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BGH legt EuGH vor: Wann liegt das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vor

BGH
Beschluss vom 10.11.2022 - I ZR 186/17
App-Zentrum II
Verordnung (EU) 2016/679 Art. 80 Abs. 2; UWG § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG §§ 1, 2 Abs. 2 Satz 1
Nr. 11, § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1


Der BGH hat dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt, wann das Tatbestandsmerkmal "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO vorliegt.

Leitsatz des BGH:
Dem Gerichtshof der Europäischen Union wird zur Auslegung von Art. 80 Abs. 2 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, DSGVO, ABl. L 119 vom 4. Mai 2016, S. 1) folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Wird eine Rechtsverletzung "infolge einer Verarbeitung" im Sinne von Art. 80 Abs. 2 DSGVO geltend gemacht, wenn ein Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen seine Klage darauf stützt, die Rechte einer betroffenen Person seien verletzt, weil die Informationspflichten gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Buchst. c und e DSGVO über den Zweck der Datenverarbeitung und den Empfänger der personenbezogenen Daten nicht erfüllt worden seien ?

BGH, Beschluss vom 10. November 2022 - I ZR 186/17 - Kammergericht - LG Berlin

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Meiningen: Auch ein Like auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken kann schon u.a. als Billigung von Straftaten nach § 140 StGB strafbar sein

LG Meiningen
Beschluss vom 05.08.2022
6 Qs 146/22

Das LG Meiningen hat entschieden, dass schon ein Like auf Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken u.a. als Billigung von Straftaten nach § 140 StGB strafbar sein und eine Hausdurchsuchung rechtfertigen kann.

Aus den Entscheidungsgründen:
"Aus den Beweismitteln ergibt sich in hinreichender Weise, dass der Beschuldigte den zitierten Post des "Arminius Hetzer Hermann" mit dem Symbol versehen hat. Dies ist vorliegend tatbestandsmäßig.

Nach § 189 StGB macht sich strafbar, wer das Andenken Verstorbener "verunglimpft". Verunglimpfen ist eine nach Form, Inhalt oder nach den Begleitumständen besonders schwere Beleidigung, sei es in Gestalt eines Werturteils oder einer Tatsachenaussage. Die Verunglimpfung kann nicht nur durch schriftliche oder mündliche Äußerungen, sondern auch durch Tätlichkeiten am Leichnam oder in sonstiger Weise geschehen, sie muss jedenfalls als Ehrenkränkung des Verstorbenen von einem Dritten wahrgenommen werden.

Dies ist ohne Zweifel der Fall. Der Kommentar des Nutzers "Arminius Hetzer Hermann" erfolgte unter einem Beitrag betreffend eine Gedenkveranstaltung für die Opfer des sehr öffentlichkeitswirksamen sog. Kuseler Polizistenmordes, nimmt also eine Veranstaltung in unmittelbarem Bezug, die sogar im engsten Wortsinne dem Andenken zweier konkreter Verstorbener dienen soll. Deren Bezeichnung als (bloße) Kreaturen spricht den Opfer an solchen ersichtlich die Menschenwürde ab; durch die Phrase "keine einzige Sekunde Schweigen" wird zudem direkter Bezug auf eine in Gedenkveranstaltungen oder Trauerfeiern übliche Schweigeminute Bezug genommen, die der Totenehrung und damit schlechthin ihrem Andenken dienen. Wird insoweit zum Ausdruck gebracht, dass den Verstorbenen keine "einzige Sekunde" (der 60 Sekunden umfassenden) Schweigeminute zuteilwerden soll, stellt dies bei objektiver Würdigung die - hier in breitester Öffentlichkeit des Internets getätigte - Aufforderung dar, den (nach wie vor in ihrer Persönlichkeit konkret bezeichneten) beiden Polizisten nicht zu gedenken, ihnen nicht einmal Bruchteile der allgemein üblichen Totenehre angedeihen zu lassen. Die ist in dem genannten Kontext nur als schwere Ehrkränkung aufzufassen, zumal die Art und Weise der Verbreitung im Internet die Schutzgüter des § 189 StGB unbesehen der Frage als besonders beeinträchtigt sehen lässt, ob neben dem soweit hier nachhaltig betroffenem Pietätsgefühl der Angehörigen auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit geschützt werden soll (allg. Auffassung, vgl. MüKoStGB/Regge/Pegel, 4. Aufl. 2021, StGB § 189 Rn. 4 m.w.N.).

Die Kammer verkennt nicht, dass - wie die Beschwerde wohl intendiert - die Grundsätze einer Beleidigung unter einer Kollektivbezeichnung nach überwiegender Ansicht auch bei § 189 StGB und insbesondere dann gelten, wenn sie sich auf eine Gruppe von Personen bezieht, deren Gemeinsamkeit sich gerade aus den Umständen ihres Versterbens ergibt (MüKoStGB/Regge/Pegel, 4. Aufl. 2021, StGB § 189 Rn. 19 m.w.N.). Soweit hat der Kommentar des Nutzers "Arminius Hetzer Hermann" zwar durch Anbringung eines entsprechenden Videos auch Bezug auf "Polizeigewalt" als solche genommen. Allerdings erfolgt auch dies im Kontext der Nutzung einer Kommentarfunktion zu dem geschilderten Gedenkereignis in Gestalt der Ermordung zweier konkret bezeichneter Polizeibeamter im Rahmen ihrer Dienstausübung. Damit wird bei Lichte betrachtet eine (ggf. durchaus allgemeine) Ablehnungshaltung gegenüber Polizisten auf zwei konkrete Einzelpersonen vor dem Hintergrund ihrer Ermordung bei Dienstverrichtung abgehoben. Eine Kollektivbezeichnung ("die Polizei") ist schon der äußeren Form nach nicht ersichtlich, würde aber (was die Beschwerde verkennt) im Falle ihres Vorliegens zur Strafbarkeit nach § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB führen. Keine kollektive, sondern eine individualisierte Beleidigung läge selbst bei anderer Auffassung hier auch dann vor, wenn zwar eine Kollektivbezeichnung verwendet, aber durch den einem Ausruf begleitenden "Fingerzeig" auf ein Mitglied des Kollektivs dieses erkennbar individuell betroffen sein soll (etwa bei dem Ausspruch "A.C.A.B." = all cops are bastards, siehe nur OLG Stuttgart 23.06.2008 – 1 Ss 329/08, NStZ-RR 2009, 50).

Es ist, was die Beschwerde ebenfalls verkennt, allgemein anerkannt, dass es vorliegend um mehrere Einzelbeleidigungen geht, die gleichsam "getarnt" lediglich unter einer "Kollektivbezeichnung" erfolgen. Darüber kann das vermeintlich Polizeigewalt darstellen Video nicht hinwegtäuschen.

Anerkannt ist die von der Rechtsprechung entwickelte Grundforderung, dass sich die bezeichnete Personenmehrheit - hier der beiden verstorbenen Polizeibeamten - auf Grund bestimmter Merkmale aus der Allgemeinheit so deutlich heraushebt, dass der Kreis der Betroffenen klar umgrenzt und so die Zuordnung des einzelnen zu diesem Kreis nicht zweifelhaft ist. Eingedenk des Umstandes, dass der Kommentar wie dargestellt als Reaktion auf einen just zwei Vertretern des Polizeistandes - als Mordopfer - gewidmeten Beitrag erfolgte, bestehen daran keine Zweifel, zumal schon eine Bezugnahme auf die von Einzelakteuren losgelöste Gruppe der "Polizei" an sich bzw. - mit den Worten der Beschwerde: "das Polizistensein im Allgemeinen" - fehlt. Dafür findet sich unbeschadet des Fernliegens der (soweit buchstäblich:) bemühten Argumentation der Beschwerde im Wortlaut letztlich keinerlei Anhaltspunkt.

Die Handlung, derer der Beschwerdeführer verdächtig ist, ist als sog. Liken eine hinreichende Ausrichtung bzw. Kundgabe der Befürwortung der Äußerungen des Nutzers "Aminius Hetzer Hermann". Nach der Rspr. des BGH setzt die Gleichstellung der Wiedergabe fremder Missachtung als Äußerung eigener Missachtung voraus, dass sich der Nutzer die fremde Äußerung zu eigen macht, mithin so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie insgesamt als eigene erscheint. Darin liegt auch die ureigentliche Funktion des sog. Likes auf Facebook oder vergleichbaren Medien. Unbeschadet dessen, dass die Anbringung eines solchen "Likes", der wörtlich übersetzt jedenfalls in Mitteleuropa so viel wie "(ich) mag es" oder "(ich) will es" bedeutet, regelmäßig durch das Betätigen einer Schaltfläche mit den Worten "Gefällt mir" erfolgt, ist gerade auch das Zurschaustellen dieser Befürwortung nach außen Sinn dieser Kommentarfunktion. Dies kommt auch darin zum Ausdruck, dass öffentlichkeitswirksame Vorgänge in anderen Medien regelmäßig damit als besonders herausragend etikettiert werden, dass sie nach der Anzahl ihres "Likes" (oder demgemäß Distanzierung bedeutende "Dislikes") ohne weiteres und nachgerade selbsterklärend bemessen werden.

Dass eine Faust mit nach oben gerecktem Daumen Zustimmung und Gutheißung bedeutet, kann ohnehin nicht ernsthaft in Frage gestellt werden. Der dahinterstehende Symbolgehalt einer nonverbalen, auf Belobigung oder jedenfalls unbeschränkte Zustimmung ausgerichteten Kommunikation dürfte selbst von Rezipienten im Vorschulalter nur als solcher verstanden werden.

In den modernen Medien hat er sich jedenfalls zum regelrechten Sinnbild der Befürwortung etabliert. In der auch hier in Rede stehenden Kommentarfunktion der Plattform Facebook dient diese Symbolik auch der gezieltermaßen öffentlichen Bewertung eines Beitrages, was nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck kommt, dass entsprechende Symbol-Schaltflächen vom Betreiber des Portals unter den Beiträgen als eine Art Einladung zum Kommentieren vorgehalten werden. Soweit kommt darin auch nicht nur eine gewissermaßen stille Befürwortung - etwa nur dem Verfasser gegenüber - zum Ausdruck, sondern die bewusst und für die Öffentlichkeit des Internets zum Ausdruck gebrachte Befürwortung der Inhalte. Deutlicher kann man ein Zueigenmachen kaum zum Ausdruck bringen bzw. allenfalls expressis verbis mit den Worten "Ich stimme dem zu" - nicht anderes symbolisiert aber hier allgemeinhin das in Rede stehende sog. Emoji.

Die darin liegende Bekundung von Sympathie nach außen ist insoweit auch aus Sicht eines Dritten mit einer verbal kundgegebenen Zustimmung nach außen gleichzusetzen (siehe auch Eckel, NStZ 2021, S. 1 ff.). Soweit dem vereinzelt entgegen gehalten wird, dass das Schicksal des sog. Likes dem des in Bezug genommenen Beitrages akzessorisch verbunden sei soll, ist dies irrelevant. Für die Schuldfrage kommt es naturgemäß auf den (Tat-)Zeitpunkt an, in dem der tatbestandliche Erfolg verwirklicht wird. Ohnehin dürfte derjenige, der (fremde) Beiträge mit entsprechender Symbolik versieht, regelmäßig keinen Einfluss auf den Bestand des Beitrages, umgekehrt aber gerade auf das Fortbestehen seines "Likes" haben.

Tatverdacht besteht letztlich auch hinsichtlich § 140 StGB.

Die Tathandlung nach der dortigen Nr. 2 besteht darin, dass der Täter die Tat öffentlich in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Inhalten durch eine auf eine konkrete Tat bezogene und aus sich heraus verständliche Erklärung gutheißt (Fischer, StGB, 63. Aufl. 2020, § 140 Rn. 6). Dies ist bei der gebotenen Gesamtbetrachtung anzunehmen. Tatbestandsmäßig sind auch befürwortende Äußerungen im Internet auf Webseiten, wobei auch schlüssige Erklärungen genügen (BGHSt 22, Seite 286; OLG Braunschweig NJW 1978, Seite 2045). Aus den bereits dargestellten Gründen liegt in der gegenständlichen Tathandlung ein Zueigenmachen, was - a maiore ad minus - eine Billigung einschließt. Aus dem Kontext des Posts ist bei objektiver Betrachtung zu entnehmen, dass derjenige, der den Opfern eines Tötungsdelikts i.S.v. § 126 Abs. 1 Nr. 3 StGB jede Würde absprechen will, auch auf den Leitartikel, dessen Kommentierung unternommen wird, Bezug nimmt und letztlich die dort dargestellte Straftat des Mordes in 2 Fällen billigt. Wer demjenigen, der durch ein Verbrechen zu Tode gekommen ist, in der dargestellten Weise jede Anerkennung und Ehrung abspricht, heißt das Verbrechen an sich gut. Bei lebensnaher Betrachtung kann die Zustimmung, den Opfern ohne weiteres ein Mindestmaß an Menschenwürde abzusprechen, nicht anders als die Billigung des Zentralgeschehens verstanden werden, auf das allein das Gedenken Bezug nimmt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Wettbewerbsverstoß wenn Unternehmen mit auf Social-Media-Plattformen über Gewinnspiele generierten Bewertungen wirbt

OLG Frankfurt
Urteil vom 20.08.2020
6 U 270/19


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Unternehmen wettbewerbswidrig handelt, wenn es mit auf Social-Media-Plattformen über Gewinnspiele generierten Bewertungen wirbt.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Werbung auf Social-Media-Plattformen mit über Gewinnspiele generierten Bewertungen

Die Werbung mit Bewertungen auf Social-Media-Plattformen, die als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben werden, ist unlauter. Es kann unterstellt werden, dass durch eine Gewinnspielauslobung eine erhebliche Zahl an Bewertungen generiert wird. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagte deshalb mit heute veröffentlichten Urteil die Werbung der beklagten Whirlpoolverkäuferin.

Beide Parteien vertreiben gewerbsmäßig Whirlpools. Die Beklagte lobte über Facebook ein Gewinnspiel über einen Luxus-Whirlpool aus. Im Text heißt es: „Wie Du gewinnen kann? Ganz einfach: Diesen Post liken, kommentieren, teilen; unsere Seite liken oder bewerten. Jede Aktion erhält ein Los und erhöht eine Gewinnchance“.

Die Klägerin hält es für wettbewerbswidrig, wenn die Beklagte mit Bewertungen wirbt, die auf diese Weise als Gegenleistung für die Teilnahme an einem Gewinnspiel abgegeben wurden. Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, mit Bewertungen zu werben, wenn auf diese Bewertungen durch die Ermöglichung der Teilnahme an dem Gewinnspiel als Gegenleistung für die Abgabe einer Bewertung Einfluss genommen wurde.

Die hiergegen gerichtete Berufung hatte - wie bereits im vorausgegangenen Eilverfahren - auch vor dem OLG keinen Erfolg. Die Werbung mit den hier gegenständlichen Bewertungen sei irreführend und damit unlauter, entschied das OLG. Grundsätzlich wirkten Äußerungen Dritter in der Werbung objektiv und würden daher im allgemeinen höher bewertet als eigene Äußerungen des Werbenden. Deshalb sei die Werbung mit bezahlten Empfehlungen unzulässig. Ein Kunde, der eine Empfehlung ausspreche, müsse in seinem Urteil frei und unabhängig sein.

Hier werbe die Beklagte mit ihren Facebook-Bewertungen und der dort erzielten guten Durchschnittsnote. Die Bewertungen seien jedoch teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Bewertungen nur deshalb abgegeben wurde, weil die Bewertung durch die Gewinnspielteilnahme „belohnt“ wurden. „Es liegt auf der Hand, dass Bewertung aus Anlass des Gewinnspiels eher positiv ausfallen. Es ist damit zwar keine „bezahlte“ Empfehlung im Wortsinn gegeben. Gleichwohl sind die Bewertungen nicht als objektiv anzusehen“, stellt das OLG fest.

Dabei komme es auch nicht darauf an, dass die Klägerin konkret nachweise, welche Bewertungen durch das Gewinnspiel veranlasst wurden. “Es liegt nämlich ohne weiteres nahe, dass durch die Gewinnspielauslobung eine erhebliche Zahl an Bewertungen generiert wurde“, begründet das OLG.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision vor dem BGH begehren.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 20.8.2020, Az. 6 U 270/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 19.11.2019, Az. 3-06 O 87/18)


BGH setzt Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur EuGH-Entscheidung zum Gefällt-Mir-Button aus

BGH
Beschluss vom 11.04.2019
I ZR 186/17


Der BGH hat das Verfahren gegen Facebook wegen möglicher Datenschutzverstöße durch Weitergabe von Nutzer-Daten an Online-Spiele-Anbieter bis zur Entscheidung des EuGH zur datenschutzrechtlichen Problematik des Facebook Gefällt-Mir-Buttons ausgesetzt (siehe dazu OLG Düsseldorf legt EuGH Rechtsfragen im Zusammenhang mit Nutzung des Facebook-Gefällt-Mir-Buttons auf Unternehmenswebseiten vor ).

Die Pressemitteilung des BGH:

Bundesgerichtshof setzt Verfahren gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zu einer Entscheidung des EuGH aus

Der unter anderem für Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute ein bei ihm anhängiges Verfahren des Bundesverbands der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände gegen Facebook wegen Verstößen gegen Datenschutzrecht bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in einem diesem vom Oberlandesgericht Düsseldorf vorgelegten Vorabentscheidungsverfahren ausgesetzt.

Sachverhalt:

Die in Irland ansässige Beklagte, die Facebook Ireland Limited, betreibt das soziale Netzwerk "Facebook". Auf der Internetplattform dieses Netzwerks befindet sich ein "App-Zentrum", in dem die Beklagte den Nutzern ihrer Plattform kostenlos Online-Spiele anderer Anbieter zugänglich macht. Im November 2012 wurden in diesem App-Zentrum mehrere Spiele angeboten, bei denen unter dem Button "Sofort spielen" folgende Hinweise zu lesen waren: "Durch das Anklicken von ‚Spiel spielen" oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese Anwendung darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."

Der Kläger ist der Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer. Er ist der Ansicht, die Beklagte verstoße mit dieser Präsentation der Spiele im "App-Zentrum" gegen § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG und § 4a Abs. 1 Satz 2 BDSG aF, weil die den Nutzern erteilten Hinweise zu Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten unzureichend seien und daher keine Grundlage für eine nach § 4a Abs. 1 Satz 1 BDSG aF wirksame Einwilligung in die Nutzung der Daten bilden könnten. Der Kläger ist ferner der Auffassung, dass es sich bei den verletzten datenschutzrechtlichen Vorschriften um Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 11 UWG aF (jetzt § 3 Abs. 1, § 3a UWG) handele und ein Verstoß daher wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG begründe, zu deren Geltendmachung er als qualifizierte Einrichtung im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG berechtigt sei.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, auf ihrer Internetseite in einem App-Zentrum Spiele so zu präsentieren, dass Nutzer der Internetplattform mit dem Betätigen eines Buttons wie "Spiel spielen" die Erklärung abgeben, dass der Betreiber des Spiels über das von der Beklagten betriebene soziale Netzwerk Informationen über die dort hinterlegten personenbezogenen Daten erhält und ermächtigt ist, Informationen im Namen der Nutzer zu übermitteln (posten). Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren in entsprechender Anwendung von § 148 Abs. 1 ZPO bis zur Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Rechtssache C-40/17 über das Vorabentscheidungsersuchen des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 19. Januar 2017 (Beschluss vom 19. Januar 2017 - I-20 U 40/16) ausgesetzt. Das Oberlandesgericht hat dem Gerichtshof der Europäischen Union in diesem Verfahren, in dem es um den "Gefällt mir"-Button von Facebook geht, die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Regelungen in Art. 22 bis 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (Datenschutz-Richtlinie) einer nationalen Regelung entgegenstehen, die - wie § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG - gemeinnützigen Verbänden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle einer Verletzung von Datenschutzvorschriften gegen den Verletzer vorzugehen. Diese Frage ist auch im vorliegenden Rechtsstreit entscheidungserheblich und nicht zweifelsfrei zu beantworten. Möglicherweise lässt die Datenschutz-Richtlinie eine Verfolgung von Verstößen allein durch die Datenschutzbehörden und die Betroffenen und nicht durch Verbände zu.

Vorinstanzen:

LG Berlin - Urteil vom 28. Oktober 2014 - 16 O 60/13

Kammergericht Berlin - Urteil vom 22. September 2017 - 5 U 155/14

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 13 Abs. 1 Satz 1 TMG

Der Diensteanbieter hat den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zwecke der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. EG Nr. L 281 S. 31) in allgemein verständlicher Form zu unterrichten, sofern eine solche Unterrichtung nicht bereits erfolgt ist.

§ 4a Abs. 1 Satz 1 und 2 BDSG aF

Die Einwilligung ist nur wirksam, wenn sie auf der freien Entscheidung des Betroffenen beruht. Er ist auf den vorgesehenen Zweck der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung sowie, soweit nach den Umständen des Einzelfalles erforderlich oder auf Verlangen, auf die Folgen der Verweigerung der Einwilligung hinzuweisen.

§ 3 Abs. 1 UWG

Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG

Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu: qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind.

§ 148 Abs. 1 ZPO

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.


Internet World Business-Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann - Likes gelten nicht ewig - Wenn sich ein Unternehmen verändert kann es sich nicht auf alte Bewertungen berufen

In Ausgabe 17/2018, S. 17 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Likes gelten nicht ewig - Wenn sich ein Unternehmen verändert kann es sich nicht auf alte Bewertungen berufen".

Siehe auch zum Thema:
OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch alte Likes und Bewertungen wenn Restaurant Gastronomiekonzept ändert

OLG Frankfurt: Wettbewerbswidrige Irreführung durch alte Likes und Bewertungen wenn Restaurant Gastronomiekonzept ändert

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.06.2018
6 U 23/17


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Restaurant alte Likes und Bewertungen übernimmt, obwohl das Gastronomiekonzept geändert wird.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die angegriffene Werbung ist gemäß § 5 UWG irreführend. Die Beklagte hat sowohl die Bewertungen als auch die Likes, die die Restaurants während ihrer Zeit als Teil des systemgastronomischen Konzepts der Klägerin erworben haben, unverändert auch für ihre nunmehr neuen A-Restaurants bestehen lassen. Damit erweckt sie bei den angesprochenen Verkehrskreisen die Fehlvorstellungen, dass die Bewertungen und Likes für die unter dem "A-Konzept" erbrachten Gastronomiedienstleistungen abgegeben wurden, was tatsächlich nicht der Fall ist. Dass die Beklagte diese Facebook-Seiten selbst aufgebaut hat, steht einer Irreführung nicht entgegen. Der Fehlvorstellung wird auch nicht dadurch begegnet, dass teilweise im Fließtext die Bezeichnung "B" auftaucht. Entscheidend ist, dass in der Überschrift jeweils nur der Name "A" genannt ist.

Die Beklagte hätte diese Irreführungsgefahr durch Nutzung einer neuen Facebook-Seite ausräumen können. Ihre Ausführungen zur fehlenden Einflussmöglichkeit auf die "Gefällt-mir"-Angaben der Facebook-Nutzer sind daher unerheblich."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


Bundeskartellamt: Facebook und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung - Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook Website missbräuchlich

Das Bundeskartellamt kommt nach vorläufiger Einschätzung zu dem Ergebnis, dass Facebook seine marktbeherrschende Stellung missbraucht und sich kartellrechtswidrig verhält. Das Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook-Website (z.B. durch Gefällt-Mir-Button / Like-Button) ist missbräuchlich.

Das Bundeskartellamt hat zudem ein Hintergrundpapier veröffentlicht.


Die Pressemitteilung des Bundeskartellamtes:

Vorläufige Einschätzung im Facebook-Verfahren: Das Sammeln und Verwerten von Daten aus Drittquellen außerhalb der Facebook Website ist missbräuchlich

Das Bundeskartellamt hat dem Unternehmen Facebook seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung übersandt. Die Behörde geht nach dem jetzigen Stand der Dinge davon aus, dass Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke marktbeherrschend ist. Weiter ist das Amt der Ansicht, dass Facebook missbräuchlich handelt, indem das Unternehmen die Nutzung des sozialen Netzwerks davon abhängig macht, unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln und mit dem Facebook-Konto zusammenführen zu dürfen. Zu diesen Drittseiten gehören zum Einen konzerneigene Dienste wie WhatsApp oder Instagram. Hierzu gehören aber auch Webseiten und Apps anderer Betreiber, auf die Facebook über Schnittstellen zugreifen kann.

Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Wir sehen vor allem die Datensammlung außerhalb des sozialen Netzwerks von Facebook und ihre Zusammenführung mit dem Facebook-Konto als problematisch an. Mithilfe von Schnittstellen fließen auch dann Daten an Facebook und werden dort gesammelt und verwertet, wenn man andere Internetseiten besucht. Dies geschieht sogar schon, wenn man z.B. einen „Gefällt Mir-Button“ gar nicht nutzt, aber eine entsprechende Seite aufgerufen hat, in die ein solcher Button eingebettet ist. Dies ist den Nutzern nicht bewusst. Wir sehen nach dem jetzigen Stand der Dinge auch nicht, dass zu diesem Verhalten von Facebook, dem Daten-Tracking und der Zusammenführung mit dem Facebook-Konto, eine wirksame Einwilligung der Nutzer vorliegt. Das Ausmaß und die Ausgestaltung der Datensammlung verstößt gegen zwingende europäische Datenschutzwertungen.“

Nach der vorläufigen Auffassung des Bundeskartellamtes muss Facebook als marktbeherrschendes Unternehmen bei dem Betrieb seines Geschäftsmodells berücksichtigen, dass die Facebook-Nutzer nicht auf andere soziale Netzwerke ausweichen können. Die Teilnahme am Facebook-Netzwerk setzt eine Registrierung und eine uneingeschränkte Zustimmung zu den Nutzungsbedingungen zwingend voraus. Der Nutzer wird vor die Wahl gestellt, entweder das „Gesamtpaket“ zu akzeptieren oder auf die Nutzung des Dienstes zu verzichten.

Dabei wird die private Nutzung des Netzwerks u.a. davon abhängig gemacht, dass Facebook unbegrenzt jegliche Art von Nutzerdaten aus Drittquellen sammeln, den Facebook-Konten der Nutzer zuordnen und zu zahlreichen Datenverarbeitungsvorgängen verwenden kann.

Nach der vorläufigen Bewertung des Bundeskartellamtes sind die Nutzungsbedingungen von Facebook zumindest in diesem Punkt nicht angemessen und verstoßen zu Lasten der Nutzer gegen datenschutzrechtliche Wertungen. Angesichts der marktbeherrschenden Position des Unternehmens kann auch nicht von einer wirksamen Einwilligung der Nutzer zu dieser Form der Datensammlung und Weiterverarbeitung ausgegangen werden.

Das Bundeskartellamt konzentriert sich in diesem Verfahren auf die Sammlung und Verwendung von Nutzerdaten aus Drittquellen. Das Verfahren bezieht sich dabei nicht auf die Datensammlung und -verwendung auf dem sozialen Netzwerk Facebook selbst. Es wird ausdrücklich offengelassen, ob auch hier Datenschutzverstöße und ein Missbrauch von Marktbeherrschung vorliegen oder nicht.

Bei der Nutzung anderer Dienste außerhalb von Facebook können die Nutzer jedenfalls nicht damit rechnen, dass anfallende Daten in diesem Ausmaß dem Facebook-Konto hinzugefügt werden. So fließen Daten von Webseiten und Apps schon mit deren Aufruf bzw. Installation an Facebook, wenn sie eine der Schnittstellen eingebunden haben. Solche Schnittstellen sind millionenfach auf deutschen Webseiten und in Apps verbreitet. Hier sind nach bisheriger Einschätzung des Bundeskartellamtes mehr Steuerungsmöglichkeiten der Verbraucher zu fordern, die von Facebook über geeignete Maßnahmen zur Verfügung gestellt werden und die Datensammlung wirksam begrenzen.

Das Bundeskartellamt arbeitet hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Bewertungen eng mit Datenschutzbehörden zusammen.

Andreas Mundt: „Datenschutz, Verbraucherschutz und der Wettbewerbsschutz kommen an der Stelle zusammen, an der Daten, wie bei Facebook, einen wesentlichen Faktor für die wirtschaftliche Dominanz eines Unternehmens darstellen. Auf der einen Seite steht mit dem sozialen Netzwerk eine kostenlose Dienstleistung, auf der anderen Seite stehen attraktive Werbeplätze, deren Wert gerade deshalb so hoch ist, weil Facebook über riesige Mengen personalisierter Daten verfügt. Dabei muss sich Facebook an die Regeln und Gesetze halten. Das Kartellrecht verbietet es, dass ein Unternehmen seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzt.“

Das Anhörungsschreiben bildet zunächst einen Zwischenschritt im Missbrauchsverfahren, der dem Unternehmen die Möglichkeit einräumt, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen.

Das Bundeskartellamt führt gegen Facebook ein Verwaltungsverfahren. Am Ende des Verfahrens kann es zu einer Einstellung des Verfahrens, Verpflichtungszusagen des Unternehmens oder einer Untersagung durch die Kartellbehörde kommen. Eine abschließende Entscheidung in der Sache wird nicht vor Frühsommer 2018 ergehen.

OLG Dresden: Teilen von Inhalten bei Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken ist kein Zu-Eigen-Machen - anders bei einem Like / Gefällt-Mir oder positiver Kommentierung

OLG Dresden
Urteil vom 07.02.2017
4 U 1419/16


Das OLG Dresden hat entschieden, dass sich der Nutzer durch das Teilen eines Beitrags bei Facebook oder in anderen sozialen Netzwerken die geteilten Inhalte nicht zu eigen macht und somit auch nicht für diese haftet. Dies liegt erst dann vor, wenn der Nutzer die Weiterverbreitung mit einer positiven Bewertung verbindet (z.B. mit einem Like / Gefällt-Mir oder einer positiven Bemerkung).

Aus den Entscheidungsgründen:

" Diese Tatsachenbehauptung ist jedoch wahr. Anders als das Landgericht geht der Senat davon aus, dass sich der Kläger die in dem als Anlage AG 2 vorgelegten Beitrag des Schriftstellers K. enthaltenen Äußerungen zu Eigen gemacht hat. Dies
setzt voraus, dass die fremde Äußerung so in den eigenen Gedankengang eingefügt wird, dass die gesamte Äußerung als eigene erscheint (BGH AfP 2010, 72; WRP 2009, 1262). Auch undistanziert wiedergegebene Äußerungen Dritter können dem
Verbreiter zugerechnet werden, wenn er sie sich in diesem Sinne zu Eigen gemacht hat (BGH AfP 2010, 72; BGHZ 132, 13ff.). Um die verfassungsrechtlich gewährleistete Meinungsfreiheit nicht über Gebühr zu beeinträchtigen, ist bei der Annahme einer solchen Zueignung jedoch Zurückhaltung geboten. Abzulehnen ist sie etwa beim Abdruck einer Presseschau (vgl. BVerfG WM 2009, 1706) oder bei der Veröffentlichung eines klassisch in Frage und Antwort gegliederten Interviews (vgl. BGHZ 132, 13ff; LG Düsseldorf, AfP 1999, 518). Ein solches Zu-Eigenmachen ist hier allerdings noch nicht daraus abzuleiten, dass der Kläger den Beitrag des Schriftstellers K. bei X. geteilt hat. Bei der Funktion "Teilen" handelt es sich um eine auf der Plattform bestehende Möglichkeit, auf private Inhalte anderer Nutzer hinzuweisen, ohne dass hiermit zugleich eine Bewertung verbunden wird.

Regelmäßig wird diese Funktion von den Nutzern dazu verwendet, Inhalte schnell "viral" weiterzuverbreiten. Anders als bei der Funktion "gefällt mir" (vgl. hierzu z.B. Bauer, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf X., NZA 2013, 67, 71) ist
dem "Teilen" für sich genommen keine über die Verbreitung des Postings hinausgehende Bedeutung zuzumessen (OLG Frankfurt, Urteil vom 26. November 2015 – 16 U 64/15 –, juris). Durch den unstreitigen Hinweis, die Seite des Schriftstellers K. sei "zu erwägenswert, um ihn zu unterschlagen", hat der Kläger jedoch zugleich eine dringliche Leseempfehlung ausgesprochen. Der durchschnittliche Empfänger des geteilten Beitrages, der den Kläger und dessen Positionen kennt, kann diese Empfehlung nur als inhaltliche Identifikation mit den geteilten Positionen verstehen. Die entgegenstehende Annahme des Landgerichts, der Zusatz drücke lediglich aus, dass der Kläger dem Artikel eine gewisse Bedeutung beimesse, überzeugt nicht. Die Bewertung der dort enthaltenen Inhalte als "zu erwägenswert" macht vielmehr deutlich, dass der Kläger sich mit diesen inhaltlich ernsthaft auseinandergesetzt, sie mit seinen eigenen Positionen abgeglichen und im Ergebnis dieser Auseinandersetzung als so gewichtig angesehen hat, dass er sich moralisch verpflichtet fühlte, den Artikel auch seinen "X.-Freunden" zur Verfügung zu stellen. Eine wie auch immer geartete Distanz zu den unter der Rubrik "Allerlei" veröffentlichten Texten ist hingegen nicht zu erkennen. Dort ist aber unter dem "sich vollendenden 23. Januar 2016" eine Gegenüberstellung von "A. Hitler" und "A. Merkel" enthalten, zwischen denen der Verfasser eine "bislang übersehene geistige Wahlverwandtschaft" zu erkennen glaubt, die ihn dazu veranlasst, "halbwegs schlechten Gewissens" zwischen beiden "folgenden Vergleich" zu ziehen. Wird damit bereits nach dem ausdrücklichen Wortlaut des Artikels ein Vergleich der Bundeskanzlerin mit Hitler gezogen und macht sich der Kläger mit seinem Begleitkommentar den gesamten Artikel durch eine uneingeschränkt positive Leseempfehlung zu eigen, die den Beitrag in den Rang einer Pflichtlektüre erhebt, so stellt die verknappte Darstellung dieses Vorgangs in dem streitgegenständlichen Artikel eine wahre Tatsachenbehauptung dar. Dem Artikel lässt sich nicht entnehmen, wie der Vergleich auf X. im Einzelnen erfolgt sein soll. Dem durchschnittlichen Leser ist aber geläufig, dass Meinungen auf sozialen Netzwerken nicht ausschließlich durch eigene Artikel, sondern zum weit überwiegenden Teil durch das Teilen, Liken und Verlinken fremder Inhalte weiterverbreitet werden. Er wird daher ohne nähere Angaben zumindest nicht ausschließen, dass auch im vorliegenden Fall der Vergleich durch den positiven Bezug des Klägers auf einen anderen Beitrag erfolgt ist. "




OLG Düsseldorf legt EuGH Rechtsfragen im Zusammenhang mit Nutzung des Facebook-Gefällt-Mir-Buttons auf Unternehmenswebseiten vor

OLG Düsseldorf
Beschluss vom 19.01.2017
I-20 U 40/16


Das OLG Düsseldorf hat mehrere Rechtsfragen im Zusammenhang mit Nutzung des Facebook-Gefällt-Mir-Button auf Unternehmenswebseiten dem EuGH zur Entscheidung vorgelegt (siehe zur Vorinstanz LG Düsseldorf: Facebook Like / Gefällt Mir-Button auf Unternehmenswebseite ist ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß ).

Die Vorlagefragen:

"Das Oberlandesgericht Düsseldorf legt dem Gerichtshof der Europäischen Union folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

1. Steht die Regelung in Artikeln 22, 23 und 24 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vom 24. Oktober 1995 (ABI.
Nr. L 281/31 vom 23.11.1995) einer nationalen Regelung entgegen, die neben den Eingriffsbefugnissen der Datenschutzbehörden und den Rechtsbehelfsmöglichkeiten des Betroffenen gemeinnützigen Verbänden zur Wahrung der Interessen der Verbraucher die Befugnis einräumt, im Falle von Verletzungen gegen den Verletzer vorzugehen ?

Falls die Frage 1) verneint wird:

2. Ist in einem Fall wie dem vorliegenden, bei dem jemand einen Programmcode in seine Webseite einbindet, der den Browser des Benutzers veranlasst, Inhalte von einem Dritten anzufordern und hierzu personenbezogene Daten an den Dritten zu übermitteln, der Einbindende „für die Verarbeitung Verantwortlicher“ im Sinne von Art. 2 Buchstabe d) der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr vom 24. Oktober 1995 (ABI. Nr. L 281/31 vom 23.11.1995), wenn er selber diesen Datenverarbeitungsvorgang nicht beeinflussen kann ?

3. Falls die Frage 2 zu verneinen ist: Ist Art. 2 Buchstabe d) der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr dahingehend auszulegen, dass er die Haftung und Verantwortlichkeit in dem Sinne abschließend regelt, dass er einer zivilrechtlichen Inanspruchnahme eines Dritten entgegen steht, der zwar nicht „für die Verarbeitung Verantwortlicher“ ist, aber die Ursache für den Verarbeitungsvorgang setzt, ohne diesen zu beeinflussen ?

4. Auf wessen „berechtigte Interessen“ ist in einer Konstellation wie der vorliegenden bei der nach Art. 7 Buchstabe f) der Richtlinie 95/46/EG vorzunehmende Abwägung abzustellen? Auf das Interesse an der Einbindung von Drittinhalten oder auf das Interesse des Dritte ?

5. Wem gegenüber muss die nach Art. 7 Buchstabe a) und Art. 2 Buchstabe h) der Richtlinie 95/46/EG zu erklärende Einwilligung in einer Konstellation wie der vorliegenden erfolgen?

6. Trifft die Informationspflicht des Art. 10 der Richtlinie 95/46/EG in einer Situation wie der vorliegenden auch den Betreiber der Webseite, der den Inhalt eines Dritten eingebunden hat und so die Ursache für die Verarbeitung personenbezogener Daten durch den Dritten setzt ?"

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Abmahnungen der Rechtsanwälte Fareds für Fidentus GmbH wegen Verwendung des Facebook Gefällt-mir Buttons

Derzeit wird von den Rechtsanwälten Fareds, die in der Vergangenheit zahlreiche Filesharing-Abmahnungen ausgesprochen haben, Abmahnungen für die Fidentus GmbH ausgesprochen und die Verwendung des Facebook Gefällt-Mir-Buttons (Like-Button) gerügt.

Wir haben immer wieder auf die Problematik hingewiesen. So etwa in dem Beitrag "LG Düsseldorf: Facebook Like / Gefällt Mir-Button auf Unternehmenswebseite ist ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß".

Für betroffene Unternehmen gilt es, Ruhe zu bewahren und richtig auf eine Abmahnung zu reagieren. Bei einer vorschnell abgegebenen Unterlassungserklärung könne noch Jahre später teure Vertragsstrafen drohen.

LG Düsseldorf: Facebook Like / Gefällt Mir-Button auf Unternehmenswebseite ist ein abmahnfähiger Wettbewerbsverstoß

LG Düsseldorf
Urteil vom 09.03.2016
12 O 151/15


Es war nur eine Frage der Zeit. Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die Verwendung des Facebook Like-Buttons bzw. Gefällt-Mir-Buttons auf der Webseite eines Unternehmens einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß darstellt. Ein entsprechender Hinweis in der Datenschutzerklärung reicht - so das Gericht - nicht aus.

Ob die in Deutschland beliebte 2-Klick-Lösung zulässig ist, hat das Gericht ausdrücklich offengelassen. Gleichwohl gilt, dass eine wirklich und unstreitig rechtskonforme Lösung schon deshalb scheitert, weil die gesetzlichen Grundlagen schlicht ungeeignet sind, um Social-Media-Plugins praxistauglich abzubilden.

Es ist bedenklich, dass die rechtlichen Streitfragen auf dem Rücken von Webseitenbetreibern ausgetragen und zukünftig stärker in das Blickfeld von (Serien-)Abmahnern geraten werden.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Nutzung des Facebook-Plugins „Gefällt mir" auf der Webseite der Beklagten, ohne dass die Beklagte die Nutzer der Internetseite vor der Übermittlung deren IP-Adresse und Browserstring an Facebook über diesen Umstand aufklärt, ist unlauter im Sinne des § 3a UWG i.V.m. § 13 TMG.

Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 TMG hat der Betreiber eines Telemediendienstes den Nutzer zu Beginn des Nutzungsvorgangs über Art, Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung personenbezogener Daten sowie über die Verarbeitung seiner Daten in Staaten außerhalb des Anwendungsbereichs des EWR in allgemein verständlicher Form zu unterrichten. Dieser Pflicht ist die Beklagte hinsichtlich ihrer Internetseite in dem Stand, der der gerichtlichen Beurteilung unterliegt, nicht nachgekommen.
[...]
Eine Unterrichtung sah die Internetseite der Beklagten nicht vor, und zwar weder vor einer Weiterleitung von Daten an Facebook, noch während des Beginns des Nutzungsvorgangs. Der bloße Link zu einer Datenschutzerklärung in der Fußzeile der Webseite stellt keinen Hinweis zu Beginn bzw. vor Einleitung des Verarbeitungsvorgangs dar. Die von der Beklagten diesbezüglich aufgeführten Rechtsprechungsfundstellen befassen sich allein mit der jederzeitigen Abrufbarkeit der Belehrung, nicht aber mit dem Zeitpunkt in dem diese zu erfolgen hat.
[...]
Hinsichtlich der Rechtsverletzung indiziert die Begehung durch die Beklagte die Wiederholungsgefahr. Soweit die Beklagte ihren Webauftritt nunmehr auf die sog. "2-Klick-Lösung" umgestellt hat, braucht die Kammer nicht zu bewerten, ob diese den gesetzlichen Anforderungen genügt."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Teilen von Inhalten bei Facebook bedeut anders als Markierung mit Gefällt-Mir nicht dass Inhalte zu eigen gemacht werden

OLG Frankfurt
Urteil vom 26.11.2015
16 U 64/15
1

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass das Teilen von Inhalten bei Facebook und anderen soziallen Netzwerken anders als die Markierung mit Gefällt-Mir oder Like nicht bedeutet, dass sich der Nutzer die Inhalte zu eigen macht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Der Verfügungskläger hat gegen den Verfügungsbeklagten insoweit keinen Unterlassungsanspruch gemäß §§ 1004 Abs. 1 BGB analog, 823 ff BGB. Dem Verfügungskläger steht gegen den Verfügungsbeklagten zunächst kein Unterlassungsanspruch zu, soweit Ziffer 2 der einstweiligen Verfügung vom 21. März 2014 betroffen ist.

Bei der inkriminierten Äußerung handelt es sich um eine Meinungsäußerung. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sie die Grenze zur Schmähkritik überschreitet. Entscheidend ist, dass sie nicht den Verfügungskläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, weil ausweislich des vorgelegten Screenshots der Verfügungsbeklagte gerade nicht die Mitglieder des Verfügungsklägers als "minderbemittelte Hofdamen eines ordinären Königs" bezeichnet hat und deshalb diese Aussage nicht geeignet ist, dem Verein in seinem Ansehen zu schaden. Mit seiner Äußerung hat der Verfügungsbeklagte vielmehr auf die Personen abgezielt, die die teilweise durchaus als ordinär zu qualifizierenden Aussagen des Vorsitzenden des Verfügungsklägers mit "gefällt mir" markiert haben. Gemeint sind also grundsätzlich alle möglichen Facebook-Nutzer. Wie auch das Landgericht letztlich zutreffend festgestellt hat, kann aus der großen Anzahl dieser Markierungen nicht geschlossen werden, dass diese "Unterstützer" personenidentisch mit den Mitgliedern des Verfügungsklägers sind.

Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des Landgerichts, dass die streitgegenständliche Formulierung im Lichte der Überschrift "A ... ein Haufen ordinärer Proleten" gesehen werden müsse. Denn Überschrift und angegriffene Formulierung sind durch eine große Anzahl von Screenshots getrennt. Hierdurch wird eine deutliche Zäsur geschaffen, die gegen den vom Landgericht vorgenommenen Rückschluss spricht. Aus der erkennbar offenen Formulierung folgt, dass der Verfügungsbeklagte nicht die Mitglieder, sondern alle Facebook-Nutzer gemeint hat. Allein aus der Begrifflichkeit "Haufen" kann vor diesem Hintergrund nicht auf die Mitglieder des Vereins geschlossen werden.

Erfolg hat die Berufung auch insoweit, als es um den Verfügungsausspruch zu 3) in Bezug auf die Urheberrechtsverletzungen geht. Zwar handelt es sich bei der Äußerung des Verfügungsbeklagten, der Verfügungskläger sei in der Vergangenheit mehrfach durch Urheberrechtsverletzungen aufgefallen, um die Behauptung einer Tatsache. Gleichwohl besteht kein Unterlassungsanspruch des Verfügungsklägers, da es sich um eine wahre Tatsachenbehauptung handelt. Der Verfügungskläger hat ausweislich der Anlagen AG 7 ff (Bl. 106 ff d.A.) Bilder aus Filmen und Fernsehen, andererseits Bilder der C ohne deren Zustimmung kopiert und verfremdet bzw. kombiniert. Da kein Ausnahmetatbestand des § 53 Urheberrechtsgesetz, also die Vervielfältigung zum privaten Gebrauch, greift, handelt es sich hierbei um Urheberrechtsverletzungen. Dass die jeweiligen Urheberrechtsinhaber - mit Ausnahme der C - keine Abmahnung ausgesprochen haben, ändert daran nichts.

Für das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung bedarf es weder der Kenntnis des Urheberrechtsinhabers noch einer Abmahnung.

Anders als das Landgericht ist der erkennende Senat der Auffassung, dass diese Urheberrechtsverletzungen auch in der Öffentlichkeit thematisiert wurden. Tatsächlich wurde auf den Facebook-Seiten der C über "den Bilderklau" des Verfügungsklägers diskutiert. Da es sich hierbei um eine öffentliche Seite der Social-Media-Plattform handelt, ist die Behauptung des Verfügungsbeklagten, der Verfügungskläger sei in der Öffentlichkeit bereits mehrfach durch Urheberrechtsverletzungen aufgefallen, nicht zu beanstanden.

Im Übrigen hat die Berufung des Verfügungsbeklagten jedoch keinen Erfolg.

Zunächst ist der Verfügungsausspruch zu Ziffer 1 rechtlich nicht zu beanstanden. Der Verfügungsbeklagte ist zu Recht verurteilt worden, es zu unterlassen, auf seinen Internetseiten zu behaupten und/oder zu veröffentlichen, dass der Verfügungskläger dänische Hunde mit Juden vergleicht.

Zu Recht hat das Landgericht die angegriffene Äußerung als eine auf unwahrer Tatsachengrundlage beruhende schlussfolgernde Meinungsäußerung bewertet. Grundsätzlich sind solche Äußerungen, in denen Tatsachen und Meinungen sich vermengen, als Meinungsäußerung von dem Grundrecht aus Artikel 5 Abs. 1 S. 1 GG geschützt, sofern sie - wie hier - durch die Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind. Enthält die Meinungsäußerung aber einen erwiesen falschen oder bewusst unwahren Tatsachenkern, so tritt das Grundrecht der Meinungsfreiheit regelmäßig hinter den Schutzinteressen des von der Äußerung Betroffenen zurück (vgl. z.B. BGH, Urteil v. 16.12.2014, NJW 2015, 773, 775 [BGH 16.12.2014 - VI ZR 39/14] m.w.N.).

Im vorliegenden Fall basiert die Meinungsäußerung gerade auf einem solchen unwahren Tatsachenkern. Denn nach Auffassung des Senats hat der Verfügungsbeklagte das streitgegenständliche Posting, wie es in Anlage K 1 (Bl. 26 d.A.) abgebildet ist, manipuliert. Dabei ist entgegen der landgerichtlichen Feststellungen unerheblich, ob der angegriffene Schriftzug über, unter oder (rechts) neben dem Foto des Kapuzenpullis steht. Denn je nach gewählter Ansicht platziert die Sozial-Media-Plattform Textbeiträge an verschiedenen Stellen unter/über/neben Bildbeiträgen. Soweit das Landgericht seinen Manipulationsvorwurf in erster Linie auf die Platzierung des Textes stützt, folgt der Senat dem nicht.

Entscheidend ist vielmehr, dass der Verfügungsbeklagte das Posting verändert hat, da es nicht erkennen lässt, dass es sich um einen "geteilten Beitrag" der dänischen Tierschützerin D handelt. Ein Vergleich der Anlagen K 1 (Bl. 26 d.A.) und K 8 (Bl. 47 d.A.) verdeutlicht dies: Während bei der Anlage K 1 allenfalls der Zitatstrich links vor dem dänischen Schriftzug sowie der deutschen Übersetzung darauf hindeutet, dass es sich ursprünglich nicht um einen Beitrag des Verfügungsklägers handelt, wird dies aus der Anlage K 8 auf den ersten Blick erkennbar. Denn dort wird bereits aus der Überschrift deutlich, dass es sich um ein geteiltes Bild handelt (hat ... Ds Fotos geteilt"). Das Zitat in der Anlage K 8 zeigt weiter, dass die Erstellerin des Postings den Vorsitzenden des Verfügungsklägers "verlinkt" hat ("mit E"). Diese Markierung resultiert nicht aus einem "Teilen" des Vorsitzenden des Verfügungsklägers. Sie wurde vielmehr von der Verfasserin des Postings, der Tierschützerin D, mutmaßlich bei dem Erstellen des Beitrages, vorgenommen.

Als eigener Beitrag des Verfügungsklägers ist allein die Danksagung "Danke nach Dänemark liebe D, go X" zu erblicken.

Der Verfügungsbeklagte hat somit das streitgegenständliche Posting in einer Weise verändert, die die Urheberschaft des Beitrags verschleiert. Die Tatsachengrundlage für die Meinungsäußerung des Beklagten ist daher nicht wahr. Der Verfügungsbeklagte kann ferner nicht mit seinem Vortrag überzeugen, dass nach ständiger Rechtsprechung das "Verlinken" zu einem "zu Eigen machen" des verlinkten Beitrags führe.

Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Senats nicht auf die Funktion "Teilen" bei Facebook anwendbar. Soweit erkennbar, waren die angerufenen Gerichte regelmäßig mit wettbewerbsrechtlichen, urheberrechtlichen und presserechtlichen Problemstellungen befasst (vgl. Hoeren, GRUR 2011, 503; Hoffmann in: Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 7 TMG Rdnr. 16 ff. m.w.N.). Sie hatten zu entscheiden, ob der "illegal" Verlinkende urheberrechtlich, wettbewerbsrechtlich oder presserechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist.

Im vorliegenden Fall geht es aber gerade nicht um eine solche Verantwortlichkeit des Verfügungsklägers, sondern vielmehr um die Frage, ob er durch das Teilen des Beitrags der Tierschützerin D dänische Hunde mit Juden verglichen hat.

Bei der Funktion "Teilen", die zwar dem "Verlinken" in technischer Sicht ähnlich ist, handelt es sich vielmehr um eine Möglichkeit, auf private Inhalte anderer Nutzer hinzuweisen. Anders als bei der Funktion "gefällt mir" (vgl. hierzu z.B. Bauer, Kündigung wegen beleidigender Äußerungen auf Facebook, NZA 2013, 67, 71) ist dem "Teilen" für sich genommen keine über die Verbreitung des Postings hinausgehende Bedeutung zuzumessen.

Abgesehen davon ist auch nach der oben genannten Rechtsprechung mit einer Verlinkung nicht zwingend ein "zu-eigen-machen" des verlinkten Inhalts verbunden. Der "Verlinkende" als Verbreiter des Inhalts macht sich eine fremde Äußerung vielmehr regelmäßig erst dann zu eigen, wenn er sich mit ihr identifiziert und sie so in den eigenen Gedankengang einfügt, dass sie als seine eigene erscheint. Ob dies der Fall ist, ist mit der im Interesse der Meinungsfreiheit und zum Schutz der Presse gebotenen Zurückhaltung im Einzelfall zu prüfen (vgl. BGH, Urteil v. 17.12.2013, NJW 2014, 2029, 2032)."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier: