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OLG Köln: Berufung muss nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV zwingend als PDF-Datei an das Gericht übermittelt werden

OLG Köln
Beschluss vom 22.06.2023
17 U 42/22


Das OLG Köln hat entschieden, dass eine Berufung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV zwingend als PDF-Datei an das Gericht übermittelt werden muss.

Aus den Entscheidungsgründen:
2. Eine formgerechte Berufungseinlegung bis zum 25.03.2022 ist nicht feststellbar.

Ausgangspunkt ist § 519 ZPO, wonach die Berufungseinlegung der Einreichung einer Berufungsschrift bedarf. Auf diese finden die Vorschriften der §§ 129 ff. ZPO und damit § 130 a ZPO Anwendung. Danach bedarf es ab dem 01.01.2020 (§ 130 d ZPO) zwingend der Einreichung als elektronisches Dokument. Unter elektronischen Dokumenten im Sinne von § 130a ZPO sind solche Erklärungen zu verstehen, die dem Empfänger in einer dauerhaften, aber nicht unmittelbar, sondern nur maschinell lesbaren, digitalen Form zugehen (Zöller/Greger, ZPO, 34. A., § 130a ZPO Rn 3). Sie müssen den in § 130a Abs. 2 bis 4 ZPO genannten Voraussetzungen entsprechen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ist das elektronische Dokument „in druckbarer, kopierbarer und, soweit technisch möglich, durchsuchbarer Form im Dateiformat PDF zu übermitteln“. Bei bildlichen Darstellungen darf das elektronische Dokument zusätzlich im Dateiformat TIFF übermittelt werden (Satz 2). Gemäß § 2 Absatz 2 ERVV soll der Dateiname den Inhalt des elektronischen Dokuments schlagwortartig umschreiben und bei der Übermittlung mehrerer elektronischer Dokumente eine logische Nummerierung enthalten. Schließlich soll dem elektronischen Dokument nach Absatz 3 „ein strukturierter maschinenlesbarer Datensatz im Dateiformat XML beigefügt werden“, der mindestens folgende Angaben enthält:
"1. die Bezeichnung des Gerichts;
2. sofern bekannt das Aktenzeichen des Verfahrens;
3. die Bezeichnung der Parteien oder Verfahrensbeteiligten;
4. die Angabe des Verfahrensgegenstandes:
5. sofern bekannt, das Aktenzeichen eines denselben Verfahrensgegenstand

betreffenden Verfahrens und die Bezeichnung der die Akten führenden Stelle."

a) Bei der am 24.03.2022 per „Prüfvermerk“ eingegangenen bloßen „Nachricht“ handelt es sich bereits nicht um ein elektronisches Dokument iSv § 130a Abs. 1 ZPO. Es ist nur der Bericht über die „technische Prüfung“ der einzelnen elektronischen Dokumente, die „unten aufgeführt“ sind. Die Betreff-Zeile der Nachricht ist gerade nicht das Dokument als solches. Vielmehr beschreibt es nur den Inhalt der als Dokumente übermittelten Dateien. Allein diese stellen die bei Gericht eingereichten elektronischen Dokumente dar. Mit dem „Prüfvermerk“ wird nur der sichere Übermittlungsweg aus einem besonderen Anwaltspostfach bestätigt. Es handelt sich um den vertrauenswürdigen Herkunftsnachweis aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2022 – IX ZR 118/22 -, ZinsO 2022, 2579 f. = juris Rn 7 f.). Bei dem „Prüfvermerk“ mit dem Nachrichtenbetreff handelt es sich nicht um das elektronische Dokument bzw. die Datei selbst.

Zudem wird vom Gesetzgeber die Einreichung von elektronischen Dokumenten im PDF-Format zwingend vorausgesetzt (BGH, Beschluss vom 3. Mai 2022 – 3 StR 89/22 –, NJW-Spezial 2022, 408 f. = juris Rn 12; MK-ZPO/Fritsche,6. A., §130a ZPO Rn 4). Bei § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV handelt es sich nicht um eine in das Belieben des Einreichers gestellte technische Vorgabe und die Nichtbeachtung des PDF-Formats begründet mehr als einen rein formalen Verstoß gegen technische Vorschriften. Dem Einreicher ist daher kein Wahlrecht einzuräumen, in welcher Form er ein elektronisches Dokument bei Gericht einreicht (OLG Koblenz, Beschluss vom 7. Juni 2022 – 4 OLG 4 Ss 67/22 –, juris Rn 14 mwN).

b) Auch bei der übersandten Datei „xjustiz_nachricht.xml“ (vgl. § 5 Nr. 2 ERVB 2022, abgedruckt bei Anders in Anders/Gehle, ZPO, 81. A., §130a ZPO vor Rn 1) handelt es sich nicht um das elektronische Dokument als solches. Es ist vielmehr der von dem Übermittlungssystem erzeugte „Datensatz“ mit den nach § 2 Abs. 3 ERRV vorgeschriebenen Angaben. Außerdem handelt es sich auch bei dieser Datei nicht um eine solche im PDF-Format. Die in § 2 Abs. 1 ERVV genannten Dateiformate sind abschließend (Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 43. A., § 130a ZPO Rn 3).

Selbst wenn man die einzelnen Angaben („Berufung“ / „Urteil LG Köln“ / „Zurek, Jakob (53111 Bonn)“ in dieser XML-Datei zusammennimmt, bliebe unklar, wer für wen Berufung hätte einlegen wollen. Die Bezeichnung des Rechtsmittelführers muss eindeutig sein; an dessen Bezeichnung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2005 – XI ZB 43/04 –, MDR 2006, 589 = juris Rn 8). Zwar könnte sich aus dem beigefügten Urteil, wonach die Klage abgewiesen wurde, noch ergeben, dass die Klägerin Berufung hätte einlegen wollen (vgl. BGH, Beschluss vom 24.02.2021 – VII ZB 8/21 -, BauR 2021, 1008 = juris Rn 13; a.A. Heßler in Zöller, a.a.O., § 519 Rn 30a mwN). Der Name F. (und dessen Zuordnung zu den Prozessparteien) ergibt sich aus dem beigefügten Urteil jedoch nicht. Die Gerichtsakte mit den erstinstanzlich gewechselten Schriftsätzen stand dem Senat bis zu dem – insoweit maßgeblichen (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Februar 2022 – VI ZB 20/20 -, NJW-RR 2022, 784 = juris Rn 11) - Zeitpunkt noch nicht zur Verfügung. Der beigefügte Schriftsatz bezog sich nicht auf das hiesige Verfahren, sondern betraf eine außergerichtliche Korrespondenz unter Anwälten.

3. Die formwirksam am 28. März 2022 eingegangene Berufungsschrift vom 23.03.2022 (8 – 9 OLGeA), die qualifiziert signiert und entsprechend geprüft war (4 = 7 OLGeA), ist nicht mehr innerhalb der Einlegungsfrist beim OLG eingegangen.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

EuGH: Funktionalität eines Computerprogramms und Programmiersprache sind nach der EU-Softwarerichtlinie urheberrechtlich nicht geschützt

EuGH
Urteil vom 02.05.2012
C‑406/10
SAS Institute Inc.
gegen
World Programming Ltd


Der EuGH hat entschieden, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder ein Dateiformat nach der EU-Softwarerichtlinie urheberrechtlich geschützt sind.

Entscheidung des EuGH:

1. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen ist dahin auszulegen, dass weder die Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache oder das Dateiformat, die im Rahmen eines Computerprogramms verwendet werden, um bestimmte Funktionen des Programms zu nutzen, eine Ausdrucksform dieses Programms sind und daher nicht unter den Schutz des Urheberrechts an Computerprogrammen im Sinne dieser Richtlinie fallen.

2. Art. 5 Abs. 3 der Richtlinie 91/250 ist dahin auszulegen, dass die Person, die im Besitz einer lizenzierten Kopie eines Computerprogramms ist, das Funktionieren dieses Programms, ohne die Genehmigung des Urheberrechtsinhabers einholen zu müssen, beobachten, untersuchen oder testen kann, um die einem Programmelement zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze zu ermitteln, wenn sie von dieser Lizenz umfasste Handlungen sowie Handlungen zum Laden und Ablaufen vornimmt, die für die Benutzung des Computerprogramms erforderlich sind, und unter der Voraussetzung, dass diese Person die Ausschließlichkeitsrechte des Inhabers des Urheberrechts an diesem Programm nicht verletzt.

3. Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die in einem Computerprogramm oder in einem Benutzerhandbuch für dieses Programm erfolgte Vervielfältigung bestimmter Elemente, die in dem urheberrechtlich geschützten Benutzerhandbuch eines anderen Computerprogramms beschrieben werden, eine Verletzung des Urheberrechts an dem letztgenannten Handbuch darstellen kann, sofern – was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist – diese Vervielfältigung die eigene geistige Schöpfung des Urhebers des urheberrechtlich geschützten Benutzerhandbuchs für das Computerprogramm zum Ausdruck bringt.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: