Das LG Koblenz hat entschieden, dass grundsätzlich kein Wettbewerbsverstoß durch Abwerben von Mitarbeitern durch einen Mitbewerber vorliegt, sofern keine zusätzlichen unlauteren Umstände hinzutreten.
Aus den Entscheidungsgründen: Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zwar zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
Der Antrag ist unbegründet, da weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vorliegen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Unterlassung gemäß § 8 Abs. 1 UWG i. V. m. §§ 4, 4a UWG gegen die Antragsgegnerin.
Die Antragsgegnerin hat keine nach §§ 4, 4a UWG unzulässige geschäftliche Handlung vorgenommen. Zwar liegt zwischen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis vor. Jedoch hat die Antragsgegnerin mangels gezielter Behinderung der Antragstellerin nicht unlauter gemäß § 4 Nr. 4 UWG gehandelt.
Die Freiheit des Wettbewerbs erstreckt sich auch auf die Nachfrage nach Arbeitnehmern. Unternehmer haben keinen Anspruch auf den Bestand ihrer Mitarbeiter. Die für ein Unternehmen Tätigen sind zudem in der Wahl ihres Arbeitsplatzes frei (Art. 12 GG). Das Abwerben von Mitarbeitern eines Unternehmers, gleichgültig, ob er auf dem Absatzmarkt Mitbewerber ist oder nicht, ist daher lauterkeitsrechtlich grundsätzlich erlaubt (BGH GRUR 1961, 482 – Spritzgussmaschine; BGH GRUR 1966, 263 – Bau-Chemie; BGH GRUR 1984, 129 (130) – shop-in-the-shop I; BGH GRUR 2006, 426 Rn. 18 – Direktansprache am Arbeitsplatz II; OLG Karlsruhe GRUR 2002, 459; OLG Hamm GRUR-RR 2004, 27 (29); OLG Frankfurt WRP 2018, 983 Rn. 6). Dies gilt auch dann, wenn die Abwerbung bewusst und planmäßig erfolgt (BGH GRUR 1966, 263 – Bau-Chemie), insbesondere von einem Mitbewerber im Absatz oder einem von ihm beauftragten berufsmäßigen Abwerber (Headhunter, Personalberater) ausgeht. Grundsätzlich spielt es auch keine Rolle, welche (Schlüsselkräfte) oder wie viele Mitarbeiter abgeworben werden. Der Abwerbende braucht auch sein Vorhaben dem bisherigen Arbeitgeber nicht mitzuteilen, um ihm ein Bleibeangebot zu ermöglichen.
Da Mitarbeiterabwerbung grundsätzlich zulässig ist, müssen zur Begründung der Unlauterkeit besondere Umstände vorliegen. Solche besonderen Umstände sind gegeben, wenn der konkurrierende Unternehmer mit der Abwerbung einen verwerflichen Zweck verfolgt oder bei der Abwerbung selbst verwerfliche Mittel oder Methoden anwendet (BGH GRUR 1966, 263 (265) – Bau-Chemie; GRUR 2006, 482 – Direktansprache am Arbeitsplatz II). Bei der Bewertung, ob die besonderen Umstände wettbewerbswidrig sind, ist stets eine Gesamtabwägung der Interessen des ab- und des anwerbenden Unternehmens, des Mitarbeiters und der Allgemeinheit anzustellen. Für den Fall, dass ein Unternehmen einen abgeworbenen Mitarbeiter rückabwerben will, gelten dieselben Maßstäbe. Allerdings kann dies nur gelten, wenn die Abwerbung an sich schon wettbewerbskonform war. Bei einer wettbewerbswidrigen Abwerbung, sind bei der Rückabwerbung mildere Maßstäbe anzulegen (BGH GRUR 1967, 428 (429) – Anwaltsberatung).
Meist wird mit der Abwerbung eines Mitarbeiters versucht die eigene Leistungsfähigkeit zu steigern oder zu verbessern. Dies allein ist wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein verwerflicher Zweck wird aber verfolgt, wenn der Abwerber nicht sein eigenes unternehmerisches Fortkommen bezweckt, sondern primär die wirtschaftliche Entfaltung des Konkurrenten behindert werden soll (Harte-Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels UWG § 4 Rn. 328). Eine solche Behinderungsabsicht ist anzunehmen, sobald der Arbeitnehmer vom Abwerbenden nicht benötigt wird oder nur gezielt, von einem ganz bestimmten Unternehmen abgeworben wird, ohne die anderen Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zu sondieren (KBF/Köhler UWG § 4 Rn. 4.105).
Es ist unlauter, einen Mitarbeiter abzuwerben, indem man ihn zum Vertragsbruch verleitet (BGH GRUR 1961, 482 (483) – Spritzgussmaschinen; GRUR 2007, 800 Rn. 14 – Außendienstmitarbeiter; Ohly/Sosnitza/Ohly UWG § 4 Rn. 4/28). Hierzu zählen Fälle der Verletzung einer wesentlichen Pflicht aus einem gültigen Vertragsverhältnis (Harte- Bavendamm/Henning-Bodewig/Omsels UWG § 4 Rn. 336). Dies ist beispielsweise zu bejahen im Fall der sofortigen Einstellung der Arbeit, bei einer provozierten Kündigung oder in der Verletzung von Ausschließlichkeitsvereinbarungen oder Wettbewerbsverboten (Ohly/Sosnitza/Ohly UWG § 4 Rn. 4/28). Wer als Abwerber bewusst und gezielt auf den Vertragsbruch eines Mitarbeiters eines Mitbewerbers hinwirkt, verleitet diesen. Das setzt voraus, dass der Abwerbende zumindest Kenntnis von dem geschlossenen Vertrag hat oder sich dieser bewusst verschlossen hat (Ohly/Sosnitza/Ohly UWG § 4 Rn. 4/28). Dagegen reicht fahrlässige Unkenntnis grundsätzlich nicht aus (BGH GRUR 1975, 555 (557) – Speiseeis).
Ferner zulässig ist es dem Arbeitnehmer bei einer rechtmäßigen Kündigung helfend zur Seite zu stehen (Kündigungshilfe) (zur Kündigungshilfe beim Kunden BGH GRUR 2005, 603 (604) – Kündigungshilfe). Ebenso darf das Kündigungsschreiben vom neuen Arbeitgeber übermittelt werden oder für eine rechtmäßige Kündigung eine Prämie ausgelobt werden (Ohly/Sosnitza/Ohly UWG § 4 Rn. 4/30).
Gemessen an den dargelegten Grundsätzen ist für die Kammer kein unlauteres Verhalten der Antragsgegnerin zu erkennen. Besondere Umstände, die bei der grundsätzlich zulässigen Mitarbeiterabwerbung Unlauterkeit begründen würden, liegen nicht vor.
Eine Behinderungsabsicht der Antragsgegnerin ist nicht ersichtlich. Die wechselwilligen Mitarbeiter waren zuvor bei ihr tätig, sodass sie ein erhebliches Eigeninteresse an der Weiterbeschäftigung dieser Mitarbeiter hat und diese benötigt.
Soweit sich die Antragstellerin darauf beruft, dass die Antragsgegnerin die wechselwilligen Mitarbeiter zur Verletzung zum Vertragsbruch verleite, ist dies von der Antragstellerin nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Die Kammer stellt vorab klar, dass die Kündigungen nach eigenem Vortrag der Antragstellerin nicht jeweils kurz vor Arbeitsbeginn erfolgt sind. Lediglich zwei der sechs erklärten Kündigungen erfolgten am 28.08.2024 bzw. am 30.08.2024 und damit kurz vor dem vereinbarten Arbeitsbeginn am 01.09.2024. Alle anderen Kündigungen wurden jeweils mindestens einen Monat vor dem anvisierten Eintrittsdatum erklärt. Allein aus dem Umstand, dass die Kündigungen in Wortlaut, Aufbau und Form identisch sind, folgt nicht, dass diese von der Antragsgegnerin herrühren. Ein dahingehendes konzertiertes und koordiniertes Vorgehen durch die Antragsgegnerin ist weder dargelegt noch bewiesen. Aus den vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der Frau M. S. (Anlage AS-28) sowie des Herrn Y. E. (Anlage AS-29) folgt weder, dass die Antragsgegnerin für die Kündigungen oder den Nichtantritt der Arbeitsstelle bei der Antragstellerin verantwortlich ist, noch, dass die wechselwilligen Mitarbeiter E., K., W., We., D., U. und Ko. nun wieder bei der Antragsgegnerin beschäftigt sind. Die Zeugin M. S. (Anlage AS-28) versicherte lediglich, dass bei einer Betriebsversammlung am 16.05.2024 angekündigt worden sei, dass jeder, der bis Ende des Jahres bei der Antragsgegnerin arbeite, eine Prämie von bis zu 1.000 € erhalte. Diese sei ihr gegenüber nach Ausscheiden nochmals in Höhe von 3.000 € angeboten worden. Auch der Zeuge E. versicherte lediglich, dass ihm eine Prämienzahlung von 2.000 € für den Wiedereintritt in das Arbeitsverhältnis mit der Antragsgegnerin versprochen worden sei. Die Ankündigung der Prämienzahlung im Rahmen der Betriebsversammlung sollte allen Mitarbeitern und nicht nur den wechselwilligen Mitarbeitern zu Gute kommen. Dass den anderen wechselwilligen Mitarbeitern eine erhöhte Prämienzahlung außerhalb der Betriebsversammlung angeboten worden ist, ist hingegen nicht ersichtlich. Auch soweit sich die Antragstellerin auf die vermeintliche telefonische Einwirkung des Herrn F. auf den wechselwilligen Mitarbeiter Herrn U. beruft, ist dieser Vortrag nicht belegt. Soweit die Zeugin S. und der Zeuge E. versichern, dass den wechselwilligen Mitarbeitern rechtliche Unterstützung, um trotz unterschriebenen Vertrag bei der Antragsgegnerin bleiben zu können, von der Antragsgegnerin zugesichert worden sei, stellt dies nicht schon - wie von der Antragstellerin angenommen - eine kostenfreie Rechtsberatung dar. Dass eine solche tatsächlich durchgeführt wurde, ist hingegen nicht dargetan.
Auch sofern die Lösung des Vertrags durch die wechselwilligen Mitarbeiter einen Vertragsbruch darstellen würde, ist dies allein die Entscheidung des Beschäftigten. Im Falle der Vertragsverletzung kann der Arbeitgeber gegen ihn vorgehen. Eine unlautere Einwirkung auf die Entscheidungsfreiheit der wechselwilligen Mitarbeiter durch eine - als wahr unterstellte - Hilfe bei der Fertigung der Kündigung oder die - vermeintliche - Auszahlung einer Prämie ist nicht gegeben. Unlauterkeit soll nur bei Druck, unangemessenem Einfluss oder Irreführung des Arbeitnehmers vorliegen (vgl. §§ 4a, 4 Nr. 1 und §§ 2, 5, 5a). Ebenso ist von der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht, dass die Antragsgegnerin als Abwerbende Kenntnis von den konkret geschlossenen Verträgen der wechselwilligen Mitarbeiter mit der Antragstellerin hatte. Zwar gibt die Zeugin S. in ihrer eidesstattlichen Versicherung an, dass einige Verträge von der Antragsgegnerin gesehen worden seien und diese daraufhin erklärt habe, dass die Verträge einer Rückkehr zur Antragsgegnerin nicht im Weg stünden. Welche Verträge der Antragsgegnerin konkret vorgelegen haben sollen, wird jedoch nicht klar. Angesichts der unterschiedlichen Ausgestaltungen der der Kammer vorliegenden Verträge, kann anhand der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung nicht beurteilt werden, von welchen Arbeitsverträgen die Antragsgegnerin Kenntnis gehabt haben soll.
Auch ein Verfügungsgrund liegt nicht vor. Die Vermutung der Dringlichkeit gemäß § 12 Abs. 1 UWG ist widerlegt. Die Antragstellerin hat durch ihr eigenes Verhalten, insbesondere das Zuwarten mit der Antragstellung bis zum 16.09.2024 die erforderliche Dringlichkeit selbst widerlegt (MüKoZPO/Drescher Rn. 19). Eine späte Antragstellung ist dann schädlich, wenn dem Gläubiger die Gefährdung seiner Rechtstellung bekannt war oder aus grober Fahrlässigkeit unbekannt blieb. Wie lange der Antragsteller nach dem so ermittelten Zeitpunkt noch zuwarten darf, bestimmt sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalles (OLG Koblenz NJW-RR 2011, 624). Regelmäßig werden ihm aber nicht mehr als ein bis zwei Monate zugebilligt (OLG Koblenz NJW-RR 2011, 624). Die ersten Kündigungen der wechselwilligen Mitarbeiter We., K. und W. erfolgten bereits am 13.06.2024 bzw. am 17.06.2024, mithin drei Monate vor Antragstellung. Die Kündigung des wechselwilligen Mitarbeiters E. erfolgte am 30.07.2024. Dass diese Mitarbeiter nach bereits erklärter Kündigung voraussichtlich nicht zur Arbeitsaufnahme am 01.09.2024 erscheinen würden, war für die Antragstellerin bereits in diesem Zeitpunkt voraussehbar. Spätestens am 01.09.2024, als endgültig klar wurde, dass diese Mitarbeiter ihre Arbeit nicht antreten, hatte die Antragstellerin vollumfänglich Kenntnis von der Gefährdung ihrer Rechtsstellung. Mit dem weiteren Zuwarten mit der Stellung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bis zum 16.09.2024 hat die Antragsgegnerin die Dringlichkeit selbst widerlegt.
Da LG Koblenz hat entschieden, dass ein Online-Anbieter die Wirksamkeit der Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses durch den Kunden nicht von einem Bestätigungstelefonat abhängig machen darf.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Erfolgreiche Abmahnung durch eine Verbraucherzentrale wegen unzulässiger Verpflichtung zur Kündigungsbestätigung per Telefon
Ist ein durch eine Verbraucherzentrale geltend gemachter Unterlassungsanspruch begründet, wenn eine Firma die online erklärte Kündigung eines Kunden von einem Bestätigungstelefonat abhängig macht? Diese Frage hatte die 11. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu beantworten.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte bietet, auch gegenüber Verbrauchern, den Abschluss von Dienstleistungsverträgen über Dauerschuldverhältnisse unter anderem zur Bereitstellung von Webspeicherplatz, E-Mail-Postfächern und Servern an.
Der Kläger, ein eingetragener Verein (Verbraucherzentrale), begehrt von der Beklagten es zu unterlassen, dass die Beklagte auf eine online erklärte Kündigung gegenüber Verbrauchern behauptet, dass zur Wirksamkeit der Kündigung noch ein Telefonat mit der Beklagten erforderlich sei. Konkret hat ein Kunde seinen Vertrag bei der Beklagten per Internet gekündigt. Der Kunde hat daraufhin von der Beklagten die Mitteilung erhalten, er möge seine Kündigung binnen 14 Tagen telefonisch bestätigen, ansonsten bleibe das Vertragsverhältnis unverändert bestehen.
Der Kläger hat daraufhin die Beklagte abgemahnt und erfolglos zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert.
Er behauptet, im Fall eines Anrufs nach der Kündigung werde seitens der Beklagten - mittels rhetorischer Kunstfertigkeit oder durch Anbieten anderer Vertragskonditionen - versucht, den Verbraucher zu überzeugen, von seinem Kündigungswillen Abstand zu nehmen.
Der Kläger ist zudem der Ansicht, die Mitteilung der Beklagten gegenüber Verbrauchern, dass nach einer Kündigung eine Rückbestätigung erfolgen müsse, stelle eine unlautere geschäftliche Handlung dar. Sie enthalte unwahre Angaben über Rechte des Verbrauchers.
Der Kläger beantragt der Beklagten bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, Ordnungshaft zu vollstrecken an den Mitgliedern der Geschäftsführung, zu untersagen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern diesen nach einer der Beklagten zugegangenen Kündigungserklärung eines Dienstleistungsvertrages in Form eines Dauerschuldverhältnisses mitzuteilen, die telefonische Bestätigung der erklärten Kündigung sei erforderlich.
Die Beklagte ist der Ansicht, ohne die telefonische Rückbestätigung der Kündigung bestünde das Risiko, dass unberechtigte Dritte den Vertrag eines Kunden kündigen könnten. Auch für den Fall einer Kündigung nach § 312k BGB sei es für die Beklagte erforderlich, sich davon zu überzeugen, dass die Kündigung auch vom Erklärenden stammt. Dabei biete ein fernmündliches Gespräch ein Mehr an Sicherheit verglichen etwa mit einem Bestätigungslink innerhalb einer E-Mail. Es finde keine Irreführung des Verbrauchers statt. Außerdem werde eine geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers nicht beeinflusst.
Die Entscheidung:
Die 11. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage antragsgemäß stattgegeben.
Ein entsprechender Unterlassungsanspruch des Klägers ergebe sich aus §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG.
Der Kläger als Verein, der sich satzungsgemäß unter anderem der Durchsetzung von Verbraucherinteressen und -rechten widmet, sei aktivlegitimiert gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG, § 4 UKlaG.
Das Vorgehen der Beklagten, den Verbraucher aufzufordern, seine Kündigung innerhalb von 14 Tagen telefonisch zu bestätigen, stelle eine geschäftliche Handlung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 UWG dar. Dazu gehörten auch Verhaltensweisen, die auf eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung oder das Ver-hindern einer Geschäftsbeendigung gerichtet sind.
Diese geschäftliche Handlung der Beklagten sei gem. § 3 Abs. 1 UWG unzulässig, da sie gemäß § 5 Abs. 1 UWG unlauter sei. Danach handele unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornehme, die geeignet sei, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
Die Kammer hat die Vorgehensweise der Beklagten als irreführend im Sinne des § 5 Abs. 2 Nr. 7 UWG eingestuft. Demnach sei eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über Rechte des Verbrauchers enthalte. Erfasst seien auch irreführende Angaben über deren Inhalt, Umfang und Dauer sowie etwaige Voraussetzungen für die Geltendmachung bestimmter Rechte, zu denen auch das Kündigungsrecht zähle.
Auch wenn die Beklagte nach Auffassung der Kammer ein grundsätzliches Interesse an einer Authentifizierung haben könne, wäre eine solche vorrangig durch eine Bestätigung über den von dem Verbraucher gewählten Kommunikationskanal zu erreichen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb ein an den Verbraucher unter der von ihm hinterlegten E-Mail-Adresse gesendeter Bestätigungslink zur Identifizierung weniger geeignet wäre, als ein Telefonat. Auch während eines Telefonats sei es der Beklagten nicht möglich, sich umfassende Gewissheit über die wahre Person ihres Gesprächspartners zu verschaffen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass es einem unbefugten Dritten, der sich Zugang zu der Kundennummer, der Vertragsnummer und dem E-Mail-Konto des wahren Vertragspartners verschafft hat, auch gelänge, in einem Telefonat über seine Identität zu täuschen.
Die Vorgehensweise der Beklagten sei auch geeignet, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Beklagte stelle den Verbraucher nach Zugang seiner Kündigung vor die Wahl, seine Kündigung nicht telefonisch zu bestätigen, und in der Folge das Vertragsverhältnis fortzusetzen, oder innerhalb von 14 Tagen telefonisch Kontakt zu der Beklagten aufzunehmen. Es werde dadurch eine zusätzliche Entscheidung des Verbrauchers verlangt, ob er an der Ausübung seines Kündigungsrechts festhalten will. Ohne die irreführende Aufforderung der Beklagten würde der Verbraucher weder die eine noch die andere Entscheidung treffen.
Die erforderliche Wiederholungsgefahr ergebe sich daraus, dass die Beklagte eingeräumt habe, dass die beanstandete Vorgehensweise der Beklagten deren übliche Vorgehensweise sei.
Auszug aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
§ 5 Irreführende Handlungen
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält ...
§ 8 Beseitigung und Unterlassung
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden ...
Das LG Koblenz hat entschieden, dass ein Spieler gegen den Betreiber eines in Deutschland illegalen Online-Casinos aus Malta einen Anspruch auf Erstattung seiner verlorenen Einsätze hat.
Die Pressemitteilung des Gerichts: Verlustfrei zocken im Online-Casino
Kann eine Spielerin ihre in den Jahren 2015 bis 2020 in einem Online-Casino erlittene Verluste von deren Betreiberin zurückverlangen? Diese Frage hatte die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz zu entscheiden.
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte ist ein führender Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta, welcher mehrere Online-Casino-Seiten betreibt und über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta verfügt. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz in Deutschland oder für das Bundesland Rheinland-Pfalz, in welchem die Klägerin wohnt, verfügte die Beklagte hingegen jedenfalls im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze nicht. Die Internetseiten der Beklagten nebst den FAQ und den Geschäftsbedingungen sind vollständig auf Deutsch abgefasst.
In der Zeit vom 27.12.2015 bis zum 02.12.2020 verlor die Klägerin auf den Online-Casino-Seiten der Beklagten unter Berücksichtigung von Gewinnen (Einzahlungen abzüglich Auszahlungen) Spielbeträge von insgesamt 632.250,00 €.
Die Klägerin ist der der Auffassung, dass aufgrund des damaligen gesetzlichen Verbot von Online-Glückspielen sie einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten Einsätze habe. Weiterhin habe sie erst im Jahr 2022 erfahren, dass Online-Glückspiele im streitgegenständlichen Zeitraum nicht erlaubt gewesen seien, sodass mögliche Rückzahlungsansprüche nicht verjährt seien.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Erstattung der Spieleinsätze in Höhe von 632.250 €.
Die Entscheidung:
Die 1. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage vollumfänglich stattgegeben.
Die Klägerin habe einen Rückzahlungsanspruch auf die geleisteten und verlorenen Spieleinsätze in Höhe von 632.250,00 €, weil die Beklagte diese ohne Rechtsgrund erlangt habe. Der zwischen den Parteien geschlossene Online-Glückspielvertrag verstoße im streitgegenständlichen Zeitraum gegen ein gesetzliches Verbot und sei deshalb nichtig.
Zwar sei der Glückspielstaatsvertrag im Jahr 2021 neu geregelt und es bestünde nunmehr die Möglichkeit, eine Erlaubnis für öffentliche Glückspiele im Internet zu erhalten. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage des Gesetzesverstoßes sei vorliegend aber Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts, sodass es auf die Frage einer etwaigen späteren Legalisierung des Angebots der Beklagten nicht ankomme.
Vorliegend könne sich die Beklagte auch nicht auf § 762 BGB berufen, weil diese Vorschrift nur greife, wenn die Rückforderung auf den Spielcharakter gestützt wird.
Auch könne sich die Beklagte nicht auf § 817 S. 2 BGB berufen, wonach die Rückforderung ausgeschlossen ist, wenn auch dem Leistenden ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Die Beklagte sei insoweit beweispflichtig geblieben, dass die Klägerin in subjektiver Hinsicht vorsätzlich verbotswidrig gehandelt oder sich der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit zumindest leichtfertig verschlossen hat. Ein lediglich objektiver Verstoß gegen das Verbotsgesetz genüge nicht.
Im Rahmen der persönlichen Anhörung der Klägerin ist die Kammer nicht zur der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin positiv wusste, dass Online-Glücksspiele in Deutschland (mit Ausnahme von Schleswig-Holstein) in dem streitgegenständlichen Zeitraum verboten waren. Die Klägerin habe sich problemlos auf der deutschsprachigen Webseite der Beklagten registrieren und auch die entsprechenden Zahlungen vornehmen können. Im Übrigen drängt sich nicht ohne Weiteres auf, dass die gleichen Glücksspiele, die in Spielhallen und Casinos erlaubt sind, einem Totalverbot unterliegen, wenn sie im Internet angeboten und zudem in den Medien beworben werden. Hinzu kommt, dass die Beklagte über eine Lizenz in einem EU-Staat verfügt und ihre Leistungen in Deutschland frei zugänglich angeboten hat. Bei dieser Sachlage musste es sich für die Klägerin nicht aufdrängen, dass das aus dem europäischen Ausland stammende Online-Angebot verboten sein könnte.
Schließlich seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt, weil die Beklagte beweisfällig geblieben ist, dass die Klägerin tatsächlich vor dem Jahr 2022 Kenntnis von der den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat.
Auszug aus dem Glückspielstaatsvertrag 2011:
§ 4 Allgemeine Bestimmungen
(1) […]
(4) Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.
Auszug aus dem Glückspielstaatsvertrag 2021:
§ 4 Allgemeine Bestimmungen
(1) […]
(4) Eine Erlaubnis für öffentliche Glücksspiele im Internet darf nur für den Eigenvertrieb und die Vermittlung von Lotterien, für die Veranstaltung, Vermittlung und den Eigenvertrieb von Sportwetten und Pferdewetten sowie für die Veranstaltung und den Eigenvertrieb von Online-Casinospielen, virtuellen Automatenspielen und Online-Poker erteilt werden. Im Übrigen sind das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet verboten.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch:
§ 817 Verstoß gegen Gesetz oder gute Sitten
[...] Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung durch Werbung von 1und1 für einen Flatrate-Tarif vorliegt, wenn Servicedienste mit geografischen Festnetznummern ausgeschlossen sind und kein deutlicher Hinweis auf diese Einschränkung erfolgt.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung und ein Verstoß gegen Art. 7 LMIV und § 11 Abs. 1 LFGB vorliegt, wenn ein Ausgangsprodukt (hier Kokosprodukte) als Rohkost bezeichnet und mit Rohkostqualität sowie "rohköstlich" beworben wird, wenn sie über 60 Grad C erhitzt wurden. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn ein Mobilfunkanbieter einen 5G-Tarif bei eingeschränkter Verfügbarkeit ohne leicht erkennbaren Hinweis auf bestehende Einschränkungen hinsichtlich der Verfügbarkeit bewirbt.
Die Pressemitteilung des Gerichts:
Ist eine Werbung mit 5G-Leistungen zulässig, wenn der beworbene 5G Tarif nicht überall verfügbar ist?
Zum Sachverhalt:
Die Parteien sind Telekommunikationsunternehmen. Die Beklagte warb auf ihrer Internetseite mit Weihnachtsangeboten. Auf der ersten Seite befand sich eine einheitliche Bühne mit einer durchgehenden Schneedecke und einem weite Teile der Seite bedeckenden Sternenhimmel. Auf dieser Seite fand sich unter anderem links ein Stern mit dem Aufdruck „Weihnachtsangebot“. In der Mitte der Bühne war eine SIM-Karte mit einem runden „5G“-Störer zu sehen. Auf der rechten Seite war ein Kasten mit Flat-Tarifen und einem Preis ab 9,99 Euro/Monat zu finden. Unter diesem Kasten befand sich die Klickfläche „Zum Angebot“. Klickte der Nutzer hierauf wurde er zur Produktseiten der Beklagten geführt. Nicht alle Tarife aus der in dem Kasten beworbenen Tariffamilie umfassen 5G-Leistungen. Die 5G-Leistungen der Beklagten sind zudem regional nur eingeschränkt erhältlich. Zudem waren die 5G-Leistungen nicht zu dem niedrigen ab-Preis erhältlich. Die Klägerin mahnte die Beklagte daher ab und begehrte das Unterlassen dieser Werbung als irreführend.
Die Entscheidung:
Das Landgericht Koblenz untersagte der Beklagten gemäß §§ 8 Abs. 1 und Abs. 3 Nr. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 und S.2 Nr. 1 und 2 UWG die Werbung mit 5 G-Leistungen, wenn diese zu dem genannten ab-Preis nicht genutzt werden können, sondern lediglich zu einem höheren Preis. Weiterhin untersagte es eine Werbung mit 5G-Leistungen, wenn nicht darauf hingewiesen wird, dass diese nur eingeschränkt verfügbar sind. Die Werbung der Beklagten stufte das Landgericht Koblenz deshalb als irreführend für den Verbraucher ist.
Zunächst hätte die Beklagte auf die eingeschränkte Verfügbarkeit der 5G-Leistungen hinweisen müssen. Die Werbung richtete sich an alle Verbraucher und nicht nur an technikaffine oder besonders technikinteressierte Verbraucher. Es sei nicht wegen der erst vor kurzem erfolgten Versteigerung von 5G-Litzenzen allgemein bekannt, dass sich das 5G-Netz deutschlandweit noch im Aufbau befindet. Insbesondere wisse der durchschnittliche Verbraucher nicht, dass 5G-Leistungen derzeit nur in den Städten Berlin, Hamburg, München, Frankfurt/Main und Köln verfügbar sind.
Die Werbung erweckt nach Ansicht des Landgerichts Koblenz zudem den unzutreffenden Eindruck, der Kunde könne bei der Beklagten bereits im billigsten Tarif von 9,99 Euro/Monat 5G-Leistungen erhalten. Die Beklagte vermochte auch nicht mit dem Argument durchzudringen, dass sich der 5G-Störer gar nicht auf dem Kasten mit den Tarifen befindet und sich damit nicht auf diesen beziehe, sondern eigenständig nur allgemein auf die 5G-Leistungen der Beklagten hinweisen sollte. Da sich die Werbung auf einer einheitlichen Bühne mit einer durchgehenden Schneedecke und einem weitgehend durchgehenden Sternenhimmel befand, wird für den durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher nach Einschätzung des Landgerichts nicht ersichtlich, dass die Beklagte unabhängig von ihren Tarifangeboten darauf hinweisen wollte, dass sie jetzt auch 5G-Leistungen anbieten kann. Es entstand vielmehr der Eindruck eines einheitlichen Angebots, zumal sich auf dem linken Stern der Aufdruck „Weihnachtsangebot“, befand, sodass der Verbraucher nicht auf getrennte Angebote schließt. Auch wenn sich die Klickfläche „Zum Angebot“ nur unter den Tarifen befindet, deutet das für einen durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher ebenfalls nicht auf getrennte Angebote hin. Zudem befand sich der 5 G-Störer an einer SIM-Karte. Da ein Telefonieren und Surfen in den von der Beklagten beworbenen Tarifen nur mit einer solchen SIM-Karte technisch möglich ist, wird der allgemeine Verkehrskreis nach Auffassung des Landgerichts den Schluss von dem 5G-Störer auf die Mobilfunktarife der Beklagten ziehen.
Auszug aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb:
§ 5 Irreführende geschäftliche Handlungen
(1) Unlauter handelt, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt, die geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Eine geschäftliche Handlung ist irreführend, wenn sie unwahre Angaben enthält oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über folgende Umstände enthält:
die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung wie Verfügbarkeit, Art, Ausführung, Vorteile, Risiken, Zusammensetzung, Zubehör, Verfahren oder Zeitpunkt der Herstellung, Lieferung oder Erbringung, Zwecktauglichkeit, Verwendungsmöglichkeit, Menge, Beschaffenheit, Kundendienst und Beschwerdeverfahren, geographische oder betriebliche Herkunft, von der Verwendung zu erwartende Ergebnisse oder die Ergebnisse oder wesentlichen Bestandteile von Tests der Waren oder Dienstleistungen;
den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird;
die Person, Eigenschaften oder Rechte des Unternehmers wie Identität, Vermögen einschließlich der Rechte des geistigen Eigentums, den Umfang von Verpflichtungen, Befähigung, Status, Zulassung, Mitgliedschaften oder Beziehungen, Auszeichnungen oder Ehrungen, Beweggründe für die geschäftliche Handlung oder die Art des Vertriebs;
Aussagen oder Symbole, die im Zusammenhang mit direktem oder indirektem Sponsoring stehen oder sich auf eine Zulassung des Unternehmers oder der Waren oder Dienstleistungen beziehen;
die Notwendigkeit einer Leistung, eines Ersatzteils, eines Austauschs oder einer Reparatur;
die Einhaltung eines Verhaltenskodexes, auf den sich der Unternehmer verbindlich verpflichtet hat, wenn er auf diese Bindung hinweist, oder
Rechte des Verbrauchers, insbesondere solche auf Grund von Garantieversprechen oder Gewährleistungsrechte bei Leistungsstörungen.
(2) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn sie im Zusammenhang mit der Vermarktung von Waren oder Dienstleistungen einschließlich vergleichender Werbung eine Verwechslungsgefahr mit einer anderen Ware oder Dienstleistung oder mit der Marke oder einem anderen Kennzeichen eines Mitbewerbers hervorruft.
(3) Angaben im Sinne von Absatz 1 Satz 2 sind auch Angaben im Rahmen vergleichender Werbung sowie bildliche Darstellungen und sonstige Veranstaltungen, die darauf zielen und geeignet sind, solche Angaben zu ersetzen.
(4) Es wird vermutet, dass es irreführend ist, mit der Herabsetzung eines Preises zu werben, sofern der Preis nur für eine unangemessen kurze Zeit gefordert worden ist. Ist streitig, ob und in welchem Zeitraum der Preis gefordert worden ist, so trifft die Beweislast denjenigen, der mit der Preisherabsetzung geworben hat.
§ 8 Beseitigung und Unterlassung
(1) Wer eine nach § 3 oder § 7 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch auf Unterlassung besteht bereits dann, wenn eine derartige Zuwiderhandlung gegen § 3 oder § 7 droht.
(2) Werden die Zuwiderhandlungen in einem Unternehmen von einem Mitarbeiter oder Beauftragten begangen, so sind der Unterlassungsanspruch und der Beseitigungsanspruch auch gegen den Inhaber des Unternehmens begründet.
(3) Die Ansprüche aus Absatz 1 stehen zu:
jedem Mitbewerber;
rechtsfähigen Verbänden zur Förderung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen, soweit ihnen eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben, wenn sie insbesondere nach ihrer personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung imstande sind, ihre satzungsmäßigen Aufgaben der Verfolgung gewerblicher oder selbständiger beruflicher Interessen tatsächlich wahrzunehmen und soweit die Zuwiderhandlung die Interessen ihrer Mitglieder berührt;
qualifizierten Einrichtungen, die nachweisen, dass sie in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder in dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind;
den Industrie- und Handelskammern oder den Handwerkskammern.
(4) Stellen nach Absatz 3 Nummer 2 und 3 können die Ansprüche nicht geltend machen, solange ihre Eintragung ruht.
(5) § 13 des Unterlassungsklagengesetzes ist entsprechend anzuwenden; in § 13 Absatz 1 und 3 Satz 2 des Unterlassungsklagengesetzes treten an die Stelle der dort aufgeführten Ansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz die Ansprüche nach dieser Vorschrift. Im Übrigen findet das Unterlassungsklagengesetz keine Anwendung, es sei denn, es liegt ein Fall des § 4e des Unterlassungsklagengesetzes vor.
LG Koblenz hat in diesem Fall dem Betroffenen einen Anspruch auf Geldentschädigung / Schmerzensgeld in Höhe von 8000 EURO gegen den Verfasser eines das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzenden Wikipedia-Eintrags zugesprochen.
Aus den Entscheidungsgründen: 2. Die Klage hat auch in der Sache Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung einer Geldentschädigung in Höhe von 8.000,00 € sowie auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 2.085,95 € aus §§ 823 Abs. 1, 253 BGB analog in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG.
a. Nach ständiger, vom Bundesverfassungsgericht bestätigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann jemand, dessen Persönlichkeitsrecht in schwerer Weise schuldhaft verletzt worden ist, Ersatz in Geld auch für immaterielle Schäden beanspruchen, wenn die Schwere der Beeinträchtigung eine solche Genugtuung erfordert und sich die erlittene Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgleichen lässt. Ob ein derart schwerer Eingriff in den Eigenwert der Persönlichkeit anzunehmen und die dadurch verursachte nichtvermögensmäßige Einbuße auf andere Weise nicht hinreichend ausgleichbar ist, muss aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalles beurteilt werden. Hierbei sind besonders der Grad des Verschuldens und die Art und Schwere der zugefügten Beeinträchtigung sowie auch Anlass und Beweggrund des Handelns zu berücksichtigen (ständige Rechtsprechung, vgl. etwa BGH, Urteil vom 15.11.1994 – VI ZR 56/94 –, BGHZ 128, 1-16; BGH, Urteil vom 24.11.2009 – VI ZR 219/08 –, BGHZ 183, 227-235, Rn. 11). Die Voraussetzungen eines Entschädigungsanspruches analog § 253 Abs. 2 BGB liegen hier vor.
aa. Die beanstandete Bearbeitung des streitgegenständlichen Wikipedia-Artikels stellt eine objektiv schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers dar.
Die entsprechende Erstellung bzw. Bearbeitung erweist sich als Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers (vgl. LG Tübingen, Urteil vom 18.07.2012 – 7 O 525/10 –, Rn. 21, juris; OLG Stuttgart, Urteil vom 02.10.2013 – 4 U 78/13 –, Rn. 107, juris). Dieser Eingriff ist auch rechtswidrig. Aufgrund der tatbestandlichen Weite des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und der Eigenart als Rahmenrecht liegt die Reichweite nicht absolut fest, sondern muss durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden. Dabei hat eine Abwägung des Rechts des Klägers auf Schutz seiner Persönlichkeit und Achtung seines Privatlebens aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 EMRK verankerten Recht des Beklagten auf Meinungs- und Medienfreiheit zu erfolgen. Diese Abwägung führt hier zu einem Überwiegen des Schutzinteresses des Klägers, weshalb der Eingriff sich als rechtswidrig erweist.
Grundsätzlich ist allerdings - was auch von Klägerseite nicht in Abrede gestellt wird - ein Eintrag in Wikipedia jedenfalls dann hinzunehmen, wenn die betroffene Person, wie der Kläger, als Autor von Büchern und Artikeln selbst aktiv den Diskurs in der Öffentlichkeit sucht. Dabei kann auch hinzunehmen sein, dass Tatsachen erwähnt werden, die den Betroffenen in ein negatives Licht stellen. Gleiches gilt für die Erwähnung von Meinungen von Kritikern. Dies zumal, wenn der Betroffene besonders kontroverse Positionen vertritt. Das Persönlichkeitsrecht verleiht seinem Träger keinen Anspruch darauf, nur so in der Öffentlichkeit dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist (BVerfG, Beschluss vom 08.06.2010 – 1 BvR 1745/06 –, Rn. 21, juris). Aus diesem Grund hat der Betroffene es unter Umständen auch hinzunehmen, dass Gewichtungen vorgenommen werden, mit denen er nicht einverstanden ist oder Ereignisse Erwähnung finden, denen er selber keine oder eine äußerst geringfügige Bedeutung beimisst. Letztlich gibt es auch in einer Enzyklopädie keine rein objektiven Artikel. Der bloße Umstand, dass ein bestimmtes Ereignis Erwähnung findet, beinhaltet eine Wertung. Auch die Art der Darstellung, der Umfang der Darstellung einzelner Sachverhalte, etc. beinhalten stets Wertungselemente. Ein Betroffener kann diesbezüglich nicht verlangen, dass die Enzyklopädie bzw. die jeweiligen Editoren seine eigenen Bewertungen teilen und den Artikel nach seinen Vorstellungen gestalten. Wie bereits ausgeführt, verleiht das Persönlichkeitsrecht seinem Träger nicht den Anspruch, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie es ihm genehm ist.
Hinsichtlich der Online-Enzyklopädie Wikipedia ist bezüglich der Frage, was von der betroffenen Person hinzunehmen ist, allerdings stets deren erhebliche Reichweite und besondere Bedeutung zu berücksichtigen. Als Enzyklopädie und eine der meistbesuchten Webseiten überhaupt können entsprechende Einträge die Wahrnehmung einer Person in der Öffentlichkeit nachhaltig prägen. Häufig wird sich die Online-Recherche zu einer Person auf den entsprechenden Wikipedia-Eintrag begrenzen. Negative Darstellungen wie etwa der Verdacht von Straftaten oder des Vorwurfs des Innehabens von in der Öffentlichkeit besonders verachteten Einstellungen und Gesinnungen, können gravierende Auswirkungen auf das berufliche und private Leben des Betroffenen haben. Hinzu kommt, dass Wikipedia seinem Selbstverständnis nach eine Enzyklopädie ist und die Artikel deshalb von dem Anspruch auf möglichst weitgehende Objektivität getragen werden. Korrespondierend dazu bringen weite Teile der Öffentlichkeit Wikipedia ein entsprechend großes Vertrauen entgegen. Insoweit kommt Wikipedia eine besondere Stellung zu und können die zu anderen Print- und Online-Medien entwickelten Grundsätze nicht ohne Weiteres auf Wikipedia übertragen werden.
Was insoweit von dem jeweiligen Betroffenen hinzunehmen ist, ist grundsätzlich eine Frage des Einzelfalls und entzieht sich einer schematischen Betrachtungsweise. Nicht hinzunehmen sind jedenfalls unwahre Tatsachenbehauptungen. Der Schutz des Persönlichkeitsrechts wird zudem auch dann regelmäßig überwiegen, wenn eine bewusst einseitige und negativ verzerrende Darstellung erfolgt, die eine innere Logik und Nachvollziehbarkeit nicht erkennen lässt. Der Betroffene wird jedenfalls verlangen können, dass Darstellung und Gewichtung sich nach sachlichen Kriterien richten. Darüber hinaus können auch die internen Vorgaben von Wikipedia in die Bewertung mit einbezogen werden. Diesen zufolge dürfen Veränderungen von Artikeln und biografischen Informationen nicht in „böser Absicht“ erfolgen, ist bei abwertendem Material über eine lebende Person „eine eindeutige Relevanz für den Artikel“ unumgänglich, sollen Ansichten von Kritikern und Gegnern nur dargestellt werden, „soweit sie für die Bedeutung des Betroffenen relevant sind, aus verlässlicher Quelle stammen und weder den Artikel dominieren noch parteiisch beschrieben sind“, soll Kritik nicht überproportional viel Raum einnehmen und sollte der Schwerpunkt eines biografischen Artikels die Person und nicht ihre Kritiker sein.
Unter Zugrundelegung der vorgenannten Kriterien überwiegt hier der Schutz des Persönlichkeitsrechts und erweisen sich die beanstandeten Einträge als eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers. Die entsprechenden Passagen aus dem Wikipedia-Artikel stellen sich teilweise als unwahre Tatsachenbehauptungen dar und sind, soweit sie keine unwahren Tatsachen enthalten, jedenfalls in einer Gesamtbetrachtung bewusst einseitig und negativ verzerrend. Sie lassen eine innere Logik und Nachvollziehbarkeit nicht erkennen und richten sich nicht nach sachlichen Kriterien.
[..]
b. Der somit dem Grunde nach gegebene Anspruch des Klägers auf Geldentschädigung für die schwerwiegende Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts ist nach Auffassung der Kammer in Höhe eines Betrages von 8.000,00 € gerechtfertigt. Bei der Bemessung einer Geldentschädigung, die im Fall einer schweren Verletzung des Persönlichkeitsrechts zu zahlen ist, kommt dem Präventionsgedanken besondere Bedeutung zu (BGH, Urteil vom 05.12.1995 – VI ZR 332/94 –, juris). Die Sanktionierung darf sich nicht im mehr oder minder symbolischen Bereich bewegen. Die Entschädigung muss so hoch ausfallen, dass sie von den Verantwortlichen deutlich zur Kenntnis genommen wird (OLG Hamm, Urteil vom 04.02.2004 – 3 U 168/03 –, Rn. 52, juris). Unter Berücksichtigung des zuvor dargelegten Ausmaßes der Persönlichkeitsverletzung sowie des Umstandes, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt, sondern der Beklagte, wie dargelegt, in zahlreichen weiteren Fällen in vergleichbarer Art und Weise bewusst schädigende Einträge in Wikipedia vorgenommen hat, hält die Kammer eine Geldentschädigung in Höhe von 8.000,00 € für gerechtfertigt.
2. Der Kläger kann unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes auch Ersatz der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 2.085,95 € bezüglich der erfolgten Abmahnung verlangen. Insoweit konnte der Kläger aufgrund der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Unterlassung verlangen. Die Zugrundelegung eines Streitwerts in Höhe von 80.000,00 € und einer 1,3-Gebühr sind nicht zu beanstanden.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass Facebook einen als Hassrede eingestuften Nutzerbeitrag unter Hinweis auf Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen löschen und den Nutzer vorübergehend sperren darf.
Die Pressemitteilung des Gerichts;
Hassrede in sozialen Medien – Wirksamkeit der Nutzungsbedingungen zur Sperrung des Zugangs
Zum Sachverhalt:
Der Kläger ist Nutzer eines sozialen Netzwerks der Beklagten. Diese änderte im Jahr 2018 ihre Nutzungsbedingungen, denen der Kläger per Mausklick zustimmte, um den Dienst der Beklagten weiter nutzen zu können. Die Beklagte entfernte in der Folgezeit zunächst zwei politisch motivierte gegen Menschen mit Migrationshintergrund gerichtete Posts wegen Verstoßes gegen diese Nutzungsbedingungen, weil sie von ihr als Hassrede eingestuft wurden und sperrte das Konto für bestimmte Funktionen. Nach weiteren ähnlich gelagerten Posts, die die Beklagte ebenfalls als Hassrede einstufte, entfernte sie die durch den Kläger betriebene Seite und sperrte das private Profil des Klägers zweimal vorläufig für 30 Tage. Der Kläger hält die Nutzungsbedingungen für unwirksam und die Löschung sowie Sperrung für rechtswidrig. Er klagt deshalb auf Freischaltung und Wiederherstellung der Seite.
Entscheidung:
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Im Einzelnen:
Durch die Registrierung im sozialen Netzwerk hat der Kläger einen Vertrag mit der Beklagten unter Einschluss der Nutzungsbedingungen geschlossen. Es gelten auch die aktuellen (verschärften) Nutzungsbedingungen zur „Hassrede", nachdem der Kläger durch Bestätigung per Mausklick diesen zugestimmt hat. Daran ändert nichts, dass dem Kläger keine andere Möglichkeit als die Bestätigung geblieben ist, wenn er sein Konto weiter nutzen wollte. Ihm wäre nämlich die Nutzung eines anderen sozialen Netzwerks ebenso möglich gewesen wie der völlige Verzicht auf die Nutzung eines solchen Netzwerks, da die Pflege von Beziehungen mit Freunden auch offline möglich ist.
Im Übrigen handelt es sich bei den Nutzungsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB), die nach Ansicht der Kammer auch nicht gegen das für AGB geltende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB verstoßen. Das Gericht hat die Nutzungsbedingungen als in einfacher Sprache gefasst und leicht verständlich eingestuft, insbesondere werde auch detailliert erläutert, was die Beklagte unter „Hassrede" versteht. Es werde weiterhin deutlich, dass nicht nur strafbare Äußerungen unter „Hassrede" fallen.
Weiterhin sieht das Gericht in diesem Zusammenhang keine Notwendigkeit, in den Nutzungsbedingungen an jeden Verstoß eine konkrete Rechtsfolge zu knüpfen. Das Gericht akzeptiert hier einen Spielraum der Beklagten, da diese sich nach ihren Nutzungsbedingungen bei ihrer Entscheidung nicht nur an dem einzelnen Verstoß des Nutzers orientiert, sondern auch das vorherige Nutzungsverhalten des Nutzers bei der Entscheidung berücksichtigt.
Auch verstoßen die Nutzungsbedingungen nach dieser Entscheidung nicht gegen den Grundsatz der Meinungsfreiheit, da dieser das virtuelle Hausrecht der Beklagten gegenüber steht. Der Beklagten muss ein solches virtuelles Hausrecht zugestanden werden, da diese das Risiko meiden müsse, ihrerseits wegen Äußerungen der Nutzer im sozialen Netzwerk unter anderem durch die Behörden in Haftung genommen zu werden. Deshalb darf die Beklagte auch Äußerungen unterbinden, die in den Grenzbereich der Legalität fallen. Auch ist zu berücksichtigen, dass Posts, die von einer Vielzahl anderer Nutzer als extrem, unnötig provozierend und einschüchternd empfunden werden können, die anderen Nutzer zur Beendigung der Nutzung des sozialen Netzwerks bewegen können. Dies wirke sich dann negativ auf den von der Beklagten beabsichtigten Meinungsaustausch und ihr Geschäftsmodell aus. Es könne daher der Beklagten nicht generell verboten werden, Löschungen und Sperrungen vorzunehmen, selbst wenn diese die Grenzen zulässiger Meinungsäußerung nicht überschreiten.
Für Hassrede muss die Beklagte ihr Netzwerk auch unter Berücksichtigung der Meinungsfreiheit nicht zur Verfügung stellen.
Auszug aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB):
§ 307 Inhaltskontrolle
(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.
Das OLG Koblenz hat entschieden, dass verbindliche Trinkgeld-Klauseln für Kreuzfahrten mit Opt-Out-Möglichkeit in Reiseveranstalter-AGB unwirksam sind.
Aus den Entscheidungsgründen:
"Der Kläger kann von der Beklagten gemäß § 1 UKlaG verlangen, dass diese es unterlässt, in Bezug auf Reiseverträge, die mit Verbrauchern geschlossen werden, die streitbefangene Klausel bzw. eine inhaltsgleiche Klausel zu verwenden sowie sich auf diese Bestimmung bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen, soweit die Bestimmung als Allgemeine Geschäftsbedingung vom Verbraucher nicht durch einen gesonderten Erklärungsakt bestätigt worden ist.
Die streitbefangene Klausel ist unwirksam nach § 307 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB, da sie dem wesentlichen Grundgedanken des § 312a Abs. 3 S. 1 BGB widerspricht, da sie die Buchung des Trinkgeldes auf dem Bordkonto des Kunden ohne ausdrückliche Vereinbarung vorsieht. Von der Vorschrift des § 312a BGB darf gemäß § 312k Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich nicht zum Nachteil des Verbrauchers abgewichen werden. Insofern ist der Begriff der ausdrücklichen Vereinbarung in § 312a Abs. 3 S. 1 BGB richtlinienkonform auszulegen. § 312a BGB wurde durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie „Richtlinie über die Rechte der Verbraucher“ (VRRL) vom 20.9.2013 in das BGB eingefügt. Bei Auslegung und Anwendung des Gesetzes sind Wortlaut und Sinn und Zweck des Art. 22 der Richtlinie 2011/83/EU (ABl. L 304. S. 64) zu berücksichtigen. Der Wortlaut des Art. 22
„Bevor der Verbraucher durch den Vertrag oder das Angebot gebunden ist, hat der Unternehmer die ausdrückliche Zustimmung des Verbrauchers zu jeder Extrazahlung einzuholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht. Hat der Unternehmer vom Verbraucher keine ausdrückliche Zustimmung eingeholt, sondern sie dadurch herbeigeführt, dass er Voreinstellungen verwendet hat, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn er die zusätzliche Zahlung vermeiden will, so hat der Verbraucher Anspruch auf Erstattung dieser Zahlung.“
wurde nur unvollkommen in § 312a Abs. 3 BGB übernommen. Daraus folgt jedoch im Rahmen der Auslegung des § 312a Abs. 3 BGB, dass Vertragsklauseln, die eine Extrazahlung regeln, einer ausdrücklichen gesonderten Vereinbarung durch positive Zustimmung durch den Verbraucher („opt in“-Klausel) bedürfen und eine „opt out“-Lösung, die verlangt, dass der Verbraucher aktiv werden muss, um eine derartige Vertragsklausel zu verhindern, unzulässig ist. Eine Beschränkung des Verbots der „opt out“-Lösung auf den in § 312a Abs. 3 S. 2 BGB geregelten Fall eines Vertragsschlusses im elektronischen Rechtsverkehr ist damit nicht vereinbar (vgl. EuGH [Dritte Kammer], Urt. v. 19.07.2012 - C-112/11, ebookers.com Deutschland GmbH/Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände - Verbraucherzentrale Bundesverband e. V., EuZW 2012, 703; so auch Wendehorst, Das neue Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrichtlinie, NJW 2014, 577, 579; HK-BGB/Hans Schulte-Nölke, 10. Aufl. 2019, BGB § 312a Rn. 4-5).
Folglich muss der Unternehmer, bevor der Verbraucher durch ein Angebot gebunden ist, dessen ausdrückliche Zustimmung zu jeder Extrazahlung einholen, die über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistungspflicht des Unternehmers hinausgeht, und er kann diese Zustimmung nicht durch Verwendung von Voreinstellungen herbeiführen, die vom Verbraucher abgelehnt werden müssen, wenn dieser die zusätzliche Zahlung vermeiden will.
Die Richtigkeit dieser Wertung bestätigt sich auch mit Blick auf das allgemeine Umgehungsverbot des § 312k Abs. 1 S. 2 BGB. Demzufolge müssen die Vorschriften § 312 ff BGB auch Anwendung finden, wenn sie durch anderweitige Gestaltungen umgangen werden. Eine Umgehung liegt vor, „wenn eine vom Gesetz verbotene Regelung bei gleicher Interessenlage durch eine andere rechtliche Gestaltung erreicht werden soll“ (NK-BGB/Gerhard Ring, 3. Aufl. 2016, BGB § 312k Rn. Randnummer 4). Dies ist hier der Fall, weil anstelle des Vertragsschlusses im elektronischen Rechtsverkehr unter Verwendung einer Voreinstellung die vorliegende Vertragsgestaltung außerhalb des elektronischen Rechtsverkehrs gewählt wird. Als Folge des Zusammenwirkens des Umgehungsverbotes und der Unzulässigkeit der „Opt-out“-Regelung gemäß § 312a Abs. 3 S. 2 BGB ergibt sich, dass jegliche Vertragsgestaltung, die einer „Opt-out“-Klausel gleichkommt, nicht nur im Falle der Verwendung eines vorangekreuzten Kästchens im elektronischen Rechtsverkehrs unzulässig ist, sondern immer dann, wenn durch eine anderweitige Vertragsgestaltung eine vertragliche Abrede zum Vertragsbestandteil wird, allein weil der Verbraucher ihr nicht ausdrücklich widerspricht.
Soweit die Beklagte sich in der Gegenerklärung darauf beruft, es handele sich lediglich um eine „Trinkgeldempfehlung“, die für den Reisekunden nicht verbindlich sei, wie sich aus der Formulierung ergebe, ist zu beachten, dass durch die von der Beklagten vorgesehene Buchung auf dem Bordkonto diese „Empfehlung“ Vertragsbestandteil wird, wenn der Reisekunde dem nicht ausdrücklich widerspricht. Nach Sinn und Zweck der Richtlinie, welche die Verwendung von „opt out“ Klauseln verhindern wollte, ist dies als Verstoß gegen § 312a Abs. 3 S. 1 zu qualifizieren. Zum Zeitpunkt der Ausschiffung entsteht auf Grund des Bordkontos eine wirksame Zahlungsverpflichtung des Reisekunden, wenn dieser nicht ausdrücklich widersprochen hat.
Soweit die Beklagte in der Gegenerklärung ausführt, dass die Formulierung des Landgerichts, dass der Betrag auf dem Bordkonto „gebucht“ wird, missverständlich sei, ist darauf hinzuweisen, dass diese Formulierung den Prospekten der Beklagten entnommen ist. Im Übrigen wäre aber wohl auch eine „Vormerkung“ auf dem Bordkonto des Reisekunden als eine „opt out“-Klausel zu qualifizieren, die gleichermaßen einen Verstoß gegen § 312 a Abs. 3 S. 1 BGB bedeuten würde.
Die Klausel hat entgegen der Ansicht der Beklagten nicht lediglich den Charakter eines Vorschlages, der angenommen oder abgelehnt werden kann. Denn bereits bei fehlendem Widerspruch gilt die „Trinkgeldempfehlung“ als angenommen.
Soweit der Berufungsführer sich in der Gegenerklärung auf eine Entscheidung des schleswig-holsteinischen OLG 6 U 24/17 vom 13.12.2018 beruft, ist zu berücksichtigen, dass dieser ein anderer Sachverhalt zugrunde lag, sich nämlich nicht mit der Frage der Unwirksamkeit gemäß § 307 BGB befasst, sondern das Vorliegen eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngVO prüft.
Die dortige Beklagte verwendete eine Klausel, nach der das Serviceentgelt lediglich dann nicht anfalle, wenn der Gast die Nacht nicht an Bord des Kreuzfahrtschiffs verbringe. Das schleswig-holsteinische OLG hat daraufhin entschieden, dass diese Klausel das Trinkgeld zu einem sonstigen Preisbestandteil im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngVO mache. Es stelle einen unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteil des Preises dar, der obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sei. Das Trinkgeld sei daher als Teil des Gesamtpreises anzugeben.
Vorliegend macht die Klägerin nicht einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 S. 1 PAngVO, sondern die Unwirksamkeit gemäß § 307 BGB mit der Klage geltend.
Die Berufung war nach alledem mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Entscheidung des Senats steht im Einklang mit der obergerichtlichen Rechtsprechung. Die entscheidungserheblichen grundsätzlichen Rechtsfragen hat der Bundesgerichtshof bereits geklärt."
Das LG Koblenz hat entschieden, dass eine wettbewerbswidrige Irreführung vorliegt, wenn im Rahmen des Bestellvorgangs eines DSL-Anbieters (hier 1&1) der falsche Eindruck erweckt wird, dass der Anschluss nur mit dem angebotenen Router genutzt werden kann. Es genügt nicht, wenn dieser falsche Eindruck durch einen Anruf bei der Hotline oder den Aufruf der Tarifdetails ausgeräumt werden kann.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass Teinehmer eine Kreuzfahrt nicht aufgrund einer Klausel in den AGB ein automatisches Trinkgeld von 10 EURO pro Nacht zahlen müssen. Eine derartige Klausel ist mangels ausdrücklicher Zustimmung auch dann unwirksam, wenn der Betrag an der Rezeption gekürzt oder gestrichen werden kann.
Es ging um die Klausel:
"Trinkgeldempfehlung: [Sie sind sicher gerne bereit, die Leistung der Servicecrew durch Trinkgeld zu honorieren.) Hierfür wird auf Ihrem Bordkonto ein Betrag i.H.v. 10,- pro Person/Nacht an Bord gebucht, die Sie an der Rezeption kürzen, streichen oder erhöhen können.“
Das LG Koblenz hat entschieden, dass die Bundesrepublik Deutschland keine Gewährleistungsansprüche gegen den Waffenhersteller Heckler & Koch wegen der gelieferten Gewehre des Typs G36 hat. Das Gericht führt aus, dass die Sturmgewehre die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit aufweist und somit keine Mängel vorliegen.
Die Pressemitteilung des Gerichts.
Klage der Firma Heckler & Koch gegen die Bundesrepublik Deutschland stattgegeben (Az. 8 O 198/15)
Die 8. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz hat der Klage der Firma Heckler & Koch gegen die Bundesrepublik Deutschland in vollem Umfang stattgegeben. Dem Urteil liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Feststellung, dass der Beklagten von ihr geltend gemachte Mängelrechte nicht zustehen. Die Parteien schlossen im Jahr 2013 zwei Verträge über die Fertigung und Lieferung von insgesamt 3.845 Sturmgewehren mit kurzem Lauf des Typs G36 nebst Zubehör. Dem Abschluss dieser Verträge waren bereits Lieferbeziehungen der Parteien bezüglich verschiedener Versionen des Sturmgewehres G36 vorausgegangen. In Auswahlverfahren der Jahre 1993 bis 1995 entschied sich die Bundesrepublik Deutschland zur Anschaffung des G36, das sich zum damaligen Zeitpunkt bereits auf dem Markt befand und dessen materialtechnischen und physikalischen Eigenschaften bekannt waren. Mit Schreiben vom 10.6.2015 meldete die Beklagte Gewährleistungsansprüche an. Die Kammer hat in ihrem Urteil nun festgestellt, dass der Beklagten keine Mängelgewährleistungsansprüche hinsichtlich der aufgrund der zwei Verträge im Jahr 2013 erworbenen Gewehre zustehen.
Zur Begründung führt die Kammer aus, dass eine Abweichung der gelieferten Gewehre von der zwischen den Parteien vereinbarten Beschaffenheit im Sinne des Kaufvertragsrechtes nicht gegeben sei. So habe die Entwicklung eines auf die besonderen Bedürfnisse der Bundeswehr abgestimmten Sturmgewehrs keinen Eingang in die ausdrücklichen vertraglichen Regelungen gefunden. Im Rahmen ihrer rechtlichen Prüfung ist die Kammer zu dem Ergebnis gelangt, dass keine negativen Abweichungen der Eigenschaften und Anforderungen der streitgegenständlichen Versionen des Sturmgewehres G36 gegenüber der vertraglich vorausgesetzten Beschaffenheit bestehen. Die streitgegenständlichen Gewehre hätten unstreitig die in den Technischen Lieferbedingungen vorgesehene und zwischen den Parteien vereinbarte Abnahme- bzw. Güteprüfung bestanden, so wie dies in den zugrundeliegenden Kaufverträgen ausdrücklich gefordert werde. Die Beschaffenheit der zu liefernden Gewehre werde hier allein durch die Technischen Lieferbedingungen bestimmt. Die von der Beklagten durchgeführten Untersuchungen mit Vergleichsgewehren seien für das hier zu beurteilende Vertragsverhältnis aus dem Jahre 2013 nicht erheblich, da sie erst ab dem Jahre 2014 eingeleitet worden seien, bis heute nicht abgeschlossen seien und damit nicht Gegenstand der vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Jahren 1995 und 2013 haben sein können. Weiter legt die Kammer in ihrer Begründung dar, dass auch kein Mangel dergestalt vorliege, dass die streitgegenständlichen Gewehre nicht für die vertragsmäßige Verwendung geeignet wären. Die Beklagte habe ein konkretes Sturmgewehr gekauft. Zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Vertragsschlüsse sei das G36 bereits seit rund 18 Jahren bei der Beklagten im Einsatz gewesen; die Beklagte habe in diesem Zeitraum bereits eine hohe Zahl von Sturmgewehren mit der Bezeichnung G36 in verschiedenen Versionen (z.B. Kurzlauf und Langlauf) erworben.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Beklagten steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Diese ist binnen eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Oberlandesgericht Koblenz einzulegen.
Das LG Koblenz hat entschieden, dass bei der Werbung für einen DSL-Tarif auf eine Drosselung der Übertragungsrate (hier: nach Verbrauch von 100 GB) deutlich hingewiesen muss. Es genügt nicht, wenn sich auf der Webseite des Anbieters bzw. in den AGB ein entsprechender Hinweis befindet.
Das LG Koblenz hat die Werbung eines Telekommunkationsanbieters für eine All-Net-Flat für 29,99 Euro und das Samsung Galaxy S für 0 EURO völlig zutreffend für irreführend und damit wettbewerbswidrig erachtet.
Aus der Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale:
"Das Landgericht Koblenz folgte der Auffassung der Wettbewerbszentrale. Es sieht in der Fernsehwerbung eine irreführende geschäftliche Handlung, da die Angabe von 0,-- Euro neben dem Smartphone den Eindruck erwecke, dass dieses neben der Flatrate zu 29,99 Euro kostenlos dazu gegeben werde. Die Werbung im Internet stelle eine irreführende Blickfangwerbung dar, diese vermittele ebenfalls den Eindruck, zu der All-Net-Flat zum Preis von 29,99 Euro erhalte der Kunde das Smartphone kostenlos dazu. Da die Kunden die Aussagen als abschließend verstehen würden, hätten sie keine Veranlassung, an einer anderen Stelle nach ergänzenden Informationen zu der Werbung zu suchen.
Auch die Werbeangabe „unbegrenzt im Internet surfen“ sei irreführend. Tatsächlich wird die Datenübertragung bei Erreichung einer Datenmenge von 500 MB gedrosselt und daher begrenzt."
Die Pressemitteilung der Wettbewerbszentrale finden Sie hier: