Das LG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Ordnungsgeld in Höhe von 90.000 EURO gegen YouTube angemessen ist, wenn der Betreiber der Videoplattform trotz gerichtlicher Entscheidung ein zu Unrecht gelöschtes Video nicht wieder zugänglich macht.
Aus den Entscheidungsgründen: 2. Der unstreitige Sachverhalt rechtfertigt Grund und Höhe des von der Kammer verhängten Ordnungsgelds von 90.000,00 € entsprechend drei Tagessätzen.
a) Der Beschluss der Kammer vom 23.03.2022 verpflichtete die Schuldnerin, es zu unterlassen, das von dem Antragsteller (jetzt: Gläubiger) auf der Plattform YouTube eingestellte und unter https://www.youtube.com/watch… abrufbare Video zu löschen und/oder den Antragsteller wegen der Einstellung dieses Inhalts mit einer Verwarnung zu versehen und/oder das Video zu löschen oder für dieses eine Verwarnung auszusprechen, soweit dem Antragsteller nicht, z.B. mit Timecode, mitgeteilt wird, welche Passagen oder sonstigen Inhalte gegen welche Regelung verstoßen haben sollen.
Der Beschluss wurde der Schuldnerin am 05.05.2022 zugestellt. Die Schuldnerin schaltete das streitgegenständliche Video am 12.05.2022 wieder frei, um es sodann am 16.05.2022 wieder zu löschen. Am selben Tag verwarnte die Schuldnerin den Gläubiger zum zweiten Mal. Eine dreimalige Verwarnung binnen 90 Tagen geht bei der Schuldnerin mit einer Kanal-Löschung einher. Ferner bedeutet die zweimalige Verwarnung für den Nutzer, dass er zwei Wochen lang keine Videos hochladen, Beiträge posten oder Inhalte live streamen kann. Eine Mitteilung an den Gläubiger, welche Passagen oder sonstigen Inhalte seines Videos gegen welche Regelung der Schuldnerin verstoßen haben sollen, insb. unter Angabe eines Timecodes, erfolgte bei der erneuten Löschung und zweiten Verwarnung (wieder) nicht. Die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung wies die Schuldnerin am 17.05.2022 zurück. Zugunsten der Schuldnerin ist ihr Vortrag (zu dem der Gläubiger noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte) zu unterstellen, dass sie das Video am 19.05.2022 wieder eingestellt hat. Die Schuldnerin ist nach unstreitigem Vortrag des Gläubigers ohne weiteres in der Lage, Videos innerhalb von 48 Stunden wiederherzustellen.
b) Danach hat die Schuldnerin in mehrfacher Weise gegen den Unterlassungstitel verstoßen, als sie das Video um mehrere Tage verspätet wieder einstellte, es sodann erneut löschte und den Gläubiger wieder ohne Angabe, inwiefern sein Video regelwidrig sei, verwarnte. Insbesondere ist es nicht hinnehmbar, dass die Schuldnerin für die Befolgung des Unterlassungstitels eine volle Woche benötigte, obwohl ihr ein weitaus schnelleres Tätigwerden möglich wäre. Das gesamte Vorgehen der Schuldnerin im vorliegenden Fall offenbart einen laxen Umgang mit dem gerichtlichen Titel. Unterstellt man zu ihren Gunsten, dass die erneute Löschung und Verwarnung nicht vorsätzlich erfolgten, so liegt ein erheblicher Grad von Fahrlässigkeit jedenfalls darin, dass die Schuldnerin ihr Unternehmen offensichtlich nicht so organisiert hat, dass ihr eine zügige Befolgung gerichtlicher Entscheidungen verlässlich gelingt. Das Zusammentreffen dieser Säumigkeit mit den weiteren genannten Fehlleistungen der Schuldnerin rechtfertigt bereits ein nennenswertes Ordnungsgeld.
Für den Gläubiger bedeutete die zweite Verwarnung ein erhebliches Risiko einer Kanal-Löschung und unmittelbare negative Folgen in der Nutzbarkeit seines Kanals. Nachdem die Schuldnerin sogar die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung zurückgewiesen hatte, musste der Gläubiger befürchten, für beachtliche Zeit nicht mehr auf YouTube hochladen und posten zu können, also – unter Verstoß gegen einen von ihm erwirkten Titel – vorübergehend insoweit mundtot gemacht zu werden.
c) Zu Unrecht versucht die Schuldnerin, die Bemessung des Ordnungsgelds unter dem Gesichtspunkt einer nicht ausreichenden Darlegung ihrer Finanzstärke anzugreifen. Dahinstehen kann, ob – wie die Schuldnerin meint – nicht auf ihre Konzernzugehörigkeit, sondern nur auf sie als (Tochter-)Unternehmen abzustellen ist, was nach Auffassung der Kammer schon deswegen nicht zutrifft, weil etwa im Fall von Gewinnverlagerungen bzw. Gewinnabführungsverträgen Titelverstöße in einem Tochterunternehmen vorkommen können, welches nur aus konzerninternen/steuerlichen Gründen finanzschwach ist. Allgemeinbekannt generiert die Schuldnerin jedenfalls immense Werbeeinnahmen, was etwa die französische Datenschutzbehörde dazu veranlasste, wegen erheblicher Datenschutzverstöße Bußgelder von 60 Mio. Euro im Januar 2022 und von 40 Mio. Euro im Dezember 2020 zu verhängen. Die Gelegenheit, zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift vorzutragen, hat die Schuldnerin nicht genutzt.
d) Nachdem es sich auf der anderen Seite um einen Erstverstoß handelt, war das Ordnungsgeld nicht auf den oder in der Nähe des Höchstbetrags festzusetzen, sondern bei Gesamtabwägung wie mit dem angegriffenen Beschluss geschehen.
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass das Vorstandsmitglied eines Vereins, welches für den Verein eine Facebook-Seite erstellt hat, nach § 27 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 667 BGB die Administratorenrechte an der Facebook-Seite an den Verein herausgeben muss, auch wenn die Facebook-Seite unter Nutzung des privaten Accounts eingerichtet wurde.
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger stand, wie das Amtsgericht zu Recht und mit überzeugender Begründung angenommen hat, ein Anspruch gegen die Beklagte auf Herausgabe der Facebook-Seite zu, und zwar in der Weise wie beantragt, d.h. durch Übertragung der Administrationsrechte auf den von dem Kläger bezeichneten Mitglied seines Vorstands.
aa) Zu Recht hat das Amtsgericht diesen Anspruch auf § 27 Abs. 3 S. 1 i.V.m. § 667 BGB gestützt. Danach hat das Vorstandsmitglied eines Vereins wie ein Beauftragter dasjenige herauszugeben, was es zur Ausführung seines Amtes erhält oder daraus erlangt (vgl. BeckOGK/Segna, 01.07.2020, § 27 BGB Rn. 102). Die Herausgabepflicht erstreckt sich auf jeden erlangten Vorteil, einschließlich solcher Gegenstände, die der Beauftragte selbst hervorgebracht, d.h. angefertigt oder erworben hat (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 17).
Auch Online-Konten, beispielsweise ein Facebook-Account, zählen dazu, wenn sie in Ausübung des Amtes geschaffen worden sind (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 21 m.w.N.). Hiervon abzugrenzen sind privat genutzte, aber mit Bezügen zu dem Auftraggeber angelegte Facebook-Konten, die von der Herausgabepflicht dann ausgenommen sind, wenn sie einen substanziellen privaten Anteil aufweisen (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 21 unter Verweis auf AG Brandenburg, NZA-RR 2018, 364).
In Anwendung dieser Grundsätze sind Administrationsrechte an einer Facebook-Seite jedenfalls dann von der Herausgabepflicht umfasst, wenn ein Vorstandsmitglied, wenn auch systembedingt unter Nutzung eines privaten Accounts, im Auftrag des Vereins für diesen einen Facebook-Auftritt geschaffen hat.
bb) Um einen solchen Fall handelt es sich hier.
Dies ist in tatsächlicher Hinsicht freilich streitig. Das Amtsgericht hat aber zu Recht das wechselseitige Parteivorbringen, die vorgelegten Unterlagen und die Angaben der Beklagten im Rahmen ihrer persönlichen Anhörung in der Gesamtschau in diesem Sinne ausgewertet.
(1) Die genannten Angaben der Beklagten sprechen am stärksten für diese Wertung. Sie hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Folgendes erklärt: „Ich habe für den Verein die Facebook-Seite errichtet und habe meine Vorstandskollegen in der Sitzung darüber informiert. Da diese keine Ahnung von Facebook haben, haben sie mir vertraut und haben dem sozusagen zugestimmt“ (Sitzungsniederschrift vom 28.10.2019, S. 2; Bl. 455 R d.A.). Aus diesen Worten spricht das Verständnis, eine Tätigkeit in der Eigenschaft als Vorstandsmitglied ausgeübt zu haben. Inwieweit die Beklagte durch einen förmlichen Beschluss hiermit im engeren Sinne beauftragt wurde, ist nicht entscheidend. Denn § 27 Abs. 3 S. 1 verweist zwar auf das Auftragsrecht, setzt für Herausgabeansprüche aus § 667 BGB aber nicht voraus, dass das einzelne Vorstandsmitglied i.S.v. § 662 BGB beauftragt wurde, sondern allein, dass es aus der Ausübung seines Amtes etwas erlangt hat (vgl. BeckOGK/Segna, 01.07.2020, § 27 BGB Rn. 102).
Mit diesen Angaben hat die Beklagte eine zentrale Behauptung der Klägerseite wirksam zugestanden. Dass diese Behauptung in Widerspruch zu dem schriftsätzlichen Vorbringen steht, ist unschädlich, denn die Partei kann auch im Anwaltsprozess Tatsachen zugestehen, die ihr Anwalt vorher bestritten hatte (Zöller/Althammer, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 85 Rn. 9).
(2) Dass die Facebook-Seite, zunächst von der Beklagten allein gepflegt, eine Seite des Vereins sein sollte und es nach ihrem Verständnis auch war, wird zusätzlich daran anschaulich, dass sämtliche Posts in der Wir-Form gehalten sind und vielfach auf diese oder andere Weise ausdrücklich auf Veranstaltungen des Vereins oder auf den Verein selbst hinweisen, z.B. am 23.10.2011: „Es ist wichtig, daß diese Seite bekannter wird. …“ (vgl. dazu und zu weiteren Beispielen Anlage K 11; Bl. 128 ff. d.A.).
(3) Ohne den Beweisantritten des Klägers zu Inhalt und Verlauf von Vorstandssitzungen nachgehen zu müssen, ergeben sich aus den vorgelegten Unterlagen weitere Hinweise darauf, dass es dem Verständnis sämtlicher Vorstandsmitglieder entsprach, dass es sich bei der Seite um den Facebook-Auftritt des Vereins handeln sollte, namentlich die Tagesordnung vom 06.01.2011 („Facebook-Bearbeitung X…“; Anlage K 10; Bl. 127 d.A.) und die Verweise auf die Facebook-Seite in dem Flyer des Vereins (Anlage K 12; Bl. 400 f. d.A.) und in der von der Beklagten erstellten Vereinschronik (Anlage K 13; Bl. 402 f. d.A.).
(4) Auch die Äußerungen der Beklagten nach ihrem Ausscheiden aus dem Vorstand bilden ein wichtiges Indiz in diesem Sinne. So spricht sie im Jahr 2019 davon, auf Facebook eine „Vereinsseite“ eingerichtet zu haben (Anlage K 7; Bl. 66 f. d.A.) und von dem Wunsch, „mit der Facebook-Seite des Vereins“ jetzt nichts mehr zu tun zu haben (Anlage K 17; Bl. 407 d.A.), weil sie sich in die passive Mitgliedschaft zurückziehen wolle und kein Interesse mehr an der Kontrolle der Seite habe (Anlage K 16; Bl. 406 d.A.). Diese Äußerungen sind mit der Annahme, es habe sich bei der Seite um die eigene und private Seite der Beklagten gehandelt, unvereinbar.
Dass die Äußerungen aus dem Zusammenhang gerissen seien, wie die Beklagte pauschal vorträgt, ist bei der Lektüre der Äußerungen im Zusammenhang, wie er durch die vorgelegten Anlagen ermöglicht wird, nicht nachvollziehbar.
Es stimmt zwar, dass solche nachträglichen Äußerungen die rechtliche Qualifikation des damaligen Vorstandshandelns nicht beeinflussen können. Doch ergibt sich aus ihnen, dass die Beklagte nachträglich nicht in Zweifel zog, dass sie die Seite seinerzeit als Vorstandsmitglied für den Verein angelegt und betrieben hatte. Deshalb legen sie den Schluss sehr nahe, dass dem zu dem relevanten Zeitpunkt tatsächlich so war.
(5) Dass im Profil der Facebook-Seite zunächst nicht, wie von 2016 oder 2017 an, der Vereinsname erschien, sondern das Schlagwort „…“, ist unter diesen Umständen unschädlich.
Vielmehr ergibt sich aus der Umgestaltung der Seite ab 2016 ein weiteres Indiz dafür, dass es sich nach dem Verständnis aller Beteiligten um die Seite des Vereins handelte. Die Beklagte erklärt hierzu selbst, sie habe den stellvertretenden Vorsitzenden Y… „als Hilfsperson“ bei der Administration der Seite zugelassen, der nun ebenfalls dort gepostet, den Verein (ohne ihr Wissen) als Verantwortlichen in das Impressum aufgenommen und die Seite (was sie hingenommen habe) in „…“ umbenannt habe. Zunächst entspricht die Stellung, die Herr Y… damit übernahm, nicht derjenigen einer „Hilfsperson“. An anderer Stelle spricht die Beklagte auch zutreffender von der eines „Mitadministrators“. Vor allem aber wäre dann, wenn es sich nach dem Verständnis der Beklagten um ihre eigene private Facebook-Seite gehandelt hätte, nicht zu erwarten gewesen, dass die Beklagte einem Dritten diese Befugnisse einräumt und dessen Eingriffe in die Gestaltung einfach hinnimmt.
(6) Die Facebook-Seite „…“, auch wenn sie ebenfalls – ab dem Jahr 2018 – von dem Verein betrieben wurde, ändert an der Qualifikation der streitgegenständlichen Seite nichts. Jedenfalls ist es nicht so, dass diese neue Facebook-Seite die alte Facebook-Seite abgelöst hätte und der Verein eigene Posts nunmehr nur noch auf der neuen Seite eingestellt hätte. Da dem nicht so war, kann nicht der Schluss gezogen werden, es hätte nach der Vorstellung der Verantwortlichen des Klägers keine vereinseigene Seite existiert und diese sei mit der neuen Seite erst geschaffen worden.
cc) Datenschutzrechtliche Bedenken bestehen nicht. Es ist schon nicht ersichtlich, welche personenbezogenen Daten Dritter mit der Übertragung der Administrationsrechte den Verantwortlichen des Klägers bekannt werden könnten. Soweit dem aber so wäre, träte deren Schutz im Rahmen der Abwägung nach § 24 Abs. 1 Nr. 2 BDSG hinter das Informationsrecht des Anspruchsinhabers des Herausgabeanspruchs zurück (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 666 Rn. 17; BGH, NJW 2012, 58).
Der Verweis auf die EuGH-Entscheidung zur Verantwortlichkeit des Betreibers einer Facebook-Seite für die Verarbeitung personenbezogener Daten (EuZW 2018, 534) rechtfertigt keine andere Bewertung. Denn darin geht es um die von Facebook auf den Endgeräten der Besucher einer Seite gesetzten Cookies und die Möglichkeit der Seitenbetreiber, daraus anonymisierte statistische Daten betreffend die Nutzer dieser Seiten von Facebook erhalten. Hieraus kann sich eine Belehrungspflicht des Seitenbetreibers ergeben. Einem Betreiberwechsel steht diese Pflicht nicht entgegen.
dd) Der Anspruch war nicht verjährt. Die Verjährung des Herausgabeanspruchs beginnt mit seinem Fälligwerden zu laufen. Dieses ist hier auf das Ausscheiden aus dem Vorstand zu datieren (vgl. MüKoBGB/Schäfer, 8. Aufl. 2020, § 667 Rn. 23 zum Auftragsrecht).
c) In der Löschung der Facebookseite nach Klageerhebung, die dazu führte, dass die Seite unwiederbringlich verloren ist, liegt schließlich das erledigende Ereignis, welches die Klage unbegründet machte. Denn nunmehr ist die Herausgabe unmöglich und von der Beklagten deshalb nicht geschuldet (§ 275 BGB).
Das LG Frankfurt hat entschieden, dass für Ansprüche gegen ein soziales Netzwerk auf Unterlassung von Löschung und Sperrung des Accounts das Gericht am Wohnsitz des Betroffenen örtlich zuständig ist.
Entscheidungsgründen:
Das Landgericht Frankfurt a.M. ist örtlich unzuständig. Die Zuständigkeit richtet sich vorliegend nach Art. 7 Nr. 1 EuGVVO. Der Antragsteller macht hier einen nebenvertraglichen Anspruch auf Unterlassung der Löschung und Sperre wegen eines seiner Posts geltend. Die Erfüllung dieses Anspruchs kann der Antragsteller jedoch nicht im hiesigen Gerichtsbezirk verlangen, sondern nur an seinem Wohnsitz.
Auch ein deliktischer Gerichtsstand gemäß Art. 7 Nr. 2 EuGVVO ergibt sich nicht im hiesigen Gerichtsbezirk. Handlungsort wäre in Irland. Erfolgsort der Löschung und Sperre wäre in Berlin, am Sitz des Nutzers, weil sich dort die Löschung und Sperre auswirken. Auf die Abrufbarkeit der Beiträge, die die Antragsgegnerin als Anlass der Löschung genommen haben soll, kommt es hingegen nicht an, da anders als in üblichen äußerungsrechtlichen Konstellationen nicht die Unterlassung der Verbreitung der Äußerung begehrt wird, sondern eben nur Unterlassung der Löschung bzw. Sperre, die sich allein beim Nutzer auswirkt. Dass seine Beiträge an anderen Orten nicht mehr verfügbar sind, ist lediglich eine mittelbare Folge der Löschung. Ein Bezug zum hiesigen Gerichtsbezirk ergibt sich hieraus jedenfalls nicht.
Das OLG Hamburg hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die offensichtlich Werbung sind, nicht nach § 5a Abs. 6 UWG gesondert als Werbung kennzeichnen muss.
Das OLG Hamburg hat die Revision zum BGH zugelassen.
Eine auf der Pressemitteilung des OLG Hamburg basierende Meldung finden Sie hier:
OLG Dresden
Urteil vom 16.06.2020 4 U 2890/19
E. e.V. ./. Facebook Ireland Limited
Das OLG Dresden hat entschieden, dass Facebook den Account einer "Hassorganisation" im Sinne der Facebook-Gemeinschaftsstandards löschen darf.
Die Pressemitteilung des OLG Dresden:.
Urteil im Streit um die Löschung eines Accounts in sozialen Netzwerken: Ausschluss von »Hassorganisationen« zulässig
Das Oberlandesgerichts Dresden hat heute im Streit um die Zulässigkeit der Löschung eines Accounts in sozialen Netzwerken [...] entschieden.
Der zuständige 4. Zivilsenat hat auch in der Berufungsinstanz den Erlass einer einstweiligen Verfügung zu Gunsten des Vereins E. (Verfügungskläger) abgelehnt und damit das vorhergehende Urteil des Landgerichts Görlitz bestätigt.
Der klagende Verein war in den sozialen Netzwerken Facebook und Instagram (Verfügungbeklagte) dauerhaft gesperrt worden. Im gerichtlichen Verfahren hatte sich Facebook darauf gestützt, dass der Verfügungskläger als »Hassorganisation« im Sinne der Gemeinschaftsstandards anzusehen sei, zumindest aber eine andere Hassorganisation, nämlich die sogenannte Identitäre Bewegung, unterstützt habe.
In dem nunmehr ergangenen Urteil hat der 4. Zivilsenat ausgeführt, dass es sozialen Netzwerken grundsätzlich freistehe, in ihren Nutzungsbedingungen den Ausschluss von »Hassorganisationen« sowie von deren Unterstützern vorzusehen.
Einem Kontrahierungszwang unterlägen soziale Netzwerke auch dann nicht, wenn sie eine an ein Monopol grenzende Marktmacht in ihrem Bereich hätten. Zwar müsse sich eine solche Regelung an den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Zulässigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen messen lassen; diese Vorgaben seien hier aber erfüllt. Insbesondere sei die entsprechende Regelung in den Gemeinschaftsstandards hinreichend bestimmt, weil sich für den Nutzer klar ergebe, was unter einer »Hassorganisation«zu verstehen sei.
Allerdings dürfe eine solche Kontosperrung nicht willkürlich erfolgen und müsse die Meinungs- und Kommunikationsgrundrechte der Nutzer und die wirtschaftlichen Auswirkungen eines dauerhaften Ausschlusses berücksichtigen. Eine Sperre, die an die bloße Unterstützung einer »Hassorganisation« anknüpfe, sei daher grundsätzlich nur nach vorheriger Abmahnung zulässig. Hier habe Facebook aber glaubhaft gemacht, dass der Verein selbst die Voraussetzungen für eine Einstufung als »Hassorganisation« erfülle. Da die Sperrung seiner Accounts nicht lediglich an punktuelle Einzeläußerungen anknüpfe, die sich der Verein nicht zurechnen lassen müsse, sei der Schluss gerechtfertigt, dass seine ideologische Ausrichtung darauf abziele, Personen aufgrund ihrer ethnischen Abstammung oder religiösen Überzeugung anzugreifen.
Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung ist nicht gegeben.
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer Posts, die Dienstleistungen oder Produkte vorstellen und auf Accounts der jeweiligen Anbieter verlinken, als Werbung kennzeichnen muss.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Influencerin muss Verlinkungen auf Instagram als Werbung kenntlich machen
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) untersagt mit heutigem Beschluss einer Influencerin und Youtuberin, im geschäftlichen Verkehr auf ihrem Instagram-Account Bilder von sich im Internet zu präsentieren und dabei Waren und/oder Dienstleistungen vorzustellen nebst Verlinkung zu den Accounts der jeweiligen Hersteller, ohne diese Veröffentlichungen als Werbung kenntlich zu machen.
Die Antragstellerin betreibt einen Verlag. Die Antragsgegnerin ist Influencerin und Youtuberin. Sie unterhält eine personalisierte Webseite auf Instagram und hat über eine halbe Million Follower. Dort postet sie zahlreiche Bilder, überwiegend von sich selbst. Sie verlinkt diese Bilder mit den Instagram-Accounts der Anbieter der jeweils in ihren Posts dargestellten Produkte sowie Dienstleistungen. Die Posts werden nicht als Werbung kenntlich gemacht. In jedenfalls zwei Begleittexten bedankt sich die Antragsgegnerin ausdrücklich bei zwei Produktherstellern, auf deren Instagram-Accounts sie verlinkt hatte, für die Einladung zu zwei Reisen.
Die Antragstellerin ist der Ansicht, die Antragsgegnerin betreibe mit der gewählten Präsentation von Produkten und Dienstleistungen auf ihrem Instagram-Account verbotene redaktionelle Werbung. Das Landgericht hat einen auf Unterlassen gerichteten Antrag im einstweiligen Verfügungsverfahren zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin.
Die Beschwerde hat vor dem OLG Erfolg. Die Antragsgegnerin handele unlauter, stellt das OLG fest. Sie habe den tatsächlich vorhandenen kommerziellen Zweck ihrer geschäftlichen Handlungen nicht kenntlich gemacht; der kommerzielle Zweck ergebe sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen.
Der Instagram-Account der Antragsgegnerin stelle, so das OLG, eine geschäftliche Handlung dar; die „Instagram-Posts...dienten zunächst der Förderung fremder Unternehmen“. Es handele sich um Werbung, die den Absatz der präsentierten Produkte steigern und das Image des beworbenen Herstellers und dessen Markennamen oder Unternehmenskennzeichen fördern soll. Die Antragsgegnerin sei unstreitig eine Influencerin. Sie präsentiere sich in ihren Posts nicht als Werbefigur, sondern als Privatperson, die andere an ihrem Leben teilhaben lassen und dabei sehr authentisch wirke. In dem sie auf ihren Posts etwa einen „Tag“ auf ein Hotel setze, mache sie Werbung für dieses Hotel. Der redaktionelle Beitrag habe auch nicht in Verbindung zu diesem Hotel gestanden. Sie erhalte auch eine Gegenleistung für ihre Werbung. Dies folge etwa daraus, dass sie sich ausdrücklich bei zwei Unternehmen, für das sie auf ihren Posts „Tags“ gesetzt hatte, für die Reiseeinladungen bedankte.
Der Instagram-Account der Antragsgegnerin sei auch insgesamt als kommerziell einzuordnen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Antragsgegnerin für jeden „Tag“ eine Gegenleistung erhalten oder erwartet habe. Als Autorin eines Buches, das zu den Spiegel-Online-Bestsellern zähle, nutze sie ihre Bekanntheit als Influencerin, um ihre eigenen Produkte zu vermarkten. Sie erziele als Influencerin Einkünfte damit, dass sie „Produkte und auch sich selbst vermarktet“, betont das OLG.
Die Handlungen der Antragsgegnerin seien zudem geeignet, „den Verbraucher zu einer geschäftlichen Handlung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte“, stellt das OLG schließlich fest. Es genüge, dass die Verbraucher aufgrund der Posts Internetseiten öffneten, die es ermöglichten, sich näher mit einem bestimmten Produkt zu befassen. Die Verbraucher würden hier auf den jeweiligen Instagram-Account der Hersteller der präsentierten Produkte geleitet. „Entscheidend ist, dass die Antragsgegnerin als Influencerin und damit als Werbefigur ihre Follower zum Anklicken der „Tags“ motiviert“, fasst das OLG abschließend zusammen.
Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.10.2019, Az. 6 W 68/19
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 24.6.2019, Az. 2-6 O 235/19)
Die Entscheidung kann in Kürze im Volltext unter www.lareda.hessenrecht.hessen.de abgerufen werden.
Erläuterungen:
§ 5a UWG Irreführung durch Unterlassen
(1) ...
(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Das LG Berlin hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass Facebook einen gelöschten Nutzerkommentar, der von nach Ansicht des Gerichts von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, wiederherstellen und die Sperrung des Facebookkontos aufheben muss.
Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass eBay berechtigt ist, Accounts, die gegen das Verifizierte Rechteinhaber-Programm (VeRI) verstoßen, ohne vorherige Anhörung zu sperren und Angebote zu entfernen.
Aus den Entscheidungsgründen:
"3. Mit dem vom Antragsteller zur Begründung seiner beabsichtigten Klage vorgetragenen Sachverhalt lässt sich eine zum Schadensersatz führende Pflichtverletzung der Antragsgegnerin (§ 280 BGB) nicht feststellen.
a. Die Antragsgegnerin ist mit der Sperrung des Accounts ihren Prüf- und Schutzpflichten nachgekommen, die ihr durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes als Betreiber einer Internet-Plattform auferlegt sind. Danach trifft den Betreiber eines Online-Marktplatzes, wenn ihn ein Rechteinhaber auf eine klare Verletzung seines Rechtes durch ein auf den Marktplatz eingestelltes Verkaufsangebot hinweist, die Verpflichtung, derartige Verletzungen zu unterbinden. Die Diensteanbieter im Sinne von §§ 8 bis 10 TMG trifft keine allgemeine Prüfpflicht für die von Nutzern auf deren Server eingestellten Dateien, dem steht die Vorschrift des § 7 Abs. 2 Satz 1 TMG entgegen. Danach sind Diensteanbieter nicht verpflichtet, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hindeuten (BGH, Urteil vom 17.08.2011 - 1 ZR 57/09 - Stiftparfüm, Rn. 21- zit. nach juris). Der Betreiber eines Online-Marktplatzes, der auf eine klare Rechtsverletzung konkret hingewiesen worden ist, muss allerdings das betroffene Angebot unverzüglich sperren und auch Vorsorge treffen, dass es möglichst nicht zu weiteren derartigen Schutzrechtsverletzungen kommt (BGH, a.a.O., Rn. 52; BGHZ 158, 236 Rn. 49- zit. nach juris).
Die Antragsgegnerin hat daher in Erfüllung der ihr obliegenden rechtlichen Pflichten gehandelt, indem sie nach einem entsprechenden Hinweis eines sich als Rechteinhabers bezeichneten Nutzers den Account des Antragstellers sperrte. Zugleich diente dies der Wahrnehmung ihrer eigenen berechtigten Interessen, nämlich nicht von Markeninhabern gerichtlich oder außergerichtlich in Anspruch genommen zu werden (s. Beschluss des Senats vom 09.03.2010, 6 W 175/09).
b. Entgegen der Ansicht des Antragstellers oblag der Antragsgegnerin im vorliegenden Falle nicht die Verpflichtung, Nachforschungen anzustellen, ob die gemeldete Schutzrechtsverletzung berechtigt ist oder aber vor der Sperrung den Antragsteller anzuhören und sodann die vorgetragenen Umstände einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dürfen Diensteanbietern im Sinne des TMG keine Anforderungen auferlegt werden, die ihr von der Rechtsordnung gebilligtes Geschäftsmodell gefährden oder ihre Tätigkeit unverhältnismäßig erschweren (BGH, Urteil vom 22.07.2010 - 1 ZR 139/08, Kinderhochstühle, Rn. 38- zit. nach juris; BGH, Urteil vom 11.03.2004 - 1 ZR 304/01, Rn. 49- zit. nach juris). Die Prüf- und Überwachungspflichten des Diensteanbieters sind auf zumutbare Maßnahmen zu beschränken.
Die Antragsgegnerin hat mit dem V…-Programm deshalb eine solche Maßnahme geschaffen, indem sie den Plattformnutzern die Möglichkeit gibt, nach Verletzungen ihnen zustehender Schutzrechte selbständig zu forschen und diese ihr als „Marktplatzbetreiber“ anzuzeigen.
Dass im vorliegenden Falle die Antragsgegnerin leichtfertig auf eine behauptete Schutzrechtsverletzung hin die Verfügung über den Account des Antragstellers beschränkt hatte, kann nicht festgestellt werden. Der Antragsteller selbst hat vorgetragen, dass er einen Rechtsstreit mit einem sich als Schutzrechtsinhaber gerierenden Dritten geführt hat. Dieser Dritte, der die Umstände zur behaupteten Schutzrechtsverletzung durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat, war derjenige, der den Antragsteller bei der Antragsgegnerin angezeigt hat. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller den Anzeigeerstatter namhaft gemacht, damit der Antragsteller sich mit dem Anzeigeerstatter auseinandersetzen kann.
Das Geschäftsmodell der Antragsgegnerin wäre infrage gestellt, wenn sie in einem Fall der vorliegenden Art gehalten wäre, die Meldung des vermeintlichen Rechteinhabers einer besonderen Prüfung zu unterziehen oder sogar eigene Nachforschungen anzustellen. Eine über eine reine Plausibilitätskontrolle hinausgehende Nachprüfungspflicht obliegt der Antragsgegnerin, wenn der Anzeigeerstatter seine Behauptungen durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft macht, nicht.
Soweit der Antragsteller behauptet, die Anschwärzung durch den Dritten wegen Schutzrechtsverletzung sei unberechtigt erfolgt, muss er sich an diesen halten. Die Funktion der Antragsgegnerin besteht allein darin, Nutzern eine Plattform zu bieten, auf denen diese Geschäfte abwickeln können. Der Einsatz von Juristen, um schutzrechtliche Streitigkeiten prüfen zu können, obliegt der Antragsgegnerin nicht.
4. Daneben kann dahinstehen, dass der vom Antragsteller mit der beabsichtigten Klage verfolgte Schadensersatz in keiner Weise schlüssig dargetan ist. Der Antragsteller stellt lediglich auf Umsätze ab, die er nach seiner Behauptung entsprechend dem Geschäftsmodell der Antragsgegnerin in einem bestimmten Zeitraum hätte tätigen können. Der Antragsteller legt bereits nicht hinreichend dar, dass er den von ihm in dem angeführten Zeitraum behaupteten Umsatz überhaupt hätte erreichen können, indem ihm die Antragsgegnerin kontinuierlich höhere Verkaufslimits gestattet hätte. Nach dem Vortrag der Antragsgegnerin gibt es keine automatische Erhöhung des Verkaufslimits. Die Anhebung des Limits ist vielmehr von verschiedenen individuellen Faktoren abhängig."
Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass der Inhaber eines Facbook-Accounts für rechtswidrige Beiträge Dritter, auch wenn dieser den Account missbräuchlich genutzt hat, haften kann. Das Gericht wendet dabei die vom BGH in seiner Halzband-Entscheidung (BGH: Accountinhaber kann für Rechtsverletzungen durch einen Dritten haften) herausgearbeiteten Grundsätze zur missbräuchlichen Verwendung eines eBay-Accounts an. Das Gericht hat die Revision zum BGH zugelassen.
Die Entscheidungsgründen:
"I. Der Kläger kann von dem Beklagten eine Geldentschädigung in Höhe von € 3.000,-- verlangen.
Zu Unrecht hat das Landgericht einen Anspruch des Klägers auf Zahlung einer Geldentschädigung gemäß §§ 823 Abs. 1 und 2, 1004 Abs. 1 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 1 GG; § 185 StGB verneint.
1. Zu Recht rügt die Berufung, das das Landgericht in den streitgegenständlichen Äußerungen keinen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers gesehen hat.
a. Das Landgericht hat zunächst die von dem Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Beurteilung, ob eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts vorliegt, die die Zahlung einer Geldentschädigung erfordert, zutreffend dargestellt. Hierauf nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Nicht vertretbar ist jedoch die von dem Landgericht vorgenommene Bewertung der einzelnen Äußerungen.
Mit Erfolg beanstandet die Berufung, dass das Landgericht die einzelnen Äußerungen isoliert und nach ihrem reinen Wortlaut beurteilt hat. Insoweit ist der Berufung zuzugeben, dass bei der Bewertung des Verständnisses der beanstandeten Äußerungen primär auf den Sender- und Empfängerhorizont abzustellen ist unter Berücksichtigung der Anschauungen und Wertvorstellungen des persischen Kulturkreises der Beteiligten.
aa. Hierbei kommt vor allem dem Umstand besondere Bedeutung zu, dass Homosexualität im Iran gesellschaftlich tabuisiert und homosexuelle Handlungen strafbar sind. Auf eine solche spielt aber die erste Äußerung an (...), welcher mithin ein eindeutig herabwürdigender Inhalt innewohnt. Der von dem Landgericht vermisste Personenbezug zum Kläger, welcher im Übrigen nur von Relevanz ist, soweit es um die Beleidigung des Klägers Dritten gegenüber geht, folgt ohne Weiteres daraus, dass sich im unmittelbaren Anschluss an diese Äußerung, nur durch ein Komma getrennt, der Kläger mit vollem Namen genannt und er im nachfolgenden Satz noch einmal direkt als "..." angesprochen wird.
Des Weiteren ist zu sehen, dass der Mutter im persisch-islamischen Kulturkreis bekanntermaßen ein herausgehobener Status beigemessen wird. Demzufolge stellt die Vornahme einer sexuellen Handlung an der Mutter wie auch die Benennung eines primären Geschlechtsorgans der Mutter ("...") eine schwerwiegende Beleidigung des Angesprochenen dar.
Auch die vom Landgericht aufgeworfenen Bedenken, dass die mit der Titulierung als "..." bzw. "..." zum Ausdruck gebrachte Herabsetzung mit dem Kläger in Verbindung gebracht werden könne, vermag der Senat nicht zu folgen. Da sowohl in dem der Bezeichnung unmittelbar vorausgehenden als auch im nachfolgenden Satz der vollständige Name des Klägers enthalten ist, wird für den Leser unzweifelhaft erkennbar, dass hiermit der Kläger gemeint ist. Darüber hinaus ergibt sich für den Besucher der Pinnwand-Präsentation das Wissen um den Umstand, dass es sich bei dem Kläger um den Veranstalter handelt, auch daraus, dass er diese gerade zum Zwecke der Information über die von dem Kläger veranstaltete und dort beworbene ...veranstaltung aufgesucht hat.
Die Äußerung ... " hat auch das Landgericht als "nicht wohlwollend" gegenüber dem Kläger eingestuft. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob diese für sich betrachtet eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers darstellt.
bb. Auch wenn einzelne Passagen des Postings nach ihrem Aussagegehalt eine weniger gewichtige Beleidigung des Klägers enthalten mögen, stellt das Posting jedenfalls in seiner Gesamtwirkung eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts dar, zumal einem Großteil der angegriffenen Äußerungen ein eindeutig abwertender sexueller Bezug zukommt ("...", "..." bzw. "..."). In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass sämtliche Äußerungen durch eine Missachtung und Entwertung des Klägers gekennzeichnet sind, wodurch die beleidigende Wirkung ihm gegenüber verstärkt wird.
cc. Der Umstand, dass in dem gestellten Klageantrag zu Ziff. 1.a) die in persischer Sprache gehaltenen Textteile nicht wörtlich übersetzt sind wie in der erstinstanzlich (und auch der in der Berufung) vorgelegten Übersetzung, sondern den Sinngehalt des darin enthaltenen Aussagegehalts auf Deutsch wiedergibt, ist für den mit der Berufung noch weiter verfolgten Antrag auf Zahlung einer Geldentschädigung ohne rechtliche Relevanz. Zur Beurteilung der insoweit maßgebenden Frage, ob diese einen schwerwiegenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers darstellen, kommt es nicht auf den exakten Wortlaut der angegriffenen Äußerungen an. Entscheidend ist vor allem die semantische Bedeutung der in persischer Sprache gefassten Textteile, welche den Unwertgehalt gegenüber dem Kläger zum Ausdruck bringen.
b. Des Weiteren spielt es für Bedeutung und Tragweite des Eingriffs eine Rolle, dass die Äußerungen öffentlich über Facebook im Internet verbreitet wurden. Insoweit kommt vor allem dem Umstand besonderes Gewicht zu, dass der Kläger davon ausgehen muss, dass der Inhalt des Postings gerade Mitgliedern der persischen Gemeinde im ... zur Kenntnis gelangt ist. Denn dem unbestrittenen Vorbringen des Klägers zufolge gehört der Personenkreis, an welchen er seine Veranstaltungen ausrichtet und der sich typischerweise für die ...veranstaltungen über seine Pinnboard-Präsentation interessiert, auf welcher die ihn verletzenden Äußerungen gepostete waren, ebenfalls dem persischen Kulturkreis an und ist beiden Sprachen - Deutsch und Farsi - mächtig.
c. Dass auf der Grundlage der in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 10.9.2014 abgegebenen Erklärung des Beklagten ein ihn bindender Unterlassungsverpflichtungsvertrag mit Vertragsstrafeversprechen zustande kommen ist, welcher inhaltlich vollumfänglich dem mit dem Klageantrag Ziff. I. a) verfolgten Unterlassungsbegehren des Klägers entspricht, vermag keinen anderweitigen befriedigenden Ausgleich für die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers zu begründen. Denn hierdurch erfolgte keine Wiedergutmachung der das Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzenden Äußerungen gegenüber der Öffentlichkeit, so dass die Zahlung einer Geldentschädigung zwingend notwendig ist, um eine Genugtuung des Klägers zu bewirken.
d. Was die Höhe anbelangt, hält der Senat im Hinblick darauf, dass es sich um mehrere Äußerungen handelt, einen Betrag von € 3.000,-- für angemessen aber auch ausreichend.
2. Zentrales Problem des Rechtsstreits, das das Landgericht nicht dahingestellt sein lassen durfte, ist die Frage, ob der Beklagte als Täter der in Rede stehenden Persönlichkeitsverletzung haftet.
a. Nach Auffassung des Senats beurteilt sich die Frage der Haftung des Inhabers eines Facebook-Accounts bei dessen rechtsverletzenden Nutzung durch einen Dritten nach den Grundsätzen, die der BGH in der sog. "Halzband"-Entscheidung für die Haftung des privaten Inhabers eines eBay-Mitgliedskontos bei dessen Missbrauch durch einen Dritten aufgestellt hat.
aa. Danach muss der private Inhaber eines Mitgliedskontos bei eBay, der seine Zugangsdaten nicht hinreichend vor fremdem Zugriff gesichert hat, sich so behandeln lassen, als habe er selbst gehandelt, wenn ein Dritter an die Zugangsdaten dieses Mitgliedskontos gelangt ist und es zu Schutzrechtsverletzungen und Wettbewerbsverstößen benutzt, ohne dass der Kontoinhaber dies veranlasst oder geduldet hat. Eine insoweit bei der Verwahrung der Zugangsdaten für das Mitgliedskonto gegebene Pflichtverletzung stellt einen eigenen, gegenüber den Grundsätzen der Störerhaftung selbständigen Zurechnungsgrund dar [vgl. Urt. v. 11.3.2009 - I ZR 114/06 - Rn. 16].
bb. Als Grund für die Haftung desjenigen, der seine Kontaktdaten nicht unter Verschluss gehalten hat, sah der BGH die von ihm geschaffene Gefahr, dass für den Verkehr Unklarheiten darüber entstehen können, welche Person unter dem betreffenden Mitgliedskonto bei eBay gehandelt hat, wodurch die Möglichkeiten, den Handelnden zu identifizieren und ggf. - rechtsgeschäftlich oder deliktisch - in Anspruch zu nehmen, erheblich beeinträchtigt werden. Von Bedeutung ist insoweit, dass die Kontrolldaten und das Passwort eines Mitgliedskontos bei eBay als ein besonderes Identifikationsmittel ein Handeln unter einem bestimmten Namen nach außen hin ermöglichen. Im Hinblick hierauf besteht nach Auffassung des BGH eine generelle Verantwortung und Verpflichtung des Inhabers eines Mitgliedskontos bei eBay, seine Kontaktdaten so unter Verschluss zu halten, dass von ihnen niemand Kenntnis erlangt [Rn. 18].
b. Entsprechend verhält es sich mit einem Mitgliedskonto bei Facebook. Diesem kommt eine mit einem eBay-Konto vergleichbare Identifizierungsfunktion zu, so dass die Grundlage gegeben ist, den Inhaber eines bestimmten Facebook-Accounts im Wege einer unwiderleglichen Vermutung so zu behandeln, als habe er dort selbst die Postings eingestellt. Insoweit macht die Berufung zu Recht geltend, dass relevante Unterschiede zwischen einem eBay- und einem Facebook-Account, die eine abweichende Behandlung geböten, nicht bestehen. Auch der Facebook-Account ist einem konkreten Nutzer zugeordnet. Insbesondere sind die Anforderungen an die Sorgfaltspflichten, die in den Nutzungsbedingungen an dessen Inhaber gestellt werden, nahezu identisch wie bei eBay.
aa. Die Nutzungsbedingungen bei Facebook sind Mitgliedern des Senats bekannt. Im Übrigen ist nach dem Vortrag des Klägers, von dem mangels abweichender Feststellungen des Landgerichts für die rechtliche Beurteilung in der Berufungsinstanz auszugehen ist, die Anmeldung eines Mitgliedskontos nur natürlichen Personen erlaubt, wobei jede Person nur ein einziges persönliches Konto einrichten darf. Bei Registrierung hat sie ihre wahren personenbezogenen Daten anzugeben und ein Passwort zu wählen, das sie streng geheim zu halten hat (GA 112 - vgl. Ziff. 4 der Nutzungsbedingungen). Das Facebook-Account ist nicht übertragbar, ohne vorher die schriftliche Erlaubnis von Facebook einzuholen. Dessen Inhaber ist - anders als etwa der Anschlussinhaber eines Internetanschlusses - auch nicht dazu berechtigt, beliebigen Dritten Zugriff auf diesem zu gestatten. Demnach gibt der jeweilige Facebook-Account bestimmungsgemäß zuverlässige Auskunft über die Person, die diesen zu einem konkreten Zeitpunkt nutzt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten besteht bei eBay auch keine weitergehende Kontrolle über die Person des Anmelders über dessen Bankverbindung. Denn wie dem Senat aus eigener Anschauung bekannt ist, besteht keinerlei Verpflichtung, über eBay zustande gekommene Rechtsgeschäfte über das Konto des beteiligten Account-Inhabers abzuwickeln.
bb. Durch die Gleichsetzung der unsorgfältigen Verwahrung der Zugangsdaten für ein eBay-Konto mit denjenigen für einen Facebook-Account wird dessen Inhaber auch nicht mit unangemessenen Haftungsrisiken belastet. Insoweit gelten die gleichen Überlegungen, die der BGH bei einem eBay-Konto angestellt hat [vgl. BGH aaO. - Rn. 23].
c. Danach kommt es weder darauf an, ob der Beklagte die Postings selbst bei Facebook eingestellt hat oder hat einstellen lassen, noch ob er die Verwendung der Zugangsdaten zu seinem Mitgliedskonto bei Facebook durch Dritte veranlasst oder geduldet hat.
aa. Maßgebender Umstand ist allein, dass der Beklagte nach seinem eigenen Vortrag nicht hinreichend dafür Sorge getragen hatte, dass Dritte, insbesondere seine Freunde und Bekannte keinen Zugriff auf die Zugangsdaten und das Passwort seines Mitgliedskontos erlangten. Denn wie der Beklagte selbst eingeräumt hat, will er sich zu jener Zeit in seinem Facebook-Account ebenfalls über den Computer von Freunden oder Bekannten eingeloggt haben, wobei sein Umfang mit den eigenen Zugangsdaten "recht sorglos" erfolgt sei, indem er weder darauf geachtet habe, sich stets nach einer solchen Nutzung sorgfältig bei Facebook auszuloggen, noch ob ggf. bei dem Fremdcomputer die automatische Merkfunktion aktiviert gewesen sei, die den nächsten Login ohne Eingabe eines Passworts ermöglichte (vgl. GA 76).
bb. Demzufolge hat der Beklagte seine Pflicht, die Zugangsdaten so geheim zu halten, dass Dritte davon keine Kenntnis erlangen konnten, in einer Weise verletzt, die seine Haftung auch für die möglicherweise von einem Dritten unter Verwendung dieser Daten begangen Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers begründet.
Der hier in Betracht kommende Zurechnungsgrund greift auch nicht erst dann ein, wenn der Beklagte als Kontoinhaber die unzureichende Sicherung seiner Kontaktdaten andauern lässt, nachdem er davon Kenntnis erlangte, dass ein Dritter sie unberechtigterweise benutzt hatte. Ihm wird vielmehr bereits die erste auf der unzureichenden Sicherung der Kontaktdaten beruhende Rechtsverletzung des Dritten als eigenes täterschaftliches Handeln zugerechnet [vgl. BGH aaO. - Rn. 20].
d. Nicht durchzudringen vermag der Beklagte mit seinem Argument, bei einem privaten Facebook-Account trete dessen Inhaber nicht rechtsgeschäftlich auf, während es bei einem eBay-Account gerade auf die Person des rechtsgeschäftlich Handelnden ankomme. Entscheidend ist vielmehr, dass in beiden Fällen die Gefahr eines Missbrauchs durch unberechtigte Dritte besteht, die über den Account Rechtsverletzungen begehen, und der durch die vorstehend dargelegten Sorgfaltsanforderungen in Bezug auf den Umgang mit den persönlichen Zugangsdaten begegnet werden soll. Typische Gefahr ist bei Facebook als Kommunikationsplattform die zunehmend ansteigende Verletzung von Persönlichkeitsrechten durch beleidigende Äußerungen, wie der Senat aus entsprechenden Rechtsstreiten selbst beurteilen kann.
Entgegen der Auffassung des Beklagten hat der BGH in der "Halzband"-Entscheidung auch keine Sonderform der Haftung für Urheberrechts -und/oder Markenverletzungen sowie Wettbewerbsverstöße geschaffen. Dass der BGH eine Haftung des dortigen Beklagten als Täter gerade solcher Verletzungshandlungen in Betracht zog, war allein dem Umstand geschuldet, dass diese typischerweise auf einer Handelsplattform wie eBay über ein dort unterhaltenes Mitgliedskonto begangen werden können. Eine Beschränkung der vom BGH aufgestellten Haftungsgrundsätze auf den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts lässt sich der Entscheidung indes nicht entnehmen. Im Übrigen können auch über einen Facebook-Account kommerzielle Zwecke verfolgt werden, wie schon die besonderen Bestimmungen für Werbetreibende (Ziff. 10. der Nutzungsbedingungen) zeigen. Entsprechend hatte hier auch der Kläger seine ...veranstaltung aktiv über Facebook beworben.
e. Ebenso wenig verfängt der Vortrag des Beklagten, es entspreche jugendtypischen Verhaltensweisen, soziale Netzwerke im Internet in räumlicher Anwesenheit zu verwenden, wobei die Accounts sozialer Medien frei zugänglich gemacht oder gar ausgetauscht würden. Selbst wenn eine zunehmende Nachlässigkeit im Umgang und der Vertraulichkeit hinsichtlich der Zugangsdaten zu beobachten wäre, stünde diese in klarem Widerspruch zu den allgemeinen Nutzungsbedingungen von Facebook, wonach der Nutzer das Passwort nicht weitergeben und keine andere Person auf das Konto zugreifen lassen oder keine anderweitigen Handlungen durchführen darf, die die Sicherheit seines Kontos gefährden können (Ziff. 4 Abs. 8.).
3. Im Übrigen sei angemerkt, dass jedenfalls in Anlehnung an die Rechtsprechung des BGH zur Haftung des Anschlussinhabers für eine über seinen Internetanschluss begangene Rechtsverletzung eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Beklagten als Inhaber des Facebook-Accounts anzunehmen ist, wenn diesen - wovon hier auszugehen ist - zum Zeitpunkt der in Rede stehenden Rechtsverletzung keine anderen Personen benutzen konnten.
Insoweit ist dem Kläger zuzugeben, dass eine solche Vermutung gegenüber dem Inhaber eines Internetanschlusses, der grds. dazu berechtigt ist, beliebigen Dritten etwa in seinem Haushalt Zugriff auf seinen Internetanschluss zu gestatten, erst recht gegenüber dem Inhaber eines Facebook-Accounts gelten muss, das einer konkreten Person zur alleinigen Nutzung zugeordnet ist und ihrer Verfügungsmacht und Kontrolle unterliegt.
a. Unter Übertragung der vom BGH aufgestellten Grundsätze ist eine solche Vermutung zwar nicht begründet, wenn der Facebook-Account zum Zeitpunkt der Rechtsverletzung nicht hinreichend gesichert war oder bewusst (auch) anderen Personen der Zugang zu diesem überlassen wurde. In diesen Fällen trifft den Beklagten als Inhaber des Facebook-Account jedoch eine sekundäre Darlegungslast [vgl. BGH Urt. 12.5.2010 - I ZR 1212/08 - Sommer unseres Lebens - Rn. 12; Urt. v. 8.1.12014 - I ZR 169/12 - BearShare - Rn. 16; Urt. v. 11.6.2015 - I ZR 75/14 - Tauschbörse III - Rn. 37], welcher nach Auffassung des BGH bei dem Inhaber eines Internetanschlusses dadurch Genüge getan wird, dass er vorträgt, ob zum Verletzungszeitpunkt andere Personen und ggf. welche anderen Personen selbstständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter der Rechtsverletzung in Frage kommen. In diesem Umfang hält der BGH den Anschlussinhaber im Rahmen des Zumutbaren auch zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat [BGH BearShare aaO. - Rn. 18; Tauschbörse III aaO. - Rn. 37 und 42].
b. Wie die Berufung zutreffend geltend macht, hat der Beklagte nicht seiner sekundären Darlegungslast entsprechend vorgetragen, so dass es bei der tatsächlichen Vermutung verbleibt, dass der Beklagte als Täter für die Persönlichkeitsrechtsverletzung des Klägers verantwortlich ist. Denn damit fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage für die Annahme, ein Dritter könnte die Verletzungshandlung mit - alleiniger - Tatherrschaft begangen haben [vgl. BGH Tauschbörse III - Rn. 48].
aa. Es ist vom Beklagten zwar nicht zu verlangen, dass er im Einzelnen zu erläutern hätte, wer genau den konkreten Eingriff vornahm und die Postings auf seinem Facebook-Account einstellte, da er die genauen Abläufe nicht aus eigener Wahrnehmung schildern kann. Insoweit ist ihm zuzugestehen, dass die sekundäre Darlegungslast sich nur auf seine Erkenntnismöglichkeiten richten kann. Nicht ausreichend ist es aber auch in einem solchen Fall, lediglich Vermutungen oder pauschale Behauptungen aufzustellen, wie es zu der Einstellung der streitgegenständlichen Postings auf seinem Facebook-Account gekommen sein könnte. Hierauf läuft aber das Vorbringen des Beklagten hinaus, wenn er sich auf die theoretisch bestehende Möglichkeit des Zugriffs auf seinen Facebook-Account beruft im Hinblick darauf, dass er regelmäßig im Beisein von - im Übrigen nicht benannten - Personen aus seinem Freundes und Bekanntenkreis seinen Facebook-Account geöffnet habe, um sich mit ihnen wechselseitig auszutauschen.
bb. Der Vortrag des Beklagten erweist sich weiterhin auch deshalb als unzureichend, da er sich nicht konkret dazu geäußert hat, ob zu dem Zeitpunkt, als die Postings erfolgten (....2012), überhaupt andere Personen die Möglichkeit hatten, auf seinen Facebook-Account zuzugreifen und somit als Täter in Betracht kommen können, etwa weil er sich an diesem Tag oder kurz zuvor über einen fremden Laptop oder iPad (wessen?) in seinen Facebook-Account eingeloggt und nach Nutzung es unterlassen hätte, sich wieder explizit auszuloggen oder einer der Anwesenden (wer) ihn bei Eingabe seines Passworts hätte beobachten können. Dies zeitnah zu rekonstruieren, hatte der Beklagte auch Anlass, da er seinem eigenen Vorbringen zufolge noch am selben Tag über seinen Vater von den Postings erfahren haben will, der ihn angerufen und damit konfrontiert habe, dass über den Facebook-Account des Beklagten negative Äußerungen über den Kläger erfolgt seien.
Der Senat verkennt nicht, dass das (angebliche) Ausspähen des Facebook-Accounts des Beklagten nicht zwingend mit dem Einstellen der angegriffenen Äußerungen zeitlich einhergehen musste. Dies entbindet den Beklagten freilich nicht davon, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast überhaupt Angaben zu machen, wobei es dann Sache des Senats gewesen wäre, deren Aussagekraft zu beurteilen.
4. Das für den Geldentschädigungsanspruch erforderliche Verschulden des Beklagten ist zu bejahen. Denn er musste zumindest damit rechnen, dass aufgrund seines sorglosen Umgangs mit seinem Passwort unberechtigte Dritte, insbesondere seine Freunde und Bekannte seinen Facebook-Account zu rechtverletzendem Handeln verwenden könnten. Nicht zu überzeugen vermag der Einwand des Beklagten, als Inhaber eines Facebook-Accounts müsse ihm keine typische Gefahr offenbar sein, die er gegenüber Dritten abzuwehren habe. Wie er selbst vorträgt, ist das Internet voll von einfachen Anweisungen und Hilfsprogrammen, um einen Facebook-Account zu hacken. Dass hiermit eine missbräuchliche Nutzung durch unberechtigte Dritte etwa für die Begehung von Rechtsverletzungen einhergehen kann, welche der Beklagte allein schon durch den sorglosen Umgang mit seinen Zugangsdaten begünstigte, erscheint nicht gänzlich unwahrscheinlich. Damit trifft ihn jedenfalls der Vorwurf der einfachen Fahrlässigkeit.
5. Schließlich ist es rechtlich ohne Relevanz, dass der Kläger vorprozessual nur Ersatz seiner Anwaltskosten für die Strafanzeige verlangt hatte und nunmehr klageweise eine Geldentschädigung geltend macht. Die Rechtsordnung lässt widersprüchliches Verhalten grundsätzlich zu. Eine Partei darf ihre Rechtsansicht ändern. Missbräuchlich ist widersprüchliches Verhalten erst dann, wenn dieses gegenüber dem anderen Teil vertrauensbegründend wirkt oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen. Hiervon ist vorliegend nicht auszugehen. Wie aus dem Schreiben des Klägers vom 2.9.2013 hervorgeht, galten die in seinem Schreiben vom 23.8.2013 aufgestellten Forderungen ausdrücklich nur für den Fall einer außergerichtlichen Einigung. Damit wurde aber gegenüber dem Beklagten gerade kein Vertrauenstatbestand geschaffen, dass der Kläger im Falle einer Klageerhebung keine weitergehenden Ansprüche ihm gegenüber geltend machen werde.
II.
Mit Erfolg wendet sich die Berufung ferner gegen die Versagung des geltend gemachten Anspruchs auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten durch das Landgericht.
Dem Kläger steht nach §§ 683 S. 1, 670 BGB ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten als Rechtsverfolgungskosten in Höhe von € 382,70 zu, weil die Äußerungen - wie dargestellt - rechtswidrig waren und die Abmahnung des Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 23.8.2013 (GA 25/26) daher berechtigt war.
1. Auch wenn der Beklagte im Nachgang der Ermittlungsmaßnahmen der Staatsanwaltschaft zunächst von sich aus an den Kläger herangetreten war, ist das nachfolgende Schreiben des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2013 als Abmahnschreiben zu qualifizieren. Denn dieses enthielt die Aufforderung an den Beklagten, innerhalb einer angemessenen Frist eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, damit ein Prozess vermieden wird. Aus dem Inhalt der geforderten Unterwerfungserklärung konnte der Beklagte auch entnehmen, welches konkrete Verhalten seitens des Klägers beanstandet wurde. Weiterhin hatte der Kläger durch das unmittelbar nachfolgende Schreiben vom 6.9.2013 unmissverständlich zu erkennen gegeben, dass er gegen den Beklagten gerichtlich vorgehen werde, wenn er die geforderte Unterwerfungserklärung nicht innerhalb der gesetzten Frist abgebe.
b. Soweit der Beklagte darauf verwiesen hat, der Kläger habe seinem Prozessbevollmächtigten im Zeitpunkt der Abmahnung bereits mit der Erhebung der Klage beauftragt, ist dem Senat nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund hieraus eine abweichende Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der vorprozessual aufgewendeten Kosten folgen soll. Aus dem Anwaltsschreiben des Klägers vom 2.9.2013 (GA 90) geht hervor, dass der durch den Kläger erteilte Klageauftrag nicht unbedingt, sondern aufschiebend bedingt erteilt war für den Fall, dass es nicht zu einer Einigung der Parteien auf der Grundlage des Vorschlags in seinem Abmahnschreiben vom 23.8.2013 innerhalb der gesetzten Frist bis zum 6.9.2013 kommen würde.
Ebenso wenig steht dem Erstattungsanspruch entgegen, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst dessen Vertretung im Ermittlungsverfahren übernommen hatte. Dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers zufolge hatte er seinem Prozessbevollmächtigten gegenüber dem Auftrag zur außergerichtlichen Verfolgung der Ansprüche aus der in Rede stehenden Rechtsverletzung erteilt, wobei im Rahmen der vorprozessualen Bearbeitung zunächst die Identität des Beklagten ermittelt werden musste.
c. Allerdings kann der Kläger nur Abmahnkosten in Höhe von € 382,70 erstattet verlangen.
aa. Insoweit ist nur ein Streitwert von € 10.000,-- für den verfolgten Unterlassungsanspruch zugrunde gelegt werden, da vorprozessual noch keine Zahlung einer Geldentschädigung seitens des Klägers verlangt wurde. Wie der Beklagten unwidersprochen vorgetragen hat, bezog sich die von dem Kläger verlangte Zahlung in Höhe von € 1.500,-- auf den Ausgleich der Kosten seiner anwaltlichen Vertretung im Rahmen der Strafanzeige gegen den Beklagten.
bb. Zugrunde zu legen ist eine 1,3 Geschäftsgebühr, die - wie auch vom Kläger geltend gemacht - nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 S. 1 VV RVG zur Hälfte auf die nach Teil 3 VV RVG entstandene Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens angerechnet wird.
Die geltend gemachte 1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG kann der Kläger nicht beanspruchen. Zwar steht dem Rechtsanwalt gemäß § 14 Abs. 1 RVG bei Rahmengebühren wie der Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV-RVG ein Ermessensspielraum zu, so dass, solange sich die vom Rechtsanwalt im Einzelfall bestimmte Gebühr innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % bewegt, die Gebühr nicht unbillig im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG und daher von einem ersatzpflichtigen Dritten hinzunehmen ist. Eine Erhöhung der Schwellengebühr von 1,3, die die Regelgebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, auf eine 1,5-fache Gebühr ist aber nicht der gerichtlichen Überprüfung hinsichtlich des Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Überschreitung der Regelgebühr von 1,3 entzogen. Andernfalls könnte der Rechtsanwalt für durchschnittliche Sachen, die nur die Regelgebühr von 1,3 rechtfertigen, ohne Weiteres eine 1,5-fache Gebühr verlangen. Dies verstieße gegen den Wortlaut und auch gegen den Sinn und Zweck des gesetzlichen Gebührentatbestandes in Nr. 2300 VV-RVG, der eine Erhöhung der Geschäftsgebühr über die Regelgebühr hinaus nicht in das Ermessen des Rechtsanwalts stellt, sondern bestimmt, dass eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden kann, wenn seine außergerichtliche Tätigkeit umfangreich oder schwierig und damit überdurchschnittlich war [vgl. BGH vom 11.07.2012 - VIII ZR 323/11- Rn. 11; BGH vom 05.02.2013 - VI ZR 195/12- Rn. 8].
Einen besonderen Umfang oder eine besondere Schwierigkeit hat der Kläger jedoch nicht dargelegt; solches ist auch nicht ersichtlich. Ein überdurchschnittlicher Umfang ergibt sich insbesondere nicht aus der Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers zunächst ein Ermittlungsverfahren anstrengte, um die Identität des Beklagten festzustellen, sowie mehrere telefonische Erörterungen sowohl mit diesem selbst wie auch mit dem Rechtsanwalt führte.
III.
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 91 a; 708 Ziff. 10, 711 ZPO. Im Hinblick auf die (teilweise erfolgreiche) sofortige Beschwerde des Beklagten gegen die in dem angefochtenen Urteil enthaltene Kostenentscheidung gemäß § 91 a ZPO hinsichtlich des erledigten Teils der Klage war auch insoweit eine Abänderung der Kostenentscheidung durch den Senat veranlasst. Insoweit wird auf die Ausführungen in dem Beschluss vom heutigen Tag Bezug genommen.
Die Revision war gemäß § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert."
In Ausgabe 4/16, S. 23 der Zeitschrift Internet World Business erschien ein Beitrag von Rechtsanwalt Marcus Beckmann mit dem Titel "Wem gehören die Daten ? Wenn Mitarbeiter Social Media Accounts pflegen, müssen Vereinbarungen her".
LG Frankfurt / Oder
Urteil vom 13.08.2013 16 S 238/12
Das LG Frankfurt / Oder hat zutreffend entschieden, dass der Betreiber einer Online-Partnerbörse den Nutzer bei der Umwandlung einer kostenfreien Standardmitgliedschaft in eine kostenpflichtige Premiummitgliedschaft ordnungsgemäß über das gesetzliche Widerrufsrecht belehren muss. Zudem führt das Gericht aus, dass die Ausnahmeregelung in § 312d Abs. 3 BGB, wonach das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung erlischt, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, dann nicht greift, wenn die Vertragslaufzeit noch nicht vollständig abgelaufen ist.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Das Widerrufsrecht ist auch nicht erloschen oder verfristet. Mangels ordnungsgemäßer Belehrung über das Widerrufsrecht bestand dieses auch noch zum Zeitpunkt der Erklärung der Beklagten am 24.10.2011, § 355 Abs. 4 S. 3 BGB.
[...]
Maßgeblich für die Frage, ob die Beklagte über ihr Widerrufsrecht ordnungsgemäß belehrt worden ist, kann nur der auf die Erlangung einer Premium-Mitgliedschaft gerichtete Vertragsschluss sein, weil die Klägerin ihre Ansprüche auf diesen Vertrag stützt. Registrierung und Anmeldung zur Premium-Mitgliedschaft sind rechtlich als zwei unterschiedliche Erklärungen aufzufassen, weil die Registrierung noch keine Zahlungspflicht begründet, vielmehr nach der Registrierung eine dauerhafte kostenlose Nutzung von Diensten der Klägerin möglich ist. Insbesondere bei dem „Rundgang“ auf der Internetseite der Klägerin wird wiederholt auf die Kostenfreiheit der Dienste hingewiesen. Erst die Anmeldung zur Premium-Mitgliedschaft mit erweitertem Leistungsspektrum begründet eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten.
Eine den Bestimmungen der §§ 355, 360 BGB entsprechende Widerrufsbelehrung ist der Beklagten bei Abschluss über die Premium-Mitgliedschaft nicht erkennbar erteilt worden. Bei der Anmeldung zur Premium-Mitgliedschaft findet sich in der Anmeldeprozedur lediglich der folgende Satz:
“Natürlich möchten wir Sie noch darauf hinweisen, dass Sie ein 14-tägiges Widerrufsrecht haben.“
Diese Belehrung entspricht inhaltlich nicht den Vorgaben des § 360 BGB.
[...]
§ 312d Abs. 3 BGB, wonach das Widerrufsrecht bei einer Dienstleistung auch dann erlischt, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausgeübt hat, ist hier nicht einschlägig. Es fehlt offensichtlich schon an der vollständigen Erfüllung durch die Beklagte, nämlich der eingeklagten Zahlung."
Der BGH hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage befasst, ob der Inhaber eines ebay-Accounts für Rechtsverletzungen haftet, die ein Dritter unter Nutzung des Accounts begeht. Vorliegend ging es um eine Markenrechtsverletzung bzw. einen Wettbewerbsverstoß. Der BGH bejaht eine eigene Haftung des Accountinhabers, wenn dieser die Zugangsdaten nicht ausreichend gesichert hat. Zur Begründung führt der BGH an, dass der Accountinhaber durch die nicht ausreichende Sicherung der Accountdaten eine Gefahrenquelle geschaffen hat, für die er ggf. einstehen muss. Diese Haftungsgrundsätze lassen sich auch auf andere Angebote (z.B. Youtube-Accounts, Twitter Accounts) und Rechtsverletzungen übertragen. Die Entscheidung verdeutlicht noch ein mal, dass der Schutz der eigenen Accountdaten von enormer Wichtigkeit ist.
Die vollständige Pressemiteilung des BGH finden Sie hier: