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LG Köln: Ghostwriter eines autobiographischen Sachbuchs hat Anspruch auf Benennung als Miturheber und bei unterbliebener Urheberbenennung Anspruch auf Schadensersatz

LG Köln
Urteil vom 13.07.2023
14 O 237/22


Das LG Köln hat entschieden, dass der Ghostwriter eines autobiographischen Sachbuchs einen Anspruch auf Benennung als Miturheber und bei unterbliebener Urheberbenennung einen Anspruch auf Schadensersatz hat.

Aus den Entscheidungsgründen:
II. Die Klage ist auch begründet.

1. Die Klägerin hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Betrages von 11.984,00 € aus §§ 97 Abs. 2, 13, 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 8 Abs. 1 UrhG

a) Bei dem Buch mit dem Titel „Titel entf.“ handelt es sich um ein Sprachwerk in Form eines Schriftwerks gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG.

Bei einem Schriftwerk kann die urheberrechtlich geschützte, individuelle geistige Schöpfung sowohl in der von der Gedankenführung geprägten Gestaltung der Sprache als auch in der Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffs zum Ausdruck kommen. Soweit die schöpferische Kraft eines Schriftwerks dagegen allein im innovativen Charakter seines Inhalts liegt, kommt ein Urheberrechtsschutz nicht in Betracht. Der gedankliche Inhalt eines Schriftwerks muss einer freien geistigen Auseinandersetzung zugänglich sein. Die einem Schriftwerk zu Grunde liegende Idee ist daher urheberrechtlich grds. nicht geschützt. Anders kann es sich verhalten, wenn diese Idee eine individuelle Gestalt angenommen hat, wie dies beispielsweise bei der eigenschöpferischen Gestaltung eines Romanstoffs der Fall ist. Dann kann die auf der individuellen Phantasie des Dichters beruhende Fabel wie etwa der Gang der Handlung, die Charakteristik der Personen oder die Ausgestaltung von Szenen urheberrechtlich geschützt sein (BGH Urteil vom 1.12.2010 - I ZR 12/08, MMR 2011, 182, Rn. 36 – Perlentaucher, m.w.N.).

So liegt der Fall hier. Das weit über 150 Seiten umfassende Buch ist in seiner Gesamtheit ohne Weiteres als persönliche geistige Schöpfung und damit als urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk anzusehen. Dabei ist bei einem Schriftwerk dieses Umfangs jedenfalls die Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffs schutzbegründend, weil es insoweit nach der Lebenserfahrung eine Vielzahl möglicher Anordnungen des Stoffs gibt und die gerade gewählte Anordnung die schutzbegründende Leistung des oder der Urheber darstellt. Hinzu kommt, dass in dem hier gegenständlichen Werk auch die von der Gedankenführung geprägte Gestaltung der Sprache bedeutsam ist. Die Sprache eines Sachbuchs kann – wie die Lebenserfahrung ebenfalls zeigt – je nach Selbstdarstellung des Autors als auch des gewünschten Adressatenkreises variieren. Vorliegend haben der oder die Urheber eine Erzählung in der „Ich-Form“ gewählt, dabei aber einen sachlichen Erzählstil gewählt, der dem Berufsbild eines Psychotherapeuten entspricht und ein entsprechend interessiertes Publikum adressiert.

Nicht schutzbegründend ist vorliegend und wie auch üblich der Inhalt des Buches. Dass hier die Erinnerungen des Beklagten dargestellt und fixiert sind, macht den Text nicht urheberrechtlich schutzfähig. Es handelt sich um ein Sachbuch und nicht um einen Roman oder eine sonstige fiktionale Geschichte. Es gibt deshalb keine Fabel, die hier geschützt wäre. Der Gang der Handlung, die Charakteristik der Personen oder die Ausgestaltung von Szenen kann vorliegend also nicht urheberrechtlich geschützt sein.

b) Die Klägerin ist jedenfalls als Miturheberin des streitgegenständlichen Schriftwerks, d.h. des Buchs mit dem Titel „Titel entf.“, anzusehen. Die Verteidigung des Beklagten, wonach die Klägerin keinerlei schöpferischen Beitrag zu dem o.g. Buch geleistet habe, ist auf Grundlage des Sach- und Streitstandes unerheblich.

Denn bei gebotenem Verständnis des beiderseitigen Vortrags ist zwischen den Parteien im Grunde unstreitig, dass die Klägerin auf Grundlage eines Konzepts zur Erstellung des streitgegenständlichen Buchs vorbereitende Interviews mit dem Beklagten geführt und auf dieser Grundlage den Buchtext verfasst hat. Damit ist sie mit Blick auf die oben als schutzbegründend herausgearbeiteten Umstände jedenfalls Miturheberin des Schriftwerks.

So spricht bereits indiziell für eine schöpferische Beteiligung der Klägerin an dem Buchprojekt, dass die Parteien vertraglich eine solche kreative Arbeit der Klägerin vereinbart und schriftlich als Leistungsgegenstand fixiert haben. In Anlage K1 sind folgende nach obiger Darstellung für den urheberrechtlichen Schutz maßgebliche Arbeiten von der Klägerin im vertraglichen Rahmen erfüllt worden: „Inhaltliches Konzept“ sowie „Kreation und Redaktion Kapitel 1 – 6“. Das inhaltliche Konzept ist maßgeblich für die oben genannte Sammlung, Auswahl, Einteilung und Anordnung des Stoffs. Denn ohne ein solches Konzept hätte der „Ich-Erzähler“ des Texts seine Erinnerungen schlicht streng chronologisch ohne Abgrenzung von für das Buchthema wichtigen oder unwichtigen Aspekten und Anekdoten erzählt. Dass der Beklagte selbst und alleine ein solches Konzept angefertigt hätte, behauptet er nicht einmal selbst. Wenn er aber ein solches Konzept ohne Beteiligung der Klägerin bereits ausgearbeitet gehabt hätte, so ist es unverständlich, wieso der Beklagte die Klägerin insoweit beauftragt und bezahlt hat. Auch nicht einer schöpferischen Beteiligung der Klägerin insoweit steht entgegen, dass das inhaltliche Konzept nur im Dialog mit dem Beklagten erstellt werden konnte. Es liegt auf der Hand, dass ein erinnerungsbasiertes Sachbuch von einem Außenstehenden nur dann konzeptioniert werden kann, wenn der sich Erinnernde den Stoff mitteilt. Es ist dann gerade eine urheberrechtlich relevante schöpferische Leistung aus den fremden Erinnerungen eine kohärente Stoffsammlung zu erschaffen.

Dasselbe gilt für die „Kreation und Redaktion“ der Kapitel. Auch insoweit erscheint der Beklagtenvortrag unerheblich. Denn der Beklagte persönlich räumte im Termin zur mündlichen Verhandlung im Rahmen seiner informatorischen Anhörung ein, dass er den Buchtext von der Klägerin übermittelt erhalten hat. Er gesteht damit ein – auch wenn er hieraus subjektiv offenbar falsche Schlussfolgerungen zieht –, dass die Klägerin aus den Transkriptionen der Interviews einen neuen Text geschaffen hat. Dass dies auch in Tat so war, zeigt sich durch Vergleich der Transkriptionen in Anlagen K7 – 11 und der Entwurfsfassung des Buchtexts in Anlage K4. Es handelt sich nicht bloß um eine „1 zu 1“ Übernahme des gesprochenen Wortes. Demnach steht es zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin die von der Gedankenführung geprägte Gestaltung der Sprache gewählt hat. Dass hier der Stoff, also der Inhalt der Kapitel, auf den Inhalten der Interviews beruht, ist zwingend, aber wie oben dargestellt für den urheberrechtlichen Schutz unbedeutend.

Dass der Beklagte selbst Änderungen, Ergänzungen und Streichungen am Text der Klägerin durchgeführt und Informationen aus Fachliteratur, Teile seiner Diplomarbeit und eigene Fotos und fremde Liedtexte beigesteuert hat, kann an dieser Stelle ungeachtet der Streitigkeit des Vortrags unterstellt werden. All dies nimmt dem Schriftwerk aber nicht die mitbestimmende schöpferische Gestaltung durch die Klägerin, die sie zur Miturheberin macht. Ebenso wenig ziehen Nachfragen der Klägerin an den Beklagten in der ihrerseits vorgelegten Anlage K4 die Miturheberschaft der Klägerin in Zweifel. Diese Nachfragen sind bei dem hier gegenständlichen Buch, dass aus Erfahrungsberichten des Beklagten besteht, naheliegend. Denn die Klägerin berichtet gerade nicht über eigene Wahrnehmungen und Erinnerungen. Man könnte dieses Argument des Beklagte sogar umkehren und hieraus erst recht einen Umstand für die schöpferische Arbeit der Klägerin folgern, weil es eine komplexe geistige Aufgabe ist, aus fremden Erinnerungen einen sinnvollen Text zu schaffen und die damit einhergehende Anordnung des Stoffes und Gestaltung der Sprache erst recht eine schöpferische Leistung darstellt.

Abschließend ist ein weiteres Indiz für die Miturheberschaft der Klägerin, dass der Beklagte sich insoweit von der Lokalpresse in C. anlässlich seines Hungerstreiks hat zitieren lassen. Soweit er auf eine Richtigstellung gegenüber der Journalistin hinweist, so betrifft dies gerade nicht den indiziellen Umstand, dass er die Klägerin als „Urheberin“ nicht erwähnt habe.

c) Die Klägerin wurde durch die im Tatbestand wiedergegebene Darstellung des Impressums des Buchs ohne Nennung ihrer Person in ihrem Recht aus § 13 UrhG verletzt. Der Beklagte ist hierfür auch unstreitig verantwortlich.

Der/die Urheber/in hat gem. § 13 UrhG das Recht auf Anerkennung seiner/ihrer Urheberschaft am Werk. Er/Sie kann bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen und welche Bezeichnung zu verwenden ist.

Dabei kann zunächst mangels Entscheidungserheblichkeit für den hiesigen Fall dahinstehen, ob Ghostwriter-Vereinbarungen außerhalb des Bereichs aktueller politischer Themen insgesamt als sittenwidrig anzusehen sind und deshalb eine Urheberbenennung des/der Ghostwriters/in nicht vertraglich eingeschränkt ist (vgl. zu diesem Thema Ahrens, GRUR 2013, 21, und Groh, GRUR 2012, 870, jeweils m.w.N.). Denn im hiesigen Fall geht es nicht darum, ob die Klägerin als Urheberin im Sinne einer Autorin benannt wird und der Beklagte ihr dies unter Verweis auf die Ghostwriter-Vereinbarung verwehrt. Ihr Bestimmungsrecht dahingehend, welche Bezeichnung zu verwenden ist, hat die Klägerin jedenfalls dahingehend ausgeübt, dass sie im Impressum des Buchs mit „Redaktionelle Beratung: Y. T.; „Link entf.“ benannt werde. Dem ist der Beklagte auch auf entsprechende Abmahnung hin vorgerichtlich nachgekommen.

Einigkeit besteht jedoch darin, dass die Rechte aus § 13 UrhG als Ausfluss des Urheberpersönlichkeitsrechts die ideellen Interessen des Schöpfers so sehr beeinflussen, dass über sie nicht dinglich verfügt werden kann. Sie können also weder übertragen noch kann dinglich auf sie verzichtet werden. Der Urheber kann das Recht auf Anerkennung der Urheberschaft nicht endgültig aufgegeben; eine entsprechende vertragliche Vereinbarung wäre unwirksam (vgl. Groh, GRUR 2012, 870 m.w.N.). Rechte aus § 13 UrhG haben aufgrund ihrer engen persönlichen Verbundenheit zum Werk die Tendenz, soweit wie möglich beim Urheber zu bleiben und sollten, soweit sie außerhalb ihres unverzichtbaren Kerns vertraglichen Einschränkungen zugänglich sind, grundsätzlich dem Bestimmungsrecht des Urhebers vorbehalten bleiben (BGH, GRUR 1995, 671 – Namensnennungsrecht des Architekten).

Das Recht auf Anbringung der Urheberbezeichnung kann jedoch außerhalb seines unverzichtbaren Kerns durch Vertrag zwischen Urheber und Werkverwerter eingeschränkt werden. Soweit sich Verkehrsgewohnheiten oder allgemeine Branchenübungen gebildet haben, ist davon auszugehen, dass diese beim Abschluss von Verwertungsverträgen mangels abweichender Abreden stillschweigend zugrunde gelegt werden. Bei der Prüfung der Frage, ob eine - stillschweigend erfolgte - vertragliche Einschränkung des Namensnennungsrechts aufgrund von Branchenübungen anzuerkennen ist, sind keine zu geringen Anforderungen zu stellen. In die Auslegung ist auch die bei urheberpersönlichkeitsrechtlichen Befugnissen gebotene Interessenabwägung einzubeziehen. Insoweit wird vor allem die Werkart, die zum Beispiel die Anbringung der Urheberbezeichnung aus technischen Gründen erschweren oder unmöglich machen kann, die Zweckbestimmung des Werkes und die aus der Höhe der eigenschöpferischen Werkgestaltung folgende Intensität der urheberpersönlichkeitsrechtlichen Interessen zu berücksichtigen sein (BGH, GRUR 1995, 671 – Namensnennungsrecht des Architekten). Beweisbelastet für die Branchenübung und die Kenntnis des Urhebers von ihr ist der Verwerter. Im Zweifel ist deshalb nach dem Grundsatz der Zweckübertragungslehre zugunsten des Urhebers und seines Urhebernennungsrechts zu entscheiden (Fromm/Nordemann/Dustmann, UrhG § 13 Rn. 14; Dreier/Schulze/Schulze, UrhG, § 13, Rn. 28). Ein vertraglich konkret ausgesprochener Verzicht auf die Benennung für bestimmte Fälle, die nicht außerhalb der Grenzen liegen, die im Hinblick auf die Unverzichtbarkeit des Urheberpersönlichkeitsrechts bestehen, ist jedoch wirksam möglich (OLG München, ZUM 2003, 964, 967 – Pumuckl-Figur; siehe auch Verweise auf die Literatur bei Groh, GRUR 2012, 870, Fn. 37 ff.).

Nach diesen Grundsätzen besteht vorliegend jedenfalls kein Hinweis auf einen schuldrechtlich zumindest zeitweise wirksamen Verzicht der Klägerin auf ihr Benennungsrecht aus § 13 S. 2 UrhG in der geforderten Art und Weise. Denn unstreitig besteht keine schriftliche Vereinbarung hierüber zwischen den Parteien. Der Beklagte bestreitet vielmehr eine Vereinbarung dahingehend, dass die Klägerin im Buch genannt werden sollte. Dies ist jedoch angesichts der Ausnahmekonstellation des schuldrechtlichen Verzichts auf die Urheberbenennung unbehelflich. Selbst wenn die Klägerin eine Vereinbarung dahingehend, dass sie im Impressum in der gewünschten Weise benannt wird, nicht beweisen könnte, würde damit nicht ihr Recht nach § 13 S. 2 UrhG wegfallen.

Soweit der Beklagte weiter darauf hinweist, dass das Ausbleiben der Nennung der Urheberschaft im Übrigen dem Sinn einer Ghostwriter-Vereinbarung entspreche, führt auch dies nicht zu der Annahme eines stillschweigenden oder konkludenten Verzichts durch die Klägerin. In diese Richtung lässt sich auch der bestrittene Vortrag verstehen, die Klägerin habe zum Zeitpunkt der Druckbeauftragung bewusst auf einen Hinweis verzichtet. Jedoch sind – auch vom BGH anerkannte - Verkehrsgewohnheiten oder allgemeine Branchenübungen, die das Recht zur Urheberbenennung einschränken könnten, vorliegend für den Bereich der Ghostwriter-Vereinbarungen nicht erkennbar und vor allem nicht durch den insoweit darlegungsbelasteten Beklagten vorgetragen. Es bleibt insoweit bei der pauschalen Behauptung, die Nichtnennung würde dem „Sinn“ der Ghostwriter-Vereinbarung entsprechen. Dass eine komplette Nichtnennung für den Bereich der Literatur (im Vergleich etwa zu politischen Reden oder Vorträgen) jedoch der Standard sein soll, kann die Kammer nicht erkennen. Denn zum einen verweist die Klägerin nachvollziehbar darauf, dass die Nennung in der gewünschten Art und Weise für sie – neben „Mundpropaganda“ – die einzige verlässliche Werbung für ihre Dienste darstellt. Zum anderen ist der Kammer, die etwa mit Rechtsstreitigkeiten zwischen einem früheren Bundeskanzler und dem für dessen Memoiren tätigen Ghostwriter befasst war und ggf. in Zukunft wieder sein wird (vgl. u.a. Teilurteil vom 27.04.2017 – 14 O 286/14, nachgehend BGH NJW 2021, 765), bekannt, dass eine gewisse Information über die Identität eines Ghostwriters nicht unüblich und im Ergebnis nicht vermeidbar ist. Hinzu kommt, dass auch im wissenschaftlichen Bereich Ghostwriting etwa derart honoriert wird, dass in Fußnoten für die Unterstützung gedankt wird (vgl. etwa OLG Frankfurt a.M., GRUR 2010, 221; siehe auch zu Erscheinungsformen des Ghostwriting: Groh, GRUR 2012, 870, unter III. m.w.N.). Nach alledem bewegt sich die gewünschte Nennung der Klägerin im Impressum des Buchs im Rahmen des Üblichen. Es bedarf demnach keiner weiteren Entscheidung, ob eine etwaige Branchenübung auch stillschweigen Vertragsgegenstand zwischen den Parteien geworden ist.

d) Diese Verletzung der Rechte der Klägerin aus § 13 UrhG war auch rechtswidrig. Die Rechtswidrigkeit ist indiziert. Der Beklagte zeigt keine Gründe auf, wieso er vorliegend gerechtfertigt gehandelt hätte. Auf eine Einwilligung der Klägerin kann er sich nach den obigen Ausführungen nicht stützen.

e) Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Der Schadensersatzanspruch nach § 97 Abs. 2 UrhG setzt ein schuldhaftes Handeln des Verletzers voraus. Der Beklagte muss also wenigstens fahrlässig gehandelt haben, indem er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, § 276 Abs. 2 BGB.

An das Maß der zu beachtenden Sorgfalt werden bei den absolut geschützten urheberrechtlichen Rechtspositionen strenge Anforderungen gestellt. Ein Rechtsirrtum entschuldigt nur dann, wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte. (vgl. BGH, GRUR 1998, 568 (569) – Beatles-Doppel-CD).

Fahrlässig handelte der Beklagte allein schon der dem Hintergrund, dass er vor Beginn des Drucks des streitgegenständlichen Buchs nicht noch einmal eine Druckfreigabe bei der Klägerin abgefragt hat. Dies hätte sich zumindest mit Blick auf die Nennung im Impressung bzw. der Danksagung (siehe Anlage K5) aufgedrängt. Indiziell für das Verschulden des Beklagten sind insoweit auch die sofortige Unterwerfung auf die Abmahnung hin sowie die oben bereits beschriebene Aussage gegenüber den Lokaljournalisten in
C.
f) Der Höhe nach besteht der Schadensersatzanspruch in tenorierter Höhe.

Der Schadensersatzanspruch kann nach der Methode der Lizenzanalogie (§ 97 Abs. 2 S. 3 UrhG) beziffert werden. Dem Gläubiger des Schadensersatzanspruchs aus § 97 Abs. 2 UrhG stehen – nach seiner Wahl – drei verschiedene Berechnungsarten zur Verfügung: die konkrete Schadensberechnung, die den entgangenen Gewinn einschließt, die Herausgabe des Verletzergewinns und die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr (BGH GRUR 2009, 660, Rn. 13 – Resellervertrag). Der Verletzte hat die freie Wahl, welche Berechnungsart er anwenden will, kann sie allerdings nicht in das Ermessen des Gerichts stellen.

Vorliegend hat die Klägerin die Methode des lizenzanalogen Schadensersatzes gewählt. Auf die vom Beklagten aufgeworfene Frage, inwieweit hier Folgeaufträge in der Tat entgangen sein sollen und welchen finanziellen Wert dem zukäme, kommt es demnach nicht weiter an. Dies wären Erwägungen für die konkrete Schadensberechnung nach der sog. Differenzhypothese. Auch auf die laut Beklagten nur wenigen verkauften Exemplare kommt es nicht an, weil die Klägerin keine Herausgabe des Verletzergewinns begehrt.

bb) Ausweislich der Rechtsprechung des BGH in Sachen „Foto eines Sportwagens“ (Urt. v. 13.9.2018 – I ZR 187/17, GRUR 2019, 292) gilt bei der Berechnung von lizenzanalogen Schadensersatz im Urheberrecht grds. was folgt:

„Bei der Berechnung der Höhe des zu leistenden Schadensersatzes im Wege der Lizenzanalogie ist zu fragen, was vernünftige Vertragspartner als Vergütung für die vom Verletzer vorgenommenen Benutzungshandlungen vereinbart hätten. Zu ermitteln ist der objektive Wert der Benutzungsberechtigung. Dabei ist unerheblich, ob und inwieweit der Verletzer selbst bereit gewesen wäre, für seine Nutzungshandlungen eine Vergütung zu zahlen (vgl. BGH, GRUR 2006, 136 Rn. 23 = WRP 2006, 274 – Pressefotos; GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). Im Rahmen der Ermittlung des objektiven Werts der Benutzungsberechtigung, der für die Bemessung der Lizenzgebühr maßgebend ist, müssen die gesamten relevanten Umstände des Einzelfalls in Betracht gezogen und umfassend gewürdigt werden (vgl. BGH, GRUR 2009, 407 Rn. 25 = WRP 2009, 319 – Whistling for a train; BGH, GRUR-RS 2013, 03085 Rn. 30 = ZUM 2013, 406 = GRUR-RR 2013, 312 Ls. – Einzelbild). (…) Maßgebliche Bedeutung kommt einer zur Zeit der Verletzungshandlung am Markt durchgesetzten eigenen Lizenzierungspraxis des Rechtsinhabers zu.“

Vorliegend besteht für die hier gegenständliche Rechteübertragung an dem streitgegenständlichen Schriftwerk eine konkrete vertragliche Vereinbarung. Damit ist die maßgebliche Lizenzierungspraxis für den konkreten Fall eindeutig. Dieses Honorar ist auch bereits bezahlt.

An dieser Stelle bestehen gegen den vollen Ansatz des bereits gezahlten klägerischen Honorars keine Bedenken. Bei Auftragsarbeiten ist nicht zwischen Lizenzkosten und Werklohn zu unterscheiden ist, sondern es kommt das gesamte Honorar als Lizenzgebühr in Betracht (vgl. auch BGH GRUR 2012, 496, 503 – Das Boot zu § 32a UrhG). Dies ist bei Auftragsarbeiten wie dem hiesigen Buch umso naheliegender, weil das Werk neben dem Beklagten als Auftraggeber keinen anderen potentiellen Abnehmer hat. Der Lizenzwert des Schriftwerks bemisst sich aber zugleich an dem Wert der Werkleistung, weil es gerade dieser Werkleistung bedurft hat, um das konkret lizensierte Werk zu erschaffen. Dass der Beklagte als Werkbesteller mit diesem Werk zum Abschluss der Arbeiten zufrieden war, zeigt im Übrigen, dass er das Werk abgenommen und sodann den Druck in Auftrag gegeben hat.

Folglich ist Ausgangspunkt der Schätzung des lizenzanalogen Schadensersatzes einer Verletzung der Rechte aus § 13 UrhG der Betrag der Honorarzahlung des Beklagten an die Klägerin in Höhe von 11.984,00 €.

Die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr, die zum Ausgleich eines für die fehlende Urhebernennung verursachten Vermögensschadens geschuldet ist, kann in Form eines Zuschlags auf die (fiktive) Lizenzgebühr bemessen werden, die für die jeweilige Nutzung zu zahlen ist (vgl. BGH, GRUR 2015, 780 Rn. 36–40 – Motorradteile; GRUR 2019, 292, Rn. 28 – Foto eines Sportwagens). Wegen der fehlenden Urheberbenennung ist regelmäßig ein Zuschlag von 100% auf die Lizenzgebühr anzusetzen. Es ist jedenfalls ständige Rechtsprechung der hiesigen Kammer in Urheberrechtsstreitsachen beim bloßen Weglassen der Urheberbenennung schon regelmäßig einen Zuschlag von 100% anzunehmen. Dies gilt auch für den Fall, dass die Lizenzgebühr bereits bezahlt ist und die Rechtsverletzung sich in der fehlenden oder falschen Urheberbenennung erschöpft. In solchen Fällen kommt eine Berechnungsmethode nach dem Motto „2 x 0 ist immer 0!“ nicht in Betracht (so auch zutreffend LG Hamburg, Urteil vom 17.06.2022 – 310 O 174/21, GRUR-RS 2022, 32939, Rn. 52; anders bei kostenfreien Lizenzen, wenn man rechnen müsse „0 x 0 ist 0“, vgl. OLG Köln, GRUR 2015, 167, ähnlich auch im Bereich des Markenrechts BGH GRUR 2022, 229, Rn. 85 – Ökotest III).

Es besteht auch kein Grund, von der grundsätzlichen Rechtsprechung eines 100%igen Zuschlags auf die Lizenzgebühr bei fehlender Urheberbenennung abzuweichen. Insoweit ist zunächst der Verweis des Beklagten auf das Urteil des OLG Hamburg vom 04.03.2021 - 5 U 81/15 nicht überzeugend. Zunächst stellt die dortige Entscheidung ersichtlich eine vereinzelt gebliebene Sonderentscheidung im Bereich der Höhe des Zuschlags für unterbliebene Urheberbenennungen dar, die keine Entsprechung der Rechtsprechung der hiesigen Kammer oder des zuständigen Berufungssenats hat. Hinzu kommt, dass dort ein auch der hiesigen Kammer aus eigenen Verfahren bekannter „Spezialfall“ betreffend Kartenausschnitten vorlag, der insoweit Besonderheiten aufweist, die das dortige Gericht für bedeutsam erachtete. Die hiesige Kammer hat allenfalls einmal einen 50%igen Zuschlag für ausreichend gehalten, wenn bei einer Fotonutzung bei Facebook der Name des Fotografen nur an einem Posting mit mehreren Fotos und nicht an jeder Fotodatei selbst erfolgt ist (vgl. Urteil der Kammer vom 31.03.2023, Az. 14 O 27/22 – unveröffentlicht). Die Kammer hat hingegen bei einer Angabe eines falschen Urhebers an universitären Unterrichtsmaterialien auch bereits einen höheren Zuschlag als 100% und zwar 120% für angemessen erachtet (vgl. Urteil der Kammer vom 17.11.2022, Az. 14 O 402/21 – unveröffentlicht). In Anbetracht dieser Extremfälle erscheint die hiesige unterbliebene Namensnennung der Klägerin im üblichen Rahmen, sodass weder Ausschläge nach oben, noch nach unten gerechtfertigt sind.

Eine Verringerung des prozentualen Werts ist insbesondere nicht deshalb geboten, weil hier „nur“ eine Nennung im Impressum als „redaktionelle Bearbeitung“ gewünscht worden ist. Wenn diese Nennung der Wunsch der Klägerin als Miturheberin war, so stellt dies keine Wertminderung dar, die im Wege der Schadensschätzung zu beachten wäre. Soweit sich hier durch den Ansatz des 100%igen Zuschlags wegen des hohen Werts der Lizenzgebühr ein hoher Schadensersatzbetrag ergibt, ist dies ebenfalls kein Wert aus diffusen Erwägungen eine Verringerung des grundsätzlich prozentual zu bemessenden Zuschlags vorzunehmen. Denn der Wert der Urheberbenennung spiegelt den Wert der Lizenz. Wenn wie hier für ein relativ kostspieliges Werk die Nennung unterbleibt, so ist damit auch davon auszugehen, dass die Urheberbenennung einen entsprechend höheren Wert hat.

g) Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf Zahlung über dem Basiszinssatz ab dem beantragten Datum. Zinsen auf den Lizenzschadensersatz sind nach der ständigen Rechtsprechung u.a. der hiesigen Kammer (vgl. BGH, X ZR 36/80 – Fersenabstützvorrichtung) ab Beginn der Nutzungshandlungen als Schadensersatz berechtigt. Hier macht die Klägerin Zinsen ab Empfang des Testkaufexemplars geltend, was logischerweise nach Beginn der Nutzung liegt.

Allerdings besteht der Anspruch auf Zinsen nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, weil es sich insoweit nicht um eine Entgeltforderung gem. § 288 Abs. 2 BGB handelt (vgl. OLG Köln, Urteil vom 10.09.2021, 6 U 34/21, GRUR-RS 2021, 62926, m.w.N.; Urteil der Kammer vom 09.03.2023, 14 O 281/21 - unveröffentlicht; soweit die Kammer im Urteil vom 19.08.2021, 14 O 487/18, noch 9% über dem Basiszinssatz zugesprochen hatte, hält die Kammer an dieser Rechtsprechung unter Beachtung der obigen Rspr. auch des OLG Köln nicht mehr fest).

2. Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz für die mit dem Klageantrag zu 2) geltend gemachten Testkaufkosten aus § 97 Abs. 2 UrhG. Der Testkauf war erforderlich, um die Rechtsverletzung in Erfahrung zu bringen. Auch hier besteht der Zinsanspruch nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus denselben Erwägungen wie oben, zumal hier ersichtlich kein lizenzanaloger Schadensersatz, sondern ein konkreter Schaden liquidiert wird. Der Zinsbeginn ist angesichts vorgerichtlicher Fristsetzung nicht zu beanstanden.

3. Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch einen Anspruch auf Ersatz der im Antrag zu 3.) geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten aus § 97a Abs. 3 UrhG im tenorierten Umfang. Die Abmahnung war nach den obigen Ausführungen berechtigt und im Übrigen wirksam gem. § 97a Abs. 2 UrhG. Die Höhe des Gegenstandswerts begegnet keinen Bedenken, wobei der Ansatz von 10.000,- € für den vorgerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch betreffend eine Verletzung von § 13 UrhG an einem umfangreichen Schriftwerk wie dem hier gegenständlichen Buch keinesfalls überhöht ist.

Allerdings erscheint der Ansatz einer 1,5 Geschäftsgebühr (wie im Text in Anlage K3 ersichtlich, ggf. aber nur als Schreibfehler, s.u.) vorliegend nicht gerechtfertigt. Es handelt sich vorliegend nicht um eine besonders komplexe urheberrechtliche Streitigkeit, was die Kammer als in der Spezialzuständigkeit mit Urheberrechtsstreitsachen regelmäßig befasste Stelle aus eigener Anschauung beurteilen kann (vgl. Teilurteil der Kammer vom 31.03.2022, Az. 14 O 447/20 – unveröffentlicht, aber dem Klägervertreter wegen Beteiligung am Rechtsstreit bekannt).

Jedoch ist die Berechnung der Gebühren in Anlage K3 (Bl. 12 GA) unter Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr korrekt, sodass die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der Bruttokosten in Höhe von 1.295,43 € hat.

Verzugszinsen schuldet die Beklagte ab Rechtshängigkeit nach §§ 288 Abs. 1, 291 BGB, also mit Verzugszinssatz von 5 Prozentpunkten. Ein Ansatz des Zinssatzes von 9 Prozentpunkten nach § 288 Abs. 2 BGB kommt vorliegend nicht in Betracht, weil es sich bei dem Kostenerstattungsanspruch nach § 97a Abs. 3 BGB nicht um eine Entgeltforderung aus einem Rechtsgeschäft zwischen Unternehmern handelt. Eine Entgeltforderung im Sinne von § 288 Abs. 2 BGB (sowie nach § 286 Abs. 3 BGB) liegt vor, wenn es sich um eine Forderung handelt, die auf Zahlung einer Gegenleistung für eine Leistung gerichtet ist. So liegt der Fall hier nicht. Es handelt sich um einen gesetzlichen Anspruch, der einen Aufwendungsersatz zum Gegenstand hat. § 97a UrhG ist lex specialis für die Kostenerstattung von Abmahnungen bei urheberrechtlichen Verletzungstatbeständen (Fromm/Nordemann, § 97a, Rn. 76 mit Verweis auf RegE UmsG Enforcement-RL – BT-Drs. 16/5048, S. 48 f.). Er entspricht demnach seiner Rechtsnatur den urheberrechtlichen Schadensersatzansprüchen sowie der Geschäftsführung ohne Auftrag, nicht aber einem Dienstvertrag (vgl. Teilurteil der Kammer vom 31.03.2022, Az. 14 O 447/20 – unveröffentlicht; OLG Köln, Urteil vom 10.09.2021 – 6 U 34/21, GRUR-RS 2021, 62926 m.w.N.)


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

LG Flensburg: 10.000 EURO Schmerzensgeld für wahrheitswidrige Behauptung in der Öffentlichkeit dass Person der Stasi angehörte

LG Flensburg
Urteil vom 14.06.2023
7 O 140/20


Das LG Flensburg hat dem Betroffenen ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 EURO für die wahrheitswidrige Behauptung in der Öffentlichkeit, dass die betroffene Person der Stasi angehörte, zugesprochen.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld gegen den Beklagten zu 1 steht dem Grunde nach bereits rechtskräftig fest (siehe Grund- und Teilurteil).

2. Der Höhe nach hält das Gericht das vom Kläger als Mindestmaß angegebene Schmerzensgeld für sachlich gerechtfertigt und angemessen.

Bei der Bestimmung der Höhe war die Schwere des Eingriffs (siehe Ziffer b)), die persönlichen

Folgen / Beeinträchtigungen des Klägers (siehe Ziffer c)), wie auch der jeweilige Verschuldensgrad seitens des Störers (hier des Beklagten zu 1) zu berücksichtigen (dazu Ziffer d)).

Nach freier Überzeugung des Gerichts unter Berücksichtigung des gesamten Akteninhalts, den vorgelegten medizinischen Befunden und Berichten (Anlage K 27 - K 29, Bl. 266 - 269 und Bl. 417 d.A.), den Angaben des Klägers und den Zeugenaussagen hält das Gericht – auch mit Blick auf vergleichbare Fälle in der Rechtsprechung – im vorliegenden Fall ein Schmerzensgeld in Höhe von € 10.000,00 für angemessen.

a) Grundsätzlich hängt die Schmerzensgeldhöhe entscheidend vom Maß der durch das haftungsbegründende Ereignis verursachten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen des Geschädigten ab, soweit diese bei Schluss der mündlichen Verhandlung bereits eingetreten sind oder mit ihnen zu diesem Zeitpunkt als künftiger Verletzungsfolge ernstlich gerechnet werden muss. Die Schwere der Belastungen wird dabei vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt. Besonderes Gewicht kommt etwaigen Dauerfolgen zu (Leitsatz OLG München, Urteil v. 13.12.2013, Az. 10 U 4926/12, BeckRS 2013, 22617).

Die Überzeugung des Richters erfordert in dem Zusammenhang keine – ohnehin nicht erreichbare – absolute oder unumstößliche, gleichsam mathematische Gewissheit und auch keine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ im Hinblick auf die Folgen, sondern nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet (vgl. OLG München, Urteil v. 13.12.2013, Az. 10 U 4926/12, BeckRS 2013, 22617 m.w.N.). Nach der im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität anwendbaren Vorschrift des § 287 ZPO werden geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung gestellt. Hier genügt je nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende (höhere) Wahrscheinlichkeit für die Überzeugungsbildung.

b) Die Qualität des Eingriffs dürfte vorliegend - wenn auch subjektiv auf Klägerseite anders empfunden - eher als mittelschwer zu qualifizieren sein.

Bei der Beurteilung der Qualität des Eingriffs ist einerseits die Art der Behauptung aber auch die Reichweite dieser zu berücksichtigen.

Zweifelsohne ist die vorliegende Art der Behauptung, der Kläger sei Mitglied (sogar „bis 1989 Offizier“) der Stasi gewesen und habe hierbei „viele Werftarbeiter persönlich über die Klinge springen [lassen] durch seine Spitzeltätigkeit“ schwerwiegend und in hohem Maße ehrverletzend. Derartige Behauptungen sind zudem geeignet, das soziale und ggf. politische Ansehen des Klägers zu mindern. Schließlich herrscht heute innerhalb der Bundesrepublik Deutschland allgemeiner Konsens darüber, dass die Stasi für zahlreiche Verbrechen an Menschen verantwortlich ist, die nach damaliger Beurteilung innerhalb der DDR nicht ins dortige System passten. Dass Menschen im Auftrag der Stasi verfolgt, verhaftet, gefoltert und gar getötet worden sind, dürfte heute nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt werden.

Indes geht das Gericht basierend auf den Angaben der Parteien von einer eher überschaubaren Reichweite der Äußerungen des Beklagten zu 1 aus. Zwar ist es unstreitig sehr wohl möglich gewesen, auf den Blog des Beklagten zu 1 sowie auf sein Buch aufmerksam zu werden, wenn man den Namen des Klägers zusammen mit anderen „Schlagwörtern“ bei der Suchmaschine „google“ eingegeben hat. Indes dürfte der Blog des Beklagten zu 1 mit der Domain „http://…“ ansonsten eher einen geringen „fraffic“ (Anzahl der Besucher auf der Homepage innerhalb eines bestimmten Zeitraums) gehabt haben. Zudem dürfte sich nur eine bestimmte Klientel mit dem Inhalt des Blogs auseinandergesetzt haben. Auch die Auflage des Buches beziehungsweise die bislang (geschätzte) Anzahl der Verkäufe (rund 25-30 mal) bei Amazon („www.amazon.de“) ist im Vergleich zu anderen Fällen verhältnismäßig gering. Hinzu kommt, dass der Kläger in dem Buch nur an vereinzelten Stellen genannt wird, sich das Buch also nicht ausschließlich um seine Person dreht.

c) Die persönlichen Folgen bzw. Beeinträchtigungen auf Seiten des Klägers stuft das Gericht indes als schwerwiegend ein.

Nach der Überzeugung des Gerichts haben die falschen ehrverletzenden Behauptungen des Beklagten zu 1 erhebliche negative psychische Auswirkungen auf den Kläger gehabt mit der Folge, dass dieser in eine schwere emotionale Krise gestürzt ist.

aa) Zum einen hat das Gericht die medizinischen Befunde und Berichte (Anlage K 27 - K 29, Bl. 266 - 269 und Bl. 417 d.A.) berücksichtigt. Auf deren Inhalt wird an dieser Stelle vollumfänglich Bezug genommen.

bb) Vor allem aber stützt das Gericht seine Beurteilung auf den eigenen persönlich vom Kläger gewonnenen Eindruck, dessen glaubhafte Darstellung seiner Situation sowie auf die glaubhaften Angaben des Zeugen … .

(1) In der mündlichen Verhandlung vom 22.7.2021, in welcher der Kläger das erste mal informatorisch zur Sache angehört wurde, hat das Gericht bereits den Eindruck gewonnen, dass der Kläger von dem Verfahren und der Situation schwer gezeichnet war. Mit hängenden Schultern und sorgenvoller Mine hat der Kläger damals berichtet, dass ihn die falschen Behauptungen sehr belasten würden. Er sehe seinen guten Ruf in Gefahr und wolle nicht, dass seine ehemaligen Kollegen und Schüler ein derartiges (falsches) Bild von ihm gezeichnet bekämen.

(2) Auch in der mündlichen Verhandlung vom 17.2.2022 wirkte der Kläger auf das Gericht sehr angeschlagen. Es fiel ihm merklich schwer, über die Auswirkungen der Vorwürfe zu sprechen. Dennoch gab er glaubhaft zu Protokoll, dass er sich vor ca. 10 Jahren in psychische Behandlung habe begeben müssen. Damals habe er mit den Folgen eines sog. „Burnout“ zu tun gehabt. Nachdem er diese Krise überwunden hatte, sei die Thematik - aufgrund der Behauptungen des Beklagten zu 1 und dieses Prozesses - jetzt allerdings wieder hochgekommen. Er habe sich im Zusammenhang mit den Anschuldigungen sogar in stationäre Behandlung begeben müssen.

(3) Diese Angaben hat der Zeuge … in der mündlichen Verhandlung vom

25.5.2023 glaubhaft bestätigt.

Dieser hat ausgesagt, den Kläger schon seit dem Jahr 2011 zu kennen. Damals sei er bei ihm wegen Depressionen und Angststörungen sowie Schmerzen in Behandlung gewesen. Diese damalige Behandlung habe zu tun gehabt mit der beruflichen Belastung des Klägers.

Im Jahr 2020, als er auf die Behauptungen über sich im Internet aufmerksam wurde, sei er dann erneut in eine schwere Krise gekommen. Er sei seit damals wieder verstärkt angespannt gewesen und habe nicht schlafen können. Er habe die Situation als „sehr bedrohlich“ wahrgenommen. Besonders belastet habe ihn, dass er dieser Situation so hilflos gegenüber stand.

Er sei damals auch sehr impulsiv gewesen und habe versucht, sich mit Alkohol zu beruhigen. Zuvor habe er lange Zeit gar keinen Alkohol mehr zu sich genommen.

Ein weiteres Thema sei gewesen, dass die Ehefrau des Klägers ebenfalls sehr besorgt gewesen sei. Dies habe letztlich auch zu einer Ehekrise geführt, da der Kläger seine Ehe in Gefahr gesehen habe. Dies insbesondere aufgrund des Umstandes, dass die Ehefrau des Klägers bei dem Konsum von Alkohol katastrophale Wirkungen bzw. Gedanken hervorgebracht habe. Die Ehefrau des Klägers dahingehend wieder einzufangen und sie davon zu überzeugen, dass die Probleme des Klägers gelöst werden müssten, sei für den Kläger und den Zeugen … ein enormer Kraftakt gewesen.

Zusammengefasst habe der Kläger zwischen 2020 und 2022 in einer erheblichen psychischen Krise gesteckt hat, die kausal durch die Behauptungen des Beklagten zu 1 hervorgerufen worden sei (Protokoll vom 25.5.2023, S. 2-4). Ob er diese Krise je überwinden werde, sei ungewiss. Der Zeuge … sehe allerdings gute Chancen, wenn dieser Prozess beendet sei.

Die Angaben des Zeugen waren insgesamt glaubhaft. Hinweise auf eine einseitige Belastungs- oder Begünstigungstendenz haben sich nicht ergeben. Bei dem Zeugen … handelt es sich um einen seit Jahren praktizierenden Nervenarzt, der seine fachkundigen Wahrnehmungen wertungsfrei wiedergegeben hat. Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen haben sich ebenfalls nicht ergeben.

d) Das Maß an Verschulden bzw. Vorwerfbarkeit des Beklagten zu 1 sieht das Gericht als hoch an (mit Einschränkung).

Das Gericht geht zwar - ohne Zweifel - davon aus, dass der Beklagte zu 1 die Behauptungen über den Kläger in der Absicht öffentlich aufgestellt hat, um diesem zu schaden. Auch geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte zu 1 seinen Fehler (Behauptungen sind tatsächlich unwahr) bei objektiver Betrachtung hätte erkennen müssen und können, wenn er sich mit der Aktenlage intensiver beschäftigt hätte. Der Fehler wäre also vermeidbar gewesen. Dies, wie auch die Qualität der Behauptung, muss sich der Beklagte zu 1 vorwerfen lassen.

Indes hat das Gericht im Laufe des Prozesses auch den Eindruck gewonnen, dass der Beklagte zu 1 aufgrund seiner eigenen Vergangenheit (als Opfer der Stasi) womöglich psychisch und emotional derart geprägt worden ist, dass ihm die Unterscheidung zwischen Realität (objektiv beweisbarem) und Vorstellung nicht mehr ohne Einschränkung gelingt. Mit Verweis auf die zahlreichen aus Sicht des Gerichts nicht nachvollziehbaren - teils persönlichen - Einlassungen des Beklagten zu 1 (vgl. dazu auch Grund- und Teilurteil, S. 13 ff.) sowie seine mangelnde Einsicht (trotz zweier Instanzen) schließt das Gericht nicht aus, dass der Beklagten zu 1 womöglich die Tragweite seiner Handlungen gar nicht erkennt. Jedenfalls scheint er unter einem erheblichen psychischen Trauma zu leiden, welches er durch Benennung der „Täter“ aufzuarbeiten versucht. Dass er hierbei einen Falschen als „Täter“ benannt hat, ist für ihn emotional womöglich nicht nachvollziehbar. Dies mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass Verschleierung, Verdunkelung und Täuschung in der ehemaligen DDR, insbesondere bei der Stasi, an der Tagesordnung waren. Irgendwann mag bei jedem Menschen, der von einer solchen Welt geprägt worden ist, der Punkt erreicht sein, ab dem er nichts mehr glaubt, sondern sich seine eigene Wahrheit schafft.

e) Bei der Bemessung der Schmerzensgeldhöhe hat das erkennende Gericht insbesondere die folgenden, in der Schmerzensgeldtabelle exemplarisch aufgeführten Entscheidungen anderer Gerichte berücksichtigt und sich hieran orientiert:

• Ehrverletzung durch unzutreffende Berichterstattung ohne Namensnennung. Dennoch erfuhren mindestens 217 Bekannte, Verwandte oder Kollegen von der Behauptung, der Kläger habe als „Stasi-Scherge" einen Mord begangen: OLG Hamm, Urteil vom 1.6.1992, Az. 3 U 25/92, BeckRS 9998, 11842.

• Ehrverletzung durch Ausstrahlung von Fernsehaufnahmen („Brandenburg aktuell"), in denen der Kläger als "Neonazi" mit einschlägiger Vergangenheit dargestellt wurde: LG Berlin, Urteil vom 9.10.1997, Az. 27 O 349/97, BeckRS 9998, 16109.

• Bezeichnung des im Kommunalwahlkampf stehenden Klägers als „kulturloser Bonze" und „Wendehals". Zudem wurde der Kläger einer tatsächlich nicht bestehenden SED Vergangenheit beschuldigt: LG Frankfurt, Urteil vom 29.7.2004, Az. 17 O 540/03, BeckRS 2004, 17904.

• Ehrverletzung wegen eines „herabwürdigenden Artikels" mit der Folge psychischer Beeinträchtigungen: LG München, Urteil vom 11.6.2008, Az. 9 O 15086/06, BeckOK zum Schmerzensgeld Nr. 3782.

• Unzutreffende Bezeichnung als „Perspektiv-Agent des KGB". Es stelle eine schwere Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts dar, in einer Buchveröffentlichung eine andere Person mit dem kommunistischen Geheimdienst KGB in Verbindung zu bringen, weil so zu Lasten des Betroffenen ein zwielichtiger Eindruck erweckt werde: OLG Bremen, Urteil vom 1.11.1995, Az. 1 U 51/95, BeckRS 9998, 2560.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:


OLG Frankfurt: Kein Verstoß gegen Buchpreisbindung durch Adventsrabattaktion von eBay da Buchhändler vollen Ladenpreis erhalten

OLG Frankfurt
Urteil vom 14.3.2023
11 U 20/22

Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass kein Verstoß gegen die Buchpreisbindung durch die Adventsrabattaktion von eBay vorlag, da die Buchhändler den vollen Ladenpreis erhielten.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Kein Verstoß gegen Buchpreisbindung durch Rabattaktion von eBay u.a. auf Bücher

Die Verkaufsplattform eBay unterfällt selbst nicht den Vorgaben des Buchpreisbindungsgesetzes. Ihre einmalige Adventsrabattaktion, bei der u.a. beim Kauf von Büchern die Letztabnehmer lediglich 90% des Kaufpreises zahlen mussten, während eBay 10% an den Buchhändler entrichtete, führte auch nicht zu einem Verstoß der Buchhändler gegen das BuchPrG. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute verkündeter Entscheidung bestätigt, dass dem Kläger keine Unterlassungsansprüche gegen eBay zustehen.

Satzungsgemäße Aufgabe des Klägers ist die Sicherung der Preisbindung u.a. von Büchern. Nach dem deutschen Buchpreisbindungsgesetz (i.F.: BuchPrG) dürfen Buchhändler gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer in Deutschland nur zu den von den Verlagen festgelegten (= gebundenen) Ladenpreisen verkaufen.

Die Beklagte betreibt einen Internet-Marktplatz. Nach Abschluss des Kaufvertrags können Zahlungsoptionen gewählt werden. Dazu zählt u.a. die Möglichkeit, Gutscheine einzulösen. Die Beklagte bot ihren Kunden im Dezember 2019 für einige Stunden einen 10%-igen Adventsrabatt an. Dieser wurde neben vielen anderen Produkten wie Spielzeug, Uhren, DVDs auch beim Verkauf von Büchern gewährt. Käufer, die beim Buchkauf den Adventsrabatt einlösten, schlossen einen Kaufvertrag mit den Buchhändlern über den vollen Preis. Nach Eingabe des Gutscheincodes zahlten sie lediglich 90% des Kaufpreises, die restlichen 10% zahlte die Beklagte an die Verkäufer.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Unterlassung wegen Verstoßes gegen die Buchpreisbindung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Dem Kläger stehe unter keinem Gesichtspunkt ein Unterlassungsanspruch gegen die Beklagte zu, bestätigte das OLG. Die Beklagte unterfalle nicht unmittelbar den Vorgaben des BuchPrG, da sie selbst nicht gewerbsmäßig Bücher an Letztabnehmer verkaufe. Die Kaufverträge würden unmittelbar zwischen den auf ihrer Plattform präsenten Buchhändlern und den Käufern geschlossen. Da die Buchhändler nicht gegen das BuchPrG verstießen, komme auch keine mittelbare Täterschaft der Beklagten in Betracht. Die Buchhändler erhielten den vollen gebundenen Ladenpreis. Ohne Erfolg vertrete der Kläger die Ansicht, die von den Buchhändlern an die Beklagte zu zahlenden Provision stehe im preisbindungsrechtlichen Zusammenhang mit dem Rabatt. Die Provision falle vielmehr grundsätzlich an und diene dem Ausgleich allgemeiner Vermittlungsleistungen. Die Rabattaktion sei davon unabhängig; die Buchhändler seien in die Aktion auch nicht eingebunden gewesen.

Die Rabattaktion führe auch weder zur Umgehung des BuchPrG noch sei eine entsprechende Anwendung der Vorschriften vorzunehmen. Soweit durch die Rabattaktion einmalig und nur für wenige Stunden in den Preiswettbewerb eingegriffen worden sei, sei nicht von einer ernsthaften Bedrohung der durch das Gesetz geschützten Vielfalt an Buchhändlern durch kleine und mittlere Anbieter auszugehen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann die Zulassung der Revision beim BGH begehrt werden.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 14.3.2023, Az. 11 U 20/22
(vorausgehend LG Wiesbaden, Urteil vom 25.1.2022, Az. 11 O 790/20)

Erläuterungen:
§ 3 BuchPrG Preisbindung
1Wer gewerbs- oder geschäftsmäßig Bücher an Letztabnehmer in Deutschland verkauft, muss den nach § 5 festgesetzten Preis einhalten. 2Dies gilt nicht für den Verkauf gebrauchter Bücher.



OLG Frankfurt: Instagram-Influencerin muss Beiträge mit kostenlos erhaltenen Büchern mit Verlinkung auf Unternehmen per Tap Tag als Werbung kennzeichnen

OLG Frankfurt
Urteil vom 19.05.2022
6 U 56/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass eine Instagram-Influencerin Beiträge mit kostenlos erhaltenen Büchern mit Verlinkung auf Unternehmen per Tap Tag als Werbung kennzeichnen muss.

Die Pressemitteilung des Gerichts:
Anpreisung kostenlos erhaltener Bücher durch Influencerin auf Instagram mit Verlinkung zu den Unternehmen über Tap-Tags ist als Werbung kenntlich zu machen

Ein ohne finanzielle Gegenleistung erfolgter Beitrag einer Influencerin auf Instagram ist als Werbung zu kennzeichnen, wenn er kostenlos überlassene E-Books anpreist und jeweils mit sog. Tap-Tags zu den Unternehmen der Bücher verlinkt. Aufgrund der Vermischung von privaten und kommerziellen Darstellungen ist es für den Durchschnittsverbraucher ohne diese Kennzeichnung nicht erkennbar, ob es sich um Werbung handelt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) wies mit heute verkündetem Urteil die Berufung einer Influencerin zurück, die vom Landgericht zum Unterlassen der Veröffentlichung derartiger Posts ohne Werbehinweis verurteilt worden war.

Die Klägerin ist Verlegerin mehrerer Print- und Onlinezeitschriften. Sie verfügt über einen Instagram-Account und bietet Kunden u.a. entgeltlich Werbeplatzierungen an. Die Beklagte ist sog. Influencerin und betreibt auf Instragram ein Nutzerprofil mit mehr als einer halbe Million Followern. Sie stellt dort zum einen Produkte und Leistungen von Unternehmen vor, für deren Präsentation sie von diesen vergütet wird. Zum anderen veröffentlicht sie Posts, bei denen sie mittels sog. Tap-Tags auf die Instragram-Accounts von Unternehmen verlinkt, deren Produkte zu sehen sind. Hierfür erhält sie keine finanzielle Gegenleistung. Im Herbst 2019 verwies die Beklagte auf ein Bündel von E-Books, das sich mit veganer Ernährung befasste. Sie erhielt dafür keine finanzielle Gegenleistung; die E-Books waren ihr jedoch kostenlos zur Verfügung gestellt worden.

Das Landgericht verurteilte die Beklagte, es zu unterlassen, kommerzielle Inhalte vorzustellen, ohne die Veröffentlichung als Wertung kenntlich zu machen. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg.
Der Klägerin stehe der geltend gemacht Unterlassungsanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zu, begründete das OLG seine Entscheidung. Die Parteien seien Mitbewerber. Beide böten Dritten an, auf ihrem Instagram-Account entgeltlich zu werben. Die Posts der Beklagten seien auch geschäftliche Handlungen. Erfasst würden Handlungen, die bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet seien, durch „Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher, den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder eines fremden Unternehmens zu fördern“, betont das OLG.

Der Betrieb des Instagram-Profils fördere zum einen das eigene Unternehmen der Beklagten. Die Steigerung des Werbewerts komme unmittelbar ihrem Unternehmen zugute. Gerade scheinbar private Posts machten es für das Publikum attraktiver, Influencern zu folgen, da diese so „glaubwürdiger, nahbarer und sympathischer“ wirkten. Zum anderen fördere der Post auch die Unternehmen der Anbieter der E-Books. Es liege ein „geradezu prototypischer Fall des werblichen Überschusses“ vor. Es finde keinerlei Einordnung oder inhaltliche Auseinandersetzung oder Bewertung der herausgestellten Produkte statt. Die Beklagte habe vielmehr werbend unter Hervorhebung des außergewöhnlich hohen Rabattes die E-Books angepriesen.

Diese Förderung der Drittunternehmen nicht kenntlich zu machen, sei unlauter. Die Beklagte habe die E-Books im von ihr behaupteten Wert von rund 1.300 € unentgeltlich erhalten und dies nicht gekennzeichnet. Die Kennzeichnung als Werbung sei auch nicht entbehrlich gewesen. „Selbst followerstarke Profile auf Instagram sind nicht stets (nur) kommerziell motiviert“, erläutert das OLG, so dass die Follower zu Recht erwarteten, dass ein etwaiges ernährungsbezogenes Engagement des Influencers nicht kommerziell beeinflusst sei. Die Beklagte habe allerdings nicht darauf hinweisen müssen, dass ihr Verhalten auch ihrem Unternehmen zu gute komme. Dies sei dem durchschnittlichen Verbraucher unzweifelhaft erkennbar gewesen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde kann der Kläger die Zulassung der Revision beim BGH begehren.



OLG Frankfurt: Keine Verwechslungsgefahr mangels Werknähe zwischen Titel eines Fernsehbeitrags und Buchtitel - "Nie wieder keine Ahnung"

OLG Frankfurt
Beschluss vom 11.01.2022
6 W 102/21


Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass mangels Werknähe keine Verwechslungsgefahr zwischen dem Titel eines Fernsehbeitrags und einem Buchtitel (hier: "Nie wieder keine Ahnung") besteht.

Die Pressemitteilung des Gerichts:

Keine Verwechslungsgefahr zwischen Fernsehbeitrag und Buch mit dem Titel „Nie wieder keine Ahnung!“

Zwischen dem Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ für eine Fernsehbeitragsreihe und demselben Titel für ein Sachbuch besteht keine Verwechslungsgefahr. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat deshalb mit heute veröffentlichter Entscheidung die Beschwerde der TV-Produzentin zurückgewiesen.

Die Parteien streiten über den Titel „Nie wieder keine Ahnung!“. Die Antragstellerin ist eine öffentlich-rechtliche Fernsehanstalt. Sie hatte 2009 - 2011 für ihr Fernsehprogramm eine Beitragsreihe mit der Bezeichnung „Nie wieder keine Ahnung! Malerei“ und „Nie wieder keine Ahnung! Architektur“ produziert. Die Beiträge wurden noch 2021 ausgestrahlt. Die Antragstellerin veröffentlichte zudem eine Titelschutzanzeige für diesen Titel.

Die Antragsgegnerin vertreibt seit Herbst 2021 unter dem Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ ein Sachbuch, das sich mit „vermeintlichem Allgemeinwissen aus Politik, Wirtschaft und Weltgeschehen“ befasst. Die Antragstellerin sieht sich hierdurch in ihren Titelschutzrechten verletzt.

Die von ihr beantragte einstweilige Verfügung auf Unterlassung der Nutzung des Titels hat das Landgericht zurückgewiesen. Die Beschwerde hiergegen hatte auch vor dem OLG keinen Erfolg. Der Antragstellerin stehe kein Unterlassungsanspruch zu, begründete das OLG. Es fehle an einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr. Der Titel „Nie wieder keine Ahnung“ genieße zwar Werktitelschutz, auch wenn er aufgrund seines beschreibenden Anklangs nur geringe Unterscheidungskraft aufweise. Die sich gegenüberstehenden Werktitel seien auch identisch. Es fehle jedoch an einer hinreichenden Ähnlichkeit der Werke. Werktitel dienten grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen. Es müsse die Gefahr bestehen, dass „der Verkehr den einen Titel für den anderen hält“. Wenn unterschiedliche Werke betroffen seien, scheide eine Verwechslungsgefahr mangels Werknähe regelmäßig aus. So sei es hier. Es stünden sich eine im Fernsehen ausgestrahlte Beitragsreihe und ein Buch gegenüber. Auch wenn inhaltliche Ähnlichkeit bestehe, sei nicht ersichtlich, dass der Verkehr das Buch der Antragsgegnerin für die Betragsreihe der Antragstellerin halten könnte.

Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Die Entscheidung ist in Kürze unter www.rv.hessenrecht.hessen.de abrufbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 11.01.2022, Az. 6 W 102/21
(vorausgehend LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 16.11.2021, Az. 2-6 O 273/21)

Erläuterungen:
Der durch Gesetz (z.B. das Markengesetz) gewährte Titelschutz knüpft grundsätzlich an das Erscheinen des Werkes an. Eine Titelschutzanzeige führt zur Vorverlagerung dieses Schutzes. Sobald das Werk in branchenüblicher Weise angekündigt wird und in angemessener Frist unter dem Titel danach erscheint, genießt es Schutz bereits mit der Anzeige.



LG Frankfurt: Miturheber eines Werkes hat nach § 13 UrhG Recht auf Nennung als Miturheber

LG Frankfurt
Urteil vom 08.11.2018
2-03 O 354/18


Das LG Frankfurt hat entschieden, dass der Miturheber eines Werkes nach § 13 UrhG ein Recht auf Nennung als Miturheber hat.

Aus den Entscheidungsgründen:

"Nach § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft, dies gilt bei einer Miturheberschaft auch für die Nennung als Miturheber. In dieses Recht hat die Beklagte durch die hier streitgegenständliche Form der Nennung des Klägers unzulässig eingegriffen. Rechtsfolge einer Verletzung des Urheberbenennungsrechts ist (auch) ein Anspruch des Urhebers, die weitere Nutzung seine Werks ohne Urheberbenennung zu unterlassen (BGH GRUR 1963, 40, 43 - Straßen - gestern und morgen; Dreier/Schulze, UrhG, 6. Aufl. 2018, § 13 Rn. 34; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, UrhG, 5. Aufl. 2017, § 13 Rn. 20; Spindler/Schuster-Wiebe, Recht der elektronischen Medien, 3. Aufl. 2015, § 13 UrhG Rn. 10).

Der Kläger ist als (Mit-)Urheber der streitgegenständlichen Kapitel anzusehen. Es steht zur hinreichenden Überzeugung der Kammer gemäß den §§ 286, 294 ZPO fest, dass der Kläger die streitgegenständlichen Kapitel E. und L.II zunächst in Alleinautorenschaft erstellt hat. Es ist ferner glaubhaft gemacht, dass die Kapitel nicht vollständig neu geschrieben wurden, sondern diese durch die neuen Bearbeiter lediglich modifiziert wurden. Die Beklagte hat im Termin zur mündlichen Verhandlung auch eingeräumt, dass Formulierungen des Klägers in erheblichem Umfang noch in der 6. Auflage vorhanden sind. Dies solle dem Kläger nicht abgesprochen werden. Auch ist die Beklagte den Ausführungen des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung, dass er die streitgegenständlichen Kapitel von Anfang an und bis zur 5. Auflage allein verfasst habe, und insbesondere nicht mit zwei weiteren Autoren, diese hätten andere Abschnitte als er bearbeitet, nicht mehr entgegengetreten.

Die vom Kläger verfassten Texte sind urheberrechtlich als Sprachwerk gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG schutzfähig. Bei Sprachwerken muss ihr geistiger Gehalt durch das Mittel der Sprache zum Ausdruck kommen. Die geistige Leistung muss aus dem Werk selbst erkennbar werden (Dreier/Schulze, UrhG, a.a.O., § 2 Rn. 81 m.w.N.). Dies ist hier der Fall. Allein der Umstand, dass der Kläger sich beim Verfassen des Textes auf andere Literaturquellen und Formulierungen in der Rechtsprechung gestützt hat, spricht nicht gegen die Annahme, dass die konkrete Gestaltung und die konkreten einzelnen Formulierungen über die sehr umfangreichen Texte eine persönliche geistige Schöpfung darstellen würde.

Dass den Beiträgen des Klägers keine Schutzfähigkeit zukommt, hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung im Wesentlichen auch nicht mehr vertreten.

An der Miturheberschaft des Klägers an den streitgegenständlichen Texten ändert auch sein Ausscheiden aus der Herausgeber- und Autorenschaft nichts. Denn hiermit hat der Kläger seine Rechte nicht aufgegeben. Auch ist durch die Bearbeitung der neuen Autoren das Recht des Klägers nicht entfallen. Es ist im Termin zur mündlichen Verhandlung letztlich unstreitig geblieben, dass weite Teile der Texte des Klägers auch in der 6. Auflage noch - zu großen Teilen unverändert oder nur minimal verändert - enthalten waren. Der Kläger hat dementsprechend grundsätzlich einen Anspruch darauf, in den nach seinem Ausscheiden erscheinenden Auflagen noch so lange als ehemaliger Autor bzw. Mitautor genannt zu werden, wie diese Auflagen noch von seinem Wirken geprägt sind (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 29.05.1970 - 6 U 55/67, OLGZ 1971, 171, 172 - Taschenbuch für Wehrfragen).

Dieses Recht auf Urhebernennung des Klägers als Miturheber hat die Beklagte durch die von ihr hier gewählte Form verletzt.

Nach § 13 UrhG hat der Urheber das Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft. § 13 S. 2 UrhG sieht diesbezüglich zwei Alternativen vor. Nach § 13 S. 2, 1. Alt. UrhG kann der Urheber bestimmen, ob das Werk mit einer Urheberbezeichnung zu versehen ist. Nach § 13 S. 2, 2. Alt. UrhG kann er auch bestimmen, welche Bezeichnung zu verwenden ist, also wie die Urheberbezeichnung auszugestalten ist. In jedem Fall muss die Namensnennung so erfolgen, dass das Werk durch die Form der Namensnennung dem Urheber zugeschrieben wird (OLG München ZUM 2000, 404, 407; Wandtke/Bullinger, UrhG, 4. Aufl. 2014, § 13 Rn. 11; Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 21; Fromm/Nordemann-Dustmann, UrhG, 11. Aufl. 2014, § 13 Rn. 22). Der Hinweis auf die Urheberschaft ist eindeutig und unmissverständlich im unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit dem Werk anzubringen (Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 15). Nicht ausreichen soll es insofern, wenn die Verfasser einzelner in einem Buch enthaltener Beiträge am Ende des Buchs in alphabetischer Aufzählung genannt werden, ohne dass eine Zuordnung der einzelnen Bearbeiter zu den konkreten Beiträgen möglich ist (OLG München NJW-RR 2000, 1574, 1576 [OLG München 20.01.2000 - 29 U 4724/99]; vgl. auch AG Frankfurt a.M. AfP 2006, 283 [AG Frankfurt am Main 17.03.2006 - 31 C 26891/05-16]: Nennung nur im Impressum einer Webseite). Dem Urheber ist ferner nicht damit gedient, dass sein Name in irgendeiner Form erwähnt oder in der Nähe seines Werkes aufgeführt wird (Wandtke/Bullinger, a.a.O., § 13 Rn. 11).

Die Art und Weise der Urheberbenennung kann im Einzelnen durch eine vertragliche Regelung oder unter Berücksichtigung der Branchengewohnheiten und der Verkehrsübung bestimmt werden (vgl. Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, UrhG, 4. Aufl. 2018, § 13 Rn. 25; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 28 m.w.N.). Hierbei können auch solche Verkehrsgewohnheiten darauf zu überprüfen sein, ob das Interesse des Urhebers gemäß § 13 UrhG hinreichend berücksichtigt wird (OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393, 395: sorgfältige Prüfung im Einzelfall; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 28).

So ist bei körperlichen Werkexemplaren der Urheber auf der Titelseite oder sonst an üblicher Stelle zu benennen (Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 20). Im Hinblick auf ein im Internet abrufbares Foto soll die Urheberbezeichnung grundsätzlich so angebracht werden, dass der Name bei jedem Abruf des Fotos erscheint. Es soll nicht genügen, wenn der Fotograf am Ende der Internet-Seite genannt wird, das Foto aber auch gesondert abgerufen werden kann und dabei der Name des Fotografen nicht erscheint (LG Köln K&R 2014, 211, 212 - Pixelio; Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 21; Schricker/Loewenheim-Dietz/Peukert, a.a.O., § 13 Rn. 15; vgl. auch OLG Düsseldorf GRUR-RR 2006, 393, 395). Der Name des Fotografen soll unmittelbar bei dem Foto sichtbar sein, nicht erst über eine "Mouse-Over"-Funktion (LG München I ZUM 2015, 827, 830 [LG München I 05.05.2015 - 33 O 10898/14]).

Besonderheiten können sich zudem im Verlagswesen ergeben. Hier kann der Verleger gemäß § 14 S. 2 VerlG die konkrete äußere Form der Urheberbezeichnung bestimmen (Dreier/Schulze, a.a.O., § 13 Rn. 20; Dreyer/Kotthoff/Meckel/Hentsch, a.a.O., § 13 Rn. 26). Danach obliegt es dem Verlag zu bestimmen, wie die vom Verfasser gewählte Urheberbezeichnung konkret anzubringen ist (Drucktypen, Layout der Titelseite, graphische Umschlaggestaltung etc.). Durch die gewählte Art der Anbringung soll jedoch nicht das Recht des Verfassers aus § 13 UrhG verletzt werden, etwa durch Hervorrufen eines falschen Eindrucks über die Rolle mehrerer Beteiligter (Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl. 2001, § 14 Rn. 9; vgl. auch Ulmer-Eilfort/Obergfell, Verlagsrecht, 2013, § 14 Rn. 10). Der Verleger muss dafür Sorge tragen, dass die Urheberbezeichnung an einer in der Branche üblichen Stelle im Werk zu finden ist, dass die Urheberbezeichnung dort gut leserlich erscheint und dass sie nicht aufgrund der Verbindung mit anderen Informationen verfälscht wird (Ulmer-Eilfort/Obergfell, a.a.O., § 14 Rn. 10). Bei mehreren Verfassern (insbesondere von wissenschaftlichen Werken) soll es z.B. der Übung entsprechend, dass nur der Herausgeber auf der Titelseite genannt wird, während die weiteren Beteiligten im Rahmen eines Bearbeiterverzeichnisses zu nennen sind (BeckOK-UrhR/Wegner, 21. Ed. 2018, § 14 VerlG Rn. 13).

aa. Nach diesen Maßstäben ist jedenfalls die Nennung des Klägers im Vorwort sowie im Gesamtverzeichnis des Werks nicht hinreichend. Weder aus dem Vorwort noch aus dem alphabetischen Bearbeiterverzeichnis kann der Leser des Werks eindeutig entnehmen, welche Kapitel oder Abschnitte dem Kläger als (Mit-)Urheber zuzuordnen sind (vgl. OLG München NJW-RR 2000, 1574, 1576 [OLG München 20.01.2000 - 29 U 4724/99]; AG Frankfurt a.M. AfP 2006, 283 [AG Frankfurt am Main 17.03.2006 - 31 C 26891/05-16]).

bb. Den oben genannten Grundsätzen genügt jedoch auch die im streitgegenständlichen Werk erfolgte Nennung des Klägers in einem Sternchenhinweis am Anfang des Kapitels - auch unter Berücksichtigung des Ermessens des Verlages gemäß § 14 S. 2 VerlG und der Nennung im Vorwort und im Bearbeiterverzeichnis - nicht. Diese Nennung in einem Sternchenhinweis erfolgte nicht eindeutig, unmissverständlich und im hinreichenden, unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit den Beiträgen des Klägers an einer üblichen Stelle, ohne dass die Angabe durch andere Angaben verfälscht wird. Sie ist vielmehr geeignet, beim Durchschnittsleser einen falschen Eindruck über die Rolle des Klägers in Bezug auf die hier streitgegenständlichen Kapitel hervorzurufen. Diese Art und Weise der Nennung des Klägers entspricht auch weder den Verkehrsgewohnheiten gemäß § 13 UrhG noch der "in der Branche üblichen Stelle" gemäß § 14 S. 2 VerlG.

(1) Die Kammer hat hierbei zu Gunsten der Beklagten berücksichtigt, dass der Kläger im Vorwort und im Bearbeiterverzeichnis (allerdings ohne Zuordnung zu den Kapiteln) genannt ist. Auch den Sternchenhinweis hat die Kammer in diesem Zusammenhang einbezogen. Die Kammer erkennt darüber hinaus, dass bei der Übernahme von Bearbeitungen in einem juristischen Fachwerk der neue Autor andere Auffassungen als der Vorautor vertreten kann und deshalb ggf. eine Abgrenzung zu den Auffassungen der Vorauflage erforderlich sein kann.

Weiter hat die Kammer auch die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Parteien untersucht. Zwar lässt sich § 12 des Vertrages entnehmen, dass ein neuer Bearbeiter bei Ausscheiden des Klägers gewählt werden kann. Die Klausel enthält jedoch keinerlei Angaben zur Urheberbenennung in einem Fall wie dem hiesigen."


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:




LG Nürnberg: Ein Buch ist nicht gebraucht wenn es Nach Ausübung des Widerrufsrechts zurückgeschickt wird und unterliegt der Buchpreisbindung

LG Nürnberg-Fürth
Urteil vom 21.09.2016
19 O 6816/16


Das LG Nürnberg hat entschieden, dass ein Buch nicht gebraucht ist, wenn es nach Ausübung des Widerrufsrechts ohne Gebrauchsspuren zurückgeschickt wird. Diese Bücher unterliegen dann auch immer noch der Buchpreisbindung.


Aus den Entscheidungsgründen:

" Das von der Verfügungsbeklagten angebotene Buch unterlag der Buchpreisbindung. Ein Buch ist gebraucht, wenn es bereits einmal die Vertriebskette des Buchhandels verlassen hat, indem es durch Verkauf an einen Letztabnehmer in den privaten Gebrauch gelangt ist. Die Pflicht zur Einhaltung des gebundenen Preises bezieht sich grundsätzlich nur auf den ersten Verkauf von Büchern an Letztabnehmer.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da das Buch nach Widerrufserklärung des Kunden an die Verfügungsbeklagte zurückgesandt worden ist, somit nicht in den privaten Gebrauch gelangt ist.

Insbesondere hat der Buchhandel nicht am preisgebundenen Entgelt der ersten Veräußerung partizipiert (OLG Frankfurt, NJW 2004, 2098, 2100). Letztlich wurde nämlich der gebundene Preis nicht durch den Letztabnehmer, der später widerrufen hat, bezahlt.

Die Tatsache, dass der Widerruf vorliegend mehrere Monate nach Bezahlung des Kaufpreises erfolgte, beruht darauf, dass die Verfügungsbeklagte das Buch erst nach Monaten ausgeliefert hat; hierauf kann es jedoch nicht entscheidend ankommen.

Die Verfügungsbeklagte hat daher gegen § 3 BuchPrG verstoßen, der begründete Unterlassungsanspruch beruht auf §§ 9 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 BuchPrG."



BFH: eBooks sind umsatzsteuerrechtlich keine Bücher - 19 % Mehrwertsteuer für eBooks - 7 % Mehrwertsteuer für gedruckte Bücher

BFH
Urteil vom 03.12.15
V R 43/13


Der Bundesfinanzhof entschieden, dass eBooks umsatzsteuerrechtlich keine Bücher sind und daher der Regelsteuersatz von 19 % anzuwenden ist. Bei gedruckten Büchern gilt der ermäßigte Steuersatz von 7 %. Für eine Gleichbehandlung muss - so der BFH - das europäische Mehrwertsteuerrecht geändert werden.

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

Die Pressemitteilung des BFH:

Umsatzsteuer: Kein ermäßigter Steuersatz bei der "Online-Ausleihe"

Umsätze mit digitalen oder elektronischen Sprachwerken (wie z.B. E-Books) unterliegen bei der Umsatzsteuer nicht dem ermäßigten Steuersatz, wie der Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 3. Dezember 2015 V R 43/13 entschieden hat. Die Steuersatzermäßigung gilt nur für Bücher auf physischen Trägern. Handelt es sich demgegenüber um eine "elektronisch erbrachte Dienstleistung", ist der Regelsteuersatz anzuwenden.

Der vom BFH entschiedene Streitfall betrifft die sog. "Online-Ausleihe" digitalisierter Sprachwerke (E-Books). Die Klägerin räumte den Bibliotheken Nutzungsrechte an digitalisierten Sprachwerken ein. Dies ermöglichte den Bibliotheksnutzern, die lizenzierten Sprachwerke über das Internet von den Servern der Klägerin abzurufen. Finanzamt und Finanzgericht unterwarfen die Leistungen der Klägerin an die Bibliotheken dem Regelsteuersatz.

Der BFH bestätigte dies: Zwar ist auf die Vermietung der in der Anlage 2 zum Umsatzsteuergesetz genannten Bücher der ermäßigte Steuersatz anzuwenden. Digitale Sprechwerke sind aber keine Bücher im Sinne dieser Anlage 2. Das folgt insbesondere aus dem Unionsrecht, das dem nationalen Umsatzsteuerrecht zugrunde liegt. Danach ist eine Steuersatzermäßigung für elektronisch erbrachte Dienstleistungen --wie das Überlassen oder die Vermietung digitalisierter Bücher-- ausdrücklich ausgeschlossen. Der BFH verneinte auch eine steuersatzermäßigte Einräumung von Rechten im Sinne des Urheberrechtsgesetzes.

Auf der Grundlage des BFH-Urteils dürfte davon auszugehen sein, dass auch die Lieferung von E-Books dem Regelsteuersatz unterliegt. Im konkreten Streitfall hatte der BFH hierüber allerdings nicht zu entscheiden.

Die Regierungskoalition hatte zu Beginn der Legislaturperiode im Koalitionsvertrag vereinbart, die Steuersatzermäßigung auch auf "E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien" auszuweiten. Dies erfordert allerdings eine Änderung im europäischen Mehrwertsteuerrecht, zu der es noch nicht gekommen ist.

BGH: Verletzung des Persönlichkeitsrechts eines namentlich genannten Kindes in Publikation über Verhaltensauffälligkeiten in der Grundschule

BGH
Urteil vom 15.09.2015
VI ZR 175/14
GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 5 Abs. 1, 3; BGB § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 Satz 2


Der BGH hat entschieden, dass eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts eines Kindes vorliegt, wenn dieses namentlich in einer Publikation über Verhaltensauffälligkeiten in der Grundschule genannt wird.

Leitsätze des BGH:

a) Die öffentliche Bekanntgabe der von einem namentlich benannten Kind in der Grundschule gezeigten konkreten Verhaltensweisen und Fähigkeiten beeinträchtigt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung
als Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung.

b) Die durch die Preisgabe nicht in die Öffentlichkeit gehörender Lebenssachverhalte bewirkte Persönlichkeitsrechtsverletzung entfällt nicht dadurch, dass sich der Verletzte oder sein Erziehungsberechtigter nach der Verletzung ebenfalls zu den offenbarten Umständen äußert.

c) Zur Reichweite des Schutzbereichs der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 GG).

BGH, Urteil vom 15. September 2015 - VI ZR 175/14 - OLG Köln - LG Köln

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

BGH: Altkanzler Helmut Kohl kann von Heribert Schwan Herausgabe der Tonbänder verlangen - Anspruch nach § 667 BGB nach Beendigung des Auftragsverhältnisses

BGH
Urteil vom 10.07.2015
V ZR 206/14


Der BGH hat entschieden, dass der Altkanzler Helmut Kohl vom Journalisten Heribert Schwan die Herausgabe der Tonbänder verlangen kann, die im Zusammenhang mit der Verfassung seiner Memoiren aufgenommen wurden.

Die Pressemitteilung des BGH:

"Altkanzler Kohl kann Herausgabe der Tonbänder verlangen

Der Kläger, der ehemalige Bundeskanzler Dr. Kohl, und der Beklagte, ein bekannter Journalist, schlossen 1999 mit einem Verlag jeweils selbständige, inhaltlich aber aufeinander abgestimmte Verträge. Gegenstand dieser Verträge war die Erstellung der Memoiren des Klägers; die schriftliche Abfassung des Werkes sollte durch den Beklagten erfolgen. Die Parteien, die die Einzelheit ihrer Zusammenarbeit unmittelbar miteinander besprechen sollten, trafen sich in den Jahren 2001 und 2002 an über 100 Tagen im Wohnhaus des Klägers zu Gesprächen, die insgesamt etwa 630 Stunden dauerten und mit einem vom Beklagten zur Verfügung gestellten Tonbandgerät aufgenommen wurden. Der Kläger sprach dabei auf Fragen und Stichworte des Beklagten ausführlich über sein gesamtes Leben, sowohl über die Zeit, in der er höchste politische Ämter innehatte, als auch über seinen vorherigen Werdegang. Die Tonbänder, die der Kläger persönlich zu keinem Zeitpunkt in den Händen hatte, nahm der Beklagte zur Vorbereitung der geplanten Buchveröffentlichung jeweils mit nach Hause. Später überwarfen sich die Parteien. Der Kläger kündigte die Zusammenarbeit mit dem Beklagten. Der Beklagte wurde von dem Verlag finanziell abgefunden. Der Kläger verlangt die Herausgabe sämtlicher Tonaufnahmen, auf denen seine Stimme zu hören ist und die in den Jahren 2001 und 2002 von dem Beklagten aufgenommen wurden. Seine Klage war in den Vorinstanzen erfolgreich.

Der u.a. für Besitz und Eigentum an beweglichen Sachen zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen.

Der Kläger ist zwar nicht – wie das Oberlandesgericht meint – durch "Verarbeitung" (§ 950 Abs. 1 Satz 1 BGB) Eigentümer der Tonbänder geworden. Ein Tonband wird allein durch das Aufnehmen von Tondokumenten nicht zu einer neuen Sache; dass die Tondokumente historisch wertvoll und einmalig sind, ändert daran nichts.

Die Tonbänder sind aber aufgrund eines zwischen den Parteien bestehenden Auftragsverhältnisses herauszugeben. Die Parteien haben in Ausführung der Verlagsverträge miteinander konkludent eine rechtlich verbindliche Vereinbarung über das von dem Kläger zur Verfügung zu stellende Material getroffen. Diese Vereinbarung stellt rechtlich ein auftragsähnliches Rechtsverhältnis dar, wobei der Kläger als Auftraggeber anzusehen ist. Denn allein dieser hatte nach den Verlagsverträgen über den Inhalt der Memoiren zu entscheiden. Nachdem der Kläger die Zusammenarbeit beendet und damit den Auftrag widerrufen hat, ist der Beklagte nach § 667 BGB verpflichtet, ihm alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt hat. Hiervon erfasst sind nicht nur zur Verfügung gestellte Dokumente, sondern auch die dem Beklagten mitgeteilten und von ihm aufgezeichneten persönlichen Erinnerungen und Gedanken des Klägers. Auf das Eigentum an den Tonbändern, auf denen die Lebenserinnerungen des Klägers aufgezeichnet sind, kommt es nicht an. Wer fremde Geschäfte besorgt und damit auf die Interessen eines anderen zu achten hat, soll aus der Ausführung des Auftrags keine Vorteile haben, die letztlich dem Auftraggeber gebühren. Setzt der Beauftragte zur Erfüllung des Auftrags untergeordnete Hilfsmittel, wie beispielsweise ein Tonband, ein, muss er deshalb auch das Eigentum daran an den Auftraggeber übertragen, wenn das Erlangte anders nicht herausgegeben werden kann.

LG Köln – Urteil vom 12. Dezember 2013 – 14 O 612/12

OLG Köln – Urteil vom 1. August 2014 – 6 U 20/14

Karlsruhe, den 10. Juli 2015

§ 950 BGB

(1) Wer durch Verarbeitung oder Umbildung eines oder mehrerer Stoffe eine neue bewegliche Sache herstellt, erwirbt das Eigentum an der neuen Sache, sofern nicht der Wert der Verarbeitung oder der Umbildung erheblich geringer ist als der Wert des Stoffes. Als Verarbeitung gilt auch das Schreiben, Zeichnen, Malen, Drucken, Gravieren oder eine ähnliche Bearbeitung der Oberfläche.

(2) Mit dem Erwerb des Eigentums an der neuen Sache erlöschen die an dem Stoffe bestehenden Rechte.

§ 667 BGB

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben."



OLG Köln: Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Helmut Kohls in dem Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" ohne Zustimmung des Altkanzlers unzulässig

OLG Köln
Urteil vom 05.05.2015
15 U 193/14


Das OLG Köln hat entschieden, dass die Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Helmut Kohls in dem Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" ohne Zustimmung des Altkanzlers unzulässig ist.


Die Pressemitteilung des OLG Köln:

"Bestätigung des Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle"

Der 15. Zivilsenat hat in einer Entscheidung vom heutigen Tag die Berufung der Beklagten gegen die Entscheidung des Landgerichts Köln, die Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Dr. Kohls in dem Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" zu untersagen, in vollem Umfang zurückgewiesen. Das Landgericht hatte mit Urteil vom 13.1.2014 entschieden, dass die Beklagten - die Autoren Dr. Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Verlag Random House - den überwiegenden Teil der Zitate, die dem Autor Herrn Dr. Schwan im Rahmen seiner Arbeit an den Memoiren des Klägers zwischen 2000 und 2001 zur Verfügung gestellt wurden, nicht weiter verwenden und veröffentlichen dürfen. Auf die vom Kläger eingelegte Berufung hin hat der Senat das Urteil des Landgerichts nicht nur bestätigt, sondern ist mit dem Verbot weiterer Zitate, die die Vorinstanz noch für zulässig erachtet hatte, im Umfang noch über deises Urteil hinausgegangen.

Nach Ansicht des Senats war den Beklagten die Veröffentlichung sämtlicher Zitate, die Gegenstand des Berufungsverfahrens waren, verboten. Den Beklagten zu 2) - Herr Dr. Schwan - habe eine vertragliche Pflicht zur Geheimhaltung getroffen, die im Rahmen der Vereinbarung der Zusammenarbeit zur Erstellung der Biographien Herrn Dr. Kohls konkludent verabredet worden sei und Herrn Dr. Schwan hindern sollte, die auf den Tonbändern fixierten Äußerungen ohne Einverständnis des Klägers zu veröffentlichen. Die Pflicht ergebe sich aus dem besonderen Gefüge der Verträge zwischen dem Drömer Verlag und Kohl bzw. dem Verlag und Schwan, insbesondere den darin den Parteien zugewiesenen Funktionen und Befugnissen. So sollte Herr Dr. Kohl die Entscheidungshoheit über die Verwendung seiner Äußerungen als solche sowie den konkreten Inhalt und den Zeitpunkt der Veröffentlichung zustehen. Herr Dr. Schwan hingegen sei als Ghostwriter eine lediglich dienende Funktion zugewiesen worden. Zudem folge die Geheimhaltungsverpflichtung aus der Zweckbindung der Tonbandaufzeichnungen als lediglich allgemeiner Stoffsammlung für die geplanten Memoiren. Mit der Geheimhaltungsabrede habe der Beklagte zu 2) auf sein diesbezügliches Recht auf freie Meinungsäußerung verzichtet.

Die Beklagten zu 1) und 3) - Tilman Jens und der Verlag Random House - hätten die maßgeblichen Äußerungen ebenfalls nicht veröffentlichen dürfen. Dieses Unterlassungsgebot folge nicht aus einer vertraglichen Bindung, sondern aus der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers in Form der Vertraulichkeitsphäre und des Rechts am gesprochenen Wort. Zum Schutz der Pressefreiheit sei zwar nicht jede Veröffentlichung rechtswidrig erlangter Informationen ausgeschlossen. Ein absolutes Verwertungsverbot bestehe aber dann, wenn Tonbandaufzeichnungen in wörtlicher Rede ungenehmigt weitergegeben werden sowie dann, wenn sich die Presse in rücksichtsloser Weise über die schützenswerten Belange des Betroffenen hinwegsetze. Eine solche Fallkonstellation sei vorliegend anzunehmen. Den Beklagten zu 1) und 3) seien sowohl die konkreten Umstände bekannt gewesen, unter denen der Beklagte zu 2) die vertraulich erfolgten Äußerungen des Klägers aufgenommen habe, als auch das spätere Zerwürfnis, welches eine weitere Zusammenarbeit beendet habe. Zudem seien sie an der Erstellung des streitgegenständlichen Buches verantwortlich beteiligt gewesen. Die Beklagten hätten selbst stets betont, bei der Entwicklung des Buchprojekts durchgängig als Team gewirkt zu haben. So hätten sie bei der Auswahl der Inhalte zusammengearbeitet, diese gemeinsam redigiert und die Texte ausgeformt. Diese Art der Informationsgewinnung und -verwertung stehe einer weiteren Verwendung und Veröffentlichung entgegen und rechtfertige es, die Verwendung der Äußerungen insgesamt zu untersagen.

Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist nicht gegeben."




OLG Köln: Bestätigung des überwiegenden Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle

OLG Köln
15 U 193/14


Die Pressemitteilung des OLG Köln:

"Bestätigung des überwiegenden Verbots der Nutzung von Kohl-Zitaten im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle"

Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (15 U 193/14) hat in der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage zum Ausdruck gebracht, dass er die Entscheidung des Landgerichts Köln, die Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Dr. Kohls in dem Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" zu untersagen, voraussichtlich bestätigen wird. Das Landgericht hatte mit Urteil vom 13.11.2014 entschieden, dass die Verfügungsbeklagten - die Autoren Dr. Heribert Schwan und Tilman Jens sowie der Verlag Random House - den überwiegenden Teil der Zitate, die im Buch "Vermächtnis - die Kohl-Protokolle" enthalten sind und die dem Autor Dr. Schwan im Rahmen seiner Arbeit an den Memoiren des Klägers zwischen 2000 und 2001 zur Verfügung gestellt wurden, nicht weiter verwenden und veröffentlichen dürfen. Hinsichtlich des Umfangs der den Beklagten konkret untersagten Äußerungen geht der Senat möglicherweise noch über die landgerichtliche Entscheidung hinaus.

Der Senat ist wie das Landgericht der Ansicht, dass Dr. Schwan im Verhältnis zum Kläger eine vertragliche Geheimhaltungsverpflichtung traf. Die Verträge zwischen dem Kläger und dem Drömer Knaur Verlag einerseits und diesem und Dr. Schwan andererseits sähen vor, dass Dr. Kohl das Letztentscheidungsrecht über die Verwendung seiner Äußerungen als solche wie auch über den konkreten Inhalt und den Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung zustehe. Beide Verträge des Verlags seien inhaltlich aufeinander abgestimmt und dem jeweils anderen Vertragspartner bekannt gewesen, der Vertrag zwischen Verlag und Schwan sei Kohl vereinbarungsgemäß zur Billigung vorgelegt worden. Das vertragliche Gefüge sei insgesamt dahingehend zu bewerten, dass Dr. Schwan im Rahmen seiner Tätigkeit in dienender Funktion gehandelt habe und er auch gegenüber Kohl zur Geheimhaltung verpflichtet gewesen sei. Dementsprechend habe Schwan keine der Äußerungen Kohls, die in der Zusammenarbeit erfolgt sind, verwenden dürfen, es sei denn, diese seien ohnehin bereits öffentlich bekannt gewesen.

Co-Autor Jens und der beklagte Verlag könnten nach Ansicht des Senats die Unterlassung der Verwendung der streitgegenständlichen Zitate ebenfalls in vollem Umfang schulden. Die Verwendung der streitgegenständlichen Zitate, welche der Vertraulichkeitssphäre des Klägers zuzuordnen seien, stelle einen rechtswidrigen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers dar, denn er verletze sein Recht zur Selbstbestimmung über das gesprochene Wort, Zwar hindere das aus Art. 5 Abs. 2 GG folgende Informationsrecht der Presse die Veröffentlichung auch in rechtswidriger Weise erlangter und ihr zugetragener Informationen nicht grundsätzlich. Dies könne jedoch nicht gelten, wenn - wie hier - die Informationsgewinnung in einer Art und Weise erfolgt sein, dass dies einer weiteren Verwendung und Veröffentlichung entgegenstehen müsse. Die Beklagten hätten selbst stets betont, bei der Entwicklung des Buchprojekts durchgängig als Team gewirkt zu haben. So hätten sie bei der Auswahl der Inhalte zusammengearbeitet, diese gemeinsam redigiert und die Texte ausgeformt. Der in der Weitergabe der vertraulich erfolgten Äußerungen durch Dr. Schwan und deren Verwendung und Veröffentlichung in der Biographie objektiv liegende Vertrauensbruch sei von allen Beklagten gemeinschaftlich getragen worden. Dies rechtfertige es, die Verwendung der Äußerungen insgesamt zu untersagen.

Da die Parteien sich trotz entsprechender Anregung des Senats nicht auf eine einvernehmliche Beendigung des Verahrens einigen konnten, hat der Senat in der Sache zu entscheiden. Termin zur Verkündung einer Entscheidung ist auf den 05.05.2015 bestimmt. Ein Rechtsmittel gegen das Urteil ist nicht gegeben."

OLG München: Amazon haftet als Onlinehändler nicht für rechtswidrige Inhalte in E-Books - Buchhändlerprivileg gilt auch für digitalen Vertrieb

OLG München
Urteil vom 24.10.2013
29 U 885/13


Das OLG München hat entschieden, dass Amazon als Onlinehändler nicht für rechtswidrige Inhalte in angebotenen E-Books haftet. Das Gericht hat das sogenannte "Buchhändlerprivilieg" vorliegend also auch auf den digitalen Vertrieb von E-Books angewandt. Gegenstand des Rechtsstreits war eine angebliche Urheberrechtsverletzung durch Veröffentlichung eines Auszugs aus einem Karl Valentin-Sketch über den Buchbinder Wanninger.

Die Revision wurde zugelassen, so dass sich der BGH voraussichtlich mit der Frage befassen wird.


LG Hamburg verbietet Onlinebuchhändler "Fördermodell", um den durch die Buchpreisbindung vorgegebenen Preis zu reduzieren

LG Hamburg
Urteil vom 08.06.2011
315 O 182/11


Das LG Hamburg hat letztlich wenig überrasschend einem Onlinehändler ein "Fördermodell" untersagt, um dadurch für den Buchkäufer den durch die Buchpreisbindung vorgegebenen Preis zu senken.

Aus der Pressemitteilung des LG Hamburg:

"Die Antragsgegnerin betreibt im Internet eine Versandbuchhandlung, in der sie u.a. Bücher aus allen Bereichen der Wissenschaften anbietet. Für den Verkauf von Fachbüchern entwickelte die Antragsgegnerin ein „Fördermodell“: Sie wandte sich an diverse Wirtschaftsunternehmen und warb Beiträge für einen sog. „Fördertopf“ ein. Unternehmen, die Beiträge in den „Fördertopf“ eingezahlt hatten, wurden auf der Homepage der Antragsgegnerin als „Partnerunternehmen“ ausgewiesen. Wenn nun ein Kunde ein Fachbuch kaufte, stellte die Antragsgegnerin ihm zunächst auf seinem Kundenkonto den Ladenpreis in Rechnung, belastete sodann den „Fördertopf“ mit 10% des Ladenpreises und schrieb diesen Betrag anschließend wieder dem Kundenkonto gut. Im Ergebnis musste der Kunde damit nur 90% des nach der Buchpreisbindung festgesetzten Ladenpreises bezahlen. Auf der Rechnung wurde er auf das fördernde Unternehmen hingewiesen.

Nach der Entscheidung der zuständigen Wettbewerbskammer verstößt das von der Antragsgegnerin entwickelte „Fördermodell“ gegen das Gesetz über die Preisbindung für Bücher, weil der von den Verlagen festgesetzte Buchpreis unterschritten werde. Bei einer wirtschaftlichen Gesamtbetrachtung des „Fördermodells“ erhalte die Antragsgegnerin nicht den gesamten Buchpreis. Tatsächlich zahlten die Partnerunternehmen nämlich nicht allein in den „Fördertopf“, um zu fördern. Sie zahlten vielmehr auch, um als Gegenleistung von der Antragsgegnerin auf ihrer Homepage sowie ihren Kundenrechnungen genannt zu werden und auf diese Weise für das eigene Unternehmen werben zu können."



Die vollständige Pressemitteilung des LG Hamburg finden Sie hier: "LG Hamburg verbietet Onlinebuchhändler "Fördermodell", um den durch die Buchpreisbindung vorgegebenen Preis zu reduzieren" vollständig lesen

OLG Brandenburg: Kunstfreiheit kann Abdruck von Zeitungsartikeln nebst Lichtbildern in einem Buch rechtfertigen

OLG Brandenburg
Urteil vom 9.11.2010
6 U 14/10


Das OLG Brandenburg hat entschieden, dass der Abdruck von Zeitungsartikeln nebst Lichtbildern in einem Buch von der Kunstfreiheit gedeckt sein kann. Insofern tritt im entschiedenen Fall das Urheberrecht hinter die Kunstfreiheit zurück.

In der Pressemitteilung des OLG Brandenburg heißt es:

"Zur Begründung hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts ausgeführt, zwar habe der Beklagte in die urheberrechtlich geschützte Position der MOZ eingegriffen. Dieser Eingriff sei jedoch durch die in Art. 5 Abs. 3 des Grundgesetzes verankerte Kunstfreiheit geschützt.
[...]
Die Artikel und Lichtbilder habe er verwandt, um die politische und soziale Atmosphäre im Rahmen der dargestellten Ereignisse erfahrbar zu machen. In einem solchen Fall müsse das Urheberrecht kunstspezifisch ausgelegt und angewendet werden, wie das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden habe. Unter Berücksichtigung der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung habe der Beklagte die in Streit stehenden Zeitungsartikel und Lichtbilder in seinem Buch verwenden dürfen."


Den Volltext der Pressemitteilung finden Sie hier:

"OLG Brandenburg: Kunstfreiheit kann Abdruck von Zeitungsartikeln nebst Lichtbildern in einem Buch rechtfertigen" vollständig lesen