Das LG Hamburg hat entschieden, dass Online-Coaching der Zulassung nach § 12 FernUSG bedarf. Fehlt die Zulassung, so ist der Coaching-Vertrag nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig und der Anbieter hat keinen Anspruch auf Zahlung seiner Vergütung.
Aus den Entscheidungsgründen: Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus dem „Coaching“ Vertrag zu, da dieser Vertrag gem. § 7Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 1 S. 1 FernUSG nichtig ist. Schließlich handelt es sich bei dem Angebot der Klägerin um einen Fernunterrichtsvertrag (hierzu 1.), für den die Klägerin nicht über die erforderliche Zulassung gem. § 7 Abs. 1 FernUSG verfügt (hierzu 2.)
1. Bei dem von der Klägerin angebotenen Coaching handelt es sich - entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin - um Fernunterricht im Sinne des § 1 FernUSG.
a) Nach der Legaldefinition in § 1 Abs. 1 FernUSG ist Fernunterricht im Sinne dieses Gesetzes die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind (Nr. 1) und der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwachen (Nr. 2).
b) Bei der Auslegung des Gesetzes und der Qualifikation des streitgegenständlichen Lehrgangs war die Intention des Gesetzgebers beim Erlass des FernUSG zu berücksichtigen. Dieser wollte wegen eines gestiegenen Interesses an Fernlehrgängen den Verbraucherschutz in diesem Bereich stärken. Insbesondere waren Mängel beim Angebot von Fernlehrgängen dergestalt festgestellt worden, dass Angebote von geringer methodischer und fachlicher Qualität angeboten wurden, die nicht geeignet waren, das in der Werbung genannte Lehrgangsziel zu erreichen.
Die bislang geltenden Rechtsvorschriften waren als nicht hinreichend angesehen worden, da sie nicht die besondere Situation eines Fernunterrichtsinteressenten berücksichtigten, der immer Schwierigkeiten haben wird, seine eigenen Fähigkeiten, die Qualität des angebotenen Fernlehrgangs und dessen Eignung für seine Bedürfnisse einzuschätzen. Insbesondere konnten sie zur Verhinderung des für den Fernunterricht typischen „Schadens“, nämlich Enttäuschung der Bildungswilligkeit, weniger beitragen (BGH, Urteil vom 15. Oktober 2009, NJW 2010, 608).
Diese Intention des Gesetzgebers findet auch in der Formulierung des FernUSG ihren Niederschlag. So regelt § 8 FernUSG ein Umgehungsverbot, wonach §§ 2 bis 7 des Gesetzes auf Verträge, die darauf abzielen, die Zwecke eines Fernunterrichtsvertrages in einer anderen Rechtsform zu erreichen, entsprechende Anwendung finden. Die Kammer war daher gehalten, das Gesetz weit auszulegen (vgl. LG Berlin, Urteil vom 15. Februar 2022 – 102 O 42/21 –, Rn. 29 - 30, juris). Hiervon ausgehend war der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Fernunterrichtsvertrag zu qualifizieren.
c) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Ziff. 1 FernUSG waren erfüllt. Schließlich sah das gesamte „Kurskonzept“ der Klägerin vor, dass der Lehrende und er Lernende räumlich getrennt sind, da das Coaching ausschließlich Online – mittels Video-Coaching und Lernvideos – stattfinden sollte.
Dem steht insbesondere die Rechtsmeinung der Beklagten entgegen, dass die Coachingmodule - die einen deutlichen Schwerpunkt des „Kurskonzepts“ ausmachen, trotz der Videoübertragung keinen Fall der räumlichen Trennung darstellen.
Zwar sieht die Kammer, dass Teile der (spärlichen) Literatur und Rechtsprechung zum FernUSG die Teilnahme mittels Videokonferenz nicht als Fall einer räumlichen Trennung i.S.d. § 1 FernUSG ansehen, da es auf den direkten Kontakt zwischen Lehrendem und Lernendem bei der Wissensvermittlung ankomme (vgl. VG München, Urt. v. 14.0 September 1988 - M 6 K 86.7044 - NVwZ-RR 1989, 473; Nomos-BR/Vennemann FernUSG/Michael Vennemann, 2. Aufl. 2014, FernUSG § 1 Rn. 10).
Hiergegen spricht jedoch bereits der Wortlaut des § 1 FernUSG, welcher einzig und allein auf eine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden abstellt. Auch das OLG Köln geht in einer Entscheidung in einer Bußgeldsache dann von einer räumlichen Trennung aus, wenn weniger als die Hälfte des Lehrgangsstoffes im herkömmlichen Nah- oder Direktunterricht vermittelt würde (OLG Köln, Beschl. v. 24. November 2006 - 81 Ss-OWi 71/06 - 210 B Rn. 10).
Auch der Gesetzesbegründung ist keine derartig weite Auslegung des Wortlauts und damit einhergehende Einschränkung des Anwendungsbereichs des FernUSG zu entnehmen. So heißt es dort hinsichtlich der überwiegenden Trennung von Lernenden und Lehrenden, dieses Merkmal grenze
„den Fernunterricht einerseits gegenüber dem herkömmlichen Unterricht ab, der sich nur ausnahmsweise eines Mediums bedient, um eine ebenfalls nur in Ausnahmefällen vorhandene, unerhebliche räumliche Trennung von Lehrer und Schüler zu überbrücken (z. B. Tonübertragung in einen anderen Unterrichtsraum oder ein anderes Gebäude), und der jedenfalls weniger als die Hälfte des gesamten Lehrstoffs einer Unterrichtseinheit ohne die genannte räumliche Trennung anbietet“ (BT-Drs. 7/4245, S. 14).
Ein Fall der räumlichen Trennung war somit auch etwa eine Tonübertragung in einen anderen Unterrichtsraum bzw. ein anderes Gebäude. Dabei ist zwar zu sehen, dass Techniken der Videokonferenz zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu erahnen waren. Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Gesetzesbegründung auf eine räumliche Trennung im Wortsinne abstellt, ungeachtet technischer Möglichkeiten der Teilnahme am Unterricht – wenn auch nur durch Audioübertragung – aus Nebenräumen.
Dabei sieht das Gericht zwar auch, dass die Zeit augenscheinlich über das FernUSG hinweggegangen ist. Gleichzeitig ist hier – erneut – der bereits geschilderte Sinn und Zweck des FernUSG in den Blick zu nehmen. Schließlich war es insbesondere auch ein – augenscheinlich auch in der Gegenwart bedeutsames – Anliegen des Gesetzes, die teilweise mangelnde Seriosität der Fernlehrinstitute zu beheben (Fernunterrichtsschutzgesetz, Einleitung Rn. 7, beck-online).
d) Zudem sieht der streitgegenständliche Vertrag Lernerfolgskontrollen im Sinne des § 1 Nr. 2 FernUSG vor. Dabei handelt es sich um ein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal zu reinen Selbstlernmaterialien. Lernerfolgskontrolle ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der vom BGH in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2009 (III ZR 310/08, NJW 2010, 608) konkretisiert wurde. Danach sind nur geringe Anforderungen an die Lernerfolgskontrolle zu stellen. Es reicht die Möglichkeit aus, dass Teilnehmende im Rahmen der von dem Anbieter z.B. organisierten Informationsveranstaltungen oder begleitenden Unterrichtsveranstaltungen Fragen stellen und anhand der Antworten ihren Lernfortschritt feststellen können, um eine Lernerfolgskontrolle zu bejahen. Für die Lernerfolgskontrolle waren dabei die Zoom-Calls mit dem Vorstand der Klägerin persönlich vorgesehen.
Hierfür ist auch gerade nicht notwendig, dass innerhalb des Gesprächs eine gezielte Wissensabfrage durch den Lernenden vorgesehen ist, beispielsweise durch vorbereitete Kontrollfragen. Es genügt bereits, dass ein persönlicher Austausch zwischen Lernendem und Lehrendem vorgesehen ist, in dessen Rahmen die Möglichkeit zu Rückfragen im Kontext der Lerninhalte besteht. Es muss davon ausgegangen werden, dass im Rahmen der Gespräche mit dem Vorstand der Klägerin auch Themen im Kontext des Coaching-Programms besprochen werden, die sich (un-)mittelbar auf Lerninhalte beziehen und in diesem Rahmen auch die Möglichkeit zu Verständnisfragen besteht. Durch den Vergleich der Antwort auf die eigenen Nachfragen können die Coaching-Teilnehmer den eigenen Wissensstand überprüfen und nachvollziehen, ob sie bestimmte Inhalte entsprechend dem Coaching-Konzept bereits im Sinne des Vorstandes der Klägerin hinreichend verstanden haben. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit einer (wenn auch nicht als solchen deklarierten) Lernerfolgskontrolle.
e) Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt es für die Anwendbarkeit des FernUSG zudem weder darauf an, ob der Beklagte bei Vertragsschluss als Verbraucher oder Unternehmer gehandelt hat, noch darauf, ob er sich durch seine Aussagen als Unternehmerin gerierte (vgl. OLG Celle 3. Zivilsenat, Urteil vom 01. März 2023 - 3 U 85/22 - noch nicht rechtskräftig).
Der Wortlaut des FernUSG macht seine Anwendbarkeit nämlich an keiner Stelle von der Verbrauchereigenschaft des Lernenden abhängig. Soweit die Klägerin behauptet, dem Beklagten sei der Schutz durch das FernUSG zu verwehren, da das Gesetz dem Verbraucherschutz diene und der Beklagte sich an dem Rechtsschein halten lassen müsse, den er durch seine Aussage vor dem Vertragsschluss am 21. März 2022 gesetzt habe, verkennt die Klägerin, dass die Rechtsfolge des § 7 Abs. 1 FernUSG, die Nichtigkeit des Vertrages, ohne Geltendmachung eines Gestaltungsrecht durch die Beklagte kraft Gesetzes eintritt. Die Rechtsfolge steht nicht zur Disposition der Parteien; es fehlt damit der Anknüpfungspunkt für den Vorwurf widersprüchlichen Verhaltens.
f) Zudem erfordert die Subsumtion des streitgegenständlichen Vertrages unter des FernUSG insbesondere auch nicht die Einvernahme des Herrn T. G. von der staatlichen Zulassungsstelle für Fernunterricht als sachverständigen Zeugen. Schließlich liegt die rechtliche Bewertung und Würdigung des streitgegenständlichen Vertrages in den Händen des Gerichts.
2. § 7 Abs. 1 FernUSG schreibt eine generelle Zulassungspflicht für alle Fernlehrgänge mit Ausnahme sog. Hobbylehrgänge vor, die lediglich anzeigepflichtig sind (Abs. 1 Satz 3). Die Behauptung des Beklagten, die Klägerin verfüge nicht über eine entsprechende Zulassung, wurde nicht bestritten und ist damit gem. § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden anzusehen. Auch fehlt von Klägerseite jeder Vortrag dazu, der eine Ausnahme von dem Zulassungserfordernis gem. § 12 Abs. 1 S. 2 in Betracht kommen ließe.
Das LG München hat im vorliegenden Fall einen Anspruch auf Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gegen eine Partnervermittlungsagentur wegen erfolgloser Partnervermittlung abgelehnt.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Kein Rückzahlungsanspruch bei erfolgloser Partnervermittlung
Die 29. Zivilkammer des Landgerichts München I hat die Klage einer Kundin gegen eine Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften auf Rückabwicklung ihres Partnervermittlungsvertrags abgewiesen
Die Klägerin hatte die Rückzahlung der Vermittlungssumme von 7.400 Euro gefordert mit dem Argument, die Agentur hätte ihr – anders als vertraglich vereinbart - keinerlei adäquate Partner vorgeschlagen.
Nachdem die Klägerin sich bei der Beklagten aufgrund einer Anzeige in einer Fachzeitschrift gemeldet hatte, suchte eine Mitarbeiterin der Beklagten die Klägerin zu einem persönlichen, mehrstündigen Beratungsgespräch auf. In dem Gespräch wurde die berufliche und private Situation der Klägerin thematisiert. Auch wurden ihre Wünsche und Vorstellungen hinsichtlich des zukünftigen Partners besprochen. Die Klägerin erhielt nach dem sich anschließenden Abschluss eines Partnervermittlungsvertrags innerhalb einer Woche 20 Partnervorschläge, insgesamt bekam sie von der Beklagten 31 Partnervorschläge.
Die Klägerin beschwerte sich mehrfach bei der Beklagten darüber, dass die Partnerauswahl für sie nicht stimmig sei. Im Juli 2022 erklärte sie den Rücktritt vom Vertrag und machte hilfsweise die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung durch die Beklagte geltend.
Die Klägerin erklärte, dass die Mitarbeiterin der Beklagten ihr versichert habe, sie sei ihrem Aussehen, ihrem Bildungsgrad und Beruf, sowie ihrer Umgebung nach leicht zeitnah zu vermitteln. Allerdings habe keiner der übermittelten Partnervorschläge ihrem Anforderungsprofil entsprochen. Die private und berufliche Situation der Klägerin sei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Sie habe deutlich und mehrfach angegeben, dass sie sowohl zeitlich als auch örtlich unflexibel sei. Der Partnervorschlag sollte daher zwingend in München oder dem näheren Münchner Umland stattfinden. Auch sei der Klägerin insbesondere ein Alter von maximal bis 50 wichtig gewesen. Die Figur sollte groß, schlank und insbesondere sehr sportlich sein. Dabei habe sie auch in dem persönlichen Gespräch mehrfach herausgestellt, dass ihr die Optik sehr wichtig sei. Eine genau auf die Klägerin abgestimmte und handverlesene Partnersuche sei trotz der immer wieder hervorgehobenen Exklusivität der Beklagten nicht erkennbar. Die Dokumente der Beklagten seien nichtssagend und pauschal gewesen. Das Anforderungsprofil werde bewusst vage gehalten. Der Klägerin seien völlig unzureichende, nicht passende und willkürlich wirkende Vermittlungsvorschläge gemacht worden.
Nach informatorischer Anhörung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung und Einvernahme der Mitarbeiterin der Agentur zur Vermittlung von Partnerschaften als Zeugin, kam das Gericht zu der Überzeugung, dass weder eine Rückabwicklung des Vertrags möglich sei noch ein Verstoß gegen die guten Sitten oder eine arglistige Täuschung der Klägerin vorliege.
Ein grobes Missverhältnis zwischen der geforderten Bezahlung und den von der Beklagten erbrachten Partnervorschlägen, sei nicht zu erkennen. Zudem schulde die Beklagte der Klägerin nach dem Vertrag keine erfolgreiche Vermittlung.
Die von der der Klägerin im Formular „So stelle ich mir meinen Partner vor“ gegenüber der Beklagten gemachten Angaben seien nach Überzeugung des Gerichts in den vorgelegten Partnervorschlägen enthalten gewesen.
Weder der Vertrag noch die ausgefüllten Kundenformulare oder die Gesprächsnotizen ließen zudem eine Vereinbarung dahingehend erkennen, dass lediglich Partner aus München und dem näheren Umkreis in Betracht kämen. Vielmehr führte die Vermittlerin der Beklagten für das Gericht glaubhaft aus, Ortswünsche der Klägerin seien damals besprochen worden. Die Klägerin habe zu ihr gesagt, dass sie am liebsten etwas in München hätte. Diesbezüglich habe sie mit der Klägerin aber auch besprochen, dass die Klägerin flexibler sein solle, weil Männer gegebenenfalls bereit sind, ihre Örtlichkeit aufzugeben und zu ihr zu ziehen. Wenn das nämlich ein Ausschlusskriterium sei, dann könne sie die Kundin oder den Kunden auch nicht in die Datenbank der Beklagten mitaufnehmen, weil das örtlich zu spezifisch sei. Vor diesem Hintergrund befand das Gericht die Vermittlungsvorschläge der Beklagten insgesamt nicht in einem solchen Maße ungeeignet, dass sie bei wertender Betrachtung einer Nichtleistung gleichzusetzen seien. Die Partnervorschläge seien zumindest nicht völlig unbrauchbar gewesen.
Das Urteil vom 31.08.2023 ist nicht rechtskräftig.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass ein Spieler gegen den Betreiber eines in Deutschland illegalen Online-Casinos aus Malta einen Anspruch auf Erstattung seiner verlorenen Einsätze hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Verlustfrei zocken im Online-Casino
Kann eine Spielerin ihre in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlittene Verluste von deren Betreiberin zurückverlangen? Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu entscheiden.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, welcher mehrere Online-Casino-Seiten betreibt und über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta verfügt. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz in Deutschland oder für das Bundesland Rheinland-Pfalz, in welchem die Klägerin wohnt, verfügte die Beklagte hingegen jedenfalls im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze nicht. Die Internetseiten der Beklagten nebst den FAQ und den Geschäftsbedingungen sind vollständig auf Deutsch abgefasst.
In der Zeit vom 27.12.2015 bis zum 02.12.2020 verlor die Klägerin auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten unter Berücksichtigung von Gewinnen (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) Spielbeträge von insgesamt 632.250,00 €.
Die Klägerin ist der der Auffassung, dass aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbot von Online-Glückspielen sie einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten Einsätze habe. Weiterhin habe sie erst im Jahr 2022 erfahren, dass Online-Glückspiele im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erlaubt gewesen seien, sodass mögliche Rückzahlungsansprüche nicht verjährt seien.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der Spieleinsätze in Höhe von 632.250 €.
Die Entscheidung:
Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage vollumfänglich stattgegeben.
Die Klägerin habe einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten und verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250,00 €, weil die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erlangt habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glückspielvertrag verstoße im streitgegenständlichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig.
Zwar sei der Glückspielstaatsvertrag im Jahr 2021 neu geregelt und es bestünde nunmehr die Möglichkeit, eine Erlaubnis für öffentliche Glückspiele im Internet zu erhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Gesetzesverstoßes sei vorliegend aber Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, sodass es auf die Frage einer etwaigen späteren Legalisierung des Angebots der Beklagten nicht ankomme.
Vorliegend könne sich die Beklagte auch nicht auf § 762 BGB berufen, weil diese Vorschrift nur greife, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird.
Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 817 S. 2 BGB berufen, wonach die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig geblieben, dass die Klägerin in subjektiver Hinsicht vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hat. Ein lediglich objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz genüge nicht.
Im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin ist die Kammer nicht zur der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin positiv wusste, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) in dem streitgegenständlichen Zeitraum verboten waren. Die Klägerin habe sich problemlos auf der deutschsprachigen Webseite der Beklagten registrieren und auch die entsprechenden Zahlungen vornehmen können. Im Übrigen drängt sich nicht ohne Weiteres auf, dass die gleichen Glücksspiele, die in Spielhallen und Casinos erlaubt sind, einem Totalverbot unterliegen, wenn sie im Internet angeboten und zudem in den Medien beworben werden. Hinzu kommt, dass die Beklagte über eine Lizenz in einem EU-Staat verfügt und ihre Leistungen in Deutschland frei zugänglich angeboten hat. Bei dieser Sachlage musste es sich für die Klägerin nicht aufdrängen, dass das aus dem europäischen Ausland stammende Online-Angebot verboten sein könnte.
Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt, weil die Beklagte beweisfällig geblieben ist, dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2022 Kenntnis von der den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat.
Auszug aus dem Glückspielstaatsvertrag 2011:
§ 4 Allgemeine Bestimmungen
(1) […]
(4) Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.
Auszug aus dem Glückspielstaatsvertrag 2021:
§ 4 Allgemeine Bestimmungen
(1) […]
(4) Eine Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet darf nur für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien, für die Veranstaltung, Vermittlung und den Eigenvertrieb von Sportwetten und Pferdewetten sowie für die Veranstaltung und den Eigenvertrieb von Online-Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online-Poker erteilt werden. Im Übrigen sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 817 Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten
[...] Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
LG Traunstein
Versäumnisurteil vom 24.04.2023 9 O 2541/22
Das LG Traunstein hat entschieden, dass ein Anspruch auf Erstattung verlorener Einsätze gegen Anbieter in Deutschland verbotener Online-Glücksspiele besteht.
Aus den Entscheidungsgründen: 1. Das angerufene Landgericht Traunstein ist nach Art. 7 Ziff. 1, 2 EuGVVO international und örtlich zuständig. Soweit Ansprüche aus Leistungskondiktion geltend gemacht werden, sind diese als vertragliche Ansprüche unter dem Vertragsgerichtsstand nach Art. 7 Ziff. 1 EuGVVO einklagbar. Der Erfüllungsort liegt am Wohnsitz des Spielers in 8... R.. Soweit Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung geltend gemacht werden, folgt der Gerichtsstand aus Art. 7 Ziff. 2 EuGVVO, da der Schaden in Deutschland, nämlich am Wohnsitz des Spielers in Kastl eingetreten ist.
2. Nach Art. 6 der Rom I Verordnung ist deutsches Recht anwendbar. Der Nutzung der Internetdomain durch den Spieler liegt ein Verbrauchervertrag im Sinne dieser Vorschrift zugrunde. Der Spieler handelte nicht in Ausübung einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit. Die Beklagte ist eine Unternehmerin im Sinne dieser Vorschrift. Da sie das Glücksspiel auf ihrer deutschen Homepage anbot, übte sie ihre gewerbliche Tätigkeit in Deutschland aus. Daher unterliegt der Vertrag dem Recht Deutschlands, da hier der Spieler als Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Für die geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Ansprüche folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts somit aus Art. 12 Abs. 1 lit. e), 10 Abs. 1, 6 Abs. 1 Rom I VO.
Auf die deliktischen Schadensersatzansprüche findet gemäß Art. 4 Abs. 1 Rom II VO ebenfalls deutsches Recht Anwendung, da in Deutschland die Schadensfolge eingetreten ist.
3. Die Beklagte hat nach § 823 Abs. 2 BGB dem Kläger Schadensersatz zu leisten und hierzu gemäß § 249 Abs. 1 BGB die erhaltenen Zahlungen unter Abzug der erhaltenen Gewinne zurückzubezahlen. Die Beklagte hat gegen § 4 Abs. 4 des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland (GlÜStV) verstoßen, wonach das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten ist. Bei dem Staatsvertrag handelt es sich um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (vgl. Grüneberg, § 823, Rn. 75).
4. Der Kläger kann seinen Anspruch daneben auch auf § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB stützen, da die Zahlungen des Spielers an die Beklagte rechtsgrundlos erfolgten. Der Vertrag über die Ausübung des Glücksspiels auf der Internetdomain der Beklagten ist nach § 134 BGB nichtig, da die Veranstaltung eines öffentlichen Glücksspiels im Internet nach § 4 Abs. 4 GlÜStV bis zum 30.06.2021 verboten war. Der Rückforderungsausschluss gemäß § 817 Satz 2 BGB ist vorliegend nicht anwendbar, da ein Kondiktionsausschluss einerseits einen starken Anreiz für die Fortsetzung des gesetzeswidrigen Angebots durch Anbieter verbotener Online-Glücksspiele setzen würde und andererseits dem Schutzzweck der Verbotsnorm, nämlich dem Schutz der Spieler vor den Gefahren des Glücksspieles, zuwiderlaufen würde. Da es sich um ein verbotenes Glücksspiel handelt, ist auch § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB, nach dem das aufgrund eines (wirksamen) Spiel- oder Wettvertrages Geleistete nicht zurückgefordert werden kann, nicht anwendbar (vgl. Grüneberg, 82. Auflage, § 762, Rz. 3).
Leitsätze des BGH:
1. Verpflichtet sich eine Fotografin zur fotografischen Begleitung einer kirchlichen Hochzeit und der sich anschließenden Feier, wird die geschuldete Leistung nicht deshalb unmöglich, weil die vom Brautpaar mit 104 Gästen geplante Hochzeit und Feier aufgrund der Beschränkungen durch eine Corona-Schutzverordnung in diesem Umfang nicht durchgeführt werden kann und deshalb verlegt wird.
2. Zu einer ergänzenden Vertragsauslegung bei pandemiebedingter Verlegung einer Hochzeit und Hochzeitsfeier.
BGH, Urteil vom 27. April 2023 - VII ZR 144/22 - LG Gießen - AG Gießen
Der BGH hat entschieden, dass der Auftraggeber keinen Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung an eine Hochzeits-Fotografin wegen coronabedingter Verlegung des Hochzeitstermins hat.
Die Pressemitteilung des BGH: Bundesgerichtshof zu Vergütungsansprüchen einer Hochzeits-Fotografin nach Verlegung des Hochzeitstermins wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie
Der unter anderem für Rechtsstreitigkeiten über Werkverträge zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute über eine Klage auf Rückgewähr einer an eine Hochzeits-Fotografin geleisteten Anzahlung und auf Feststellung, dass ihr keine weiteren Vergütungsansprüche zustehen, weil die Kläger wegen Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie den Hochzeitstermin verlegten und deshalb von dem Vertrag zurücktraten bzw. diesen kündigten, entschieden.
Sachverhalt und bisheriger Prozessverlauf:
Die Kläger beabsichtigten, am 1. August 2020 kirchlich zu heiraten. Nachdem der Fotograf, der die standesamtliche Trauung begleitet hatte, zu diesem Termin verhindert war, wandten sich die Kläger an die Beklagte. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2019 bedankte sich die Beklagte für "die Beauftragung" und stellte für "Reportage Hochzeit 01.08.2020 (1. Teilbetrag)" 1.231,70 € von der insgesamt vereinbarten Vergütung in Höhe von 2.463,70 € in Rechnung. Die Kläger überwiesen den geforderten "1. Teilbetrag".
Die Kläger beabsichtigten, zu ihrer kirchlichen Hochzeit 104 Gäste einzuladen. Die Durchführung der so geplanten Hochzeit war aufgrund von Beschränkungen im Rahmen der Corona-Pandemie nicht möglich. Die Kläger planten deshalb neu eine Hochzeitsfeier für den 31. Juli 2021 und teilten der Beklagten mit E-Mail vom 15. Juni 2020 mit, für den neuen Termin den Fotografen beauftragen zu wollen, der am 1. August 2020 verhindert gewesen sei. Daraufhin forderte die Beklagte ein weiteres Honorar von 551,45 €, was die Kläger ablehnten. Diese verlangten vielmehr die Rückzahlung der bereits überwiesenen 1.231,70 € und erklärten wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage den "Rücktritt von dem vorstehend bezeichneten Vertrag bzw. dessen Kündigung".
Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.231,70 € und zusätzlicher 309,40 € für außergerichtliche Kosten sowie die Feststellung, dass sie nicht verpflichtet sind, weitere 551,45 € an die Beklagte zu zahlen.
Die Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision haben die Kläger ihr Klagebegehren weiterverfolgt.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Kläger zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise die Ansprüche der Kläger auf Rückgewähr der Anzahlung und Feststellung, eine weitere Vergütung von 551,45 € nicht zu schulden, verneint.
Ein Anspruch auf Rückgewähr der Anzahlung folgt nicht daraus, dass der Beklagten die von ihr geschuldete Leistung unmöglich geworden ist. Denn ihr war es trotz der zum Zeitpunkt der geplanten Hochzeitsfeier geltenden pandemiebedingten landesrechtlichen Vorgaben möglich, fotografische Leistungen für eine kirchliche Hochzeit und eine Hochzeitsfeier zu erbringen. Das betreffende Landesrecht erlaubte kirchliche Hochzeiten und Hochzeitsfeiern sowie die Erbringung von Dienstleistungen und Handwerkstätigkeiten. Soweit die Kläger die Hochzeit und die Hochzeitsfeier wegen der nicht einzuhaltenden Abstände von mindestens 1,5 m nicht im geplanten Umfang (104 Gäste) durchführen konnten, führt das nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung.
Der Rückzahlungsanspruch folgt des Weiteren nicht aus einem Rücktrittsrecht der Kläger wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage oder einer ergänzenden Vertragsauslegung. Die ergänzende Vertragsauslegung, die Vorrang vor den Regelungen über die Störung der Geschäftsgrundlage hat, ergibt, dass die pandemiebedingte Verlegung der für den 1. August 2020 geplanten Hochzeit und der Hochzeitsfeier keinen Umstand darstellt, der die Kläger zum Rücktritt vom Vertrag berechtigte. Der Umstand, dass die Kläger nach Absage des vereinbarten Termins nur aus Gründen, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen, einen anderen Fotografen bevorzugten, ist nach Treu und Glauben unter redlichen Vertragspartnern unerheblich und deshalb im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung nicht zu berücksichtigen.
Den von den Klägern erklärten "Rücktritt" bzw. die "Kündigung" des Vertrags hat das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als freie Kündigung des Vertrags (§ 648 Satz 1 BGB) ausgelegt und darauf aufbauend einen Vergütungsanspruch der Beklagten aus § 648 Satz 2 BGB in Höhe von 2.099 € festgestellt. Dementsprechend besteht nicht nur kein Rückzahlungsanspruch der Kläger in Höhe von 1.231,70 €, sondern ist auch die negative Feststellungsklage der Kläger unbegründet. Deshalb können die Kläger schließlich die Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht verlangen.
Vorinstanzen:
AG Gießen - Urteil vom 26.November 2021 - 43 C 63/21
LG Gießen - Urteil vom 21. Juni 2022 - 1 S 1/22
Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werks den Vertrag jederzeit kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.
OLG Frankfurt
Hinweisbeschluss vom 19.01.2023 8 U 102/22
Das OLG Frankfurt hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass ein Sportwetten-Teilnehmer keinen Anspruch auf Rückzahlung verlorener Sportwetteinsätze gegen ein aus Unionsgründen konzessionsloses Wettbüro hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts Sportwetten - Aus Unionsgründen konzessionsloses Wettbüro haftet nicht für verlorene Sportwetteinsätze
Das OLG hat mit heute veröffentlichter Entscheidung bestätigt, dass ein Wettbüro nicht zur Rückzahlung verlorener Wetteinsätze verpflichtet ist.
Wurde einem Wettbüro im Hinblick auf unionsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen über die Erteilung von Konzessionen zur Veranstaltung von Sportwetten keine Konzession erteilt, obwohl es sich darum bemüht hat, kann das konzessionslos handelnde Wettbüro nicht sanktioniert werden. Schließt eine Privatperson mit einem solchen Wettbüro Sportwetten ab, sind diese nicht wegen Gesetzesverstoß nichtig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit heute veröffentlichter Entscheidung bestätigt, dass das Wettbüro in diesem Fall nicht zur Rückzahlung verlorener Wetteinsätze verpflichtet ist.
Der Kläger nimmt das beklagte Wettbüro auf Rückzahlung verlorener Sportwetten in Anspruch. Er hatte von 2018 bis 2020 in Wettbüros der Beklagten und über deren deutschsprachige Webseiten Sportwetten abgeschlossen. Die Onlinewetten tätigte er von zu Hause über sein Smartphone; seinen Einsätzen im Internet in Höhe von gut 40.000 € stehen Auszahlungen von knapp 5.000 € gegenüber. Die Beklagte verfügte in der streitgegenständlichen Zeit nicht über eine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten. Sie hatte zwar eine Konzession beantragt. Das VG Wiesbaden hatte die zuständige Behörde auch zur Erteilung verpflichtet. Das Verfahren war aber wegen unionsrechtlicher Bedenken gestoppt worden. Zwischenzeitlich verfügt die Beklagte über eine Konzession.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Das OLG hielt die hiergegen eingelegte Berufung ebenfalls für erfolglos. Es bestätigte, dass der zwischen den Parteien geschlossene Wettvertrag nicht wegen eines Gesetzesverstoßes des konzessionslos handelnden Wettbüros nichtig sei. Ein Mitgliedstaat dürfe keine strafrechtlichen Sanktionen für ein Verhalten verhängen, mit dem der Betroffene verwaltungsrechtlichen Anforderungen nicht genüge, die gegen Unionsrecht verstießen. So sei es hier. Die damals geltenden Regelungen nach dem Glücksspielstaatsvertrag 2012 zur Konzessionserteilung für die Veranstaltung von Sportwetten seien intransparent gewesen und hätten deshalb gegen Unionsrecht verstoßen.
Im Hinblick auf die Unionswidrigkeit der damals geltenden Bestimmungen zur Konzessionserlangung dürfte die Beklagte weder strafrechtlich noch verwaltungsrechtlich sanktioniert werden. Die fehlende Konzession wirke sich dann auch nicht auf die Wirksamkeit der Wettverträge mit dem Kläger aus. Dies gebiete der Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung. Sei eine öffentlich-rechtliche Verbotsnorm (hier das Verbot der Veranstaltung von Glücksspielen ohne Konzession) im Ausnahmefall wegen Verstoßes gegen übergeordnetes Unionsrecht nicht wirksam, bleibe auch der privatrechtliche Vertrag (hier zwischen dem Wettbüro und dem Kläger) wirksam.
Dabei dürften sich allerdings nur solche Anbieter auf die Unionswidrigkeit berufen, die - wie hier das beklagte Wettbüro - alles unternommen hätten, um eine Sportwettenkonzession zu erlangen. Insoweit habe das Landgericht entgegen der Auffassung des Klägers gerade nicht der Beklagten „indirekt jedes Glücksspielangebot ohne Grenzen zugesprochen“. Die Entscheidung übertrage allein die Folgen der der gerichtlich festgestellten Rechtswidrigkeit des damaligen Konzessionsverfahrens konsequent auf das Privatrecht.
Der Kläger hat auf diesen Hinweis hin seine Berufung zurückgenommen. Damit ist das klageabweisende Urteil des Landgerichts rechtskräftig.
Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Hinweisbeschluss vom 19.1.2023, 8 U 102/22
Erläuterungen:
Das OLG Frankfurt am Main, 23. Zivilsenat hatte sich im Rahmen eines Hinweisbeschlusses vom 8.4.2022, Az 23 U 55/21 vor einem Jahr mit der Frage der Rückerstattung verlorener Wetteinsätze bei Teilnahme an einem Online-Casino befasst. Dort waren Ansprüche des Spielers gegen die auf Malta ansässige Casinogesellschaft zuerkannt worden.
Der Senat grenzt sich von dieser Entscheidung ab und verweist darauf, dass nach dem damals geltenden Glücksspielstaatsvertrag 2012 Online-Sportwetten grundsätzlich genehmigungsfähig gewesen wäre, nicht aber Online-Casino-Angebote.
Das OVG Münster hat entschieden, dass die Rückforderung von im Frühjahr 2020 ausgezahlten Corona-Soforthilfen rechtswidrig war, da kein wirksamer Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung in den Bewilligungsbescheiden enthalten war.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Rückforderung von Corona-Soforthilfen war rechtswidrig - nicht benötigte Hilfen dürfen aber noch zurückgefordert werden
Die erfolgten (Teil-)Rückforderungen von Corona-Soforthilfen sind rechtswidrig und die Rückforderungsbescheide deshalb aufzuheben. Das Land hat sich bei der Rückforderung nicht an die bindenden Vorgaben aus den Bewilligungsbescheiden gehalten, wonach die Mittel ausschließlich dazu dienten, eine finanzielle Notlage abzumildern, insbesondere Finanzierungsengpässe zu überbrücken. Wenn Zuwendungsempfänger die Corona-Soforthilfen in dem dreimonatigen Bewilligungszeitraum im Frühjahr 2020 nicht oder nur teilweise zu diesen Zwecken benötigt haben, darf das Land allerdings neue Schlussbescheide erlassen und überzahlte Mittel zurückfordern. Das hat das Oberverwaltungsgericht heute entschieden und damit drei Urteile des Verwaltungsgerichts Düsseldorf im Ergebnis bestätigt.
Die Kläger sind Selbstständige (ein freiberuflicher Steuerberater und Dozent für Steuerrecht, eine Inhaberin eines Kosmetikstudios sowie ein Betreiber eines Schnellrestaurants), die von den infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie betroffen waren. Sie stellten im ersten Lockdown am 30. März bzw. 1. April 2020 beim Land NRW einen Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe. Mit Bewilligungsbescheiden vom jeweils gleichen Tag wurden ihnen Soforthilfen in Höhe von jeweils 9.000 Euro als einmalige Pauschale bewilligt und wenig später ausgezahlt. Nachdem die Kläger bezogen auf den dreimonatigen Bewilligungszeitraum (März bis Mai 2020 bzw. April bis Juni 2020, je nach Zeitpunkt der Antragstellung) Einnahmen und Ausgaben rückgemeldet hatten, ergingen automatisiert Schlussbescheide. Darin wurde ein aus dem elektronischen Rückmeldeformular errechneter „Liquiditätsengpass“ festgestellt und die Differenz zwischen diesem und dem ausgezahlten Pauschalbetrag zurückgefordert. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat diese Schlussbescheide aufgehoben.
Das Oberverwaltungsgericht ist dem nur im Ergebnis gefolgt und hat die Berufungen des Landes zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Vorsitzende des 4. Senats im Wesentlichen ausgeführt:
Die Schlussbescheide sind rechtswidrig und aufzuheben, weil das Land die Vorgaben der Bewilligungsbescheide nicht beachtet hat, die für die endgültige Festsetzung bindend sind. Danach diente die Soforthilfe ausschließlich zur Milderung pandemiebedingter finanzieller Notlagen, insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen. Das später vom Land geforderte Rückmeldeverfahren findet in den Bewilligungsbescheiden keine Grundlage. Die darin von den Zuwendungsempfängern verlangten Angaben waren ungeeignet, um die letztlich jeweils zu belassende Fördersumme unter Berücksichtigung der bindenden Festsetzungen der Bewilligungsbescheide zu bestimmen. In welchem Umfang Fördermittel während des Bewilligungszeitraums tatsächlich im Rahmen der Zweckbindung der Förderung verwendet worden sind, konnte dort nicht angegeben werden. Denn darauf kam es nach dem Rechtsstandpunkt des Landes, das insoweit den Vorgaben des Bundes folgte, schon nicht an. Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil sie ohne eine hierfür erforderliche Rechtsgrundlage vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen worden sind.
Das Land bleibt allerdings berechtigt, die den Empfängern letztlich zustehende Soforthilfe in Form von neu zu erlassenden „Schlussbescheiden“ endgültig festzusetzen und die überzahlten Beträge zurückzufordern. Die Corona-Soforthilfe wurde als Billigkeitszuschuss in Gestalt einer einmaligen Pauschale bewilligt. Trotz missverständlicher Formulierungen in den Bewilligungsbescheiden stand die Bewilligung angesichts der noch unbekannten Entwicklung und Dauer der pandemiebedingten Beschränkungen der Wirtschaft von Anfang an noch klar erkennbar zumindest unter dem Vorbehalt, ob und in welchem Umfang die bewilligten Finanzmittel für den ausschließlichen Zuwendungszweck benötigt würden. Jeder Empfänger einer Soforthilfezuwendung konnte in Nordrhein-Westfalen zwar darauf vertrauen, dass er keine Mittel zurückzahlen muss, die er während des Bewilligungszeitraums berechtigterweise „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie“ oder „zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind“, verwendet hatte. Objektiven Empfängern der Bewilligungsbescheide musste sich aber auch aufdrängen, dass die Soforthilfe vollumfänglich nur zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden durfte, entsprechende Mittelverwendungen nachzuweisen und bei Einzelfallprüfungen zu belegen sowie nicht zweckentsprechend benötigte Mittel nachträglich zu ermitteln und zurückzuzahlen waren. Den Bewilligungsbescheiden lässt sich hingegen nicht entnehmen, dass sie auch bezogen auf die Berechnungsgrundlagen für die Rückzahlung unter dem Vorbehalt einer noch zu entwickelnden Verwaltungspraxis stehen sollten.
Auch wenn in Nordrhein-Westfalen stets die Höchstfördersumme bewilligt worden war, finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass eine Rückzahlung - abweichend vom Bundesprogramm - nur erfolgen musste, wenn dieser Betrag höher war als eine wie auch immer zu bestimmende Umsatzeinbuße. Insoweit tritt der offensichtlich nicht gemeinte Wortlaut hinter dem klar erkennbaren Förderzweck zurück. Allerdings ist unklar geblieben, ob das Land die Rückzahlungspflicht ebenso wie der Bund nur davon abhängig machen wollte, dass die gewährten Mittel (vollständig) zum Ausgleich des eingetretenen Liquiditätsengpasses benötigt worden sind. Nahe liegt, dass eine Rückzahlung auch solcher Mittel nicht erfolgen sollte, die „zur Milderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbstständigen“ benötigt worden sind. Denn die Überbrückung von Liquiditätsengpässen wurde in den Bewilligungsbescheiden und der Erläuterung des Landes im Internet nur beispielhaft erwähnt. Soweit durch eine erkennbar irrtümlich verwendete und offensichtlich nicht wörtlich so gemeinte Formulierung des Landes über den Umfang der Rückzahlungspflicht Zweifel verblieben, müssen diese zu Lasten des Landes gehen.
Von einem Liquiditätsengpass in Gestalt vorübergehender Zahlungsschwierigkeiten konnten Zuwendungsempfänger ausgehen, sobald sie bis zum Ablauf bestehender Zahlungsfristen neben den verbliebenen laufenden Überschüssen keine ausreichenden eigenen Einnahmen - auch nicht aus weiterhin möglichen und tatsächlich abgeschlossenen Kompensationsgeschäften - erzielen konnten, um Zahlungsverpflichtungen ohne Rückgriff auf Rücklagen im Rahmen des „Cashflow“ auch ohne staatliche Fördermittel noch rechtzeitig ausgleichen zu können. Sofern das Existenzminimum des Selbstständigen nicht durch Sozialleistungen abgedeckt worden war, durften bis zum 1.4.2020, 13:30 Uhr, bewilligte Mittel auch dann eingesetzt werden, wenn die Umsätze des geförderten Betriebs nicht einmal mehr ausreichten, um dieses Existenzminimum finanzieren zu können. Entgegenstehende Klarstellungen des Bundes waren bereits vor ihrer Veröffentlichung am 30.3.2020 für Nordrhein-Westfalen vom 29.3.2020 bis zum 1.4.2020, 13:30 Uhr, außer Kraft gesetzt worden. Für spätere Bewilligungen war sowohl in den Kurzfakten des Bundes als auch in den Informationen des Landes bis zum 12.5.2020 übereinstimmend klargestellt, dass der Lebensunterhalt einschließlich der Bedarfe für Ernährung, Kleidung, Hausrat etc. sowie der Kosten für Unterkunft und Heizung nicht durch die Soforthilfe, sondern durch Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II abgesichert werden sollte.
Der Senat hat die Revision jeweils nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet.
Das OLG Braunschweig hat entschieden, dass ein Spieler gegen den Betreiber eines in Deutschland illegalen Online-Casinos aus Malta einen Anspruch auf Erstattung seiner verlorenen Einsätze hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Online-Glücksspieler bekommt Geld zurück
Ein Spieler aus Braunschweig verlor in den Jahren 2018 und 2019 über 40.000 Euro bei Casino-Glücksspielen im Internet. Auf die Klage des Spielers verurteilte das Landgericht Braunschweig den in Malta ansässigen Veranstalter zur Erstattung des verlorenen Einsatzes.
Der Veranstalter ging dagegen in Berufung, die jedoch ohne Erfolg blieb. Das Oberlandesgericht Braunschweig wies nun mit Urteil vom 23. Februar 2023 (Az. 9 U 3/22) die Berufung zurück. Die Rückforderung sei berechtigt. In Niedersachsen war es nach damaliger Gesetzeslage verboten, Online-Glücksspiele anzubieten. Der Spielvertrag mit dem Kläger sei deshalb nichtig. Der Kläger könne demzufolge seinen Spielverlust erstattet verlangen.
Eine abweichende Bewertung ergebe sich auch nicht durch den bloßen Hinweis in der Werbung oder auf der Homepage des Veranstalters, dass sich das Spielangebot nur an Einwohner Schleswig-Holsteins richte. Denn daraus folge nicht zwingend, dass die Glücksspielteilnahme für Teilnehmende anderer Bundesländer verboten sei. Im Übrigen habe der beklagte Veranstalter auch nicht bewiesen, dass der in Braunschweig wohnende Kläger anderweitig von diesem Verbot Kenntnis erlangt habe. Als Beweis genüge es nicht, lediglich allgemein auf Berichte in den Medien zu verweisen, da der Kläger diese nicht zwangsläufig wahrgenommen habe und auch dazu nicht verpflichtet gewesen sei.
Das Berufungsurteil ist nicht rechtskräftig. Das Oberlandesgericht Braunschweig hat wegen der Bedeutung für zahlreiche ähnliche Verfahren in Deutschland die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.
Das LG Bielefeld hat entschieden, dass der Teilnehmer an einem illegalen Online-Glücksspiel einen Anspruch gegen den Online-Glücksspielbetreiber auf Rückzahlung der Einsätze aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB hat.
Aus den Entscheidungsgründen: Die Anwendbarkeit deutschen Rechts ergibt sich aus Art. 6 Abs. 1 der Rom I-VO. Danach ist bei Verträgen mit Verbrauchern – wie hier – das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies betrifft auch die Beurteilung der Wirksamkeit des Vertrags sowie etwaige Folgen der Nichtigkeit des Vertrags, vgl. Art. 12 Abs. 1 Buchst. a, e Rom I-VO, einschließlich der bereicherungsrechtlichen Folgen, vgl. Art. 10 Abs. 1I Rom II-VO (OLG Frankfurt Beschl. v. 08.04.2022, 23 U 55/21).
2. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von 15.176,00 € gegen die Beklagte.
Dieser ergibt sich aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB.
a) Unstreitig hat die Beklagte im Zeitraum von 24.09.2019 bis 08.04.2021 aufgrund von Einzahlungen des Klägers – unter Berücksichtigung von entsprechenden Auszahlungen - einen Betrag von 15.176,00 € als Vermögensvorteil erlangt. Diesem Vorbringen des Klägers ist die Beklagte nicht entgegengetreten.
b) Die Leistung erfolgte allerdings ohne Rechtsgrund, da die Spielverträge wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen und gemäß § 134 BGB nichtig sind.
Nach vorstehender Norm ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten. Gegen dieses Verbot hat die Beklagte verstoßen, indem sie ihre Online-Glücksspiele auch Spielteilnehmern in Nordrhein-Westfalen zugänglich gemacht hat. Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV a.F. steht in Einklang mit Unionsrecht (BGH Urt. v. 28.09.2011, I ZR 92/09; BVerwG Urt. v. 26.10.2017, BVerwGE 160, 193). Der EuGH hat entschieden, dass die unionsrechtliche Kohärenzprüfung beschränkender Maßnahmen im Glücksspielsektor im Einzelfall Sache der nationalen Gerichte ist (vgl. EuGH, Urteil vom 8. September 2010, C-46/08, NVwZ 2010, 1422). Zwar besteht nach der Neuregelung des GlüStV 2021 die Möglichkeit der Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet, § 4 Abs. 4 Satz 1 GlüStV 2021. Dass die Beklagte eine derartige Erlaubnis für den Betrieb von Online-Casinos erteilt worden ist, trägt sie jedoch nicht vor. Ohne entsprechende Erlaubnis sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet weiterhin verboten, § 4 Abs. 4 Satz 2 GlüStV 2021. Im Übrigen ist für die Frage der Nichtigkeit eines Vertrages gem. § 134 BGB auf den hier maßgeblichen Zeitraum 2019-2021 abzustellen, da sich die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes grundsätzlich nach dem zum Zeitpunkt seiner Vornahme geltenden Recht richtet (BGH Urt. v. 23.02.2012, I ZR 231/10). Im Fall der nachträglichen Aufhebung eines Verbotsgesetzes ist anerkannt, dass die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, das zuvor unter Verstoß gegen das aufgehobene Gesetz abgeschlossen wurde, hiervon grundsätzlich unberührt bleibt (BGH Urt. v. 03.07.2008, III ZR 260/07).
c) Auch steht § 762 Abs. 1 Satz 2 BGB dem nicht entgegen. Dieser setzt einen grundsätzlich wirksamen Vertrag voraus, der nur gem. § 762 Abs. 1 Satz 1 BGB keine Verbindlichkeit begründet. Bei anderweitig begründeter Unwirksamkeit des Spiel- oder Wettvertrags, insbesondere bei Nichtigkeit gemäß § 134 BGB, bestimmt sich die Rückerstattung geleisteter Einsätze nach den allgemeinen Regeln des Bereicherungs- und Deliktsrechts (Habersack in: MüKo BGB, 8. Aufl. 2020, § 762 Rn. 24).
d) Dem Rückzahlungsanspruch steht auch keine Kondiktionssperre nach § 817 S. 2 BGB entgegen. Gem. § 817 S. 2 BGB ist eine Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Gesetzes- oder Sittenverstoß zur Last fällt.
Neben den objektiven müssen die subjektiven Voraussetzungen erfüllt sein. Der Leistende muss sich zumindest leichtfertig dem Gesetzes- oder Sittenverstoß verschlossen haben (vgl. BGH Urt. v. 22.04.1997, XI ZR 191/96). Für die Voraussetzungen des § 817 S. 2 BGB sind die bereicherten Beklagten darlegungs- und beweisbelastet (vgl. Sprau in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, 817 Rn. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 12.11.2021,12 W 13/21).
Diese ist jedoch beweisfällig geblieben. Der Beklagten ist es nicht gelungen, das Gericht davon zu überzeugen, dass dem Kläger bewusst war, dass er an einem illegalen Glücksspiel teilnimmt und mithin wusste, selbst strafbare Handlungen zu begehen.
aa) Der Kläger hat hierzu im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben, er habe nie daran gedacht, dass seine Teilnahme an Online-Glücksspielen strafbar sein könnte. Die Internetpräsenz der Beklagten hätte für ihn den Eindruck erweckt, als handele es sich um ein völlig legales Angebot. Es habe sich schließlich um eine deutsche Website gehandelt, auf der er sich mit seinem Personalausweis verifizieren musste. Zudem seien die Einzahlungen von seinem deutschen Bankkonto abgebucht worden, ohne dass seine Bank etwas dagegen eingewendet habe. Er sei das erste Mal im Sommer 2021 durch eine Werbeanzeige darauf aufmerksam geworden, dass es sich um ein illegales Glücksspielangebot handeln könnte.
bb) Die Angaben des Klägers waren nachvollziehbar und plausibel, Zweifel an der Richtigkeit haben sich nicht ergeben. Hiernach ergab sich auch kein Anhaltspunkt dafür, der Kläger habe sich der Einsicht in die Strafbarkeit seines Handelns leichtfertig verschlossen.
cc) Die Beklagte hat ihrerseits auch keinen Beweis für Vorsatz oder Leichtfertigkeit angetreten.
Die erforderliche Kenntnis des Klägers ergibt sich nicht bereits aus dem Umstand, dass es im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze bereits Medienberichte zur Frage der Legalität sowie erste Urteile über Rückerstattungen aus illegalem Online-Glücksspiel gegeben hat. Denn allein das Vorhandensein dieser Berichterstattung lässt nicht den zwingenden Schluss zu, dass der Kläger die Berichte und Informationen auch inhaltlich wahrgenommen hat.
Auch aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergibt sich die erforderliche Kenntnis des Klägers nicht. Es entspricht bereits der Lebenserfahrung, dass Verbraucher Allgemeine Geschäftsbedingungen im Internet regelmäßig nicht positiv zur Kenntnis nehmen. Letztlich kann dies dahinstehen. Denn auch aus den allgemeinen Geschäftsbedingungen ergibt sich nicht hinreichend eindeutig, dass die Teilnahme an den angebotenen Glücksspielen am Wohnort des Klägers gesetzlich verboten war. Vielmehr folgt hieraus lediglich, dass der Kläger hierzu eigene Nachforschungen anzustellen habe. Die vom BGH (BGH Urt. v. 26.01.2006, IX ZR 225/04) geforderte Eindeutigkeit des gesetzlichen Verbots folgt hieraus jedenfalls nicht.
dd) Im Übrigen kann dahin stehen, ob der Kläger sich der Erkenntnis, dass er an einem illegalen Glücksspiel teilnimmt, leichtfertig verschlossen hat.
Denn eine Anwendbarkeit des § 817 Abs. 2 BGB ist - selbst das Vorliegen seiner Voraussetzungen unterstellt - aufgrund einer gebotenen teleologischen Reduktion ausgeschlossen (so auch LG Paderborn, Urteil vom 08.07.2021, 4 O 323/20; LG Gießen, Urteil vom 25.02.2021, 4 O 84/20; LG Meiningen, Urteil vom 26.01.2021, 2 O 616/20; LG Aachen, Urteil vom 28.10.2021, 12 O 510/20).
Sinn und Zweck des § 817 S. 2 BGB ist es, dass derjenige, der sich selbst außerhalb der Rechtsordnung bewegt, hierfür keinen Schutz erhalten soll. Dieser Schutzzweck kann im Einzelfall mit den Steuerungszielen kollidieren, die das gesetzliche Verbot verfolgt (Schwab in: MüKo, BGB, 8. Aufl. 2020, § 817 Rn. 22). Ziel des Glücksspielstaatsvertrags und konkret des § 4 Abs. 4 GlüStV ist der Schutz des Spielers vor suchtfördernden, ruinösen oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels (vgl. LG Aachen, a.a.O.). Die Gefährdung des Spielers besteht fort, solange diese Angebote für ihn verfügbar sind. Ein Ausschluss der Rückforderung, wie ihn § 817 S.2 BGB eigentlich vorschreibt, würde die Anbieter von Online-Glücksspielen zum Weitermachen geradezu ermutigen, denn sie könnten die erlangten Gelder - ungeachtet der zum streitgegenständlichen Zeitpunkt herrschenden Illegalität ihres Geschäftsmodells und somit der Nichtigkeit des Vertrages – behalten.
Aus diesem Gesichtspunkt ist auch eine Rückforderung nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen.
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Teilnehmer an einem illegalen Online-Glücksspiel einen Anspruch gegen den Online-Glücksspielbetreiber auf Rückzahlung der Einsätze hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Teilnahme an Online-Glücksspielen - Rückzahlungsanspruch eines Spielers
Der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat über das Bestehen eines Rückzahlungsanspruchs im Kontext der Teilnahme an Online-Glücksspielen entschieden.
Der Kläger nahm auf der von der Beklagten - von ihrem Sitz im europäischen Ausland aus - betriebenen Website an Online-Glücksspielen, hier in Form von "Poker" und "Black Jack", teil. Seine auf die Rückzahlung seiner Spieleinsätze gerichtete Klage hat das erstinstanzlich zuständige Landgericht abgewiesen.
Auf die dagegen gerichtete Berufung hat der Senat das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Die keinen Zulässigkeitsbedenken begegnende Klage sei begründet. Die Anwendung deutschen Rechts folge aus Art. 6 Abs. 1 lit b) Rom-I-VO. Nach Maßgabe dessen könne der Kläger Rückzahlung seiner Spieleinsätze nach der bereicherungsrechtlichen Vorschrift des § 812 Abs. 1, S. 1, 1. Alt. BGB verlangen. Der zwischen den Parteien geschlossene Spielvertrag sei gemäß § 134 BGB wegen Verstoßes gegen § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 von Anfang an nichtig gewesen. Nach dieser Vorschrift sei im maßgeblichen Zeitraum das Veranstalten von Glücksspielen im Internet verboten gewesen. Die Vorschrift des § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 sei im fraglichen Zeitraum wirksam und auch materiell mit dem Unionsrecht vereinbar gewesen. Der Nichtigkeit des Vertrages gemäß § 134 BGB stehe auch nicht entgegen, dass sich die Verbotsnorm des § 4 Abs. 4 GlüStV nur an die Beklagte, nicht jedoch an den Kläger richte; zwar sei in dem Falle, dass das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner treffe, regelmäßig nicht von der Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts auszugehen. Dies sei hier aber anders zu beurteilen, da es dem Sinn und Zweck, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und dem Jugendschutz, zuwiderlaufe, geschlossene Verträge über Online-Glücksspiele trotz des Verbots als wirksam anzusehen.
Die Rückforderung scheide auch nicht wegen Eingreifens einer Ausschlussnorm aus. § 762 Abs. 1 S. 2 BGB setze eine hier nicht gegebene Wirksamkeit des Spiel- und Wettvertrages voraus. Im Rahmen der Ausschlussnorm des § 817 S. 2 BGB sei zu berücksichtigten, dass die deutschsprachige Internetseite sowie der deutschsprachige Kundenservice der Beklagten dem Grunde nach durchaus geeignet seien, den Anschein von Legalität vermitteln. Auch im Lichte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ergebe sich keine andere Beurteilung; die vollständige Erfassung oder sogar inhaltliche Auseinandersetzung des Verbrauchers damit könne nicht erwartet werden, namentlich dann nicht, wenn diese lediglich elektronisch abrufbar und von gewissem Umfang seien.
Selbst wenn man annehmen wolle, die Vorschrift des § 817 S. 2 BGB erfasse auch leichtfertiges Handeln, ergebe sich kein anderes Ergebnis, denn ein derartiges Handeln des Klägers sei nicht anzunehmen. Insbesondere könne der Inhalt von § 4 GlüStV 2012, zumal bei einem juristischen Laien, nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden. Eine allgemeine Bekanntheit lasse sich auch nicht allein aus Beiträgen in der Presseberichterstattung ableiten; es sei kein solches Ausmaß erreicht, dass eine Kenntnisnahme bei durchschnittlichem Medienkonsum nach der Lebenserfahrung angenommen werden könne. Soweit die Werbung für Online-Glücksspiele im Übrigen einen textlich dargestellten und/oder schnell gesprochenen Hinweis dahingehend beinhalte, das Angebot richte sich nur an Spieler in Schleswig-Holstein, führe auch dies zu keiner anderen Beurteilung. Eine allgemeine Bekanntheit des generellen Verbots von Online-Glücksspielen außerhalb dieses Bundeslandes in Deutschland lasse sich daraus nicht herleiten. Jedenfalls bedürfe es einer einschränkenden Auslegung des § 817 S. 2 BGB; es dürfe nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das in Frage stehende Verbotsgesetz verfolge. Der Anspruch des Klägers sei im Übrigen auch nicht wegen Rechtsmissbräuchlichkeit ausgeschlossen.
Der Anspruch des Klägers ergebe sich zudem aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1, 4 GlüStV, § 284 StGB. Beide letztgenannten Vorschriften seien Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB und die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt.
Der Anspruch des Klägers sei auch nicht gemäß § 254 BGB aufgrund eines überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen oder beschränkt; denn ein Verschulden des Klägers in eigenen Angelegenheiten durch die freiwillige Hingabe des Geldes zu Zwecken des Online-Glücksspiels anzunehmen, liefe Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4 GlüStV zuwider und konterkariere auch dessen Charakter als Schutzgesetz.
Die Ansprüche des Klägers seien schließlich auch nicht verjährt, §§ 195, 199 BGB. Der Kläger habe schlüssig und seitens der Beklagten nicht erheblich bestritten dargetan, dass er erst im Jahr 2021 aufgrund entsprechender Berichterstattung in den Nachrichten von der möglichen Unwirksamkeit der mit der Beklagten geschlossenen Verträge erfahren habe. Die Verjährungsfrist habe somit erst mit Ende des Jahres 2021 zu laufen begonnen.
Das VG Köln hat entschieden, dass die Rückforderung von im Frühjahr 2020 ausgezahlten Corona-Soforthilfen in NRW rechtswidrig ist. Die Bescheide enthielten keinen wirksamen Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Verwaltungsgericht Köln: Rückforderung von Corona-Soforthilfen ist rechtswidrig
Die Rückforderung von im Frühjahr 2020 ausgezahlten Corona-Soforthilfen durch das Land Nordrhein-Westfalen ist rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln heute mit sechs Urteilen entschieden und damit den Klagen von Solo-Selbstständigen und Kleinunternehmern stattgegeben.
Nachdem im Frühjahr 2020 aufgrund pandemiebedingter Einschränkungen zunehmend kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerieten, legte das Land das Förderprogramm „NRW-Soforthilfe 2020“ auf. Es bewilligte in großer Zahl pauschale Zuwendungen in Höhe von 9.000 Euro an in Not geratene Betriebe, darunter auch an die sechs Kläger. Später ermittelte das Land, ob die bei den Zuwendungsempfängern ohne Förderung vorhandenen Mittel seinerzeit tatsächlich nicht ausgereicht hätten, um Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens nachzukommen. Nur solche Liquiditätsengpässe erkannte das Land als förderfähig an. Die Soforthilfen setzte es dementsprechend durch Schlussbescheide niedriger als ursprünglich bewilligt fest und forderte entsprechende Teilbeträge zurück. Dabei stellte es sich auf den Standpunkt, die Auszahlungen aufgrund der Bewilligungen im Frühjahr 2020 seien lediglich vorläufig erfolgt. Für die Höhe der Förderung komme es zudem auf Umsatzausfälle nicht an. Die Kläger waren anderer Auffassung und erhoben im Januar dieses Jahres Klagen gegen die Schlussbescheide.
Die Klagen waren erfolgreich. Das Gericht ist dem beklagten Land in seinen beiden zentralen Argumenten nicht gefolgt. Es hat die angegriffenen Schlussbescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt: Das Land ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Bewilligungen im Frühjahr 2020 unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung standen. Ein solcher Vorbehalt ist zwar rechtlich möglich, muss aber aus den Bewilligungsbescheiden klar erkennbar hervorgehen. Jedwede Unklarheit geht zu Lasten der Behörde. Diese hat es in der Hand, Auslegungsprobleme durch eindeutige Formulierungen zu vermeiden. Die an die Kläger gerichteten Bewilligungsbescheide enthielten weder ausdrücklich noch indirekt einen solchen Vorbehalt. Auch aus den sonstigen zum Bewilligungszeitpunkt verfügbaren Informationen, insbesondere den vom Land veröffentlichten Hinweisen zum Förderprogramm, mussten die Kläger nicht den Schluss ziehen, es habe sich um eine bloß vorläufige Bewilligung gehandelt. Ob die Förderrichtlinie des Landes vom 31.05.2020 etwas anderes regelt, ist irrelevant, weil diese bei Erlass der Bewilligungsbescheide noch nicht existierte.
Zudem sind die Schlussbescheide rechtswidrig, weil das Land darin für die Berechnung der Soforthilfen alleine auf einen Liquiditätsengpass abgestellt hat. Die Bewilligungsbescheide erlaubten aber auch eine Verwendung der Soforthilfen zur Kompensation von Umsatzausfällen. An diese Festlegung war das Land in der Folge gebunden.
Beim Verwaltungsgericht Köln sind noch etwa 400 Klagen betreffend die Rückforderung von Corona-Soforthilfen anhängig. Die heute entschiedenen Klagen sind repräsentativ für einen Großteil dieser Fälle. Das Gericht beabsichtigt, über das Vorgehen in den weiteren Verfahren zu entscheiden, sobald in den heute verhandelten Verfahren rechtskräftige Entscheidungen vorliegen.
Gegen die Urteile kann das Land Berufungen einlegen. Über diese würde das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden.
Das OLG Köln hat entschieden, dass der Teilnehmer an einem illegalen Online-Glücksspiel keinen Anspruch gegen den Zahlungsdienstleister auf Rückzahlung der Einsätze hat.
Auis den Entscheidungsgründen: aaa) Ein auf Erstattung von Zahlungsbeträgen gerichteter Anspruch des Klägers aus § 675c Abs. 2, § 675 Abs. 2 Satz 1, § 675u Satz 2 BGB ist nicht gegeben. Ein solcher Anspruch setzt einen nicht autorisierten Zahlungsvorgang voraus, was im vorliegenden Fall aufgrund der durch den Kläger erteilten Autorisierungen nur angenommen werden könnte, wenn die Autorisierungen nichtig wären.
bbb) Dies ist hier nicht der Fall, denn die Autorisierungen sind, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat, nicht nach § 134 BGB nichtig.
(1) Soweit das Landgericht eine Nichtigkeit nach § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 verneint hat, wird auf die keiner Ergänzung bedürfenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen, denen die Berufung auch nicht entgegen tritt.
(2) Die Autorisierungen sind auch nicht nach § 134 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 nichtig. Dabei kann dahin stehen, ob die Autorisierung des (spielenden) Kunden als dessen einseitige Willenserklärung überhaupt als Mitwirkungshandlung der Beklagten im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 in Betracht kommt (zweifelnd Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221). Denn ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 würde die Wirksamkeit der Autorisierung nicht berühren.
(a) Teilweise wird die auf einen Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStv 2011 gestützte Nichtigkeit der Autorisierung für möglich erachtet, jedoch unter Hinweis auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 vom Einschreiten der Glücksspielaufsichtsbehörde abhängig gemacht; habe diese ein Verbot der Mitwirkung angeordnet, solle die Autorisierung nach § 134 BGB nichtig sein (vgl. OLG München, Beschluss vom 6. Februar 2019 - 19 U 793/18, WM 2019, 1301, 1303 f.; LG Düsseldorf, Urteil vom 10. Oktober 2019 - 8 O 398/18, BeckRS 2019, 24433 Rn. 21; LG Hamburg, Urteil vom 3. Januar 2020 - 330 O 111/19, BeckRS 2020, 1847 Rn. 11; ebenso Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175).
Ergänzend wird darauf abgestellt, dass der in § 1 GlüStV 2011 niedergelegte Schutzzweck konterkariert würde, nähme man eine Nichtigkeit der Zahlungsvorgänge an, denn die Möglichkeit der Schadlosstellung beim Zahlungsdienstleister begründete - einem "Freibrief" gleichkommend - für Spieler den Anreiz, ohne eigenes Verlustrisiko an illegalen Glücksspielen teilzunehmen (OLG München, Beschluss vom 6. Februar 2019 - 19 U 793/18, WM 2019, 1301, 1304; LG Düsseldorf a.a.O. Rn. 24; LG Hamburg a.a.O.; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175; ebenso Vossler, in BeckGOK-BGB, Stand: 1. Juni 2021, § 134 Rn. 219 aE).
(b) Andere wiederum vertreten den Standpunkt, dass Autorisierungen stets wirksam seien, auch wenn die zu autorisierende Zahlung gegen ein gesetzliches Verbot verstoße (Schmalenbach, in: BeckOK-BGB, Stand: 62. Edition [1. Mai 2022], § 675j Rn. 6; Vossler, in BeckGOK-BGB, Stand: 1. September 2020, § 134 Rn. 219).
Dies wird zum einen damit begründet, dass das in § 675o Abs. 2 BGB geregelte Recht des Zahlungsdienstleisters, die Ausführung eines gegen sonstige Rechtsvorschriften verstoßenden autorisierten Zahlungsvorgangs abzulehnen, funktionslos sei, wenn der Rechtsverstoß bereits zur Unwirksamkeit der Autorisierung führe (Schmalenbach a.a.O.). Des Weiteren wird aus der Gesetzessystematik ein Gebot abgeleitet, die Autorisierung als solche wertneutral zu behandeln und die Zulässigkeit der Zahlung ex post aus der Sicht des Zahlungsdienstleisters zu beurteilen, wofür auch die Haftungsfreistellung in § 676c Nr. 2 BGB spreche (Schmalenbach a.a.O.).
(c) Der Senat tritt im Ergebnis dem letztgenannten Standpunkt bei, demzufolge Autorisierungen auch wirksam sind, wenn die zu autorisierende Zahlung gegen das Mitwirkungsverbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 verstößt. Denn § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist kein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB (vgl. Landgericht Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 10 S 5/19, Anlage B 37 - Bl. 203 ff. [210 ff.] eA m.w.N.; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 175; Vossler, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. September 2020, § 134 Rn. 219; in diesem Sinne auch Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 328 und [zu § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021]; Findeisen, WM 2021, 2128, 2135; a.A. obiter dicta wohl LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745, das im Rahmen der Prüfung des § 823 Abs. 2 BGB unter anderem den Charakter des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 als "Verbotsgesetz" diskutiert und bejaht).
(aa) § 134 BGB, demzufolge ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt, findet auch auf die Autorisierung im Sinne des § 675j Abs. 1 BGB Anwendung. Zwar handelt es sich hierbei um eine einseitige empfangsbedürftige Erklärung des Zahlungsdienstnutzers (vgl. Jungmann, in: MünchKommBGB, 8. Aufl., § 675j Rn. 12; Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 675j Rn. 3). Doch ist dies unschädlich. Denn als Rechtsgeschäft im Sinne des § 134 BGB sind auch einseitige Rechtsgeschäfte wie etwa Gestaltungserklärungen und Kündigungen erfasst (vgl. nur BGH, Urteil vom 18. Februar 2020 - KZR 7/17, NJW-RR 2020, 546 Rn. 18; Armbrüster, in: MünchKommBGB, 9. Aufl., § 134 Rn. 34).
(bb) Jedoch handelt es sich bei § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 nicht um ein Verbotsgesetz, dessen Verletzung die Wirksamkeit der Autorisierung berührt.
(aaa) Dabei ist im Ausgangspunkt allerdings davon auszugehen, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 eindeutig ("... sind verboten") ein Verbot ausspricht. Dieses Verbot besteht unabhängig von einer gegenüber den Normadressaten des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 erfolgen Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote durch die Glücksspielaufsichtsbehörde; die Bekanntgabe nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 setzt ein Mitwirkungsverbot voraus und bedingt nicht erst ein solches.
(bbb) Darüber hinaus steht außer Zweifel, dass die Unterbindung von Transaktionen dem mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Zweck, illegales Glücksspiel zu unterbinden, Rechnung trägt. Denn ein für Zahlungsdienstleister bestehendes Regressrisiko kann diese zum Rückzug aus dem Glücksspielsegment veranlassen, wodurch Glücksspieleanbietern das Angebot (unerlaubter) Glücksspiele und Spielern das Erlangen von Spielguthaben erschwert würde (vgl. Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 220; ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745). Das demgegenüber vereinzelt vorgebrachte "Freibrief"-Argument (vgl. dazu oben unter [2] [a]) ist durchaus vertretbar, jedoch schon deswegen nicht überzeugend, weil die Spieler sich des Zahlungsdienstleisters überhaupt nicht bedienen könnten, wenn diese das Mitwirkungsverbot, was ihnen ohne Weiteres möglich ist, beachten würden.
(ccc) Allerdings bedingt eine systematischhistorische Betrachtung der Regelungen des Glücksspielstaatsvertrages 2011 die Notwendigkeit, bei der Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 einzubeziehen (zutreffend Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 220; vgl. auch Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 149; Neuhof, WuB 2020, 332, 335 f.). Dies ergibt sich auch aus den Gesetzesmaterialien, in denen der innere Zusammenhang zwischen den beiden vorgenannten Regelungen hervorgehoben wird (vgl. nur LT BW-Drucks. 15/1570 S. 17, 32). Den Gesetzesmaterialien lässt sich des Weiteren entnehmen, dass nur eine subsidiäre Inanspruchnahme der Zahlungsdienstleister nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 ermöglicht werden sollte, denn diese setzte neben der vorherigen Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote eine erfolglos gebliebene Inanspruchnahme des vom Online-Glücksspielverbot in § 4 Abs. 4 GlüStV adressierten Veranstalters bzw. Vermittlers voraus (vgl. etwa LT BW-Drucks. 15/1570 S. 32). Dem durch den Kläger in diesem Zusammenhang (ab Bl. 111 eA) eingenommenen Standpunkt, ein Rückgriff auf die Gesetzesmaterialien sei ausgeschlossen (ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 746), vermag der Senat nicht beizutreten. Der Rückgriff auf die Gesetzgebungsmaterialien ist allgemein anerkannt; es fügt sich, dass auch das Bundesverfassungsgericht in seinem "Spielhallenbeschluss" auf die Erläuterungen zum Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrag zurückgegriffen hat (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. März 2007 - 1 BvR 1314/12 u.a., BVerfGE 145, 20 Rn. 133; vgl. auch Hendricks/Lüder a.a.O.).
Sieht man § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 und § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 im Zusammenhang, ergibt sich, dass § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 lediglich die gesetzliche Grundlage dafür schafft, dass die Glücksspielaufsicht die Mitwirkung gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 untersagt und so das Verbot aus § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 konkretisiert. Zweck dieser Verknüpfung ist es ersichtlich, auf diesem mittelbaren Weg die Glücksspielveranstalter zu treffen, die ihren Sitz regelmäßig im Ausland haben und deshalb für deutsche Verwaltungsbehörden nicht erreichbar sind (vgl. Findeisen, WM 2021, 2128, 2129).
Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der vereinzelt geäußerte Einwand, bei einem solchen Verständnis sei § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 funktionslos (LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 745), als unbegründet. Im Gegenteil ermöglicht erst das in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 statuierte öffentlichrechtliche Mitwirkungsverbot eine auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 gestützte Inanspruchnahme von Zahlungsdienstleistern als Störer (wie hier Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 328; Hendricks/Lüders, ZfGW 2020, 216, 220, dort auch mit Hinweis auf die Rechtslage unter der Ägide des Glücksspielstaatsvertrages vom 30. Januar 2007, der wegen des Fehlens einer entsprechenden Verbotsnorm nur eine beschränkte Inanspruchnahme als Nichtstörer ermöglichte).
Mit Blick auf den öffentlichrechtlichen Charakter des Mitwirkungsverbots nach § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV, die nur subsdiär ausgestaltete Inanspruchnahme des gegen das Mitwirkungsverbot verstoßenden Zahlungsdienstleisters und die einseitige Ausgestaltung des Mitwirkungsverbots, die regelmäßig gegen eine Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts nach § 134 BGB spricht (vgl. Ellenberger, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 134 Rn. 9; Vossler, in: BeckGOK-BGB, Stand: 1. Juni 2022, § 134 Rn. 56; jeweils m.w.N.), geht der Senat davon aus, dass auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 die zivilrechtliche Wirksamkeit eines Rechtsgeschäfts - hier einer Autorisierung des Zahlers - unberührt lässt (in diesem Sinne auch Findeisen, WM 2021, 2128, 2135 [zu § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021]).
bbb) Auch ein Anspruch des Klägers aus § 675c Abs. 2, § 675f Abs. 1, § 280 Abs. 1 BGB ist nicht gegeben.
(1) (a) Die Beklagte hat mit dem (autorisierten) Transfer der Beträge als E-Geld von dem B-Konto des Klägers auf das B-Konto des Glücksspieleanbieters keine ihr gegenüber dem Kläger bestehende (neben)vertragliche Pflicht verletzt. Sie war vielmehr nach § 675o Abs. 2 BGB zur Ausführung der ihr erteilten Zahlungsaufträge verpflichtet und zu einer Ablehnung unter anderem nur berechtigt, wenn die Ausführung des Zahlungsauftrages nicht gegen sonstige Rechtsvorschriften verstößt. Dabei ist anerkannt, dass sich ein Zahlungsdienstleister in der Regel auf eine rein formale Prüfung darauf, ob der ihm erteilte Auftrag seinem äußeren Erscheinungsbild nach in Ordnung ist, beschränken darf (vgl. Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 675o Rn. 2/3, § 675f Rn. 8 m.w.N.). Da Zahlungsdienstleister bei der Abwicklung des Überweisungsverkehrs zum Zweck eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig werden, können sie sich wegen dieses beschränkten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge regelmäßig nicht um die Interessen der am Zahlungsverkehr beteiligten Personen kümmern und müssen sie sich nach dem sog. Grundsatz der Auftragsstrenge (Sprau a.a.O.) innerhalb der ihnen erteilten Aufträge halten (vgl. BGH, Urteile vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14; vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626; und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, WM 2010, 1393 Rn. 18).
Zwar ist anerkannt, dass Warn- und Hinweispflichten der Zahlungsdienstleister bestehen können, wenn sie von einem unmittelbar bevorstehenden wirtschaftlichen Zusammenbruch des Kontoinhabers Kenntnis haben (vgl. BGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14) oder wenn sie aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegen, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigt (vgl. BGH a.a.O. Rn. 15). Hieraus erwachsen jedoch keine generellen Prüfungs- und Überwachungspflichten der Zahlungsdienstleister. Vielmehr sind die Warn- und Hinweispflichten auf die Ausnahmefälle beschränkt, dass Treu und Glauben es nach den Umständen des Einzelfalls gebieten, den Auftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Auftraggeber auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren (BGH, Urteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626). Um die Zahlungsdienstleister nicht übermäßig zu belasten und um den bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht übermäßig zu erschweren, beschränken sich die Warn- und Hinweispflichten auf objektive Evidenz aufgrund massiver Verdachtsmomente; zusätzliche Prüfungspflichten sollen gerade nicht begründet werden (vgl. BGH, Urteile vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 16 und vom 22. Juni 2010 - VI ZR 212/09, WM 2010, 1393 Rn. 18).
(b) Nach Maßgabe der auch auf den vorliegenden Fall anwendbaren Maßstäbe sind hier Umstände, die geeignet wären, ausnahmsweise eine Warn- und Hinweispflicht der Beklagten gegenüber dem Kläger zu begründen, nicht feststellbar.
(aa) Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, war in dem Zeitpunkt der Autorisierung der Zahlungsaufträge durch den Kläger für die Beklagte nicht erkennbar, ob die Beträge, deren Transfer an den Glückspieleanbieter zunächst nur der Aufladung des dort für den Kläger geführten Spielerkontos diente, in der Folgezeit für unerlaubte Glücksspiele eingesetzt würden. Denn der Glücksspieleanbieter verfügte über eine Genehmigung für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen nach dem Gesetz zur Neuordnung des Glücksspiels des Landes C (Anl. B 2).
(bb) Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung verfangen nicht.
Zutreffend ist allerdings im Ausgangspunkt der Hinweis der Berufung darauf, dass das von der Genehmigung erfasste Online-Casinospiel nach den landesrechtlichen Vorschriften nur für Spieler erlaubt war, die - anders als der Kläger - ihren Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt in C haben.
Doch verhilft dies der Berufung nicht zum Erfolg. Denn nach dem unbestritten gebliebenen Beklagtenvorbringen bot der Glücksspieleanbieter auch Sportwetten an, deren Veranstaltung und Vermittlung im Internet nach § 4 Abs. 5 GlüStV 2011 erlaubnisfähig waren und die jedenfalls als Folge einer Entscheidung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs (Hessischer VGH, Beschluss vom 16. Oktober 2015 - 8 B 1028/15, NVwZ 2016, 171), in der das im Glücksspielstaatsvertrag vorgesehene Konzessionssystem als im Widerspruch zum Grundgesetz stehend eingestuft wurde, und unter dem Eindruck der Ince-Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Februar 2016 - Rs. C-336/14, NVwZ 2016, 369) auch ohne Konzession bundesweit geduldet wurden (vgl. Bayerische LT-Drucks. 18/11128 S. 70 f.).
Soweit die Berufung unter Hinweis auf die als Anlage B 4 vorgelegte Ergänzungsvereinbarung zum "Payment Processing Agreement" einwendet, die Zahlungstransfers an den Glücksspieleanbieter seien zweckgebunden nur für Onlinecasino und Onlinepoker erfolgt, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beklagte hat hierzu in erster Instanz in Erwiderung auf die mit Schriftsatz vom 2. November 2020 aufgestellte Behauptung des Klägers mit (nachgelassenem) Schriftsatz vom 25. November 2020 (auf GA 390 f.) unter Beweisantritt vorgetragen, dass der Glücksspieleanbieter die Zahlungsdienste der Beklagten auch für die von ihm angebotenen Sportwetten habe in Anspruch nehmen können und dass dies der durch die Beklagte mit dem Glückspieleanbieter gelebten Vertragspraxis entsprochen habe. Diesem Vorbringen ist der für die Voraussetzungen einer Warn- und Hinweispflicht darlegungs- und beweisbelastete Kläger bis zuletzt nicht entgegen getreten, so dass es nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden und somit als unstreitig zugrunde zu legen ist. Vor diesem Hintergrund durfte die Beklagte auch von der Verwendung des transferierten Geldes für Sportwetten im Sinne des § 4 Abs. 5 GlüStV 2011 ausgehen, für die es auf den Wohnsitz bzw. den gewöhnlichen Aufenthalt des Spielers im Zeitpunkt der Online-Spielteilnahme nicht ankam, weshalb es auf die damit zusammenhängenden Ausführungen der Berufung nicht ankommt und entgegen der von der Berufung (auf Bl. 101, 105 eA) vertretenen Annahme auch eine auf den Verdacht einer Straftat nach § 284 StGB gestützte Hinweispflicht der Beklagten nicht bestand.
(2) Auch sonst lässt sich eine Warn- und Hinweispflicht der Beklagten nicht begründen. Eine solche lässt sich insbesondere nicht aus einer (durch das "Payment Processing Agreement" vermittelten) bloßen Kenntnis der Beklagten von einer möglichen Teilnahme des Klägers an Glücksspielen (einschließlich Sportwetten) herleiten. Grundsätzlich hat aufgrund der im Zivilrecht herrschenden Privatautonomie jede Partei ihre Belange selbst wahrzunehmen.
(a) Zwar ist anerkannt, dass sich im Rahmen vertraglicher Beziehungen aus § 241 Abs. 2 BGB für eine Partei mit überlegener Sachkunde eine Warn- und Hinweispflicht zur Wahrung des Leistungs- oder Integritätsinteresses des Vertragspartners ergeben kann, wenn dieser mangels eigener Kenntnisse der Gefährdung seiner Belange nicht selbst in ausreichendem Maße entgegenwirken kann (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 2012 - III ZR 190/11, WM 2012, 2296 Rn. 14 m.w.N.).
So liegt der Fall hier jedoch nicht, denn es fehlt an der für die Annahme einer solchen Warn- und Hinweispflicht erforderlichen Informationsasymmetrie. Der Kläger wusste um den Verwendungszweck der transferierten Gelder und um das Verlustrisiko, das jedem Glücksspiel inhärent ist (zutreffend Beyer, WuB 2020, 378, 381, 382; in diesem Sinn auch Findeisen, WM 2021, 2128, 2135; Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221). Dass er das Risiko des Verlustes seines Spieleinsatzes nicht gekannt habe, behauptet auch der Kläger nicht, sondern er bestreitet, dass er von der Illegalität des Glücksspiels Kenntnis gehabt habe. Damit zeigt er jedoch weder eine Informationsasymmetrie im vorbeschriebenen Sinne noch ein mit der Illegalität verbundenes spezifisches Risiko auf, das über die jedem Glücksspiel innewohnenden vermögensrechtlichen Risiken hinausgeht.
Es ist auch nicht ersichtlich, welchen Sinn ein Hinweis der Beklagten an den Kläger hätte haben sollen. Wäre für die Beklagte erkennbar gewesen, dass die angewiesenen Beträge (möglicherweise) der Teilnahme an einem verbotenen Glücksspiel dienen sollten, hätte sie den Kläger auch nur hierüber unterrichten können. Sie konnte aber ohne Weiteres davon ausgehen, dass dies dem Kläger bereits bekannt war, wusste er doch, welchem Zweck die angewiesenen Beträge zu dienen bestimmt waren. Eine entsprechende Information des Klägers hätte bei diesem also vorhersehbar nicht zu einem Erkenntnisgewinn geführt.
(b) Offen bleiben kann in diesem Zusammenhang, ob sich etwas anderes ergibt, wenn die Glückspieleaufsicht den Zahlungsdienstleister gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 unterrichtet hat (so Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 149; ferner wohl Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 326 sub 1. aE). Denn vorliegend ist eine solche Unterrichtung weder dargetan noch ersichtlich.
ccc) Auch ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist nicht gegeben. Die Beklagte hat mit der Ausführung der durch den Kläger autorisierten Zahlungen zur Aufladung seines bei dem Glücksspieleanbieter geführten Spielerkontos nicht gegen ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB verstoßen. Dabei kann dahin stehen, ob die Beklagte vorliegend gegen das in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 statuierte Mitwirkungsverbot verstoßen hat. Denn § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 ist kein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739; Landgericht Berlin, Urteil vom 7. Oktober 2021 - 10 S 5/19, Anlage B 37 - Bl. 203 ff. (218) eA; Beyer, WuB 2020, 378, 382; Haertlein, in: BeckOGK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 150; Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 326 f., die aber die Annahme einer individualschützenden Wirkung als "durchaus vertretbar" ansehen; Hendricks/Lüder, ZfGW 2020, 216, 221; a.A. LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 744 ff., das allerdings seine Prüfung eines Schutzgesetzes mit der eines Verbotsgesetzes im Sinne von § 134 BGB vermengt).
(1) Als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB kommt jede Rechtsnorm gemäß Art. 2 EGBGB in Betracht, die (zumindest auch) dazu dienen soll, den Einzelnen oder einzelne Personenkreise gegen die Verletzung eines bestimmten Rechtsguts zu schützen. Es kommt nicht auf die Wirkung, sondern auf den Inhalt und Zweck des Gesetzes, insbesondere darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zugunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder doch mitgewollt hat. Hierfür genügt, dass die Norm auch das Interesse der einzelnen schützen sollte, wenngleich sie in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge hat.
Ob Verbote, deren Einhaltung durch strafrechtliche Sanktionen mittelbar oder durch öffentlichrechtliche Maßnahmen unmittelbar erzwungen werden kann, nur die Interessen der Gesamtheit zu schützen bestimmt sind oder ob daneben jeder einzelne, dem die Vorschrift zugutekommt, in diesem ihn berührenden Bereich gegen die Übertretung des Verbots geschützt sein soll, ist mangels einer ausdrücklichen Erklärung aus dem Gesetz insgesamt zu erschließen. Der Schutz des Einzelnen bedeutet dabei, dass sein Interessenbereich nicht nur durch die Maßnahmen der Behörden nach Maßgabe ihrer - möglicherweise überprüfbaren - rechtlichen Beurteilung und ihres Ermessens geschützt sein soll, dass vielmehr dem Einzelnen selbst die Rechtsmacht in die Hand gegeben ist, diesen Kreis unmittelbar, nämlich mit Mitteln des Privatrechts gegen denjenigen zu schützen, der das Verbot übertritt und sein Rechtsinteresse beeinträchtigt. Ein Gebot oder Verbot ist auch nur dann als Schutzgesetz geeignet, wenn das geschützte Interesse, die Art seiner Verletzung und der Kreis der geschützten Personen hinreichend klargestellt und bestimmt ist (BGH, Urteil vom 27. November 1963 - V ZR 201/61, BGHZ 40, 306, zitiert nach juris Rn. 1 f.).
(2) Nach dieser Maßgabe ist der Schutzgesetzcharakter des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 zu verneinen.
(a) Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 legt jedenfalls eine individualschützende Zielrichtung des Mitwirkungsverbots nicht nahe (ebenso Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 327).
Nichts anderes ergibt sich mit Blick auf § 1 Nr. 3 GlüStV 2011, der als eines der mit dem Glücksspielstaatsvertrag verfolgten Ziele die Gewährleistung des Spielerschutzes nennt, auf den sich der Kläger stützt (ebenso LG Ulm, Urteil vom 16. Dezember 2019 - 4 O 202/18, WM 2020, 742, 744, 746). Maßgeblich ist nicht das Gesetz insgesamt, sondern die konkrete Einzelnorm, die der Prüfung auf eine etwaige individualschützende Ausrichtung unterliegt (vgl. Wagner, in: MünchKommBGB, 8. Aufl., § 823 Rn. 562). Im Übrigen muss dem in § 1 Nr. 3 GlüStV 2011 genannten "Spielerschutz" nicht zwingend individualschützende Bedeutung beigemessen werden, sondern er kann auch als Gemeinwohlzweck verstanden werden, wie dies die meisten der in § 1 GlüStV 2011 genannten Ziele nahe legen (vgl. Haertlein, in: BeckGOK-BGB, Stand: 1. April 2022, § 762 Rn. 150).
(b) Demgegenüber sprechen die Gesetzesmaterialien gegen eine individualschützende Ausrichtung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 (ebenso OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739 f.; Heintz/Scholer, VuR 2020, 323, 327). Danach steht - wie bereits (oben unter bb bbb [2] [c] [bb] [ccc]) ausgeführt - die Norm des § 4 Abs. 1 GlüStV 2011 im Zusammenhang mit den in § 9 GlüStV 2011 geregelten Befugnissen der Glücksspielaufsicht zur Überwachung der durch den Glücksspielstaatsvertrag begründeten Verpflichtungen, die in § 9 Abs. 1 Satz 1 GlüStV 2011 ausdrücklich als "öffentlichrechtlich" benannt werden (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739). Dies spricht dafür, das Mitwirkungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 als öffentlichrechtliche Verbotsnorm einzustufen, die das unerlaubte Glücksspiel im Interesse der Allgemeinheit untersagt (vgl. Findeisen, WM 2021, 2128, 2129: Verbotsnorm des öffentlichen Wirtschaftsrechts). Dass damit auch Individualinteressen geschützt werden, ist nicht Ausdruck einer entsprechenden Zielrichtung des Gesetzes, sondern erweist sich als Reflex, was für die Annahme eines Schutzzweckcharakters nicht genügt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739; Sprau, in: Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 823 Rn. 58).
Gegen die Annahme eines Schutzgesetzes spricht auch, dass die der Glücksspielaufsicht in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV 2011 zur Durchsetzung des Mitwirkungsverbots eingeräumte Befugnis zur Untersagung der weiteren Mitwirkung eine - gegenüber dem Adressaten des durch § 4 Abs. 4 GlüStV 2011 statuierten Verbots - nur nachrangige Inanspruchnahme des Zahlungsdienstleisters als Störer vorsieht, die zudem die vorherige Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote voraussetzt (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739 f.).
(c) Damit fehlt es aber auch an der für die Annahme eines Schutzgesetzes weiteren Voraussetzung, dass die Schaffung eines individuellen Schadensersatzanspruchs sinnvoll und im Lichte des haftungsrechtlichen Gesamtsystems tragbar erscheint (vgl. BGH, Urteile vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 18; und vom 13. März 2018 - II ZR 158/16, BGHZ 218, 80 Rn. 22). Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber sich gegen eine allgemeine deliktische Haftung für primäre Vermögensschäden entschieden hat. Der Vermögensschutz wird im deliktischen Haftungssystem grundsätzlich nur über § 826 BGB gewährleistet. Diese gesetzgeberische Grundentscheidung darf nicht durch eine ausufernde Annahme von Schutzgesetzen unterlaufen werden. Die Schutzvoraussetzungen müssen bei hypothetischer Annahme eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB mit denen des § 823 Abs. 1 BGB bzw. § 826 BGB vergleichbar sein (BGH, Urteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 20).
Das Mitwirkungsverbot in § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 hat keines der in § 823 Abs. 1 BGB genannten Rechtsgüter im Blick, sondern schützt (reflexartig) nur reine Vermögensinteressen von Spielern. Eine Verletzung solcher Interessen löst einen Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB nur bei sittenwidrigem Verhalten und vorsätzlicher Schadenszufügung aus. Gemessen daran können grundsätzlich nur solche Normen als Schutzgesetze qualifiziert werden, die entweder nur vorsätzlich verletzt werden können oder im Fall fahrlässiger Begehung ein sittenwidriges Verhalten sanktionieren (BGH, Urteil vom 19. Februar 2008 - XI ZR 170/07, BGHZ 175, 276 Rn. 21). Davon kann bei einer Verbotsnorm (wie § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011), deren Verletzung kein Verschulden erfordert - und deshalb öffentlichrechtlich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (neben einer vorrangigen Inanspruchnahme des Glücksspielanbieters) vor einer Umsetzung des Verbots eine Unterrichtung des Zahlungsdienstleisters durch die Glücksspielaufsicht erfordert - nicht die Rede sein, so dass ein Verstoß nicht zu einer Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB führen darf (ebenso Beyer, WuB 2020, 378, 382).
ddd) Schließlich besteht kein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 284, 27 Abs. 1 StGB. § 27 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass jemand vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat; eine haftungsbegründende strafbare Beihilfehandlung erfordert mithin einen sogenannten doppelten Gehilfenvorsatz (vgl. OLG München, Beschluss vom 28. Februar 2020 - 8 U 5467/19, WM 2020, 736, 739). Daran fehlt es hier, denn - wie bereits ausgeführt - war es für die Mitarbeiter/Organe der Beklagten weder erkennbar noch war es offensichtlich, dass der Glücksspieleanbieter bewusst eine Straftat nach § 284 Abs. 1 BGB beging.
eee) Schließlich steht dem Kläger gegenüber der Beklagten auch ein Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nicht zu. Die Beklagte hat durch Leistung des Klägers nichts ohne Rechtsgrund erlangt. Der Belastung des klägerischen Bankkontos in Höhe der zuvor von der Beklagten auf Anweisung des Klägers an den Glücksspieleanbieter übermittelten Beträge lag als Rechtsgrund jeweils ein gegen den Kläger gerichteter Aufwendungsersatzanspruch der Beklagten aus § 675c Abs. 1, § 670 Abs. 1 BGB zugrunde, weil die Beklagte aus den vorstehend im Einzelnen ausgeführten Gründen die Aufwendungen für erforderlich halten durfte.
Das LG Gießen hat entschieden, dass ein Spieler Anspruch auf Rückerstattung seiner Spieleinsätze gegen den Betreiber eines nach § 4 Abs. 4 GlüStV unzulässigen Online-Glücksspiels bzw. Online-Casinos hat.
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Landgericht Gießen international zuständig gemäß Art. 18 Abs. 1 VO (EU) 1215/2012 (Brüssel Ia-VO/EuGVVO). Der Kläger ist im Hinblick auf den hier gegenständlichen Sachverhalt Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 EuGVVO. Danach ist Verbraucher eine Person, die den betreffenden Vertrag zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dient. Da hier unstreitig keiner dieser Zwecke einschlägig ist, ist der Kläger als Verbraucher zu behandeln. Ein nicht der Verbrauchereigenschaft zuzurechnender „Zeitvertreib, der von der Rechtsordnung nicht geschützt ist“ (S. 2 der Klageerwiderung) ist hingegen nach Auffassung der Kammer der dortigen Regelung grundsätzlich fremd.
Auf den Sachverhalt ist deutsches materielles Zivilrecht anzuwenden. Eine wirksame Rechtswahl im Sinne des Art. 6 Abs. 2 Rom-I-Verordnung ist hier nicht ersichtlich, jedenfalls wäre diese – wie hier – in der Form allgemeiner Geschäftsbedingungen ohne Hinweis auf weiterhin anwendbare zwingende Vorschriften des deutschen Rechts unbeachtlich (vgl. BGH, Urt. v. 19. 7. 2012 – I ZR 40/11, GRUR 2013, 421.)
Der Kläger kann von der Beklagten die Zahlung des aus dem Tenor ersichtlichen Betrages gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 1. Var. BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 Abs. 4 GlüStV verlangen.
Der Kläger hat seine Spieleinsätze bei der Beklagten ohne rechtlichen Grund getätigt, da der Vertrag über die Teilnahme an dem von ihr betriebenen Online-Glücksspiel nichtig gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 4 GlüStV als dem entgegenstehenden Verbotsgesetz war. Danach ist das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.
Das Internetverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV (G. v. 28.06.2012, GVBl. d. Landes Hessen S. 190) ist für die Zeit, in der die hier gegenständlichen Einsätze getätigt wurden, geltendes Recht. Es ist insbesondere weder durch Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, noch des Bundesverfassungsgerichts, noch des EuGH außer Kraft gesetzt oder für nichtig erklärt worden.
Die Kammer hat grundsätzlich keine Verwerfungs- oder Nichtanwendungskompentenz betreffend gültiges Gesetzesrecht. Auch unter dem Gesichtspunkt des Anwendungsvorranges des Europarechts ist § 4 Abs. 4 GlüStV uneingeschränkt anzuwenden, da das Internetverbot keinen unzulässigen Eingriff in die Dienstleistungsfreiheit darstellt.
Das Internetverbot des § 4 Abs. 4 GlüStV steht im Einklang mit dem Unionsrecht, wie das OLG Köln erst jüngst in seinem Urteil vom 10.05.2019 (Az. 6 U 196/18) unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwGE 160, 193 - "Internetverbot für drei Glücksspielarten, juris - Tz. 30 ff. = NVwZ 2018, 895 ff.) bestätigt hat. (LG Köln, Urteil vom 18. Februar 2020 – 31 O 152/19 –, Rn. 43, juris) Die Kammer folgt dieses Rechtsprechung.
Auch eine etwaige Duldung des Angebots der Beklagten durch das Hessische Innenministerium setzt das genannte Verbotsgesetz nicht außer Kraft und ist mithin hier nicht erheblich.
Die Beklagte hat gegen die Verbotsnorm verstoßen, indem sie ihr Onlineangebot auch Spielteilnehmern aus Hessen und mithin auch dem Kläger zugänglich gemacht hat.
Die Rückforderung ist auch nicht gemäß § 817 Satz 2, 2. Hs. BGB ausgeschlossen. Zwar mag dem Kläger mit der Teilnahme an dem Angebot der Beklagten ebenfalls ein Verstoß gegen Gesetze anzulasten sein. Teleologisch ist die Anwendung dieser Kondiktionssperre jedoch einzuschränken. Ein Ausschluss der Rückforderung wäre zumindest in den Fällen nicht mit dem Zweck des Bereicherungsrechts vereinbar, wenn die Rechtswidrigkeit des Geschäfts auf Vorschriften beruht, die gerade den leistenden Teil schützen sollen.
So ist es hier. Die Regelungen des GlüStV sind ausweislich dessen § 1 Satz 1, insbesondere Ziff. 1, 3, und 4, dazu bestimmt, dem Schutz der Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glückspiels zu schützen. Auch die konkret einschlägige Verbotsnorm, also das Internetverbot gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV, verfolgt jedenfalls unter anderem den Zweck, illegales Glücksspiel zum Schutze der Spieler zu unterbinden. (Heintz/Scholer, VuR 2020, 323)
Diese Intention des Verbotsgesetzes würde jedoch unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben.
OLG München
Hinweisbeschluss vom 28.02.2020 8 U 5467/19
Das OLG München hat im Rahmen eines Hinweisbeschlusses ausgeführt, dass der Kunde eines illegalen Online-Casinos keinen Anspruch gegen den verwendeten Zahlungsdienstleister auf Rückzahlung seiner gezahlten Spieleinsätze hat.
Aus dem Beschluss:
"1. Der Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 675 f Abs. 1 BGB, da die Beklagte ihre vertraglichen Pflichten aus den jeweils mit der Klägerin zustande gekommenen Einzelzahlungsverträgen nicht verletzt hat.
a) Bei Nutzung eines Zahlungsauslösedienstes wird der Zahlungsauftrag gemäß § 675f Abs. 4 S. 2 BGB dem Zahlungsdienstleister nicht direkt vom Zahler, sondern vom Zahler mittelbar über den Zahlungsauslösedienst erteilt. Der Zahler beauftragt den Zahlungsauslösedienstleister, für ihn bei seinem kontoführenden Zahlungsdienstleister einen Zahlungsvorgang, etwa eine Überweisung oder eine Kreditkartenzahlung, auszulösen. Hierdurch kommt ein Einzelzahlungsvertrag im Sinne von § 675 f Abs. 1 S. 1 BGB zwischen dem Zahler und dem Zahlungsauslösedienstleister zustande (BeckOGK/Foerster, 1.11.2019, BGB § 675c Rn. 219, 220). Der Zahlungsauslösedienst ist gemäß § 1 S. 1 Nr. 1 ZAG iVm S. 2 Nr. 7 ZAG selbst Zahlungsdienst und Zahlungsdienstleister. Da Zahlungsauftrag gemäß § 675f Abs. 4 S. 2 BGB jeder Auftrag ist, den ein Zahler seinem Zahlungsdienstleister zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs - auch - mittelbar über einen Zahlungsauslösedienst erteilt, gibt letzterer gegenüber dem kontoführenden Zahlungsdienstleister des Zahlers keine eigene Willenserklärung ab, sondern agiert als Bote des Zahlers (BeckOGK/Foerster BGB § 675c Rn. 220). In den Besitz von Kundengeldern gelangt der Zahlungsauslösedienstleister per definitionem nicht; vielmehr löst er lediglich den Zahlungsauftrag des Zahlers bei dessen Zahlungsdienstleister aus.
Zu Recht hat das Landgericht daher unter Würdigung der vorstehenden Grundsätze angenommen, dass durch die von der Klägerin veranlassten Überweisungen über den von der Beklagten angebotenen Zahlungsauslösedienst jeweils Einzelverträge mit der Beklagten zustande gekommen sind.
b) Die Beklagte hat ihre aus den Einzelzahlungsverträgen herrührenden Pflichten nicht verletzt, wie das Landgericht gleichfalls rechtsfehlerfrei angenommen hat. Die Beklagte trafen insbesondere keine Prüfungs- oder Warnpflichten gegenüber der Klägerin, um diese vor möglichen illegalen Zahlungsvorgängen zu schützen.
aa) Der BGH hat in zahlreichen Entscheidungen eine den am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmenden Banken obliegende Warn- oder Schutzpflicht mit der Begründung verneint, dass die Banken hier nur zum Zwecke eines technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Zahlungsverkehrs tätig würden und sich schon wegen dieses begrenzten Geschäftszwecks und der Massenhaftigkeit der Geschäftsvorgänge grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen der Kunden zu kümmern hätten. Sie müssten sich vielmehr streng innerhalb der Grenzen des ihnen erteilten formalen Auftrags halten (st. Rspr.: BGH NJW-RR 2004, 1637 - zu Missbrauchskontrollpflichten beim Überweisungsverkehr; Urteil vom 24.9.2002 - XI ZR 420/01 - zur rechtsmissbräuchliche Inanspruchnahme eines Kreditkartenunternehmens; Urteil vom 6.5.2008 - XI ZR 56/07 - zu Warnpflichten von Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr). In der Regel darf sich der Zahlungsdienstleister daher auf die formale Prüfung beschränken, ob der Auftrag nach seinem äußeren Erscheinungsbild in Ordnung ist (Palandt/Sprau a.a.O. § 675 f, Rn. 8). In Ausnahmefällen können nach der zitierten höchstrichterlichen Rechtsprechung aber Warn- und Hinweispflichten der Kreditinstitute zum Schutz ihrer Kunden vor drohenden Schäden bestehen (BGH, NJW-RR 2004, 1637). Eine solche Pflicht ist dann anzunehmen, wenn eine Bank aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden Evidenz den Verdacht einer Straftat schöpft (BGH, Urteil vom 6.5.2008 - XI ZR 56/07 Rnr. 15, 16 - Verpflichtung einer Bank bei objektiver Evidenz einer Veruntreuung von Anlegergeldern, Zahlungseingänge nicht ohne vorherige Rückfrage beim Zahlenden gutzuschreiben).
bb) Die Beklagte war unter Zugrundelegung dieser höchstrichterlichen Rechtssätze nicht verpflichtet, vor Auslösung der streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge die von der Klägerin erteilten Zahlungsanweisungen zu überprüfen.
(1) Es ist bereits fraglich, ob die zu einer in engen Grenzen bestehenden Prüfungs- und Warnpflicht von Banken gegenüber ihren Kunden (BGH, Urteil vom 6.5.2008 - XI ZR 56/07; Urteil vom 22.6.2004 - XI Zr 90/03; Urteil vom 24.9.2002 - XI ZR 420/01) ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung auf einen Zahlungsauslösedienst übertragbar ist. Denn dieser Dienst übermittelt lediglich als Bote des Zahlungsauslösedienstnutzers dessen Zahlungsauftrag an einen anderen Zahlungsdienstleister in Bezug auf ein bei diesem geführtes (Online-)Zahlungskonto des Zahlers bzw. Zahlungsauslösedienstnutzers. Dass vergleichbare Schutzpflichten im Rahmen eines Einzelvertrags zwischen Zahler und Zahlungsauslösedienst bestehen, ist bereits deshalb zweifelhaft, da dieser Dienst zu keinem Zeitpunkt in den Besitz von Kundengeld gelangt bzw. dieses weiterleitet, sondern den Zahlungsvorgang zum Zahlungsempfänger nur anstößt, indem er die TAN bei der Bank des Zahlers anfordert und die vom Kunden - nach Erhalt der TAN von dessen Bank - auf der Webseite der Beklagten eingegebene TAN anschließend an die Bank des Zahlers weiterleitet (Münchner Kommentar, HGB, 4. Aufl. 2019, Rn. 102). Die hierdurch begründete Zugriffsmöglichkeit des Zahlungsauslösedienstes auf das (Online-)Bankkonto des Zahlers ist daher gegenüber den unmittelbaren - und daher weitreichenden - Zugriffsmöglichkeiten der Bank auf das Konto ihrer Kunden aufgrund eines Giro- bzw. eines Kreditkartenvertrages beschränkt.
(2) Jedenfalls traf die Beklagte im konkreten Fall auch keine Pflicht, die streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge der Klägerin zu überprüfen oder zu überwachen. Dies wäre allenfalls dann der Fall, wenn für die Beklagte ohne nähere Prüfung offensichtlich gewesen wäre, dass die Klägerin an einem nach deutschen Recht verbotenen Glücksspiel teilgenommen hat. Dies ist indes nicht der Fall.
Die Klägerin hat die streitgegenständlichen Zahlungsauslösungen jeweils durch die Eingabe des Namens der kontoführenden Bank, ihrer Kontonummer, ihres Passwortes sowie einer TAN autorisiert. Die Beklagte traf daher vor Durchführung der Zahlungsauslösung grundsätzlich keine Prüfpflichten, da die Rechtsbeziehung zwischen dem Zahler und dem Zahlungsempfänger und damit der rechtliche Anlass für einen Zahlungsvorgang gemäß § 675 Abs. 4 S. 1 zweiter Satzteil BGB irrelevant ist (BeckOGK/Foerster BGB § 675 f Rn. 70). Darüberhinaus war für die Beklagte aufgrund der von der Klägerin veranlassten Zahlungstransaktionen auch nicht offensichtlich, dass diese an unerlaubten Glücksspielen teilnahm, so dass ausnahmsweise eine Schutz- und Warnpflicht gegenüber der Klägerin bestanden hätte.
(2.1.) Zwar ist § 284 StGB auch auf Veranstalter öffentlicher Glücksspiele im Ausland anwendbar, wenn sich das via Internet unterbreitete Angebot gezielt an den deutschen Markt richtet und die Beteiligung am Glücksspiel im Inland ermöglicht, da der Gefährdungserfolg gemäß §§ 3, 9 Var. 3 StGB in Deutschland eintritt (Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, Rn. 35). Dass die Klägerin an in Deutschland nicht erlaubten Glücksspielen ausländischer Anbieter teilnahm - und sich mithin wohl auch selbst gemäß § 285 StBG strafbar machte -, war für die Beklagte jedoch mangels massiver Verdachtsmomente nicht evident. Für die Beklagte war insbesondere nicht erkennbar, von wo aus diese an im Ausland angebotenen, unerlaubten Glücksspielen teilnahm, noch, ob bzw. an welchen - illegalen - Glücksspielen sie aufgrund der von ihr veranlassten Zahlungen tatsächlich teilgenommen hat. Eine Teilnahme der Klägerin an unerlaubten Glückssspielen vom Ausland aus wäre nach deutschem Recht nicht strafbar. Soweit die Klägerin exemplarisch auf die Angaben einer Fa. H. AG, die ausweislich ihrer Webseite Dienstleistungen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz anbietet, verweist und geltend macht, dass nach Angaben dieser Firma im Rahmen des Zahlungsvorgangs die auf S. 6 der BB genannten personenbezogenen Daten des Zahlers (u.a. Adresse und IP-Adresse) an den Zahlungsauslösedienst „Sofortüberweisung“ übermittelt würden und diese personenbezogenen Daten der Klägerin daher auch der Beklagten mitgeteilt worden seien, kann ein solcher Rückschluss schon wegen der fehlenden Vergleichbarkeit der Geschäftsbereiche nicht gezogen werden. Anders als bei einem Online-Kauf oder beim Angebot von Beratungsleistungen ist ein Interesse des Glücksspielanbieters an der Adresse des Kunden nicht erkennbar. Selbst wenn die Klägerin der Beklagten eine deutsche IP-Adresse mitgeteilt hätte, wäre deshalb nicht per se eine Teilnahme der Klägerin an unerlaubten Glücksspielen offensichtlich, da aus dem angegebenen Verwendungszweck in den Zahlungstransaktionen (Anl. L 1) nicht ersichtlich ist, dass es sich hierbei um Einsätze für unerlaubte Glücksspiele handelte:
Zum einen handelte es sich bei den Zahlungsempfängern - nach Angaben der Klägerin (BB S. 6) - nicht um die Glücksspielanbieter selbst, sondern überwiegend um Unternehmen wie “S. P. Ltd.“, „A. C. MGT Foundation“, „P. P. Services Ltd.“ u.a., über welche die Zahlungsvorgänge der Glücksspielanbieter abgewickelt wurden. Dass diese Unternehmen ausschließlich Zahlungsvorgänge von Anbietern unerlaubter Glücksspiele abwickeln, hat die Klägerin bereits nicht substantiiert dargelegt. Soweit die Berufung ausführt, dass diesen Zahlungsempfängern die auf S. 8 BB genannten Internetseiten der Online-Glücksspielanbieter zugeordnet seien, erschließt sich dem Senat bereits nicht, worauf die von der Klagepartei vorgenommene, vermeintlich eindeutige Zuordnung basiert.
Demgegenüber bieten die im Verwendungszweck 2 der Anl. L 1 genannten Unternehmen „R. O. Ltd.“, „L. com“ und „R. Entertainment Ltd.“ ausweislich der Angaben in der BB (BB S. 9/10) neben Casinospielen auch Sportwetten (“R. Operations Ltd.“; R.Entertainment Ltd) bzw. Lotterie (L. com) an, die in einzelnen deutschen Bundesländern aufgrund des neu in den Glücksspielstaatsvertrag in der Fassung vom 15.12.2011 (künftig abgekürzt: GlüStV) eingefügten Absatz 5 des § 4 GlüStV vom grundsätzlichen Verbot (des Veranstaltens und Vermittelns) öffentlicher Glücksspiele im Internet ausgenommen wurden und die unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt werden können. Es fehlt daher insoweit substantiierter Vortrag der Klägerin dazu, an welchem Angebot dieser Anbieter im Internet sie im Rahmen der jeweiligen Transaktionen teilgenommen hat und inwieweit dies für die Beklagte offensichtlich erkennbar gewesen ist. Denn die Geldüberweisungen dürften in allen Fällen lediglich der Aufladung des Spielkontos der Klägerin bei den einzelnen Casinos gedient haben, so dass die Entscheidung über die Teilnahme an den von den Zahlungsempfängern angebotenen - erlaubten bzw. nicht erlaubten - Glücksspielen erst im Anschluss daran von der Klägerin selbst getroffen wurde. Aufgrund der bloßen Angabe der genannten Zahlungsempfänger in dem jeweiligen Verwendungszweck der Zahlungsanweisungen der Klägerin, war für die Beklagten daher nicht erkennbar, ob es sich um die (beabsichtigte) Teilnahme an einem erlaubten oder an einem illegalen Glücksspiel handelte. Ein weiteres, in der BB (S. 9) genanntes Unternehmen „..com“ ist im Verwendungszweck 2 der Anlage L 1 nicht aufgeführt.
(2.2.) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht in Bezug auf Zahlungstransaktionen gemäß Anl. L 1, deren Empfänger Glücksspielanbieter sind, mit denen die Beklagte unstreitig selbst direkte Akzeptanzverträge geschlossen hatte, wie die Berufung geltend macht (BB S. 9; vgl. auch Prot. vom 28.6.2018, S. 3 = Bl. 80 d.A.). Denn die Klägerin hat weder substantiiert dargelegt noch geeignet unter Beweis gestellt, dass diese Anbieter ausschließlich unerlaubte Glücksspiele anbieten und die Beklagte hiervon Kenntnis gehabt hätte. Soweit die Klägerin dies daraus ableitet, dass den genannten Unternehmen (BB S. 9) - für den Senat nicht nachvollziehbar - Internetseiten bestimmter Online-Glücksspielanbieter zugeordnet seien, kann hierdurch substantiierter Vortrag der Klägerin, dass und weshalb die genannten Unternehmen ausschließlich unerlaubte Glücksspiele anbieten, an welchen die Klägerin jeweils teilgenommen hat, nicht ersetzt werden.
2. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte auch keine Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 1. Alt., 134, 138 BGB zu. Die Klägerin hat durch die Anweisung der Zahlung im Rahmen des Zahlungsauslösedienstes der Beklagten keine Leistung an die Beklagte erbracht hat; vielmehr hat sie mittelbar über die Beklagte, die hierbei lediglich als ihre Botin handelte, ihrer Bank einen Auftrag zur Ausführung eines Zahlungsvorgangs an die jeweiligen Zahlungsempfänger gemäß § 675 f Abs. 4 S. 2 BGB erteilt. Die Klägerin hat hierdurch eine Leistung zum Zweck der Erfüllung ihrer Verbindlichkeit (Aufladung des Spielkontos) gegenüber dem jeweiligen Zahlungsempfänger erbracht. Wie bei „normalen“ Überweisungen und den dort im Mehrpersonenverhältnis bestehenden Anweisungsverhältnissen, ist durch die streitgegenständlichen mittelbaren Zahlungsanweisungen das Valutaverhältnis zwischen der Klägerin (Zahler) und dem jeweiligen Zahlungsempfänger (Casinos) betroffen, so dass eine Leistungskondiktion daher nur in diesem Leistungsverhältnis erfolgen kann (Palandt/Sprau, 79. Aufl. BGB § 812 Rn. 57 ff.).
3. Die Klägerin hat auch keinen Schadensersatzanspruch wegen Beihilfe zum unerlaubten Glücksspiel gemäß § 823 Abs. 2 BGB iVm § 284, 27 StGB.
a) Wie bereits ausgeführt, ist § 284 StGB auch auf die Veranstaltung öffentlicher Internetglücksspiele im Ausland anwendbar, wenn sich das via Internet unterbreitete Angebot der Anbieter gezielt an den deutschen Markt richtet und die Beteiligung am Glücksspiel im Inland ermöglicht, da der Gefährdungserfolg gemäß §§ 3, 9 Var. 3 StGB in Deutschland eintritt (Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, Rn. 35). So verhält es sich im Streitfall.
b) Als Gehilfe wird gemäß § 27 StGB bestraft, wer vorsätzlich einem anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat. Eine strafbare Beihilfehandlung erfordert daher einen doppelten Gehilfenvorsatz, an dem es vorliegend fehlt. Denn für die Beklagte war, wie bereits ausgeführt (vgl. Ziff. 1), weder erkennbar noch gar offensichtlich, dass die Zahlungsempfänger, an welche sie die Zahlungsvorgänge auf Anweisung der Klägerin auslöste, ohne behördliche Erlaubnis öffentlich, dh jedermann zugänglich Glücksspiele im Internet veranstalteten und daher eine Straftat gemäß § 284 Abs. 1 StGB begingen. Konkrete Tatsachen für eine Kenntnis der Beklagten bzw. eine Erkennbarkeit, dass die von ihr angestoßenen Überweisungen der Teilnahme an unerlaubten Glücksspielen der Zahlungsempfänger dienten, hat die Klägerin weder substantiiert dargelegt, noch war dies aus dem jeweils angegebenen Verwendungszweck in den Zahlungstransaktionen (Anl. L 1) klar ersichtlich, zumal Zahlungsempfänger überwiegend nicht die Casinos selbst, sondern Unternehmen waren, die für diese die Zahlungsdienste abgewickelt haben. Da Vorsatz jedoch Wissen und Wollen des Gehilfen von der Strafbarkeit der unterstützten Tat voraussetzt, woran es im Streitfall jedoch aus den genannten Gründen fehlt, scheidet eine strafbare Beihilfehandlung der Beklagten aus.
4. Der Klägerin steht auch ein Anspruch gemäß § 823 Abs. 2 iVm. § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV (in der Fassung vom 15.12.2011, GVBl. 2012 S. 318 ff.) gegen die Beklagte nicht zu.
Die durch den GlüStV begründeten Verpflichtungen sowie die zur Überwachung ihrer Erfüllung bestehenden Aufsichtspflichten (§ 9 GlüStV) sind ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur und wirken deshalb nicht auf das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Kunden ein (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2013 - XI ZR 332/12 -, Rn. 16, juris - hinsichtlich der Bestimmungen der §§ 31 ff. WpHG). Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die öffentlichrechtlichen Aufsichtspflichten des GlüStV an einer grundsätzlich im Rahmen von § 675 f BGB nicht bestehenden Prüf- und Kontrollpflichten der Zahlungsdienstleister etwas ändern. Dem steht bereits entgegen, dass es sich bei der Regelung des § 675 f BGB um Bundesrecht handelt, das den Bestimmungen des GlüStV der Bundesländer vorgeht (“Bundesrecht bricht Landesrecht“).
Es kann schließlich auch dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB handelt, da die Beklagte jedenfalls durch die von der Klägerin autorisierte Auslösung der Zahlungsvorgänge an die Zahlungsempfänger nicht am unerlaubten Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV mitgewirkt hat.
Zwar stellt die im GlüStV (in der Fassung vom 15.12.2011) vorgenommene Erweiterung in § 4 Abs. 1 S. 2 klar, dass auch die Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel verboten ist. Jedoch ist nach den Erläuterungen zum GlüStV die Regelung des § 4 Abs. 1 S. 2 im Zusammenhang mit den Überwachungsbefugnissen der Glücksspielaufsicht in § 9 zu sehen und erweitert die Möglichkeiten der Inanspruchnahme Dritter als verantwortlicher Störer, soweit sie zuvor auf die unerlaubte Mitwirkung an verbotenem Glücksspiel hingewiesen wurden (Erläuterungen zum GlüStV, Stand 7.12.2011, S. 27; vgl. auch der im landgerichtlichen Urteil in Bezug genommene, als Anl. B 18 vorgelegte Hinweisbeschluss des hiesigen 19. Senats vom 6.2.2019 - Az. 19 U 798/18). In der genannten Erläuterung zum GlüStV wird ausgeführt, dass die Regelung in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 GlüStV der Klarstellung und Konkretisierung von § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV diene und dass die am Zahlungsverkehr Beteiligten, insbesondere die Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Wege einer dynamischen Rechtsverweisung als verantwortliche Störer herangezogen werden könnten, sofern ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt worden sei. Eine Inanspruchnahme von Kredit- und Finanzdienstleistungsinstituten setzt mithin voraus, dass der Veranstalter bzw. Vermittler des unerlaubten Glücksspielangebotes zuvor vergeblich - insbesondere wegen Auslandsbezuges - in Anspruch genommen worden ist. Dass dies im vorliegenden Fall geschehen ist und die Beklagte vor Auslösung der streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge einen solchen Hinweis von der Glücksspielaufsicht erhalten hätte, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Mit ihrem Einwand, dass nach der Entstehungsgeschichte des im geänderten GlüStV (in der Fassung vom 15.12.2011) zusätzlich eingeführten allgemeinen Mitwirkungsverbots (§ 4 Abs. 1 S. 2) vielmehr auf einen gesetzgeberischen Willen zu schließen sei, dass das (nachgelagerte) allgemeine Mitwirkungsverbot unabhängig von einem Einschreiten der Aufsichtsbehörden für alle Zahlungsdienstleister unmittelbar gelten sollte (BB S. 30 ff.), dringt die Berufung in Anbetracht der klaren und eindeutigen Erläuterungen zur Neufassung des GlüStV (in der Fassung vom 15.12.2011) nicht durch, wie das Landgericht frei von Rechtsfehlern festgestellt hat (LGU S. 5/6).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Berufung zitierten Ausführungen der bundesweit zuständigen Glücksspielaufsichtsbehörde (BB S. 31 - Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung mit Antwort der Landesregierung, Niedersächsischer Landtag, 17. Wahlperiode - Drucksache 17/3683, S. 1/2). Denn darin heißt es, dass das zusätzlich durch den GlüStV 2012 (in der Fassung vom 15.12.2011) statuierte allgemeine Mitwirkungsverbot (§ 4 Abs. 1 S. 2) für alle am Zahlungsverkehr Beteiligten an die regulatorischen Anforderungen anknüpfe, denen der Zahlungsverkehr insbesondere nach den Vorschriften des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes und des Geldwäschegesetzes unterliege, und dass Zahlungsdienstleister ihre Kunden künftig sorgfältig überprüfen müssten, insbesondere auf deren Gesetzestreue, um eine Beteiligung ihres Unternehmens an gesetzeswidrigen Handlungen zu vermeiden. Aus dieser Auskunft lässt sich daher insoweit nur entnehmen, dass aus dem neu eingeführten allgemeinen Mitwirkungsverbot für die Zahlungsdienstleister in erster Linie Prüfpflichten in Bezug auf deren Kunden bzw. das Vorhandensein der erforderlichen glücksspielrechtlichen Erlaubnisse bei Abschluss von Akzeptanzverträgen resultierten, was daher gleichfalls dafür spricht, dass die Zahlungsdienstleister nach der neu eingefügten Regelung in § 4 Abs. 1 S. 2 GlüStV (in der Fassung vom 15.12.2011) als verantwortliche Störer erst herangezogen werden sollten, wenn ihnen zuvor die Mitwirkung an unerlaubten Glücksspielangeboten von der Glücksspielaufsichtsbehörde mitgeteilt wurde. All das belegt im übrigen den rein öffentlichrechtlichen Charakter dieser Vorschriften.
5. Der Klägerin steht schließlich auch kein Schadensersatz gemäß § 826 BGB gegen die Beklagte zu.
a) Ein solcher Anspruch würde voraussetzen, dass die Beklagte der Klägerin in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zugefügt hat. Ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn das geforderte Tun einem sittlichen Gebot entspricht. Hierfür reicht die Nichterfüllung einer allgemeinen Rechtspflicht, aber auch einer vertraglichen Pflicht nicht aus. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder des angewandten Mittels oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als „anständig“ Geltenden verwerflich machen (BGH, Urteil vom 3.12.2013 - XI ZR 295/12).
b) Die Beklagte traf im vorliegenden Fall jedoch schon keine vertragliche Prüfpflicht hinsichtlich der einzelnen, von der Klägerin veranlassten Zahlungen, da eine auf massiven Verdachtsmomenten beruhende Evidenz für die Teilnahme an unerlaubten Glücksspielen nicht bestand und die Beklagte daher nicht den Verdacht einer Straftat schöpfen musste (sh. Ausführungen unter Ziff. 1); erst recht sind weitere, besondere Umstände, die ein schädigendes Verhalten der Beklagten als verwerflich erscheinen lassen würden, nicht ersichtlich.
6. Anhaltspunkte für eine von der Beklagten begangene Geldwäsche gemäß § 261 StGB (BB, S. 37 unten) sind weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich.
Da der geltend gemachte Schadensersatzanspruch bereits dem Grunde nach nicht besteht, bedarf es keiner weiteren Ausführungen dazu, ob der Anspruch der Höhe nach schlüssig und begründet ist."