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OLG Köln: Ankerkraut gegen BUTCHER´s by Penny - Keine Markenrechtsverletzung durch Verwendung der Wortfolge "Beef Booster" und keine wettbewerbswidrige Nachahmung

OLG Köln
Urteil vom 08.09.2023
6 U 39/23


Das OLG Köln hat im Rechtsstreit zwischen Ankerkraut und Penny wegen des Produkts "BUTCHER´s by Penny" entschieden, dass keine Markenrechtsverletzung durch Verwendung der Wortfolge "Beef Booster" vorliegt. Zudem hat das Gericht auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche abgelehnt.

Aus den Entscheidungsgründen:
1. Der Klägerin steht kein Unterlassungsanspruch aus Markenrecht zu. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts wird Bezug genommen. Die Voraussetzungen des § 14 Abs. 5, Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind zwar insoweit erfüllt, als die Klägerin Inhaberin der u.a. für Gewürze und Gewürzmischungen eingetragenen und in Kraft stehenden Wortmarke „Beef Booster“ ist, der trotz der beschreibenden Anklänge eine zumindest geringe Kennzeichnungskraft zukommt, und die Beklagten bei der Trockenmarinade „BEEF BOOSTER“ ein mit der eingetragenen Marke identisches Zeichen für identische Ware verwendet haben. Es fehlt jedoch an der für die Feststellung einer Markenrechtsverletzung erforderlichen markenmäßigen Verwendung des geschützten Zeichens. Für die Beurteilung der - für einen Unterlassungsanspruch aus § 14 Abs. 5 MarkenG stets erforderlichen und unabhängig von der Kennzeichnungskraft der Marke zu prüfenden - markenmäßigen Benutzung kommt es stets auf die Umstände des Einzelfalles an, auf die konkrete Aufmachung, in der die angegriffene Bezeichnung dem Publikum entgegentritt, unter Berücksichtigung der Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor. Dies trägt die Klägerin selbst in der Berufungsbegründung zutreffend vor. Insoweit kann sie aus Urteilen zu anderen Sachverhalten nichts zu ihren Gunsten herleiten. Weder die von ihr angeführte Entscheidung des OLG München (Urteil vom 17.11.2005, 29 U 1927/05: Verwechslungsgefahr zwischen der Wortmarke MEMORY und einem Zeichen mit den Wortbestandteilen EDUCA memory game für Legekartenspiele) noch die Entscheidung des Senats im Verfahren 6 U 203/08 (Urteil vom 20.05.2009: Verwechslungsgefahr zwischen der Wortmarke „Powermoon“ und der Bezeichnung „LED-LENSER V 13 Power Moon" für Beleuchtungsgeräte) sind in tatsächlicher Hinsicht mit dem vorliegenden Fall vergleichbar. Anders als in den vom OLG München bzw. dem Senat entschiedenen Fällen werden die Marke „BUTCHER´S by PENNY“ und die Bezeichnung „BEEF BOOSTER“ nicht in unmittelbaren Zusammenhang zueinander bzw. als ein Gesamtzeichen verwendet. Die von der Klägerin dafür, dass die Verwendung mehrere Marken zur Kennzeichnung eines Produktes eine weit verbreitete Praxis darstelle, angeführte Entscheidung des OLG Hamburg (Urteil vom 29.01.2009, 3 U 44/07) hat eine markenmäßige Verwendung von „Yoghurt Gums“ für Fruchtgummi mit Schaumzucker in der konkreten Aufmachung als rein beschreibend verneint. Entsprechendes gilt für den vorliegenden Fall. Aus der maßgeblichen Sicht des informierten Durschnittverbrauchers, die der Senat, dessen Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis gehören, ohne weiteres selbst beurteilen kann, haben die Beklagten „BEEF BOOSTER“ in der angegriffenen Produktausstattung nicht herkunftshinweisend verwendet, sondern zur näheren Beschreibung des Produkts. Die Bezeichnung erfolgt weder an einer Stelle, an der der Verbraucher einen weiteren Herstellerhinweis erwartet, noch in einer Art und Weise, die auf eine markenmäßige Verwendung hindeutet. Die Herstellerangabe „BUTCHERS by Penny“ befindet sich hervorgehoben und als solche eindeutig erkennbar über der Produktangabe „TROCKENMARINADE“. Das angegriffene Zeichen befindet sich getrennt von der prominenten Herstellerangabe unter der ebenfalls groß hervorgehobenen Produktangabe in einem kleinen farbigen Feld. In einem solchen Feld erwartet der Verbraucher keine weitere Herstellerangabe, sondern eine nähere Angabe zur Sorte bzw. dem Verwendungszweck der Trockenmarinade. Dementsprechend fügt sich das angegriffene Zeichen nicht nur in die Produktlinie der Beklagten mit den drei weiteren Sorten-Bezeichnungen „CHICKEN BOOSTER“, „HOT CAJUN“ und „MAJIC DUST“ ein sondern entspricht letztlich auch der Kennzeichnungsgewohnheit der Klägerin selbst, die in einem Farbfeld unter der prominent hervorgehobenen Herstellerangabe „ANKERKRAUT“ die verschiedenen Geschmacksrichtungen bzw. Anwendungsbereiche wie „Rührei Kräuter“, „Chili-Pfeffer Salz“, „Pizza Gewürz“, „Omas Liebling“ pp. anführt er Vortrag der Klägerin, es entspreche den Kennzeichnungsgewohnheiten in der Gewürzmittelbranche, Dachmarken mit Untersorten zu führen, denen unterscheidungskräftige Untermarken/ Zweitmarken zugewiesen seien, ist nicht mit hinreichenden Tatsachen untermauert. Der Verweis auf rund zehn eigene Marken („Bang Boom Bang“, „Mango No. 5“, „Pull that Piggy“, „Smoking Zeus“, „Teufelskerl“, „Cherry Chipotle“, „SPIC KNOCKOUT“, „TERI AKI RUMBLE“, „TONKI-KONG“) sowie die Marken „just egg“ der Just Spice GmbH, „Sweet Tonka Kiss“ der Hartkorn Gewürzmühle GmbH und „Manina D Oro“ der Firma Edo Gewürze genügt für die Feststellung einer allgemeinen Gewohnheit nicht.

Soweit die Klägerin behauptet, ihre Marke erfreue sich so hoher Bekanntheit, dass der Verkehr das Zeichen als Unterscheidungsmittel auffasse, kann nicht festgestellt werden, dass die Klagemarke „Beef Booster“ überhaupt in nennenswertem Umfang für Gewürze / Gewürzmischungen verwendet wird, erst Recht nicht, dass sie eine hohe Bekanntheit genießt. Aus dem unlesbaren Screenshot Bl. 427 eA kann zu Gunsten der Klägerin nichts hergeleitet werden, und ihr Vortrag Bl. 427 f. eA zu 1.370 Kundenrezensionen sowie 300 Verkäufen im letzten Monat ist für Feststellungen zum tatsächlichen Absatz unzureichend. In keinem Fall folgt aus diesen geringen Mengen eine hohe Bekanntheit der Klagemarke.

Im Übrigen sind die Ausführungen des Landgerichts dazu, dass „Beef Booster“ auch von Mitbewerbern als Geschmacksangabe verwendet wird, nicht zu beanstanden. Die Richtigkeit dieses Vortrags der Beklagten wird durch die Anlagen Schmitt-Teworte (S-T) 31 und B6 („BEEF BOOSTER“ von BBQ / Aldi Süd), die Anlage B7 (Knorr Beef Booster) und die Anlage B8 (Beef Booster von Hanse & Pepper) belegt. Der Begriff „Booster“ wird im Gewürzbereich allgemein für Fleisch und Geflügel (Anl. B8: „FLEISCH BOOSTER“, „Steak Booster“, „BBQ BOOSTER“; Anl. S-T 9: „CHICKEN BOOSTER“), sonstige Produkte (Anl. B8: „BUTTER BOOSTER“) und sogar isoliert (Anl. B8: „Spice Booster“) verwendet.

2. Ein Unterlassungsanspruch folgt auch nicht aus § 8 Abs. 1 UWG. Die Parteien sind zwar Mitbewerber, die Klägerin also nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UGW klagebefugt, und der Vertrieb der angegriffenen Produkte durch die Beklagten stellt eine geschäftliche Handlung dar, diese ist jedoch mangels Unlauterkeit nicht nach § 3 UWG unzulässig. Keiner der von der Klägerin geltend gemachten Unlauterkeitstatbestände ist erfüllt. Es liegt weder eine unlautere Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG vor noch eine Herkunftstäuschung nach § 5 Abs. 2 UWG a.F. / § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F.

a. Wie bereits das Landgericht ausgeführt hat, kann das Anbieten einer Nachahmung nach § 4 Nr. 3 UWG wettbewerbswidrig sein, wenn das Produkt von wettbewerblicher Eigenart ist und besondere Umstände – wie eine vermeidbare Täuschung über die betriebliche Herkunft oder eine unangemessene Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung des nachgeahmten Produktes – hinzutreten, aus denen die Unlauterkeit folgt. Dabei besteht zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen eine Wechselwirkung. Je größer die wettbewerbliche Eigenart und je höher der Grad der Übernahme sind, desto geringere Anforderungen sind an die besonderen Umstände zu stellen, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen (ständige Rechtsprechung, s. zuletzt z.B. BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD, juris, Tz. 25).

Unter welchen Voraussetzungen wettbewerbliche Eigenart vorliegt, hat das Landgericht ebenfalls bereits zutreffend und umfassend dargelegt. Hierauf kann Bezug genommen werden. Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die konkrete Gestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen (BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22 – KERRYGOLD, juris, Tz. 34). Dies kann der Senat, dessen Mitglieder zum angesprochenen Verkehrskreis der Verbraucher gehören, ohne weiteres selbst feststellen.

Die Produktverpackung der ANKERKRAUT-Traditionslinie ist von wettbewerblicher Eigenart, die aus der Kombination folgender Gestaltungsmerkmale folgt:

- handelsübliches Korkenglas (Gewürzglas), ca. 10 cm hoch, ca. 170 ml. Füllvolumen;

- Korken und Glas verbunden mit einem kreisförmigen Papiersiegel in der Grundfarbe Schwarz, im Durchmesser etwas kleiner als der Korken, mit zwei seitlichen Streifen, die über den Korken und den oberen Glasrand reichen, so dass das Glas nicht geöffnet werden kann, ohne das Siegel sichtbar zu beschädigen;

- rundes Ankerkraut-Logo (Anker mit Zusatz AK) in der Mitte des Papiersiegels auf farbigem Grund; Farbe entsprechend der im unteren Drittel des Etiketts

- rechteckiges Etikett auf der Schauseite, zweifarbig, oberes Drittel Schwarz, unteres Drittel meist Braunrosa;

- Etikett auf der Schauseite im oberen Drittel unter dem silbernen Ankerkraut-Logo beschriftet jeweils in Silber mit groß „ANKERKRAUT“ und darunter klein „GESCHMACKSMANUFAKTUR“, im unteren Drittel beschriftet jeweils in Schwarz in großer Schreibschrift mit der Geschmacksrichtung (z.B. „Bratkartoffel Gewürz“) und darunter in kleiner Druckschrift einer ergänzenden Charakterangabe (z.B. „WÜRZIG UND RUSTIKAL“);

- rechteckiges Etikett auf der Rückseite, überwiegend Schwarz, mit den Pflichtangaben pp. in silberner Druckschrift.

Besonders prägend für die wettbewerbliche Eigenart ist die Gestaltung des Etiketts auf der Schauseite, an dem sich der angesprochene Verbraucher bei Produkten des täglichen Bedarfs - und so auch hier - in erster Linie orientiert (vgl. BGH, Urteil vom 19.10.2000, I ZR 225/98 - Vienetta, juris, Tz. 30, 33). Die Verwendung eines Korkenglases für Gewürze ist eine als solche nicht schutzfähige gestalterische Grundidee. Dass ein Korkenglas gegen Öffnen vor dem Verkauf geschützt werden muss, liegt auf der Hand, so dass die Verwendung eines Papiersigels als einfache und preiswerte Lösung ebenfalls nicht monopolisiert werden darf.

Die wettbewerbliche Eigenart der Produktlinie der Klägerin ist von Hause aus als gering zu bewerten. Das zurückhaltend gestaltete Schauseiten-Etikett mit seinen Angaben zu der Herstellerin und dem Produkt hat letztlich einen rein beschreibenden Charakter, ebenso wie das handelsübliche Korkenglas. Solche Gläser werden regelmäßig für Gewürze verwendet. Dies entspricht der Lebenserfahrung und wird durch das von den Beklagten vorgelegte Produktumfeld belegt. Soweit die Klägerin erstmals in der Berufungsbegründung die Marktrelevanz des Produktumfeldes mit Nichtwissen bestreitet, ist ihr Vortrag als verspätet zurückzuweisen. Die Beklagten hatten bereits in der Klageerwiderung zur Marktbedeutung vorgetragen und insbesondere für die von Aldi, Lidl und der Altenburger Senf- und Feinkost GmbH & Co. (unter Senfonia Premium) veräußerten Produkte konkrete Verkaufszahlen dargelegt. Die Klägerin hat auf die Berufungserwiderung nicht repliziert und ist dem erstinstanzlichen Vortrag der Beklagten auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten. Im Übrigen haben die Beklagten für die von Aldi und Lidl vertriebenen Produkte mit der Berufungserwiderung Belege für erhebliche Verkaufszahlen in Deutschland von insgesamt über 1,5 Mio. Stück im Zeitraum 2020 bis 2022 vorgelegt (s. Anl. B6 für Aldi / BBQ, Anl. B4 für Lidl / Kania; Anl. B5 für Lidl / Grillmeister; das Aldi-Produkt Grillmeister ist ausweislich der Katalogabbildungen Bl. 218 ff. eA außerdem noch im April 2023 veräußert worden). Dass die streitbefangenen Gläser typischerweise für Gewürze verwendet werden, ergibt sich sogar aus dem von der Klägerin selbst angeführten Designpreis red dot award, den sie im Jahr 2014 für das Verpackungskonzept des sich in „klassischen Gewürzgläser(n)“ präsentierenden Sortiments erhalten hat. Dass der Produktausstattung von Hause aus durchschnittliche oder gar überdurchschnittliche wettbewerbliche Eigenart zukommt, folgt aus der Verleihung des Designpreises nicht. Die Begründung zur Preisverleihung stellt im Wesentlichen auf den „unverwechselbaren Namen Ankerkraut“ und den deutlichen Bezug zur Hafenmetropole Hamburg mit dem Logo eines Ankers als traditionelles Seefahrersymbol ab.

Mit dem Landgericht kann von einer Steigerung der wettbewerblichen Eigenart aufgrund der Bekanntheit der Marke „Ankerkraut“ durch die Fernsehsendung „Höhle der Löwen“ ausgegangen werden, jedenfalls in Verbindung mit den von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragungen (Anlagen K6 bis K8), wobei dahinstehen kann, ob die Gutachten methodisch in jeder Hinsicht einwandfrei sind und/oder alleine für eine Feststellung der Steigerung ausreichend wären.

Dahinstehen kann auch, ob die wettbewerbliche Eigenart durch die von der Klägerin im März 2020 bzw. April 2021 ausdrücklich gebilligten Nachahmungen, die durch Lidl unter „Edle Gewürze … Kania“ (s. Anl. S-T 30) und Aldi unter „BBQ“ (s. Anl. S-T 31) vertrieben worden sind, und/oder die ebenfalls von Lidl unter „Grillmeister“ vertriebenen Gewürzmischungen und/oder das von der Klägerin lizensierte Produkt MOESTA

Die Entscheidung enthält an dieser Stelle ein Bild oder eine Grafik.

wieder verwässert worden ist.

Selbst wenn von einer von Hause aus geringen und durch Verkehrsbekanntheit gesteigerten, mithin durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart ausgegangen würde, wären die allenfalls nachschaffenden Nachahmungen der Beklagten (dazu aa.) nicht zu beanstanden. Bei der nachschaffenden Nachahmung bedarf es nämlich ausgeprägter besonderer Begleitumstände, um von der Unlauterkeit ausgehen zu können (s. Wille in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 61), an denen es hier fehlt (dazu bb. und cc.).

aa. Eine nahezu identische Nachahmung liegt vor, wenn das angebotene Produkt nur geringfügige, im Gesamteindruck unerhebliche Abweichungen von den die wettbewerbliche Eigenart begründenden Merkmales des Originalprodukts aufweist. Die sich gegenüberstehenden Produkte müssen ungeachtet kleinerer Abweichungen im Detail im Gesamteindruck einander so ähnlich sein, dass sie vom Verkehr praktisch nicht auseinandergehalten werden können. Eine nachschaffende Nachahmung liegt vor, wenn die fremde Leistung lediglich als Vorbild benutzt wird und eine bloße Annäherung an das Originalprodukt vorliegt. Dies ist der Fall, wenn das angebotene Produkt sich dem Originalprodukt in seinen die wettbewerbliche Eigenart begründenden Markmalen erkennbar annähert aber deutlich sichtbare Abweichungen im Gesamteindruck bestehen. Weisen die sich gegenüberstehenden Produkte allein in ihrer abstrakten Grundidee, aber nicht in ihrer diese umsetzenden konkreten Gesamterscheinung Übereinstimmungen auf, ist nicht einmal eine nachschaffende Nachahmung gegeben (s. Wille in Büscher, UWG, 2. Aufl., § 4 Nr. 3 Rn. 60 f.).

Im vorliegenden Fall nähern sich die Produktverpackungen der Parteien in erster Linie in der Grundidee der Verwendung eines handelsüblichen Korkenglases mit einer edel wirkenden Aufmachung (Siegel, schwarzes Etikett) an. In der konkreten Umsetzung dieser Grundidee finden sich dagegen so deutliche Unterschiede, dass im Erinnerungseindruck die Konkurrenzprodukte unverwechselbar sind. Insoweit liegt allenfalls eine nachschaffende Nachahmung vor.

Die wettbewerbliche Eigenart der Traditionslinie der Klägerin wird maßgeblich geprägt durch die zweifarbige Gestaltung des Etiketts auf der Schauseite und des Papiersiegels sowie dem bekannten, einprägsamen Namen Ankerkraut und das Ankerkraut-Logo. In diesen Elementen weicht die Produktausstattung der Beklagten deutlich vom Original ab. Die Beklagten verwenden für das Etikett bereits eine andere Grundform mit einer gerundeten Oberkante. Außerdem ist die Grundfarbe des Etiketts und des Siegels ausschließlich Schwarz. Das farbige untere Drittel der Etiketten der Klägerin findet eine allenfalls angedeutete Entsprechung in dem kleinen Farbfeld für die Geschmacksrichtung, wobei das Farbkonzept der Beklagten mit drei verschiedenen Farben für die drei Geschmacksrichtungen nicht dem der Klägerin mit ganz überwiegend einem Farbton entspricht. Die Papiersiegel sind jeweils mit den unverwechselbaren Logos der Parteien beschriftet. Auch die Marken ANKERKRAUT und BUTCHER´S by Penny sind einander in keiner Hinsicht ähnlich. Die Eigenmarke der Beklagten „BUTCHER´S by Penny“ ruft Assoziationen (nur) zum Fleischbereich hervor, das auf die Seefahrt verweisende Zeichen „Ankerkraut“ dagegen Assoziationen zu allen weltweit gehandelten Gewürzen für jedes erdenkliche Gericht. Schließlich fügt sich das angegriffene Design ohne weiteres in das sonstige unter „BUTCHER`S by Penny“ vertrieben Angebot der Beklagten ein. Die Beklagten vertreiben Hamburger-Zubehör (Patties, Brötchen, Fritten, Gewürze, Pommes-Salz), Steaks, Spare Ribs, Würstchen, Saucen etc. unter Verwendung der Grundfarbe Schwarz und des geschwungenen Butcher´s-Emblems mit kleinteiligen Zusätzen und der kleinen Abbildung eines Metzgers. Die entsprechenden typischen Gestaltungen der verschiedenen Produkte des breiten Sortiments folgt aus dem bindenden Tatbestand der angefochtenen Entscheidung (Seite 6 LGU) sowie den von den Beklagten zu Akte gereichten Unterlagen (Präsentation der Eigenmarke und der Produkte 2022, Anl. S-T 5 und S-T 6; Präsentation der Eigenmarke 2023, Anl. B 1). Die Wortmarke „BUTCHER´s by Penny“ ist seit 2017 eingetragen. Ihre aktuelle Verwendung u.a. auf den streitbefangenen Produkten entspricht im Gesamteindruck dem Design, in dem ausweislich der von den Beklagten vorgelegten Prospekte und Fotos aus dem Jahr 2017 (Anl. B 10 und B 11) bereits seit Jahren die Wort-Bildmarke der Beklagten BUTCHER´S Burger (Anl. B 2) verwendet worden ist.

Die Unterschiede in der Gestaltung treten nicht als geringfügig zurück, sondern führen zu einem abweichenden Gesamteindruck. Die Ausstattung der Klägerin wirkt in ihrer klaren Zweifarbigkeit und dem Bezug zur Seefahrt edel, puristisch und hanseatisch-weltoffen. Der Gesamteindruck der angegriffenen Produkte der Beklagten ist zwar auch hochwertig, dabei aber kleinteilig, bodenständig und westernmäßig-rustikal:

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Insgesamt nähern sich die Beklagten dem Produkt der Klägerin nicht dichter an als die von Aldi und Lidl unter „BBQ“ bzw. „Edle Gewürze … Kania“ und „Grillmeister“ vertriebenen Produkte:

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bb. Nach § 4 Nr. 3 lit. a) UWG handelt unlauter, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Dabei ist zwischen einer unmittelbaren Herkunftstäuschung und einer mittelbaren Herkunftstäuschung zu unterscheiden. Eine unmittelbare Herkunftstäuschung liegt vor, wenn die angesprochenen Verkehrskreise annehmen, bei der Nachahmung handele es sich um das Originalprodukt. Eine Herkunftstäuschung im weiteren Sinne liegt vor, wenn der Verkehr von geschäftlichen oder organisatorischen - wie lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen - Beziehungen zwischen den beteiligten Unternehmen ausgeht oder wenn er die Nachahmung für eine neue Serie oder ein unter einer Zweitmarke vertriebenes Produkt des Originalherstellers hält.

Soll die Annahme einer vermeidbaren Herkunftstäuschung mit dem Argument bejaht werden, die angesprochenen Verkehrskreise könnten annehmen, dass lizenzvertragliche Verbindungen zwischen dem Hersteller des Originalprodukts und dem Anbieter der Nachahmung bestehen, müssen bei einer deutlichen Kennzeichnung der Produkte mit einem abweichenden Herstellerkennzeichen - über die Nachahmung hinausgehende - Hinweise vorliegen, die diese Annahme rechtfertigen. Ein solcher Hinweis kann beispielsweise darin liegen, dass die Beklagte zuvor Originalprodukte der Klägerin vertrieben hat oder die Parteien früher einmal durch einen Lizenzvertrag verbunden waren. Sofern die Gefahr einer Herkunftstäuschung damit begründet werden soll, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt werde, es handele sich bei dem Produkt des Wettbewerbers um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Unterlassungsgläubigers, müssen entsprechende Feststellungen zu den Kennzeichnungsgewohnheiten auf dem in Rede stehenden Markt und zum Verständnis der von den Produkten angesprochenen Verkehrskreise getroffen werden (BGH, Urteil vom 26.01.2023, I ZR 15/22-KERRYGOLD, juris, Tz. 46).

(1) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr ist bereits aufgrund der auf den Produkten deutlich aufgebrachten unterschiedlichen Kennzeichen ausgeschlossen. Nicht nur Herstellermarken, auch Handelsmarken/Eigenmarken schließen eine unmittelbare Herkunftstäuschung aus (vgl. BGH, Urteil vom – Knoblauchwürste, juris, Tz. 14). Der Ansicht der Klägerin, das Zeichen „by Penny“ gehe in der Gesamtgestaltung unter, kann nicht beigetreten werden. Der Zusatz ist unübersehbarer Teil der auf die streitbefangenen Produkte prominent angebrachten Eigenmarke der Beklagten zu 1.

(2) Eine mittelbare Herkunftstäuschung kommt vorliegend insoweit in Betracht, als es sich bei dem Kennzeichen der Beklagten erkennbar um eine Eigenmarke handelt. Bei Eigenmarken ist dem Verkehr bekannt, dass sich dahinter andere Hersteller verbergen können. Insoweit besteht jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit, dass der angesprochenen Verbraucher von lizenz- oder gesellschaftsvertraglichen Beziehungen zwischen den Parteien ausgehen könnte. Dagegen gibt es keine Anhaltspunkte für die Annahme, der Verbraucher könnte die Produkte der Beklagten als neue Produkte der Klägerin oder die Bezeichnung „BUTCHER´S by Penny“ für einer Zweitmarke der Klägerin halten.

Tatsächlich besteht aber auch keine Gefahr einer mittelbaren Herkunftstäuschung unter dem Gesichtspunkt des Anscheins möglicher lizenz- oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen zwischen den Parteien. Gegen eine solche Annahme spricht bereits die Tatsache, dass die Klägerin bereits in zwei Fällen den Vertrieb mindestens so deutlicher Nachahmungen ihrer Produktlinie durch große Discounter (Aldi und Lidl) nicht nur toleriert, sondern sogar werbewirksam gutgeheißen hat. Der Verbraucher hat keine Veranlassung davon auszugehen, dass der Discounter Penny – anders als Aldi und Lidl – in einer vertraglichen Beziehung zur Klägerin steht. Außerdem fügt sich die angegriffene Produktaufmachung unverkennbar in die gesamte „BUTCHER´S by Penny“-Serie der Beklagten ein. Der Verbraucher hat keine Veranlassung, auf die Klägerin als mögliche Herstellerin der Gewürzmischungen zu schließen. Das Renommee und die besondere Unternehmensgeschichte legen eine vertragliche Zusammenarbeit mit Discountern nicht nahe, jedenfalls nicht in der Form, dass die Produkte unauffällig in die Eigenmarke eingegliedert werden. Beim Bestehen lizenz- oder gesellschaftsvertraglicher Beziehungen würde der Verbraucher vielmehr eine werbewirksame eindeutige Bezugnahme auf die Klägerin erwarten. Insgesamt betrachtet hält die angegriffene Produktausstattung einen so deutlichen Abstand zum Originalprodukt der Klägerin, dass unter Berücksichtigung der Wechselwirkung zwischen der wettbewerblichen Eigenart, dem Grad der Nachahmung und den besonderen wettbewerblichen Umständen der Vorwurf einer unlauteren Nachahmung nicht begründet ist.

cc. Eine unangemessene Rufausnutzung oder Rufbeeinträchtigung nach § 4 Nr. 3 lit. b) UWG liegt nicht vor, auch wenn davon ausgegangen werden kann, dass das Produkt der Klägerin einen guten Ruf genießt. Bei durchschnittlicher wettbewerblicher Eigenart und einer allenfalls nachschaffenden Nachahmung gelten nach dem Grundsatz der Wechselwirkung relativ hohe Anforderungen an die Feststellung des Unlauterkeitstatbestandes. Besondere Begleitumstände, die hier ohne das Bestehen von Verwechslungsgefahr zu einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung führen könnten, sind nicht dargetan. Der angesprochene Verkehr erkennt die Leistungsergebnisse der Parteien als das, was sie sind, nämlich als Konkurrenzprodukte. Dass / in welcher Hinsicht die Nachahmung im Wesentlichen nicht dieselbe Qualität aufweisen soll wie ihre Gewürzmischungen, hat die Klägerin überdies nicht schlüssig vorgetragen. Soweit die angegriffenen Produkte aufgrund der Verwendung von Korkengläsern, Papiersiegeln und schwarzen Etiketten Assoziationen an das Originalprodukt und insoweit Aufmerksamkeit erwecken mögen, genügt dies für eine Rufübertragung i.S.d. § 3 Nr. 3 lit. b) UWG nicht.

b. Aus § 5 Abs. 2 UWG a.F. / § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG n.F., wonach eine geschäftliche Handlung irreführend und insoweit unlauter sein kann, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft, können im vorliegenden Fall keine weitergehenden Rechte hergeleitet werden als aus § 4 Nr. 3 lit. a) UWG, § 14 MarkenG. Dies sieht auch die Klägerin selbst so. Eine irreführende Produktvermarktung als Sonderfall der Irreführung über die betriebliche Herkunft ist aus den o.a. Gründen nicht feststellbar.


Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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