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LG Hamburg: Posts in einem auf privat gestellten Instagram-Account sind bei hoher Follower-Zahl öffentlich im Sinne des Presserechts

LG Hamburg
Urteil vom 23.06.2023
324 O 433/22


Das LG Hamburg hat entschieden, dass Posts in einem auf privat gestellten Instagram-Account bei hoher Follower-Zahl öffentlich im Sinne des Presserechts sind und somit aufgrund einer Selbstöffnung Gegestand von Presseberichterstattung sein können.

Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Unterlassungsanspruch aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 GG oder einer anderen Anspruchsgrundlage.

Im Rahmen der anzustellenden Abwägung überwiegen die Rechte der Klägerin jene der Beklagten nicht. Die vorliegende Berichterstattung über die Schwangerschaft der Klägerin berührt zwar deren Privatsphäre (hierzu unter I.); der Schutz der Privatsphäre der Klägerin ist indes durch eine Selbstöffnung ihrerseits entfallen bzw. verringert, so dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten höher zu gewichten ist (hierzu unter II.). Schließlich ist hinsichtlich der Berichterstattung über die Schwangerschaft der Klägerin jedenfalls teilweise die Wiederholungsgefahr entfallen (hierzu unter III.).

I. Die Berichterstattung der Beklagten über die Schwangerschaft der Klägerin berührt grundsätzlich deren Privatsphäre.

Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, umfasst das allgemeine Persönlichkeitsrecht das Recht auf Achtung der Privatsphäre, das jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zusichert, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört in diesem Bereich auch das Recht, für sich zu sein, sich selber zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Dabei ist der Schutz der Privatsphäre sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt und umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsinhalts typischerweise als „privat“ eingestuft werden (vgl. BGH, Urt. v. 22.11.2011, VI ZR 26/11 - Juris Rn. 10 m.w.N.). Hiernach fällt auch eine Schwangerschaft in den thematischen Bereich des Kernbereichs der Privatsphäre, jedenfalls soweit sie noch nicht von außen für jedermann zweifelsfrei optisch wahrnehmbar ist und dadurch eine soziale Dimension erlangt (KG Berlin, Urt. v. 16.09.2021, Az. 10 U 63/19 - Juris Rn. 27; OLG Köln, Urt. v. 10.11.2015, Az. 15 U 97/15 - Juris Rn. 17). Teilweise wird weitergehend auch vertreten, dass es für den thematischen Schutz der Privatsphäre im Zusammenhang mit Schwangerschaften auf die äußere Erkennbarkeit der Schwangerschaft nicht ankomme (so wohl OLG München, Urt. v. 25.02.2014, Az. 18 U 277, 18 U 2770/13 - Juris Rn. 42f.). Eine Entscheidung zwischen diesen Positionen kann hier offenbleiben. Denn die vorliegenden Fotografien der im fünften Monat schwangeren Klägerin im Februar 2022 (Anlagen K 1 und K 2) lassen nicht erkennen, dass die Schwangerschaft der Klägerin zum Zeitpunkt der Berichterstattung bei entsprechender Kleidung für jedermann zweifelsfrei von außen optisch wahrnehmbar gewesen wäre.

II. Der Schutz der Privatsphäre der Klägerin ist indes durch eine Selbstöffnung ihrerseits entfallen bzw. verringert worden, so dass das Berichterstattungsinteresse der Beklagten das Geheimhaltungsinteresse der Klägerin überwiegt.

Im einstweiligen Verfügungsverfahren 324 O 101/22 hat die Kammer im Beschluss eine Selbstöffnung noch mit folgenden Erwägungen verneint:

„Insbesondere liegt eine solche Selbstöffnung nicht in dem Umstand, dass die Antragstellerin die Schwangerschaft in einem Posting auf ihrem Instagram-Profil mitgeteilt hat. Denn bei diesem Profil handelt es sich nicht um ein öffentliches Profil, dessen Inhalte jeder Instagram-Nutzer einsehen könnte. Vielmehr ist das Instagram-Profil, wie aus der Anlage ASt 5 ersichtlich und von der Antragstellerin an Eides statt versichert, als „privates“ Konto geführt. Die Postings auf einem privaten Instagram-Konto sind nur für bestätigte Follower dieses Kontos sichtbar. Die Reichweite der erfolgten Mitteilung unterlag somit der Kontrolle der Antragstellerin. Dabei ändert auch der Umstand, dass das Profil 411 Follower hat, nichts daran, dass eine an diesen Empfängerkreis versandte Nachricht nicht als veröffentlicht angesehen werden kann.“

Daran hat die Kammer im Urteil festgehalten und darauf abgestellt, dass

„(d)ie Antragstellerin (...) ihren Account erkennbar auf „privat“ gestellt (hatte), so dass ihre Posts nur für ihre ca. 400 Follower lesbar waren und sein sollten und die Erlangung eines Follower-Status und damit die Zugriffsmöglichkeit auf die von der Antragstellerin geposteten Inhalte von ihrem jeweiligen Einverständnis abhängig waren. Damit hat sie zum Ausdruck gebracht, dass sie nur diesem begrenzten Personenkreis die hier in Frage stehenden privaten Informationen zukommen lassen wollte.“

Im vorliegenden Hauptsacheverfahren ist nun erstmals vorgetragen und unstreitig geworden, dass unter den der Klägerin folgenden mehr als 400 Instagram-Accounts auch Accounts von Politikern sind, wie der des stellvertretenden C.-Bundesvorsitzenden C. L. sowie der Bundestagsabgeordneten C. P., T. K., Dr. K. L1 und J. M. (Anlage B 3) sowie der offizielle Instagram-Account des Kreisverbands der J. U. P1 (Anlage B 7).

Dies rechtfertigt nach Auffassung der Kammer eine andere rechtliche Würdigung der Frage der Selbstöffnung als sie im einstweiligen Verfügungsverfahren erfolgt ist: Nicht nur ist die Zahl der Follower mit 411 für einen Freundes- und Verwandtenkreis ungewöhnlich hoch. Zusätzlich liegt hinsichtlich der Politiker- und Kreisverbandsaccounts, die der Klägerin folgen, kein begrenzter Personenkreis mehr vor, den die Klägerin vollständig kennen und kontrollieren konnte. Zwar trägt die Klägerin insoweit vor, die Politiker-Accounts würden lediglich von 1 bis 3 Mitarbeitern bearbeitet, die ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Dass diese Mitarbeiter ihr zu jedem Zeitpunkt bekannt seien, behauptet die Klägerin indes nicht. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Followerschaft des Kreisverbandes der J. U. P1 vorgetragen hat, dass ihr die beiden Zugriffsberechtigten bekannt seien und über diese hinaus nur eine Handvoll Personen zugangsberechtigt seien, die ihr ebenfalls bekannt seien, gilt Entsprechendes. Denn eine „Handvoll Personen“ als Zugriffsberechtigte bedeuten für die Klägerin gerade keine jederzeitige vollständige Kenntnis und Kontrollmöglichkeit; auch wenn zugunsten der Klägerin davon ausgegangen wird, dass ihr die in Betracht kommenden Personen grundsätzlich bekannt sind, hat die Klägerin nicht geltend gemacht, dass sie zu jedem Zeitpunkt Kenntnis davon hätte, wer im Kreisverband der J. U. P1 zugriffberechtigt war. Damit stellt sich ihr Einverständnis hinsichtlich der Zugriffsmöglichkeit der Politiker- und Kreisverbandsaccounts als personell nicht kontrollierbar und nicht begrenzt dar. Die Klägerin hat die Erwartung, dass die Umwelt ihre Schwangerschaft als Privatangelegenheit nicht oder nur begrenzt zur Kenntnis nimmt, jedenfalls nicht mehr „situationsübergreifend und konsistent“ zum Ausdruck gebracht (vgl. Korte, Praxis des Presserechts, 2. Aufl. 2019, § 2 Rn. 82 m.w.N.). Der bei der Bestimmung der Reichweite des Persönlichkeitsrechtsschutzes zentrale situationsbezogene Umfang der berechtigten Privatheitserwartung (BVerfG, NJW 2006, 3406, 3408) ist danach im Falle der Klägerin entfallen bzw. jedenfalls deutlich gemindert.

Auch wenn vor diesem Hintergrund kein völliges Entfallen des Privatsphärenschutzes der Klägerin, sondern nur eine Abschwächung wegen der Öffnung gegenüber einer begrenzten Öffentlichkeit angenommen würde, führte dies nicht zu einer Unzulässigkeit der Berichterstattung:

Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als eines Rahmenrechts liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der europäischen Menschenrechtskonvention interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (BGH, Urteil vom 12. Juni 2018 - VI ZR 284/17 -, Juris Rn. 18). Dies ist hier nicht der Fall.

Auch unterhaltende Beiträge wie der vorliegende nehmen in vollem Umfang am Schutz der Berichterstattungsfreiheit des Art. 5 Abs. 2 GG teil. Die Klägerin und ihr Ehemann sind bekannte Persönlichkeiten des (H.) sozialen Lebens und treten gemeinsam bei öffentlichen Veranstaltungen auf, wo sie sich auch gemeinsam fotografieren lassen. Ein Berichterstattungsinteresse an der Klägerin und ihrem Ehemann als Prominenten ist daher auch vor dem Hintergrund der Leitbild- und Kontrastfunktion bekannter Personen anzuerkennen, auch wenn der vorliegende Beitrag vornehmlich die Neugier der Leser hinsichtlich der Angelegenheiten der Klägerin und ihres Ehemannes befriedigen soll und weniger einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung darstellt. Aufgrund der Selbstöffnung der Klägerin überwiegt ihr persönlichkeitsrechtliches Interesse gegenüber dem Berichterstattungsinteresse der Beklagten nicht. Dies gilt sowohl hinsichtlich des Berichterstattungsaspekts der Schwangerschaft als auch hinsichtlich des Aspekts des beabsichtigten Umzugs nach H1.

III. Zusätzlich ist jedenfalls hinsichtlich der auf die Schwangerschaft der Klägerin bezogenen Teile der Berichterstattung, die keine weiteren privaten Details als die Tatsache der Geburt (wie Zwillinge, Jungen etc.) enthalten, die Wiederholungsgefahr durch die Geburt der Kinder der Klägerin im Juli 2022 entfallen (Anträge b., c. erster Satz). Die Geburt eines Kindes stellt grundsätzlich einen sozialen Umstand mit Gemeinschaftsbezug dar, der nicht der Privatsphäre zuzurechnen ist (OLG Hamburg, NJW-RR 1991, 98). Jedenfalls aufgrund der vom Ehemann der Klägerin im Dezember 2022 der Öffentlichkeit mitgeteilten Geburt der Kinder (Anlage B 9) berührte die streitgegenständliche Berichterstattung - soweit sie die Tatsache der Schwangerschaft an sich betrifft - zum jetzigen Zeitpunkt insoweit nur die Sozialsphäre der Klägerin, da mit der Geburt auch notwendig eine vorangegangene Schwangerschaft von im Regelfall 9 Monaten Dauer bekannt wird. Die Abwägung ginge aus den oben genannten Gründen insoweit zugunsten der Beklagten aus.

Ferner stellen die Auskünfte des Ehemannes der Klägerin im Dezember 2022 gegenüber dem S.-H. Zeitungsverlag zur Geburt der Kinder mit darüberhinausgehenden Details (wie Geburtsdatum und Namen, Anlage B 9) eine der Klägerin zuzurechnende weitere Selbstöffnung dar (bezüglich der Anträge a. und teilweise c.), die auch insoweit die Wiederholungsgefahr entfallen lässt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Köln: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG durch Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für Unterspritzung von Falten mit Hyaluron

OLG Köln
Urteil vom 27.10.2023
6 U 77/23


Das OLG Köln hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG durch Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für die Unterspritzung von Falten mit Hyaluron vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Das Landgericht hat zutreffend angenommen, dass dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagten aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2 UWG wegen unlauterer Werbung unter dem Aspekt des Rechtsbruchs (§§ 3 Abs. 1, 3a UWG) zusteht, weil die Beklagten mit den angegriffenen Vorher-Nachher-Vergleichen auf ihrer Internetseite gegen das Werbeverbot des § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG verstoßen haben.

a) Der Kläger ist, was die Beklagten nicht in Abrede stellen, aktivlegitimiert, weil er beim Bundesamt der Justiz in die dort geführte Liste der klagebefugten qualifizierten Wirtschaftsverbände gemäß § 8b UWG eingetragen ist (vgl. Anlage K1, Bl. 10 f. GA) und auch die sonstigen in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG genannten Voraussetzungen erfüllt.

b) Durch die angegriffene Werbung haben die Beklagten gemeinschaftlich eine geschäftliche Handlung im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG vorgenommen, weil sie zugunsten ihres eigenen Unternehmens vor einem Geschäftsabschluss zur Förderung des Absatzes ihrer angebotenen Dienstleistungen auf dem Gebiet der Schönheitschirurgie handelten.

c) Diese Handlung ist als unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG zu bewerten, wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, weil die Beklagten hiermit einer gesetzlichen Vorschrift zuwidergehandelt haben, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Um eine solche Vorschrift handelt es sich bei dem Werbeverbot des § 11 HWG (vgl. zum Schutzzweck der Werbeverbote des HWG nur BGH GRUR 2009, 509, 510 Rn. 24 – Schoenenberger Artischockensaft sowie Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 41. Aufl. 2023, § 3a Rn. 1.217).

aa) Ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG liegt vor. Danach darf für die in § 1 Abs. 1 Nr. 2 lit. c) HWG genannten operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe nicht mit der Wirkung einer solchen Behandlung durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden:Der Beurteilung des Landgerichts, wonach das Unterspritzen von Körperteilen mit Hyaluron einen solchen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff darstellt, tritt der Senat bei.

(1) Insofern ist zunächst festzustellen, dass die von der Beklagten gerügten Verstöße gegen das Gebot rechtlichen Gehörs nicht durchgreifen.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör gibt jedem Verfahrensbeteiligten das Recht, sich zu dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt zu äußern und dem Gericht die eigene Auffassung zu den erheblichen Rechtsfragen darzulegen. Das Gericht ist verpflichtet, dieses Vorbringen zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Hieraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass sich das Gericht mit jedem Vorbringen einer Partei in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu befassen hat (BGH GRUR 2009, 90, 91 Rn. 7 - Beschichten eines Substrats). Art. 103 Abs. 1 GG soll sichern, dass die Entscheidung frei von Verfahrensfehlern ergeht, die auf mangelnder Kenntnisnahme oder Erwägung des Vortrags beruhen. Sein Schutzbereich ist auf das von dem Gericht einzuhaltende Verfahren, nicht aber auf die Kontrolle der Entscheidung in der Sache gerichtet (BGH NJW-RR 2020, 1389, 1390 Rn. 13).

Gemessen hieran hat das Landgericht das rechtliche Gehör der Beklagten nicht verletzt, denn es hat ausweislich des Tatbestandes durch Inbezugnahme der Ausführungen in der Klageerwiderung deren wesentliche Einwände gegen den geltend gemachten Anspruch zur Kenntnis genommen und hat sich auch in den Entscheidungsgründen hiermit befasst, insbesondere betreffend die Auslegung des Begriffs des operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs. Dass es hierzu auf die Entscheidung des Landgerichts Frankfurt a.M. zurückgegriffen und diese sowie die Ausführungen im Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung vor dem Oberlandesgericht Frankfurt a.M. wörtlich wiedergegeben hat, stellt keine Verletzung rechtlichen Gehörs dar, sondern ist eine zulässige Bezugnahme auf vergleichbare Entscheidungen. Wie aus den Ausführungen des Landgerichts vor den zitierten Passagen hervorgeht, hat es sich die darin enthaltenen Erwägungen nach eigener Würdigung zu eigen gemacht. Das Landgericht hat auch die Ablehnung der Einholung des von den Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens begründet, und zwar damit, dass nach seiner Auffassung bereits die unstreitigen Umstände zu einer Bejahung des Verstoßes ausreichten (LGU S. 6, Bl. 136 GA). Dass dies nicht der Rechtsauffassung der Beklagten entsprach, begründet keine Verletzung rechtlichen Gehörs.

Hieraus folgt zugleich, dass das angefochtene Urteil nicht an einem Begründungsmangel leidet. Bei der Abfassung seiner Entscheidungsgründe hat das Gericht eine gewisse Freiheit. Es ist nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen ausdrücklich zu befassen. Wenn aber ein bestimmter Vortrag einer Partei den Kern des Parteivorbringens darstellt und für den Prozessausgang eindeutig von entscheidender Bedeutung ist, besteht für das Gericht eine Pflicht, die vorgebrachten Argumente zu erwägen. Ein Schweigen lässt hier den Schluss zu, dass der Vortrag der Prozesspartei nicht oder zumindest nicht hinreichend beachtet wurde, sofern der Vortrag nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstanziiert war (BVerfG NJW 2023, 2712, 2713 Rn. 15). Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine Begründung, die erkennen lässt, welche tatsächlichen Feststellungen und welche rechtlichen Erwägungen für die getroffene Entscheidung maßgebend waren. Dies erfordert nicht eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit allen denkbaren Gesichtspunkten, wenn sich nur ergibt, dass eine sachentsprechende Beurteilung überhaupt stattgefunden hat (vgl. zu der Bestimmung des § 547 Nr. 6 ZPO Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 20. Aufl. 2023, § 547 Rn. 16). So liegt es auch hier, weil das Landgericht alle entscheidungserheblichen Fragen, wie oben ausgeführt, behandelt hat, auch wenn dies nicht in der von der Beklagten gewünschten Ausführlichkeit geschehen ist.

(2) Auch in der Sache hält die Auslegung des Landgerichts den Angriffen der Berufung stand.

Dabei kann dahinstehen, ob sich dies bereits daraus ergibt, dass das Landgericht im Tatbestand des angefochtenen Urteils festgestellt hat (LGU S. 2, Bl. 132 GA), dass die Beklagten auf ihrer Internetseite, wie sie in Anlage K3 auszugsweise wiedergegeben ist „für verschiedene operative plastisch-chirurgische Eingriffe“ werben. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag haben die Beklagten hiergegen nicht angebracht.

Denn jedenfalls liegt ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG vor, weil es sich bei der Unterspritzung von Falten etc. mit Hyaluron um einen Eingriff im vorgenannten Sinne handelt, für den die Beklagten mit Vorher-Nachher-Bildern geworben haben (vgl. jüngst hierzu OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 – Brazilian Butt Lift).

In einem ersten Schritt ist hierbei festzuhalten, dass der vom HWG verwendete Begriff des operativen plastisch-chirurgischen Eingriff (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG, § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HWG) nicht legaldefiniert und daher auslegungsbedürftig ist (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 Rn. 24 f. – Brazilian Butt Lift).

Zwar könnte der Wortlaut bei unbefangener Betrachtung zunächst – entsprechend der Deutung der Beklagten - an einen „klassischen“ operativen Eingriff durch Öffnung des Körpers mittels Skalpell oder Messer denken lassen. Auch nennt die Gesetzesbegründung (Entwurf eines Vierzehnten Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes), mit der dieser Begriff eingeführt wurde, insbesondere Brustvergrößerungen durch Implantate oder Fettabsaugung zur Veränderung der Körperformen (BT-Drs. 15/5316, S. 46) als Beispiele für solche Eingriffe, wie die Beklagten grundsätzlich zu Recht ausführen.

Hierbei kann jedoch unter Berücksichtigung des Schutzzweckes des Werbeverbotes und des HWG insgesamt nicht stehen geblieben werden. Insofern hat das OVG Münster zutreffend (für den Anwendungsbereich des HeilpraktikerG) ausgeführt:

„Das Injizieren des Füllmaterials in die Haut bzw. in die oberen Hautschichten erfordert neben dem notwendigen allgemeinen Wissen bei der Verabreichung von Injektionen aber zusätzliche Kenntnisse über den Aufbau und die Schichten der Haut sowie über den Verlauf von Blutgefäßen, Nervenbahnen und Muskelsträngen in dem für die Injektion vorgesehenen Gesichtsbereich und regelmäßig auch […] eine vorhergehende Diagnose zu möglichen Ursachen der Faltenbildung sowie eine Beurteilung dazu, ob eine Faltenunterspritzung aus ästhetischen Gründen in Betracht kommt oder aus dermatologischer/chirurgischer Sicht, etwa weil eine Hautkrankheit vorliegt, unterbleiben muss“

(vgl. OVG Münster, Beschluss vom 28.04.2006, 13 A 2495/03, BeckRS 2006, 23328).

Diese Umstände, die als allgemeinkundig anzusehen sind, weil sich selbst für einen Laien bei schlichter Betrachtung des Vorgangs der Faltenunterspritzung die Notwendigkeit dermatologischer Kenntnisse aufdrängt (vgl. OLG Karlsruhe WRP 2012, 1579, 1580 Rn. 21 - Faltenunterspritzung) und daher, wie das Landgericht mit Recht angenommen hat, keiner Beurteilung durch einen Sachverständigen bedürfen, rechtfertigen es auch im Anwendungsbereich des HWG, einen operativen Eingriff bereits dann anzunehmen, wenn ein instrumenteller Eingriff am oder im Körper des Menschen erfolgt, mit dem Form- und Gestaltveränderungen an den Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden (vgl. Meyer GRUR 2006, 1007). Denn Zweck der Erstreckung des HWG auf operative plastisch-chirurgische Eingriffe ist der Schutz der Verbraucher bzw. der Bevölkerung vor erheblichen Gesundheitsschäden und Risiken, indem eine (insbesondere suggestive oder irreführende) Werbung mit medizinisch nicht notwendigen schönheitschirurgischen Eingriffen verboten wird. Darauf, ob sich die erheblichen Gesundheitsschäden und Risiken im Einzelfall tatsächlich realisieren, kommt es nicht an. Es soll für einen mit gesundheitlichen Risiken versehenen Eingriff ohne medizinische Notwendigkeit kein Anreiz durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geschaffen werden (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 Rn. 36 m.w.N. – Brazilian Butt Lift). Diesem Schutzzweck entspricht es, keine Beschränkung des Begriffs des operativen Eingriffs auf einen solchen durch Skalpell o.ä. vorzunehmen bzw. danach zu differenzieren, ob bei den Eingriffen die Körperoberfläche eröffnet wird und mit welchem Instrument und in welchem Umfang dies geschieht, weshalb die Aufzählung in der Gesetzesbegründung lediglich als beispielhaft und nicht als abschließend zu verstehen ist (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O. Rn. 37 f.; zustimmend Fritzsche, in: Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 11 HWG Rn. 51; a.A. ohne Begründung Köber, in: MüKoUWG, 3. Aufl. 2022, § 11 HWG Rn. 87). Daher steht es auch, anders als die Beklagten meinen, der Annahme eines operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs nicht entgegen, dass die von ihnen beworbene Unterspritzung infolge der vorzitierten OVG-Entscheidung auch von Heilpraktikern, die per se keine Operationen im engeren Sinne durchführen dürfen, vorgenommen werden darf.

Soweit die Beklagten hiergegen einwenden, dass die Risiken bei der Unterspritzung mit Hyaluron gerade im Vergleich zur Tätowierung gering seien, so ist dem entgegenzuhalten, dass es dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers unterfällt, welche Behandlungen er dem Heilmittelwerberecht zuweist. Die von den Beklagten angeführte Gesetzesbegründung zum „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens“ vom 03.11.2004 (Anlage HWC1, Bl. 98 ff. GA), mit der Tätowierungen etc. ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich des HWG ausgenommen werden sollten, ist für die vorliegend vorzunehmende Auslegung bereits deshalb nicht relevant, weil dieser – außerdem nicht Gesetz gewordene – Entwurf den Anwendungsbereich des HWG auf „operative“ Verfahren eingrenzen sollte (a.a.O. S. 5, Bl. 100 GA) und nicht auf – wie hier zu beurteilen - „operative plastisch-chirurgische Verfahren“ abstellte. Gerade die Gegenüberstellung der beiden Begriffe belegt, dass der nunmehr im Gesetz befindliche Begriff weiter gefasst sein muss, weil „operativ“ und „chirurgisch“ begriffliche Überschneidungen aufweisen (OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 Rn. 30 – Brazilian Butt Lift), was dafür spricht, dass der Gesetzgeber eine nicht zu enge Definition verwenden wollte.

Zudem lässt sich auch der vorgenannten Gesetzesbegründung entnehmen, dass für die Frage, ob ein „operativer“ Eingriff vorliegt, nicht die Intensität des körperlichen Eingriffs und/oder die Eröffnung der Haut die zentrale Rolle spielen, sondern die Risiken, die für die Gesundheit der Verbraucher aus dem Eingriff erwachsen können (OLG Düsseldorf a.a.O. Rn. 39). Indem Tätowierungen und Ohrlochstechen darin in unmittelbarem Zusammenhang erwähnt werden, wird auch deutlich, dass die von den Beklagten angenommene gleiche Gefährdungslage von Tätowieren und Faltenunterspritzen vom Gesetzgeber offensichtlich nicht geteilt wird, weil das Stechen von Ohrlöchern, das mit dem Tätowieren gleichgesetzt wird, gerade im Vergleich zum Unterspritzen von Falten mit Hyaluron evident nur deutlich geringere Risiken birgt.

Dass der Gesetzgeber für Tätowierungen und Ohrlochstechen anders als im Falle der streitgegenständlichen Faltenunterspritzung kein entsprechendes Verbot vorgesehen hat, ist vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden und verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), nachdem diese Leistungen schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht der Heilkunde oder der Schönheitschirurgie zugerechnet werden bzw. als operativer Eingriff verstanden werden können, sondern dem Gebiet der Kosmetik im weiteren Sinne unterfallen. Auch die Berufsfreiheit der Beklagten (Art. 12 Abs. 1 GG) ist durch die vorgenannte Auslegung nicht verletzt. Zwar unterfällt die Werbung für die Ausübung von Heilkunde grundsätzlich dem Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG (BVerfG GRUR 2007, 720, 721 – Geistheiler). Jedoch stellen die mit dem HWG verfolgten Ziele des Gesundheitsschutzes und des Schutzes gegen wirtschaftliche Übervorteilung besonders schutzbedürftiger Privater hinreichende Gründe des gemeinen Wohls dar, für deren Erreichung die Werbeverbote des HWG erforderlich sind (BVerfG a.a.O. 722). Die Zumutbarkeit für die Beklagten und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ergibt sich daraus, dass den Beklagten mit dem Unterlassungstitel nicht verboten wird, die Behandlung selbst weiter anzubieten und ihnen auch kein vollständiges Werbeverbot, sondern nur ein solches mit Vorher-Nachher-Bildern auferlegt wird. Es bleibt ihnen unbenommen, bis an die Grenze irreführender Werbung ihre Behandlungsansätze und -methoden darzustellen (vgl. BVerfG a.a.O.). Ähnliche Erwägungen greifen Platz, soweit die Werbung vom Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erfasst sein kann, weil es sich bei dem HWG um ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 GG handelt und die obigen Ausführungen zur Zumutbarkeit entsprechend gelten.

(3) Die Beklagten können sich nicht darauf berufen, dass die Werbemaßnahmen von der Ärztekammer Nordrhein genehmigt seien bzw. nicht beanstandet würden. Dem diesbezüglichen Beweisangebot (S. 10 der Berufungsbegründung, Bl. 104 eA) ist schon deshalb nicht nachzugehen, weil nicht ersichtlich ist, dass der Ärztekammer eine wie auch immer geartete Genehmigungsbefugnis für nach dem HWG untersagte Werbeformen zusteht und ein etwaiger Verbotsirrtum – sollte er überhaupt schlüssig dargelegt sein - für den hier in Rede stehenden verschuldensunabhängigen Unterlassungsanspruch unbeachtlich ist (vgl. Köhler, in: Köhler/Bornkamm/Feddersen, a.a.O., § 3a Rn. 1.89)

bb) Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen, wie es bei Verstößen gegen Werbeverbote des HWG der Regelfall ist (BGH GRUR 2019, 1071, 1076 Rn. 57 – Brötchen-Gutschein zu § 7 Abs. 1 HWG). Anhaltspunkte dafür, dass der Schutzzweck des HWG bei einem Vorher-Nachher-Vergleich wie vorliegend ausnahmsweise nicht tangiert wäre bzw. dessen Gefährdung praktisch ausgeschlossen wäre, sind weder vorgetragen noch ersichtlich (vgl. in einer entsprechenden Fallgestaltung ebenso OLG Düsseldorf GRUR 2022, 1768 Rn. 7- Brazilian Butt Lift).

2. Gegen ihre Verpflichtung, dem Kläger die entstandenen und schlüssig dargelegten Abmahnkosten zu erstatten, wenden sich die Beklagten mit der Berufung nicht ausdrücklich, so dass es bei den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verbleibt.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

OLG Frankfurt: Instagram-Influencerin muss Beiträge mit kostenlos erhaltenen Büchern mit Verlinkung auf Unternehmen per Tap Tag als Werbung kennzeichnen

OLG Frankfurt
Urteil vom 19.05.2022
6 U 56/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Instagram-Influencerin Beiträge mit kostenlos erhaltenen Büchern mit Verlinkung auf Unternehmen per Tap Tag als Werbung kennzeichnen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Anpreisung kostenlos erhaltener Bücher durch Influencerin auf Instagram mit Verlinkung zu den Unternehmen über Tap-Tags ist als Werbung kenntlich zu machen

Ein ohne finanzielle Gegenleistung erfolgter Beitrag einer Influencerin auf Instagram ist als Werbung zu kennzeichnen, wenn er kostenlos überlassene E-Books anpreist und jeweils mit sog. Tap-Tags zu den Unternehmen der Bücher verlinkt. Aufgrund der Vermischung von privaten und kommerziellen Darstellungen ist es für den Durchschnittsverbraucher ohne diese Kennzeichnung nicht erkennbar, ob es sich um Werbung handelt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) wies mit heute verkündetem Urteil die Berufung einer Influencerin zurück, die vom Landgericht zum Unterlassen der Veröffentlichung derartiger Posts ohne Werbehinweis verurteilt worden war.

Die Klägerin ist Verlegerin mehrerer Print- und Onlinezeitschriften. Sie verfügt über einen Instagram-Account und bietet Kunden u.a. entgeltlich Werbeplatzierungen an. Die Beklagte ist sog. Influencerin und betreibt auf Instragram ein Nutzerprofil mit mehr als einer halbe Million Followern. Sie stellt dort zum einen Produkte und Leistungen von Unternehmen vor, für deren Präsentation sie von diesen vergütet wird. Zum anderen veröffentlicht sie Posts, bei denen sie mittels sog. Tap-Tags auf die Instragram-Accounts von Unternehmen verlinkt, deren Produkte zu sehen sind. Hierfür erhält sie keine finanzielle Gegenleistung. Im Herbst 2019 verwies die Beklagte auf ein Bündel von E-Books, das sich mit veganer Ernährung befasste. Sie erhielt dafür keine finanzielle Gegenleistung; die E-Books waren ihr jedoch kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne die Veröffentlichung als Wertung kenntlich zu machen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.
Der Klägerin stehe der geltend gemacht Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu, begründete das OLG seine Entscheidung. Die Parteien seien Mitbewerber. Beide böten Dritten an, auf ihrem Instagram-Account entgeltlich zu werben. Die Posts der Beklagten seien auch geschäftliche Handlungen. Erfasst würden Handlungen, die bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet seien, durch „Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher, den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern“, betont das OLG.

Der Betrieb des Instagram-Profils fördere zum einen das eigene Unternehmen der Beklagten. Die Steigerung des Werbewerts komme unmittelbar ihrem Unternehmen zugute. Gerade scheinbar private Posts machten es für das Publikum attraktiver, Influencern zu folgen, da diese so „glaubwürdiger, nahbarer und sympathischer“ wirkten. Zum anderen fördere der Post auch die Unternehmen der Anbieter der E-Books. Es liege ein „geradezu prototypischer Fall des werblichen Überschusses“ vor. Es finde keinerlei Einordnung oder inhaltliche Auseinandersetzung oder Bewertung der herausgestellten Produkte statt. Die Beklagte habe vielmehr werbend unter Hervorhebung des außergewöhnlich hohen Rabattes die E-Books angepriesen.

Diese Förderung der Drittunternehmen nicht kenntlich zu machen, sei unlauter. Die Beklagte habe die E-Books im von ihr behaupteten Wert von rund 1.300 € unentgeltlich erhalten und dies nicht gekennzeichnet. Die Kennzeichnung als Werbung sei auch nicht entbehrlich gewesen. „Selbst followerstarke Profile auf Instagram sind nicht stets (nur) kommerziell motiviert“, erläutert das OLG, so dass die Follower zu Recht erwarteten, dass ein etwaiges ernährungsbezogenes Engagement des Influencers nicht kommerziell beeinflusst sei. Die Beklagte habe allerdings nicht darauf hinweisen müssen, dass ihr Verhalten auch ihrem Unternehmen zu gute komme. Dies sei dem durchschnittlichen Verbraucher unzweifelhaft erkennbar gewesen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Kläger die Zulassung der Revision beim BGH begehren.



IHK-Magazin - Ostwestfälische Wirtschaft - Interview mit Rechtsanwalt Marcus Beckmann zur BGH-Rechtsprechung zum Influencer-Marketing bei Instagram und Co.

In Ausgabe Januar/Februar 2022, Seiten 36-37 des IHK-Magazins - Ostwestfälische Wirtschaft erschien ein Interview mit Rechtsanwalt Marcus Beckmann zur BGH-Rechtsprechung zum Influencer-Marketing bei Instagram und Co.

BGH: Unzulässige Schleichwerbung durch Instagram-Influencerin - Tap Tags mit Verlinkung auf andere Unternehmen bei werblichem Überschuss sind Werbung

BGH
Urteil vom 13.01.2022
I ZR 9/21


Der BGH hat seine Rechtsprechung zur Pflicht zur Werbekennzeichnung von Instagram-Beiträgen mit dieser Entscheidung weiter präzisiert und nochmals entschieden, dass Tap Tags mit Verlinkung auf andere Unternehmen bei werblichem Überschuss des jeweiligen Beitrags Werbung sind und die jeweiligen Beiträge als Werbung zu kennzeichnen sind.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Werbung bzw. kommerzielle Kommunikation auch dann wenn Influencer die von ihm vorgestellten Produkte lediglich kostenlos zur Verfügung gestellt wurden

BGH
Urteil vom 13. Januar 2022
I ZR 35/21
Influencer III
Richtlinie 2000/31/EG Art. 2 Buchst. f, Art. 6 Buchst. a; Richtlinie 2010/13/EU Art. 11; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und 4, § 5a Abs. 6, § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2; TMG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Satz 1 Nr. 1 und 5, § 6 Abs. 1 Nr. 1; RStV § 58 Abs. 1 Satz 1; MStV § 22 Abs. 1 Satz 1


Der BGH hat entscheiden, dass auch dann Werbung bzw. kommerzielle Kommunikation vorliegt, wenn einem Influencer die von ihm vorgestellten Produkte lediglich kostenlos zur Verfügung gestellt werden und keine weitere Vergütung erfolgt.

Leitsatz des BGH:
Fördert eine Influencerin durch einen Bericht über Waren oder Dienstleistungen in sozialen Medien (hier: Instagram) den Absatz eines fremden Unternehmens, so handelt es sich um kommerzielle Kommunikation im Sinne des § 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG und Werbung im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 7 RStV und § 2 Abs. 2 Nr. 7 MStV, wenn ihr die Waren oder Dienstleistungen von dem
durch den Bericht begünstigten Unternehmen kostenlos zur Verfügung gestellt wurden (Fortführung von BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 90/20, GRUR 2021, 1400 = WRP 2021, 1415 - Influencer I; Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20, GRUR 2021, 1414 = WRP 2021, 1429 - Influencer II).

BGH, Urteil vom 13. Januar 2022 - I ZR 35/21 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Frankfurt: Wettbewerbswidriger Verstoß gegen § 11 Abs. 1 S. 3 HWG durch Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern für ästhetische Behandlung der Nase durch Unterspritzung

LG Frankfurt
Urteil vom 03.08.2021
3-06 O 16/21


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen die Marktverhaltensregel § 11 Abs. 1 S. 3 HWG durch Werbung mit Vorher-Nachher-Bildern u.a. auf Instagram für ästhetische Behandlungen der Nase durch Unterspritzung vorliegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

Dem Kläger steht gegen die Beklagte der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG zu.

Der Kläger ist klagebefugt aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Unstreitig handelt es sich bei dem Kläger um einen rechtsfähigen Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im Sinne dieser Norm.

Der Beklagten liegt eine unlautere Handlung nach § 3 Abs. 1 UWG zur Last, da sie durch die streitgegenständliche geschäftliche Handlung gegen eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 3a UWG verstoßen hat.

Das in § 11 Abs. 1 S. 3 HWG normierte Werbeverbot ist im Sinne von § 3a UWG auch dazu bestimmt, im Interesse der Verbraucher und sonstiger Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Ziel der dem Gesundheitsschutz dienenden Regelung ist es zu vermeiden, dass sich die Verbraucher unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden können (OLG Koblenz, GRUR-RR 2017, 32, Rn. 4).

Bei der Vorher-Nachher-Werbung der Beklagten wie aus Anlage K 2 ersichtlich handelt es sich um eine Werbung für einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG. Ein solcher liegt vor bei einem instrumentellen Eingriff am oder im Körper des Menschen, mit dem Form- und Gestaltveränderungen an den Organen oder der Körperoberfläche vorgenommen werden (Meyer, Das Verbot von Vorher-Nachher-Bildern bei Schönheitsoperationen, GRUR 2006, 1007). Ein solcher Eingriff setzt entgegen der Auffassung der Beklagten nicht voraus, dass eine Operation vorgenommen wird in dem Sinne, dass mit einem Skalpell die gewünschte Form- oder Gestaltveränderung des Körpers herbeigeführt wird. Vielmehr ist ein instrumenteller Eingriff auch dann gegeben, wenn die Formveränderung durch eine Unterspritzung vorgenommen wird. Auch dabei handelt es sich um einen instrumentellen Eingriff am Körper eines Menschen, da die Unterspritzung unter die Haut vorgenommen wird – anders als bei einer kosmetischen Behandlung an der Hautoberfläche. Eine solche Einordnung trägt dem gesetzgeberischen Ziel Rechnung, mit dem Werbeverbot solche Eingriffe zu erfassen, bei denen das Risiko einer ernsthaften Gesundheitsgefährdung gegeben ist (Meyer, a.a.O). Mit vergleichenden Darstellungen vor und nach dem Eingriff darf nicht geworben werden, weil dies insbesondere bei jüngeren Menschen einen erheblichen Anreiz auslösen kann, sich unter Inkaufnahme gesundheitlicher Risiken ebenfalls solchen Eingriffen zu unterziehen, obwohl der Erfolg möglicherweise nicht der Gleiche sein wird (Fritzsche, Medizinrecht, 3. Aufl. 2018, § 11 HWG Rn. 51).

Dass auch der von der Werbung angesprochene Verkehr von einem instrumentellen und nicht rein kosmetischen Eingriff ausgeht, zeigen die Kommentare zu den Vorher-Nachher-Fotos der Anlage K 2, bei denen die Nutzer nach dem Preis der „OP“ fragen.

Der Verstoß ist auch geeignet, die Interessen von Verbrauchern im Sinne von § 3a UWG spürbar zu beeinträchtigen, da die Regelung des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG dem Schutz der Gesundheit der Verbraucher dient.

Der Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten ist aus § 13 Abs. 3 UWG begründet, der Höhe nach ist er unstreitig.


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Volltext der "Influencer II"-Entscheidung des BGH liegt vor - Vorschriften über Werbung in Telemedien in TMG, RStV und MStV gehen in ihrem Anwendungsbereich § 5a Abs. 6 UWG vor

BGH
Urteil vom 09.09.2021
I ZR 125/20
Influencer II
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und 4, § 5a Abs. 6, § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3; TMG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Satz 1 Nr. 1 und 5, § 6 Abs. 1 Nr. 1; RStV § 58 Abs. 1 Satz 1; MStV § 22 Abs. 1 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Keine unzulässige Schleichwerbung durch Instagram-Influencer wenn dieser keine Gegenleistung für Werbung erhält - Sonst auch bei Tap Tags Kennzeichnung als Werbung erforderlich über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Die Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG für kommerzielle Kommunikation in Telemedien sowie des § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und des § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV für Werbung in Telemedien sind bereichsspezifische Marktverhaltensregelungen für Telemedien. Die in diesen Spezialvorschriften zum Ausdruck kommenden medienrechtlichen Wertungen dürfen nicht durch die Anwendung der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Vorschrift des § 5a Abs. 6 UWG unterlaufen werden (Fortführung von BGH, Urteil vom 24. März 2016 - I ZR 7/15, GRUR 2016, 1068 Rn. 20 = WRP 2016, 1219 - Textilkennzeichnung).

b) Das in § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG für kommerzielle Kommunikation in Telemedien sowie in § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV für Werbung in Telemedien vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Gegenleistung gilt nur für werbliche Handlungen zugunsten fremder Unternehmen, nicht aber für Eigenwerbung.

BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 125/20 - OLG Hamburg

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Volltext der "Influencer I"-Entscheidung des BGH liegt vor - Wann muss Instagram-Influencer Beiträge als Werbung kennzeichnen

BGH
Urteil vom 09.09.2021
I ZR 90/20
Influencer I
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 1 und 4, § 5a Abs. 6, § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2; TMG § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Satz 1 Nr. 1 und 5, § 6 Abs. 1 Nr. 1; RStV § 58 Abs. 1 Satz 1; MStV § 22 Abs. 1 Satz 1


Wir hatten bereits in dem Beitrag BGH: Keine unzulässige Schleichwerbung durch Instagram-Influencer wenn dieser keine Gegenleistung für Werbung erhält - Sonst auch bei Tap Tags Kennzeichnung als Werbung erforderlich über die Entscheidung berichtet.

Leitsätze des BGH:

a) Geht ein klagender Wettbewerbsverband gegen geschäftliche Handlungen der Beklagten zugunsten des eigenen Unternehmens sowie zugunsten fremder Unternehmen vor, muss der Kläger sowohl über eine erhebliche Zahl an Mitgliedern verfügen, die in einem Wettbewerbsverhältnis im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG zu der Beklagten stehen, als auch über solche, die in einem entsprechenden Wettbewerbsverhältnis zu den geförderten Drittunternehmen stehen.

b) Eine Influencerin, die Waren und Dienstleistungen anbietet und über ihren Auftritt in sozialen Medien (hier: Instagram) bewirbt, nimmt mit ihren in diesem Auftritt veröffentlichten Beiträgen regelmäßig geschäftliche Handlungen zugunsten ihres eigenen Unternehmens vor.

c) Erhält eine Influencerin für einen werblichen Beitrag in sozialen Medien eine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des beworbenen Unternehmens dar.

d) Erhält eine Influencerin für einen in sozialen Medien veröffentlichten Beitrag mit Bezug zu einem Drittunternehmen keine Gegenleistung, stellt diese Veröffentlichung eine geschäftliche Handlung zugunsten des Drittunternehmens dar, wenn der Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, also einen werblichen Überschuss enthält, so dass die Förderung fremden Wettbewerbs eine größere als nur eine notwendigerweise begleitende Rolle spielt (Fortführung von BGH, Urteil vom 9. Februar 2006 - I ZR 124/03, GRUR 2006, 875 Rn. 23 = WRP 2006, 1109 - Rechtsanwalts-Ranglisten).

e) Ob ein Beitrag einer Influencerin in sozialen Medien einen zur Annahme einer geschäftlichen Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens erforderlichen werblichen Überschuss enthält, ist aufgrund einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens der Gestaltungsmerkmale (z.B. gepostete Produktfotos, redaktioneller Kontext, Verlinkung auf Internetseiten von Drittunternehmen) zu beurteilen. Der Umstand, dass die Influencerin Bilder mit "Tap Tags" versehen hat, um die Hersteller der abgebildeten Waren zu bezeichnen, genügt als solcher nicht, um einen werblichen Überschuss der Instagram-Beiträge anzunehmen. Die Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts beinhaltet hingegen regelmäßig einen werblichen Überschuss, auch wenn auf der verlinkten Seite des Herstellers der Erwerb von Produkten nicht unmittelbar möglich ist.

f) Der nach § 5a Abs. 6 UWG erforderliche Hinweis auf den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung muss so deutlich erfolgen, dass er aus der Sicht des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers, der zur angesprochenen Gruppe gehört, auf den ersten Blick und zweifelsfrei hervortritt. Der im Textteil eines in sozialen Medien veröffentlichten Beitrags erscheinende Hinweis auf den kommerziellen Zweck reicht regelmäßig nicht aus, um den kommerziellen Zweck eines auf der neben dem Text angeordneten Abbildung erscheinenden "Tap Tags" als Werbung zu kennzeichnen.

g) Der kommerzielle Zweck eines in sozialen Medien veröffentlichten werblichen Beitrags einer Influencerin zugunsten eines Drittunternehmens ergibt sich nicht im Sinne des § 5a Abs. 6 UWG unmittelbar aus dem Umstand, dass die Influencerin nicht nur zu rein privaten Zwecken, sondern auch zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Es reicht nicht aus, dass sich für die Adressaten aus den Umständen überhaupt eine kommerzielle Zweckverfolgung ergibt, sondern es muss jeder mit einem Kommunikationsakt verfolgte kommerzielle Zweck erkennbar sein.

h) Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines die Verlinkung auf die Internetseite eines Drittunternehmens enthaltenden "Tap Tags" ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - das Anklicken des Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

BGH, Urteil vom 9. September 2021 - I ZR 90/20 - OLG Braunschweig - LG Göttingen

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



BGH: Keine unzulässige Schleichwerbung durch Instagram-Influencer wenn dieser keine Gegenleistung für Werbung erhält - Sonst auch bei Tap Tags Kennzeichnung als Werbung erforderlich

BGH
Urteile vom 09.11.2021
I ZR 90/20, I ZR 125/20, I ZR 126/20


Der BGH hat entschieden, dass keine unzulässige Schleichwerbung durch einen Instagram-Influencers vorliegt, wenn dieser keinerlei Gegenleistung für die Werbung erhält. Erhält der Influencer eine Gegenleistung, so ist auch bei Tap Tags eine Kennzeichnung als Werbung erforderlich.

Die Pressemitteilung des BGH

Bundesgerichtshof zur Pflicht von Influencerinnen, ihre Instagram-Beiträge als Werbung zu kennzeichnen

Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute in drei Verfahren über die Frage entschieden, ob Influencerinnen mit ihren Instagram-Beiträgen gegen die Pflicht zur Kennzeichnung von Werbung verstoßen haben.

Kläger ist in allen Verfahren ein Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder einschließlich der Verfolgung von Verstößen gegen das Lauterkeitsrecht gehört. Die Beklagten sind Influencerinnen, die auf der Social-Media-Plattform Instagram auf ihren Instagram-Profilen Bilder veröffentlichen, die sie oftmals mit kurzen Begleittexten versehen. In einige Bilder haben sie sogenannte "Tap Tags" eingefügt, die beim Anklicken von auf den Bildern zu sehenden Produkten wie etwa Bekleidung erscheinen und die Firmen oder Marken der Hersteller oder Anbieter dieser Produkte nennen. Beim Anklicken eines "Tap Tag" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des jeweiligen Unternehmens weitergeleitet.

Der Kläger sieht darin unzulässige Schleichwerbung und nimmt die Beklagten jeweils auf Unterlassung in Anspruch.

Zum Verfahren I ZR 90/20 - Influencer I:

Sachverhalt:

Die Beklagte veröffentlicht auf Instagram insbesondere Bilder von Sportübungen sowie Fitness- und Ernährungstipps. Darüber hinaus unterhält sie eine gewerbliche Internetseite, auf der sie Fitnesskurse und Personaltrainings gegen Entgelt anbietet und einen Online-Shop betreibt. Wird das Profil der Beklagten bei Instagram aufgerufen, erscheint unter anderem ein Hinweis auf diese Internetadresse.

Einer der vom Kläger beanstandeten Instagram-Beiträge der Beklagten betrifft eine "Raspberry Jam" (Himbeer Marmelade). Beim Anklicken des abgebildeten Produkts erscheint ein "Tap Tag" mit dem Namen des Herstellers. Beim Anklicken des "Tap Tags" wird der Nutzer auf das Instagram-Profil des Herstellers weitergeleitet. Für diesen Beitrag hat die Beklagte von dem Hersteller eine Gegenleistung erhalten.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe ein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG zu.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Die streitgegenständlichen Instagram-Beiträge sind geschäftliche Handlungen der Beklagten im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG zugunsten ihres eigenen Unternehmens sowie jedenfalls des fremden Unternehmens, von dem sie eine Gegenleistung für den Beitrag zur "Raspberry Jam" erhalten hat. Dieser Beitrag ist nicht hinreichend deutlich als Werbung gekennzeichnet. Dies rechtfertigt das beantragte Verbot.

Influencer, die mittels eines sozialen Mediums wie Instagram Waren vertreiben, Dienstleistungen anbieten oder das eigene Image vermarkten, betreiben ein Unternehmen. Die Veröffentlichung von Beiträgen dieser Influencer in dem sozialen Medium ist geeignet, ihre Bekanntheit und ihren Werbewert zu steigern und damit ihr eigenes Unternehmen zu fördern. Eine geschäftliche Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens stellt die Veröffentlichung eines Beitrags - abgesehen von dem hier vorliegenden Fall, dass die Influencerin dafür eine Gegenleistung erhält - allerdings nur dar, wenn dieser Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist, etwa weil er ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt. Allein der Umstand, dass Bilder, auf denen das Produkt abgebildet ist, mit "Tap Tags" versehen sind, reicht für die Annahme eines solchen werblichen Überschusses nicht aus. Bei einer Verlinkung auf eine Internetseite des Herstellers des abgebildeten Produkts liegt dagegen regelmäßig ein werblicher Überschuss vor. Die Prüfung, ob ein Beitrag übertrieben werblich ist, bedarf der umfassenden Würdigung durch das Tatgericht, an der es im Streitfall hinsichtlich der weiteren Beiträge, für deren Veröffentlichung eine Gegenleistung nicht festgestellt ist, fehlt.

Der die "Raspberry Jam" betreffende Beitrag, für den die Beklagte eine Gegenleistung des Herstellers erhalten hat, verstößt gegen § 5a Abs. 6 UWG, weil der kommerzielle Zweck dieses Beitrags, den Absatz von Produkten dieses Herstellers zu fördern, nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Oberlandesgerichts nicht hinreichend kenntlich gemacht ist und sich auch nicht aus den Umständen ergibt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Verbraucher erkennen, dass die Beklagte mit der Veröffentlichung von Beiträgen auf ihrem Instagram-Profil zugunsten ihres eigenen Unternehmens handelt. Für die Verbraucher muss gerade der Zweck eines Beitrags, ein fremdes Unternehmen zu fördern, erkennbar sein. Das Nichtkenntlichmachen des kommerziellen Zwecks eines solchen mit "Tap Tags" und Verlinkungen versehenen Beitrags ist regelmäßig geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung - dem Anklicken des auf das Instagram-Profil des Herstellers führenden Links - zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Darüber hinaus verstößt der Beitrag zur "Raspberry Jam" gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG sowie § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV, weil die darin liegende kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung nicht klar als solche zu erkennen ist.

Das Fehlen von Feststellungen zum werblichen Überschuss der übrigen Beiträge wirkt sich auf den Bestand des Berufungsurteils nicht aus, weil die unter Bezugnahme auf die konkrete Verletzungsform - das Instagram Profil der Beklagten - geltend gemachten Ansprüche schon im Blick auf die geschäftliche Handlung der Beklagten zugunsten des Unternehmens begründet sind, das für die Veröffentlichung des Beitrags zur "Raspberry Jam" eine Gegenleistung erbracht hat.

Vorinstanzen:

LG Göttingen - Urteil vom 13. November 2019 - 3 O 22/19

OLG Braunschweig - Urteil vom 13. Mai 2020 - 2 U 78/19

Zum Verfahren I ZR 125/20 - Influencer II:

Sachverhalt:

Die Beklagte unterhält bei Instagram einen Account, der von ihr überwiegend kommerziell genutzt wird und von 1,7 Millionen Nutzern abonniert war. Der Account ist verifiziert und daher am Anfang des Profils mit einem blauen Haken versehen. Die Beklagte veröffentlicht regelmäßig Bilder von sich selbst mit kurzen Begleittexten zu den Themen Beauty, Mode, Lifestyle und Reisen.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 sowie § 3a UWG in Verbindung § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV zu.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die beanstandeten Beiträge stellen nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts geschäftliche Handlungen der Beklagten dar. Soweit diese geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens der Beklagten erfolgten, liegt kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, weil sich dieser kommerzielle Zweck nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts unmittelbar aus den Umständen ergibt. Soweit die Beklagte zugunsten anderer Unternehmen gehandelt hat, kann gleichfalls kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG angenommen werden, weil dieses Verhalten der Beklagten den Vorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV bzw. § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV genügt. Danach muss bei absatzfördernden Äußerungen in Telemedien zwar kommerzielle Kommunikation bzw. Werbung klar als solche erkennbar sein. Die beanstandeten Beiträge stellen aber mangels Gegenleistung eines Dritten keine kommerzielle Kommunikation bzw. keine Werbung im Sinne dieser Vorschriften dar. Bei diesen Bestimmungen handelt es sich um bereichsspezifische Spezialvorschriften, die den Anwendungsbereich der allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Bestimmung des § 5a Abs. 6 UWG einschränken.

Die Voraussetzungen eines Verstoßes gegen Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liegen gleichfalls schon deshalb nicht vor, weil es an einer Finanzierung der beanstandeten Beiträge durch Dritte fehlt.

Vorinstanzen:

LG Hamburg - Urteil vom 28. März 2019 - 403 HKO 127/18

OLG Hamburg - Urteil vom 2. Juli 2020 - 15 U 142/19

Zum Verfahren I ZR 126/20:

Sachverhalt:

Die Beklagte veröffentlicht auf Instagram regelmäßig Bilder von sich selbst, oftmals mit kurzen Begleittexten. Darin beschäftigt sie sich vor allem mit Themen wie Mode, ihrem Leben als Mutter eines Kleinkinds, Yoga oder Reisen. Diejenigen Instagram-Beiträge, für die die Beklagte nach eigenem Bekunden von den verlinkten Unternehmen bezahlt wird, kennzeichnet sie mit dem Hinweis "bezahlte Partnerschaft mit …". Die streitgegenständlichen Beiträge enthielten keine entsprechende Kennzeichnung.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat angenommen, dem Kläger stehe kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Nr. 2, § 3 Abs. 1, § 5a Abs. 6 UWG sowie § 3a UWG in Verbindung § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG oder § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV zu.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts stellen die beanstandeten Beiträge zwar geschäftliche Handlungen der Beklagten zugunsten des eigenen Unternehmens dar und kann auch ein geschäftliches Handeln zugunsten fremder Unternehmen nicht ausgeschlossen werden. Soweit die geschäftlichen Handlungen zugunsten des eigenen Unternehmens der Beklagten erfolgten, liegt jedoch kein Verstoß gegen § 5a Abs. 6 UWG vor, weil sich dieser kommerzielle Zweck nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Würdigung des Berufungsgerichts unmittelbar aus den Umständen ergibt. Hinsichtlich geschäftlicher Handlungen zugunsten fremder Unternehmen scheidet die Annahme eines Verstoßes gegen § 5a Abs. 6 UWG aus, weil die Beklagte für die beanstandeten Beiträge keine Gegenleistung erhalten hat und diese Beiträge daher den vorrangigen Spezialvorschriften des § 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG, § 58 Abs. 1 Satz 1 RStV und § 22 Abs. 1 Satz 1 MStV genügen (siehe dazu die vorstehenden Ausführungen zum Verfahren I ZR 125/20). Ein Verstoß gegen Nr. 11 der Anlage zu § 3 Abs. 3 UWG liegt danach ebenfalls nicht vor.

Vorinstanzen:

LG München I - Urteil vom 29. April 2019 - 4 HK O 14312/18

OLG München - Urteil vom 25. Juni 2020 - 29 U 2333/19

Maßgebliche Vorschriften:

§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG

Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet

"geschäftliche Handlung" jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt; […]

§ 3 Abs. 1 und 3 UWG

(1) Unlautere geschäftliche Handlungen sind unzulässig.

(3) Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig.

Nr. 11 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Absatz 3 sind […]

11. der vom Unternehmer finanzierte Einsatz redaktioneller Inhalte zu Zwecken der Verkaufsförderung, ohne dass sich dieser Zusammenhang aus dem Inhalt oder aus der Art der optischen oder akustischen Darstellung eindeutig ergibt (als Information getarnte Werbung);

§ 3a UWG

Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.

§ 5a Abs. 6 UWG

Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

§ 8 Abs. 1 Satz 1 UWG

Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.

§ 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG

Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu: […]

2. rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt; […]

§ 2 Satz 1 Nr. 5 Buchst. b TMG

Im Sinne dieses Gesetzes […]

5. ist kommerzielle Kommunikation jede Form der Kommunikation, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren, Dienstleistungen oder des Erscheinungsbilds eines Unternehmens, einer sonstigen Organisation oder einer natürlichen Person dient, die eine Tätigkeit im Handel, Gewerbe oder Handwerk oder einen freien Beruf ausübt; die Übermittlung der folgenden Angaben stellt als solche keine Form der kommerziellen Kommunikation dar: […]

b) Angaben in Bezug auf Waren und Dienstleistungen oder das Erscheinungsbild eines Unternehmens, einer Organisation oder Person, die unabhängig und insbesondere ohne finanzielle Gegenleistung gemacht werden; […]

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 TMG

Diensteanbieter haben bei kommerziellen Kommunikationen, die Telemedien oder Bestandteile von Telemedien sind, mindestens die folgenden Voraussetzungen zu beachten:

1. Kommerzielle Kommunikationen müssen klar als solche zu erkennen sein.

§ 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 RStV in der in der bis zum 6. November 2020 gültigen Fassung

Im Sinne dieses Staatsvertrags ist […]

7. Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern.



§ 58 Abs. 1 Satz 1 RStV in der in der bis zum 6. November 2020 gültigen Fassung

Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.

§ 2 Abs. 2 Nr. 7 Satz 1 MStV

Im Sinne dieses Staatsvertrags ist […]

7. Werbung jede Äußerung, die der unmittelbaren oder mittelbaren Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, oder des Erscheinungsbilds natürlicher oder juristischer Personen, die einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, dient und gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung im Rundfunk oder in einem Telemedium aufgenommen ist.

§ 22 Abs. 1 Satz 1 MStV

Werbung muss als solche klar erkennbar und vom übrigen Inhalt der Angebote eindeutig getrennt sein.




Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt am 22.05.2022 in Kraft

Das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht wurde im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt am 22.05.2022 in Kraft.

BMJV: Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat den Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht vorgelegt.

Die Pressemitteilung des BMJV:

Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht
Der Entwurf verbessert den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher vor unlauteren geschäftlichen Handlungen insbesondere im Kontext digitaler Geschäftsmodelle verbessert und ermöglicht eine wirksamere Durchsetzung des Verbraucherrechts. Hierfür enthält der Entwurf Regelungen zur Verbesserung der Verbraucherinformation bei Rankings und Verbraucherbewertungen. Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten zudem einen Anspruch auf Schadensersatz bei schuldhaften Verstößen von Unternehmern gegen verbraucherschützende Vorschriften des UWG. Bei weitverbreiteten Verstößen in mehreren Mitgliedsstaaten der Europäischen Union gegen Vorschriften, die die Richtlinie 2005/29/EG umsetzen, erhalten die zuständigen Behörden die Möglichkeit, im Rahmen von gemeinsamen Durchsetzungsmaßnahmen ein umsatzabhängiges Bußgeld zu verhängen. Die neue Öffnungsklausel wird für Verschärfungen der für Kaffeefahrten geltenden Regelungen über Wanderlager genutzt. Darüber hinaus sieht der Entwurf Klarstellungen zum Anwendungsbereich des UWG vor, insbesondere zur Abgrenzung von privater Meinungsäußerung und kommerzieller Kommunikation im Internet.


OLG Karlsruhe: Instagram-Influencer muss mit Tap Tags die zu Unternehmensseiten führen versehene Posts als Werbung kennzeichnen auch wenn keine Werbevertrag besteht

OLG Karlsruhe
Urteil vom 09.09.2020
6 U 38/19


Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer mit Tap Tags, die zu Unternehmensseiten führen, versehene Posts als Werbung kennzeichnen muss, auch wenn keine Werbevertrag besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Influencerin muss Werbung für andere Unternehmen auf Instagram kenntlich machen

Der unter anderem für Streitsachen wegen unlauteren Wettbewerbs zuständige 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat in einem heute verkündeten Urteil zu der in der obergerichtlichen Rechtsprechung umstrittenen Frage Stellung genommen, ob und ggf. wann eine Influencerin ihre Beiträge auf Instagram als Werbung kennzeichnen muss. Dabei hat er ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts Karlsruhe bestätigt, das eine wettbewerbsrechtliche Pflicht zu einer solchen Kennzeichnung gesehen hatte.

Wie der Vorsitzende Richter Andreas Voß in der mündlichen Urteilsbegründung betonte, stand allerdings nicht die allgemeine Frage nach einer Pflicht zur Kennzeichnung sämtlicher Posts der beklagten Influencerin zur Entscheidung. Vielmehr ging es ausschließlich darum, ob eine solche Kennzeichnung erforderlich ist, wenn sog. „Tap Tags“ verwendet werden, die zu den Seiten anderer Unternehmen führen. „Tap Tags“ sind anklickbare Bereiche innerhalb eines geposteten Bildes, die Links zu den Anbietern oder Herstellern bestimmter Produkte, insbesondere auf dem Bild zu sehender Kleidungsstücke oder anderer Gegenstände enthalten.

Zunächst war zu klären, ob Posts der Beklagten mit solchen „Tap Tags“ überhaupt geschäftliche Handlungen sind. Die Beklagte hatte die Ansicht vertreten, es handele sich lediglich um private Meinungsäußerungen und die „Tap Tags“ seien nur eingefügt, um Anfragen ihrer Follower zuvorzukommen. Dieser Auffassung ist der Senat jedoch nicht gefolgt, sondern hat dieses Vorgehen bei einem Instagram-Business-Account, wie ihn die Beklagte unterhält, als geschäftliche Handlung angesehen. Der erforderliche Unternehmensbezug sei sowohl im Hinblick auf den eigenen Gewerbebetrieb der Beklagten als Influencerin als auch im Hinblick auf die „getaggten“ Unternehmen gegeben. Der daneben erforderliche Marktbezug liege ebenfalls vor, denn die Posts dienten sowohl der Aufwertung des Images der Beklagten und damit der Steigerung des Werts der von ihr angebotenen Dienstleistungen als auch der Förderung des fremden Absatzes, also den „getaggten“ Unternehmen.

In einem weiteren Schritt hatte sich der Senat damit zu befassen, ob die Beklagte durch das Setzen von „Tap Tags“ in mehreren Posts ohne Kennzeichnung ihres kommerziellen Zwecks gegen das Verbot der unzulässigen getarnten Werbung aus § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen hatte. Der Senat hat diese Frage bejaht und einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß angenommen. Der kommerzielle Zweck der „Tap Tags“ ergebe sich in der Wahrnehmung der Verbraucher nicht bereits unmittelbar aus den Umständen. Zwar sei den Followern klar, dass die Influencerin poste, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Anderes gelte jedoch für den weiteren kommerziellen Zweck, zugunsten anderer Unternehmen tätig zu sein und den Absatz derer Produkte zu fördern. Die Influencerin werde von den Mitgliedern der „Community“ bis zu einem bestimmten Punkt als „authentisch“ und „eine von ihnen“ wahrgenommen. Die wettbewerbliche Gefährdungslage resultiere gerade aus der Gemengelage von diesem privaten Erscheinungsbild einerseits und von Drittinteressen beeinflussten Kommunikationselementen andererseits. Diese Intransparenz begründe eine Pflicht zur Klarstellung, an welchen Stellen objektiv fremder Wettbewerb gefördert werde, und zwar unabhängig davon, ob die Influencerin für den Einsatz von „Tap Tags“ Zahlungen erhält.

Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen. Die Frage, inwiefern das Setzen von „Tap Tags“, die nicht als Werbung gekennzeichnet sind, in Instagram-Posts von Influencern unlauter sein kann, sei im Hinblick auf divergierende Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte zur Werbekennzeichnung von Instagram-Postings allgemein eine höchstrichterlich klärungsbedürftige Rechtsfrage.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 09.09.2020, Az.: 6 U 38/19 (nicht rechtskräftig)

Vorinstanz: Landgericht Karlsruhe, Urteil vom 21.03.2019, Az.: 13 O 38/18 KfH

Maßgebliche Vorschriften

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)

§ 2 Definitionen

(1) Im Sinne dieses Gesetzes bedeutet

1. „geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt.
[…]

§ 5a Irreführung durch Unterlassen

[…]

(6) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.



OLG München: Taggen von Instagram-Posts mit Hersteller-Tags durch Influencer begründet allein keine Pflicht zur Kennzeichnung als Werbung - Cathy Hummels

OLG München
25.06.2020
29 U 2333/19
Cathy Hummels


Das OLG München hat entschieden, dass das Taggen von Instagram-Posts mit Hersteller-Tags durch einen Influencer allein keine Pflicht zur Kennzeichnung als Werbung begründet. Die Revision wurde zugelassen.

Leitsätze des Gerichts

1. Eine Influencerin, die auf ihren bei Instagram gezeigten Bildern von sich selbst Kleidungsstücke und andere Produkte „tagt“ und Weiterleitungen auf die Instagramauftritte der jeweiligen Hersteller einrichtet, handelt nicht allein zu privaten Zwecken, sondern auch als Unternehmerin im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG, weil sie das Interesse ihrer Follower an ihrem Leben und an ihrer Person inklusive der von ihr getragenen Kleidung und der von ihr verwendeten Produkte zu ihrem Geschäftsmodell macht.

2. Die entsprechenden Instagram-Posts beruhen nicht nur auf der Mitteilungsfreudigkeit der Influencerin, sondern sind auch darauf gerichtet, Aufmerksamkeit und Resonanz sowohl in Verbraucherwie auch in Unternehmerkreisen zu erzielen, um das Image der Influencerin durch die Erhöhung der Zahl der Follower und der Zahl der Kommentare zu ihrem Auftritt zu stärken und damit den Wert der auch von ihr im eigenen Unternehmen angebotenen Dienstleistungen zu erhöhen, die darin bestehen, im Rahmen von gegenwärtigen oder künftigen bezahlten Partnerschaften für Drittunternehmen Produktwerbung zu betreiben.

3. Die Intention, durch die Posts auch bezahlte Partnerschaften zu akquirieren, führt nicht dazu, dass solche Posts, für die die Influencerin kein Entgelt erhält, als geschäftliche Handlungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG anzusehen wären, da das allgemeine Interesse, sich durch Publikationen für Werbeverträge interessant zu machen, nicht ausreicht, um einen objektiven Zusammenhang zwischen den Publikationen und einer Absatzförderung für die gezeigten Produkte anzunehmen.

4. Die Informationen zu den von der Influencerin verwendeten Produkten, inklusive der angebrachten Tags und Links, gehören genauso wie die Informationen zu ihren Erlebnissen und Eindrücken zum redaktionellen Teil ihrer Posts und dienen damit vorrangig anderen Zielen als der Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung von Verbrauchern in Bezug auf Waren oder Dienstleistungen.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:



LG Köln: Instagram-Influencer muss mit Unternehmenstags versehene Posts als Werbung kennzeichnen auch wenn kein Werbevertrag mit Unternehmen besteht

LG Köln
Urteil vom 21.07.2020
33 O 138/19


Das LG Köln hat entschieden, dass ein Instagram-Influencer mit Unternehmenstags versehene Posts als Werbung kennzeichnen muss auch wenn kein Werbevertrag mit dem Unternehmen besteht.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Die Klage ist auch begründet.

1. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch des Klägers folgt aus §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 2, 5a Abs. 6 UWG.

Gemäß § 5a Abs. 6 UWG handelt unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, wenn das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er anderenfalls nicht getroffen hätte. Dem Vorliegen eines „kommerziellen Zwecks“ kommt dabei gegenüber dem Vorliegen einer geschäftlichen Handlung keine eigenständige Bedeutung zu (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 7.23).

Die Voraussetzungen des § 5a Abs. 6 UWG liegen vor.

a. Sämtliche der angegriffenen Posts stellen geschäftliche Handlungen dar.

Eine geschäftliche Handlung ist nach der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG enthaltenen Legaldefinition jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens entweder vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt. Ein objektiver Zusammenhang in diesem Sinne setzt voraus, dass die in Frage stehende Handlung bei objektiver Betrachtung auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen der Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer gerichtet ist (BGH GRUR 2015, 694,696 – Bezugsquellen für Bachblüten). Daran fehlt es, wenn die Handlung sich zwar auf die geschäftlichen Entscheidungen von Verbrauchern und sonstigen Marktteilnehmern tatsächlich auswirken kann, aber vorrangig anderen Zielen als der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 48, 51.). Die Entgeltlichkeit der infrage stehenden Tätigkeit setzt eine geschäftliche Handlung grundsätzlich nicht voraus (MüKoUWG/Alexander, 3. Aufl. 2020, UWG nach § 3 Abs. 3 Nr. 11 Rn. 12). Ein wirtschaftliches Interesse des Handelnden an einer Absatzförderung ist jedoch ein maßgebliches Indiz für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung (BGH GRUR 2015, 694,696 – Bezugsquellen für Bachblüten).

Eine geschäftliche Handlung ist danach gegeben.

aa. In den Posts liegt ein Handeln zugunsten von Unternehmen, nämlich zugunsten der getaggten Unternehmen sowie des eigenen Unternehmens der Beklagten.

Die Verlinkung der fremden Unternehmen in den Postings fördert deren Absatz zumindest in Gestalt einer Art. 2 Nr. 1 UWG unterfallenden (BGH GRUR 1995, 595, 596 - Aufmerksamkeitswerbung; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, a.a.O., § 2 Rn. 50) „Aufmerksamkeitswerbung“, durch die die betreffenden Unternehmen bekannter werden und damit deren Absatz mittelbar gefördert wird (so für Unternehmenstags LG Karlsruhe, Urteil vom 21. März 2019 – 13 O 38/18 KfH –, Rn. 49, juris).

Mit den Postings fördert die Beklagte des Weiteren auch ihr eigenes Unternehmen. Ihre Tätigkeit als Influencerin erfüllt die Voraussetzungen des Unternehmensbegriffs. Dieser ist im Rahmen des § 2 Nr. 1 UWG weit auszulegen; ausreichend ist eine auf eine gewisse Dauer angelegte, selbständige wirtschaftliche Betätigung, die darauf gerichtet ist, Waren oder Dienstleistungen gegen Entgelt zu vertreiben (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 2 Rn. 21). Eine solche liegt vor. Die Beklagte verfolgt mit dem Betrieb ihres Instagram-Accounts den Zweck, ihren Lebensunterhalt zu sichern und bietet dabei unter anderem Werbedienstleistungen in Form von Posts gegen Entgelt an. Die wirtschaftliche Betätigung der Beklagten ist auch auf Dauer angelegt. Dies ergibt sich außer aus der Höhe ihrer Umsätze aus der hohen Anzahl an Followern und der Beschäftigung eines Managers.

Die Veröffentlichung der fraglichen Posts mit den darin enthaltenen Unternehmenstags fördert das eigene Unternehmen der Klägerin. Es bedarf dabei an dieser Stelle keiner Entscheidung, ob sämtliche Posts von Influencern unabhängig von ihrem Inhalt als kommerziell zu bewerten sind, weil Influencer Follower durch das Veröffentlichen neuer Inhalte halten und neu gewinnen können, was wiederum entscheidend für ihre Attraktivität als Werbepartner ist (so LG Heilbronn, Urt. v. 08.05.2018 – 21 O 14/18 KfH, Rn. 49-52, zit. nach juris; LG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.2019 – 12 O 296/18, Rn. 3, zit. nach juris; ähnl. LG Karlsruhe, GRUR-RR 2019, S. 328, 330, Rn. 34 f. – Foto-Tagging). Denn die Beklagte fördert mit den streitigen Posts ihr eigenes Unternehmen jedenfalls insoweit, als sie sich den getaggten und weiteren Unternehmen damit als potenzielle Werbepartnerin präsentiert und so für ihre unstreitig auch gegen Entgelt angebotenen Dienstleistungen in Form von Veröffentlichungen auf ihrem Instagram-Account wirbt. Dies ist für die von § 5a Abs. 6 UWG vorausgesetzte Förderung eines Unternehmens ausreichend (so OLG Braunschweig, MMR 2019, S. 467, 468, Rn. 14; vgl. auch OLG Frankfurt a.M., GRUR 2020, S. 208, 209, Rn. 12 – Die Influencerin).

bb. Die Posts sind bei objektiver Betrachtung jedenfalls aufgrund der darin enthaltenen Tags zu Modeunternehmen (Posts eins und drei) und zu einem Hersteller von Make-Up (Post zwei) auch auf die Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidungen von sonstigen Marktteilnehmern gerichtet. Ob dasselbe mit Blick auf die Tags gilt, die zu einem Fotografen des abgelichteten Bilds, zu einem Stylisten und und zu einer Zeitschrift führen, die der Beklagten ein Preis verliehen hat, bedarf keiner Entscheidung, weil der Kläger sich gegen die konkrete Verletzungsform wendet. In einem solchen Fall ist für den Erfolg einer Klage ausreichend, wenn auch nur ein Aspekt das beantragte Unterlassungsgebot stützt (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 12 Rn. 2.23e, f.).

Das Fehlen einer kommerziellen Absicht der Beklagten ist nicht daraus abzuleiten, dass die Tags insoweit einen (geringen) redaktionellen Inhalt haben, als mit ihnen Follower über die Hersteller der getragenen Outfits bzw. der getragenen Make-Up-Marke informiert werden. Denn die auf die Förderung des eigenen oder fremden Wettbewerbs gerichtete Absicht braucht nicht der alleinige Beweggrund einer geschäftlichen Handlung zu sein; ausreichend ist es vielmehr, wenn die Handlung bei der gebotenen objektiven Betrachtung jedenfalls vorrangig dem Ziel der Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen dient (vgl. BGH GRUR 2015, S. 694, 696 Rn. 22 – Bezugsquellen für Bachblüten). Bei Vorliegen eines redaktionellen Beitrags scheidet der von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geforderte objektive Förderungszusammenhang erst dann aus, wenn der Beitrag ausschließlich der Information und Meinungsbildung seiner Adressaten dient (ebd.; BGH GRUR 2012, S. 74 Rn. 15 – Coaching-Newsletter; BGH GRUR 2016, S. 710, 711 f., Rn. 16 - Im Immobiliensumpf). Dies ist hier nicht der Fall. Bei objektiver Betrachtung ist vielmehr davon auszugehen, dass die Beklagte mit den Posts vorrangig das Ziel verfolgt hat, zumindest ihr eigenes Unternehmen durch die Präsentation ihrer Person als mögliche Werbepartnerin zu fördern, wobei nicht nur die streitgegenständliche Handlung als solche, sondern auch alle Begleitumstände in den Blick zu nehmen sind (BGH GRUR 2015, S. 694, 696 Rn. 28 – Bezugsquellen für Bachblüten).

Für eine entsprechende Absicht der Beklagten spricht, dass sie ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran hat, sich Unternehmen in ihren Posts als potenzielle Werbefigur zu präsentieren. So bestreitet sie durch ihre Influencertätigkeit, die jedenfalls auch in der Veröffentlichung bezahlter Posts besteht, ihren Lebensunterhalt. Bezüglich des ersten und des dritten Posts fällt zudem ins Gewicht, dass die Beklagte sich darin als mögliche Partnerin für Produktplatzierungen im Modebereich zeigt, in dem sie bereits als Influencerin tätig ist und sich für das Absetzen von Posts auch bezahlen lässt. Es ist höchst fernliegend, dass Posts, die die Beklagte in anderen Fällen verkauft, nicht in erster Linie kommerziellen Interessen dienen, sondern vorrangig von dem Wunsch getragen sind, ihre Follower über ihre Modepräferenzen in Kenntnis zu setzen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte ihre gewerbliche Influencertätigkeit im großen Umfang und hoch professionell betreibt. Dies belegt neben der Höhe ihrer Einnahmen die Beschäftigung eines Managers.

Das Setzen von unmittelbar zu den Instagramseiten der Hersteller führenden Unternehmenstags spricht überdies bereits als solches dagegen, dass es der Beklagten vorrangig lediglich darum ging, ihre Follower über die Hersteller der von ihr getragenen Mode und des von ihr getragenen Make-Ups zu informieren. Denn mit den Tags beschränkt sich die Beklagte nicht auf die bloße Mitteilung der Hersteller; sie stellen sich wegen des Erscheinens erst bei Anklicken des Bildes und der Weiterleitungsmöglichkeit vielmehr als eine werbewirksame Warenpräsentation vergleichbar eines Warenkatalogs dar (OLG Braunschweig, MMR 2019, S. 467, 468, Rn. 15).

Dafür, dass die Posts kommerziellen Interessen jedenfalls insofern dienen sollen, als sich die Beklagte darin als mögliche Werbefigur präsentiert, spricht – ohne dass es darauf entscheidend ankäme – für die Posts eins und drei auch der darin enthaltene Begleittext, in dem ein Teil der zur Schau gestellten Produkte in werbetypisch euphorischer Weise angepriesen wird. So heißt es in dem Begleittext zum ersten Post, dass die Beklagte alles aus falschem Leder und kuscheligem Teddy-Material liebe; im Begleittext zum dritten Post bezeichnet die Beklagte die von ihr zur Schau gestellten Produkte der Hersteller H-Trachten und X als traumhaft.

Von einer Absicht der Beklagten, für sich als mögliche Partnerin für Produktplatzierungen zu werben, ist wegen ihrer umfangreichen entgeltlichen Influencerinnen-Tätigkeit, das auch in dem Verkauf von Instagram-Posts besteht, auch hinsichtlich des für das Unternehmen „H1“ (Post 2) gesetzten Tags auszugehen. Insbesondere handelt es sich um einen Bereich, in dem die Werbetätigkeit einer Modeinfluencerin naheliegt, weil wie Mode auch Make-Up zur Aufwertung des äußeren Erscheinungsbildes führen soll. Der im Falle des zweiten Posts stärker als in den anderen Posts vorhandene redaktionelle Gehalt – der Post macht auch darauf aufmerksam, dass die Beklagte einen Preis gewonnen hat – steht dieser Bewertung nicht entgegen. Ein Zusammenhang zwischen dem Gewinn des Preises und dem Hersteller des auf der Abbildung getragenen Make-Ups besteht nicht.

cc. Vor dem Hintergrund des vorstehend Dargelegten kommt es für das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung nicht darauf an, ob der Beklagten für die Posts mit den Unternehmenstags Entgelte versprochen worden sind (so auch OLG Frankfurt a.M., GRUR 2020, S. 208, 209, Rn. 12 – Die Influencerin; OLG Braunschweig, MMR 2019, S. 467, 468, Rn. 14; LG Düsseldorf, Urt. v. 12.06.2019 – 12 O 296/18, Rn. 31, zit. nach juris; LG Heilbronn, Urt. v. 08.05.2018, - 21 0 14/18 KfH, Rn. 48 ff., zit. nach juris; LG Karlsruhe, GRUR-RR 2019, S. 328, 330 f, Rn. 40 – Foto-Tagging; a.A. – jedenfalls mittelbare Entgeltlichkeit erforderlich, aber u.U. sekundäre Darlegungslast des Influencers – KG Berlin, Urt. v. 08.01.2019, 5 U 83/18 – Schleichwerbung in Instagram-Account, Rn. 61 ff., 73, Rn. 90, zit. nach juris). Eine geschäftliche Handlung erfordert eine entgeltliche Tätigkeit üblicherweise nicht (vgl. MüKoUWG/Alexander, 3. Aufl. 2020, UWG nach § 3 Abs. 3 Nr. 11 Rn. 12: § 5a Abs. 6 UWG setze entgeltliches Handeln nicht voraus); es gibt keinen Grund, dies im Falle des Influencer-Marketing anders zu sehen.

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist damit eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen Medienunternehmen nicht verbunden. Modezeitschriften, die innerhalb des redaktionellen Teils ihrer Hefte Angaben zu Herstellern oder Bezugsquellen von Bekleidung machen, verfolgen damit bei objektiver Betrachtung nicht die Absicht, potenzielle Werbepartner anzuziehen und insoweit den Absatz des eigenen Angebots (Werbemöglichkeiten) zu steigern, weil sie derartige Angaben grundsätzlich nicht als Werbemöglichkeit verkaufen, sondern lediglich klassische Anzeigen schalten lassen.

Bei einem Verzicht auf die Entgeltlichkeit von Influencerposts droht auch keine dem Schutzzweck des § 5a Abs. 6 UWG entgegenstehende Überkennzeichnung dergestalt, dass beispielsweise selbst Katzenvideos drohten, gekennzeichnet werden zu müssen (hierzu KG Berlin, Urt. v. 08.01.2019, 5 U 83/18 – Schleichwerbung in Instagram-Account, Rn. 91, zit. nach juris). Nach der gebotenen objektiven Betrachtung dienen derartige Inhalte dem Unternehmen eines Influencers, der in einer hiermit nicht zusammenhängenden Branche als Werbeperson tätig ist, allenfalls in einem solch geringen Umfang, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass er hiermit vorrangig die Absicht verfolgt, das eigene oder fremde Unternehmen zu fördern.

Eine dem Schutzzweck des § 5a Abs. 6 UWG entgegenstehende Überkennzeichnung, infolge derer Verbraucher Werbehinweise nicht mehr ernst nehmen, droht zudem auch deswegen nicht, weil unentgeltliche, aber dennoch kommerzielle Posts nicht zwingend mit dem Begriff „Werbung“ gekennzeichnet werden müssen, den der Verkehr mit einem entgeltlichen Tätigwerden assoziieren mag. Wie der Handelnde den kommerziellen Zweck seiner geschäftlichen Handlung kenntlich macht, ist nach § 5a Abs. 6 UWG diesem selbst überlassen (Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler, 38. Aufl. 2020, UWG § 5a Rn. 7.27). Es stünde der Beklagten daher beispielsweise frei, im Falle der fehlenden Entgeltlichkeit kommerzieller Posts diese als Eigenwerbung, unbezahlte Werbung o.ä. zu bezeichnen.

Kein Grund, eine Entgeltlichkeit der Posts zu verlangen, ist auch der Regelungsvorschlag des BMJV vom 13.02.2020, auf den die Beklagte hingewiesen hat. Hiernach wäre § 5a Abs. 6 UWG „klarstellend“ wie folgt zu ergänzen:

„Ein kommerzieller Zweck einer geschäftlichen Handlung ist in der Regel nicht

anzunehmen, wenn diese vorrangig der Information und Meinungsbildung dient und für diese kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung gewährt wurde.“

Abgesehen davon, dass völlig unklar ist, wann ein solcher Zusatz Gesetz werden könnte, ist vorliegend wie dargelegt gerade nicht davon auszugehen, dass der Post vorrangig der Information und Meinungsbildung dient. Wäre dies der Fall, unterfielen die Posts unstreitig nicht § 5a Abs. 6 UWG.

b. Der kommerzielle Zweck der Posts der Beklagten ergibt sich auch nicht unmittelbar aus den Umständen (a.A. für Influencer-Accounts je nach Würdigung der Umstände des Einzelfalls LG München I, Urt. v. 29.04.2019 – 4 HK O 14312/18, Rn. 41 ff., zit. nach juris). Entsprechendes folgt weder aus der hohen Anzahl der Follower der Beklagten, noch aus einer etwaigen generellen Bekanntheit des kommerzielles Handeln von Influencern. Der Ausschluss einer Kennzeichnungspflicht würde voraussetzen, dass der kommerzielle Zweck bereits auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn der durchschnittliche Leser die werbliche Wirkung erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags erkennt (BGH GRUR 2013, S. 644, 646 f., Rn. 21 - Preisrätselgewinnauslobung V; OLG Frankfurt, MMR 2018, S. 245, Rn. 13; OLG Celle, MMR 2017, S. 769, 770, Rn. 15). Allenfalls so liegt es jedoch hier. Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Posts der Beklagten angesichts von deren jugendlichen Aussehen, der Themen der Posts sowie der Art der getragenen Bekleidung und Aufmachung der Beklagten ein jugendliches Publikum ansprechen können, das typischerweise weniger kritisch ist als ein erwachsenes Publikum. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass das Konzept von Influencern gerade darin besteht, private und kommerzielle Inhalte zu vermischen, was Lesern die entsprechende Unterscheidung erschwert, weil sich die Follower für die Influencer als Privatperson interessieren, nicht jedoch als Werbebotschafterin von Unternehmen (vgl. OLG Frankfurt a.M., GRUR 2020, S. 208, 209, Rn. 15 – Die Influencerin). Sie erfordert im Falle der fraglichen Posts zudem auch deswegen eine analysierende Betrachtung, weil die für den kommerziellen Zweck mitentscheidenden Unternehmenstags erst bei Gleiten über das gepostete Bild sichtbar werden.

c. Die Nichtkenntlichmachung ist auch geeignet, Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten.

Die Unternehmenstags regen Verbraucher dazu an, auf diese zu klicken, wodurch sie auf die Instagramseiten der Hersteller gelangen. Hierbei handelt es sich um eine geschäftliche Entscheidung. Denn der Begriff der geschäftlichen Entscheidung erfasst außer der Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb von Waren oder Dienstleistungen auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie etwa das Betreten eines Geschäfts (BGH GRUR 2019, S. 746, 749, Rn. 29 – Energieffizienklasse III). Dem steht der Aufruf der Webpräsenz eines Unternehmens einschließlich von dessen Instagramauftritt gleich, weil ein Verbraucher auf diese Weise angeregt wird, sich näher mit den Produkten des jeweiligen Unternehmens zu befassen (OLG Frankfurt a.M., GRUR 2020, S. 208, 209 f., Rn. 17 – Die Influencerin).

Die Nichtkenntlichmachung des mit Tags versehenen Posts als kommerziell ist auch dazu geeignet, Verbraucher zu einem Anklicken der Tags zu veranlassen, das sie im Falle einer Kennzeichnung als kommerziell unterlassen hätten. So wird Inhalten, die nicht als kommerziell veranlasst angesehen werden, regelmäßig mehr Aufmerksamkeit geschenkt als kommerziellen Inhalten, weil erstere als neutral und unbeeinflusst bewertet werden.

d. Die von § 8 Abs. 1 UWG für einen Unterlassungsanspruch vorausgesetzte Wiederholungsgefahr ist infolge der gegebenen Verstöße indiziert.

Die Wiederholungsgefahr entfällt nicht durch die im Jahr 2018 abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung. Die hier gegenständlichen Posts begründen eine neue Wiederholungsgefahr, weil sie nach Abgabe der Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung veröffentlicht worden sind (vgl. BGH GRUR 1998, S. 1043,1044 – GS-Zeichen).

Die Wiederholungsgefahr ist auch bezüglich des dritten Posts durch die am 11.10.2019 abgegebene Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht entfallen. Diese ist hierfür nicht ausreichend, weil sie sich nicht auf im Kern gleichartige Verletzungshandlungen bezieht, auf die sich die durch einen Wettbewerbsverstoß begründete Wiederholungsgefahr jedoch erstreckt (BGH GRUR 2008, 702, 706, Rn. 55 – Internet-Versteigerung III, m.w.N.).

Aus dem Anschreiben zu der abgegebenen Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung ergibt sich, dass sich die Unterlassungsverpflichtung auf ansonsten gleichartige Posts, die jedoch einen Begleittext wie in Post 3 ersichtlich nicht aufweisen, nicht erstreckt. Denn die Beklagte hat insoweit erklären lassen, dass sich eine Wettbewerbsverletzung allenfalls aus dem entsprechenden Begleittext ergeben könne und die Erklärung „im Hinblick auf den vorzitierten Begleittext“ abgegeben werde. Postings ohne Begleittext, in denen die Beklagte Bekleidung oder Make-Up zur Schau stellt und die entsprechenden Unternehmen taggt, sind jedoch kerngleich zu entsprechenden Postings ohne Begleittext. So sind kerngleich Handlungen, in denen das charakteristische der jeweiligen Verletzungsform zum Ausdruck kommt (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Goldmann, 4. Aufl. 2016, UWG § 8 Rn. 114, 116). Diese Voraussetzungen sind für Posts, in denen die Beklagte, wie mit dem ersten oder zweiten Post geschehen, Produkte präsentiert und die Hersteller taggt gegeben, auch wenn es insoweit an einem Begleittext fehlt oder in diesem wie in Post eins geschehen zwar die Produkte angepriesen, nicht aber die Hersteller benannt werden. Charakteristisch für die mit dem dritten Post gegebene Verletzungsform ist die verschleierte Werbung in Form des Taggens der Instagramsaccounts von Unternehmen, deren Produkte die Beklagte auf Abbildungen präsentiert. Der Begleittext ist für die Wettbewerbsverletzung weder erforderlich, noch charakteristisch.

2. Der Kläger kann von der Beklagten auch die Zahlung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.200 € verlangen, weil die Beklagte durch die in Frage stehenden Posts gegen ihre Verpflichtung aus der im Juni 2018 abgegebenen strafbewehrten Unterlassungs-und Verpflichtungserklärung verstoßen und hierdurch eine Vertragsstrafe verwirkt hat, die der Kläger auf einen der Billigkeit entsprechenden Betrag von 10.200 € festgesetzt hat.

a. Die Beklagte hat mit den streitgegenständlichen Posts gegen die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung verstoßen, weil sie entgegen dieser auf Instagram Posts veröffentlicht hat, auf denen sie Produkte aus kommerziellen Zwecken im Bild des Posts getaggt hat, ohne den auch aus den Umständen nicht unmittelbar ersichtlichen kommerziellen Zweck der Posts zu verdeutlichen (s.o. unter II.1).

Ein Verstoß scheitert insbesondere nicht daran, dass vorliegend nicht feststeht, dass den Posts wirtschaftliche Kooperationen mit den getaggten Unternehmen zugrundelagen. Zwar bezog sich die Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unmittelbar lediglich auf ebensolche Posts. Dies ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut der Erklärung, nach objektivem Empfängerhorizont aus Sicht der Vertragsschließenden gem. §§ 133, 157 BGB aber aus dem darin enthaltenen Verweis auf die konkreten Verletzungsformen. Denn es ist unstreitig, dass mit den in den damaligen Posts getaggten Unternehmen wirtschaftliche Kooperationen bestanden.

Das Taggen auch ohne die Existenz einer aktuell bestehenden wirtschaftlichen Kooperation stellt jedoch eine zur konkreten Verletzungsform kerngleiche Verletzung dar. Eine solche sollte nach der ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien von dem Vertragsstrafeversprechen umfasst sein. Auch ein unabhängig von aktuellen wirtschaftlichen Kooperationen abgesetzter, mit Unternehmenstags versehener Post, in dem die Beklagte Produkte der getaggten Unternehmen präsentiert, bringt das charakteristische der Verletzungsform zum Ausdruck. Dieses ist wie bereits dargelegt die verschleierte Werbung in Form des Taggens der Instagramsaccounts von Unternehmen, deren Produkte die Beklagte auf Abbildungen präsentiert.

b. Das Verschulden der Beklagten wird vermutet (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB) und ist durch sie nicht widerlegt worden.

c. Die festgesetzte Vertragsstrafe ist nicht unbillig und daher gemäß § 315 Abs. 3 S. 1 BGB bindend.

Darf nach einem Unterlassungsvertrag ein Gläubiger die Höhe der Vertragsstrafe nach billigem Ermessen bestimmen, steht ihm insoweit ein Ermessensspielraum zu. Die Bestimmung ist lediglich bei Überschreitung der Billigkeitsgrenzen und nicht bereits dann zu ersetzen, wenn das Gericht eine andere Festsetzung für „richtiger“ hält (vgl. OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2016, S. 92, Rn. 30 f.).

Im Rahmen der Billigkeitskontrolle ist zu beachten, dass Unterwerfungserklärungen, die nach Wettbewerbsverstößen abgegeben werden, neben der Schadenspauschalierung in Bezug auf zukünftige Rechtsverletzungen dazu dienen, den Unterlassungsschuldner zur Einhaltung der von ihm versprochenen Unterlassungspflicht zu bewegen, weil er auf Grund der versprochenen Strafe vor weiteren Verstößen zurückschreckt. Deshalb muss die Vertragsstrafe so hoch sein, dass sich ein Verstoß für den Verletzer voraussichtlich nicht mehr lohnt. Die Frage, wie hoch eine Vertragsstrafe bemessen sein muss, um dieser Funktion gerecht zu werden, lässt sich nicht allgemein, sondern lediglich unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantworten. Dabei ist auf die Schwere und das Ausmaß der begangenen Zuwiderhandlung, auf deren Gefährlichkeit für den Gläubiger, auf das Verschulden des Verletzers sowie auf Art und Größe des Unternehmens des Schuldners abzustellen (vgl. OLG Karlsruhe, ebd.; BGH GRUR 2014, S. 595, 596, Rn. 17- Vertragsstrafenklausel).

Die festgesetzte Vertragsstrafe von 10.200 € stellt sich danach nicht als unbillig dar. Dabei kann dahinstehen, ob sämtliche Posts als Handlungseinheit zu bewerten sind, weil sie zwar keine inhaltliche Zusammengehörigkeit aufweisen, jedoch jedenfalls zum selben Zeitpunkt auf dem Instagram-Account der Beklagten veröffentlicht waren und aus diesem Grund sowohl einen zeitlichen als auch einen äußerlichen Zusammenhang aufwiesen. Denn auch im Falle einer Handlungseinheit und damit eines einzigen Verstoßes erwiese sich die Festsetzung nicht als unbillig.

Eine abschreckende Wirkung der Vertragsstrafe erfordert vorliegend deren nicht unerhebliche Höhe, weil die Beklagte aus ihrer Tätigkeit als Influencerin ganz beträchtliche Einnahmen hat und der Anreiz für Verstöße in Form der Eigenwerbung für sich daher hoch ist. Weiter fällt ins Gewicht, dass die Beklagte eine äußert hohe Anzahl von Followern hat und die Posts deswegen eine entsprechend hohe Anzahl von Personen erreichen konnte. Das Ausmaß der Zuwiderhandlung ist aus diesem Grund ebenso wie aufgrund der Veröffentlichung dreier entsprechender Posts nicht gering. Zudem handelt es sich bereits um den zweiten Verstoß nach Abgabe der Vertragsstrafenerklärung.

Auch wenn man unterstellt, dass die Beklagte sich über die Rechtslage in Bezug auf unentgeltliche Posts nicht im Klaren war, führt dies nicht dazu, dass die festgesetzte Vertragsstrafe bereits unbillig ist. Die Beklagte verfügt über einen Manager, hätte sich ohne weiteres Rechtsrat suchen können und angesichts der divergierenden Rechtsprechung vorsorglich eine Kennzeichnung vornehmen müssen."


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