen Nutzungsrechte an den Musiktiteln besitzt. Der P-Vermerk lässt ebenfalls die Inhaberschaft ausschließlicher Nutzungsrechte gemäß § 85 UrhG vermuten, und die Angabe eines Lieferanten in dem für Tonträger zentralen Einkaufskatalog PhonoNet ist ein hinreichendes Indiz für dessen Rechtsinhaberschaft (Schulze in Dreier / Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 85 Rn. 62a). Im vorliegenden Fall ist die Klägerin nicht nur in der Katalogdatenbank „Media-Cat“ der Phononet GmbH als Lieferantin genannt, sie ist auch im P- und Copyright-Vermerk auf dem CD-Cover und den CD´s angeführt („…(P) & 2019 N. GMBH, UNDER EX-CLUSIVE LICENSE TO V. GMBH“). Die aus den angeführten Hinweisen folgende Vermutung steht nicht Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, ihr seien von der hinter der Fa. N. stehenden Künstlerin D. die Vollrechte übertragen worden. Entgegen der Ansicht der Beklagten spricht der P-Vermerk nicht gegen eine Vollrechtsübertragung. Er kann zwar darauf hindeuten, dass lediglich bestimmte ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt worden sind, ebenso jedoch auch darauf, dass dem genannten Unternehmen ausschließliche Rechte gemäß § 85 Abs. 1 UrhG zustehen, sei es aus originärem Recht, aufgrund einer Vollrechtsübertragung oder aufgrund des Erwerbs ausschließlicher Lizenzen (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 140/15 – YouTube II, juris, Tz. 40, m.w.N.). Auf ein originäres Recht hat sich die Klägerin zu keinem Zeitpunkt berufen.
Die Tonträgerherstellungsrechte sind in § 85 Abs. 1 UrhG mit dem Vervielfältigungsrecht, dem Verbreitungsrecht und dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung abschließend aufgezählt. Die Klägerin macht eine Verletzung des hier allein in Betracht kommenden Rechts der öffentlichen Zugänglichmachung geltend, anknüpfend an die in der konkreten Verletzungsform angeführten Links auf der Webseite ddl-music.to des Dienstes DDL-Musik. Dieser nutzte bis Februar 2020 die Internetdienstleistung E. CDN der Beklagten. Die Beklagte ist dabei als autorativer Nameserver für ihre Kunden eingetragen und leitet für diese den gesamten Datenverkehr zwischen Endnutzer und Webseite über ein eigenes Servernetz. Außerdem war die Webseite ddl-Music.to für die Internetnutzer bei entsprechender Voreinstellung über den öffentlichen DNS-Resolver der Beklagten aufrufbar, einem von vielen frei verfügbaren DNS-Resolvern.
c. Das Landgericht hat die Beklagte wegen täterschaftlicher Verletzung der an den Musikstücken der Alben „G“ bestehenden Rechts der Klägerin zum öffentlichen Zugänglichmachen des Tonträgers zur Unterlassung verpflichtet, sowohl im Hinblick darauf, dass die Beklagte mit dem Betreiber der Webseite ddl-music.to einen Dienstleistungsvertrag über Nameserver und CDN geschlossen hat, als auch in ihrer Eigenschaft als Anbieterin des DNS-Resolvers. Dies ist vor dem Hintergrund des vollharmonisierend wirkenden DSA, der am 16.11.2022 in Kraft getreten ist und ab dem 17.02.2024 in vollem Umfang, u.a. bezüglich der Haftungsprivilegierungen gelten wird, für den DNS-Resolver nicht überzeugend (dazu cc). Bezüglich der Tätigkeit der Beklagten als mit dem unmittelbaren Rechteverletzter DDL-Musik vertraglich verbundene Dienstleisterin ist die Entscheidung des Landgerichts zutreffen (dazu dd.). Die vom Senat im einstweiligen Verfügungsverfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 - HERZ KRAFT WERKE, juris) vertretene Ansicht, die Beklagte hafte wegen der Zurverfügungstellung des CDN-Systems und des DNS-Resolvers aus dem Gesichtspunkt der Störerhaftung, ist aufgrund der zwischenzeitlich ergangenen Entscheidung des EuGH in den Vorlageverfahren YouTube und uploaded (Urteil vom 22.06.2021, C-682/18 und C-683/18 – YouTube und Cyando, juris) sowie den daran anschließenden Entscheidungen des BGH (Urteil vom 02.06.2022, I ZR 140/15 – YouTube II, juris; Urteil vom 02.06.2022, I ZR 53/17 – uploaded II, juris; Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 – uploaded III, juris) überholt.
aa. Bezüglich der Haftung von Internetprovidern und anderen Internetmediären für Verletzungen Dritter, die ihre Dienstleistungen in Anspruch nehmen, hatte der BGH vor der o.a. Entscheidung des EuGH die Ansicht vertreten, dass für die Täter- und Teilnehmerhaftung nicht auf das Unionsrecht, sondern allein auf das nationale Recht abzustellen sei, so dass ohne vorsätzliches Zusammenwirken eine Täter- und Teilnehmerhaftung ausschied. Hieran hält der BGH nicht mehr fest. Zumindest die Frage, ob Hostprovider - die Onlineplattformen YouTube und uploaded sind besondere Arten der Hostingdienste - als mittelbare Verursacher täterschaftlich für Verletzungen des Verwertungsrechts der öffentlichen Wiedergabe haften, ist nach der neuen Rechtsprechung des BGH auf der Grundlage eines unionsrechtlichen Haftungskonzeptes zu beantworten. Der BGH hat nunmehr eine täterschaftliche Haftung für Hostprovider als mittelbare Verursacher eingeführt, unter ausdrücklicher Abkehr von der bisherigen Störerhaftung. Der EuGH hat für Plattformbetreiber wie YouTube und uploaded entschieden, dass eine täterschaftliche Haftung gegeben sei, wenn die Plattformen eine „zentrale Rolle“ bei der Vermittlung der Rechtsverletzungen übernommen und bestimmte Pflichten verletzt haben, so dass eine „Vorsätzlichkeit des Handelns“ gegeben sei. Dabei entnimmt der EuGH sein Haftungsmodell für mittelbare Verursacher von Urheberrechtsverletzungen einer Auslegung des vollharmonisierten Rechts der öffentlichen Wiedergabe gemäß Art. 3 Urheberrechtsrichtlinie 2001/29. Dementsprechend prüft der BGH in den o.a. Entscheidungen, ob der Plattformbetreiber eine Wiedergabehandlung vorgenommen hat, ausgehend davon, dass eine solche auch durch bloß mittelbare Verursacher erfolgen kann, wenn diese eine zentrale Rolle einnehmen. Die vorsätzliche oder fahrlässige Pflichtverletzung, die nach der Rechtsprechung des EuGH dann zu einer täterschaftlichen Wiedergabehandlung führen kann, hat der BGH an die vergleichbaren Verkehrspflichten im deutschen Recht angeknüpft, d.h. der erste Zivilsenat des BGH hat jetzt im Urheberrecht, wie schon zuvor der Xa-Senat im Patentrecht, eine täterschaftliche Haftung wegen Verkehrspflichtverletzungen eingeführt (Nordemann, Neu: Täterschaftliche Haftung von Hostprovidern im Urheberrecht, ZUM 2022, 806 ff.).
Die Rechtsprechung des EuGH und des BGH betrifft zwar unmittelbar nur die Hostprovider, ist aber auch auf andere Providerarten übertragbar, wenn sie eine „zentrale Rolle“ im Sinne der EuGH-Rechtsprechung spielen. Zu klären bleiben die entsprechenden Verkehrspflichten, insbesondere auf unionsrechtlicher Ebene (Nordemann, a.a.O., S. 812 f.). Für die deutsche Störerhaftung hatte der BGH solche Pflichten bereits für Zugangsprovider herausgearbeitet und diese Pflichten dann auf Domainprovider/Registrare/Registries übertragen (BGH, Urteil vom 26.11.2015, I ZR 174/14 – Störerhaftung des Access-Providers, juris; BGH, Urteil vom 15.10.2020, I ZR 13/19 - Störerhaftung des Registrars, juris). Es liegt nahe, diesen Pflichtenkatalog – entsprechend der Argumentation des BGH bei den Hostprovidern (Onlineplattformen You-Tube und uploaded) auf die täterschaftliche Haftung der Zugangsprovider zu übertragen.
bb. Grundvoraussetzung für eine Haftung der Beklagten ist, dass die Webseite ddl-music.to überhaupt in das Recht der Klägerin auf das öffentliche Zugänglichmachen eingreift. Dies ist der Fall.
Bei dem Recht der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um ein besonderes Recht der öffentlichen Wiedergabe, vgl. § 15 Abs. 2 und 3 UrhG. Da es sich bei den hier in Rede stehenden Rechten des Tonträgerherstellers zur öffentlichen Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung um nach Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG harmonisiertes Recht handelt, sind die entsprechenden Bestimmungen des deutschen Urheberrechtsgesetzes richtlinienkonform auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert, so dass die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 29; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 17; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – YouTube II, juris, Tz. 70).
Die im Streitfall in Rede stehende öffentliche Wiedergabe in Form der öffentlichen Zugänglichmachung fällt in den Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29/EG, weil bei dem Abruf einer im Internet bereitgestellten Datei die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung gegenüber Mitgliedern der Öffentlichkeit erfolgt, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe in Form der Zugänglichmachung ihren Ursprung nimmt, nicht anwesend sind (vgl. Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 2001/29/EG).
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Bei der öffentlichen Zugänglichmachung handelt es sich um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe, so dass eine öffentliche Zugänglichmachung nur vorliegen kann, wenn das beanstandete Verhalten die Tatbestandsmerkmale einer öffentlichen Wiedergabe erfüllt. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Der Begriff erfordert eine individuelle Beurteilung, bei der eine Reihe weiterer unselbständiger und miteinander verflochtener Kriterien zu berücksichtigen sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden. Unter diesen Kriterien sind die zentralen Rolle des Nutzers und die Vorsätzlichkeit seines Handelns hervorzuheben. Der Begriff der Öffentlichkeit der Wiedergabe ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt, die gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben. Diese Voraussetzung liegt vor, wenn urheberrechtlich geschützte Inhalte auf einer Internetplattform zum Abruf durch deren Nutzer bereitgestellt werden (s. BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 31 f.; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 19 f.; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – You-Tube II, juris, Tz. 72 f.).
Im vorliegenden Fall wurden nach den grundsätzlich bindenden und mit dem Berichtigungsantrag der Beklagten vom 20.10.2022 nicht angegriffenen Feststellungen im Tatbestand der angefochtenen Entscheidung auf der Webseite ddl-music.to Hyperlinks zu illegalen Download-Angeboten urheberrechtlich geschützter Musikaufnahmen angeboten. Das Musikalbum „G“ war am 05.06.2019, 13.06.2019, 14.06.2019 und 17.06.2019 unter den im Tenor bezeichneten Links abrufbar. Die in den Anlagen K 3 / K 6, K 8, K 9 und K 10 dokumentierten Aufrufe erfolgten durch den Zeugen F., der dabei den DNS-Resolver der Beklagten mit der voreingestellten Ziffernfolge 1.1.1.1 verwendete. Soweit die Beklagte die Abrufbarkeit der Musikalben über die Links mit Nichtwissen bestreitet, sind ihr die zur Akte gereichten Belege entgegenzuhalten, mit denen sie sich weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren auseinandersetzt hat. Unabhängig davon, dass der Senat bereits an die Feststellungen im unstreitigen Tatbestand gebunden ist, ist der Vortrag der Klägerin auch hinreichend belegt.
Für eine Einstufung als öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 2 lit. b der Richtlinie 2001/29/EG ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich vom bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18, - uploaded III, juris, Tz. 33; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 21; BGH, Urteil vom 02.06.2022 –YouTube II, juris, Tz. 74). Diese Voraussetzung ist im Streitfall ebenfalls erfüllt. Das Einstellen urheberrechtlich geschützter Inhalte ohne Zustimmung des Rechtsinhabers auf einer Webseite erfolgt selbst dann für ein neues Publikum, wenn diese Inhalte zuvor mit Zustimmung des Rechtsinhabers und ohne beschränkende Maßnahmen, die ein Herunterladen verhindern, auf einer anderen Webseite eingestellt worden sind. Soweit der angegriffenen Wiedergabe keine öffentliche Wiedergabe im Internet vorausgegangen ist, handelt es sich darüber hinaus um ein anderes technisches Verfahren (BGH, Urteil vom 02.06.2022, I ZR 135/18 - uploaded III, juris, Tz. 34; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – uploaded II, juris, Tz. 22; BGH, Urteil vom 02.06.2022 – YouTube II, juris, Tz. 75). Dies gilt auch für die hier vom Webseitenbetreiber gesetzten Links. Der Ansicht der Beklagten, das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung sei im vorliegenden Fall nicht berührt, weil nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH das Setzen eines Hyperlinks keine öffentliche Zugänglichmachung gemäß § 19a UrhG darstelle, dieses Recht vielmehr nur dann verletzt werde, wenn sich der Schutzgegenstand in der Zugriffssphäre des Vorhaltenden befindet, kann nicht beigetreten werden. Der EuGH hat bereits geklärt, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG dahin auszulegen ist, dass für die Frage, ob das Setzen von Hyperlinks auf eine Website zu geschützten Werken, die auf einer anderen Website ohne Erlaubnis des Urheberrechtsinhabers frei zugänglich sind, eine „öffentliche Wiedergabe“ im Sinne dieser Bestimmung darstellt, zu ermitteln ist, ob die Links ohne Gewinnerzielungsabsicht durch jemanden, der die Rechtswidrigkeit der Veröffentlichung der Werke auf der anderen Website nicht kannte oder vernünftigerweise nicht kennen konnte, bereitgestellt wurden, oder ob die Links mit Gewinnerzielungsabsicht bereitgestellt wurden, wobei im letzteren Fall diese Kenntnis zu vermuten ist (EuGH, Urteil vom 08.09.2016, C-160/15, juris, Tz. 55; s. zur Verlinkung als öffentliches Zugänglichmachen allgemein auch Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 7. Aufl., § 19a Rn. 6b). Im vorliegenden Fall erfolgte die Verlinkung mit Gewinnerzielungsabsicht und in mithin bereits vermuteter Kenntnis der Rechtswidrigkeit. Im Übrigen handelte der Webseitenbetreiber sogar bewusste und gewollt rechtswidrig. Ausweislich der Anlagen K6 und K 8 bis 10 handelte es sich bei der Webseite ddl-music-to um „die aktuellste Warezseite für Musik im deutschsprachigen Raum“, wobei der Begriff „Warez“ im Computer- und Netzjargon für illegal beschaffte oder verbreitete Software steht. Den Angaben auf der Webseite zufolge hielt der Webseitenbetreiber über 1 Million Download-Links mit den neuesten Charts, Alben und Hörbüchern zum Download bereit. Die Webseite ddl-music.to hatte kein Impressum und bot kein „Abuse“-Formular für Rechteinhaber. Bei den verlinkten Webseiten nitroflare und share-online handelt es sich nach der unbeanstandeten Feststellung des Landgerichts um illegale Filesharing-Tauschbörsen. Selbst auf der Webseite des Hostproviders „BlueAngelHost“ finden sich deutliche Hinweise auf ein illegales Konzept. So heißt es dort u.a. unter der Überschrift DMCA Ignored Hosting: „Our servers are located in Offshore location (Bulgaria) which enable us to offer DMCA Ignored Hosting services, total privacy, data security, and wider range of accepted content.“ [Unsere Server befinden sich an einem Offshore-Standort (Bulgarien), was es uns ermöglicht, DMCA Ignored Hosting-Dienste, absolute Privatsphäre, Datensicherheit und ein breiteres Spektrum an akzeptierten Inhalten anzubieten] und unter der Überschrift „Why You Need it?“: „Purchasing USA-based hosting for a site that is not legal tob be run in America ist not a sensible thing to do. Offshore hosting can be helpful for less scrupulous business who wish to bypass local laws or regulations, particulary for issues like copyright law, which is also known a no DMCA hosting“ [Der Kauf von Hosting in den USA für eine Website, die in Amerika nicht legal betrieben werden darf, ist nicht sinnvoll. Offshore-Hosting kann für weniger skrupellose Unternehmen hilfreich sein, die lokale Gesetze oder Vorschriften umgehen möchten, insbesondere bei Themen wie dem Urheberrecht, das auch als No-DMCA-Hosting bekannt ist].
Der Eingriff in das Recht der öffentlichen Wiedergabe war rechtswidrig, weil die Klägerin hierzu keine Zustimmung gegeben hat.
cc. Das Landgericht hat neben der Verletzungshandlung des Webseitenbetreibers eine täterschaftliche Wiedergabehandlung der Beklagten durch Zurverfügungstellung ihres DNS-Resolvers festgestellt. Das überzeugt nicht. Der auf eine DNS-Sperre gerichtete Hilfsantrag ist ebenfalls unbegründet. Eine Haftung der Beklagten als Störerin kommt nicht mehr in Betracht.
(1) Nach der Rechtsprechung des EuGH setzt eine täterschaftliche Haftung für mittelbare Verursacher und Mitverursacher von Verletzungen im Rahmen des unionsrechtlich vollharmonisierten Rechts der öffentlichen Wiedergabe, Art. 3 der Richtlinie 2001/29/EG, umgesetzt in § 15 Abs. 3 UrhG, als erstes voraus, dass unter Berücksichtigung des spezifischen Kontextes eine „zentrale Rolle“ bei der Vermittlung der Rechtsverletzungen übernommen wird. Diese sei jedoch nicht das einzige Kriterium, sondern in seinem Zusammenwirken mit anderen Kriterien, insbesondere der Vorsätzlichkeit des Handelns anzuwenden. Würde nämlich der bloße Umstand, dass die Nutzung einer Plattform erforderlich sei, damit die Öffentlichkeit das Werk tatschlich abrufen könne, oder sogar schon der Umstand, dass die Plattform den Abruf lediglich erleichtere, automatisch dazu führen, dass das Tätigwerden des Plattformbetreibers als „Handlung der Widergabe“ einzustufen wäre, würde jede „Bereitstellung der Einrichtungen, die eine Widergabe ermöglichen oder bewirken“ eine solche Handlung darstellen, was der 27. Erwägungsgrund der Urheberrechtsrichtlinie 2001/29/EG explizit ausschließe. Daher sei sowohl im Hinblick auf die Bedeutung der Rolle, die ein Tätigwerden des Plattformbetreibers bei der Widergabe durch den Nutzer spiele, sei als auch im Hinblick auf dessen Vorsätzlichkeit zu beurteilen, ob das betreffende Tätigwerden unter Berücksichtigung des spezifischen Kontextes als Handlung der Widergabe einzustufen sei. Die Plattformen YouTube und Uploaded spielten eine zentrale Rolle. Ohne die Bereitstellung und Verwaltung einer solcher Plattform wäre es nämlich unmöglich oder zumindest komplexer, diese Inhalte im Internet frei zu teilen (EuGH, Urteil vom 22.06.2021, C-682/18 und C-683/18 – YouTube und Cyando, juris Tz. 77 ff.).
Nach diesen Maßstäben scheidet eine täterschaftliche Haftung der Beklagten für den DNS-Resolver schon im Ansatz aus. Der DNS-Resolver der Beklagten spielt nach dem spezifischen Kontext keine „zentrale Rolle“ dafür, dass das streitbefangene Musikalbum in Internet frei geteilt werden konnte. Für das Auffinden der IP-Adresse über den Domainnamen war die Nutzung des DNS-Resolvers der Beklagten weder erforderlich, noch erleichtert dieser den Zugang. Eine Auflösung des Domainnamens in die IP-Adresse konnte ebenso einfach über jeden anderen DNS-Resolver erfolgen. Der öffentliche DNS-Resolver 1.1.1.1 der Beklagten ist nur einer von vielen frei zugänglichen DNS-Resolvern, von denen der bekannteste und am meisten genutzte der Google Public DNS-Resolver 8.8.8.8 ist. Der DNS-Resolver der Beklagten hatte daher für die Zugänglichkeit des rechtsverletzenden Inhalts der streitbefangenen Domain keine nennenswerte Relevanz.
Soweit der Senat im Verfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 – HERZ KRAFT WERKE, juris, Tz. 136 ff.) für die Störerhaftung von einem adäquat-kausalen Beitrag zur Verletzung des geschützten Rechts ausgegangen ist, ist dies im Rahmen der Beurteilung des vom EuGH nunmehr aufgestellten Kriteriums der „zentralen Rolle“ kein hinreichendes Argument mehr. Indem der EuGH betont, es komme (auch) für die Beurteilung der Rolle auf den spezifischen Kontext an, wird deutlich, dass nicht jeder für einzelne Verletzungshandlungen adäquat-kausale Beitrag - der beim Accessprovider schon dann als gegeben angesehen wird, wenn die Nutzung urheberrechtswidriger Angebote über den zur Verfügung gestellten Anschluss nicht außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegt - das Kriterium der „zentralen“ Rolle erfüllt.
Die Frage, ob die Beklagte im Zusammenhang mit dem DNS-Resolver bestimmte (Verkehrs)Pflichten verletzt und ihr insoweit Vorsätzlichkeit vorzuwerfen ist, stellt sich daher nicht. Sie wäre aber auch zu verneinen. Die Pflichten können sich für den DNS-Resolver nicht an denen der Host-Provider ausrichten. Zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte mit dem DNS-Resolver ein jedermann kostenfrei zugängliches, im Allgemeininteresse liegendes und gebilligtes Werkzeug zur Verfügung stellt, das rein passiv, automatisch und neutral bei der Konnektierung von Internetdomains mitwirkt. Insoweit ist die Rolle des DNS-Resolver mit der eines Zugangsproviders vergleichbar. Maßgeblich wären daher die vom BGH für die Störerhaftung der Accessprovider und Registrare aufgestellten Verkehrspflichten (nach dem DSA sind DNS-Resolver im Übrigen als Accessprovider zu qualifizieren, s.u.). Danach tritt die Haftung ein, wenn der Zugangsprovider bzw. der Registrar ungeachtet eines Hinweises auf eine klare und ohne weiteres feststellbare Rechtsverletzung die Dekonnektierung unterlässt, sofern unter der beanstandeten Domain weit überwiegend illegale Inhalte bereitgestellt werden und der Rechtsinhaber zuvor erfolglos gegen diejenigen Beteiligten vorgegangen ist, die - wie der Betreiber der Internetseite - die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder - wie der Host-Provider - zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben, sofern nicht einem solchen Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt. Dabei muss der die Haftung auslösende Hinweis sich auf alle für die Haftungsbegründung relevanten Umstände - Rechtsverletzung, weit überwiegende Bereitstellung illegaler Inhalte sowie erfolglose oder unmögliche vorrangige Inanspruchnahme anderer Beteiligter - beziehen und insoweit hinreichend konkrete Angaben enthalten (BGH, Urteil vom 15.10.2020, I ZR 13/19 – Störerhaftung des Registrars, juris, Tz. 30 ff., 35). Selbst wenn im vorliegenden Fall von einer klaren und ohne weiteres feststellbaren Rechtsverletzung durch den Webseitenbetreiber und weit überwiegend rechtswidrigen Inhalten (s. hierzu die Studie in Anl. K 4) ausgegangen würde, kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass ein ausreichender Hinweis erfolgt ist. In den Schreiben der Klägerin vom 06.06.2019 (Anl. K7) und 19.06.2019 (Anl. K 11) finden sich keine Ausführungen zu einer erfolglosen oder unmöglichen Inanspruchnahme des Webseitenbetreibers und Hostproviders.
Im Übrigen kann sich die Beklagte bezüglich des DNS-Resolvers, der als Schnittstelle zwischen Nutzer und Nameservern der reinen Zugangsvermittlung dient und insoweit nur Informationen durchleitet, auf die Haftungsprivilegierung des § 8 Abs. 1 TMG berufen. Danach sind Diensteanbieter für fremde Informationen, die sie in einem Kommunikationsnetz übermitteln oder zu denen sie den Zugang zur Nutzung vermitteln, nicht verantwortlich, sofern sie - wie hier - die Übermittlung nicht veranlasst, den Adressaten der übermittelten Informationen nicht ausgewählt und die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert haben und mit dem Nutzer ihres Dienstes nicht zusammenarbeiten, um rechtswidrige Handlungen zu begehen. Sofern die Diensteanbieter nicht verantwortlich sind, können sie insbesondere nicht wegen einer rechtswidrigen Handlung eines Nutzers auf Unterlassung einer Rechtsverletzung in Anspruch genommen werden; dasselbe gilt hinsichtlich aller Kosten für die Geltendmachung und Durchsetzung dieser Ansprüche, § 8 Abs. 1 Satz 2 TMG.
Soweit der Senat im Verfahren 6 U 32/20 (Urteil vom 09.10.2020 – HERZ KRAFT WERKE, juris, Tz 148) die Ansicht vertreten hat, dass § 8 Abs. 1 TMG auf DNS-Resolver keine Anwendung findet, weil es sich dabei nicht um einen Dienst i.S.d. § 2 Nr. 1 TMG handele, kann hieran im Hinblick auf den DSA nicht mehr festgehalten werden. Aus den Erwägungsgründen 28 und 29 des DSA
(28) Seit dem Jahr 2000 wurden neue Technologien entwickelt, die für eine bessere Verfügbarkeit, Wirksamkeit, Geschwindigkeit, Verlässlichkeit, Kapazität und Sicherheit von Systemen für die Übermittlung, „Auffindbarkeit“ und Speicherung von Daten im Internet sorgen, wodurch ein immer komplexeres Online-Ökosystem entstanden ist. In dieser Hinsicht sollte daran erinnert werden, dass Anbieter von Diensten zur Bereitstellung und Vereinfachung der zugrunde liegenden logischen Architektur und des reibungslosen Funktionierens des Internets, einschließlich technischer Hilfsfunktionen, ebenfalls die in dieser Verordnung festgelegten Haftungsausschlüsse in Anspruch nehmen können, sofern ihre Dienste als „reine Durchleitung“, „Caching“-Leistung oder „Hosting“-Dienst einzuordnen sind. Zu solchen Diensten gehören u. a. lokale Funknetze (WLAN), DNS-Dienste, die Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen und Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, virtuelle private Netzwerke, Online-Suchmaschinen, Cloud-Infrastrukturdienste oder Netzwerke zur Bereitstellung von Inhalten, die Funktionen anderer Anbieter von Vermittlungsdiensten ermöglichen, lokalisieren oder verbessern. Auch Dienste für Kommunikationszwecke und die technischen Mittel für ihre Bereitstellung haben sich stark entwickelt und zur Entstehung von Online-Diensten wie der Internet-Sprachtelefonie (VoIP), Nachrichtenübermittlungsdiensten und webgestützten E-Mail-Diensten geführt, bei denen die Kommunikation über einen Internetzugangsdienst ermöglicht wird. Bei diesen Diensten ist ebenfalls eine Inanspruchnahme der Haftungsausschlüsse möglich, sofern sie als „reine Durchleitung-“, „Caching-“-Leistungen oder „Hosting“-Dienste einzuordnen sind.
(29) Vermittlungsdienste umfassen ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Tätigkeiten, die online stattfinden und sich kontinuierlich weiterentwickeln, um eine rasche, sichere und geschützte Übermittlung von Informationen zu ermöglichen und allen Beteiligten des Online-Ökosystems komfortable Lösungen zu bieten. Vermittlungsdienste einer „reinen Durchleitung“ umfassen beispielsweise allgemeine Kategorien von Diensten wie Internet-Austauschknoten, drahtlose Zugangspunkte, virtuelle private Netze, DNS-Dienste und DNS-Resolver, Dienste von Namenregistern der Domäne oberster Stufe, Registrierungsstellen, Zertifizierungsstellen, die digitale Zertifikate ausstellen, Internet-Sprachtelefonie (VoIP) und andere interpersonelle Kommunikationsdienste; während als allgemeine Beispiele für Vermittlungsdienste von „Caching“-Leistungen das alleinige Betreiben von Netzwerken zur Bereitstellung von Inhalten, Reverse-Proxys oder Proxys zur Anpassung von Inhalten genannt werden können. Solche Dienste sind von entscheidender Bedeutung für die Sicherstellung einer reibungslosen und effizienten Übertragung der über das Internet bereitgestellten Informationen. Als Beispiele für „Hostingdienste“ können Cloud-Computing-Dienste, Web-Hostingdienste, entgeltliche Referenzierungsdienste oder Dienste, die den Online-Austausch von Informationen und Inhalten ermöglichen – darunter die Speicherung und der Austausch von Dateien – genannt werden. Vermittlungsdienste können isoliert, als Teil einer anderen Art von Vermittlungsdienst oder gleichzeitig mit anderen Vermittlungsdiensten erbracht werden. Ob es sich bei einem bestimmten Dienst um eine „reine Durchleitung“, eine „Caching“-Leistung oder einen „Hosting“-Dienst handelt, hängt ausschließlich von seinen technischen Funktionen ab, die sich möglicherweise im Laufe der Zeit ändern, und sollte von Fall zu Fall geprüft werden.
folgt, dass DNS-Resolver zu den Diensten zählen, für die die Haftungsprivilegierung Anwendung findet. Der bisherigen Argumentation des Senats zur vollständigen Ablehnung der Haftungsprivilegierung für den DNS-Resolver ist damit der Boden entzogen. Aufgrund der Betonung einer reinen Klarstellung im 28. Erwägungsgrund („sollte daran erinnert werden“) kann bei der Auslegung der §§ 8 ff. TMG nicht die eindeutige Ansicht des Gesetzgebers übersehen werden, dass DNS-Resolver Angebote von Vermittlungsdiensten sind. Der Wortlaut des § 2 Nr. 1 TMG „Im Sinne dieses Gesetzes … ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt“ steht einer weiten Interpretation des Begriffs der Vermittlung, so wie er im DSA vorgenommen wird, nicht entgegen (s. Gerdemann/Spindler, Das Gesetz über digitale Dienste, GRUR 2023, 3 ff., 4, 5).
Darauf, dass der DSA nur de lege ferenda gelte, kann sich die Klägerin nicht berufen. Der DSA orientiert sich bezüglich der noch nicht in Kraft stehenden Haftungsprivilegien in seinen Art. 4 bis 6 nahezu wortgleich an den Art. 12 bis 14 der E-Commerce-Richtlinie, die mit den §§ 8 bis 10 TMG in das geltende deutsche Recht umgesetzt worden sind. Auch nach dem Haftungsmodell des DSA bleibt es dabei, dass in aller Regel Accessprovider bei der reinen Durchleitung von Informationen nicht haftbar gemacht werde können. Die Einordnung des DNS-Resolvers als Vermittlungsdienst steht zudem in Einklang mit der aktuellen BGH-Rechtsprechung zur DNS-Sperre (Urteil vom 13.10.2022, I ZR 111/21, juris, Tz. 24). Es besteht keine Veranlassung, die Beklagte in ihrer Rolle als Betreiberin eines rein neutral, passiven und automatisch ablaufenden DNS-Resolvers von der Privilegierung des § 8 TMG auszuschließen. "OLG Köln: Nameserver-Betreiber mit CDN-System nicht aber DNS-Resolver können für Urheberrechtsverletzungen auf Sharehosting-Plattform haften" vollständig lesen
Leitsätze des BGH:
a) Dem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen, wenn er in entschuldbarer Weise über
Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist.
b) Aus Art. 15 Abs. 1 und 3 DSGVO folgt grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.
BGH, Urteil vom 27. September 2023 - IV ZR 177/22 - OLG Frankfurt am Main - LG Gießen
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Schadensersatzanspruch aus Art. 82 DSGVO auch eine fiktive Lizenzgebühr umfassen kann. Vorliegend ging es um die Verwendung des Namens des Betroffenen in einem Werbeprospekt.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Der Kläger hat dem Grunde nach einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung von Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr.
a. Ein solcher Anspruch folgt jedoch entgegen den Ausführungen des Landgerichts wohl nicht aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Fall BGB, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Beklagte den Namen und das Zitat des Klägers ohne seine Zustimmung und damit rechtsgrundlos genutzt hat. Der Kläger hat zwar behauptet, dass er einer Verwendung seines Namens und des Zitats speziell im Versandkatalog der Beklagten so gerade nicht zugestimmt habe. Er hat aber den Beweis für einen fehlenden Rechtsgrund, der ihm im Rahmen eines Anspruchs aus § 812 Abs. 1 S. 1, 2. Fall BGB obliegt, nicht führen können. Denn die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast als Rechtsgrund die vom Kläger in einem Telefonat erteilte konkrete Zustimmung vorgetragen und nach Anhörung beider Parteien durch das Landgericht ist – was der Kläger auch nicht substantiell angreift – insoweit von einem non liquet auszugehen, § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Abweichend von den Ausführungen des Landgerichts geht dies allerdings zu Lasten des beweisbelasteten Klägers.
b. Der Anspruch des Klägers ergibt sich jedoch dem Grunde nach aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO, der im Zeitpunkt der ersten unstreitigen Verwendung des Namens im Jahre 2019 bereits in Kraft war (Art. 99 DSGVO) und auf den vom Kläger geltend gemachten Anspruch mangels eines für die Beklagte eingreifenden Medienprivilegs – der Versandkatalog ist keine journalistische Tätigkeit gemäß Art. 85 DSGVO im Sinne der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH, Urt. v. 14.2.2019 – C-345/17, juris; BGH, Urt. v. 12.10.2021 – VI ZR 489/19, BGHZ 231, 263) – auch sachlich Anwendung findet.
aa. Die Verwendung des Namens des Klägers – und damit eines personenbezogenen Datums – in einem Werbeprospekt ist eine Datenverarbeitung im Sinne von Art. 4 Nr. 2 DSGVO durch die Beklagte. Diese bedarf zu ihrer Rechtmäßigkeit nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DSGVO der Einwilligung des Klägers, weil offensichtlich kein Fall des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO vorliegt. Unabhängig von der streitigen Frage, ob der Kläger nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO darlegungs- und beweispflichtig für einen Verstoß gegen die Verordnung ist (vgl. Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 46), ist aber zumindest die Beklagte ihrerseits nach Art. 7 Abs. 1 DSGVO beweispflichtig für das Vorliegen einer unbefristeten und nicht nur auf eine bestimmte Nutzung beschränkten Einwilligung des Klägers, wenn sie – wie vorliegend – die Rechtmäßigkeit ihrer Datenverarbeitung auf eine solche stützt. Insofern liegt, anders als beim Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB, die Beweislast bei der Beklagten, womit das nach Anhörung der Parteien bestehende non liquet zu deren Lasten ausgeht.
bb. Der Senat ist weiter der Auffassung, dass jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, also bei einem Eingriff in die vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Betroffenen durch Verwendung derselben in einem kommerziellen Kontext, der Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auch die fiktive Lizenzgebühr umfassen kann (Lizenzanalogie). In Erwägungsgrund 146 Satz 6 ist die Zielsetzung enthalten, der betroffenen Person einen vollständigen und wirksamen Schadenersatz für den erlittenen Schaden zukommen zu lassen (vgl. EuGH, Urt. v. 17.12.2015 – C-407/14, EuZW 2016, 183; dazu auch HK-DS-GVO (Kreße), Art. 82 Rn. 6; NK-DatenschutzR (Boehm), Art. 82 Rn. 27; Strittmatter/Treiterer/Harnos CR 2019, 789; Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 20), wozu u.a. auch der entgangene Gewinn zählen kann. Insofern erscheint es vorzugswürdig, dass der autonom auszulegende Schadensbegriff des Art. 82 Abs. 1 DSGVO insoweit für eine Ausgestaltung offen ist und mangels konkreter Regeln im Unionsrecht auch mitgliedstaatliche Rechtsgrundsätze – und damit hier die Grundsätze der sog. dreifachen Schadensberechnung – zur Berechnung des ersatzfähigen materiellen Schadens herangezogen werden können, wobei allerdings die Vorgaben des Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatzes hinsichtlich Haftungshöchstbetrag und etwaigem Strafschadensersatz zu beachten sind (vgl. Hellgardt, ZEuP 2022, 7; Herberger, NZFam 2021, 1088; Paal, MMR 2020, 14; Thüsing (Thüsing/Pötters), Beschäftigtendatenschutz und Compliance, 3. Aufl. 2021, § 21 Rn. 18 und 40; Ehmann/Selmayr (Nemitz), DSGVO, 2. Aufl. 2018, Art 82 Rn. 17; Paal, MMR 2020, 14, 16; dazu auch Senat, Beschl. v. 26.4.2023 – 15 U 24/23, zur Veröffentlichung bestimmt).
2. Der damit grundsätzlich gegebene Anspruch des Klägers besteht jedoch nicht in der von ihm geltend gemachten Höhe.
a. Im Fall einer nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO als Schadensersatz zu zahlenden fiktiven Lizenzgebühr ist deren Höhe vom Tatgericht gemäß der prozessrechtlichen nationalen Regelung des § 287 Abs. 2 ZPO zu schätzen. Zu fragen ist, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2021 – I ZR 120/19, NJW 2021, 1303 m.w.N.). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der in Anspruch genommenen Benutzungsberechtigung müssen dabei die gesamten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden. Wesentliche Faktoren der Bemessung sind dabei die Bekanntheit und der Sympathie-/Imagewert des Betroffenen, der Aufmerksamkeitswert, die Wirkung, der Verbreitungsgrad der Werbung und die Rolle, die dem Betroffenen in der Werbung zugeschrieben wird (vgl. BGH, Urt. v. 21.1.2021 - I ZR 207/19, GRUR-RS 2021, 548; BGH, Urt. v. 21.1.2021 – I ZR 120/19, GRUR 2021, 636; BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 - 1 BvR 127/09, GRUR-RR 2009, 375; Wanckel, in: Paschke u.a., Hamburger Kommentar Gesamtes MedienR, 4. Aufl. 2021, 42. Abschn. Rn. 51; Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.181 ff. m.w.N.).
b. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze kann der Kläger von der Beklagten lediglich einen Betrag von 1.500 Euro verlangen.
aa. Dabei will der Senat – entgegen der Rüge des Klägers im Schriftsatz vom 1.3.2023 (Bl. 96 SH) – nicht in Abrede stellen, dass der konkreten Darstellung von Name und Zitat im Versandkatalog der Beklagten durchaus ein Werbewert zukommt. Die Qualifizierung dieser konkreten Darstellung als Werbung hängt insbesondere nicht, wie es die Beklagte einwendet, davon ab, ob sich das dort verwendete Zitat des Klägers bzw. die Nennung seines Namens auf ein konkretes (einzelnes) Produkt beziehen, sondern ist auch dann zu bejahen, wenn lediglich Aussagen zur allgemeinen und von der Beklagten vertriebenen Produktgruppe (Kaviar) vorgenommen werden (vgl. in Abgrenzung dazu OLG Hamburg, Urt. v. 26.2.2008 – 7 U 61/07, AfP 2008, 210 zum dort fehlenden Akt der werblichen Vereinnahmung). Zwar ist vorliegend eine sog. Testimonialwerbung zu verneinen, weil aus Sicht der Empfänger der Versandkataloge nicht davon ausgegangen werden kann, der Kläger stehe mit seinem „guten Namen“ für ein Produkt der Beklagten ein. Vielmehr wird der Durchschnittsleser aus der Nennung von Namen und Zitat des Klägers allein eine allgemeine Anpreisung der betreffenden Produktgruppe (Kaviar) entnehmen. Insofern ist aber mit der streitgegenständlichen Gestaltung der Katalogseite dennoch jedenfalls ein gewisser Imagetransfer des Klägers – als ehemaligem 3-Sterne-Koch und Fachmann auf dem Gebiet hochpreisiger Lebensmittel – nicht nur allgemein auf Kaviar, sondern auch auf die von der Beklagten vermarktete Produktgruppe verbunden (vgl. dazu BGH, Urt. v. 28.7.2022 – I ZR 171/21, NJW 2022, 3783). Allein das Vorliegen eines solchen Werbewerts der Namensverwendung trifft jedoch noch keine Aussage über die Höhe der konkret geschuldeten fiktiven Lizenzgebühr. Diese ist vielmehr davon abhängig, inwelcher Art und welchem Umfang der Kläger sonst seinen Namen und seine berufliche Position werblich ausnutzt und welche Vergütung er in vergleichbaren Fällen erhält.
bb. Der Vertrag des Klägers mit der P., der eine deutlich höhere Vergütung als die tenorierte ausweist, ist vorliegend als Grundlage einer Schätzung nach § 287 ZPO nicht geeignet. In diesem Vertrag hat sich der Kläger verpflichtet, seinem Vertragspartner an zehn Tagen im Jahr für Fotoshootings bzw. PR-Maßnahmen zur Verfügung zu stehen. Dagegen hat die Beklagte weder ein Bild des Klägers im Katalog verwendet noch ist irgendein sonstiger (persönlicher) Einsatz des Klägers zur Unterstützung der Produkte der Beklagten mit entsprechenden Aufwendungen seinerseits erfolgt. Gleiches gilt für die sonstigen vom Kläger im Verfahren angeführten Tätigkeiten mit höherer Vergütung, die stets darauf basieren, dass er einen persönlichen Einsatz als Koch, Berater oder Produktvermarkter erbringen muss, was sich dann auch in der Höhe der jeweiligen Vergütung widerspiegelt. Insofern ist zu beachten, dass bei Heranziehung von (Vergleichs-) Verträgen zur Bemessung der Lizenzanalogie stets primär auch die Vergleichbarkeit der vereinbarten Leistungen mit der Verletzungshandlung zu prüfen ist (Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.185 m.w.N.; siehe auch BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990).
cc. Als Kriterien für eine Schätzung der fiktiven Vergütung können hier daher zunächst die Bekanntheit des Klägers sowie sein Renommee als (ehemaliger) 3-Sterne-Koch herangezogen werden, die in den Augen der angesprochenen Rezipienten – Leser einen Prospektes für hochpreisige Feinkost – durchaus einen nicht unerheblichen Stellenwert einnehmen werden. Zu berücksichtigen ist auf der anderen Seite aber auch, dass es sich beim Versandkatalog der Beklagten nicht um einen ubiquitär abrufbaren Internetauftritt, sondern lediglich um ein Printprodukt handelt, das in einer verhältnismäßig geringen Auflage von 10.000 Stück aufgelegt wird, von denen auch nicht alle Exemplare verteilt wurden. Weiter enthält das mit seinem Namen in Verbindung stehende Zitat des Klägers keine werbende Aussage unmittelbar zu einem bestimmten Produkt, sondern nur eine allgemeine Aussage zu den Mengen an Kaviar, die ein entsprechend finanzstarker Feinschmecker seiner Meinung nach zu sich nehmen sollte. Ist damit zwar nicht – wie oben ausgeführt – der Werbewert als solcher in Abrede zu stellen, da jedenfalls der Name des Klägers und sein berufliches Renommee das Publikum zum Kauf größerer Mengen Kaviars animieren sollen, muss aber bei der Höhe der zu schätzenden Vergütung berücksichtigt werden, dass die Stellung des Klägers als Spitzenkoch nicht auf ein bestimmtes Produkt bezogen wird und konkret auf dieses abfärben soll (vgl. dazu BVerfG, Beschl. v. 5.3.2009 – 1 BvR 127/09, AfP 2009, 249 – Werbung für eine Dosensuppe mit dem Bild der Beschwerdeführerin). Für eine Aussage, die eher nur allgemein den Umsatz der Beklagten verbessern soll, ist bei der Vergütung ein geringerer Betrag anzusetzen als beispielsweise für die mit Bild des Klägers versehene Anpreisung eines konkreten Produktes. Wenn man insofern berücksichtigt, dass der Kläger für ein Video mit seiner Person und werbenden Aussagen zu einem konkreten Produkt (dem Mineralwasser von H.) einen Betrag von 4.000 Euro netto für drei Jahre – also rund 1.333 Euro pro Jahr – erhalten hat, dann muss der von der Beklagten geschuldete Betrag im vorliegenden Fall, in dem in einem rund 130 Seiten starken Printkatalog lediglich auf einer einzigen Doppelseite der Name des Klägers mit einem allgemein zum Kauf von Kaviar motivierenden Zitat verwendet wird, ohne dass damit konkrete Produktanpreisungen verbunden werden oder ein bildlicher/persönlicher Einsatz des Klägers gegeben ist, deutlich geringer angesetzt werden. Der Senat hält insofern eine Jahresvergütung von 500 Euro für ausreichend und angemessen, woraus sich bei einer hier vom Landgericht unangegriffen festgestellten dreijährigen Veröffentlichung des Versandkatalogs der tenorierte Betrag von 1.500 Euro ergibt.
An diesen Erwägungen im Rahmen der Schätzung nach § 287 Abs. 1 ZPO ändert auch das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 17.3.2023 nichts. Die Teilnahme des Klägers an einer bundesweit ausgestrahlten und entsprechend bekannten Kochshow dürfte zwar durchaus zu einer weiterhin hohen Bekanntheit seiner Person in der Öffentlichkeit führen. Der Kläger macht jedoch selbst nicht geltend, dass und in welcher Höhe er für seine Teilnahme an der Sendung „E.“ eine Vergütung erhalten hat, so dass auch insofern nicht festgestellt werden kann, welcher vermeintlich höhere Werbewert insoweit seiner Person zugemessen wurde. Soweit die betreffende Fernsehsendung – dies wird zugunsten des Klägers als wahr unterstellt – seine Bekanntheit in der Öffentlichkeit gesteigert hat, kann dies bei der Bemessung der von der Beklagten zu zahlenden Lizenzgebühr zudem schon deshalb keine Rolle spielen, weil die Fernsehsendung erst lange nach der Verteilung der streitgegenständlichen Werbekataloge stattgefunden hat.
Schließlich ist eine Erhöhung der dem Kläger vorliegend zugebilligten fiktiven Lizenzgebühr auch im hier eröffneten Rahmen des Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht etwa im Hinblick auf den Gedanken eines sog. Straf- bzw. Verletzerzuschlags gerechtfertigt (vgl. dazu Hellgard, ZEuP 2022, 7, 30 für Fall nicht kommerzieller Nutzung; siehe auch Dietrich, CR 2020, 497 für den Bereich des Urheberrechts). Der Senat hat dies für den Bereich der Schadensersatzhaftung im Bereich der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts verneint (Senat, Beschl. v. 8.11.2022 – 15 U 141/22 und 15 U 142/22, zur Veröffentlichung bestimmt; siehe auch OLG München, Urt. v. 17.1.2003 – 21 U 2664/01, juris; siehe ferner BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990 Rn. 26 und vertiefend Ettig, Bereicherungsausgleich und Lizenzanalogie bei Persönlichkeitsverletzungen, 2015, S.187 ff m.w.N.); hier gilt nichts anderes: Denn zum einen hat der Kläger selbst im vorliegenden Verfahren lediglich die aus seiner Sicht angemessene Vergütung in Form der einfachen (fiktiven) Lizenz geltend gemacht und dazu vorgetragen, den Klagebetrag – und nicht etwa einen geringeren Betrag, der dann im Hinblick auf einen Verletzter-/Strafzuschlag zu erhöhen gewesen wäre – bei einer fiktiven Lizenzierung hätte verlangen zu können. Zum anderen liegt der Sinn und Zweck des Anspruchs auf Ersatz jedenfalls des materiellen Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO – um den es hier allein geht - ausweislich des Erwägungsgrunds 146 in einem schlichten Ausgleich der an den vermögenswerten Rechtspositionen des Betroffenen eingetretenen Beeinträchtigungen und nicht etwa in einer über diese reine Kompensation noch hinausgehenden „Bestrafung“ des Verletzers, wozu auf Seiten der Beklagten, die sich im Hinblick auf die verworrene tatsächliche Situation rund um die Einwilligung zur Veröffentlichung von Name und Zitat letztlich subjektiv als berechtigt angesehen hat, den Versandkatalog mit den personenbezogenen Daten des Klägers zu versehen, im Übrigen auch kein Anlass besteht. Dass der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 25.1.2017 (C-367/15, NJW 2017, 1373) eine Regelung im nationalen (polnischen) Recht, die wahlweise eine Verdopplung bzw. Verdreifachung der angemessenen Vergütung bei Urheberrechtsverletzungen vorsah, europarechtlich nicht beanstandet hat, hat auf die hier vorzunehmende Schätzung des Schadens nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO, der eine entsprechende Bestimmung selbst gerade nicht vorsieht und bei dem insofern hier auch nicht auf entsprechendes nationales Recht zurückgegriffen werden kann, keine Auswirkungen. Es sind auch keine einheitlichen europäischen Rechtstraditionen ersichtlich, die etwa durchweg das Zusprechen von pauschalen Verletzerzuschlägen eröffnen würden. Selbst wenn man Art. 82 Abs. 1 DSGVO selbst eine gewisse Strafschadensfunktion zusprechen wollte (dazu kritisch aber der Generalanwalt beim EuGH, Schlussantrag v. 6.10.2022 – C-300/21, BeckRS 2022, 26562 Rn. 35 ff.), rechtfertigt dies allein keine mehr oder weniger pauschalen „Verletzerzuschläge“ ohne eine klare gesetzliche Grundlage. Das zeigt u.a. auch der Vergleich mit den noch deutlich klareren Immaterialgütern im Bereich der Enforcement-Richtlinie 2004/48/EG (Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums, ABl. Nr. L 157 vom 30.4.2004, S. 45), die den Bereich der vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwar nicht harmonisiert (dazu Janssen, Präventive Gewinnabschöpfung, 2017, S. 371 f., 508), aber wertungsmäßig zum Vergleich hier durchaus auch herangezogen werden kann. Auch dort wird man Verletzerzuschläge – wie schon vor der Harmonisierung (BGH, Urt. v. 6.3.1980 - X ZR 49/78, GRUR 1980, 841 - Tolbutamid) – ohne klare gesetzliche Regelung im nationalen Recht, die Art. 13 Abs. 2 lit b) der Richtlinie („mindestens dem Betrag der Vergütung oder Gebühr, die der Verletzer hätte entrichten müssen, wenn er die Erlaubnis zur Nutzung des betreffenden Rechts des geistigen Eigentums eingeholt hätte“) zwar theoretisch zulassen würde, der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der Richtlinie jedoch ganz ausdrücklich nicht hat regeln wollen (BT-Drs. 16/5048, 62 zu Vorschlägen des Bundesrats), jedenfalls im Regelfall daher nicht zusprechen (st. Rspr., vgl. etwa nur BGH, Urt. v. 22.9.2021 – I ZR 20/21, GRUR 2022, 82 Rn. 14 – Layher; BGH, Urt. v. 18.6.2020 – I ZR 93/19, GRUR 2020, 990 Rn. 26 – Nachlizenzierung; siehe auch Raue, Die dreifache Schadensberechnung, 2017, S. 323 f. m.w.N.). Nichts anderes gilt aber hier, zumal gerade die kontroverse Gesetzgebungsgeschichte dieser Richtlinie zeigt, dass es selbst im klassischen „grünen Bereich“ klar abgrenzbarer Immaterialrechtsgüter keine einheitlichen Rechtstraditionen dazu in Europa gibt. Etwaige denkbare Ausnahmefälle, in denen etwa ein Verletzer sonst gegenüber einem redlichen vertraglichen Lizenznehmer ungerechtfertigte Vorteile hätte, weil etwa Schutzfähigkeitsrisiken im Raum stehen (dazu etwa Mes, PatG, 5. Aufl. 2020, § 139 Rn. 143, 147) und/oder Verwässerungsschäden lizenzerhöhend zu berücksichtigen wären (dazu BeckOK MarkenR/Goldmann, Ed. 32, § 14 Rn. 806), sind im konkreten Fall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Dass aber Art. 82 Abs. 1 DSGVO jedenfalls beim materiellen Schadensersatz – um den es hier allein geht – nicht der sog. „Überkompensation“ dienen kann, steht außer Frage und wird – weswegen hier auch von einem sog. acte-clair (dazu EuGH, Urt. v. 06.10.1982 - 283/81, NJW 1983, 1257 - C. I. L. F. I. T., Slg. 1982, 3415 Rdnr. 16 = NJW 1983, 1257) auszugehen ist – auch in Rechtsprechung und Literatur nicht vertreten.
Der BGH hat entschieden, dass ein Versicherungsnehmer keinen Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegen eine private Krankenversicherung auf Abschriften von Beitragsanpassungsschreiben hat. Ein solcher Anspruch kann sich aber möglicherweise aus Treu und Glauben (§ 242 BGB) ergeben.
Die Pressemitteilung des BGH: Zum Auskunftsanspruch über frühere Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung
Der unter anderem für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass dem Versicherungsnehmer aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung zustehen kann, wenn er in entschuldbarer Weise über Bestehen und Umfang seines Rechts im Ungewissen ist. Dagegen folgt aus Art. 15 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutzgrundverordnung - DSGVO) grundsätzlich kein Anspruch auf Abschriften der Begründungsschreiben zu den Prämienanpassungen samt Anlagen.
Sachverhalt und Prozessverlauf:
Der Kläger wendet sich gegen die Wirksamkeit von Prämienanpassungen in seiner privaten Krankenversicherung. Mit der Klage hat er vom beklagten Versicherer unter anderem Auskunft über alle Beitragserhöhungen aus den Jahren 2013 bis 2016 durch Vorlage von Unterlagen verlangt, die Angaben zur Höhe der Beitragserhöhungen unter Benennung der jeweiligen Tarife, die ihm übermittelten Anschreiben mit Begründungen, die Nachträge zum Versicherungsschein sowie die Beiblätter enthalten. Diesen Antrag hat er im Rahmen einer Stufenklage gestellt, mit der er unter anderem die Feststellung, dass die noch genauer zu bezeichnenden Erhöhungen unwirksam seien, und die Zahlung eines nach Erteilung der Auskunft noch zu beziffernden Betrages verlangt hat.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat das landgerichtliche Urteil zum Teil abgeändert und die Beklagte unter anderem antragsgemäß zur Auskunftserteilung verurteilt. Soweit die Klage Erfolg hatte, richtet sich dagegen die Revision der Beklagten.
Die Entscheidung des Senats:
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Auskunftsklage zulässig ist. Zwar ist das Rechtsschutzbegehren als Stufenklage im Sinne des § 254 Zivilprozessordnung unzulässig, da es dem Kläger nicht um die Bezifferung eines Anspruchs, sondern um die Prüfung geht, ob überhaupt ein Anspruch besteht. Der Auskunftsantrag kann jedoch in eine von der Stufung unabhängige Klage umgedeutet werden. Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der begehrten Auskunft, da er sie benötigt, um zu prüfen, ob vergangene Beitragserhöhungen unwirksam waren und ihm daraus Rückzahlungsansprüche zustehen.
Einem Versicherungsnehmer kann aus Treu und Glauben ein Auskunftsanspruch über zurückliegende Prämienanpassungen zustehen. Dieser Anspruch setzt zunächst voraus, dass ihm noch Rückzahlungsansprüche aufgrund früherer Prämienerhöhungen, falls diese unwirksam gewesen sein sollten, als Grund für das Auskunftsbegehren zustehen könnten. Darüber hinaus ist erforderlich, dass er nicht mehr über die betreffenden Unterlagen verfügt und sich die notwendigen Informationen nicht selbst auf zumutbare Weise verschaffen kann. Wenn dies der Fall ist, ist unter Berücksichtigung der Gründe für diesen Verlust zu entscheiden, ob er in entschuldbarer Weise über sein Recht im Ungewissen ist. Die hierfür maßgebenden Umstände hat der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen.
Dagegen folgt ein solcher Auskunftsanspruch grundsätzlich nicht aus Art. 15 Abs. 1, 3 DSGVO. Ein Anspruch auf eine Abschrift der gesamten Begründungsschreiben samt Anlagen lässt sich aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht herleiten, da es sich weder bei den Anschreiben selbst noch bei den beigefügten Anlagen jeweils in ihrer Gesamtheit um personenbezogene Daten des Versicherungsnehmers handelt. Aus Art. 15 Abs. 3 DSGVO ergibt sich nur ein Anspruch auf eine Kopie der Daten, zu denen nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO Auskunft zu erteilen wäre, aber grundsätzlich kein Anspruch auf Herausgabe von Kopien bestimmter Dokumente. Dazu hat der Gerichtshof der Europäischen Union mit Urteil vom 4. Mai 2023 (C-487/21, NJW 2023, 2253) entschieden, dass Art. 15 Abs. 1 DSGVO den Gegenstand und den Anwendungsbereich des Auskunftsrechts und Art. 15 Abs. 3 DSGVO die praktischen Modalitäten für die Erfüllung der Verpflichtung festlege; daher könne Art. 15 DSGVO nicht so ausgelegt werden, dass er in seinem Abs. 3 Satz 1 ein anderes Recht als das in seinem Abs. 1 vorgesehene gewähre.
Die Revision hatte auf dieser Grundlage zum Teil Erfolg und führte unter anderem zu einer Aufhebung des Berufungsurteils hinsichtlich der Auskunftsklage. Soweit das Berufungsgericht noch nicht alle Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch aus Treu und Glauben geprüft hat, hat der Bundesgerichtshof die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit es dies nachholen kann.
Vorinstanzen:
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 7. April 2022 - 3 U 266/21
LG Gießen - Urteil vom 31. August 2021 - 2 O 545/20
Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so kann die bestimmte Angabe der Leistungen, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, bis die Rechnung mitgeteilt, das Vermögensverzeichnis vorgelegt oder die eidesstattliche Versicherung abgegeben ist.
(1) Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen:
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(3) 1Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. …