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OLG Hamm: Per E-Mail als PDF-Anhang verschickte Abmahnung ist erst zugegangen wenn Empfänger Dateianhang tatsächlich geöffnet hat

OLG Hamm
Beschluss vom 09.30.2022
4 W 119/20


Das OLG Hamm hat entschieden, dass eine per E-Mail als PDF-Anhang verschickte Abmahnung erst zugegangen ist, wenn der Empfänger den Dateianhang tatsächlich geöffnet hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

Die Parteien sind Internetversandhändler.

Am 19.03.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers eine E-Mail an den Verfügungsbeklagten mit der Betreffzeile „Unser Zeichen: A ./. B 67/20-EU“. Die E-Mail enthielt folgenden Text:

„Sehr geehrter Herr B,

bitte beachten Sie anliegende Dokumente, die wir Ihnen situationsbedingt zur Entlastung der angespannten Infrastruktur im Versandwesen nur auf elektronischem Wege zur Verfügung stellen.

MfG

C“
Unterhalb dieses Textes befanden sich die Kontaktdaten des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers. Als Dateianhänge waren der E-Mail zwei PDF-Dateien beigefügt: Eine PDF-Datei mit dem Dateinamen „2020000067EU12984.pdf“ enthielt ein auf den 19.03.2020 datiertes anwaltliches Abmahnschreiben wegen der im vorliegenden Verfahren verfahrensgegenständlichen lauterkeitsrechtlichen Vorwürfe, eine PDF-Datei mit dem Dateinamen „Unterlassungs.pdf“ enthielt den Entwurf für eine strafbewehrte Unterlassungserklärung.

Am 01.04.2020 versandte der Prozessbevollmächtigte des Verfügungsklägers eine weitere E-Mail mit der Betreffzeile „Unser Zeichen: A ./. B 67/20-EU“ an den Verfügungsbeklagten. Diese E-Mail enthielt folgenden Text:

„Sehr geehrter Herr B,

zur Erfüllung diesseitiger Ansprüche setzen wir eine Nachfrist bis zum 03.04.20.

MfG

C"

Auf Antrag des Verfügungsklägers erließ das Landgericht am 07.04.2020 im Beschlusswege eine einstweilige Verfügung gegen den Verfügungsbeklagten mit einer Kostenentscheidung zum Nachteil des Verfügungsbeklagten. Nach der Zustellung dieser einstweiligen Verfügung an den Verfügungsbeklagten am 16.04.2020 gab dieser unter dem 08.05.2020 eine Abschlusserklärung ab, wobei er sich die Erhebung eines Kostenwiderspruches vorbehielt. Von diesem Vorbehalt hat der Verfügungsbeklagte auch Gebrauch gemacht und mit anwaltlichem Schriftsatz vom 08.05.2020 einen auf die getroffene Kostenentscheidung beschränkten Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung erhoben. Der Verfügungsbeklagte hat behauptet, er habe von den beiden E-Mails des Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt. Er könne nicht ausschließen, dass die beiden E-Mails im sogenannten „Spam-Ordner“ seines E-Mail-Postfaches eingegangen seien, könne dies allerdings nicht mehr überprüfen, weil E-Mails in diesem „Spam-Ordner“ bereits nach jeweils zehn Tagen wieder gelöscht würden.

Mit dem angefochtenen, am 04.11.2020 verkündeten Urteil hat die 15. Zivilkammer – Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Bochum die einstweilige Verfügung im Kostenpunkt bestätigt und dem Verfügungsbeklagten auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde.

B. Die – nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO (analog) statthafte und auch im Übrigen zulässige – sofortige Beschwerde des Verfügungsbeklagten ist begründet.

Die Kosten des Rechtsstreits sind in entsprechender Anwendung des § 93 ZPO dem Verfügungskläger aufzuerlegen. Der Verfügungsbeklagte hat dem Verfügungskläger durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Anbringung des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegeben. Dem Verfügungsbeklagten kann in diesem Zusammenhang insbesondere nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe auf die Abmahnung des Verfügungsklägers nicht reagiert. Denn das anwaltliche Abmahnschreiben vom 19.03.2020 ist dem Verfügungsbeklagten nicht zugegangen: Wird – wie im vorliegenden Falle – ein Abmahnschreiben lediglich als Dateianhang zu einer E-Mail versandt, ist es nur und erst dann zugegangen, wenn der E-Mail-Empfänger den Dateianhang auch tatsächlich geöffnet hat (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 40. Aufl. [2022], § 13 Rdnr. 47). Denn im Hinblick darauf, dass wegen des Virenrisikos allgemein davor gewarnt wird, Anhänge von E-Mails unbekannter Absender zu öffnen, kann von dem Empfänger in einem solchen Fall nicht verlangt werden, den Dateianhang zu öffnen (Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O.). Es kann mithin im vorliegenden Fall dahinstehen, ob die in Rede stehenden E-Mails überhaupt im E-Mail-Postfach des Verfügungsbeklagten (dort möglicherweise im „Spam-Ordner“) eingegangen sind. Der Verfügungsbeklagte hat durch Vorlage seiner eidesstattlichen Versicherung vom 08.05.2020 jedenfalls glaubhaft gemacht, dass er von den beiden E-Mails des – ihm zuvor nicht bekannten – Prozessbevollmächtigten des Verfügungsklägers keine Kenntnis erlangt und dementsprechend auch den Dateianhang mit dem Abmahnschreiben nicht geöffnet hat.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Volltext BGH liegt vor: Facebook muss Erben eines verstorbenen Nutzers vollständigen Zugang zum Facebook-Konto gewähren

BGH
Beschluss vom 27.08.2020
III ZB 30/20
ZPO § 888 Abs. 1 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Facebook muss Erben eines verstorbenen Nutzers vollständigen Zugang zum Facebook-Konto gewähren - Übersendung einer PDF-Datei mit ausgelesenen Daten nicht ausreichend über die Entscheidung berichtet.

Leitsatz des BGH:
Zur Auslegung eines Vollstreckungstitels (siehe BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 - III ZR 183/17, BGHZ 219, 243), der die - ein soziales InternetNetzwerk betreibende - Schuldnerin verpflichtet, den Erben einer verstorbenen Teilnehmerin an dem Netzwerk Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten der Erblasserin zu gewähren.

BGH, Beschluss vom 27. August 2020 - III ZB 30/20 - KG Berlin - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Facebook muss Erben eines verstorbenen Nutzers vollständigen Zugang zum Facebook-Konto gewähren - Übersendung einer PDF-Datei mit ausgelesenen Daten nicht ausreichend

BGH
Beschluss vom 27.08.2020
III ZB 30/20


Der BGH hat entschieden, dass Facebook den Erben eines verstorbenen Nutzers vollständigen Zugang zum Facebook-Konto gewähren muss. Die Übersendung einer PDF-Datei mit allen ausgelesenen Daten auf einem USB-Stick genügt nicht.

Die Pressemitteilung des BGH:

Zur Auslegung eines Urteils, das die Betreiberin eines sozialen Netzwerks verpflichtet, den Erben der Berechtigten eines Benutzerkontos Zugang zum vollständigen Konto zu gewähren

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass die Betreiberin eines sozialen Netzwerks, die verurteilt worden ist, den Erben einer Netzwerk-Teilnehmerin Zugang zu deren vollständigen Benutzerkonto zu gewähren, den Erben die Möglichkeit einräumen muss, vom Konto und dessen Inhalt auf dieselbe Weise Kenntnis zu nehmen und sich - mit Ausnahme einer aktiven Nutzung - darin so "bewegen" zu können wie zuvor die ursprüngliche Kontoberechtigte.

Sachverhalt

Die Schuldnerin betreibt ein soziales Netzwerk. Sie ist durch - vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17 – Pressemitteilung 115/18) bestätigtes – rechtskräftig gewordenes Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2015 verurteilt worden, den Eltern einer verstorbenen Teilnehmerin an dem Netzwerk als Erben Zugang zu dem vollständigen Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten ihrer Tochter zu gewähren. Die Schuldnerin hat daraufhin der Gläubigerin, der Mutter der Verstorbenen, einen USB-Stick übermittelt, der eine PDF-Datei mit mehr als 14.000 Seiten enthält, die nach den Angaben der Schuldnerin eine Kopie der ausgelesenen Daten aus dem von der Verstorbenen geführten Konto enthält. Zwischen den Parteien ist streitig, ob hierdurch die Verpflichtung der Schuldnerin aus dem Urteil des Landgerichts vom 17. Dezember 2015 erfüllt worden ist.

Prozessverlauf

Das Landgericht hat auf Antrag der Gläubigerin gegen die Schuldnerin wegen Nichterfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Urteil vom 17. Dezember 2015 ein Zwangsgeld von 10.000 € festgesetzt. Das Kammergericht hat den Beschluss des Landgerichts auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin aufgehoben und den Antrag der Gläubigerin auf Festsetzung eines Zwangsmittels gegen die Schuldnerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Kammergericht zugelassene Rechtsbeschwerde der Gläubigerin.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den Beschluss des Kammergerichts aufgehoben und die erstinstanzliche Entscheidung wiederhergestellt.

Bereits die Auslegung des Tenors des Urteils des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2015 ergibt, dass der Gläubigerin nicht nur Zugang zu den im Benutzerkonto vorgehaltenen Kommunikationsinhalten zu gewähren, sondern darüber hinaus auch die Möglichkeit einzuräumen ist, vom Benutzerkonto selbst und dessen Inhalt auf dieselbe Art und Weise Kenntnis nehmen zu können, wie es die ursprüngliche Kontoberechtigte konnte.

Dies folgt zudem aus den Entscheidungsgründen des vorgenannten Urteils sowie des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 12. Juli 2018. Beide Entscheidungen haben den von der Schuldnerin zu erfüllenden Anspruch der Gläubigerin erbrechtlich hergeleitet. Der Bundesgerichtshof hat ausgeführt, der Nutzungsvertrag zwischen der Tochter der Gläubigerin und der Schuldnerin sei mit seinen Rechten und Pflichten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Erben übergegangen. Letztere seien hierdurch in das Vertragsverhältnis eingetreten und hätten deshalb als Vertragspartner und neue Kontoberechtigte einen Primärleistungsanspruch auf Zugang zu dem Benutzerkonto ihrer Tochter sowie den darin enthaltenen digitalen Inhalten. Aus dieser Stellung der Erben und dem auf sie übergegangenen Hauptleistungsanspruch der Erblasserin aus dem mit der Schuldnerin bestehenden Vertragsverhältnis folgt ohne weiteres, dass den Erben auf dieselbe Art und Weise Zugang zu dem Benutzerkonto zu gewähren ist wie zuvor ihrer Tochter. Das ergibt sich zudem aus zahlreichen weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofs und des Landgerichts Berlin in ihren vorgenannten Urteilen.

Die Schuldnerin hat ihre Verpflichtung aus dem Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. Dezember 2015 nicht erfüllt. Durch die Überlassung des USB-Sticks mit einer umfangreichen PDF-Datei wurde kein vollständiger Zugang zum Benutzerkonto gewährt. Die PDF-Datei bildet das Benutzerkonto nicht vollständig ab. Letzteres erfordert nicht nur die Darstellung der Inhalte des Kontos, sondern auch die Eröffnung aller seiner Funktionalitäten - mit Ausnahme derer, die seine aktive Weiternutzung betreffen - und der deutschen Sprache, in der das Benutzerkonto zu Lebzeiten der Erblasserin vertragsgemäß geführt wurde. Diese Voraussetzungen erfüllt die von der Gläubigerin übermittelte Datei nicht.

Vorinstanzen:

LG Berlin – Beschluss vom 13. Februar 2019 – 20 O 172/15

Kammergericht – Beschluss vom 3. Dezember 2019 – 21 W 11/19

Die maßgeblichen Vorschriften lauten

§ 888 ZPO - Nicht vertretbare Handlungen

(1) Kann eine Handlung durch einen Dritten nicht vorgenommen werden, so ist, wenn sie ausschließlich von dem Willen des Schuldners abhängt, auf Antrag von dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges zu erkennen, dass der Schuldner zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, durch Zwangshaft oder durch Zwangshaft anzuhalten sei. Das einzelne Zwangsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für die Zwangshaft gelten die Vorschriften des Zweiten Abschnitts über die Haft entsprechend.




OLG Frankfurt: Bedienungsanleitung muss nach § 3 Abs. 4 ProdSG Produkt nicht zwingend in Papierform beigefügt werden - deutschsprachige PDF-Datei per Email vor Lieferung ausreichend

OLG Frankfurt
Urteil vom 28.02.2019
6 U 181/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die nach § 3 Abs. 4 ProdSG erforderliche Beidenungsanleistung dem Produkt nicht zwingend in Papierform beigefügt werden muss. Die Übersendung einer deutschsprachigen PDF-Datei per Email vor Lieferung ist ausreichend.

Aus den Entscheidungsgründen:

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Unterlassung aus §§ 3, 3a, 8 I UWG i.V.m. § 3 IV ProdSG, das Produkt in den Verkehr zu bringen, ohne eine deutschsprachige Bedienungsanleitung beizufügen.

a) Sind bei der Verwendung, Ergänzung oder Instandhaltung eines Produkts bestimmte Regeln zu beachten, um den Schutz von Sicherheit und Gesundheit zu gewährleisten, ist bei der Bereitstellung auf dem Markt hierfür eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache mitzuliefern (§ 3 IV ProdSG). Wie sich aus der vom Beklagten vorgelegten Gebrauchsanweisung (S. 15) ergibt, sind beim Betrieb des Elektroautos konkrete Sicherheitsbestimmungen zu beachten. Die Gebrauchsanleitung enthält auch zahlreiche Warnhinweise. Eine Gebrauchsanleitung in deutscher Sprache ist daher mitzuliefern.

b) Unstreitig hat der Beklagte dem Produkt zunächst keine deutsche Gebrauchsanleitung in Papierform beigefügt. Dies ist auch nicht erforderlich. In welcher Form eine Bedienungsanleitung mitzuliefern ist, ist in § 3 Abs. 4 Satz 1, 1. Halbsatz ProdSG nicht geregelt. Eine Verpflichtung, die Bedienungsanleitung in auf Papier gedruckter Form beizufügen, lässt sich aus dem ProdSG nicht ableiten (LG Potsdam, Urt. v. 26.6.2014 - 2 O 188/13, Rn. 31 - juris; Czernik, MMR 2015, 338). Eine andere Auslegung ergibt sich auch nicht aus der RL 95/2001/EG, welche durch das Produktsicherheitsgesetz umgesetzt wurde. Nach Art. 5 Abs. 1 sind dem Verbraucher lediglich einschlägige Informationen zu erteilen, damit er die Gefahren, die von dem Produkt während der üblichen oder vernünftigerweise vorhersehbaren Gebrauchsdauer ausgehen und die ohne entsprechende Warnhinweise nicht unmittelbar erkennbar sind, beurteilen und sich dagegen schützen kann. Auch aus den Erwägungsgründen lässt sich nichts anderes ableiten. Aus § 7 II Nr. 2 der Zweiten Verordnung zum Produktsicherheitsgesetz (Verordnung über die Sicherheit von Spielzeug) ergibt sich ebenfalls nur, dass dem Spielzeug die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache "beigefügt" sein müssen.

c) Es genügt daher, wenn der Beklagte dem Käufer vor der Lieferung eine deutschsprachige Bedienungsanleitung per Email als PDF-Datei zur Verfügung stellt. Davon kann jedoch im Streitfall nicht ausgegangen werden. Die Klägerin hat konkret vorgetragen, dass bei dem Testkauf keine deutsche Betriebsanleitung versendet wurde. Damit war auch das elektronische Versenden gemeint. Der Beklagte hat erstinstanzlich vorgetragen, den Kunden sei anfänglich eine Bedienungsanleitung in deutscher Sprache per Email zugeleitet worden. Dass dies auch bei dem Testkauf der Fall war, hat er erstinstanzlich nicht konkret dargelegt. In der Klageerwiderung verwendet er lediglich das Präsens ("den Kunden wird … zugeleitet"). Im Schriftsatz vom 8.12.2016 heißt es, "anfänglich" habe er sie den Kunden per E-Mail als PDF zugeleitet, mittlerweile füge er sie der Verpackung bei. Auch dies sagt über den Zeitpunkt des Testkaufs nichts aus. Ein Muster der angeblichen Email hat er auch nicht vorgelegt.

Ohne Erfolg bestreitet der Beklagte mit Schriftsatz vom 20.2.2019 erstmals, dass überhaupt ein Testkauf stattgefunden hat. Insoweit handelt es sich um ein neues Verteidigungsmittel, da der Testkauf in erster Instanz - wie auch im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt - unstreitig war. Dieses neue Verteidigungsmittel kann nach § 531 II Nr. 3 ZPO keine Berücksichtigung mehr finden.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer Webseite ist nicht ausreichend - Widerrufsbelehrung muss Verbraucher in Textform übermittelt werden

BGH
Urteil vom 15.05.2014
III ZR 368/13
BGB § 242, § 309 Nr. 12 Buchst. b, § 312d Abs. 1 [F: 2.1.2002], § 355 [F: 29.7.2009]


Der BGH hat wenig überraschend entschieden, dass die bloße Abrufbarkeit der Widerrufsbelehrung auf einer Webseite bei Fernabsatzgeschäften nicht ausreichend ist. Vielmehr muss der Shopbetreiber dem Verbraucher die Belehrung über das Widerrufsrecht in Textform (Email, Brief, Fax) zur übersendet.

Leitsätze des BGH:

a) Die bloße Abrufbarkeit einer Widerrufsbelehrung auf einer gewöhnlichen Webseite ("ordinary website") des Unternehmers reicht für die formgerechte Mitteilung der Widerrufsbelehrung an den Verbraucher nach § 355 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, § 126b BGB nicht aus (Anschluss an BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08, NJW 2010, 3566).

b) Die vom Unternehmer in einem Online-Anmeldeformular vorgegebene, vom Kunden (Verbraucher) bei der Anmeldung zwingend durch Anklicken mit einem Häkchen im Kontrollkasten zu versehende Bestätigung "Widerrufserklärung □ Widerrufsbelehrung zur Kenntnis genommen und ausgedruckt oder abgespeichert?" ist gemäß § 309 Nr. 12 Buchst. b BGB sowie deshalb unwirksam, weil sie von den verbraucherschützenden Regelungen in § 355 Abs. 2 und 3, § 360 Abs. 1 BGB zum Nachteil des Verbrauchers abweicht.

c) Ist eine vom Unternehmer vorformulierte Bestätigung des Kunden unwirksam, so kann der Unternehmer dem Widerruf des Kunden nicht den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten und gegen den Kunden auch keinen Schadensersatzanspruch wegen arglistiger Täuschung oder sonstiger Treuepflichtverletzung geltend machen, indem er den Vorwurf erhebt, dass der Kunde diese Bestätigung wahrheitswidrig erteilt habe.

BGH, Urteil vom 15. Mai 2014 - III ZR 368/13 - LG Karlsruhe - AG Ettlingen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Vortragspräsentation als PDF und Slideshare: Social Media und Recht - Was Unternehmen wissen müssen - Rechtliche Risiken erkennen und vermeiden - IHK-Praxiswoche

Wir möchten uns ganz herzlich für die zahlreichen aufmerksamen Teilnehmer der Veranstaltung "Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen - Rechtliche Risiken erkennen und vermeiden" im Rahmen der IHK-Praxiswoche "Sicher ist sicher! IT-Recht und Datenschutz in der Praxis" bedanken.

Die Vortragspräsentation von Rechtsanwalt Marcus Beckmann finden Sie bei Slideshare

"Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen" bei Slideshare

und zusätzlich als PDF-Download

"Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen" als PDF

PDF-Datei: CeBIT-Vortrag "Cloud Computing und der sichere Hafen: Was Unternehmen bei der Nutzung cloudbasierter Dienste beachten müssen"

Wir möchten uns ganz herzlich bei allen Teilnehmern und Zuhörern unseres CeBIT-Vortrags "Cloud Computing und der sichere Hafen: Was Unternehmen bei der Nutzung cloudbasierter Dienste beachten müssen" bedanken. Die Unterlagen können Sie als PDF-Datei herunterladen:
"Cloud Computing und der sichere Hafen: Was Unternehmen bei der Nutzung cloudbasierter Dienste beachten müssen"

BGH: Beginn der Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften erst mit Zugang der Widerrufsbelehrung in Textform beim Käufer

BGH
Urteil vom 29. April 2010
I ZR 66/0
Holzhocker
BGB §§ 312c, 355, 126b

Mit dieser Entscheidung hat der BGH nun auch höchstrichterlich klargestellt, dass die Widerrufsfrist bei Fernabsatzgeschäften erst dann zu laufen beginnt, wenn die Widerrufsbelehrung dem Käufer in Textform (= Brief, Fax, Email) im Volltext zugeht. Eine Widerrufsbelehrung auf der Internetseite des Verkäufers bzw. die Zusendung eines Links auf z.B. auf eine PDF-Datei genügt nicht.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

"Entgegen der Auffassung der Revision reicht die Speicherung der Angebotsseite auf dem Server des Plattformbetreibers daher nicht aus, um eine Widerrufsfrist von zwei Wochen anlaufen zu lassen. Die Belehrung geht dem Verbraucher vor dem Vertragsschluss nicht ohne dessen weiteres Zutun in Textform zu, solange er sie nicht auf seinem eigenen Computer abspeichert oder ausdruckt."

Leitsatz des BGH:
Die dem Verbraucher bei Fernabsatzverträgen gemäß §§ 312c, 355 BGB zu erteilenden Informationen müssen nicht nur vom Unternehmer in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise abgegeben werden, sondern auch dem Verbraucher in einer zur dauerhaften Wiedergabe geeigneten Weise zugehen. Dementsprechend reicht die Speicherung dieser Informationen auf der Website des Unternehmers ebenso wenig für das Anlaufen der Widerrufsfrist von zwei Wochen gemäß § 355 Abs. 1 Satz 2 BGB aus wie die Möglichkeit, diese Informationen nach Vertragsschluss bei eBay abzurufen.
BGH, Urteil vom 29. April 2010 - I ZR 66/08 - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: