Skip to content

OLG Frankfurt: Facebook darf Posts mit Fehlinformationen zu Corona und zur Corona-Impfung löschen

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.11.2024
16 U 52/23


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass Facebook Posts mit Fehlinformationen zu Corona und zur Corona-Impfung löschen darf.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Facebook - Löschung von Posts mit Fehlinformationen
Facebook darf Posts mit Fehlinformationen zur Wirksamkeit und Gefährlichkeit der Corona-Impfung löschen.

Die Nutzungsbedingungen berechtigten Facebook, Beiträge mit „Falschmeldungen“ u.a. in Form von „Fehlinformation zu Impfstoffen“ zu löschen. Voraussetzung ist, dass die Informationen nach Einschätzung sachverständiger Gesundheitsbehörden oder führender Gesundheitsorganisationen falsch sind und wahrscheinlich zu einer Impfverweigerung beitragen. Sie dürfen zudem keine sachbezogene Kritik am derzeitigen Erkenntnisstand darstellen. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat die Berufung des Klägers, mit der er die erneute Freischaltung des gelöschten Posts begehrte, gestern zurückgewiesen.

Der Kläger postete auf der von der Beklagten betriebenen Plattform Facebook einen Beitrag zur Wirksamkeit und Gefährlichkeit von Impfstoffen gegen Covid-19-Viren. Er hatte diesen Beitrag seinen eigenen Angaben nach einem „verschwörungsideologischen Kanal“ entnommen. Die Beklagte löschte diesen Beitrag und informierte den Kläger entsprechend. Der Widerspruch des Klägers hiergegen blieb erfolglos.

Mit seiner Klage beantragte er vor dem Landgericht u.a. die erneute Freischaltung dieses Beitrags. Dieses Begehren hatte auch in der Berufung keinen Erfolg. Der Kläger habe keinen Anspruch, dass die Beklagte den Beitrag wieder freischalte, führte der zuständige Pressesenat aus. Zwar habe sich die Beklagte im Rahmen des Nutzungsvertrags verpflichtet, dem Kläger ihre Produkte und Dienste zur Verfügung zu stellen. Sie dürfe deshalb Beiträge des Klägers nicht grundlos löschen. Der hier streitige Beitrag habe jedoch gegen die über die neuen Nutzungsbedingungen einbezogenen Regelungen in den Gemeinschaftsstandards zu „Falschmeldungen“, u.a. „Fehlinformationen zu Impfoffen“ verstoßen. Demnach sei die Beklagte zur Entfernung von Beiträgen berechtigt, wenn die Gesundheitsbehörden zu dem Schluss gekommen sind, dass die Informationen falsch sind und wahrscheinlich zu einer Impfverweigerung beitragen. Nicht erforderlich sei, dass wissenschaftlich mit „absoluter Sicherheit“ feststehe, dass es sich um unwahre Tatsachen handele. Hier habe die Beklagte für drei in dem Post enthaltene Äußerungen belegt, dass es sich um derartige Fehlinformationen handele:

Die im Beitrag enthaltene Behauptung, dass die Covid-19-Impfstoffe gemäß „von der britischen Regierung und der Universität Oxford veröffentlichter Studien“ nicht „wirkten“, habe die Beklagte durch zahlreiche gegenteilige Studien widerlegt. Die weitere Behauptung, dass nach einem „internen Dokument der Ärztekammer“ vor den „tödlichen Nebenwirkungen nach der Auffrischung gewarnt“ werde und es zu „schwersten Nebenwirkungen“ komme, habe die Beklagte u.a. durch Vorlage des Informationsblattes des Bundesministeriums für Gesundheit zur Sicherheit der Covid-19-Impfstoffe ebenfalls widerlegt. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass - wie vom Kläger behauptet - der Bundesgesundheitsminister mittlerweile eine erhebliche Zahl an Impfschäden einräume. Insbesondere sei ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Covid-19-Impfungen und Long-/Post-Covid ähnlicher Symptomatik nicht durch Studien belegt. Schließlich habe die Beklagte die Behauptung, dass ein „internationales Team von Wissenschaftlern“ das Vorhandensein von „Toxinen und Graphenoxiden“ in Impfstoffen festgestellt habe, durch Verweis auf einen Recherchetext von correktiv.org zum Fehlen von „Graphenoxiden“ widerlegt. Dieser journalistische Text zitiere eine Auskunft der Pressesprecherin des Paul-Ehrlich-Instituts und der Pressesprecherin der europäischen Arzneimittelbehörde. Dem habe der Kläger nichts entgegengesetzt.

Die Regelungen hielten auch einer Inhaltskontrolle bei Vornahme der gebotenen Abwägung der Meinungsfreiheit der Nutzer einerseits und der Berufsfreiheit der Beklagten andererseits stand. Für das hier maßgebliche Verbot von Fehlinformationen bestehe ein sachlicher Grund. Die Beklagte nehme ein legitimes öffentliches Interesse wahr. Dem Kläger werde mit der Regelung auch nicht die Äußerung einer bestimmten politischen Ansicht untersagt. Das Verbot beziehe sich allein auf Tatsachenäußerungen, nicht auf politische Meinungen. Eine sachbezogene Kritik an Corona-19-Virus-Impfungen wäre zudem nicht von dem Löschungstatbestand erfasst.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision vor dem BGH begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.11.2024, Az. 16 U 52/23
(Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 26.1.2023, Az. 2-03 O 71/22)



BGH legt EuGH vor: Wann liegt das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vor

BGH
Beschluss vom 10.11.2022 - I ZR 186/17
App-Zentrum II
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 2; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1
Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Der BGH hat dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt, wann das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vorliegt.

Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wird eine Rechtsverletzung "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien ?

BGH, Beschluss vom 10. November 2022 - I ZR 186/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter - FSM: Erster Tätigkeitsbericht zur Selbstregulierung nach NetzDG

Die FSM hat den ersten Tätigkeitsbericht zur Selbstregulierung nach dem NetzDG veröffentlicht.

Rechtsanwalt Marcus Beckmann ist Mitglied des NetzDG-Prüfungsausschusses der FSM.

Die Pressemittelung der FSM:

"SELBSTREGULIERUNG NACH NETZDG - FSM veröffentlicht ersten Tätigkeitsbericht

Berlin, 23. April 2021. Als erste und bislang einzige vom Bundesamt für Justiz (BfJ) anerkannte Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nahm die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM e.V.) im März 2020 ihre Tätigkeit auf und blickt im heute veröffentlichten Tätigkeitsbericht positiv auf ein spannendes erstes Jahr zurück.

Insgesamt wurden 23 Fälle von den Anbietern sozialer Netzwerke an die FSM übermittelt, über die ein externes sachverständiges Expertengremium, der NetzDG-Prüfausschuss, entschied. Acht der insgesamt 23 Beschwerden wurden von den NetzDG-Prüfausschüssen als rechtswidrig bewertet und die entsprechenden Inhalte daraufhin entfernt. Hauptsächlich wurde dabei der mögliche Straftatbestand der Beleidigung § 185 StGB geprüft.

Rechtsfragen aus der Mitte der Gesellschaft
Die Prüferinnen und Prüfer setzten sich mit kontrovers diskutierten juristischen Fragestellungen auseinander, die nicht zuletzt auch durch die fortdauernde Corona-Pandemie bestimmt wurden. So ging es neben der Frage der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen auf sog. „Querdenker-Demos“ auch um die öffentliche Aufforderung zur Maskenverweigerung und ob dies die Voraussetzungen der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten im Sinne des § 111 StGB erfüllt.

Martin Drechsler, FSM-Geschäftsführer:
„Wir sehen in der Praxis immer wieder, dass soziale Netzwerke mit Sachverhalten konfrontiert sind, die sich nicht mit einem Blick in einen juristischen Standardkommentar lösen lassen. Mit der Expertise unserer unabhängigen Prüferinnen und Prüfer können wir nun einen wichtigen Beitrag dazu leisten, auch komplexe und umstrittene Rechtsfragen zu beantworten und die Plattformen mit Blick auf vergleichbare Situationen zu unterstützen.“

Lesen Sie hier den vollständigen Bericht.

FSM-Prüfgremium entscheidet in schwierigen Fällen über Rechtswidrigkeit des gemeldeten Inhalts
Das bereits seit vielen Jahren im Jugendmedienschutz etablierte System der Regulierten Selbstregulierung ist in einem ähnlichen System auch im NetzDG vorgesehen. So können Plattformen seit 2020 Fälle, die nicht offensichtlich rechtswidrig und damit schwer juristisch zu bewerten sind, an ein unabhängiges externes Expertengremium einer Einrichtung der Regulierten Selbstregulierung weitergeben, das über die Rechtswidrigkeit des gemeldeten Inhalts entscheidet. Nutzen die Anbieter diese Option, so sind sie an diese Entscheidungen gebunden und müssen die entsprechenden Maßnahmen ergreifen. Von der Möglichkeit der erneuten Prüfung als Form des Widerspruchs gegen die Entscheidungen der FSM-Prüfausschüsse wurde bisher kein Gebrauch gemacht.

Die Entscheidungen der Prüfausschüsse veröffentlicht die FSM auf ihrer Website.

Über die FSM
Die FSM ist seit 2005 eine von der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) anerkannte Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle für den Bereich Online-Medien engagiert sich maßgeblich für den Jugendmedienschutz – insbesondere die Bekämpfung illegaler, jugendgefährdender und entwicklungsbeeinträchtigender Inhalte in Online-Medien. Dazu betreibt die FSM eine Beschwerdestelle, an die sich alle wenden können, um jugendgefährdende Online- Inhalte zu melden. Die umfangreiche Aufklärungsarbeit und Medienkompetenzförderung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gehören zu den weiteren Aufgaben der FSM."


LG Frankfurt: Vereinsvorstand muss Administratorenrechte an Facebook-Seite an Verein herausgeben auch wenn diese unter Nutzung eines privaten Accounts erstellt wurde

LG Frankfurt
Urteil vom 24.07.2020
2-15 S 187/19


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass das Vorstandsmitglied eines Vereins, welches für den Verein eine Facebook-Seite erstellt hat, nach § 27 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 667 BGB die Administratorenrechte an der Facebook-Seite an den Verein herausgeben muss, auch wenn die Facebook-Seite unter Nutzung des privaten Accounts eingerichtet wurde.

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Kläger stand, wie das Amtsgericht zu Recht und mit überzeugender Begründung angenommen hat, ein Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Facebook-Seite zu, und zwar in der Weise wie beantragt, d.h. durch Übertragung der Administrationsrechte auf den von dem Kläger bezeichneten Mitglied seines Vorstands.

aa) Zu Recht hat das Amtsgericht diesen Anspruch auf § 27 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 667 BGB gestützt. Danach hat das Vorstandsmitglied eines Vereins wie ein Beauftragter dasjenige herauszugeben, was es zur Ausführung seines Amtes erhält oder daraus erlangt (vgl. BeckOGK/Segna, 01.07.2020, § 27 BGB Rn. 102). Die Herausgabepflicht erstreckt sich auf jeden erlangten Vorteil, einschließlich solcher Gegenstände, die der Beauftragte selbst hervorgebracht, d.h. angefertigt oder erworben hat (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 17).

Auch Online-Konten, beispielsweise ein Facebook-Account, zählen dazu, wenn sie in Ausübung des Amtes geschaffen worden sind (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 21 m.w.N.). Hiervon abzugrenzen sind privat genutzte, aber mit Bezügen zu dem Auftraggeber angelegte Facebook-Konten, die von der Herausgabepflicht dann ausgenommen sind, wenn sie einen substanziellen privaten Anteil aufweisen (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 21 unter Verweis auf AG Brandenburg, NZA-RR 2018, 364).

In Anwendung dieser Grundsätze sind Administrationsrechte an einer Facebook-Seite jedenfalls dann von der Herausgabepflicht umfasst, wenn ein Vorstandsmitglied, wenn auch systembedingt unter Nutzung eines privaten Accounts, im Auftrag des Vereins für diesen einen Facebook-Auftritt geschaffen hat.

bb) Um einen solchen Fall handelt es sich hier.

Dies ist in tatsächlicher Hinsicht freilich streitig. Das Amtsgericht hat aber zu Recht das wechselseitige Parteivorbringen, die vorgelegten Unterlagen und die Angaben der Beklagten im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung in der Gesamtschau in diesem Sinne ausgewertet.

(1) Die genannten Angaben der Beklagten sprechen am stärksten für diese Wertung. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Folgendes erklärt: „Ich habe für den Verein die Facebook-Seite errichtet und habe meine Vorstandskollegen in der Sitzung darüber informiert. Da diese keine Ahnung von Facebook haben, haben sie mir vertraut und haben dem sozusagen zugestimmt“ (Sitzungsniederschrift vom 28.10.2019, S. 2; Bl. 455 R d.A.). Aus diesen Worten spricht das Verständnis, eine Tätigkeit in der Eigenschaft als Vorstandsmitglied ausgeübt zu haben. Inwieweit die Beklagte durch einen förmlichen Beschluss hiermit im engeren Sinne beauftragt wurde, ist nicht entscheidend. Denn § 27 Abs. 3 S. 1 verweist zwar auf das Auftragsrecht, setzt für Herausgabeansprüche aus § 667 BGB aber nicht voraus, dass das einzelne Vorstandsmitglied i.S.v. § 662 BGB beauftragt wurde, sondern allein, dass es aus der Ausübung seines Amtes etwas erlangt hat (vgl. BeckOGK/Segna, 01.07.2020, § 27 BGB Rn. 102).

Mit diesen Angaben hat die Beklagte eine zentrale Behauptung der Klägerseite wirksam zugestanden. Dass diese Behauptung in Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Vorbringen steht, ist unschädlich, denn die Partei kann auch im Anwaltsprozess Tatsachen zugestehen, die ihr Anwalt vorher bestritten hatte (Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 85 Rn. 9).

(2) Dass die Facebook-Seite, zunächst von der Beklagten allein gepflegt, eine Seite des Vereins sein sollte und es nach ihrem Verständnis auch war, wird zusätzlich daran anschaulich, dass sämtliche Posts in der Wir-Form gehalten sind und vielfach auf diese oder andere Weise ausdrücklich auf Veranstaltungen des Vereins oder auf den Verein selbst hinweisen, z.B. am 23.10.2011: „Es ist wichtig, daß diese Seite bekannter wird. …“ (vgl. dazu und zu weiteren Beispielen Anlage K 11; Bl. 128 ff. d.A.).

(3) Ohne den Beweisantritten des Klägers zu Inhalt und Verlauf von Vorstandssitzungen nachgehen zu müssen, ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen weitere Hinweise darauf, dass es dem Verständnis sämtlicher Vorstandsmitglieder entsprach, dass es sich bei der Seite um den Facebook-Auftritt des Vereins handeln sollte, namentlich die Tagesordnung vom 06.01.2011 („Facebook-Bearbeitung X…“; Anlage K 10; Bl. 127 d.A.) und die Verweise auf die Facebook-Seite in dem Flyer des Vereins (Anlage K 12; Bl. 400 f. d.A.) und in der von der Beklagten erstellten Vereinschronik (Anlage K 13; Bl. 402 f. d.A.).

(4) Auch die Äußerungen der Beklagten nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand bilden ein wichtiges Indiz in diesem Sinne. So spricht sie im Jahr 2019 davon, auf Facebook eine „Vereinsseite“ eingerichtet zu haben (Anlage K 7; Bl. 66 f. d.A.) und von dem Wunsch, „mit der Facebook-Seite des Vereins“ jetzt nichts mehr zu tun zu haben (Anlage K 17; Bl. 407 d.A.), weil sie sich in die passive Mitgliedschaft zurückziehen wolle und kein Interesse mehr an der Kontrolle der Seite habe (Anlage K 16; Bl. 406 d.A.). Diese Äußerungen sind mit der Annahme, es habe sich bei der Seite um die eigene und private Seite der Beklagten gehandelt, unvereinbar.

Dass die Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen seien, wie die Beklagte pauschal vorträgt, ist bei der Lektüre der Äußerungen im Zusammenhang, wie er durch die vorgelegten Anlagen ermöglicht wird, nicht nachvollziehbar.

Es stimmt zwar, dass solche nachträglichen Äußerungen die rechtliche Qualifikation des damaligen Vorstandshandelns nicht beeinflussen können. Doch ergibt sich aus ihnen, dass die Beklagte nachträglich nicht in Zweifel zog, dass sie die Seite seinerzeit als Vorstandsmitglied für den Verein angelegt und betrieben hatte. Deshalb legen sie den Schluss sehr nahe, dass dem zu dem relevanten Zeitpunkt tatsächlich so war.

(5) Dass im Profil der Facebook-Seite zunächst nicht, wie von 2016 oder 2017 an, der Vereinsname erschien, sondern das Schlagwort „…“, ist unter diesen Umständen unschädlich.

Vielmehr ergibt sich aus der Umgestaltung der Seite ab 2016 ein weiteres Indiz dafür, dass es sich nach dem Verständnis aller Beteiligten um die Seite des Vereins handelte. Die Beklagte erklärt hierzu selbst, sie habe den stellvertretenden Vorsitzenden Y… „als Hilfsperson“ bei der Administration der Seite zugelassen, der nun ebenfalls dort gepostet, den Verein (ohne ihr Wissen) als Verantwortlichen in das Impressum aufgenommen und die Seite (was sie hingenommen habe) in „…“ umbenannt habe. Zunächst entspricht die Stellung, die Herr Y… damit übernahm, nicht derjenigen einer „Hilfsperson“. An anderer Stelle spricht die Beklagte auch zutreffender von der eines „Mitadministrators“. Vor allem aber wäre dann, wenn es sich nach dem Verständnis der Beklagten um ihre eigene private Facebook-Seite gehandelt hätte, nicht zu erwarten gewesen, dass die Beklagte einem Dritten diese Befugnisse einräumt und dessen Eingriffe in die Gestaltung einfach hinnimmt.

(6) Die Facebook-Seite „…“, auch wenn sie ebenfalls – ab dem Jahr 2018 – von dem Verein betrieben wurde, ändert an der Qualifikation der streitgegenständlichen Seite nichts. Jedenfalls ist es nicht so, dass diese neue Facebook-Seite die alte Facebook-Seite abgelöst hätte und der Verein eigene Posts nunmehr nur noch auf der neuen Seite eingestellt hätte. Da dem nicht so war, kann nicht der Schluss gezogen werden, es hätte nach der Vorstellung der Verantwortlichen des Klägers keine vereinseigene Seite existiert und diese sei mit der neuen Seite erst geschaffen worden.

cc) Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen nicht. Es ist schon nicht ersichtlich, welche personenbezogenen Daten Dritter mit der Übertragung der Administrationsrechte den Verantwortlichen des Klägers bekannt werden könnten. Soweit dem aber so wäre, träte deren Schutz im Rahmen der Abwägung nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BDSG hinter das Informationsrecht des Anspruchsinhabers des Herausgabeanspruchs zurück (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 666 Rn. 17; BGH, NJW 2012, 58).

Der Verweis auf die EuGH-Entscheidung zur Verantwortlichkeit des Betreibers einer Facebook-Seite für die Verarbeitung personenbezogener Daten (EuZW 2018, 534) rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn darin geht es um die von Facebook auf den Endgeräten der Besucher einer Seite gesetzten Cookies und die Möglichkeit der Seitenbetreiber, daraus anonymisierte statistische Daten betreffend die Nutzer dieser Seiten von Facebook erhalten. Hieraus kann sich eine Belehrungspflicht des Seitenbetreibers ergeben. Einem Betreiberwechsel steht diese Pflicht nicht entgegen.

dd) Der Anspruch war nicht verjährt. Die Verjährung des Herausgabeanspruchs beginnt mit seinem Fälligwerden zu laufen. Dieses ist hier auf das Ausscheiden aus dem Vorstand zu datieren (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 23 zum Auftragsrecht).

c) In der Löschung der Facebookseite nach Klageerhebung, die dazu führte, dass die Seite unwiederbringlich verloren ist, liegt schließlich das erledigende Ereignis, welches die Klage unbegründet machte. Denn nunmehr ist die Herausgabe unmöglich und von der Beklagten deshalb nicht geschuldet (§ 275 BGB).

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Karlsruhe: Für einen durchschnittlichen Facebook-Nutzer missverständlicher Prüfeintrag durch Facebook-Faktencheck Correctiv muss gelöscht werden

OLG Karlsruhe
Urteil vom 27.05.2020
6 U 36/20


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein für einen durchschnittlichen Facebook-Nutzer missverständlicher Prüfeintrag durch Facebook-Faktencheck Correctiv gelöscht werden muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Darstellung einer Faktenprüfung auf Facebook darf nicht missverständlich sein

Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe, der unter anderem für Streitsachen wegen unlauteren Wettbewerbs zuständig ist, hat am 27.05.2020 eine Eilentscheidung über die Anforderungen an die Darstellung einer Faktenprüfung auf Facebook getroffen.

Die Klägerin hatte in einem Presseartikel über einen „offenen Brief“ zum Klimawandel berichtet und in einem Eintrag auf Facebook auf diesen Artikel hingewiesen. Die Beklagte unterzog im Auftrag von Facebook den „offenen Brief“ einer Faktenprüfung. Das Ergebnis wurde bei dem Eintrag der Klägerin auf Facebook dauerhaft angezeigt mit dem Zusatz „Nein: Es sind nicht ‚500 Wissenschaftler‘; Behauptungen teils falsch“. In einem dort verlinkten Beitrag kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass einige der Verfasser des „offenen Briefes“ nicht über einen wissenschaftlichen Hintergrund verfügten; außerdem seien einige der in dem „offenen Brief“ vertretenen Behauptungen unzutreffend und insgesamt wichtige Informationen nicht hinreichend berücksichtigt worden.

Der 6. Zivilsenat hat dem auf einen Wettbewerbsverstoß gestützten Eilantrag auf Unterlassung des konkreten Eintrags der Beklagten bei dem Post der Klägerin stattgegeben und das Urteil des Landgerichts Mannheim, das zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen war, entsprechend abgeändert. Entscheidend war dabei, dass die konkrete Ausgestaltung des Prüfeintrags für den durchschnittlichen Facebook-Nutzer nach Auffassung des Senats missverständlich war. Insbesondere konnte die Verknüpfung der Einträge auf Facebook dahin missverstanden werden, dass sich die Prüfung und die Beanstandungen auf die Berichterstattung der Klägerin bezogen hätten, statt – wie es tatsächlich nach Ansicht des Senats weit überwiegend der Fall war – auf den „offenen Brief“, über den die Klägerin lediglich berichtet hatte.

Über die Rechtmäßigkeit von Faktenprüfungen auf Facebook im Allgemeinen ist in diesem Verfahren nicht entschieden worden.

Die im Eilverfahren getroffene Entscheidung ist nicht mehr anfechtbar. Die Beklagte kann aber die Überprüfung in einem Hauptsacheverfahren beantragen.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 27.05.2020, Az. 6 U 36/20

Vorinstanz: Landgericht Mannheim, Az. 14 O 181/19



EuGH: Es ist unionsrechtksonform Anbietern wie Facebook und Hostinganbietern aufzugeben für rechtswidrig erklärte und sinngleiche Inhalte aktiv zu suchen und zu löschen bzw weltweit zu sperren

EuGH
Urteil vom 03.10.2019
C-18/18
Eva Glawischnig-Piesczek / Facebook Ireland Limited


Der EuGH hat entschieden, dass es unionsrechtskonform ist, Anbietern wie Facebook und Hostinganbietern aufzugeben, für rechtswidrig erklärte und sinngleiche Inhalte aktiv zu suchen und zu löschen bzw. weltweit zu sperren.

Tenor der Entscheidung:

Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“), insbesondere ihr Art. 15 Abs. 1, ist dahin auszulegen, dass sie es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt,

– einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

– einem Hosting-Anbieter aufzugeben, die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen;

– einem Hosting-Anbieter aufzugeben, im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Das Unionsrecht verwehrt es nicht, dass einem Hosting-Anbieter wie Facebook aufgegeben wird, mit einem zuvor für rechtswidrig erklärten Kommentar wortgleiche und unter bestimmten Umständen auch sinngleiche Kommentare zu entfernen

Das Unionsrecht verwehrt es auch nicht, dass eine solche Verfügung im Rahmen des
einschlägigen internationalen Rechts, dessen Berücksichtigung Sache der Mitgliedstaaten ist,
weltweit Wirkungen erzeugt.

Frau Eva Glawischnig-Piesczek, die Abgeordnete zum Nationalrat (Österreich), Klubobfrau der „Grünen“ im Parlament und Bundessprecherin dieser politischen Partei war, verklagte Facebook Irland vor den österreichischen Gerichten. Sie beantragt, dass Facebook aufgetragen wird, einen von einem Nutzer dieses sozialen Netzwerks veröffentlichten Kommentar, der sie in ihrer Ehre beleidigt, sowie wort- und/oder sinngleiche Behauptungen zu löschen.

Der in Rede stehende Nutzer von Facebook hatte auf seiner Profilseite einen Artikel des österreichischen Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“ geteilt, was auf dieser Seite eine „Thumbnail-Vorschau“ von der ursprünglichen Website generierte, die den Titel dieses Artikels, eine kurze Zusammenfassung davon sowie ein Foto von Frau Glawischnig-Piesczek enthielt. Der Nutzer postete außerdem einen Kommentar zu diesem Artikel, der nach den Feststellungen des vorlegenden Gerichts geeignet ist, Frau Glawischnig-Piesczek in ihrer Ehre zu beleidigen, sie zu beschimpfen und zu diffamieren. Dieser Beitrag konnte von jedem Nutzer von Facebook Service abgerufen werden. Vor diesem Hintergrund ersucht der Oberste Gerichtshof (Österreich) den Gerichtshof um
Auslegung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr.

Nach dieser Richtlinie ist ein Hosting-Anbieter wie Facebook nicht für eine gespeicherte Information verantwortlich, wenn er keine Kenntnis von ihrem rechtswidrigen Charakter hat oder wenn er, sobald er davon Kenntnis erlangt, unverzüglich tätig wird, um diese Information zu entfernen oder den Zugang zu ihr zu sperren. Dieser Ausschluss hindert jedoch nicht daran, dass
einem Hosting-Anbieter aufgegeben wird, eine Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, u. a. durch die Entfernung rechtswidriger Informationen oder der Sperrung des Zugangs zu ihnen.

Hingegen ist es nach der Richtlinie verboten, einen Hosting-Anbieter zu verpflichten, allgemein die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen, oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Mit seinem heutigen Urteil antwortet der Gerichtshof dem Obersten Gerichtshof, dass die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr, die ein Gleichgewicht zwischen den verschiedenen beteiligten Interessen schaffen soll, es einem Gericht eines Mitgliedstaats nicht verwehrt, einem Hosting-Anbieter aufzugeben,

▪ die von ihm gespeicherten Informationen, die den wortgleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, unabhängig davon, wer den Auftrag für die Speicherung der Informationen gegeben hat;

▪ die von ihm gespeicherten Informationen, die einen sinngleichen Inhalt haben wie Informationen, die zuvor für rechtswidrig erklärt worden sind, zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren, sofern die Überwachung und das Nachforschen der von einer solchen Verfügung betroffenen Informationen auf solche beschränkt sind, die eine Aussage vermitteln, deren Inhalt im Vergleich zu dem Inhalt, der zur Feststellung der Rechtswidrigkeit geführt hat, im Wesentlichen unverändert geblieben ist, und die die Einzelheiten umfassen, die in der Verfügung genau bezeichnet worden sind, und sofern die Unterschiede in der Formulierung dieses sinngleichen Inhalts im Vergleich zu der Formulierung, die die zuvor für rechtswidrig erklärte Information ausmacht, nicht so geartet sind, dass sie den Hosting-Anbieter zwingen, eine autonome Beurteilung dieses Inhalts vorzunehmen (so kann der Hosting-Anbieter auf automatisierte Techniken und Mittel zur Nachforschung zurückgreifen);

▪ im Rahmen des einschlägigen internationalen Rechts, dessen Berücksichtigung Sache der Mitgliedstaaten ist, weltweit die von der Verfügung betroffenen Informationen zu entfernen oder den Zugang zu ihnen zu sperren.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



EuGH-Generalanwalt: Gerichtliche Verfügung kann von Facebook auch Identifizierung und weltweite Löschung wortgleicher und sinngleicher rechtswidriger Beiträge und Nutzerkommentare verlangen

EuGH-Generalanwalt
Schlussanträge vom 04.06.2019
C-18/18
Eva Glawischnig-Piesczek / Facebook Ireland Limited


Der EuGH-Generalanwalt vertritt in seinen Schlussanträgen die Ansicht, dass eine gerichtliche Verfügung von Facebook auch die Identifizierung und weltweite Löschung wortgleicher und sinngleicher rechtswidriger Beiträge und Nutzerkommentare verlangen kann.

Der EuGH ist nicht an die Ausführungen des Generalanwalts gebunden, folgt diesem aber häufig.

Die Pressemitteilung des EuGH:

Nach Ansicht von Generalanwalt Szpunar kann Facebook gezwungen werden, sämtliche Kommentare, die mit einem ehrverletzenden Kommentar, dessen Rechtswidrigkeit festgestellt wurde, wortgleich sind, sowie damit sinngleiche Kommentare, sofern sie von demselben Nutzer herrühren, zu eruieren und zu identifizieren

Im vorliegenden Fall regle das geltend gemachte Unionsrecht nicht die Frage, ob Facebook gezwungen werden kann, die fraglichen Kommentare weltweit zu löschen.

Frau Eva Glawischnig-Piesczek, die Abgeordnete im Österreichischen Nationalrat, Klubobfrau der
Grünen im Parlament und Bundessprecherin dieser Partei war, beantragte vor den österreichischen Gerichten den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Facebook, um der Veröffentlichung eines ehrverletzenden Kommentars ein Ende zu setzen.

Dem ging voraus, dass ein Facebook-Nutzer auf seiner Profilseite einen Artikel des österreichischen Online-Nachrichtenmagazins oe24.at mit dem Titel „Grüne: Mindestsicherung für Flüchtlinge soll bleiben“ gepostet hatte. Durch dieses Posting wurde auf Facebook eine „Thumbnail Vorschau“ von der Website oe24.at generiert, die den Titel und eine kurze Zusammenfassung des Artikels sowie ein Foto von Frau Glawischnig-Piesczek enthielt. Der Nutzer postete außerdem einen Frau Glawischnig-Piesczek herabwürdigenden Kommentar zu diesem Artikel. Diese Inhalte konnten von jedem Facebook-Nutzer abgerufen werden.

Als Facebook auf die Aufforderung von Frau Glawischnig-Piesczek, den Kommentar zu löschen, nicht reagierte, beantragte diese, Facebook aufzugeben, die Veröffentlichung und/oder Verbreitung von sie zeigenden Fotos zu unterlassen, wenn im Begleittext mit dem fraglichen Kommentar wortgleiche und/oder „sinngleiche“ Behauptungen verbreitet würden.

Da die beantragte einstweilige Verfügung vom erstinstanzlichen Gericht erlassen wurde, sperrte Facebook in Österreich den Zugang zu dem ursprünglich geposteten Beitrag.

Der schließlich mit der Sache befasste Oberste Gerichtshof (Österreich) ist der Ansicht, dass die
fraglichen Äußerungen darauf abzielten, Frau Glawischnig-Piesczek in ihrer Ehre zu beleidigen,
sie zu beschimpfen und zu diffamieren.

Da er darüber zu befinden hat, ob die Unterlassungsverfügung auch und weltweit auf Facebook nicht zur Kenntnis gelangte wort- und/oder sinngleiche Äußerungen ausgedehnt werden kann, hat
er den Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr in
diesem Zusammenhang ersucht.

Nach dieser Richtlinie ist ein Host-Provider (und damit der Betreiber einer Social-Media-Plattform wie Facebook) grundsätzlich nicht für die Informationen verantwortlich, die von Dritten auf seine Server eingestellt werden, wenn er keine Kenntnis von ihrer Rechtswidrigkeit hat. Hat er jedoch erst einmal Kenntnis von der Rechtswidrigkeit der Informationen erlangt, muss er sie löschen oder den Zugang zu ihnen sperren. Außerdem kann einem Host-Provider nach der Richtlinie keine allgemeine Verpflichtung auferlegt werden, die von ihm gespeicherten Informationen zu überwachen oder aktiv nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit
hinweisen.

In seinen Schlussanträgen von heute vertritt Generalanwalt Maciej Szpunar die Ansicht, dass die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr nicht daran hindere, dass einem Host-Provider, der eine Social-Media-Plattform wie Facebook betreibe, im Wege einer gerichtlichen Verfügung aufgegeben werde, dass er sämtliche von den Nutzern dieser Plattform geposteten Informationen durchsuche und darunter diejenigen identifiziere, die mit der Information wortgleich seien, die von dem Gericht, das die Verfügung erlassen habe, als rechtswidrig eingestuft worden sei.

Mit diesem Ansatz könne ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den betroffenen Grundrechten – Schutz des Privatlebens und der Persönlichkeitsrechte, Schutz der unternehmerischen Freiheit sowie Schutz der Meinungs- und Informationsfreiheit – hergestellt werden. Zum einen bedürfe es dafür keiner hochentwickelten technischen Hilfsmittel, die eine außergewöhnliche Belastung darstellen könnten. Zum anderen erweise sich diese Herangehensweise, da Informationen im Bereich des Internets leicht reproduziert werden könnten, als notwendig, um einen wirksamen Schutz des Privatlebens und der Persönlichkeitsrechte sicherzustellen.

Der Host-Provider dürfe mit der gerichtlichen Verfügung auch gezwungen werden, Informationen zu eruieren und zu identifizieren, die mit der als rechtswidrig eingestuften Information sinngleich seien, wobei er allerdings nur die Informationen zu durchsuchen brauche, die von dem Nutzer gepostet worden seien, der auch die rechtswidrige Information gepostet habe. Ein Gericht, das über die Entfernung derartiger sinngleicher Informationen entscheide, habe zu gewährleisten, dass die Wirkungen seiner Verfügung klar, konkret und vorhersehbar seien. Dabei müsse es die beteiligten Grundrechte abwägen und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen.

Durch eine Pflicht, von allen Nutzern gepostete sinngleiche Informationen zu identifizieren, würde kein ausgewogenes Verhältnis zwischen den betroffenen Grundrechten hergestellt. Zum einen erfordere es kostspielige Lösungen, um derartige Informationen aufzuspüren und zu identifizieren.

Zum anderen würde der Einsatz dieser Lösungen zu einer Zensur führen, so dass die Meinungsund Informationsfreiheit systematisch beschränkt werden könnte.

Außerdem hindert die Richtlinie nach Ansicht des Generalanwalts, da sie die räumliche Reichweite einer Pflicht zur Entfernung von über eine Social-Media-Plattform verbreiteten Informationen nicht regle, nicht daran, von einem Host-Provider die weltweite Entfernung solcher Informationen zu verlangen. Im Übrigen sei die räumliche Reichweite auch sonst nicht unionsrechtlich geregelt, da sich Frau Glawischnig-Piesczek im vorliegenden Fall nicht auf das Unionsrecht berufe, sondern auf die allgemeinen Bestimmungen des österreichischen Zivilrechts über Verletzungen der Privatsphäre und der Persönlichkeitsrechte, einschließlich der Ehrverletzung, in deren Bereich es keine Harmonisierung gebe. Sowohl die Frage nach den extraterritorialen Wirkungen einer gerichtlichen Verfügung, mit der eine Löschungspflicht auferlegt werde, als auch die Frage nach der räumlichen Reichweite einer solchen Pflicht sollten am Maßstab insbesondere des Völkerrechts und des Internationalen Privatrechts geprüft werden.

Ferner hindere die Richtlinie nicht daran, einem Host-Provider die Entfernung von Informationen aufzugeben, die mit der als rechtswidrig eingestuften Information sinngleich seien, wenn der Hinweis darauf von dem Betroffenen, von einem Dritten oder aus anderer Quelle stamme, da in einem solchen Fall die Entfernungspflicht keine allgemeine Überwachung der gespeicherten Informationen impliziere.


Die vollständigen Schlussanträge finden Sie hier:


BGH setzt Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur EuGH-Entscheidung zum Gefällt-Mir-Button aus

BGH
Beschluss vom 11.04.2019
I ZR 186/17


Der BGH hat das Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur Entscheidung des EuGH zur datenschutzrechtlichen Problematik des Facebook Gefällt-Mir-Buttons ausgesetzt (siehe dazu OLG Düsseldorf legt EuGH Rechtsfragen im Zusammenhang mit Nutzung des Facebook-Gefällt-Mir-Buttons auf Unternehmenswebseiten vor ).

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof setzt Verfahren gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zu einer Entscheidung des EuGH aus

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute ein bei ihm anhängiges Verfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem diesem vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit dieser Präsentation der Spiele im "App-Zentrum" gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG und § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG aF, weil die den Nutzern erteilten Hinweise zu Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten unzureichend seien und daher keine Grundlage für eine nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG aF wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten bilden könnten. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass es sich bei den verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG aF (jetzt § 3 Abs. 1, § 3a UWG) handele und ein Verstoß daher wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG begründe, zu deren Geltendmachung er als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG berechtigt sei.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-40/17 über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (Beschluss vom 19. Januar 2017 - I-20 U 40/16) ausgesetzt. Das Oberlandesgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union in diesem Verfahren, in dem es um den "Gefällt mir"-Button von Facebook geht, die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, die - wie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG - gemeinnützigen Verbänden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle einer Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorzugehen. Diese Frage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und nicht zweifelsfrei zu beantworten. Möglicherweise lässt die Datenschutz-Richtlinie eine Verfolgung von Verstößen allein durch die Datenschutzbehörden und die Betroffenen und nicht durch Verbände zu.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 13 Abs. 1 Satz 1 TMG

Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.

§ 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG aF

Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen.

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG

Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu: qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind.

§ 148 Abs. 1 ZPO

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.


LG Frankfurt: Auskunftsanspruch gegen Instagram bei Beleidigung über Fakeaccount - Anspruch nach § 14 Abs. 3 TMG umfasst Nutzungsdaten wie E-Mail-Adresse, IP-Adressen und Nutzungszeiten

LG Frankfurt am Main
Beschluss vom
18.02.2019
2-03 O 174/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ein Auskunftsanspruch gegen Instagram bei Beleidigung über ein Fakeaccount besteht. Der Anspruch nach § 14 Abs. 3 TMG umfasst auch Nutzungsdaten wie E-Mail-Adresse, IP-Adresse und Nutzungszeiten.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Antragstellerin begehrt die Gestattung einer Auskunft über Daten eines Nutzers der Beteiligten.

Die Beteiligte betreibt die Webseite www.instagram.com.

Die Antragstellerin trägt vor, dass ihr Mädchenname "H" sei. Eine ihr unbekannte Person habe bei der Beteiligten ein Profil unter ihrem Vornamen und ihrem Mädchennamen und unter Verwendung eines Bildes von ihr angemeldet (Anlage AST 1, Bl. 11 d.A.). Das Profilfoto enthalte eine Fotomontage, das sie zeige. Es würden Fotos veröffentlicht, die sie zeigen sollen.

Unter dem Profil wurden ferner die Äußerungen gemäß Anlage AST3 (Bl. 18 f. d.A.) veröffentlicht, darunter die Äußerung:

"Ich bin eine schlampe, ich bin fett und habe eine große Nase, ich bin hässlich! Alle ficken mich wenn Du eine gute sex willst, dann bitte kontaktiere mich"

Die Antragstellerin erstattete am 01.04.2018 Strafanzeige bei der Polizeidirektion Limburg-Weilburg.

Im Rahmen des Strafverfahrens erteilte die Beteiligte Auskunft gemäß Anlage AST 4 (Bl. 39 ff. d.A.). Darin sind zu dem streitgegenständlichen Profil eine E-Mail-Adresse, ein Name, die IP-Adresse, von der aus das Profil registriert wurde, und weitere IP-Adressen aufgeführt.

Die Staatsanwaltschaft Limburg stellte das Verfahren ausweislich des Schreibens gemäß Anlage AST 7 (Bl. 84 d.A.) ein. Die mitgeteilten IP-Adressen hätten in Vechta lokalisiert werden können, der Provider der IP-Adressen habe mitgeteilt, dass es sich um dynamische IP-Adressen handele und diese nicht gespeichert würden. Die mitgeteilte E-Mail-Adresse sei unter nicht verifizierten Personalien aus Kroatien angelegt worden, eine Überprüfung sei negativ verlaufen. Es sei davon auszugehen, dass die ermittelten Namen falsch seien. Weitere Ermittlungsansätze seien nicht vorhanden.

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass ihr ein Gestattungsanspruch aus § 14 Abs. 3 TMG zustehe. Dessen Anwendungsbereich sei eröffnet, da die unter dem Profil veröffentlichten Inhalte die Tatbestände der §§ 185, 186, 187, 201a StGB und 33 KUG erfüllen würden. Insbesondere die streitgegenständliche Wortäußerung stelle eine Beleidigung dar. Das Hochladen der verletzenden Bilder sei nach § 186 StGB als üble Nachrede strafbar.

Der Auskunftsanspruch gegen die Beteiligte ergebe sich zusätzlich aus den §§ 242 BGB, 24 BDSG.

Es sei unklar, ob die von der Beteiligten im Strafverfahren gegebenen Auskünfte vollständig seien. Es sei davon auszugehen, dass der Beteiligten eine Vielzahl an Daten zu dem Account vorliegen würden, die eine Übermittlung ermöglichen könnten. Es verwundere, weshalb die Beteiligte nicht mitteilen wolle, ob sie der Staatsanwaltschaft Limburg alle ihr vorliegenden Daten zu dem streitgegenständlichen Account übermittelt habe. Die Antragstellerin könne nicht wissen, welche Daten noch von der Beteiligten vorgehalten werden.

Die Antragstellerin beantragt,

der Beteiligten zu gestatten, der Antragstellerin Auskunft zu erteilen über die Bestandsdaten des auf der Plattform www.instagram.com registrierten Nutzers unter dem Nutzernamen "s" (https://www.instagram.com/s) durch Angabe der folgenden, bei der Beteiligten gespeicherten Daten:

IP-Adressen, die von dem Nutzer für das Hochladen und Versenden des Videos und der Bilddatei sowie das Versenden der Nachrichten verwendet wurden, nebst genauem Zeitpunkt des Hochladens unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inklusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Uploadzeitpunkt),

Namen des Nutzers,

E-Mail-Adresse des Nutzers,

IP-Adressen, die von dem Nutzer zuletzt für einen Zugriff auf sein Nutzerkonto unter dem Nutzernamen "s" verwendet wurden, nebst genauem Zeitpunkt des Zugriffs unter Angabe des Datums und der Uhrzeit inklusive Minuten, Sekunden und Zeitzone (Zugriffszeitpunkt).

Die Beteiligte begehrt die Zurückweisung des Antrages.

Die Beteiligte trägt vor, dass die Antragstellerin keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen habe, die es der Beteiligten ermöglichen würden, den verfahrensgegenständlichen Account mit hinreichender Sicherheit zu lokalisieren. Außerdem mache die Antragstellerin die Verletzung von Rechten gelten, die nicht in den Anwendungsbereich von § 14 Abs. 3 TMG fallen würden, namentlich Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des Rechts am eigenen Bild. Die Antragstellerin könne die Herausgabe von IP-Adressen nicht verlangen, da nach dem Wortlaut von § 14 Abs. 3 TMG nur diejenigen Daten angefragt werden dürften, die zur Durchsetzung von Zivilklagen erforderlich sein. Hierunter würden nur die Angaben gemäß §§ 253 Abs. 2 Nr. 1 und 130 Nr. 1 ZPO fallen, also die Bezeichnung der Partei und der Wohnort des Beklagten.

Die Anlagen AST 1, 2 und 3 seien kaum leserlich. Darüber hinaus habe die Antragstellerin nicht zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vorgetragen.

Die Antragstellerin habe diejenigen Auskünfte erhalten, die sie im vorliegenden Verfahren begehre. Der Antrag sei dementsprechend erledigt. Die Angabe von IP-Adressen sei auch nicht erforderlich, da der Access Provider mitgeteilt habe, dass er die Daten nicht speichere.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Der Antrag der Antragstellerin, der darauf gerichtet ist, es der Beteiligten gemäß § 14 Abs. 3 TMG zu gestatten, Auskunft über Bestands- und Verkehrsdaten zu erteilen, ist begründet.

Der Anwendungsbereich des § 14 Abs. 3 TMG, der weiterhin gilt (vgl. OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 06.09.2018 - 16 W 27/18, BeckRS 2018, 23780), ist eröffnet. Die Regelung lautet in ihrer Neufassung:

"(3) Der Diensteanbieter darf darüber hinaus im Einzelfall Auskunft über bei ihm vorhandene Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte, die von § 1 Absatz 3 des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes erfasst werden, erforderlich ist."

§ 1 Abs. 3 des dort in Bezug genommenen NetzDG lautet:

"Rechtswidrige Inhalte sind Inhalte im Sinne des Absatzes 1, die den Tatbestand der §§ 86, 86a, 89a, 91, 100a, 111, 126, 129 bis 129b, 130, 131, 140, 166, 184b in Verbindung mit 184d, 185 bis 187, 201a, 241 oder 269 des Strafgesetzbuchs erfüllen und nicht gerechtfertigt sind."

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

Die Beteiligte ist als Betreiberin des sozialen Netzwerks "Instagram" passivlegitimiert.

Die Kammer sieht es als hinreichend glaubhaft gemacht an, dass der Mädchenname der Antragstellerin "H" lautet und das streitgegenständliche Profil deshalb unter ihrem Namen registriert wurde. Hierbei stützt sich die Kammer einerseits auf die von der Antragstellerin vorgelegten Unterlagen der Staatsanwaltschaft Limburg und andererseits auf den im Rahmen des Prozesskostenhilfeverfahrens vorgelegten Mietvertrag, der ebenfalls auf eine Person mit diesem Nachnamen lautet.

Die hier streitgegenständlichen Inhalte unterfallen auch den Strafnormen des § 1 Abs. 3 NetzDG, insbesondere sind sie beleidigender Natur, § 185 StGB. Wenn die Beteiligte sich auf den Standpunkt stellt, dass die Antragstellerin auch solche Normen geltend mache, die nicht unter § 1 Abs. 3 NetzDG fallen, ist nicht ersichtlich, inwiefern das am Ergebnis etwas ändern soll.

Die von der Antragstellerin vorgelegten Anlagen sind auch hinreichend leserlich bzw. erkennbar. Dass die Beteiligte den Account nicht identifizieren könne und die Antragstellerin angeblich keine URL genannt habe, ist für die Kammer angesichts des Antrags und der Anlage ASt4 nicht nachvollziehbar. Hierauf hat die Kammer mit Hinweis vom 26.11.2018 hingewiesen.

Die Antragstellerin kann ferner Gestattung im Hinblick auf die Erteilung der Auskunft von IP-Adressen verlangen. Denn entgegen der Auffassung der Beteiligten sind diese Daten als Nutzungsdaten aufgrund der Verweisung in § 15 Abs. 5 S. 4 TMG ebenfalls erfasst (vgl. Spindler/Schmitz, TMG, 2. Aufl. 2018, § 14 Rn. 55), der Verweis der Beteiligten auf die Kommentierung zu § 14 Abs. 1 TMG geht daher fehl. Der Gesetzgeber hat - wie der Verweis zeigt - gerade keine Beschränkung auf die Daten gemäß §§ 253, 130 ZPO, also Name und Anschrift, beabsichtigt bzw. geregelt.

Das Verfahren ist entgegen der Auffassung der Beteiligten auch nicht erledigt. Dies gilt auch mit Blick auf die von der Antragstellerin vorgelegte Anlage ASt4, die die Auskunft der Beteiligten gegenüber der Staatsanwaltschaft inklusive eines Namens und einer E-Mail-Adresse beinhaltet.

Die Antragstellerin hat wiederholt darauf hingewiesen, dass unklar sei, ob die Beteiligte im Strafverfahren vollständig Auskunft erteilt hat. Auch die Kammer hat unter dem 26.11.2018 (Bl. 86 d.A.) darauf hingewiesen, dass die Beteiligte sich insofern bisher nicht erklärt habe. Die Angabe im Schriftsatz vom 02.11.2018, Rn. 7, ist insoweit zumindest missverständlich. Damit bleibt letztlich unklar, über welche Daten die Beteiligte (eventuell über die gemäß Anlage ASt4 hinausgehend) verfügt. Darüber hinaus stammen die IP-Adressen gemäß Anlage ASt4 aus dem Zeitraum bis April 2018, so dass nicht auszuschließen ist, dass zwischenzeitig weitere Daten in Form von IP-Adressen angefallen sind. Diese IP-Adressen können ggf. auch einem Anschluss zugeordnet werden, wenn der Zugriff z.B. über einen anderen Access Provider erfolgte, der IP-Adressen speichert.

Wenn aber unklar ist, ob die Beteiligte alle ihr zur Verfügung stehenden und von §§ 14, 15 TMG erfassten Daten zu dem streitgegenständlichen Profil herausgegeben hat, ist von einer Erledigung nicht auszugehen. Denn wesentlich für die Erfüllung eines Auskunftsanspruchs ist die - gegebenenfalls konkludente - Erklärung, dass weitere als alle von den bisher erteilten Einzelauskünften erfassten Informationen nicht vorliegen (vgl. BGH NJW 2014, 3647 [BGH 22.10.2014 - XII ZB 385/13] Rn. 18). Diesen Grundsatz wendet die Kammer vorliegend auch auf die Gestattung der Erteilung einer Auskunft nach § 14 Abs. 3 TMG an. Die Beteiligte hat durch ihr Verhalten gerade weder ausdrücklich noch konkludent zu erkennen gegeben, ob sie die begehrte Auskunft vollständig erfüllt hat oder nicht.

Soweit die Antragstellerin darauf verweist, dass der geltend gemachte Auskunftsanspruch auch gemäß den §§ 242 BGB, 24 BDSG begründet sei, war dies im vorliegenden Gestattungsverfahren gemäß § 14 Abs. 3 TMG nicht zu prüfen.

Soweit die Beteiligte darauf verweist, dass die Antragstellerin zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht vorgetragen habe, verkennt sie, dass diese Auskünfte nicht der Beteiligten, sondern dem Gericht vorzulegen sind, § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 14 Abs. 4 S. 6 TMG, die Festsetzung des Gegenstandswerts auf § 3 ZPO."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Berlin: 100.000 EURO Ordnungsgeld gegen Facebook wegen Verstoß gegen Unterlassungstenor - zu weite Rechteeinräumung durch IP-Lizenzklausel

LG Berlin
Beschluss vom 11.02.2016
16 O 551/10


Das LG Berlin hat gegen Facebook eine Ordnungsgeld in Höhe von 100.000 EURO wegen des Verstoßes gegen einen Unterlassungstenor verhängt. Inhaltlich ging es um die weitere Verwendung der IP-Lizenzklausel und der darin enthaltenen zu weiten Rechteeinräumung. Dies war gerichtlich untersagt worden (siehe dazu LG Berlin: Facebook Freunde-Finder rechtswidrig - weitere unzulässige Klauseln in Facebook-AGB )

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Facebook-Urteil des Kammergerichts Berlin liegt im Volltext vor - Unwirksame Klauseln in AGB und Datenschutzerklärung, Freunde-Finder unzulässig

KG Berlin
Urteil vom 24. Januar 2014
5 U 42/12
Facebook


Nunmehr liegt der Volltext der Facebook-Entscheidung des KG Berlin vor.

Wir hatten bereits in der Meldung "KG Berlin: Facebook Freunde-Finder und zahlreiche Klauseln Facebook-AGB in rechtswidrig - Vorinstanz bestätigt" über die Entscheidung berichtet.

Aus der Pressemitteilung des KG Berlin:

"Die Versendung von durch Facebook generierte E-Mails im Zusammenhang mit der Anmeldeprozedur „Freunde finden“ stelle eine unzumutbar belästigende und damit unerlaubte Werbung dar, die ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten versandt worden sei, befand der Senat. Der Nutzer habe jedenfalls bis zu einer behaupteten Änderung des Anmeldeverfahrens am 2. November 2010 nicht erkennen können, dass nach seiner Einwilligung nicht nur schon bei Facebook registrierte Freunde gesucht, sondern auch nicht registrierte Personen per E-Mail angesprochen würden. Hierfür hafte Facebook als „mittelbare Täterin“, auch wenn der Versand letztlich auf die Eingabe der E-Mail-Adressen durch einen Dritten zurückgehe. Gleiches gelte für die in diesem Zusammenhang verschickten Erinnerungs-E-Mails. Die Gestaltung des Internetauftritts nach Betätigung des Buttons „Freunde finden“ verstoße sowohl gegen das Wettbewerbsrecht wie gegen das Datenschutzrecht. Datenschutzrechtlich fehle die erforderliche freie Einwilligung in die Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten für Werbezwecke.
Der Senat bestätigte auch das erstinstanzliche Verbot der Verwendung verschiedener von Facebook verwendeter Vertragsklauseln: Diese seien unwirksam. Inhaltlich betreffen die Klauseln das Nutzungsrecht von Facebook an allen dort eingestellten Inhalten der Nutzer, die unter die Rechte an geistigem Eigentum fallen (z.B. Fotos und Videos), die Werbung auf Facebook, die Möglichkeit einseitiger Änderungen der vertraglichen Rechte und Pflichten durch Facebook, die einseitige Beendigung der Nutzung von Facebook-Diensten sowie den Datenschutz."


KG Berlin: Facebook Freunde-Finder und zahlreiche Klauseln Facebook-AGB in rechtswidrig - Vorinstanz bestätigt

KG Berlin
Urteil vom 24. Januar 2014
5 U 42/12


Das KG Berlin hat letztlich wenig überraschend entschieden, dass der Facebook Freunde-Finder sowie zahlreiche Klauseln in den Facebook-AGB rechtswidrig sind und die Vorinstanz bestätigt (Siehe zur Vorinstanz LG Berlin: Facebook Freunde-Finder rechtswidrig - weitere unzulässige Klauseln in Facebook-AGB und Facebook-Entscheidung des LG Berlin liegt im Volltext vor - Freundefinder und AGB rechtswidrig )

Die Pressemitteilung des KG Berlin:

"Kammergericht: Facebook unterliegt im Rechtsstreit mit den Verbraucherzentralen auch in der Berufungsinstanz
Pressemitteilung Nr. 3/2014 vom 24.01.2014

Die Präsidentin des Kammergerichts
Pressestelle der Berliner Zivilgerichte


Das Landgericht Berlin hatte der Facebook Ireland Limited mit Urteil vom 6. März 2012 bestimmte Verfahrensweisen bei der Versendung von Freundschaftsanfragen an Dritte untersagt und die Verwendung eines unzureichenden Hinweises auf Datenimport bei der Registrierung beanstandet. Ferner hatte es Facebook die Verwendung verschiedener Vertragsklauseln verboten (vgl. PM 11/2012 und 12/2012). Hiergegen hatte Facebook Berufung zum Kammergericht eingelegt, die heute vom Kammergericht zurückgewiesen worden ist.

Schriftliche Entscheidungsgründe des heutigen Urteils liegen noch nicht vor.

Kammergericht Berlin, Urteil vom 24. Januar 2014
- 5 U 42/12 -
Landgericht Berlin, Urteil vom 6. März 2012
- 16 O 551/10 -"



Sie finden uns auch bei Slideshare - Vortrag Social Media und Vortrag Cloud Computing

Sie finden uns übrigens auch bei Slideshare
Beckmann und Norda - Rechtsanwälte bei Slideshare

Dort finden Sie derzeit zwei Appetizer aus unserem Vortrags- und Schulungsporgramm.

Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen

CeBIT-Vortrag Cloud Computing und der sichere Hafen: Was Unternehmen bei der Nutzung cloudbasierter Dienste beachten müssen-2012

Vortragspräsentation als PDF und Slideshare: Social Media und Recht - Was Unternehmen wissen müssen - Rechtliche Risiken erkennen und vermeiden - IHK-Praxiswoche

Wir möchten uns ganz herzlich für die zahlreichen aufmerksamen Teilnehmer der Veranstaltung "Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen - Rechtliche Risiken erkennen und vermeiden" im Rahmen der IHK-Praxiswoche "Sicher ist sicher! IT-Recht und Datenschutz in der Praxis" bedanken.

Die Vortragspräsentation von Rechtsanwalt Marcus Beckmann finden Sie bei Slideshare

"Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen" bei Slideshare

und zusätzlich als PDF-Download

"Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen" als PDF

Save the date: Social Media und Recht - RA Marcus Beckmann - IHK Ostwestfalen / Bielefeld - 27.05.2013 - 17.30-19.30 Uhr

Im Rahmen der IHK-Praxiswoche "Sicher ist sicher! IT-Recht und Datenschutz in der Praxis" der IHK Ostwestfalen in Bielefeld hält Rechtsanwalt Marcus Beckmann einen umfassenden praxisorientierten Vortrag zum Thema Social Media:

Social Media und Recht: Was Unternehmen wissen müssen
Rechtliche Risiken erkennen und vermeiden
RA Marcus Beckmann (Beckmann und Norda Rechtsanwälte, Bielefeld)
Montag, 27. Mai 2013, 17.30 – 19.30 Uhr
IHK Bielefeld - Raum 528

Weitere Einzelheiten zur Anmeldung können Sie dem Flyer der IHK Ostwestfalen entnehmen. Sie können sich auch Online zur Veranstaltung anmelden.